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6. AUGUST 1923 KLINISCHE WOCHENS'CHRIFT. 2. JAHRGANG. Nr. 32 15o7 beriihrt. Ms wir den EinftuB der verschiedenen Tiersera anf den Reduktionsablauf studierten, fiel uns sogleich auf, daB das Serum, sel es homolog oder heterolog, eine auIfallend intensive Wirkung hat. Einen iiberraschenden Befund lieferte uns die Priifung fStaler Sera. Es stellte sich n/~mlich heraus, daB die reduktionsbeschIeunigende Wirkung solcher Sera die des Serums von Erwachsenen um das MehrIache fiber- tri•ft; so Ianden wir, daB z. ]3. bei einem Versuche die im Rinderfoetusserum suspendierten Kalbsleberzellen fiinfmal stiirker reduzierten, als die mit Rinderserum versetzten. Ein /~hnliches Resuttat erhielten wir auch mit Schweineseris und Schweineleberzellen, sowie auch dann, -wenn wir in ge- kreuztem Versuche Schweineleberzellen mit Rinder- bzw. Rinderfoetusserum, umgekehrt I™ mit Schweine- resp. Schweinefoetusserum versetzten, oder wenn wir Ratten- leberzellen mit Rinder- bzw. Schweineseris zut Reaktion einstellten. Waren die Sera vorher I Stunde lang au• 5 6 o C er- hitzt, so blieb diese Eigenschaft unver~ndert. Da wir Irfiher feststellten, daB einerseits reine Eiweifl- und EiweiBabbauprodukte die Reduktionsf/~higkeit der Leber- zellen unbeeinfluBt lassen -- iibrigens enthglt auch das intensiver wirkende Foetusserum weniger EiweiB, als das des erwachsenen Tieres --, andererseits die Serumwirkung den EinfluB der Kohlenhydrate mehrfach iibersteigt, so glaubten wir nach irgendeiner anderen Substanz Iahnden zu mfissen. Es hieB zuerst nachzusehen, ob diese Substanz aus dem Serum zu isolieren ware. Da Versuche mit den EiweiB- Iraktionen erfolglos blieben, so untersuchten wir weiter, ob diese reduktionsf6rdernde Substanz nicht durch Alkohot ans dem Serum extrahierbar wfise. i ccm Serum wurde mit 3 ccm Alkohol versetzt, der Ei.'weil3- niederschlag nach erfolgter Extraktion mittels Alkohol aus- geschleudert, der Alkoholteil vorsichtig eingedampft, dann in I t/2 ccm physiologischer KochsahlSsung suspendiert. Aus dieser, die alkoholl6slichen Substanzen des Serums enthaltenden Auf- schwemmung wurde dann jedem R6hrchen der Fiinferserien (o,t--o,5 ccm Leberzellenemulsion) o,2--0,2 ccm zugefiigt und, der t™ gegeniiber, ihre eventuelle Wirkung auf rien Reduk- tionsablauf beobachtet Es stellte sich nun heraus, daB der reduktionsf6rdernde Stoff aus dem Serum durch Alkohol extrahierbar ist ; Ierner, daB die Wirkung des Foetusserumextraktes gegenfiber dem des Erwachsenen bedeutend intensiver ist, in gleichem Sinne, wie wir es bei Anwendung von Vollseris sahen. Dieser Be- fnnd legte uns den Gedanken nahe, ob wir hier nicht eigentlich vitaminartigen Substanzen gegeniiberstehen. Wir wendeten uns daher einer, in der VitaminIorschung bereits bew~ihrten Methode, der von ABD~RHALDEN beschriebenen, zu. Diese Methode bedient sich bekanntlich zum Nachweis der Vitamin- wirkung jener EigenschaIt der Vitamine, daB sie die Hefe- ggrung zu steigern verm6gen. Aus zahlreichen Versuchen, in denen wir die Wirkung des Serumextraktes einerseits au• die HeIegs andererseits auI den ReduktionsablauI der Leberzellen parallel prfiften, soli hier nnr einer veransehaulicht werden. G~rvery I Serumextraks von Leber- Erwachs.] Foetus emulsion cern ccm 30 Min. 1,75 2 45 ,, 2,50 .3 60 ,, 3,80 4,4 Redulctionsversuch *). 