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8. Jahrgang, 5. Ausgabe 2014, 162-176 Hepatitis C-Erkrankung Bisherige Therapie Replikation des HCV - - - Rubrik Fortbildungsartikel - - - Durchbruch bei der Therapie der chronischen Hepatitis C Sofosbuvir (Sovaldi ® ) Simeprevir (Olysio ® ) Daclatasvir (Daklinza ® )

Durchbruch bei der Therapie der chronis chen Hepatitis C · 8. Jahrgang, 5. Ausgabe 20 14, 162 -176 Hepatitis C-Erkrankung Bisherige Therapie Replikation des HCV - - - Rubrik Fortbildungsartikel

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8. Jahrgang, 5. Ausgabe 2014, 162-176

Hepatitis C-Erkrankung

Bisherige Therapie

Replikation des HCV

- - - Rubrik Fortbildungsartikel - - -

Durchbruch bei der Therapie

der chronischen Hepatitis C

Sofosbuvir (Sovaldi®)

Simeprevir (Olysio®)

Daclatasvir (Daklinza®)

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Therapie der chronischen Hepatitis C

Fortbildungstelegramm Pharmazie 2014;8(5):162-176

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Durchbruch bei der Therapie der

chronischen Hepatitis C

Dr. Friedrich Lange*, Tino Seidemann Fachbereich Pharmazie

Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf

*Korrespondenzautor Dr. Friedrich Lange

Fachbereich Pharmazie Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Universitätsstraße 1 40225 Düsseldorf [email protected]

Lektorat

Prof. Dr. Georg Kojda, Institut für Pharmakologie und Klinische Pharmakologie

Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf

Den Fortbildungsfragebogen zur Erlangung eines Fortbildungspunktes zum Fortbildungstelegramm Pharmazie finden Sie hier:

http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Kurzportraet.html

Titelbild : Universitätsbibliothek New York , Urheber: Photoprof, Lizenz: Fotolia

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Therapie der chronischen Hepatitis C

Fortbildungstelegramm Pharmazie 2014;8(5):162-176

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Abstract

Hepatitis C virus (HCV) infection is transferred by body fluids, primarily via infected blood, e.g. by contaminated injections and transfusions. At the beginning Hepatitis C is normally not associated with symptoms. However, during the course of the disease there is probability of about 85 % to develop a chronic form which can cause cirrhosis, cancer and failure of the liver. Regarding 400.000 to 500.000 HCV-infected indi-viduals only in Germany, Hepatitis C can be considered as one of the most im-portant virus infections. As there is no vaccination or prophylaxis available up to now, improvements in pharmacotherapy are of major importance for infected patients. Since 2011 one of the six genotypes of Hepatitis C can be treated successfully with two direct acting antiviral protease inhibitors combined with Peginterferon and Ribavirin. The disadvantage of these drugs is the limited effect on virus-genotypes 2-6 and the sensitivity to viral resistance. In 2014 the new direct acting virostatic drugs sofosbuvir, simeprevir and daclatasvir have been approved for the treatment of hepatitis C in Europe including infections with all genotypes. In addition, these drugs are character-ized by improved stability against the development of resistance and by re-duced undesirable side effects. After only 12 weeks of treatment HCV eradication was achieved in most patients and with fewer side effects. Hence, these drugs represent an important improvement in the therapy of Hepatitis C.

Abstrakt

Der Hepatitis C Virus (HCV) wird über Körperflüssigkeiten, vorwiegend über Blutkontakt, übertragen. Dabei entwi-ckelt sich aus einer meist symptomlosen akuten HCV Infektion mit 85%iger Wahrscheinlichkeit eine ebenfalls oft untypisch verlaufende chronische Hepati-tis C mit Spätfolgen wie Leberzirrhose, Leberkarzinom und Leberversagen. Mit 400.000-500.000 Infizierten allein in Deutschland gehört die Hepatitis C-Erkrankung zu den bedeutendsten

