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Fachhochschule Potsdam · Fachbereich Architektur und Städtebau · Studienrichtung Konservierung und Restaurierung von Objekten aus Holz Eine Tromba marina aus dem Kloster St. Katharinental (Schweiz) im Germanischen Nationalmuseum Technologische Untersuchung und Zustandserfassung, insbesondere der Innenbeschichtung sowie Erstellung eines Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes. Diplomarbeit vorgelegt von Meike Wolters-Rosbach Erstprüfer: Dipl.-Rest. Jörg Weber, FH-Potsdam Wintersemester 2014/15 Zweitprüfer: Klaus Martius, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Zustandserfassung Infolge einer Auslagerung aus dem Germanischen Nationalmuseum im Zweiten Weltkrieg weist das Instrument starke Holzausbrüche und zahlreiche Risse im dünnwandigen Korpus auf. Teile des unteren Rahmens sowie Querriegel, Steg, Obersattel und Saite sind nicht mehr vorhanden. Durch die computertomographische Untersuchung wurde eine starke Zerstörung des Holzes durch Holzschädlinge auf der Halsrückseite sichtbar. Technologische Untersuchungen Zur umfassenden Dokumentation der Konstruktion wurden röntgenographische und computertomographische Techniken eingesetzt. Eine dendrochronologische Untersuchung eines Korpusspanes ergab die Datierung des jüngsten Jahrringes auf 1722. Schwerpunkt der Untersuchungen stellte die kunsttechnologische Analyse der Innenbeschichtung dar. Durch mikrochemische Analysen, FT-IR-Spektroskopie, Röntgenfluoreszenzanalyse, Röntgendiffraktomie und der mikroskopischen Betrachtungen, speziell mit dem Rasterelektronenmikroskop wurde Glas und Kreide in einer proteinhaltigen Bindung, vermutlich Glutinleim, nachgewiesen. Historische Leimrezepte zeigen auf, dass diese Form der Leimmodifizierung eine übliche allgemeine Anwendung darstellte. Speziell im Musikinstrumentenbau gibt es lediglich vereinzelt historische Beschreibungen für Glasstückchenbeschichtungen im Resonanzraum. Ähnliche Phänomene der Oberflächenmodifizierung zur Klangbeeinflussung finden sich an anderen Musikinstrumenten wieder. Objektbestimmung Die Tromba marina ist heute ein selten beachtetes Streichinstrument und stellt durch die Spielweise in ausschließlicher Flageolettmanier und vor allem durch seinen trompetenähnlichen Klang ein ungewöhnliches Musikinstrument dar. Aufgrund besonderer Konstruktionsmerkmale der Decke und einer in dieser Funktion seltenen Beschichtung mit Glasstückchen auf den Korpusinnenflächen gehört das Objekt dieser Arbeit einem spezifischen Bautyp dieser Instrumente an. Lediglich sieben weitere Trombe marine, die ebenfalls in St. Katharinental verwendet wurden, weisen diese Merkmale auf. Mikroskopische Betrachtung der Innenbeschichtung: Farblose und grünliche Glaspartikel in unterschiedlichen Korngrößen. Mikroskopische Betrachtung eines Glaspartikels mit anhaftendem Leim. Links: Auflicht, 5-fache Vergrößerung; Muschelbruch auf Glasfläche. Rechts: UV-Licht, 5-fache Vergrößerung; bläuliche Fluoreszenz des anhaftenden Bindemittels. Rasterelektronenmikroskopie: Leim der Innenbeschichtung und Holzfasern. Tromba marina, GNM, Inv.-Nr. MI 1: Unteransicht. Beschichtung mit Glasstückchen auf den Innenflächen der Korpusspäne. Tromba marina, GNM, Inv. Nr.: MI 1: Links: Vorderansicht; untere Profilleiste, Querriegel, Steg und Oberklotz fehlen. Rechts: Seitenansicht; Ausbrüche im unteren Korpus. Technische Zeichnung. Computertomographie: zahlreiche Fraßgänge im Hals durch Holzschädlinge verursacht. Schließen und Leimen der Risse im Korpus mit Hilfe von Wirbelwinden und Klemmsia-Zwingen. Konservierungs- und Restaurierungskonzept Die Maßnahmen beinhalten das Schließen der Risse und das Sichern loser Elemente sowie die Festigung desolater Holzsubstanz, so dass die durch die Umstände des Krieges erfolgten Schäden sichtbar bleiben. Somit repräsentiert die Tromba marina nicht nur die Zeit seiner Entstehung und ihre praktische Anwendung, sondern stellt auch ein Beispiel für das Schicksal der Sammlungsbestände während des Krieges dar.