15 Min. 25 ,, 6o ,, Serumextrakt von ] Foetusserum- 11Erwachsenen plus [ extrakt plus O O O O I O O O I 3 00255 0 ~ 5 ~ o 2 ; 5 *) Die Bezeichnung bedeutet k0mplette, 4 fast komplette, 3 m~Bige, 2 schwache Reduktion (Entf~rbung der MethylenblaulSsung), x nur Spuren einer solchen. Diese~Untersuchungen zeigen, daB dem Reduktions- versuche als Indieator der Vitaminwirkung unter den In- vitro-Methoden eine gleiche Bedeutung zukommt wie der HeIeg/~rung. Weitere Versuche an Neugeborenen und Sguglingen hatten den Zweck zu erIorschen, wie lang der erh6hte Vit- amingehalt des Foetusserums im extraur Leben" nach- weisbar ist. Wir fanden, daB der Vitamingehalt des Nabel- schnurblutes den des Erwachsenenblutes bedeutefld fiber- stieg; bei jungen S/~uglingen kann der Unterschied noch gui wahrgenommen werden, vom 3. Mdnate an wird aber schon jeglicher Unterschied vermiBt. Zusammen/assu~g. 1. Ira Menschen- bzw. Tierserum kann einr all~ohoUSsliche, thermostabile Substanz nachgewiesen werden, der vitaminartige Wirlcung eigen ist. 2. Foetusserum enth~ilt diese vitaqninartige Substanz in bedeutend h6herer Menge, als Serum von Erwachsenen. Es liegt die Vermutung nahe, dafi bei der rapiden Entwic]dung ira 2~6tal - leben diesem erhShten Vitamingehalt eine Rolle zulcommt. 3. Der Unterschied zwischen Vitamingehalt des Erwachsenen -~ und JFoetus- bzw. Neugeborenenb!utes wird ira 3. Lebensmonate bereits vermiflt~ 6. Au] Grund vergleichender Untersuchungen wird der Re” mit lebenden Leberzellen zum Nachweis von Vitaminwirlcung als geeignet ge/unden und vorgeschlagen. ( Aus dem BMcteriologischen Institut der Universitdt Budapest [ Direlctor : Pro]. Hugo Preisz ] und aus der K inder]~linilc der ungar. Elisabeth- Universit~it [ Direl~tor: Pro]. Paul Heim].) EIN BEITRAG ZUR PATHOLOGIE UND THERAPIE DER CHLOROFORMNARKOSE. Von PA™ SCHENK. Wir wissen aus zahlreichen Untersuchungen, daB das ChloroIorm einen weitgehenden EinfluB auf die Stoffwechsel- vorg/inge aus/ibt. Einerseits weisen die Herabsetzung des respiratorischen Stoffwechsels und die S• der K6rper- temperatur w/~hrcnd der Narkose auf eine Verlangsamung der Oxydationen hin, andererseits deuten zahlreiche Unter- suchungen auf eine erhebliche Steigerung des EiweiBumsatzes sowie auf St6rungen des t{ohlenhydrathaushalts: die St stoffausscheidung ist nach der Narkose gesteigert, der Blut- zuckerspiegel erh6ht, und Harnzncker wird ansgeschieden. Einen gewissen Einblick in das Wesen der durch das Chloroform hervorgerufenen St6rungen des Zellchemismus erh/ilt man durch genaue Analysen des Kohlenhydrat- und Phosphorsgurehaushalts der Muskulatur vor und nach der Narkose. Derartige Untersnchungen mfissen jedoch m6glichst bald nach dem Tode des Versuchstieres vorgenommen werden, da sonst durch postmortale Zersetzung e~ne v611ig unkontrol- lierbare Verschiebung unter den I™ der Kohlenhydrat- reihe (Glykogen-Zwischenkohlenhydrate einschlieBlich Glu- kose-Milchs/iure) eintritt und die einzelnen Phosphors/iure- fraktionen gleichfalls in ein dem Zustand im lebenden Organis- mus v611ig un/~hnliches Verh~ltnis zueinander geraten. Wenn man zur m6glichst weitgehenden Ausschaltung dieser Fehler- quelle das Herz eines durch Carotisschnitt entbluteten Hundes m6glichst schnell herausnimmt und ebenso Me ein vorher unter Morphium herausgenomm™ Muskelstiick ans dem Oberschenkel sofort grob zerstfickelt und zur Hemmung der Iermentativen Vorg/inge in fliissige Luit wirft und das nach dem Gefrieren leicht zu erhaltende, /~uBerst reine Muskel- pulver analysiert, kommt man zu folgenden Feststellungenl): I. Der Glykogenvorrat des Muskels ist am Ende der Nar- kose und in den iolgenden Tagen erheblich herabgesetzt. Deutlicher als diese Glykogenverminderung ist die auffallende Vermehrung der Zwischenkohlenhydrate (womit ich die Summe aller alkohollSslichen, auf der Abbau- bzw. AnIbaureihe zwischen Glykogen und Milchsgare liegenden I™ bezeichnen m6chte, die im ungesch~digten Muskel wohl in der Hauptsache ans Dextrose bestehen). Noch auIIallender ist di 9 Vermeh~ung der MilchsSure. W~hrend in gut ge- lungenen Normalversuchen die Milchs/~urewerte /~uBerst ge- ring waren (o--o,o5--o,o6g/%), fanden sieh nach einer 4stfindJgen Chloroformnarkose Werte, die an der obersten Grenze des Milchsgnrebildungsmaximums liegen, d. h. bel ~ g/~o! Bemerkenswerterweise sind ara Herzen 1) Die genaue Beschreibung erfolgt im Archiv fiir exp. Pathol. u. Pharmakol.

