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BRANDSCHUTZ 24 s+s report 2 / 2017 Selbstentzündungspotenzial noch weiter. Das Risiko einer Selbstentzün- dung kann mit einem HAT- Additiv in der Polierpaste um 90 % gesenkt werden. Darüber hinaus muss ein siche- rer Umgang mit Polierabfall als Teil der zielführenden Gefah- renabwendung in einem be- trieblichen Schutzmaßnahmen- konzept verankert sein. Die 90%ige Abschwächung wird bei einer Verweildauer von 24 Stunden im Nassabscheider bei Raumtemperatur erreicht. Wird der Nassabscheider bei höherer Temperatur betrieben, wird die bis zu 90 %ige Ab- schwächung schneller erreicht. Das Polieren von Alumini- um birgt ein nicht zu unter- schätzendes Brandrisiko: Polier- und Schleifabfälle können sich ohne Einfluss einer Zündquelle oder von Sonnenlicht selbstständig erwärmen und in der Folge entflammen. Die Lagerung unter Wasser kann den Brand nur temporär verhin- dern, denn trocknet der Ab- fall oberflächlich, kann es wieder zur Selbstentzün- dungsreaktion kommen. Die Ursachen dafür sind jetzt besser erforscht, zu- gleich lässt sich der Gefahr dank einer Neuentwicklung entgegensteuern: Polierpasten mit Heat Ab- sorbing Technology (HAT) senken das Selbstentzün- dungsrisiko von Alumini- um-Polierabfällen um 90 %. Die beim Polieren von Alumini- um entstehenden Abfälle nei- gen zur Selbstentzündung. Alu-Schleifabfälle erhöhen das Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick Hier droht Ge- fahr: Das Ge- misch aus fei- nen Alumini- um-Partikeln, Baumwoll- Abrieb und Res- ten von Polier- emulsion neigt zur Selbst- entzündung (Quelle: Menzerna) Ein Additiv für Polierpasten reduziert das Risiko um 90 % Aluminium polieren: Selbstentzündung von Polierabfällen AUTOR: DIPL.-ING. (FH) RUDI MESSMER Der Autor dieses Beitrags, Dipl.-Ing. (FH) Rudi Messmer, ist Leiter Produkte und Anwendun- gen bei der Men- zerna polishing compounds GmbH & Co. KG. Kontakt: Rudi.Messmer @menzerna.com Weitere Infos: www.menzerna.de www.polishing- mag.com

Ein Additiv für Polierpasten reduziert das Risiko um 90 % ... · Das Additiv fängt dieReaktivkom-ponenten des Gemischs im Nassab-reduziert das Risiko der Additiv in der Polierpaste

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24 s+s report 2 / 2017

Selbstentzündungspotenzialnoch weiter.

❏ Das Risiko einer Selbstentzün-dung kann mit einem HAT-Additiv in der Polierpaste um90 % gesenkt werden.

❏ Darüber hinaus muss ein siche-rer Umgang mit Polierabfall alsTeil der zielführenden Gefah-renabwendung in einem be-trieblichen Schutzmaßnahmen-konzept verankert sein.

❏ Die 90%ige Abschwächungwird bei einer Verweildauer von24 Stunden im Nassabscheiderbei Raumtemperatur erreicht.Wird der Nassabscheider beihöherer Temperatur betrieben,wird die bis zu 90 %ige Ab-schwächung schneller erreicht.

Das Polieren von Alumini-um birgt ein nicht zu unter-schätzendes Brandrisiko:Polier- und Schleifabfällekönnen sich ohne Einflusseiner Zündquelle oder vonSonnenlicht selbstständigerwärmen und in der Folgeentflammen. Die Lagerungunter Wasser kann denBrand nur temporär verhin-dern, denn trocknet der Ab-fall oberflächlich, kann eswieder zur Selbstentzün-dungsreaktion kommen.Die Ursachen dafür sind

jetzt besser erforscht, zu-gleich lässt sich der Gefahrdank einer Neuentwicklungentgegensteuern: Polierpasten mit Heat Ab-sorbing Technology (HAT)senken das Selbstentzün-dungsrisiko von Alumini-um-Polierabfällen um 90 %.

❏ Die beim Polieren von Alumini-um entstehenden Abfälle nei-gen zur Selbstentzündung.