Eine Tromba marina aus dem Kloster St. Katharinental ... · PDF fileFachhochschule Potsdam · Fachbereich Architektur und Städtebau · Studienrichtung Konservierung und Restaurierung

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Fachhochschule Potsdam · Fachbereich Architektur und Städtebau · Studienrichtung Konservierung und Restaurierung von Objekten aus Holz

Eine Tromba marina aus dem Kloster St. Katharinental (Schweiz) im Germanischen NationalmuseumTechnologische Untersuchung und Zustandserfassung, insbesondere der Innenbeschichtung sowie Erstellung eines Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes.

Diplomarbeit

vorgelegt von Meike Wolters-Rosbach Erstprüfer: Dipl.-Rest. Jörg Weber, FH-PotsdamWintersemester 2014/15 Zweitprüfer: Klaus Martius, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

Zustandserfassung

Infolge einer Auslagerung aus dem Germanischen

Nationalmuseum im Zweiten Weltkrieg weist das Instrument

starke Holzausbrüche und zahlreiche Risse im dünnwandigen

Korpus auf. Teile des unteren Rahmens sowie Querriegel,

Steg, Obersattel und Saite sind nicht mehr vorhanden. Durch

die computertomographische Untersuchung wurde eine

starke Zerstörung des Holzes durch Holzschädlinge auf der

Halsrückseite sichtbar.

Technologische Untersuchungen

Zur umfassenden Dokumentation der Konstruktion wurden

röntgenographische und computertomographische Techniken

eingesetzt. Eine dendrochronologische Untersuchung eines

Korpusspanes ergab die Datierung des jüngsten Jahrringes

auf 1722. Schwerpunkt der Untersuchungen stellte die

kunsttechnologische Analyse der Innenbeschichtung dar.

Durch mikrochemische Analysen, FT-IR-Spektroskopie,

Röntgenfluoreszenzanalyse, Röntgendiffraktomie und

der mikroskopischen Betrachtungen, speziell mit dem

Rasterelektronenmikroskop wurde Glas und Kreide in

einer proteinhaltigen Bindung, vermutlich Glutinleim,

nachgewiesen. Historische Leimrezepte zeigen auf, dass

diese Form der Leimmodifizierung eine übliche allgemeine

Anwendung darstellte. Speziell im Musikinstrumentenbau

gibt es lediglich vereinzelt historische Beschreibungen

für Glasstückchenbeschichtungen im Resonanzraum.

Ähnliche Phänomene der Oberflächenmodifizierung zur

Klangbeeinflussung finden sich an anderen Musikinstrumenten

wieder.

Objektbestimmung

Die Tromba marina ist heute ein selten beachtetes

Streichinstrument und stellt durch die Spielweise in

ausschließlicher Flageolettmanier und vor allem durch seinen

trompetenähnlichen Klang ein ungewöhnliches Musikinstrument

dar. Aufgrund besonderer Konstruktionsmerkmale der Decke

und einer in dieser Funktion seltenen Beschichtung mit

Glasstückchen auf den Korpusinnenflächen gehört das Objekt

dieser Arbeit einem spezifischen Bautyp dieser Instrumente an.

Lediglich sieben weitere Trombe marine, die ebenfalls in St.

Katharinental verwendet wurden, weisen diese Merkmale auf.

Mikroskopische Betrachtung der Innenbeschichtung: Farblose undgrünliche Glaspartikel in unterschiedlichen Korngrößen.

Mikroskopische Betrachtung eines Glaspartikels mit anhaftendem Leim. Links: Auflicht, 5-fache Vergrößerung; Muschelbruch auf Glasfläche. Rechts: UV-Licht, 5-fache Vergrößerung; bläuliche Fluoreszenz des anhaftenden Bindemittels.

Rasterelektronenmikroskopie:Leim der Innenbeschichtung und Holzfasern.

Tromba marina, GNM, Inv.-Nr. MI 1: Unteransicht. Beschichtung mit Glasstückchen auf den Innenflächen der Korpusspäne.

Tromba marina, GNM, Inv. Nr.: MI 1: Links: Vorderansicht; untere Profilleiste, Querriegel, Steg und Oberklotz fehlen. Rechts: Seitenansicht; Ausbrüche im unteren Korpus.

Technische Zeichnung.

Computertomographie: zahlreiche Fraßgänge im Hals durch Holzschädlinge verursacht.

Schließen und Leimen der Risse im Korpus mit Hilfe von Wirbelwinden und Klemmsia-Zwingen.

Konservierungs- und Restaurierungskonzept

Die Maßnahmen beinhalten das Schließen der Risse und

das Sichern loser Elemente sowie die Festigung desolater

Holzsubstanz, so dass die durch die Umstände des Krieges

erfolgten Schäden sichtbar bleiben. Somit repräsentiert die

Tromba marina nicht nur die Zeit seiner Entstehung und ihre

praktische Anwendung, sondern stellt auch ein Beispiel für das

Schicksal der Sammlungsbestände während des Krieges dar.