Ein Beitrag zur Pathologie und Therapie der Chloroformnarkose

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Page 1: Ein Beitrag zur Pathologie und Therapie der Chloroformnarkose

6. AUGUST 1923 K L I N I S C H E W O C H E N S ' C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr. 32 15o7

beriihrt. Ms wir den EinftuB der verschiedenen Tiersera anf den Reduktionsablauf studierten, fiel uns sogleich auf, daB das Serum, sel es homolog oder heterolog, eine auIfallend intensive Wirkung hat. Einen iiberraschenden Befund lieferte uns die Priifung fStaler Sera. Es stellte sich n/~mlich heraus, daB die reduktionsbeschIeunigende Wirkung solcher Sera die des Serums von Erwachsenen um das MehrIache fiber- tri•ft; so Ianden wir, daB z. ]3. bei einem Versuche die im Rinderfoetusserum suspendierten Kalbsleberzellen fiinfmal stiirker reduzierten, als die mit Rinderserum versetzten. Ein /~hnliches Resuttat erhielten wir auch mit Schweineseris und Schweineleberzellen, sowie auch dann, -wenn wir in ge- kreuztem Versuche Schweineleberzellen mit Rinder- bzw. Rinderfoetusserum, umgekehrt I™ mit Schweine- resp. Schweinefoetusserum versetzten, oder wenn wir Ratten- leberzellen mit Rinder- bzw. Schweineseris zut Reaktion einstellten. Waren die Sera vorher I Stunde lang au• 5 6 o C er- hitzt, so blieb diese Eigenschaft unver~ndert.