❏ Alu-Schleifabfälle erhöhen das

Die wichtigstenErkenntnisse im Überblick

Hier droht Ge-fahr: Das Ge-

misch aus fei-nen Alumini-

um-Partikeln,Baumwoll-

Abrieb und Res -ten von Polier -emulsion neigt

zur Selbst -entzündung

(Quelle: Menzerna)

Ein Additiv für Polierpasten reduziert das Risiko um 90 %

Aluminium polieren:Selbstentzündungvon PolierabfällenAUTOR: DIPL.-ING. (FH) RUDI MESSMER

Der Autor dieses Beitrags, Dipl.-Ing. (FH) Rudi Messmer,ist Leiter Produkteund Anwendun-gen bei der Men-zerna polishingcompounds GmbH & Co. KG.Kontakt:[email protected] Infos:www.menzerna.dewww.polishing-mag.com

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s+s report 2 / 2017 25

❏ Bei der Durchmischung von Polier- und Schleifabfällen mitund ohne HAT-Additivschwächt sich die Wirkung ent-sprechend ab.

Wenn Betriebe Aluminium schlei-fen und polieren, entsteht gefähr -licher Abfall. Dieser setzt sich ausmehreren Komponenten zusam-men: Baumwollfasern des Polier-rings, Aluminium-Partikel, Fetteund Öle aus den Polieremulsionen,Poliermineralien, Wasser.

Der Schleif- und Polierstaub wird inder Regel über Nassabscheider ab-gesaugt. Danach wird er in offenenContainern außerhalb des Gebäu-des gelagert. Dabei kommt es im-mer wieder zu folgenreichen Brän-den. Entweder im Container, aufdem Entsorgungs-Lkw oder direkt inder Produktionshalle. Die genauenUrsachen hierfür waren bisher un-klar, außerdem wird bei betriebli-chen Gefährdungsanalysen diesesGefahrenpotenzial bisher zu wenigberücksichtigt.

Um eine praktikable Lösung für dasProblem zu finden, muss manzunächst der Ursache auf den Grundgehen. Die Selbstentzündung ansich ist ein bekanntes Phänomen –man versteht darunter die Fähigkeiteines Stoffes, sich durch chemischeReaktion selbstständig stetig zu er-wärmen und sich schließlich zu ent-zünden.

Der Mechanismus der Selbstent -zündung läuft in den hier betrachte-ten Fällen wie folgt ab: Das Polier-mittel besteht aus Wasser, Tonerdeund der Bindung (Öle, Fette, Wach-se). Durch das Schleifen und Polie-ren von Aluminium wird es mit wei-teren Stoffen angereichert. Undzwar mit feinen, nicht oxidiertenAlu minium-Partikeln und Baumwoll -fasern. Durch den enthaltenen Me-tallstaub hat der Abfall ein hoheschemisches Reaktionspotenzial. DieAluminiumpartikel oxidieren wie

entzündung: hochreaktiveUrsache der Selbst -

Aluminium-Partikel

Die Situation inAluminium-Polierbetrieben

viele andere fein verteilte Metall-stäube in einer sogenannten exo-thermen Reaktion. Das bedeutet:Der Staub reagiert unter Eigen -erwärmung mit dem Luftsauerstoff.

Die kleinen und reaktiven Alumini-umpartikel bieten eine große Reak-tionsfläche für die Reaktionspart-ner. Zu diesen gehören z. B. Fette,Wasser oder Luftsauerstoff. In un-gesättigten Ölen und Fetten stecktzusätzlich hohes energetisches Po-tenzial. Die Verbrennungswärmevon Aluminium ist mit 31 kJ/g sehrhoch – deutlich höher zum Beispielals die von Braunkohle (19 kJ/g) oderPapier (15 kJ/g). Zusätzlich wirkendie Baumwollfaserreste des Polier-rings thermisch sehr gut isolierend.Somit kann sich die Reaktionswär-me im Polierabfall aufstauen. Che-mische Reaktionen laufen dadurch

Große Reaktionsfläche undhohe Verbrennungswärme

schneller ab. Dies führt zu einer Ket-tenreaktion, die in einem Brand en-den kann. Ein großes Risiko für Be-triebe, die Aluminium polieren.

Das ARC-Verfahren (ARC = Accelera-ted Rate Calometry) ist ein thermi-sches Analyseverfahren. Es kann dieEigenerwärmung von Aluminium-Polierabfall nachweisen. Hierzuwird eine getrocknete Probe Polier-abfall in eine Metallbombe gefüllt.In einer Wärmekammer wird dieseProbe kontinuierlich erwärmt. Da-bei wird regelmäßig die Temperaturdes Polierabfalls in der Bombe ge-messen. Es wird abgeglichen, obdiese der Temperatur in der Wärme-kammer entspricht. Ist die Tempe -ratur des Polierabfalls höher, wirddie Probentemperatur nachgeregelt.Das Reaktionspotenzial des Polier-

Eigenerwärmung des Alu -ARC-Verfahren weist

minium-Polierabfalls nach

Hier in der schematischenDarstellung: Die Polierab-fälle könnensich selbststän-dig stetig bis zur Entzündungerwärmen(Quelle: Menzerna)

Das ARC-Ver-fahren erlaubtdie Messung derEigenerwär-mung und denVergleich zwi-schen verschie-denen Proben(Quelle: Menzerna)

Das Additivsorgt dafür,

dass die Alumi-nium-Partikelwährend derRuhezeit im

Nassabscheiderausreagierenund deshalb

nicht mehr zueiner Selbstent-

zündung beitra-gen können

(Quelle: Menzerna)

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26 s+s report 2 / 2017

abfalls lässt sich grafisch darstellen.Je flacher der Kurvenverlauf, destoweniger neigt er zur Eigenerwär-mung und zur Selbstentzündung.

