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The Highlight of our week in England A Workshop in the GLOBE Hermann Olberding Ingrid Fisch 3 © 2009 CORNELSEN VERLAG, BERLIN WHAT’S NEW • SPRING 2009 Experience The soul of lively action A week in England – Oxford, London und Stratford sind die Highlights unserer Reise. Die Schülerinnen und Schüler wohnen wäh- rend dieser Zeit als paying guests bei Fami- lien in Oxford. Dort werden sie auch verpflegt und haben so Kontakt mit englischem All- tagsleben. Wir Lehrer wohnen in einem kleinen guesthouse. Nach der Anreise am Sonntag beginnt das Programm am Montag mit einer Stadtfüh- rung durch Oxford. Stadtführerin Karin Os- born und ihre Kollegin zeigen uns die ein- drucksvolle Altstadt und vermitteln beim Gang durch verschiedene Colleges, wie es sich anfühlen mag, als Student in Oxford zu leben. Anschließend begeben wir uns auch noch auf die Spuren von Harry Potter und be- suchen einige der Drehorte aus den Harry- Potter-Filmen. Es ist immer wieder erstaun- lich, wie schnell die Schülerinnen und Schüler diese Schauplätze, u. a. im Christ Church Col- lege, wiedererkennen und wissen, was dort passierte. Sie erfahren dann auch, dass Em- ma Watson, eine Hauptdarstellerin aus den Harry-Potter-Filmen, noch vor nicht allzu lan- ger Zeit Schülerin in Oxford war. Nach einem Tagesausflug in die Shake- speare-Stadt Stratford-upon-Avon geht es am dritten Tag unserer Studienreise schließ- lich mit dem Bus nach London. Unser Busfah- rer kennt sich natürlich bestens aus in Lon- don und bringt uns ohne Probleme ans Ufer der Themse, direkt zu Cleopatra’s Needle, einem alten ägyptischen Obelisken. Der Workshop im Globe beginnt um 12:30 Uhr. Davor bleibt noch Zeit, an der Themse entlangzuschlendern und erste Eindrücke zu sammeln. Zu Fuß geht es entlang dem Victo- ria Embankment in Richtung Westminster Bridge, mit einem Blick auf Big Ben und die Houses of Parliament, weiter geht es über die Westminster Bridge in Richtung des Lon- don Eye, auf dem sogenannten Millennium Walk. Um 12:15 Uhr treffen wir uns dann am Eingang des Globe Theatre. Der Workshop Out of the mind – into the body Die Schülerinnen und Schüler sind zunächst noch recht skeptisch – sie wissen nicht so GLOBE Zur Stärkung des Sprachenprofils bietet das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Münster im Rahmen seines Schulprogramms seit sechs Jahren Schülerinnen und Schülern der zehnten Klassen eine einwöchige Studienfahrt nach England an. Die Teilnahme ist freiwillig und gilt als besonderes Angebot der Schule. Wir haben damit beste Erfahrungen gemacht, für die Lernmotivation und für den Englischunterricht. recht, was jetzt auf sie zukommt. Nicht wenige fragen sich, ob sie überhaupt sprach- lich imstande sein werden, dem zu folgen, was sie erwartet. Sie werden jetzt ca. zwei Stunden mit native speakers arbeiten. Ganz konkret bedeutet das: Sie sollen nicht nur zu- hören, sie werden auch aufgefordert, selbst darstellerisch aktiv werden. Wir Lehrer sind da (aus Erfahrung!) ganz zuversichtlich. Pa- trick Spottiswoode, der Direktor des Globe Education-Programms, geht ja in seinem In- terview (S. 6 f.) darauf ein: Die Herausforde- rung, die es für deutsche Schüler der Mittel- stufe bedeutet, sich in dieser Situation plötzlich mit native speakers durchgehend auf Englisch zu verständigen, wird natürlich durchaus gesehen, und die vielen beteiligten practitioners wissen gut damit umzugehen. Jetzt aber wird es konkret. You’ll be speaking Shakespeare English “In 45 minutes you’ll be speaking Shake- speare English“, verspricht Theaterpädago- gin Mary McNulty mit einem wissenden Lä- cheln. Doch bevor es so weit ist, nimmt sie Visiting Shakespeare in Stratford © Hermann Olberding

Ein Workshop im Globe Theatre in London

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Schüler machen einen Workshop am Globe Theatre

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Page 1: Ein Workshop im Globe Theatre in London

the Highlight of our week in england

a Workshopin the GLoBe

Hermann Olberding Ingrid Fisch

3© 2009 CORNELSEN VERLAG, BERLIN

WHAT’S NEW • SPRING 2009

Experience The soul of lively action

A week in England – Oxford, London und Stratford sind die Highlights unserer Reise. Die Schülerinnen und Schüler wohnen wäh-rend dieser Zeit als paying guests bei Fami-lien in Oxford. Dort werden sie auch verpflegt und haben so Kontakt mit englischem All-tagsleben. Wir Lehrer wohnen in einem kleinen guesthouse.

