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Vlassis G. Rassias: Über das Wesen der ethnischen[1] Götter , in: Rassias (Artikel, News, Veranstaltungen). URL: http://rassias.gr/1033.html (zuletzt abgerufen am 10.04.»2014«), griechisch. Wurde zuerst im griechischsprachigen hellenischen Magazin DIIPETES veröffentlicht. (Titel und Text von Stilian »Hekatos« übersetzt, Munikhion, im 2. Jahr der 699. Olympiade.) (Bildquelle: siehe obigen Link) 1. Die Notwendigkeit für Erklärungen und Definitionen Wer auch immer sich mit diesen Dingen beschäftigt, kann leicht erkennen, dass sowohl diejenigen, die die ethnische hellenische Religion anfeinden als auch einige andere, die nicht aktiver Teil der derselben sind, aber so tun als ob[2], systematisch vermeiden zu erklären, was das eigentlich ist, das sie jeweils anfeinden oder angeblich ehren. Mit wenigen Worten, zu erklären, was die Götter sind. Dieses Vermeiden kann natürlich, logisch und mühelos interpretiert werden, da keine der beiden zuvor erwähnten Gruppen von Menschen eine besonders große Affinität zur Klarheit verspürt, die ihrerseits wiederum bekanntlich allein für die aufrichtigen und wohlmeinenden Menschen etwas übrig hat. Bevor wir nun an dieser Stelle über die Natur der Götter, die Natur unserer Götter sprechen, ist es notwendig, kurz auf jene Worte Bezug zu nehmen, mit denen der Theologe-Philosoph Sallustios[3] in sein bekanntes Werk »Über die Götter und die Welt« einführt. Sallustios schreibt: »Diejenigen, die über die Götter hören wollen, müssen von klein auf gut und nicht mit närrischen Meinungen erzogen worden sein. Es ist ebenfalls notwendig, dass sie von Natur aus logisch und gut sind, um die Lehren, die sie hören, auch annehmen und richtig verstehen zu können. Außerdem ist das Wissen um die allgemeinen Konzepte unerlässlich; doch allgemeine Konzepte sind jene Dinge, die alle Menschen zweifellos anerkennen, wenn sie richtig danach gefragt werden.«[4] Es ist klar, dass nur wenige von den oben angeführten Voraussetzungen in der heutigen Zeit gegeben sind, in der die Menschen eine abergläubische Erziehung über sich ergehen lassen müssen, mit der Vernunft nicht allzu viel am Hut haben, und kaum Zugang zu den allgemeinen Konzepten unsrer hellenischen Vorfahren haben.

Eine Theologie der griechischen Götter (Hellenismos)

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Vlassis G. Rassias: Über die Natur der ethnischen Götter.

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Page 1: Eine Theologie der griechischen Götter (Hellenismos)

Vlassis G. Rassias: Über das Wesen der ethnischen[1] Götter, in: Rassias (Artikel, News,Veranstaltungen). URL: http://rassias.gr/1033.html (zuletzt abgerufen am 10.04.»2014«),griechisch. Wurde zuerst im griechischsprachigen hellenischen Magazin DIIPETES veröffentlicht.(Titel und Text von Stilian »Hekatos« übersetzt, Munikhion, im 2. Jahr der 699. Olympiade.)

(Bildquelle: siehe obigen Link)

1. Die Notwendigkeit für Erklärungen und DefinitionenWer auch immer sich mit diesen Dingen beschäftigt, kann leicht erkennen, dass sowohl diejenigen,die die ethnische hellenische Religion anfeinden als auch einige andere, die nicht aktiver Teil derderselben sind, aber so tun als ob[2], systematisch vermeiden zu erklären, was das eigentlich ist,das sie jeweils anfeinden oder angeblich ehren. Mit wenigen Worten, zu erklären, was die Göttersind. Dieses Vermeiden kann natürlich, logisch und mühelos interpretiert werden, da keine derbeiden zuvor erwähnten Gruppen von Menschen eine besonders große Affinität zur Klarheitverspürt, die ihrerseits wiederum bekanntlich allein für die aufrichtigen und wohlmeinendenMenschen etwas übrig hat. Bevor wir nun an dieser Stelle über die Natur der Götter, die Naturunserer Götter sprechen, ist es notwendig, kurz auf jene Worte Bezug zu nehmen, mit denen derTheologe-Philosoph Sallustios[3] in sein bekanntes Werk »Über die Götter und die Welt« einführt.

Sallustios schreibt: »Diejenigen, die über die Götter hören wollen, müssen von klein auf gut undnicht mit närrischen Meinungen erzogen worden sein. Es ist ebenfalls notwendig, dass sie vonNatur aus logisch und gut sind, um die Lehren, die sie hören, auch annehmen und richtig verstehenzu können. Außerdem ist das Wissen um die allgemeinen Konzepte unerlässlich; doch allgemeineKonzepte sind jene Dinge, die alle Menschen zweifellos anerkennen, wenn sie richtig danachgefragt werden.«[4]

Es ist klar, dass nur wenige von den oben angeführten Voraussetzungen in der heutigen Zeitgegeben sind, in der die Menschen eine abergläubische Erziehung über sich ergehen lassenmüssen, mit der Vernunft nicht allzu viel am Hut haben, und kaum Zugang zu den allgemeinenKonzepten unsrer hellenischen Vorfahren haben.

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Und deshalb sind wir aufgefordert, größere Anstrengungen zu unternehmen, um die Natur derGötter verständlich zu machen. Wir hoffen, dass die Leser, zumindest die wohlmeinenden unterihnen, uns dies nachsehen werden.

2. Eine einleitende DefinitionWenn eine erste, einleitende Definition der Götter gegeben werden müsste, würde diesefolgendermaßen lauten: »Götter« heißen einige vollkommene und ordnende Wesen, welche durchUnsterblichkeit und Wissen ausgezeichnet werden. (Hierbei ist es von Interesse, unser Augenmerkauf eine sehr aufschlussreiche Stelle der jüdischen Mythologie zu richten, nämlich auf Genesis3.22, in der die Geschichte von den sogenannten »Erstgeschaffenen Edens« erzählt wird, und woangeblich durch ihren ethnischen Gott Jehova selbst, genau dies zugegeben woird, nämlich, dassdie Natur des Göttlichen aus Unsterblichkeit und Wissen besteht.) Die Götter umströmen /durchströmen ungehindert den ganzen materiellen Kosmos und wirken auf ihn ein, beteiligen sichan der αειγενεσία, also an der konstanten Zusammensetzung und Zersetzung der Formen, mischensich nicht in die Tätigkeitsbereiche anderer Götter ein, sind dem physikalischen Determinismusverpflichtet und dienen den kosmischen Gesetzen. Die Götter wirken unaufhörlich und »ziehen«sich selbstverständlich nicht zurück, gehen nicht in einer Person »auf«, werden nicht »ersetzt«,hören nicht auf zu existieren, werden nicht »besiegt« entsprechend dem Gusto oder denErwartungen respektloser Sterblicher oder organisierter Systeme der Asebie.