viralen Infektionskrankheiten. Da derzeit kein HCV Impfstoff zur Verfügung steht, kommt der Pharmakotherapie eine besondere Bedeutung zu. Seit 2011 stehen für die Therapie zwei direkt antiviral wirksame Protease-Hemmer in Kombination mit Peginterferon α und Ribavirin mit guten Heilungsaussichten für einen der sechs viralen Genotypen zur Verfügung; Nachteil dieser Arznei-mitteltherapie ist aber die hohe Empfind-lichkeit gegen Resistenzen sowie die eingeschränkte Wirksamkeit gegen die Genotypen 2-6. Die drei im Jahr 2014 in Europa eingeführten Virostatika Sofos-buvir, Simeprevir und Daclatasvir, zugelassen für Peginterferonhaltige und -freie Kombinationstherapien für alle HCV-Genotypen sowie mit verbesserten Resistenzeigenschaften, ermöglichen eine erhebliche Verbesserung der Hei-lungsaussichten, so dass nach kurzer Therapiedauer von 12 Wochen bei geringeren Nebenwirkungen eine prak-tisch vollständige Viruseradikation erreicht wird. Dies ist ein entscheidender Fortschritt in der Therapie der chroni-schen Hepatitis C.

Einleitung

Aus der meist symptomlosen und daher meist unerkannten akuten Infektion mit dem Hepatitis C- Virus (HCV) entwickelt sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 85% eine zunächst ebenfalls häufig untypische chronische Hepatitis C-Erkrankung, bei welcher sich Spätfolgen wie Leberzirrhose, Leberkarzinom und Leberversagen entwickeln können (Weblink 1). Seit der Entdeckung des HCV- Virus vor mehr als zwanzig Jahren war und ist das Ziel der Pharmakothera-pie eine nachhaltige Viruseradikation, d.h. eine vollständige Heilung der Infek-tion. Dies konnte in der Vergangenheit nur für einen Teil der Infizierten erreicht werden. Seit Beginn des Jahres 2014 haben sich die Heilungsaussichten sowohl für Neuerkrankte als auch für bisher erfolglos behandelte Patienten durch drei in Europa neu zugelassene Arzneistoffe erheblich verbessert (1), so dass nach 12 Wochen wird eine praktisch vollständige Viruseradikation erreicht Dies ist ein entscheidender Fortschritt in der Therapie der chronischen Hepatitis C.

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Hepatitis-Viren

Unter dem Oberbegriff „Hepatitis“ wer-den verschiedene entzündliche Leberer-krankungen subsummiert. Hierzu zählen Infektionen durch Viren, Bakterien und Protozoen sowie durch Arzneistoffe oder Giftstoffe verursachte Formen der Hepa-titis. Fünf verschiedene Hepatitis Virus-typen A-E, von denen in Europa nur die Typen A, B und C von klinischer Rele-vanz sind, verursachen 95% aller Hepa-titis-Erkrankungen. Die akute Hepatitis-Erkrankung verläuft bei allen Virustypen häufig symptomlos oder mit grippalen Symptomen. Nach Chronifizierung besteht das Risiko einer Leberzirrhose als Folgeerkrankung. Zur Prophylaxe einer HCV Infektion gehören vor allem allgemeine hygienische Maßnahmen wie Desinfektion und vorsichtiger Umgang mit Blutprodukten. Bei der Hepatitis A, B und E steht die aktive Immunisierung durch Impfung zur Verfügung (Weblinks

1-3). Die verschiedenen Typen der Hepatitis-Viren lassen sich wie folgt kurz charakterisieren:

• Hepatitis A-Viren (HAV) sind selbstausheilende, nicht chronifizie-rende RNA-Viren (Picornaviren). Die Übertragung erfolgt durch fäkal-orale Infektion, häufig in tropischen Regionen mit unzureichenden hygi-enischen Verhältnissen.

• Hepatitis B-Viren (HBV), zu 90% selbstheilende und zu 10% chronifi-zierende DNA-Viren (Hepadnavi-ren), werden durch sexuelle (40%),- parenterale-, peri- und postnatale- Infektionen transmit-tiert. Verbreitung insbesondere in Südostasien und Zentralafrika.

• Das Hepatitis C-Virus ist ein mit einer Lipidschicht umhülltes RNA-Virus (Flavivirus) mit (+)-Strang Polarität, das unbehandelt häufig chronifiziert und sich durch hohe Mutationsraten der spezifischen Immunantwort entzieht. Nur der Mensch ist als Wirt bekannt. Derzei-tig sind sechs Genotypen und über 100 Subtypen mit unterschiedlicher regionaler Verteilung bekannt. In Europa sind die Genotypen 1-3 kli-nisch relevant, in Deutschland mit 78% insbesondere Genotyp 1 (Weblink 1).