Nach der Anreise am Sonntag beginnt das Programm am Montag mit einer Stadtfüh-rung durch Oxford. Stadtführerin Karin Os-born und ihre Kollegin zeigen uns die ein-drucksvolle Altstadt und vermitteln beim Gang durch verschiedene Colleges, wie es sich anfühlen mag, als Student in Oxford zu leben. Anschließend begeben wir uns auch noch auf die Spuren von Harry Potter und be-suchen einige der Drehorte aus den Harry- Potter-Filmen. Es ist immer wieder erstaun-lich, wie schnell die Schülerinnen und Schüler diese Schauplätze, u. a. im Christ Church Col-lege, wiedererkennen und wissen, was dort passierte. Sie erfahren dann auch, dass Em-ma Watson, eine Hauptdarstellerin aus den

Harry-Potter-Filmen, noch vor nicht allzu lan-ger Zeit Schülerin in Oxford war.

Nach einem Tagesausflug in die Shake-speare-Stadt Stratford-upon-Avon geht es am dritten Tag unserer Studienreise schließ-lich mit dem Bus nach London. Unser Busfah-rer kennt sich natürlich bestens aus in Lon-don und bringt uns ohne Probleme ans Ufer der Themse, direkt zu Cleopatra’s Needle, einem alten ägyptischen Obelisken.

Der Workshop im Globe beginnt um 12:30 Uhr. Davor bleibt noch Zeit, an der Themse entlangzuschlendern und erste Eindrücke zu sammeln. Zu Fuß geht es entlang dem Victo-ria Embankment in Richtung Westminster Bridge, mit einem Blick auf Big Ben und die Houses of Parliament, weiter geht es über die Westminster Bridge in Richtung des Lon-don Eye, auf dem sogenannten Millennium Walk. Um 12:15 Uhr treffen wir uns dann am Eingang des Globe Theatre.

Der Workshop Out of the mind – into the body

Die Schülerinnen und Schüler sind zunächst noch recht skeptisch – sie wissen nicht so

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Zur Stärkung des Sprachenprofils bietet das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Münster im rahmen seines Schulprogramms seit sechs Jahren Schülerinnen und Schülern der zehnten Klassen eine ein wöchige Studienfahrt nach england an. die teilnahme ist freiwillig und gilt als besonderes angebot der Schule. Wir haben damit beste erfahrungen gemacht, für die Lernmotivation und für den englischunterricht.

recht, was jetzt auf sie zukommt. Nicht wenige fragen sich, ob sie überhaupt sprach-lich imstande sein werden, dem zu folgen, was sie erwartet. Sie werden jetzt ca. zwei Stunden mit native speakers arbeiten. Ganz konkret bedeutet das: Sie sollen nicht nur zu-hören, sie werden auch aufgefordert, selbst darstellerisch aktiv werden. Wir Lehrer sind da (aus Erfahrung!) ganz zuversichtlich. Pa-trick Spottiswoode, der Direktor des Globe Education-Programms, geht ja in seinem In-terview (➔ S. 6 f.) darauf ein: Die Herausforde-rung, die es für deutsche Schüler der Mittel-stufe bedeutet, sich in dieser Situation plötzlich mit native speakers durchgehend auf Englisch zu verständigen, wird natürlich durchaus gesehen, und die vielen beteiligten practitioners wissen gut damit umzugehen. Jetzt aber wird es konkret.

You’ll be speaking Shakespeare English

“In 45 minutes you’ll be speaking Shake-speare English“, verspricht Theaterpädago-gin Mary McNulty mit einem wissenden Lä-cheln. Doch bevor es so weit ist, nimmt sie

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die Schüler erst mal mit auf eine Zeitreise – denn im Globe Theatre ist die Zeit stehenge-blieben.