3. Wesen, und nicht PersonenWir sprachen bereits über »όντα« [A.d.Ü.: transkribiert: Ónta, dt. »Wesen«], und zwar im Plural.Wir erinnern an dieser Stelle daran, dass die Bestimmungen »Eines« und »Einheit« nur einennumerischen Vergleichsstatus besitzen und notwendigerweise Vielheit voraussetzen. Alles ist»vervielfachtes Eines«, und darin kann es niemals ein unabhängiges »Eines« geben.

Wir greifen also nun auf den bereits verwendeten Begriff »Wesen« zurück und heben auch anderePunkte besonders hervor, sodass vermieden wird, dass unser vorprogrammierter Verstand beimodernen einschränkenden und unnatürlichen Konzepten landet, die das Verständnis dessen, waswirklich ist, verhindern. Man könnte sicherlich von »Mächten« sprechen, weil die Götter genau dassind, auch Sallustios sagt dies mit klaren Worten, als er schreibt, »die Götter bestehen nicht ausKörpern, da die Mächte immateriell sind«[5], aber leider übersetzt der heutige Verstand dies mitden uns geläufigen »Naturmächten« wie zum Beispiel die Schwerkraft u.a.

Der Begriff vermittelt eindeutig nicht korrekt, was die Götter eigentlich sind. Also werden wir aufdie Bezeichnung »ónta« bestehen, Präsens Aktiv des Verbs »ειμί« (»sein«, »existieren«)[6], undmöchten vor allem betonen, dass die Götter keine »Personen«[7] sind, nach der Art, wie diejüdischstämmigen Religionen ihren vermeintlich »einzigen« »Gott«[8] wahrnehmen, weil jede»Person« (lat. Persona) [A.d.Ü.: griech.: πρόσωπο[9], transkr. Prósopo] naturgemäß beschränktersein muss, als das wahrhafte Sein[10] und somit notwendigerweise »handelt« statt »da zu sein«,und, bspw. im Falle der Götter, die Kohärenz und Ordnung eines Systems zu gewährleisten, das ihreExistenz als Grundlage hat.

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Darüber hinaus setzt »ωπός« (Auge) eine »Begrenzung« (also eine äußere »Rinde«, unabhängigvom Grad der Materialität) eines zwangsläufig individuellen Wesens sowie einen externen fremdenAußenraum als Aufenthaltsort solch eines individuellen Wesens voraus, und obendrein, dass es alsPerson/Gestalt (lat. »Vultus«) wahrgenommen wird, was natürlich absurd ist, denn dadurch wirdGott endlich und nicht-allgegenwärtig gemacht. Während die widersprüchlichen Theologen derjüdischstämmigen Religionen gezwungen sind, ihren angeblich persönlichen »Gott« irrationalerWeise außerhalb des manifestierten Universums zu setzen, sind die Götter bei uns Ethnikerngerade wegen ihrer offensichtlichen Unpersönlichkeit imstande, das gesamte Sein zudurchdringen / -strömen, und sich ineinander zu diffundieren, ohne jedoch die besondere Naturdes jeweiligen Gottes zu verändern[11].

Kehren wir nun wieder zu Sallustios zurück, und zwar zu der Stelle, an der er folgenden Hinweisüber die 12 Götter gibt: »... während diese zwölf Götter auf irgend eine Weise über die Weltherrschen[12], meinen wir, dass auch andere Götter in ihnen enthalten sind. Zum Beispiel Dionysosin Zeus, Asklepios in Apollon und die Grazien in Aphrodite.«[13] Zusammenfassend betonen wir,dass die vollkommenen, guten[14], unsterblichen, gerechten, weisen und ewigen Götter, auchunpersönlich, geschlechtslos[15], unveränderlich, unendlich und miteinander verbunden sind,körperlos, aber auch von dualer Substanz.

4. Die Unantasbarkeit der GötterAll dies macht klar (und widerlegt selbstverständlich obendrein die listigen Theorien, die in denletzten eineinhalb Jahrhunderten fieberhaft von verschiedenen theosophischen Kreisen in Umlaufgebracht werden, und die besagen, dass die Götter angeblich... vergöttlichte Seelen Sterblichersind!), dass die eindeutig unpersönlichen Götter sich in Raum und Zeit aufhalten, aber davon völligunberührt bleiben. Nichts hält die Götter in sich gefangen, und vor allem zerfallen diese nicht wiebeispielsweise die zerstörbaren Dinge durch die Zeit, weshalb sie rechtens »die Unsterblichen« und»Unvergänglichen« genannt werden.

Außerdem, und dieser Punkt ist sehr wichtig, haben die Götter, wie schon vorhin bemerkt, keinGeschlecht und auch keine andere Eigenschaft sterblicher Wesen. Kein Gott kann sich jemals vonder ersten Ursache trennen. Das gleiche meint auch Sallustios, wenn er schreibt: »jeder Gott istgut, frei von Leid und Veränderungen … Jeder Gott ist ungeschaffen und hält sich weder in Körpernnoch im [dreidimensionalen] Raum auf, trennt sich nie von der ersten Ursache und den anderenGöttern[16] (genauso wenig wie die Gedanken sich vom Verstand trennen lassen).«[17]

5. Eine sehr nützliche ZusammenfassungDie bis heute beste Definition der Natur der Götter, habe ich in einem polytheistischen»Glaubensbekenntnis« gelesen, das vor Jahren, 1991, die Redaktion der Zeitschrift »Scroll ofOplontis« publizierte, die es bedauerlicherweise nicht mehr gibt. Ich veröffentliche es an dieserStelle:»Das Wort ›Polytheismus‹ ist von den griechischen Wörtern ›poly‹ (viel) und ›theos‹ (Gott)abgeleitet und bedeutet »Verehrung vieler Götter«. Polytheismus ist deshalb als ein Glaube an dieExistenz vieler Götter definiert. Er ist die Idee, dass es zahlreiche göttliche Kräfte gibt.