Da wir Irfiher feststellten, daB einerseits reine Eiweifl- und EiweiBabbauprodukte die Reduktionsf/~higkeit der Leber- zellen unbeeinfluBt lassen -- iibrigens enthglt auch das intensiver wirkende Foetusserum weniger EiweiB, als das des erwachsenen Tieres --, andererseits die Serumwirkung den EinfluB d e r Kohlenhydrate mehrfach iibersteigt, so glaubten wir nach irgendeiner anderen Substanz Iahnden zu mfissen. Es hieB zuerst nachzusehen, ob diese Substanz aus dem Serum zu isolieren ware. Da Versuche mit den EiweiB- Iraktionen erfolglos blieben, so untersuchten wir weiter, ob diese reduktionsf6rdernde Substanz nicht durch Alkohot ans dem Serum extrahierbar wfise.

i ccm Serum wurde mit 3 ccm Alkohol versetzt, der Ei.'weil3- niederschlag nach erfolgter Extraktion mittels Alkohol aus- geschleudert, der Alkoholteil vorsichtig eingedampft, dann in I t/2 ccm physiologischer KochsahlSsung suspendiert. Aus dieser, die alkoholl6slichen Substanzen des Serums enthaltenden Auf- schwemmung wurde dann jedem R6hrchen der Fiinferserien (o,t--o,5 ccm Leberzellenemulsion) o,2--0,2 ccm zugefiigt und, der t™ gegeniiber, ihre eventuelle Wirkung auf rien Reduk- tionsablauf beobachtet

Es stellte sich nun heraus, daB der reduktionsf6rdernde Stoff aus dem Serum durch Alkohol extrahierbar ist ; Ierner, daB die Wirkung des Foetusserumextraktes gegenfiber dem des Erwachsenen bedeutend intensiver ist, in gleichem Sinne, wie wir es bei Anwendung von Vollseris sahen. Dieser Be- fnnd legte uns den Gedanken nahe, ob wir hier nicht eigentlich vitaminart igen Substanzen gegeniiberstehen. Wir wendeten uns daher einer, in der VitaminIorschung bereits bew~ihrten Methode, der von ABD~RHALDEN beschriebenen, zu. Diese Methode bedient sich bekanntlich zum Nachweis der Vitamin- wirkung jener EigenschaIt der Vitamine, daB sie die Hefe- ggrung zu steigern verm6gen.

Aus zahlreichen Versuchen, in denen wir die Wirkung des Serumextraktes einerseits au• die HeIegs andererseits auI den ReduktionsablauI der Leberzellen parallel prfiften, soli hier nnr einer veransehaulicht werden.

G~rvery

I Serumextraks von Leber- Erwachs.] Foetus emulsion

cern ccm

30 Min. 1,75 2 45 ,, 2,50 .3 60 ,, 3,80 4,4

Redulctionsversuch *).

15 Min. 25 ,, 6o ,,

Serumextrakt von ] Foetusserum- 11Erwachsenen plus [ extrakt plus

O O O O I O O O I 3

00255 0 ~ 5 ~ o 2 ; 5

*) Die Bezeichnung bedeutet k0mplette, 4 fast komplette, 3 m~Bige, 2 schwache Reduktion (Entf~rbung der MethylenblaulSsung), x nur Spuren einer solchen.

Diese~Untersuchungen zeigen, daB dem Reduktions- versuche als Indieator der Vitaminwirkung unter den In- v i t r o -Me thoden eine gleiche Bedeutung zukommt wie der HeIeg/~rung.

Weitere Versuche an Neugeborenen und Sguglingen hat ten den Zweck zu erIorschen, wie lang der erh6hte Vit- amingehalt des Foetusserums im extraur Leben" nach- weisbar ist. Wir fanden, daB der Vitamingehalt des Nabel- schnurblutes den des Erwachsenenblutes bedeutefld fiber-

stieg; bei jungen S/~uglingen kann der Unterschied noch gu i wahrgenommen werden, vom 3. Mdnate an wird aber schon jeglicher Unterschied vermiBt.

Zusammen/assu~g.

1. Ira Menschen- bzw. Tierserum kann einr all~ohoUSsliche, thermostabile Substanz nachgewiesen werden, der vitaminartige Wirlcung eigen ist.

2. Foetusserum enth~ilt diese vitaqninartige Substanz in bedeutend h6herer Menge, als Serum von Erwachsenen. Es liegt die Vermutung nahe, dafi bei der rapiden Entwic]dung ira 2~6tal - leben diesem erhShten Vitamingehalt eine Rolle zulcommt.