Alles läuft hier am Themse-Ufer jetzt in Eng lish. Die Schauspielerin wählt ihre Worte mit Bedacht und spricht betont langsam und verständlich, als sie die Gruppe ins Herz des Globe führt. Die 15-Jährigen merken schnell, was im Globe anders ist als in heutigen Thea-tern. Es gibt keine raffinierte Lichtanlage auf der open air-Bühne des Theaters, für die gesamte Inszenierung muss das verfügbare Tageslicht genügen. Im elisabethanischen Theater fanden die Aufführungen immer am Nachmittag statt, und wenn Szenen bei-spielsweise in der Nacht spielten, konnte man eben nicht einfach die Beleuchtung ab-schalten. Die Situation wurde mit Worten umschrieben: There’s husbandry in heaven, their candles are all out, heißt es etwa in Macbeth.

Auch das Bühnenbild ist nicht wandelbar. „Das ist bei einer modernen, reduzierten Aus-stattung ja auch oft der Fall“, vergleicht die Zehnklässlerin Pia die Örtlichkeiten mit ihr bekannten Theatern. „Und die besten Plätze sind direkt neben der Bühne zu finden. Dort stehen einzelne Stühle, und die Wände sind mit Szenen bemalt. Nur von dort hatte man wahrscheinlich immer freien Blick auf alle Darsteller. Schließlich stehen sonst die Pfeiler im Blickfeld“, beschreibt ihre Mitschülerin Katja den Raum. Einen Penny, nach heutigem Geldwert gut sieben Euro, kostete der Steh-platz unter freiem Himmel. Einen zweiten Penny mussten die Zuschauer investieren, wenn sie sitzen wollten, und für die besten Plätze verlangte die Schauspieltruppe gar drei Pence.

Nach dieser ersten Einführung geht es hinter die Kulissen in die nüchternen Probe-

räume zum eigentlichen Workshop. An Shakespeare erinnert zunächst nur sein über-lebensgroßes Konterfei aus seinem ersten gedruckten Werk aus dem Jahr 1623. Sieben Jahre zuvor war der große Dramatiker ge-storben. Noch stehen die Jugendlichen un-sicher im Raum. „Ich habe nicht erwartet, dass es so gut wird. Vorher hatte ich Beden-ken, dass es eher peinlich sein könnte“, sagt die 15-jährige Inga später. Und ihre Freundin Michelle ergänzt: „Es war total lustig!“

Shout on ShakespeareSchon beim Warmmachen mit Mary McNulty wird klar, dass niemand vorgeführt wird. Shout on Shakespeare, lautet das Motto.

Erst sind die Stimmen verhalten, aber dann trauen sich die Schülerinnen und Schüler, laut zu werden. Doch es geht nicht nur um die Lautstärke, auch immer deutlicher sprechen sie die Worte der Theaterpädagogin nach. Denn Shakespeares Dramen waren keine „Schauspiele“ im modernen Sinn, im elisabe-thanischen England ging man ins Theater, um ein Drama zu „hören“: Hear a play as the audience.

Body language, die Körpersprache, ist aber natürlich auch damals wesentlicher Bestand-teil des Theaters gewesen. So lockert die Gruppe Hände, Arme, das eine Bein, den Fuß … und dann folgt das erste Wort aus Shakespeares Zeiten. „Welche Vokabeln

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Wir haben so viele Gefühle gespielt …

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kennt ihr für Po?“, möchte Mary McNulty wissen. Unflätige Begriffe schüttelt sie lässig weg. Mit bottom ist sie einverstanden. Doch dann gibt sie bum vor, entlehnt aus Romeo and Juliet.

Two families in a clinchDie Theaterpädagogin steigt jetzt mit den Schülern in Romeo und Julias Liebesgeschich-te ein. In zwei Reihen stehen sich die Jungen und Mädchen gegenüber. Feindschaft sollen sie mit ihren Worten signalisieren. Dabei geht es nicht darum, sich anzubrüllen, sondern den Hass zu verkörpern und spürbar zu ma-chen. Dann kommt es zur Konfrontation – bis Mary McNulty die Szene mit einem Ruf einfriert: „Change“, kündigt sie an und alle tanzen. „Es war super, dass die ganze Gruppe aktiv war und nicht Einzelne etwas vorführen mussten“, meint Inga. „Wir haben so viele Gefühle gespielt: Wut, Angst, Mut, Trauer, Liebe, Glück“, schildert ihre Klassenkamera-din Pia nicht ohne Stolz. Und Juliane fügt

Ingrid Fisch ist freie Journalistin und Kulturpädagogin der Stadt Münster.Hermann Olberding ist Oberstudienrat am Geschwister-Scholl-Gymnasium, Münster.