• Das Hepatitis D Virus ähnelt dem HBV, allerdings benötigt es HBV zur Reproduktion, da es sich um ein de-fektes RNA-Virus handelt. Verbrei-tung: insbesondere Balkan, Nahost, Afrika und Südamerika.

• Die Hepatitis E-Viren ähneln den HAV vor allem in Verbreitung und dem fäkal-oralen Übertragungsweg; sie gehören als Herpesviren jedoch zu den Caliciviren.

Hepatitis C-Erkrankung

Epidemiologie Laut WHO sind bei 3-4 Millionen Neuinfektionen pro Jahr welt-weit 130-170 Millionen Menschen mit HCV infiziert; in Europa und den USA beträgt die Prävalenz unter 3%, in Afrika und Asien in einzelnen Regionen bis zu 15%. Die höchste Infektionsrate ist mit 22% in Ägypten zu finden. Dies ist überwiegend auf kontaminierte Injektio-nen zurückzuführen. 2-5 Millionen HCV-positive Personen leben in Europa. Die Prävalenz ist bei Drogenabhängigen nach mehrjährigem intravenösen Abusus mit bis zu 90% besonders hoch. Der Trend der jährlichen Inzidenz übermittelter HCV Erstdiagnosen in der Bundesrepub-lik Deutschland sinkt zunächst seit 2005 und ist seit 2011 weitgehend unverän-dert (Abb. 1). Bei der regionalen Vertei-lung fällt der hohe Wert von 14,8 Erstdi-agnosen/100.000 Einwohner für Berlin auf, was u.a. durch die höhere Zahl von Infizierten aus Risikogruppen (z.B. Drogenabhängigen) erklärt wird. Die Inzidenz ist bei Männern durchschnittlich doppelt so hoch wie bei Frauen mit einem Häufigkeitsgipfel bei den 30-39jährigen Männern und 25-29jährigen Frauen (Weblink 1, Abb. 2).

Krankheitsverlauf Nach der Infektion verläuft die Hepatitis C meist asympto-matisch (75%) und wird daher häufig nicht erkannt. Bei 85% der Infizierten geht sie in eine chronische, zunächst ebenfalls unauffällige Form, verbunden mit grippeähnlichen Symptomen und Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Übelkeit sowie Oberbauchschmerzen über. Erst nach bis zu 20 Jahren entwickelt sich bei 20% der Erkrankten eine Leberzirrhose, d.h. eine irreversible Umstrukturierung, in deren Folge das hepatische Gewebe

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Therapie der chronischen Hepatitis C

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Abb. 1: Zeitlicher Trend der HCV-Erstdiagnosen in Deutschland (Abb. aus Weblink 1).

Abb. 2: HCV-Erstdiagnosen in Deutschland nach Geschlecht und Alter (Abb. aus Weblink 1).

durch vernarbtes Bindegewebe ersetzt wird. Dieser Prozess ist verbunden mit zunehmenden Stoffwechsel- und Funkti-onsstörungen, Leberinsuffizienz sowie extrahepatischen Problematiken wie Arthritis oder membranproliferative Glomerulonephritis. Etwa 2-3% dieser Patienten entwickeln ein Leberkarzinom (Weblink 1).

Pathophysiologie der Hepatitis Jede Form der Hepatitis beginnt mit einer Zellschädigung, die auf chemischen oder physikalischen Ursachen oder Infektio-nen beruht und mit einer Freisetzung von Entzündungsmediatoren sowie Einwanderung von Leukozyten und Makrophagen in die Hepatozyten ver-bunden ist. Das Absterben von Leberzel-len führt zum Anstieg von Transamina-sen und zu Einschränkungen der Stoff-wechselfunktionen. Abgestorbenes Gewebe wird durch Narbengewebe ersetzt (Leberzirrhose) (Weblinks 1, 4).

Infektionswege Grundsätzlich ist jeder Austausch von Körperflüssigkeiten mit

einem Infektionsrisiko verbunden. Eine Infektion ist aber - mit Ausnahme der parenteralen, sexuellen und perinatalen Übertragung - sehr unwahrscheinlich. Zur parenteralen Infektion kommt es durch Bluttransfusion, Organtransplanta-tion, Kontamination durch Injektionsna-deln, Spritzen, Lanzetten; zur sexuellen Infektion insbesondere durch mit Verlet-zungen verbundenen Sexualpraktiken. Perinatal wird das Kind von der erkrank-ten Mutter mit einer Wahrscheinlichkeit von 5% infiziert (Weblink 1).