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Er ist die Idee, dass das Göttliche letztendlich in zahlreichen separaten Entitäten oder Wesenwohnt.

Es gibt viele Götter und Göttinnen. Die Götter sind die größten und mächtigsten Wesen. Sie sindweise und gerecht. Sie sind unsterblich. Sie verdienen Achtung und Anbetung. Die Götter habenviele Formen und können sich auf vielfältige Weise offenbaren. Sie sind sowohl immanent als auchtranszendent.

Sie sind in den Elementen und Formen des Seins gegenwärtig. Sie manifestieren sich in den Kräftender Natur, in Materie und Energie, aber sie sind auch transzendente Wesen, die an keine materielleForm gebunden sind. Die Götter können sich in menschlichen oder anderen Wesen offenbaren, alsPflanzen oder Tiere oder als materielle Gegenstände. Es gibt für die Götter und Göttinnen keineGrenzen der Form oder des Seins. Sie sind, was sie sein wollen.

Das Göttliche ist vielfältig und verschieden, sowohl in der Erscheinung als auch in seinem Wesen.Es ist nicht so, dass sich hinter all der Vielfalt göttlicher Formen ein einziger Gott oder eine einzigeGöttin verbergen würde. Die Götter sind keine Archetypen. Sie sind keine imaginären Symbolemenschlicher Aktivität oder des menschlichen Geistes. Sie sind keine symbolischen Darstellungenvon natürlichen Ereignissen und Prozessen.

Die Götter und Göttinnen sind real. Sie existieren. Ihre Weisheit und Macht gestaltet diese Welt,diese bestimmte Form des Kosmos. Ihre Schönheit und Anmut werden für immer bestehen.

Die Götter und Göttinnen sind freie und unabhängige Wesen. FREI erkennen wir ihre Existenz anund erweisen ihnen Achtung und Verehrung. Sie brauchen oder verlangen diese Anerkennung abernicht. Die allmächtigen[18] Götter und Göttinnen brauchen nichts. Was immer sie wünschen,schaffen sie einfach.«[19]

6. Eine hilfreiche EtymologisierungIm Anschluss an den obigen Text, und weil in der Tat der Anfang aller Weisheit das extensiveStudium der Namen ist, so Antisthenes, müssen wir anmerken, dass der Begriff »Theós« [A.d.Ü.:Gott] eigentlich ein Adjektiv ist, nützlich für die Bestimmung aller Wesen, die die obenbeschriebenen Eigenschaften, insbesondere die strukturgebenden unter ihnen, aufweisen. Überdie Herkunft dieses Wortes sagt Herodot (2,52), dass die Götter so genannt wurden, weil sie allenDingen Ordnung verliehen haben: »έθυον δε πάντα πρότερον οι Πελασγοί θεοίσι επευχόμενοι, ωςεγώ εν Δωδώνηι οίδα ακούσας, επωνυμίην δε ουδ’ ούνομα εποιεύντο ουδενί αυτών, ου γαρακηκόεσάν κω. Θεούς δε προσωνόμασαν σφέας από του τοιούτου ότι κόσμωι θέντες τα πάνταπράγματα και πάσας νομάς είχον« (»Die Pelasger haben in früheren Zeiten, wie ich in Dodoneerfahren habe, alle ihre Opfer unter dem Gebet an die Götter im allgemeinen verrichtet, ohne deneinzelnen Gott namentlich anzurufen; denn sie kannten eben die Götternamen noch nicht. DenNamen »Götter« [›Ordner‹] gaben sie ihnen aus dem Grunde, weil sie allen Dingen Ordnungverliehen hätten und alle Gaben nach ihrem Willen verteilten«)[20].

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Indes beschreibt der stoische Theologe Curnutus in seinem sehr wichtigen »Kompendium derüberlieferten Meinungen zur griechischen Theologie« die Götter mit den Worten »Stifter undSchöpfer der entstehenden Dinge«[21].

Die Etymologie aus dem Wort »θέειν« [A.d.Ü. Laufen, Bewegen], die Platon in »Kratylos« (397 d)mit der Sonne und dem Mond als Beispiel unternimmt, ist sehr »eng« gehalten und folglich vonsichtlich streitbarer Gültigkeit, denn sie stützt allein die bekannte Theorie über die Himmelskörperals »Götter« in der gesamten pythagoreisch-platonischen philosophischen Tradition (mit derzusätzlichen Überzeugung, dass die Himmelskörper die Quelle des Wissens von der Zahl[22] alsGrundlage der Intelligenz und der Ethik ist), bei den ersten Werken des Aristoteles, und natürlichbei den Neuplatonikern und Neupythagoreern. Diese platonische Etymologie würde eher auf dieTitanin Theia zutreffen, die die Rolle der Bewegung innerhalb des manifestierten Kosmos zumAusdruck bringt.

7 . »Demnach …«Durch das bereits Erwähnte, ist hoffentlich ausreichend geklärt worden, was die in jeglicherHinsicht existenten Götter des Polytheismus sind; zumindest soweit existent, wie die natürlicheund objektive Wirklichkeit selbst; und es wurde hoffentlich ebenso verständlich gemacht, weshalballe ethnischen Pantheons Gültigkeit besitzen und alle Götter tatsächlich existieren, an die sich dieMenschen seit ältester Zeit mit ihren Anrufungen richten – die vielen und schönen Teile der einstigvielfältigen und gesunden Ethnosphäre des Planeten Erde. Aus diesem göttlichen strömendenFluss, das den »Sitz« der Götter ausmacht, die allgegenwärtige und immerwährende höchsteEbene »Olymp«, hat jeder Mensch, jeder Stamm, jedes Volk in seine natürliche Realität»heruntergeholt«, was seinen Anlagen, seiner Mentalität und kulturellen Herkunft entspricht.

