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Sprachphilosophie
SemantikBedeutungstheorien
109SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
110SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
2
Pizza111SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Pizza
Bedeutungstatsachen
Bedeutungsgehalt: Unter der Menge der Tonfolgen und der Menge derZeichenreihen gibt es solche, die bedeutungsvoll sind, und solche die es nichtsind. Wie ist das zu erklären? Welche Eigenschaften muss ein Satz aufweisen,damit er etwas bedeutet?
Der Mond scheint hell. / Brt xyz $3&?ß JJJ.
Synonymie: Zwei Ausdrücke werden manchmal bedeutungsgleich genannt. Washeißt es, dass zwei Ausdrücke dieselbe Bedeutung besitzen? Worin gleichen siesich? Was ist ihr gemeinsames Merkmal?
Der Erpel balzt. / Das Entenmännchen balzt.
112SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Ambiguität: Es gibt Ausdrücke, die mehr als eine Bedeutung besitzen. Wann istdies der Fall? Wie kann man entscheiden, wann welcher Ausdruck welcheBedeutung besitzt?
Maria erkennt ihre Bank an dem blauen Quadrat. / Horst ist ein Esel.
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Bedeutungstatsachen
Analytizität: Wir sagen manchmal, ein Ausdruck sei in einem anderen schon„enthalten“. Sätze, die aus solchen Ausdrücken zusammengesetzt sind, sindwahr aufgrund der Bedeutung der Ausdrücke, aus denen sie zusammengesetztsind. Wir brauchen kein Faktenwissen, um ihre Wahrheit oder Falschheitherauszufinden Wie lässt sich das erklären? Was genau heißt es dass einherauszufinden. Wie lässt sich das erklären? Was genau heißt es, dass einAusdruck in einem anderen „enthalten“ ist?
Junggesellen sind unverheiratete Männer.
Folgebeziehungen: Ein Satz kann aus einem oder mehreren anderen Sätzenfolgen. Welche Merkmale müssen die entsprechenden Sätze besitzen, damiteiner aus dem anderen folgt?
Wenn es regnet dann ist die Straße nass Es regnet Also: Die Straße ist nass
113SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Wenn es regnet, dann ist die Straße nass. Es regnet. Also: Die Straße ist nass.
Präsuppositionen: Die Wahrheit mancher Sätze hat die Wahrheit eines odermehrer anderer Sätze zur Voraussetzung. Wie kann das erklärt werden?
Maria hat mit dem Rauchen aufgehört. >> Maria hat geraucht.
Sprache
Kombination
Grundfragen der Semantik
Ausdruck X Ausdruck Y Ausdruck Z Ausdruck (XYZ)
Bedeutung von X Bedeutung von Y Bedeutung von Z Bedeutung von (XYZ)
Bezugnahme / Repräsentation / Abbildung / Denotation
114SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Bedeutung von X Bedeutung von Y Bedeutung von Z Bedeutung von (XYZ)
Bedeutungen
Kombination
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Grundfragen der Semantik
1) Welche Aussage wird dazu getroffen, was die Bedeutungensprachlicher Ausdrücke sind? Was sind die Bedeutungsobjekte?p g j
2) Wie können anhand der Strukturen und Mechanismen, die für dieunterstellten Bedeutungsobjekte maßgeblich sind, die genanntenBedeutungstatsachen erklärt werden?
115SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
3) Welche Beziehungen bestehen zwischen der Bedeutung eineskomplexen sprachlichen Ausdrucks (z. B. eines Satzes) und denBedeutungen der Teile, aus denen er zusammengesetzt ist (z. B. derWorte, aus denen ein Satz aufgebaut ist)?
John Locke über Vorstellungen und Bedeutungen
John Locke (1632 – 1704)
Locke ist einer der wichtigstenPhilosophen des sog. britischenEmpirismus. Sein Hauptinteresse galtder Erkenntnistheorie. Darüber hinaushat er sich mit der politischenPhilosophie und den Prinzipien derBildung beschäftigt.
Wichtigstes Werk:
116SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
g
An Essay Concerning HumanUnderstanding (1690)
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John Locke über Vorstellungen und Bedeutungen
Wenn jemand auch eine Fülle verschiedener Gedanken hegt, ... so sindsie doch alle in seiner Brust verschlossen, für andere unsichtbar undverborgen: sie können auch nicht durch sich selbst kundgegebenwerden. Da nun aber die Annehmlichkeiten und Vorteile derGemeinschaft ohne eine Mitteilung der Gedanken nicht zu erreichensind, so musste der Mensch notwendig gewisse äußere, sinnlichwahrnehmbare Zeichen finden, mit deren Hilfe jene unsichtbaren Ideen,die seine Gedankenwelt ausmachen, anderen mitgeteilt werdenkönnten. Für diesen Zweck war ... nichts so gut geeignet wie jeneartikulierten Laute, die der Mensch mit Leichtigkeit und Mannigfaltigkeitzu erzeugen imstande war. So wird es begreiflich, wie es dazu kam, daßgerade die Wörter als Zeichen für ihre Ideen verwendet wurden
117SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
gerade die Wörter ... als Zeichen für ihre Ideen verwendet wurden. ...Der Zweck der Wörter besteht also darin, sinnlich wahrnehmbareKennzeichen der Ideen zu sein; die Ideen, für die sie stehen, machenihre eigentliche und unmittelbare Bedeutung aus. (John Locke, Versuchüber den menschlichen Verstand, 3. Buch)
John Locke über Vorstellungen und Bedeutungen
Kommunikation ist ein Kodieren und Dekodieren von mentalen Zuständen(Vorstellungen, Ideen) anhand von Zeichenfolgen.
118SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
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John Locke über Vorstellungen und Bedeutungen
Orientierung an den Bedeutungstatsachen
Ein sprachlicher Ausdruck (z.B. ein Satz als Ton- oder Zeichenfolge) ist dannb d t ll it i i h lt ll “ t l Z t d ii tbedeutungsvoll, wenn er mit einem „inhaltsvollen“ mentalen Zustand assoziiertist.
Zwei Ausdrücke sind dann synonym, wenn sie mit derselben Idee/Vorstellungassoziiert sind
Ein Ausdruck ist ambig (mehrdeutig), wenn er mit mehr als einer Vorstellungassoziiert ist.
Ein Satz folgt aus einem anderen wenn die Vorstellungen die mit dem
119SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Ein Satz folgt aus einem anderen, wenn die Vorstellungen, die mit demFolgesatz (Konklusion) verbunden sind, in den Vorstellungen enthalten sind, diemit dem ersten Satz (Prämisse) verbunden sind.
... usw.
John Locke über Vorstellungen und Bedeutungen - Probleme
• Die Theorie ist nicht gehaltvoll genug. Um sie zu präzisieren, müsste geklärtwerden, was genau eine Idee bzw. eine Vorstellung ist. Mentale Bilder sind alsBedeutungstatsachen ungeeignet; auch abstraktere mentale Konzepte wie„Begriffe“ helfen nicht weiter, da es sich hierbei um ebenso unklareg ,„Gegenstände“ handelt.