Risikogruppen Zu den Risikogruppen zählen i.v.-Drogenabhängige (insbeson-dere durch Spritzenaustausch), HIV-positive und Aids-Patienten, Empfänger von Blut und Blutprodukten oder Organ-transplantaten sowie medizinisches Personal (Nadelstiche, Blutspritzer). Pharmazeutisches Personal ist nur in Ausnahmefällen bei Blutkontakt betrof-fen (Weblink 1). Dies kann aber bei Messungen von Glukose oder Lipiden im Plasma grundsätzlich vorkommen.

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Therapie der chronischen Hepatitis C

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Bisherige Therapie der chronischen

Hepatitis C

Als Indikator für die vollständige Virus-eradikation gilt, dass 24 Wochen nach Therapieabschluss keine viralen Nuklein-säuren mehr im Plasma nachweisbar sind (1). Dies wird mit dem Begriff „sustained virological response (SVR)“ bezeichnet und ist das Therapieziel bei der Behandlung der chronischen Hepati-tis C. Im Jahr 2011 wurden die beiden neuen direkt antiviral wirksamen NS3-Proteaseinhibitoren Boceprevir (Victre-lis®) und Telaprevir (Incivo®) als Triple-Therapie (Kombinationspräparate mit Peginterferon α und Ribavirin) gegen chronische Hepatitis C auf dem euro-päischen Arzneimittelmarkt zugelassen, die im Vergleich zur vorhergehenden Standardtherapie aus Peginterferon α und Ribavirin eine deutliche Verbesse-rung der Heilungsrate und eine Verkür-zung der Behandlungszeit bewirkt (Tab.

1). Nachteil dieser beiden Arzneistoffe ist aber die hohe Empfindlichkeit gegen Resistenzen und die eingeschränkte Wirksamkeit gegen die Genotypen 2-6

(Weblink 5) (1). Seit 2014 wird seitens der Deutschen Gesellschaft für Gastro-enterologie, Verdauungs- und Stoffwech-sel- Erkrankungen (DGVS) und dem Berufsverband niedergelassener Gastro-enterologen (bng) in der aktuellen online-Empfehlung im September 2014 für die beiden Medikamente Boceprevir und Telaprevir die Empfehlung als Standardtherapeutika zurückgezogen, weil mit dem in Europa 2014 neu zuge-lassenen nukleosidischen Polymerase (NS5B)-Inhibitor Sofosbuvir, dem NS5A- Protease-Inhibitor Daclatasvir sowie dem NS3/NS4A-Protease-Inhibitor Simeprevir neue verbesserte Medikamente als Kombinations-Therapieoptionen verfüg-bar sind. Darüber hinaus werden noch die europäischen Zulassungen des NS3-Protease-Inhibitors Faldaprevir sowie des NS5A-Protease-Inhibitors Ledipasvir in Kombination mit Sofosbuvir und dreier weiterer Arzneistoffe für eine antivirale Vielfachkombinationstherapie (Protease-Inhibitor ABT-450/r, NS5A-Protease-Inhibitor Ombitasvir, nicht nukleosidi-scher Polymerase-Inhibitor Dasabuvir) erwartet (Weblink 6).

Peg-

Interferon

+

Ribavirin

Peg-

Interferon

+

Ribavirin

+

Boceprevir

Peg-

Interferon

+

Ribavirin

+

Telaprevir

Peg-

Interferon

+

Ribavirin

+

Simeprevir

Peg-

Interferon

+

Ribavirin

+

Daclatasvir

Peg-

Interferon

+

Ribavirin

+

Sofosbuvir

Antivirale Wirkstoff-Gruppe

NS3/4A-Protease-Inhibitor

NS3/4A-Protease-Inhibitor

NS3/4A-Protease-Inhibitor

NS5A-Protease-Inhibitor

NS5B-Polymerase-

Inhibitor

Effektivität (SVR-Rate, Genotyp 1)

38-44% 69-75% 68-75% 75-86% 83,3*% 90%

Genotypab-deckung

Genotypen 1-6

Genotyp 1 Genotyp 1 Genotypen

1,4 Genotypen

1,3,4 Genotypen

1-6

Wahrschein-lichkeit einer Resistenz-entwicklung

Hoch Hoch Hoch Niedrig Niedrig

(Genotyp-abhängig)

Niedrig

Interaktions-potential

Erheblich Erheblich Erheblich Erheblich Erheblich Möglicher-

weise erheblich

Tab. 1: Pharmakologische Eigenschaften der 2014 zugelassenen direkt antiviral wirksa-men HCV-Arzneistoffe im Vergleich (*kleine Phase II Studie, SVR=“sustained virological response“, bezeichnet den Anteil der Patienten, bei welchen 24 Wochen nach Therapie-ende keine Virus-RNA mehr nachweisbar ist Weblink 7-9) (1).