So sehr die Psychopathologie der christlichen Theologen auf der anderen Seite sie auch dazuverleitete, zu allen Zeiten[22] hoffnungslos intolerant, unverschämt und respektlos zu krächzen,dass »alle Götter der Ethnien Dämonen sind« (sic), so sehr auch die wahre Bedeutung desoffensiven Begriffs »Götzenkult« – verwendet, um die eigentliche, natürliche, ungegründeteReligion der Menschheit, also den Polytheismus zu verunglimpfen – nicht die Verehrung»unwirklicher« Götter bedeutet, wie sie naive Menschen glauben lassen, sondern die Verehrungvon … echten »Dämonen«[23] (sic), wird der Kosmos nicht nur lange nach dem Zusammenbruchder »monotheistischen« Betrügerei bestehen bleiben, aber auch nach dem Zusammenbruch dergesamten heutigen »Zivilisation« der Hybris und Asebie. Und mit ihm zusammen werden auch dieGötter weiter existieren, unsere echten [A.d.Ü.: nicht menschengeschaffenen], vielen undnatürlichen Götter. Und das, in einer für unseren Verstand ungreifbaren Zukunft, wenn schon langeZeit davor die letzten Priester der gegründeten Religionen zusammen mit ihren riesigenReichtümern und ihrem Herrschafts-Schnick-Schnack zu nichts weiter, als einer handvollSternenstaub geworden sind.

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Anmerkungen des Übersetzers zum besseren Verständnis des Textes:

1. Im ethnischen Hellenentum wird ethnisch im ursprünglichen (= etymologischen) Sinneverwendet. Das Adjektiv »ethnisch« stammt vom hellenischen Wort Ethnos (Volk) ab, daswiederum von Ethos (Verhalten, Gewohnheit, Sitte) abstammt. Eine Ethnie ist eine Gruppe vonMenschen mit einem gemeinsamen Ethos (oder einer gem. Kultur, würden manche Heute sagen).Demnach bedeutet ethnisch in diesem Kontext »indigen, eingeboren, autochthon, polytheistisch«.Im deutschsprachigen Raum würde man hierzu wahrscheinlich nicht ethnische Hellenen oderethnisches Hellenentum, sondern heidnische Hellenen oder paganes Hellenentum sagen. (InNeugriechenland nennt man diese Menschen »Götzenverehrer«, im Westen »Paganisten«, aberauch, und immer häufiger, Polytheisten.) Da wir Hellenen aber den pejorativen nicht-hellenischenTerminus »Paganismus« ablehnen (weil er verleumderisch ist), machen wir weiterhin Gebrauchvon der Bezeichnung »Ethniker«, weil diese linguistisch auf das Wort Ethos zurückgeht. Und Ethosschließt auch jenen Aspekt des Hellenentums mit ein, der in unserer Zeit »Religion« genannt wird,also den (väterlichen) Götterkult.

(Während früher »hellenische Ethniker« geläufig war, löst der Begriff »ethnische Hellenen« denersten allmählich ab, was im Grunde auf das gleiche hinausläuft.) Allerdings wurde dieses Wortvon der Bedeutung gereinigt, mit der es von den Christen jahrhundertelang belegt wurde (→»Götzenverehrer«; »Heide« m./pl.), und die in keinem Zusammenhang zu seiner Etymologie stand(→ Ethos). Ohne Ethos gibt es keine ethnische Identität, und der Ethniker ist nun mal Träger einerethnisch-kulturellen Identität, die keinesfalls auf ihren religiösen Aspekt reduziert werden kann,schließlich ist der Hellenismos keine Glaubensgemeinschaft.

Für das Hellenentum gilt, dass die Hellenen eine Ethnie sind, und dass nur jene mit einemhellenischen Ethos Hellenen sein können. Aus diesem Grund waren Menschen wie Thales(phönizischer Abstammung), Kaiser Julian (Römer), Porphyrios (Phönizier) oder Äsop (Phrygier)echte Hellenen. Ethniker (griech.: Εθνικοί) heißen also alle Menschen, die der eingeborenenTradition ihres Landes/Volkes folgen. Logischerweise führt ein solches Verständnis von der Ethnieund ethnischen Identität zum Bruch mit allen Nationalismen einerseits und den Legenden desneugriechischen Staates über eine Kontinuität einer »hellenischen Nation« und der hellenischenKultur im byzantinischen Reich andererseits. (Von einigen Ausnahmen abgesehen, ist dies die amweitesten verbreitete Ansicht im echten, also historischen Hellenentum.)Schließlich ermöglicht der Begriff »ethnisches Hellenentum« (= Kulturtradition, die von derhellenischen Ethnie stammt) sich von der Romiosini, der griechischsprachigen orthodoxen Identitätund Kultur Neugriechenlands abzugrenzen, die sich seit ca. 200 Jahren »(christliches)Hellenentum« nennt. Im Übrigen deckt sich das griechische Wort Hellenismos (griech: Ελληνισμός)mit dem deutschen »Hellenentum«. Im heutigen Griechenland bedeutet Hellenismos aber nichtnur antike griechische Kultur, sondern auch Byzanz, neugriechischer Staat, und somit auchorthodoxes Christentum, weil beide Begriffe seit 200 Jahren gleichgesetzt werden. Die hellenischeReligion wird dabei als »Götzenkult« degradiert, als austauschbares Teil der Hellenizität erachtet.Wir ethnischen Hellenen verwenden den Hellenismos allgemein im antiken und insbesondere imjulianischen Sinne.

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Der Hellenismos, in Griechenland ethnische hellenische Religion oder ethnisches Hellenentumgenannt (transkr.: ethnikos Hellenismos), setzt sich im Westen immer mehr als Label für dieeingeborene hellenische Tradition und Weltanschauung durch, während das deutsche»Hellenentum« nicht nur diesen Bereich der hellenischen Kultur abdeckt, sondern das»hellenische Wesen« insgesamt (Duden, Stichwort: Hellenentum), zu dem manche eben auch dasheutige Griechenland und seine Kirchen dazu zählen möchten. Obwohl also Hellenismos undHellenentum (= »hellenische Kultur«) deckungsgleich sind, haben sie in den jeweiligen Ländernbzw. im Westen und Neugriechenland abweichende Bedeutungen, die meist, insbesondere inNeugriechenland, keinen Bezug zum antiken und genuin-hellenischen Inhalt haben. Die Definitiondes »Hellenismos« und seine Verwendung im antiken Sinne von hellenischer Seite ist inNeugriechenland Grund für Reibungen und Anfeindungen zwischen ethnischen Hellenen undorthodoxen Christen, die ihn jeweils für sich beanspruchen.