• Zu vielen Worten der Sprache besitzen wir überhaupt keine Vorstellungen(„ist“, „nicht“, „als“, „Anbetracht“, „davon“ ...). Viele Sätze sind kompliziert undlang. Es ist schwer zu sagen, welche Vorstellungen sich damit verbinden sollten.
• Ideen und Vorstellungen sind subjektive Entitäten und unterscheiden sich vonPerson zu Person. A’s Vorstellung von einem Hund ist nicht B’s Vorstellungdavon, obgleich „Hund“ für A dasselbe bedeuten sollte wie für B.
120SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
• Die primären Träger von Bedeutungen sind für Locke die einzelnen Worte. Wasaber die Bedeutung von komplexen Ausdrücken ist und wie sie sich aus denBedeutungen der Teile ergibt, darüber sagt diese Theorie so gut wie gar nichtsaus.
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Die Propositionentheorie
G. Frege (1848-1925) B. Russell (1872-1970) G.E. Moore (1873-1958)
Vorstellungen/Ideen: sprachunabhängige, subjektive EntitätenP iti b t kt h bhä i bj kti E tität
121SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Propositionen: abstrakte, sprachunabhängige, objektive Entitäten
Propositionen sind keine beobachtbaren Dinge. Wir haben keinen unmittelbaren Zugang zuihnen. Sie sind eine Art Werkzeug – ein theoretischer Begriff wie „Neutrino“ in der Physik –welcher dazu dient, präzise Aussagen über den Phänomenbereich zu machen, mit dem sicheine Bedeutungstheorie befasst.
Die Propositionentheorie
Das Paradigma: Indirekte Rede
Direkte Rede
Jones sagte „Snow is white.“
Indirekte Rede
Jones sagte, dass Schnee weiß istJones sagte, dass Schnee eine weiße Farbe besitzt.Jones sagte, dass kristallines Wasser eine weiße Färbung besitzt.... usw.
122SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
us
Der Satz „Snow is white“ kann in der indirekten Rede auf verschiedene Weisewiedergegeben werden. Die Propositionstheorie erklärt dies so, dass derursprüngliche Satz „Snow is white“ und die verschiedenen dass-Sätze derindirekten Rede dieselbe Proposition zum Ausdruck bringen.
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Die Propositionentheorie
Eigenschaften von Propositionen
Propositionen sind (im Unterschied zu Ideen oder Vorstellungen) objektiv undspachunabhängig. Sie sind weder räumlich noch zeitlich lokalisiert. Siekönnen weder entstehen noch vergehen.
Propositionen werden nicht nur als die Bedeutungen von Sätzen angesehen,sondern auch als die Inhalte mentaler Zustände. (Jones glaubt, dass Schneeweiß ist. >> Jones steht in der Beziehung des Glaubens zu der Proposition, dassSchnee weiß ist.)
Propositionen sind die fundamentalen Träger von Wahrheit und Falschheit
123SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Propositionen sind die fundamentalen Träger von Wahrheit und Falschheit.Sie besitzen permanente Wahrheitswerte (sind bleibend entweder wahr oderfalsch). Ein Satz ist wahr/falsch, weil die Proposition, die er zum Ausdruck bringt,wahr/falsch ist. Die Äußerung eines Satzes zu einer bestimmten Gelegenheitkann relativ zum Äußerungskontext verschiedene Propositionen zum Ausdruckbringen.
Die Propositionentheorie
Eigenschaften von Propositionen
Propositionen besitzen eine interne Struktur; sie sind zusammengesetzt ausabstrakten begrifflichen Teilen. Nur vollständige Sätze drücken Propositionenaus; einzelne Worte hingegen drücken etwas aus, das Teil vieler verschiedenerPropositionen ist: einen Begriff (concept).
Propositionen sind primär gegenüber Begriffen – ein Begriff kann ausPropositionen abgeleitet werden, durch die Rolle, die er in den Propositionenspielt, in denen er vorkommt.
124SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
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Die Propositionentheorie
Orientierung an den Bedeutungstatsachen
Eine Laut-/Zeichenfolge besitzt eine Bedeutung, weil sie in einer spezifischenBeziehung zu einem abstrakten Inhalt steht: weil sie eine Proposition zumBeziehung zu einem abstrakten Inhalt steht: weil sie eine Proposition zumAusdruck bringt.
Zwei Sätze (derselben Sprache oder zweier verschiedener Sprachen) sindsynonym, wenn sie dieselbe Proposition ausdrücken.
Ein Satz ist ambig (mehrdeutig), wenn er zwei oder mehr verschiedenePropositionen ausdrücken kann.
Ein Wort ist synonym mit einem anderen Wort wenn beide dieselbe Rolle in
125SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Ein Wort ist synonym mit einem anderen Wort, wenn beide dieselbe Rolle inallen Propositionen spielen, in denen sie vorkommen.
Ein Wort ist ambig (mehrdeutig), wenn es verschiedene Rollen in denPropositionen spielt, in denen es vorkommt.
Die Propositionentheorie
Das Erfassen einer Proposition: Wenn eine Person x einen Satz S versteht,dann steht x in einer gewissen Relation zu einer Proposition p, die S zumAusdruck bringt. Diese Relation besteht im Erfassen einer Proposition: EinenSatz S zu verstehen, heißt eine Proposition p zu erfassen und zu wissen, dass Sdie Proposition p ausdrückt:die Proposition p ausdrückt:
... when we understand the meaning of a sentence, something else doeshappen in our mindes besides the mere hearing of the words of which thesentence is composed. You can easily satisfy yourself of this by contrastingwhat happens when you hear a sentence, which you do understand, from whathappens when you do not understand ... in the first case, there occurs ...another act of consciousness – an apprehension of their meaning, which isabsent in the second case. And it is no less plain that the apprehension of themeaning of one sentence with one meaning, differs in some respect from the
h i f th t ith diff t i Th t i l
126SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
apprehension of another sentence with a different meaning ... There certainlyare such things as the two different meanings apprehended. And each of thesetwo meanings is what I call a proposition. (G.E.Moore, Some Main Problems ofPhilosophy)
Die Propositionentheorie kann uns nicht sagen, worin das Erfassen einerProposition besteht.
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Die Propositionentheorie
Das Ausdrücken einer Proposition: Die Propositionen Theorie ist nichtexplanatorisch. Die Annahme, dass ein Satz eine Proposition ausdrückt, scheintnur eine umständlichere Sprechweise dafür zu sein, dass der Satzbedeutungsvoll ist bzw eine Bedeutung besitzt Eine Bedeutungstheorie mussbedeutungsvoll ist bzw. eine Bedeutung besitzt. Eine Bedeutungstheorie mussein gewisses Maß an Voraussagekraft besitzen. Die Annahme von Propositionenkann gewinnbringend sein, bedarf aber weiterer Verfeinerung und Ausarbeitung.
Sprache und Verhalten: Unsere sprachliche Aktivitäten sind meistensReaktionen auf sprachliche Aktivitäten anderer Menschen. Wir tun manchmaletwas aufgrund der Überzeugungen, die wir besitzen. Das Sprachlernen vollziehtsich in einem intersubjektiven Rahmen, in dem wir handelnd aufeinandereingehen.
127SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Ludwig Wittgensteins Gebrauchstheorie der Bedeutung
Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951)
Wittgenstein gilt als einer derbedeutendsten Philosophen des 20.Jahrhunderts. In seinem Frühwerk (TLP)orientiert er sich an Frege und Russellund konzipiert eine ideale Sprache. Inseinem Spätwerk (PU) revidiertWittgenstein die meisten seinerAnsichten und legte den Grundstein füreine Gebrauchstheorie der Bedeutung.
128SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Wichtigste Werke:
Tractatus Logico-Philosophicus (1921)Philosophische Untersuchungen (1953)
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Ludwig Wittgensteins Gebrauchstheorie der Bedeutung
Denke nun an die Verwendung der Sprache: Ich schicke jemandeneinkaufen. Ich gebe ihm einen Zettel, auf diesem stehen die Zeichen:„fünf rote Äpfel“. Er trägt den Zettel zum Kaufmann; der öffnet die
ÄLade, auf welcher das Zeichen „Äpfel“ steht; dann sucht er in derTabelle das Wort „rot“ auf und findet ihm gegenüber ein Farbmuster;nun sagt er die Reihe der Grundzahlwörter – ich nehme an, er weiß sieauswendig – bis zum Worte „fünf“ und bei jedem Zahlwort nimmt ereinen Apfel aus der Lade, der die Farbe des Musters hat. – So undähnlich operiert man mit Worten. – „Wie weiß er aber, wo und wie erdas Wort ‚rot’ nachschlagen soll und was er mit dem Wort ‚fünf’anzufangen hat?“ – Nun, ich nehme an, er handelt, wie ich esbeschrieben habe Die Erklärungen haben irgendwo ein Ende Was ist
129SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
beschrieben habe. Die Erklärungen haben irgendwo ein Ende. – Was istaber die Bedeutung des Wortes „fünf“? – Von einer solchen war hier garnicht die Rede; nur davon, wie das Wort „fünf“ gebraucht wird. (LudwigWittgenstein, Philosophische Untersuchungen, §1)
Ludwig Wittgensteins Gebrauchstheorie der Bedeutung
Der Aspekt des Sprachlernens
Was wir lernen, ist eine komplexe Form sozialen Verhaltens. Wir lernen, uns aufi b ti t W i h lt M h G ä h h deine bestimmte Weise zu verhalten, wenn Menschen Geräusche machen, und
lernen, welche Geräusche wir machen sollen, wenn wir uns in gewissenSituationen befinden.Die sprachliche Praxis wird geleitet durch eine hochkomplexe Menge von Regeln,auch wenn diese nicht explizit artikuliert werden. Sprachlernen besteht imEinüben dieser impliziten Regeln. Durch ständiges Üben lernen wir diesen zufolgen.
Der Grundgedanke der Gebrauchstheorie
130SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die Bedeutung eines Ausdrucks zu kennen, heißt zu wissen, wie dieser Ausdruckin verschiedenen kommunikativen Situationen verwendet wird. Das Wesentlicheder Sprache sind keine Bedeutungsentitäten (Ideen, Propositionen), sondernkonkrete Sprachspiele, in denen wir Ausdrücke verwenden, um mit ihnengewissen Handlungen (Spielzüge) in einem konventionell geordneten sozialenRaum auszuführen.
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Ludwig Wittgensteins Gebrauchstheorie der Bedeutung
• Wittgensteins Bild von der Sprache als einem Baustein in einer hoch-konventionalisierten, sozialen Praxis hat zum Paradigma solche Ausrufe wie„Hallo.“, „Entschuldigung.“, „Danke.“, „Hör auf damit!“, „Hol den Stein dort!“usw welche fest eingebunden in solche sozialen Praktiken sind Weite Bereicheusw., welche fest eingebunden in solche sozialen Praktiken sind. Weite Bereicheunserer Sprache funktionieren jedoch nicht nach diesem Muster. Die meistenSätze, die wir hören und verstehen, sind uns neu. Viele Sätze sind lang undkompliziert und lassen sich keiner bestimmten Praxis zuordnen – und trotzdemverstehen wir sie.
• Unsere Fähigkeit, neue, komplizierte Sätze auch außerhalb jedes spezifischenSprachspiels zu verstehen, kann kein Produkt unserer Kenntnis der Konventionensein, deren Bestandteil diese Sätze sind, denn für diese sind nie irgendwelcheKonventionen aufgestellt worden
131SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Konventionen aufgestellt worden.
• Viele andere Praktiken wie gewisse Sportspiele (Fußball, Schach, Tennis) sindebenso durch explizite und implizite Regeln geleitet. Wodurch aber unterscheidensich Sprachspiele von anderen konventionalisierten Praktiken?
Das reduktive Programm von H.P. Grice
Herbert Paul Grice (1913-1988)
Paul Grice ist bekannt geworden durch seineArbeiten zur Sprachphilosophie Er führteArbeiten zur Sprachphilosophie. Er führteden Begriff der Sprecherbedeutung ein,„erfand“ die konversationalen Implikaturen(Pragmatik) und entwickelte eineintentionale Semantik. Als Resultat dieserIdeen wechselte das Interesse in derphilosophischen Debatte zum Begriff derBedeutung in den 70ern und 80ern von derlinguistischen zur mentalen Repräsentation.
Wichtigste Werke:
132SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
g
„Logic and Conversation“ (1975)„Further Notes on Logic and Coversation“(1978)Studies in the Way of Words (1989)
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Das reduktive Programm von H.P. Grice
Worin liegt die Bedeutung eines konkreten Satzes, den wir zu einer bestimmtenGelegenheit äußern?
Locke: In den privaten Ideen, die wir anderen mit unseren Worten übermitteln.
Frege u.a.: In einer abstrakten Proposition, die durch den Satz zum Ausdruckgebracht wird.
Wittgenstein: In den impliziten Regeln unseres Sprachgebrauchs.
Grice: In den kommunikativen Absichten und Überzeugungen des Sprechers.
133SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Das reduktive Programm von H.P. Grice
Eine Explikation der Satzbedeutung durch psychische Zustände
Erster Schritt
Rückführung der Satz-Bedeutung auf die Sprecher-Bedeutung
Zweiter Schritt
Rückführung der Sprecher-Bedeutung auf einen Komplex psychischer
134SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Rückführung der Sprecher Bedeutung auf einen Komplex psychischerZustände
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Das reduktive Programm von H.P. Grice
Sprecher-Bedeutung vs. Satz-Bedeutung
Nicht immer stimmt das, was ein Sprecher mit einem Satz bei einer bestimmtenGelegenheit zu sagen beabsichtigt, mit dem überein, was der Satz literal(wörtlich) bedeutet:
Was für eine brillante Idee! Da hast du dir ja wieder mal etwasausgesprochen Dummes einfallen lassen!
Es zieht! Mach die Tür zu!
D i b hö Di A f l h i hö Fä b
135SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Der ist aber schön rot. Dieser Apfel hat eine schöne rote Färbung.
Der Himmel lacht. Heute ist schönes, wolkenloses Wetter.
Das reduktive Programm von H.P. Grice
Explikation der Satz-Bedeutung durch die Sprecher-Bedeutung
„S bedeutet, dass p, gdw. S normalerweise die Sprecher-Bedeutungbesitzt dass p “besitzt, dass p.