3. Der Unterschied zwischen Vitamingehalt des Erwachsenen -~ und JFoetus- bzw. Neugeborenenb!utes wird ira 3. Lebensmonate bereits vermiflt~

6. Au] Grund vergleichender Untersuchungen wird der Re” mit lebenden Leberzellen zum Nachweis von Vitaminwirlcung als geeignet ge/unden und vorgeschlagen. ( Aus dem BMcteriologischen Institut der Universitdt Budapest [ Direlctor : Pro]. Hugo Preisz ] und aus der K inder]~linilc der ungar. Elisabeth- Universit~it [ Direl~tor: Pro]. Paul Heim].)

EIN BEITRAG ZUR PATHOLOGIE UND THERAPIE DER CHLOROFORMNARKOSE.

V o n

PA™ SCHENK.

Wir wissen aus zahlreichen Untersuchungen, daB das ChloroIorm einen weitgehenden EinfluB auf die Stoffwechsel- vorg/inge aus/ibt. Einerseits weisen die Herabsetzung des respiratorischen Stoffwechsels und die S• der K6rper- temperatur w/~hrcnd der Narkose auf eine Verlangsamung der Oxydationen hin, andererseits deuten zahlreiche Unter- suchungen auf eine erhebliche Steigerung des EiweiBumsatzes sowie auf St6rungen des t{ohlenhydrathaushalts: die St�9 stoffausscheidung ist nach der Narkose gesteigert, der Blut- zuckerspiegel erh6ht, und Harnzncker wird ansgeschieden.

Einen gewissen Einblick in das Wesen der durch das Chloroform hervorgerufenen St6rungen des Zellchemismus erh/ilt man durch genaue Analysen des Kohlenhydrat- und Phosphorsgurehaushalts der Muskulatur vor und nach der Narkose. Derartige Untersnchungen mfissen jedoch m6glichst bald nach dem Tode des Versuchstieres vorgenommen werden, da sonst durch postmortale Zersetzung e~ne v611ig unkontrol- lierbare Verschiebung unter den I™ der Kohlenhydrat- reihe (Glykogen-Zwischenkohlenhydrate einschlieBlich Glu- kose-Milchs/iure) eintri t t und die einzelnen Phosphors/iure- fraktionen gleichfalls in ein dem Zustand im lebenden Organis- mus v611ig un/~hnliches Verh~ltnis zueinander geraten. Wenn man zur m6glichst weitgehenden Ausschaltung dieser Fehler- quelle das Herz eines durch Carotisschnitt entbluteten Hundes m6glichst schnell herausnimmt und ebenso Me ein vorher unter Morphium herausgenomm™ Muskelstiick ans dem Oberschenkel sofort grob zerstfickelt und zur Hemmung der Iermentat iven Vorg/inge in fliissige Lui t wirft und das nach dem Gefrieren leicht zu erhaltende, /~uBerst reine Muskel- pulver analysiert, kommt man zu folgenden Feststellungenl):

I. Der Glykogenvorrat des Muskels ist am Ende der Nar- kose und in den iolgenden Tagen erheblich herabgesetzt. Deutlicher als diese Glykogenverminderung ist die auffallende Vermehrung der Zwischenkohlenhydrate (womit ich die Summe aller alkohollSslichen, auf der Abbau- bzw. AnIbaureihe zwischen Glykogen und Milchsgare liegenden I™ bezeichnen m6chte, die im ungesch~digten Muskel wohl in der Hauptsache ans Dextrose bestehen). Noch auIIallender ist di 9 Vermeh~ung der MilchsSure. W~hrend in gut ge- lungenen Normalversuchen die Milchs/~urewerte /~uBerst ge- ring waren (o--o ,o5--o ,o6g/%), fanden sieh nach e iner 4stfindJgen Chloroformnarkose Werte, die an der obersten Grenze des Milchsgnrebildungsmaximums liegen, d. h. bel ~ g/~o! Bemerkenswerterweise sind ara Herzen

1) Die genaue Beschreibung erfolgt im Archiv fiir exp. Pathol. u. Pharmakol.