2. Meint die sog. »Archäozentristen«, Anhänger einer Art »New-Age-Anthroposophie«neugriechischer Ausprägung, die mehrheitlich christlich-orthodox sind, aber auch Personen unterihren Reihen zählen, die das Christentum attackieren, nicht zuletzt wegen seines jüdischenUrsprungs, und als Anwälte der hellenischen Antike auftreten (Anestis Keramydas), dabei nicht nurbekannte neugriechische antisemitische Klischees bedienen, aber auch einpseudowissenschaftliches Weltbild verbreiten (antike Weltkriege, biochemische Waffen in derAntike usw.), als dessen Ursprungsort sie das antike Griechenland ausgeben. Große Bedeutungmessen sie der Hermetik, den pseudo-sibyllinischen Orakeln und dem Euherismus bei. Nicht seltenbleibt ihre Haltung zum Christentum oder Hellenismos ungeklärt. Oft haben archäozentrischeSchriftsteller behauptet, der Monotheismus sei von Hellenen erfunden worden, und die Judenhätten ihn von diesen gestohlen. (Eine Theorie, die auch unter orthodoxen Fundamentalistenbeliebt ist und mit dem angeblich monotheistischen Charakter der Orphik begründet wird.Schließlich seien alle antiken Denker Monotheisten gewesen. Und das sind nur einige von denelementaren Überschneidungen zwischen Archäozentristen und christlich-orthodoxenExtremisten.)

Die gleichen Schriftsteller stellen die Götter als »Engel« oder »außerirdische Ahnen der Griechen«dem Gott des »Neuen Testaments« zur Seite, der, wie auch von anderen orthodoxenFundamentalisten behauptet, nicht Jahve sein soll, der Gott des »Alten Testaments«, sondern der»wahre Gott« aller Menschen (oder der platonische Demiurg). Sie trennen rigoros zwischen»Altem« und »Neuem Testament«, letzteres ist ihnen eine Kopie der griechischen Mythologie, diesie verwenden, um die Existenz von Atomkriegen und Raumschiffen im antiken Griechenland zubeweisen. Eine uralte, vermeintliche Rivalität zwischen (den »guten«) Hellenen und (den »bösen«)Juden wird metaphysisch begründet. Die dahinterstehende Haltung ist keine anti-monotheistische,sondern eine rassistische im weitesten Sinn. Hier hat sich der (alt)christliche Antijudaismus undDualismus mit modernen Verschwörungstheorien gepaart, in deren Zentrum »das von fremdenMächten gebeutelte Griechenland und seine Orthodoxie« kreisen. Verschwörungstheorien sind indiesen Kreisen weit verbreitet.

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Der Archäozentrismus ist inhomogen und beinhaltet diverse Strömungen, die sich zum Teil voneinander unterscheiden. Er versteht sich als wichtiges und authentisches Element der hellenischenKultur. Lange Zeit ordnete die orthodoxe Kirche in Griechenland den Hellenismos demArchäozentrismus (und »Neopaganismus«) zu, der selbst, zwischen sich und der hellenischenTradition nicht zu unterscheiden weiß. (Wobei eine solche Klassifizierung absurd ist, und dieVermutung einer dahinter stehenden, aus Ignoranz oder Böswilligkeit gespeisten Motivationerkennen lässt, denn: wir hellenischen Ethniker können als solche kein Gedankengut teilen, dasnicht nur den Hellenen unbekannt war, sondern in der griechischen Kultur gar nicht existierte. Undwenn eine Sache der hellenischen Religion unbekannt war, und wir eben genau diese Religionpraktizieren, wie könnten wir dann das gleiche Gedankengut mit Menschen teilen, die weder diehellenische Religion praktizieren noch eine Rolle im Hellenismos spielen?)

Noch Heute wird allgemein von den »Verehrern der Antike« (Archaiolátres) gesprochen, wobei allegemeint sein können, die eine ablehnende Haltung gegenüber der Kirche einnehmen und eineBevorzugung der hellenischen Kultur unter Ausschluss des Oströmischen Reiches zeigen. Dieethnischen Hellenen lehnen den Archäozentrismus genauso ab wie z.B. die US-hellenischenPolytheisten die New-Age-Bewegung oder den »Neopaganismus«. (Vor vielen Jahren wurdeArchaiolatres in manchen Fällen auch als positive Selbstbezeichnung verwendet, so vom YSEE.)

Die Bezeichnung »Archäozentrist« ist pejorativ; sie selbst nennen sich »Hellenozentriker« odereinfach »Hellenen«. Je nachdem, ob sie dem Christentum oder dem Hellenismos näher stehen(wollen), variieren ihre Aussagen, die da lauten: »Jesus war ein Hellene« (ergo ist das Christentumeine hellenische Religion, somit der griechischen Kultur nicht fremd), »Jesus war hellenischgebildet«, »die Juden hassen und bekämpfen die orthodoxen Hellenen«, »der Zionismus stecktehinter allen politischen Tragödien Griechenlands«, »die Juden verwendeten das Christentum, umdie hellenische Kultur zu vernichten«, »Byzanz war hellenisch«, »wir sind direkte Nachfahren derantiken Griechen«, »das hellenische Blut ist über die Jahrhunderte rein geblieben«, »es gab keineIndoeuropäer«, »die Hellenen haben alles erfunden«, »die griechische Sprache ist die älteste«, dieHellenen »waren zweifellos die ersten Nationalsozialisten« u.v.m. (Vor einiger Zeit versuchte einArchäozentrist mit einem Zitat aus einer hellenischen Publikation zu beweisen, dass wir ethnischenHellenen »Verräter und Werkzeuge der Zionisten« seien. Das Zitat besagte lediglich, dass diehellenische Religion eine indoeuropäische sei.)