• Die Satz-Bedeutung beschränkt das, was ein Sprecher mit einem Satz meinenkann. Wir können nicht einen beliebigen Satz benutzen, um damit etwasBestimmtes zu meinen. Sätze scheinen daher schon vorgängig eine bestimmteBedeutung zu besitzen.
• Die meisten bedeutungsvollen Sätze einer Sprache sind noch nie geäußertworden. Nie geäußerte Sätze besitzen aber keine Sprecherbedeutung.
136SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
• Sätze können nur einmal und in einem nichtliteralen Sinne geäußert werden.Wie kann dann die Sprecher-Bedeutung die Satz-Bedeutung determinieren?
• Viele Sätze werden immer in einem nichtliteralen Sinne geäußert. Wie kommendiese zu ihrer abweichenden Satz-Bedeutung?
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Das reduktive Programm von H.P. Grice
Rückführung der Sprecher-Bedeutung auf psychische Zustände
Mit dem Äußern von S meint A, dass p. =def
Mit dem Äußern von S(1) beabsichtigt A, dass H die Überzeugung erwirbt, dass p.(2) beabsichtigt A, dass H A´s Absicht (1) erkennt.(3) beabsichtigt A, dass H die Überzeugung, dass p, teilweise aufgrund von A´sAbsicht in (1) erwirbt.
137SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Reduktion der Sprecher-Bedeutung auf einen Komplex aus Intentionen(Absichten), Überzeugungen und anderen psychischen Zuständen.
Das reduktive Programm von H.P. Grice
Rückführung der Sprecher-Bedeutung auf psychische Zustände
S bedeutet, dass p in A´s Idiolekt, gdw.:
A steht die folgende Prozedur zur Verfügung: A beabsichtigt in Bezug auf einen Hörer H,dass H die Überzeugung erwirbt, dass p, und A beabsichtigt, dass H A´s Absicht erkennt undbeabsichtigt, dass H die Überzeugung aufgrund der entsprechenden Absicht von A erwirbt.
S bedeutet, dass p für eine Gruppe von Sprechern G, gdw.:
(a) Den meisten Mitgliedern von G steht die folgende Prozedur zur Verfügung: Gbeabsichtigt in Bezug auf einen Hörer H, dass H die Überzeugung erwirbt, dass p, undbeabsichtigt, dass H G´s Absicht erkennt und beabsichtigt, dass H die Überzeugung
138SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
beabsichtigt, dass H G s Absicht erkennt und beabsichtigt, dass H die Überzeugungaufgrund der Absichten von G erwirbt.
(b) Die Annahme, dass viele Mitglieder von G dieser Prozedur in diesem Falle anwenden, isteine Bedingung für die Anwendung der Prozedur eines der Mitglieder von G.
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Das reduktive Programm von H.P. Grice
Keine Audienz: Was ich einfach so vor mich hinsage (ohne die Absicht,jemanden von etwas zu überzeugen) hat auch eine Bedeutung.
Ein Sprecher muss mindestens beabsichtigen dass – falls jemand zuhörte –Ein Sprecher muss mindestens beabsichtigen, dass – falls jemand zuhörte –dieser die entsprechende Überzeugung erwirbt, auch wenn im Moment niemandaktuell da ist, der mir zuhört. (modale Abschwächung)
Prüfungen: Manchmal (bei Prüfungen) meinen wir (als Studenten) etwas,wovon andere bereits überzeugt sind (Professoren).
H muss die Überzeugung erwerben, dass S überzeugt ist, dass p.(Abschwächung von G1)
139SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Beweise: Wenn man etwas beweist, dann soll H von der Konklusion desBeweises nicht aufgrund der Sprecherintentionen, sondern aufgrund derPrämissen des Beweises überzeugt sein.
?
Die Verifikationstheorie
Rudolf Carnap (1891-1970) Otto Neurath (1882-1945) Alfred Jules Ayer (1910-1989)
Logischer Empirismus: Einflussreiche wissenschaftstheoretische Position, die
140SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
g p ,ausgehend vom Wiener Kreis (Schlick, Neurath, Carnap, Reichenbach, Feigl u.a.)etwa zwischen 1930 und 1950 entwickelt wurde. Ziel war eine wissenschaftliche(moderne) Philosophie, die sich kritisch mit der traditionellen Philosophieauseinandersetzte, sich der Methoden der Logik bedient und wie der klassischenEmpirismus die Bedeutung der Erfahrung bei der Erkenntnisgewinnunghervorhob.
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Die Verifikationstheorie
Verifikationsprinzip
Die Bedeutung eines Satzes liegt in den Bedingungen seiner Verifikation.
Die Verifikationsbedingungen (die Bedeutung) eines Satzes zu kennen, heißtzu wissen, welche Erfahrungen man haben müsste, wenn der Satz wahr ist.
Die Verifikationsbedingungen sind also diejenigen (möglichen) Erfahrungen,die man machen würde, wenn der betreffende Satz wahr sein würde.
141SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Das Verifikationsprinzip lokalisiert die Bedeutung in unserer Weise, wie wir etwaserkennen oder herausfinden. Die Menge der sinnlichen Evidenzen, die füreinen Satz sprechen, machen seine Bedeutung aus. Das Prinzip beinhaltetdaher eine epistemische Theorie der Bedeutung.
Die Verifikationstheorie
Empiristisches Sinnkriterium
Falls ein Satz keine Verifikations-/Falsifikationsbedingungen besitzt, falls es alsokeine Erfahrungen gibt, die seine Wahrheit bzw. Falschheit entscheiden könnten,dann ist dieser Satz sinnlos (bedeutungslos).
Naturwissenschaft spekulative Metaphysik
142SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Sätze mit empirischem Sätze ohne empirischen
Gehalt /Bedeutung Gehalt / Bedeutung
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Die Verifikationstheorie
Analytische Sätze
Es gibt eine ganze Reihe von Sätzen, die keinen empirischen Inhalt besitzen undg g , pdennoch bedeutungsvoll sind.
Kein Junggeselle ist verheiratet.Eine Geiß ist eine weibliche Ziege.Wenn es schneit, dann schneit es.Fünf Stifte sind mehr als zwei Stifte.Die Energie eines Körpers ist gleich dem Produkt aus seiner Masse und dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit.
143SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Solche Sätze machen keine empirischen Voraussagen. Sie sind aber dennochbedeutungsvoll. Wie kann das sein?Die logischen Empiristen behaupten, dass sie wahr qua Konvention sind. IhreWahrheit wird garantiert durch die Bedeutungen der Worte, die sie enthalten.
Die beiden „Dogmen“ des Logischen Empirismus
Verifikationstheorie der Bedeutung
Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Sätzen
Nur solche Sätze sind sinnvoll (besitzen eine Bedeutung), die sich an der Erfahrung verifizieren lassen.
Es gibt Sätze, die nur Sprachwissen und kein Tatsachenwissen enthalten.
Naturwissenschaft spekulative Metaphysik wiss Philosophie
144SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Naturwissenschaft spekulative Metaphysik wiss. Philosophie
synthetische Sätze mit synthetische Sätze ohne analytische Sätze
empirischem Gehalt empirischen Gehalt
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Die Verifikationstheorie
• Das Verifikationsprinzip kann nur auf deskriptive, tatsachenbehauptende Sätzeangewandt werden. Fragen, Behauptungen, Poetik, Witze oder Zeremonienbesitzen keine Verifikationsbedingungen und sind dennoch bedeutungsvoll.