strahlend hinzu: „Am schwierigsten fand ich es, Hass zu spielen, weil wir so viel Spaß hatten und immer wieder lachen mussten!“

Mit zwei Fronten beginnt der Workshop, aber so endet er nicht . „Eins, zwei“, zählt die Pädagogin im Wechsel Romeos und Julias ab. Standen im 17. Jahrhundert nur Männer auf der Bühne, so dominierten in der Schüler-gruppe aus Münster die Mädchen. „Erst war es komisch, dass ich Romeo spielen sollte“, erzählt Pia. „Aber Herr Olberding musste ja auch die Julia spielen“, kichert Juliane.

Bis zum Kuss im Mausoleum spielt die Gruppe im Schnellverfahren die Höhepunkte des Stückes durch. Auch die Schülerinnen und Schüler, die den Inhalt zuvor nicht kann-ten, wissen nun Bescheid – ohne belehrt zu werden. Die Schlussszene wird zum Höhe-punkt. Egal, ob Romeo oder Julia, die beiden Protagonisten sterben mit einer angemes-senen Portion Theatralik.

Von Langeweile war keine Spur: „Wir hat-ten immer etwas zu tun. Niemand stand

dumm herum. Die Zeit verging so schnell“, urteilt Michelle und stößt damit auf allge-meine Zustimmung. Als die Schüler auf einem Plakat die Profis in Kostümen sehen, schwärmen sie. Ein Blick in den Fundus wäre für sie wohl das i-Tüpfelchen beim Workshop gewesen. „Aber viel wichtiger war es, erst einmal das Feeling für Schauspiel zu bekom-men“, sind sie sich einig.

Auch Mary McNulty ist mit dem Workshop zufrieden. Die Schauspielerin ist täglich in der Theaterpädagogik des Globe aktiv. Sie gibt u. a. spezielle Einführungen in einzelne Stücke, wenn etwa für eine Gruppe eine Prü-fung über Shakespeare vor der Tür steht. Die Devise Out of the mind into the body wird dabei wörtlich genommen. Statt Textanaly-sen spüren die Schülerinnen und Schüler den Shakespeare-Texten nach.

„Manchmal ist es übrigens für ältere Ju-gendliche schwieriger, den Kopf auszuschal-ten“, gibt Mary McNulty bei einem anschlie-ßenden Gespräch zu bedenken. Doch die Zehntklässler aus Münster hat sie gepackt. „Beim Nachtreffen zu Hause schauen wir uns Shakespeare in Love oder Romeo und Julia mit Leonardo DiCaprio an“, wünschen sich die Jugendlichen.

The Globe

Im Jahre 1599 wurde das Globe Theatre von der erfolgreichen Theatergruppe The Chamberlain’s Men in London am Südufer der Themse gegründet. Zu seiner Zeit war es das wichtigste öffentliche Theater Londons, an dem viele Stücke von William Shakespeare uraufgeführt wurden. Shakespeare war auch einer der Teilhaber dieser Gruppe und stand sogar selbst mit auf der Bühne. Der Standort des damaligen Theaters war sicherlich nicht eine der ersten Adressen Londons, sondern

vielmehr ein eher halbseidener Vergnügungs-bezirk mit Prostituierten, vielen Pubs und weiteren Theatern. Im Jahre 1613 brannte das Theater ab, wurde aber wieder aufge-baut. Nach 1644 erfolgte der Abriss.

Erst im 20. Jahrhundert kam es zum origi-nalgetreuen Wiederaufbau, und zwar in den Jahren von 1987–1995, nur unweit von dem Originalgrundstück des alten Globe. Entscheidend hat daran der amerikanische Schauspieler Sam Wannamaker mitgewirkt, der viele Jahre in England gelebt hat und auch Mitglied der Royal Shakespeare Com-

pany war. Der Wiederaufbau des Globe wur-de zu seiner Lebensaufgabe. Unermüdlich sammelte Wannamaker Spenden, suchte und fand Sponsoren, die ihm immer wieder hal-fen, seinen Lebenstraum zu erfüllen. Es kam häufig zu Unterbrechungen, wenn kein Geld mehr da war. Im Jahre 1997 war es dann endlich so weit: Das Globe Theatre wurde von Queen Elizabeth feierlich eröffnet. Sam Wannamaker konnte diesen Tag nicht mehr erleben. Er war 1993 verstorben.

Body language