Die chemischen Abläufe und Wirk-mechanismen innerhalb des Alumi-nium-Polierabfalls sind also ent-schlüsselt. Dadurch lassen sichMaßnahmen entwickeln, die der Eigenerwärmung des Polierabfallsentgegenwirken.

Die Lösung beim Poliermittel-Her-steller Menzerna besteht im Einbaueines Additivs in die Polierpasten-Re-zeptur. Dieses Additiv hat keinen ne-gativen Einfluss – weder auf die Po-lierleistung noch auf das Polierergeb-nis –, denn es entfaltet seine positiveWirkung erst im Nassabscheider.

Das Additiv fängt die Reaktivkom-ponenten des Gemischs im Nassab-

reduziert das Risiko derAdditiv in der Polierpaste

Selbstentzündung um 90 %

scheider ab. Es kann keinen Wärme-stau und auch keine selbstständigeErwärmung des Abfalls mehr geben.Die Wahrscheinlichkeit der Selbst-entzündung wird um 90 % redu-ziert, denn das Additiv greift direktin den Wirkmechanismus der Alu -minium-Partikel im Polierabfall ein:Sie reagieren vollständig und nach-haltig ab und tragen keine Energiemehr zur Selbstentzündung bei.

Um die Additiv-Wirkung zu gewähr-leisten, müssen beim Polieren vonAluminium bestimmte Rahmenbe-dingungen erfüllt sein:

❏ Der Polierabfall sollte 24 Stun-den im Nassabscheider verblei-ben. Erst danach kann der Ab-fall sicher trocken entsorgt wer-den. Längere Verweilzeitenverbessern die Wirkung des Ad-ditivs, kürzere Zeiten reduzierensie. Bei ca. 10 ºC höherer Reakti-

Rahmenbedingungen fürdie Wirkung des Additivs

onstemperatur (Wassertempera-tur im Nassabscheider) verdop-pelt sich in erster Näherung dieReaktivierungsgeschwindigkeit.

❏ In einem Polierbetrieb solltedem Nassabscheider nur sortenreiner Abfall zugeführtwerden – die Wirksamkeit desAdditivs bei Magnesium- oderZink legierungen wurde nochnicht untersucht.

❏ Polierabfälle mit und ohne Additiv sollten nicht durch-mischt werden, sonst schwächtsich die Wirkung ab.

Von der Verringerung des Selbstent -zündungsrisikos profitieren die Un-ternehmen in mehrfacher Hinsicht:

❏ Das Brandrisiko wird deutlichverringert. Kosten für unnötigeFeuerwehreinsätze sind passé.

❏ Der richtige Umgang mitSchleif- und Polierabfällen istTeil eines effektiven Schutz-maßnahmenkonzeptes zur Gefahrenabwendung.

❏ Die Entsorgung des Abfallsüber Entsorgungsbetriebe wirderheblich sicherer.

❏ Durch Trocken- statt Nassent-sorgung des Abfalls können Abfallentsorgungskosten deutlich gesenkt werden.

Die Wirksamkeit des Additivs hatsich während der Entwicklung er-wiesen. Im nächsten Schritt sollendie Technikumsversuche nun in derpraktischen Anwendung bestätigtwerden. Mitte 2017 werden Feldver-suche mit additivangereichertenPolierpasten gefahren. Sie werdenauf isoliert laufenden Polieranlagenvon Großbetrieben getestet.

Hier fallen große Mengen von Alu -minium-Schleif- und Polierabfällenan. Anschließend werden Polierab-fallproben gezogen und mit her-kömmlichen Abfällen ohne Additivim ARC-Verfahren verglichen. Sokann die Wirkung des Additivs ein-deutig nachgewiesen werden.

Feldtests sollen Additiv-Wirkung bestätigen

Vorteile für Industrieunternehmen

Typische Situation beim industriellen Polieren: Ein Roboterarm führt dasWerkstück gegen die Polierscheibe. Die dort aufgetragene Polieremulsionmischt sich mit dem Abrieb von Scheibe und Werkstück (Quelle: Menzerna)