• Wie können wir wissen, ob ein Satz verifizierbar ist, bevor wir wissen, was erbedeutet. Wenn wir wissen, was ein Satz bedeutet, dann ist er bedeutungsvoll,ob er sich nun verifizieren lässt oder nicht.
• Viele Sätze, gerade der Naturwissenschaften, sind Sätze über Entitäten, diesich nicht direkt beobachten lassen (Elektronen, psychische Zustände,Röntgenstrahlen usw.). Die empirischen Evidenzen, die wir für solche Sätzehaben können, erstrecken sich auf gewisse Ausschläge von Messgeräten, auf
145SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
beobachtbares Verhalten von Personen, auf Spuren in Nebelkammern, aufMuster in einer Kathodenstrahlröhre usw. Die Verifikationstheorie impliziert, dasswir mit solchen Sätzen nicht über Elektronen oder psychische Zustände, sondernüber Nebelkammern und das Verhalten von Personen sprechen. Das aber istkontraintuitiv.
W.V. Quines Bedeutungsskeptizismus
Willard Van Orman Quine(1908-2000)
Quine gilt als einer der einflussreichstenPhilosophen des 20. Jahrhunderts. Er ist alseiner der Hauptvertreter der analytischenPhilosophie und war als Schüler von Carnapeiner der wichtigsten Kritiker des LogischenEmpirismus. Sein riesiges Lebenswerkumfasst die Gebiete der Logik,Wissenschaftstheorie, Sprachphilosophie undErkenntnistheorie.
Wichtigste Werke:
146SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Wichtigste Werke:„On What There Is“ (1948)„Two Dogmas of Empirism“ (1951)Word and Object (1960)„Ontological Relativity“ (1968)
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W.V. Quines Bedeutungsskeptizismus
Die Kritik an der Unterscheidung zwischen analytischen undsynthetischen Sätzen
Synthetische Sätze: Die Bedeutung dieser Sätze liegt allein in ihremempirischen Inhalt, d.h. in ihren Verifikationsbedingungen, in den empirischenEvidenzen, die sich für sie vorbringen lassen.
Analytische Sätze: Die Bedeutung dieser Sätze ist rein konventionell. Siebesitzen keinen empirischen Inhalt. Sie sind wahr oder falsch aufgrundsprachlicher Konventionen.
Q i t llt i h i F
147SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Quine stellt sich zwei Fragen:
1) Ist das Konzept eines analytischen Satzes überhaupt haltbar?2) Gibt es eine absolute Unterscheidung zwischen Sätzen, die konventionell sindund solchen, die empirisch sind? (wiss. Philosophie/Naturwissenschaft)
W.V. Quines Bedeutungsskeptizismus
Eine Geiß ist eine weibliche Ziege.
These: Dieser Satz ist analytisch, weil die Ausdrücke „Geiß“ und „weiblicheZiege“ synonym sind.
Die zwei Ausdrücke „Geiß“ und „weibliche Ziege“ sind synonym, wenn folgendesgilt: Für jedes Individuum gilt notwendig: Wenn es eine Geiß ist, dann ist eseine weibliche Ziege und umgekehrt.
Problem: Welche Gründe gibt es dafür, dass die Aussage, dass jedesIndividuum, dass eine Geiß ist auch eine weibliche Ziege ist notwendig wahr ist?Der einzige Grund dafür scheint zu sein, dass „Jede Geiß ist eine weibliche Ziege“
148SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Der einzige Grund dafür scheint zu sein, dass „Jede Geiß ist eine weibliche Ziegeanalytisch ist. Der Umweg über die Synonymie hat uns zu einem Zirkel geführt!
Fazit: Um entscheiden zu können, ob ein Satz analytisch ist, müssen wir einenstarken Begriff der Bedeutung/ Synonymie schon voraussetzen.
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W.V. Quines Bedeutungsskeptizismus
Die Verifikationstheorie setzt voraus, dass jeder Satz einzeln durch dieErfahrung bestätigt oder widerlegt werden kann – denn ihr zufolge besteht ja dieBedeutung eines Satzes in der Methode seiner Bestätigung.
Die Duhem-Quine These (Holistische Verifikationstheorie)
• Es gibt keine Aussagen, deren Bedeutung sich einzeln in Bezug auf dieErfahrung bestimmen lässt.• An der Erfahrung getestet wird nicht ein einzelner Satz, sondern eine Theorieals ganze.• Kein Satz einer Theorie ist sakrosankt (analytisch). Bei einem empirischen Teststeht (im Prinzip) jeder Satz einer Theorie zur Disposition.• Jeder einzelne Satz kann wie immer der Test auch ausfällt beibehalten
149SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
• Jeder einzelne Satz kann, wie immer der Test auch ausfällt, beibehaltenwerden, wenn an anderen Stellen der Theorie (ausgleichende) Veränderungenvorgenommen werden.• An welcher Stelle wir Veränderungen an einer Theorie vornehmen, falls wir mitgegenläufigen Erfahrungen konfrontiert sind, wird durch pragmatische Maximen(Einfachheit, Anschlussfähigkeit usw.) entschieden.
W.V. Quines Bedeutungsskeptizismus
Die Unbestimmtheit der Übersetzung
„gavagai“ bedeutet ... a) Haseb) b t t H t ilb) unabgetrenntes Hasenteilc) zeitliches Stadium eines Hasend) Exemplar der Hasenheit
Welche der Hypothesen der Sprachforscher wählt, hängt davon ab, wie er seinÜbersetzungshandbuch aufbaut, d.h. wie er die anderen Sätze und Ausdrückeder zu untersuchenden Sprache übersetzt.
Für den Forscher, ganz egal wie viele empirische Daten er auch sammelt, gibt esi h hi d H dbü h di l i h t it d G th it
150SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
immer mehrere verschiedene Handbücher, die gleich gut mit der Gesamtheitaller Daten zusammenpassen, aber einen Satz der Fremdsprache mitverschiedenen Sätzen der eigenen Sprache übersetzt.
Bedeutungsskeptizismus: Der Begriff der Bedeutung muss alswissenschaftliches Konzept aufgegeben werden!
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W.V. Quines Bedeutungsskeptizismus
Die Verifikationstheorie des Logischen Empirismus ist falsch, da:
• ... nur ganze Theorien empirisch verifiziert werden können. (Duhem-Quine-These)• ... es keine sinnvolle Unterscheidung zwischen (empirischem) Tatsachenwissenund (analytischem) Sprachwissen gibt. (Quine: „Zwei Dogmen des Empirismus“)
Quine vertritt eine holistische Verifikationstheorie, der zufolge nur ganzeTheorien empirischen Gehalt (Bedeutung) besitzen.
Er vertritt außerdem eine skeptische Position hinsichtlich der Vorstellung, dasseinzelne Sätze oder einzelne Ausdrücke eine eindeutig spezifizierbare Bedeutung
151SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
einzelne Sätze oder einzelne Ausdrücke eine eindeutig spezifizierbare Bedeutungbesitzen.