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~5o8 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . z. J A H R G A N G . Nf . 32 6. AUGUS T ~923

zun / ichs t wei t ger ingere V e r / / n d e r u n g e n fes tzuste l len , e r s t v o m 2. Tage an werden sie e rheb l icher .

2. Der Phosphorsiiuresto/]wechsel zeigt 5&nliche Ver- /Lnderungen n a c h der Narkose . Hie r i s t ara au f f a l l ends t en die auBerorde l i t l iche V e r m e h r u n g der T / i t i gke i t subs t anz ,,Lactazidogen". Die W e r t e h i e r f i i r l iegen b e i m gesunden Tier zwischen o , I 3 u n d o,18 g/%, bel N a r k o s e h u n d e n f a n d e n s ich dagegen i m Miiskel o ,4133- -o ,6o79 g/%, u n d zwar be- wegte sich diese V e r m e h r u n g ' s t e t s g l e i ch lau iend m i t de r Z w i s c h e n k o h l e n h y d r a t e , wor in v ie l le ich t ein Hinweis au i die Z u s a m m e n g e h 6 r i g k e i t be ide r zu e rb l i cken ist . E n t s p r e c h e n d dieser Z u n a h m e des Lac taz idogens n e h m e n die W e � 9 f/ir d i e ,,Restphosphors&tre", d. h. fiir die g e s a m t e n o rgan i s chen N i c h t l a c t a z i d o g e n p h o s p h o r s ~ u r e n , die n a c h ]~MBDEN als die Rese rve des Lac t az idogens a n z u s e h e n sind, a b . Der G e h a l t a n Gesamtphosphorsdiure wird wenig beeinf luBt .

Zusammen]assend i s t zu sagen : Mali f i n d e t w(ihrend und naeh der Chtoro]o~mnarI~o~e gin S]~elettmuslcel- und "i'm ger inge ren Grade a u c h ira Herzmuskelr eine sehr be t r / i ch t l i che Anhiiu]ung von Zwischenprodulcten des Kohlenhydrat- und Phosphorsiiure- sto]]weehsels, i l i sbesondere v 0 n L ac t az i dogen u n d Milehsgure.

Die H e r a b s e t z u n g der Oxydat ionsf /~higkei t der Zellen d u r c h das Chloroform h a t zur Folge, daB die Milehs/ iure in de r E r h o l u n g s p a u s e de s Muskels weder in gen i igender Menge v e r b r a n n t wird, noch zur Ri icksymthese des Glykogens in a u s r e i c h e n d e m MaBe V e r w e n d u n g f inde t . Deswegen f i n d e t m a n so h o h e Mi lchsgurezah len . Die h o h e n Lac taz idogen- wer te w/iren v ie l le ich t als œ Beweis daf i i r anzusehel i , daB diese R f i c k o x y d a t i o n z u m Glykogen ebenso wie der A b b a u desse lben fiber die B i l d u n g eines p h o s p h o r s g u r œ Zwischenk6rpe r s geht .

Die ch lo ro fo rmgesch~d ig ten Zellen s ind ansche ine l id n i c h t mehr i m s t a n d e , die d u r c h den Chloroformzel l re iz i m B e g i n n de r Narkose v e r m e h r t a b g e b a u t e n Stoffe wei te r a b z l i b a u e n bzw. wieder zu sy�9 D a d u r c h k o m m t es zu e inem L iegenb le iben der Milchs/iure u n d wahr sche in l i ch noch vieler ande re r S tof fwechse lzwische l iprodukte . D a r a u f d e u t e t n. a. auch die A u s s c h e i d u n g v o n A c e t o n k 6 r p e r n n a c h de r Nar - kose hili.

Diese Anh / iu Iung vol i Z w i s c h e n k 6 r p e r n i s t a n c h die Ur - sache der Voli v e r s c h i e d e n e n F o r s c h e r n fes tges te l l t en w a h r e n B lu tae idose w/ihrel id der Narkose u n d der hohel i H a r n a c i d i t g t n a c h derse lben.