Der mystische Nationalismus des Archäozentrismus weist deutliche antisemitische Spuren auf. Esversteht sich von selbst, weshalb die ethnischen Hellenen des YSEE die Archäozentristen»Freunde« (in Anführungsstrichen) nannten und sie als das erkannten, was sie sind: die New-Age-Bewegung der Romiosini. Alle bekannten und wichtigen Schriftsteller dieser Szene/Denkrichtungsind überzeugte, zum Teil bekennende Christen (Tulatos, Liakopoulos, Fourakis usw.), die zwar dieInstitution Kirche kritisiert haben, dem christlich-orthodoxen Glauben aber nie den Rückenkehrten. Nationalisten und Archäozentristen werden sowohl von ethnischen Hellenen, als auch vonliberalen Christen abschätzig als »Super-Hellenen« und »Archäo-tralala« bezeichnet. Wobei derFairness wegen anzumerken ist, dass nicht nur sie, sondern auch der neugriechische Faschismusdie hellenische Geschichte, hellenische Symbole und Zitate von antiken Philosophen verzerrt und

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instrumentalisiert, um sich als hellenisch schlechthin zu inszenieren und so Anhänger unter demTeil der Bevölkerung zu finden, der auf das von ihm als sein Erbe aufgefasstes antike Griechenlandstolz ist. (Die faschistische Partei »Goldene Morgenröte« besaß sogar die Frechheit, unsVorhaltungen zu machen, wir würden das »Hellenentum« monopolisieren.)

3. Der Platoniker Sallustios war ein bedeutender Philosoph der Spätantike. Er war ein ZeitgenosseKaiser Julians, dessen Ratgeber und Freund er ebenso gewesen ist. Das Werk wurde wahrscheinlichim März 362 verfasst. Vlassis G. Rassias nennt in seinem Vorwort zur neugriechischen Ausgabe vonÜber die Götter und die Welt seinen Inhalt eine »popularisierte, aber gleichzeitig streng logischeTheologie / Kosmologie« (Sallustios, Περί Θεών και Κόσμου, S. 8, Athen: Anichti Poli, 2002). MartinP. Nilsson auf der andren Seite stellt fest, dass Sallustios’ Abhandlung »nicht mit Unrecht eineneuplatonische Katechese genannt worden ist« (M. P. Nilsson: Griechischer Glaube, S. 178, Bern: A.Francke Verlag, 1950). Im zeitgenössischen Hellenismos genießt dieses schmale Büchlein ein hohesAnsehen.

4. Sallustios, Περί Θεών και Κόσμου (dt. Über die Götter und die Welt), Kapitel 1. »... zum Beispiel,dass Gott gut ist, frei von Leid, und frei von allen Veränderungen; denn alles, was sich verändert,verwandelt sich entweder zu etwas Besserem oder Schlechterem: und falls es sich in etwasSchlechteres verändert, wird es schlecht, verändert es sich aber zum Besseren, muss es zu Beginnschlecht gewesen sein.« Bei der Übersetzung des obigen Zitats hielt ich mich an die TaylorscheÜbersetzung (1793).

5. Sallustios, Über die Götter und die Welt, II.

6. An dieser Stelle ist zu vermerken, dass das deutsche Wort »Wesen« (auch Wesenheit) »aus demAlthochdeutschen wesan stammt« und »Sein« bedeutet (Duden, Stichwort: »Wesen«. Zuletztnachgeschaut am 4.4.»2013«). Die inhaltliche Ähnlichkeit zwischen »ón« und »Wesen« istdurchaus bemerkenswert.

7. Sie sind also keine »persönlichen Götter«. Lese hierzu Zaidman/Pantel: »Die Götter sind Mächteund nicht Personen« (Die Religion der Griechen. Kult und Mythos. S. 180, München: C. H. Beck,1994). Manch ein hellenischer Polytheist verwendet an Stelle von δυνάμεις (trans.: dynámeis, dt.Mächte) den altgriechischen Terminus ενέργειες (d. Pluralf. v. ενέργεια: »Energie«), um die Götterdes Hellenismos zu beschreiben. Das Wort ενέργεια kann zwar sehr wohl mit »Kraft/Macht«übersetzt werden, bedeutet aber in erster Linie »Tätigkeit; Wirksamkeit; Wirkung« (Langenscheidt:Taschenwörterbuch Altgriechisch, S. 156, Berlin/München 1993). Und wir dürfen nicht außer Achtlassen, dass mit dem Begriff »Energie« im Neugriechischen vor allem die »Kräfte der Natur«gemeint sind (Ebbe und Flut, Schwerkraft, Elektrizität usw.). Demnach kann »Energie« sehr leichtfalsch verstanden werden und einen bleibenden falschen Eindruck von den Gottheitenhinterlassen, deshalb sollte seine Verwendung in diesem Kontext vermieden werden.

8. Das Wort Gott wird in diesem Kontext mit Anführungszeichen versehen, weil, obwohl dieEthniker die Existenz des jüdisch-christlichen Gottes anerkennen, er für sie nicht von der Art ist,

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wie ihn seine Anhänger denken. Während also Jahves Existenz durchaus nicht in Abrede gestelltwird, ist Jahve in seiner Gestalt des »allmächtigen Schöpfers des Universums« und »einzigenGottes« inexistent, zumindest für die Hellenen. Die Hellenen kennen keinen »einzigen Gott«. DasUniversum verstehen sie als selbst- bzw. unentstanden; es ist keine »Schöpfung«, mit der derangenommene Schöpfer nach Gutdünken verfahren kann. Dieser Jahve ist den Hellenen einGedankenkonstrukt, eine menschliche Erfindung, welche Anspruch auf alleinige Wahrheit erhebtund das Natürliche schlechthin, die Vielheit (mit sanfter oder brutaler Gewalt) zu ersetzen trachtet.

9. Prósopo bedeutet im Griechischen »Gesicht; Person«.

10. όντως Όν (transkr. óntos on).

11. Um mehr über die Gottesdefinition des heutigen Hellenismos zu erfahren, lese Vlassis G.Rassias, M. u. L. Madytinos (Übers.), The english lexicon of standard terminology for Hellenismos,Stichwort: »Θεοί – Theoi« (ab S. 51). Steht auf der offiziellen Webseite des YSEE als PDF-Datei zumkostenlosen Download zur Verfügung. Es handelt sich um eine unvollständige, editierte und auf dieBedürfnisse nicht-griechischsprachiger Leser angepasste Version von Vlassis G. Rassias, Θύραθεν:Φιλοσοφικό Λεξικό. (dt. Thyrathen: Philosophisches Lexikon), Athen: Anichti Poli, 2006.

12. Sallustios, Über die Götter und die Welt, VI.: »Diejenigen, die die Welt schufen sind Zeus,Poseidon und Hephaistos. Jene, die sie beseelten sind Demeter, Hera und Artemis. Diejenigen, diesie harmonisierten sind Apollon, Aphrodite und Hermes. Diejenigen, die über sie wachen sindHestia, Athena und Ares.«

13. ebd.