Modelltheoretische Semantik
D. Lewis (1941-2001)
„General Semantics“
R. Carnap (1891-1970)
Meaning and Necessity
D. Davidson (1917- 2003)
„Truth and Meaning“
R. Montague (1930-1971)
„English as a Formal
Language“ (1970)
(1970)(1956)
152SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
„ g
(1967)
„Semantics for Natural
Languages“ (1968)
g g ( )
„The Proper Treatment
of Quantification in
Ordinary Englisch“ (1973)
23
Verifikationsbedingungen: diejenigen Evidenzen, die für einen Satz sprechen.
Problem der Verwechslung von Evidenz und Bedeutung
Modelltheoretische Semantik
Wahrheitsbedingungen: diejenigen Tatsachen, unter denen ein Satz wahr ist.
Bedeutungsbegriff, der unabhängig von aktuellen oder möglichen Evidenzenbzw. Beobachtungen ist
Vermeidung von epistemischen Verkürzungen in der Semantik
153SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Leitmotiv der wahrheitskonditionalen Semantik
Die Bedeutung eines Satzes zu kennen, heißt, zu wissen, wie die Weltbeschaffen sein müsste, damit der Satz wahr (oder falsch) ist.
Das Kompositionalitätsprinzip
Da es keine klare Beschränkung der Anzahl sinnvoller Ausdrücke zu geben scheint, mussf k f h h d d d d k f d G dl
Modelltheoretische Semantik
eine funktionsfähige Theorie die Bedeutung jedes Ausdrucks auf der Grundlage ... einerendlichen Zahl von Merkmalen erklären. ... eine befriedigende Semantik [muss] erklären,welchen Beitrag wiederholbare Merkmale zur Bedeutung der Sätze leisten, in denen sievorkommen. (Donald Davidson, „Die Semantik natürlicher Sprachen“)
Eine Bedeutungstheorie muss sich erstens auf eine relativ kleine Anzahl bedeutungsvollerAusdrücke (Worte) stützen, die als „Bedeutungsatome“ dienen und die Basis der Theoriebilden.
Eine Bedeutungstheorie muss zweitens Regeln enthalten, wie wir ausgehend von diesen
154SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
basalen Ausdrücken die Bedeutung komplexer und im Prinzip unendlich vieler Ausdrückegenerieren können.
Die Bedeutung eines (beliebig komplexen) Satzes ist eine Funktion der Bedeutungen der den Satz konstituierenden Worte und der Beziehungen, in denen
sie zueinander stehen.
24
Eine Modellsprache
Interpretation der basalen Ausdrücke der Sprache
Modelltheoretische Semantik
„F“ steht für alle faulen Individuen„G“ steht für alle genügsamen Individuen„a“ denotiert Albert„b“ denotiert Berta
Projektionsregeln für atomare SätzeEin Subjekt-Prädikat-Satz „P(s)“ ist wahr, gdw. das, was s denotiert, ein Elementder Menge der Klasse der Dinge ist, für die „P“ steht.
155SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Projektionsregeln für komplexe SätzeEin Satz der Form „Nicht p“ ist wahr, gdw. der Satz p nicht wahr ist.Ein Satz der Form „p und q“ ist wahr, gdw. sowohl p als auch q wahr sind.
Eine Modellsprache
Die Regeln dieser (trivialen) Sprache erlauben es uns, die Wahrheitsbedingungendli h l d dli h i l Sät b i d i i f h
Modelltheoretische Semantik
von unendlich langen und unendlich vielen Sätzen anzugeben, indem wir einfachdie Regeln auf jede mögliche Kombination anwenden.
• „F(a)“ ist wahr, gdw. Albert faul ist.• „F(a) und G(b)“ ist wahr, gdw. Albert faul ist und Berta genügsam ist.• „F(a) und nicht G(a) und F(b) und nicht G(b)“ ist wahr, gdw. Albert faulund nicht genügsam ist und Berta faul und nicht genügsam ist.• „nicht F(a) und G(b) und F(b) und nicht G(b)“ ist wahr, gdw. Albert nichtfaul und genügsam und Berta faul und nicht genügsam ist.
156SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
• ...
Wir haben eine kompositionale Bedeutungstheorie für eine sehr einfacheSprache entwickelt, die fähig ist, die Bedeutung von Ausdrücken beliebigerKomplexität und beliebiger Anzahl anzugeben!
25
Eine Semantik für die natürliche Sprache
Wie sieht eine wahrheitskonditionale (modelltheoretische) Semantik desDeutschen Englischen Russischen usw aus?
Modelltheoretische Semantik
Deutschen, Englischen, Russischen usw. aus?
Wir brauchen zunächst ein Lexikon, welches jedem basalen Ausdruck derSprache eine Denotation zuweist. (Welche Ausdrücke gibt es und was denotierensie?)
Wir brauchen darüber hinaus eine Syntax, die uns sagt, welcheAusdruckssequenzen wohlgebildete Sätze der entsprechenden Sprache sind undwelche nicht. (Wie sind komplexe Ausdrücke zusammengesetzt?)
157SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Schließlich brauchen wir Projektionsregeln, die uns für jede Regel derSyntax – welche aus wohlgebildeten basalen Ausdrücken wohlgebildetekomplexe Ausdrücke formt – sagen, wie wir aus der Bedeutung der beteiligtenbasalen Ausdrücke, die wir aus dem Lexikon kennen, die Bedeutung des neuen,komplexen Ausdrucks „berechnen“ können. (Wie lässt sich die Bedeutungkomplexer Ausdrücke „berechnen“?)
natürliche Sprache⇑
Annäherung an⇑
Modelltheoretische Semantik
⇑idealisierte, formalisierte Sprache
mit einem Lexikon und einer eindeutigen Syntax⇓
Semantika) Regeln der Denotation atomarer Ausdrücke
b) Regeln der Berechnung der Denotation zusammengesetzter Ausdrücke⇑
Modell
158SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Ausschnitt der Welt in einer mengentheoretischen Formulierung⇓
Annäherung an⇓
Welt
26
Eine Semantik für die natürliche Sprache(Phrasen-Struktur-Grammatik)
Modelltheoretische Semantik
NP → Hans, BertaN → Hund, Ball, Junge, MädchenAdj → rotDet → der, die, ein(e), jede(r)Vint → bellt, läuft, kommtVtran → schießt, liebt
NP → Det + N / Det + Adj + N
S
NP VP
S S
NP V NP V
Det N
der Hund bellt Hans kommt
159SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
NP → Det + N / Det + Adj + NVP → Vint / Vtran + NPS → NP + VP
N V
NP
Det N V Det Adj N
jeder Junge liebt einen roten Ball
1. Beispiel
LexikonS1 Bill NP schlafen V
Modelltheoretische Semantik
S1: Bill = NP; schlafen = Vint
T1: [[Bill]] = b; [[schlafen]] = λx[Schlafen (x)]
Subjekt-Prädikat RegelS4: NP + Vint = ST4: [[S]] = [[Vi]] ([[NP]])
Bill schläft, S, S4Schlafen (b), T4
160SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
( ),
Bill, NP, S1 schläft, Vi, S1b, T1 λx[Schlafen (x)], T1
27
2. Beispiel
LexikonS1 M NP ö V
Modelltheoretische Semantik
S1: Mary = NP, mögen = Vtrans
T1: [[Mary]] = m; [[mögen]] = λyλx[Mögen (x, y)]
Transitives Verb - direktes Objekt RegelS5: Vtrans + NP = Vint
T5: [[Vi]] = [[Vt]] ([[NP]])
Bill mag Mary, S, S4Mögen (b, m), T4
161SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Bill, NP, S1 mag Mary, VPi, S5b, T1 λx[Mögen (x, m)], T5
mag, VPt, S1 Mary, NP, S1λyλx[Mögen (x, y)], T1 m, T1
3. Beispiel
∀x (Hund(x) → ∃y (y ist rot ∧ Ball(y) ∧ x liebt y))
Modelltheoretische Semantik
Jeder Hund liebt einen roten Ball, S
λQ[∀x(Hund(x) → Q(x))] λx[∃y(y ist rot ∧ Ball(y) ∧ x liebt y)]jeder Hund, NP liebt einen roten Ball, VP
λxλy [x liebt y] λQ[∃y(y ist rot ∧ Ball(y) ∧ Q(y))]liebt, Vtrans einen roten Ball, NP
λz [z ist rot ∧ Ball (z)]
162SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
roter Ball, N
λPλQ[∀x(P(x) → Q(x))] λx [Hund (x)] λPλQ[∃y(P(y) ∧ Q(y))] λz [z ist rot] λz [Ball (z)]jeder, Det Hund, N einen, Det roten, Adj Ball, N
28
Deiktische Ausdrücke
Modelltheoretische Semantik
Viele Sätze der Sprache enthalten Ausdrücke, deren Interpretation abhängig istvon der konkreten Äußerungssituation.