Die m i t g e t e i l t e n Be funde e rk lg ren die gu t e W i r k u n g der D a r r e i c h u n g groBer K o h l e n h y d r a t g a b e n w g h r e n d u n d n a c h de r Chloroforml iarkose . Die w/~hrend der Narkose u n v e r s e h r t geb l i ebenen Zellen w e r d e n d a d u r c h a n s c h e i n e n d in die Lage verse tz t , d u r c h v e r s t ~ r k t e I ™ u n d -Diss imi la t ion deli B e d a r f des Orga l i i smus a n I ™ kSrpe rn besser zu decken ulid gleichzeifig gem~l? i h r e r a n t i k e t o - genen Wi rku l ig e ine bessere F e t t v e r b r e n n u n g zu erm6glichel i . Als wei te re SchluBfolgerung unse re r n n d f r f iherer Ul~tersu- c h u n g e n dfirf te s ich wohl die D a r r e i c h u n g groBer Mengen v o n Alka l ien empfehlen , v ie l le ieht auch v o n P h o s p h a t e n , da eine s t a r k v e r m e h r t e A u s s c h e i d n n g v o n prim/~ren u n d sekund~re l i Phos - p h a t e n n a c h der Narkose IIachgewiesen w o r d e n ist . Allcali- phosphate -- j edoch IIicht die i m D a r m unl6sHchen Calc ium- phosphate -- dfirften neben intraven6sen Traubenzucker- in]usionen vor und nach der NarI~ose wesent t ieh zut Ab- schw(ichung der Chloro]ormschddigung des Organismus be i t r agen . ( Aus der Medizinischen Universit(its-Poliklinik Marburg a. L. [Direlctor: Pro/. Eduard Miiller].)

K A S U I S T I S C H E M I T T E I L U N G .

ZUR KASUISTIK DER MIT LANDRYSCHER L/tHMUNG EINHERGEHENDEN PORPHYRINURIE.

V o n

L E N N A R T E H R E N B E R G , dMgierender Arzt der Medizinischen Abteilung des Provinzialkrankenhauscs

in Falun (Schweden).

Wie bekannt, k6nnen nach unserem bisherigen Wissen die Krankheitszust~nde, bei denen groBe Porphyrinmengen im Urin vorhanden sind, in drei Gruppen geteilt werden:

I. Die a l tbekan¡233 Porphyrinurie bel chronischer Vergiftung durch Sulfonal, Trional oder Blei.

2. Die angeborene mit Oberempfindlichkeit der Hau t gegen Licht verbundene Porphyrinurie.

3. Die mit KolikanfMlen, Obstipation und bisweilen mit Blu- tungen ira Magen-Darmtraktus einhergehende, off unter Lahmungs- erscheinungen (von Landryschem Typus) letal endende Porphyrin- urie [akute Porphyrinurie nach GONTHSR; Porphyrinkolik nach

Unter Erwahnang zweier genau beschriebener, sehr inter- essanter t3eobachtungen tiber Porphyrinurie ohne Lahmungen ba t SNAPPER :) im vorigen Jahre eine Hypothese zur Ents tehung der von ihm mit dem Namen Porphyrinkolik bezeichneten t:rankl?eit geliefert und damit der Erforschung dieser ratselhaften Erkran- kung neues Leben gegeben. Das Lesen des Snapperschen Aufsatzes ha t mich veranlal3t, einen von mir beobachtete n hierhergeh6rigen Fall nicht unerwahnt bleiben zu lassen. Auf die Hypothese SN•P- PE::S will ich hier unten mit einigen Worten zurfickkommen und telle zuerst die Beschreibung meines eigenen Falles mit.