14. agathoi, von to Agathon: das Gute. Die Götter sind also ohne den Hauch des Bösen.

15. Porphyrios, Περί Αγαλμάτων (dt. Über die Götterbildnisse), III. Porphyrios findet sehr klareWorte, um zu erklären, warum die Hellenen ihre Gottheiten männlich oder weiblich darstelltenoder ihnen überhaupt menschliche Gestalt verliehen haben. Manchen gaben sie eine »männlicheForm, anderen eine weibliche …«, einige stellten sie jugendlich und andere wiederum in der Blüteihres Lebens dar, um der »Verschiedenheit untereinander«, d.h. um der Unterschiedlichkeitzwischen den Göttern Ausdruck zu verleihen. Es waren vor allem die Dichter, die das Bild von denGottheiten prägten. Nilsson schreibt hierzu: »es war nicht die staatliche Religion, sondern Dichtungund Mythos, die das Auftreten und die Tätigkeit der Götter schilderten« (S. 14). Aus diesemBlickwinkel betrachtet hat Herodot sicherlich recht, wenn er schreibt, dass Homer und Hesiod»den Stammbaum der Götter« aufgestellt, und Aussehen und Gestalt der Unsterblichen bestimmthätten (Historien II, 53. Übersetzt von A. Horneffer). Und »wie Homer die Götter schilderte, sosahen sie auch die Künstler«. Aber »die Götter sind weit älter als Homer« (Nilsson, GriechischerGlaube, S. 7). Für jene Leser, die den eigentlichen Götterkult mit der Mythologie verwechseln, magdieser Teil verwirrend sein. Deshalb ist zu klären: die »griechische Religion ist nicht identisch mitder griechischen Mythologie« (Encyclopædia Britannica, Stichwort: »Greek religion«). Die Mythen

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sind nicht unreflektierte Vorstellungen naiver Menschen von der Welt, sondern Reflexionen desSeins im Geiste des Menschen. Sie sind hart wie die Wirklichkeit, moralisieren nicht undkonfrontieren die Menschen mit dem, was ist und sehr wohl sein kann. Des Weiteren enthalten dieMythen die gesamte Erfahrungswelt eines Volkes. »Die Mythologie ist« für uns Hellenen »imwesentlichen eine Struktur des Denkens« (Marcel Detienne, zitiert in: Zaidman/Pantel, S. 149), undnicht unsere »Religion«.

16. Denn die »Vielfältigkeit der Götter steht nicht im Widerspruch zum Gedanken an eine Einheitdes Göttlichen« (Zaidman/Pantel, S. 179). Hier offenbart sich jene Eigenschaft des Hellenismos, dieJörg Dittmer treffend »Sowohl-als-auch-Denken« nannte (Grundlegende Merkmale dergriechischen Religion, S. 2).

17. Sallust., II.

18. Diese Stelle muss erläutert werden, sonst werden die Leser sie durch abendländische Filter»aufnehmen«, und falsche Schlüsse ziehen. »Allmacht« ist eine menschliche Erfindung. Kein Gottist allmächtig, zumindest nicht im heutigen Sinn. Die Götter sind insoweit »allmächtig«, als sie diemächtigsten Wesen sind. Nicht mehr und nicht weniger.

19. Oberster Rat der ethnischen Hellenen: Definition des Begriffs »Polytheismus«, in: YSEE(Deutsch). Stand: 05. September »2011« (zuletzt abgerufen am 05. September »2011«). Der Textwurde bereits ins Deutsche übersetzt und an angegebener Stelle veröffentlicht. Ich habe lediglichden Text für diese Übersetzung übernommen.

20. Herodot, Historien. Stuttgart: Körner Verlag, 1971. Übersetzt von. A. Horneffer.

21. »Επιδρομή των κατά την Ελληνικήν Θεολογίαν Παραδεδομένων« (dt. Kompendium derüberlieferten Meinungen zur griechischen Theologie), Kap. 1, Absch. 2.

22. Pythagoras war der Überzeugung, dass »das Wesen aller Dinge, die arche, die Zahl sei«. Die»Monade (die Zahl Eins)« habe die anderen »Zahlen hervorgebracht«, L. d. Crescenzo, DieGeschichte der griechischen Philosophie: Die Vorsokratiker, S. 71-72, Zürich: Diogenes Verlag, 1990.Dass Rassias als Stoiker hier eine andere Meinung vertritt, versteht sich von allein. Nichtsdestotrotzgibt er zu, dass diese Theorie durchaus eine »gewisse Logik« aufweist, Kl. Ioannides und Vl. Rassias(Gäste): Tolmo (Fernsehsendung), 17.2.»2006«, Nikosia: Sigma Channel.

23. Auch in unserer Zeit. In Griechenland fand die Verunglimpfung der hellenischen Götter sowiesokein Ende, hat aber in den letzten zehn Jahren eine enorme Steigerung erfahren (wohl als Reaktionauf die öffentliche Rückkehr der hellenischen Tradition). So z.B. in: Lambros Skontzos: Gibt es einenZusammenhang zwischen Neuheidentum und Neo-Satanismus?, in: Egolpion (Neuheidentum).Stand: 21.01»2011«. URL: http://www.egolpion.com/154A6C66.el.aspx (zuletzt abgerufen am21.01.»2011«). Quelle: Griechische Zeitschrift »Dialogos«, Ausgabe Nr. 50, Oktober-Dezember2008, griechisch. Der Titel des Artikels ist »Programm«.