„Ich bin jetzt hier.“ ist wahr, gdw. ???
Der Wahrheitswert dieses Satzes hängt vom Sprecher, von der Zeit und dem Ortder Äußerung ab.
163SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die Wahrheitsbedingungen müssen auf sog. Parameter (Zeit, Ort, Sprecher,Auditorium usw.) relativiert werden.
„Ich bin jetzt krank“ ist wahr (für Sprecher s, Ort o und Zeit t), gdw. s an o zu t∈ {x | krank(x)}
Intersektive und nicht-intersektive Adjektive
Adjektive bilden mit Nomen komplexere Nomen, deren Bedeutung normalerweise als dieS h itt d I di id di t d N f ll d d I di id di t d
Modelltheoretische Semantik
Schnittmenge der Individuen, die unter das Nomen fallen, und der Individuen, die unter dasAdjektiv fallen, angesehen werden kann:
[[grauerAdj ElefantN]] = {x | grau (x)} ∩ {x | Elefant (x)}
Diese Regel trifft leider nicht immer zu. Ein kleiner Elefant ist immer noch ein großes Tier.
[[kleinerAdj ElefantN]] = {x | klein (x)} ∩ {x | Elefant (x)} ????
Die Bedeutung mancher Adjektive wie groß“ klein“ schwer“ hoch“ usw ist
164SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die Bedeutung mancher Adjektive wie „groß , „klein , „schwer , „hoch usw. istkontextabhängig. Wir müssen sie in Bezug auf ein weiteres Parameter interpretieren.
[[kleinerAdj ElefantN]] = ({x | klein (x)} ∩ {x | K (x)}) ∩ {x | Elefant (x)}
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Koextensionalität
Wenn wir die Bedeutung von Prädikaten einfach als die Menge derjenigen Individuenauffassen, die unter das Prädikat fallen, dann haben zwei Prädikate, die dieselbe Menge von
Modelltheoretische Semantik
auffassen, die unter das Prädikat fallen, dann haben zwei Prädikate, die dieselbe Menge vonIndividuen denotieren, dieselbe Bedeutung. Das ist intuitiv nicht korrekt:
{x | Lebewesen-mit-Nieren (x)} = {x | Lebewesen-mit-Herz (x)}
Nennen wir diese Menge N, dann haben die folgenden beiden Sätze dieselbenWahrheitsbedingungen:
„Fido ist ein Lebewesen mit Nieren.“ ist wahr, gdw. f ∈ N.„Fido ist ein Lebewesen mit Herz.“ ist wahr, gdw. f ∈ N.
165SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
„Lebewesen mit Nieren“ und „Lebewesen mit Herz“ sind nicht synonym. Die beiden Sätzesagen dementsprechend etwas verschiedenes über Fido aus.
Wir brauchen für Prädikate „feinkörnigere“ Bedeutungen als deren Extensionen (Mengeder Individuen, auf die das Prädikat in unserer Welt zutrifft).
Nicht-wahrheitskonditionale Konnektive und Operatoren
Wir können komplexe Sätze aus atomaren Sätzen bilden, indem wir sie mithi d K kti bi d Ei G di K kti ( i
Modelltheoretische Semantik
verschiedenen Konnektiven verbinden. Eine Gruppe dieser Konnektive (wie„und“, „oder“, „falls“) heißen wahrheitskonditional, weil die Bedeutung deskomplexen Satzes abhängig ist von den Wahrheitswerten der atomaren Sätze:
„Bill schläft und Maria ist wach“ ist wahr, gdw. „Bill schläft“ wahr istund „Maria ist wach“ wahr ist.
Andere Konnektive und Operatoren verhalten sich anders:
Es ist möglich dass Bill schläft “ ist wahr gdw ???
166SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
„Es ist möglich, dass Bill schläft.“ ist wahr, gdw. ???
Die Wahrheit des komplexen Satzes hängt nicht nur von der Wahrheit (oderFalschheit) des atomaren Satzes „Bill schläft“ ab. Es stellt sich somit die Frage,wie man eine Projektionsregel für Sätze mit „möglich“ formulieren sollte.
30
Glaubenssätze
Wir können keine Projektionsregel für Glaubenssätze niederschreiben, wenn wir
Modelltheoretische Semantik
j g ,als Denotationen von Sätzen nur Wahrheitswerte zur Verfügung haben, denn allewahren bzw. alle falschen Sätze haben dieselbe Denotation (nämlich „wahr“ oder„falsch“):
„John glaubt, dass Elefanten groß sind“ ist wahr, gdw. ???
Das Problem der Koextensionalität stellt sich im Kontext von Glaubenssätzen ineiner verschärften Form:
167SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
„John glaubt, dass Fido Nieren besitzt.“„John glaubt, dass Fido ein Herz besitzt.“
Wir benötigen feinkörnigere Bedeutungen für Sätze als Wahrheitswerte.
Mögliche Welten
Eine einfache (extensionale) wahrheitskonditionale Semantik versteht Bedeutung als eineKorrespondenz zwischen Ausdrücken und den tatsächlich vorliegenden Tatsachen
Mögliche Welten Semantik
Korrespondenz zwischen Ausdrücken und den tatsächlich vorliegenden Tatsachen.
Es gibt nun eine ganze Reihe von Möglichkeiten, wie unsere Welt aussehen könnte. DieseMöglichkeiten nennen wir mögliche Welten.
Jede dieser möglichen Welten repräsentiert eine nichtaktuale, globale Möglichkeit, wie dieWelt (das gesamte Universum) sein könnte.