W. 1~., 23 j/ihr, jnnges M~dchen. Die Pat ient in s t ammt angeb- lich von einer gesunden Famille; doch soli ein Bruder von ihr, der vor etwa tfinf Jahren an der Rachendiphthe§ gestorben ist, irfiher zeitweise einen , ,blutigen" Harn gehabt haben. Die Kranke l i t t ira Jahre 1913 an Luftr6hrenkatarrh. Im folgenden Jahr wurde sie in der hiesigen chirurgischen Abteilung wegen tuberkul6ser Peritonitis behandelt. Aus dem damaligen Kranken- journal geht hervor, daB der Bauch aufgetrieben war, und dag in der l inken Oberbauchgegend, sowie in der C6ealgegend tumor- artige Resistenzen palpiert wurden. Kein naehweisbarer Ascites.

1) Dtsch. med. Wochenschr. x92~ ) S. fixg.

Subfebrile K6rper temperatur mit langsamer Entfieberung. Be- handlung: DiXt und R6ntgenbestrahlung. Nach 4o Tagen wurde sie als bedeutend gebessert entlassen. Die Besserung schrit t in der folgenden Zeit bis zu v611igem WohlbeIinden tort. - - W/ihrend der letzten sieben Jahre soli ihr Gesundheitszustand der beste ge- wesen sein. Auf besondere Anfrage bezfiglich des Aussehens des Urins berichtet sie, dal3 wenigstens in den beiden letzten Jahren die Farbe des Urins manchmal auffallend dunkel mit einem Stich ins R6tliche gewesen wgre, eine Abnormit~t, die auch ihren Ange~ h6rigen aufgefallen sein soll. Nach st/~rkeren K6rperanstrengungen, wie z. B. nach !/Lngerem Radfahren, will sie seit dieser Zeit den Urin regelm/~Big ,,btutig", d .h . von roter Farbe, gefunden haben. - -

Die ietzige I~rankheit begann vor einem Monat. Gleichzeitig mit einer Sctlwester muBte sie sich unter Fr6steln, allgemeinen K6rperschmerzen, Schnupfen, tIusten, Erbrechen und leichtem Fieber zu Bet t legen. Die genanmten Symptome dauerten nur einige Tage. Nach einer \u begann sie an Schmerzen und Kraftlosigkeit iii Mien vier ExtremitMen zu leiden. Die Schmerzen waren ara st/~rksten in den Oberschenkeln, und sie empfand in denselben, aber nicht in den anderen Extremitiitenteilen, ein Taub- heitsgeffihl. Die Extremits wurde immer grSl3er, ara grSl3ten in den Vorderarmem Der Schtaf war sehr beeintr/ichtigt worden. Keine Gelenkanschwellungen. Kein I™

Seit dem Beginn der Gliederschmerzen, ci. h. seit etwa drei Wochen, ist der Urin anhal tend von stark roter Farbe, ohne daB irgendwelche Harnbeschwerden auffielen. In der letzten Woche ist die Pat ient in bel drei verschiedenen Gelegenheiten von einer stundenlangen, recht schweren Atemnot mit Herzklopfen befallen worden. - - Seit Beginn der Krankhei t ha t sie nur ein paarmal Schlafmittel, aber weder SulfonM noch Trional, eingenommen.

Aufgenommen am 12. I I I . 1922. Statue praesens. Die Pat ient in ha t ein gesnndes Aussehen und ist psychisch ganz klar und ruhig. Vielleicht dfirfte die Gesichtsfarbe als etwas zu blfihend bezeichnet werden kSnnen. Sie klagt fiber Schraerzen und Schws in den Extremit/~ten. Die Schws der Arme ist so groB, daB die Pa- t ientin ganz hilflos ist. Die Recta l tempera tur ist morgens 37,4~ abends 37,6 ~ Pulsfrequenz lOO--lO8. Systolischer Btutdruck 138 m m Hg. Betreffend Herz, Lungen und Bauchorgane nichts zu verzeichnen. Der Urln ist von burgunderroter Farbe, ganz ldar, in dickeren Schichten nur wenig durchsichtig. Das spezffische Gewicht lO2O. Das Sediment enth/ilt nur vereinzelte Leukocyten und Blasenepithelien, dagegen keine Erythrocyten oder Schatten solcher. Die van Deensehe Blutfarbstoffprobo I~LHt negat iv nus. --