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24. »Der orthodoxe Christ weiß ganz genau, dass jede Art von Götzenkult eine Form vonDämonenkult ist«, schreibt Vassilis A. Georgopoulos: Neuheidnische Widersprüche, in: Egolpion(Neuheidentum). URL: http://www.egolpion.com/D8563852.el.aspx (zuletzt abgerufen am22.01.»2011«). Quelle: Griechische Zeitschrift »Orthodoxos Typos«, Ausgabe Nr. 1641, 05.05.2006,griechisch (Titel und ausgesuchte Textstellen wurden von mir ins Deutsche übersetzt) und auf dervon christlichen Extremisten geführten Seite OODE lesen wir: »Das witzige an der Sache ist«, »wirChristen versuchen die neuen Götzendiener davon zu überzeugen, dass ihre ›Götter‹... existieren!!!Dass wir versuchen, sie zu überzeugen, dass ihre ›Götter‹ nicht bloße Symbole oder Mythen sind,sondern echte, existierende Personen!!!« OODE: Die Götter der Götzendiener sind gefallene Engel(o.V.), in: OODE (Neuheidnische Betrügereien: Pseudo-Götter: Der Ursprung der Pseudo-Götter).URL: http://www.oodegr.com/neopaganismos/pseftotheoi/aggeloi1.htm (zuletzt abgerufen:24.01.»2011«), griechisch (Ausgesuchte Textstellen von mir ins Deutsche übersetzt). Die Göttersind also gar keine (Anführungsstriche), und zwar, so wird uns im Artikel weisgemacht, weil sienicht allmächtig sind und innerhalb des Universums existieren (= esokosmische Mächte sind), nichtaußerhalb davon wie ihr vermeintlich »einziger« Gott. Nichts weiter seien sie, als »gefalleneEngel«. Die Meinung einer fremden Religion über die Götter unserer Kultur ist für uns Hellenenfreilich bedeutungslos, für den Leser aber sicherlich aufschlussreich.

25.Schlussbemerkung des Übersetzers: Wir dürfen froh sein, dass die Hellenen nicht auf denabsurden Gedanken kamen, die Götter seien »allmächtig«. Absurd deshalb, weil wir nicht wissenkönnen, was dieses »all« im »allmächtig« beinhaltet. Und wir dürfen deshalb froh sein, weil essonst keine Demokratie gegeben hätte. Die Machtverteilung/Gewaltenteilung, wie sie in derMythologie veranschaulicht wird (Zeus bekommt den Olymp/Himmel als seinen eigenenZuständigkeitsbereich, Poseidon das Meer, Hades die Unterwelt usw.), das eiserne und unkäuflicheGesetz der Ananke (Notwendigkeit), das auch für die Götter gilt, die Autonomie der einzelnenGötter und vieles andere mehr, führte die Hellenen zur Demokratie, als sie reif genug waren unddurch soziale Umbrüche in die Lage versetzt, diese vom »Himmel« auf die »Erde« zu holen, also insmenschliche Maß zu übersetzen. (Und wie alles Menschliche, war auch diese antike Demokratiefehlerhaft, zumindest wurde dieser Gedanke aber überhaupt ins Leben gerufen, so, dass wir ihnheute fertig verpackt übernehmen können, ohne ihn erst erfinden zu müssen wie einst dieHellenen.)

Die natürliche und seit unzähligen Jahren bestehende Vielfalt des Göttlichen wurde irgendwanndurch eine einzige künstlich erzeugte göttliche Person ersetzt, das Universum zu einer Schöpfungdegradiert und sein vermeintlicher Schöpfer außerhalb davon projiziert, wo er nun über dessenSchicksal entscheiden, ihn neu formen oder zerstören kann, weil es sein Wille ist. Keine Ananke,kein universelles Gesetz kann seiner Willkür Riegel vorsetzen. Und wir alle wissen genau, wohindiese »himmlische Diktatur« oder »Nachahmung Gottes« (Mischa Meier, Justinian: Herrschaft,Reich und Religion, S. 9, München 2004) seitens der christlichen Kaiser die Welt geführt hat: zuWillkür im Rechtssystem, Zwangstaufen, Inquisition und Massenmord. Weil »im Himmel allein Gottherrscht, ist auch auf Erden keine andere Staatsform als die Monarchie denkbar« gewesen (Meier,S. 8) – zumindest für die Monotheisten.

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»Über mehr als tausend Jahre gehörte die Redefreiheit, die ›Parrhesia‹, zu den grundlegendenRechten«, doch unter Justinian fand sie ein Ende. Die »Gewissensfreiheit« wurde aufgehoben, denHellenen wurden die politischen Rechte entzogen, auf die Kultpraxis stand die Todesstrafe. DerInquisitor Johannes von Ephesos ließ unzählige Ethniker foltern und organisierte Verfolgungengegen sie. Die Philosophie musste harte »Schläge« hinnehmen. Nach 580 befahl Tiberius einemseiner Offiziere, sich um die »Paganisten von Heliopolis« zu kümmern, was damit endete, dassviele gekreuzigt und ermordet wurden. »Die christlichen Horden in Byzanz fühlten sich durch denaristokratischen Charakter des Paganismus provoziert« und verübten unvorstellbareGrausamkeiten (Pierre Chuvin: Οι τελευταίοι εθνικοί: Ένα χρονικό της ήττας του παγανισμού. S.162-177, Thessaloniki: Thyrathen-Verlag, 2004. Griechische Übersetzung von A Chronicle of thelast pagans, Harvard University Press. Wurde ins Griechische übersetzt von Olympia Chimonidu).Es war das Ende einer Zeit.

Für den abrahamitischen Monotheismus gilt: die »Menschen müssen ›gerettet‹ werden, ob sienun wollen oder nicht. Und ›gerettet‹ werden müssen sie auf christliche oder islamische ›Weise‹.«(Cornelius Castoriadis, Probleme unserer Zeit, 1981, griechisch, zitiert in: Rassias, Ethnos,Ethnismus, Nationalstaat, Nationalismus, S. 48, 2. Aufl., Athen: Anichti Poli, 2006). Letztendlich hatder Monotheismus sein Ziel erreicht, er hat die Ethnien »gerettet« bzw. vernichtet, und zu einerMasse von Untertanen verwandelt. (Wir Ethniker hingegen arbeiten an der Wiederauferstehungder Ethnien durch die Restauration ihres spezifischen Ethos, das sie überhaupt spezifische Ethniensein ließ.) Und das alles wurde, wenn schon nicht eingeleitet, dann auf jeden Fall von deneinzigartigen Wahnvorstellungen von »einzigen Wahrheiten«, »einzigen Gott«, »einzig wahrenGott« u.a. begleitet und mitgetragen, von denen die Monotheisten besessen schienen. Derwillkürliche spätantike Synkretismus, der orientalische Mystizismus, die Hermetik und allen vorandie abergläubische, übertriebene Magiegläubigkeit haben das Ihre dazu beigetragen, dass es dazugekommen ist: sie öffneten dem christlichen Monotheismus »Tür und Tor« (mehr dazu im letztenKapitel von M. P. Nilssons »Griechischer Glaube«). In dieser Hinsicht haben sie hervorragendeVorarbeit geleistet.