Die Wahrheit eines Satzes hängt davon ab, welche Welt wir in Betracht ziehen. Der Satz„Schröder ist Bundeskanzler.“ ist wahr in unserer Welt, aber in einer anderen möglichenWelt, in der die Wahlen anders ausgegangen wären, ist dieser Satz falsch.
168SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Dies bringt uns zu einem neuen Verständnis von Wahrheitsbedingungen. Ein Satz ist wahrin manchen möglichen Welten (Situationen) und falsch in anderen.
Wir können daher die Bedeutung eines Satzes einfach als die Menge derjenigenmöglichen Welten auffassen, in denen er wahr ist (wäre).
31
Mögliche Welten
Rudolf Carnap und Richard Montague haben der wahrheitskonditionalen
Mögliche Welten Semantik
p gSemantik eine Interpretation in Bezug auf mögliche Welten gegeben und damitgleichzeitig die Konzeption Freges, nämlich die Unterscheidung zwischen Sinn(Intension) und Bedeutung (Extension), weiterentwickelt. Der Trick ist, dieIntension eines Ausdrucks als eine Funktion von möglichen Welten inExtensionen darzustellen.
Ausdruck Extension Intension
Kategorie Singulärer Term Individuen Individuenbegriffe (Funktion von
169SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
mögl. Welten in Individuen)
Kategorie Genereller Term Mengen Eigenschaften (Funktion von mögl.Welten in Mengen von Individuen)
Kategorie Satz Wahrheitswerte Propositionen (Funktion von mögl.Welten in Wahrheitswerte)
(1) „Die Bundeskanzlerin ist dickköpfig.“
Die Mögliche-Welten-Semantik ist eine kompositionale Bedeutungstheorie. „Die
Mögliche Welten Semantik
Bundeskanzlerin“ denotiert in einer möglichen Welt jeweils dasjenige Individuum,welches in dieser Welt das Amt des Kanzlers innehat. (Die Extension mag sichvon Welt zu Welt unterscheiden, schließlich könnte jemand anderes als MerkelBundeskanzler sein.)
(1) ist wahr in einer möglichen Welt, wenn das jeweilige Individuum, das dortBundeskanzler ist, zur lokalen Extension von „dickköpfig“ gehört.
Wenn wir die Intension von „der Bundeskanzler“ und die Intension von
170SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Wenn wir die Intension von „der Bundeskanzler und die Intension von„dickköpfig“ kennen, wissen wir, in welchen möglichen Welten (1) wahr (bzw.falsch) ist. Damit haben wir die entsprechende Funktion von Welten inWahrheitswerte, d.h. wir kennen die Proposition von „Die Bundeskanzlerin istdickköpfig.“
32
Die Denotation von „Die Bundeskanzlerin ist dickköpfig.“
Welt1
Mögliche Welten Semantik
Welt2 wahr
Welt3
Welt4
Welt5 falsch
171SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Welt6
...
[[Die Bundeskanzlerin ist dickköpfig]] = {w2, w5, ...}
Koextensionalität
Das Problem der Koextensionalität stellt sich für eine Mögliche-Welten-Semantiki ht h d di I t i B L b it Ni “ d
Mögliche Welten Semantik
nicht mehr, denn die Intensionen z.B. von „Lebewesen mit Nieren“ und„Lebewesen mit Herz“ sind verschieden, auch wenn ihre Extension – die Mengeder Lebewesen mit Nieren bzw. mit Herz – (zufällig) identisch ist. Die EigenschaftNieren zu besitzen und die Eigenschaft ein Herz zu besitzen unterscheiden sich,da die Extensionen dieser Prädikate in verschiedenen möglichen Weltenunterschiedlich sind.
Daher sind auch die Wahrheitsbedingungen der folgenden beiden Sätzeverschieden:
172SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
„Fido ist ein Lebewesen mit Nieren.“ ist wahr in w, gdw. f ∈ w → {x | LmN (x)}.„Fido ist ein Lebewesen mit Herz.“ ist wahr in w, gdw. f ∈ w → {x | LmH (x)}.
„Lebewesen mit Nieren“ und „Lebewesen mit Herz“ sind nicht synonym. Diebeiden Sätze sagen dementsprechend etwas verschiedenes über Fido aus.
33
Intersektive und nicht-intersektive Adjektive
Die Bedeutung von nicht-intersektiven Adjektiven lässt sich jetzt als eine Funktion vonI t i i I t i b
Mögliche Welten Semantik
Intensionen in Intensionen angeben:
[[kleinerAdj ElefantN]]: w → (w → {x | Elefant (x)})
Diese Funktion nimmt die Intension von „Elefant“ und transformiert diese in eine modifizierteIntension, die nur die kleinen Elefanten herausgreift.
Nicht-wahrheitskonditionale Konnektive und Operatoren
173SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die Wahrheitsbedingungen für Sätze mit nicht wahrheitsfunktionalen Operatoren lassen sichnun relativ einfach angeben:
„Es ist möglich, dass Bill schläft.“ ist wahr in w, gdw. es eine Welt w gibt,so dass b ∈ {x | schläft (x)}
Glaubenssätze
Die Mögliche-Welten-Semantik kann auch mit Glaubenssätzen umgehen. Die Intension einesS t i t i P iti (d h i M ö li h W lt ) Ei P j kti l fü
Mögliche Welten Semantik
Satzes ist eine Proposition (d.h. eine Menge möglicher Welten). Eine Projektionsregel füreinen Glaubenssatz kann dann so formuliert werden, dass man sagt, er sei wahr, wenn dasentsprechende Individuum in der Relation des Glaubens zu der entsprechenden Propositionsteht, welche der Inhaltssatz zum Ausdruck bringt:
„John glaubt, dass Bill schläft“ ist wahr, gdw. Glauben (j, {w | Bill schläft (w)})
Auch das Problem der Koextensionalität in Glaubenssätzen stellt sich nicht mehr:
„John glaubt, dass Fido Nieren besitzt.“
174SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
„ g ,„John glaubt, dass Fido ein Herz besitzt.“
Diese beiden Sätze haben nicht dieselbe Bedeutung, da „Fido besitzt Nieren“ und „Fidobesitzt ein Herz“ eine verschiedene Intension haben.
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Das Problem der (logischen) Allwissenheit
Wenn wir unterstellen, dass eine Proposition eine Menge möglicher Welten ist, soi d Sät di t di h i d ( i th ti h A l ti h
Mögliche Welten Semantik
sind Sätze, die notwendig wahr sind (wie mathematische Aussagen, analytischeSätze etc.), in allen möglichen Welten wahr. Die Bedeutung solcher Sätze istdaher identisch, was kontraintuitiv ist, insbesondere in Bezug auf Sätze desGlaubens:
John glaubt, dass zwei plus zwei vier ist.John glaubt, dass die Quadratwurzel aus 81 gleich neun ist.John glaubt, dass Junggesellen unverheiratete Männer sind.....
175SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Da notwendig wahre Inhaltssätze nach der Mögliche-Welten-Semantik identischePropositionen zum Ausdruck bringen, würde die Tatsache, dass John eine simplemathematische Wahrheit glaubt, implizieren, dass er von allen notwendigenWahrheiten überzeugt – d.h. dass er omnipotent – ist.