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Therapie der chronischen Hepatitis C

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Abb. 3: Angriffspunkte der neuen HCV-Wirkstoffe im viralen Replikationsprozess, beste-hend aus (a) Endozytose, (b) Uncoating, (c) Proteinbiosynthese am Endoplasmatischen Retikulum, (d) RNA-Replikation durch die NS5B-RNA-Polymerase, die zunächst eine (–)RNA-Synthese aus dem Virusgenom erfordert, welche dann als Matrize für die Synthe-se der (+)RNA dient, (e) Zusammensetzung der neuen Viren, (f) Reifung und Freiset-zung. Simeprevir hemmt sowohl NS3- als auch die NS4-Protease und Sofosbuvir hemmt sowohl die (-)RNA-Synthese als auch die (+)RNA-Synthese (modifiziert nach (6)).

Die Eigenschaften der 2014 neu zugelas-senen direkt wirksamen antiviralen Arzneimittel sind in der nachstehenden Tab. 1 vergleichend gegenübergestellt (Weblinks 7-9) (1). Diese haben ge-genüber den Protease- Inhibitoren der ersten Generation (Boceprevir und Telaprevir) Vorteile hinsichtlich der Wirksamkeit (SVR), der Resistenzent-wicklung, den Nebenwirkungen sowie der Indikationsbreite für verschiedene Genotypen.

Replikation des HCV

Intensive Forschungen der grundlegen-den Vorgänge bei der viralen HCV-Infektion und -Replikation haben zur Identifizierung der beteiligten Proteine geführt. Diese Proteine sind Zielstruktu-ren der neuen direkt antiviral wirkenden Arzneistoffe Sofosbuvir, Simeprevir und Daclatasvir (2). Im viralen Replikations-prozess (Abb. 3) dringt das einsträngi-ge, mit Lipoproteinen umhüllte HCV-RNA-Virus durch Endozytose in die Hepatozyten ein. Durch den als „Un-coating“ bezeichneten Prozess wird im Zytosol die virale RNA (9600 Nukleotide) freigesetzt, aus der dann durch Transla-tion und Proteinprozessierung am rauen

ER ein einzelnes großes Vorläuferprotein mit mehr als 3000 Aminosäuren synthe-tisiert wird. Dieses Protein wird dann durch Proteasen in zehn Folgeproteine, davon die sechs „nonstructural proteins“ (NS)2, (NS)3, (NS)4A, (NS)4B, (NS)5A, (NS)5B zur Replikation sowie vier „struc-tural proteins“ zum Aufbau des neuen Viruskerns und -Hülle gespalten. Im Zytosol erfolgt dann an der Membran des Endoplasmatischen Retikulums die RNA-Replikation sowie die Zusammensetzung der neuen Viren an einem Komplex, an dem die virale RNA, die RNA- Polymera-se und die NS- Proteasen beteiligt sind. Die Freisetzung der neuen Virionen erfolgt durch Exozytose (3-6). Die in 2014 zugelassenen HCV- Therapie-Optionen sind generell Kombinationsthe-rapien mehrerer Wirkstoffe, die ver-schiedene, am viralen Replikationspro-zess beteiligte Proteine inhibieren und auf diese Weise synergistisch wirken sowie der Resistenzbildung entgegenwir-ken (Weblink 6), (1).

Sofosbuvir (Sovaldi®)

Sofosbuvir ist ein Inhibitor der viralen NS5B-RNA-Polymerase der US Pharma-Firma Gilead Sciences und wurde im

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Januar 2014 unter dem Handelsnamen Sovaldi® in Europa in Kombination mit Peginterferon α und Ribavirin zur Erst- und Re-Therapie aller Genotypen der chronischen Hepatitis C zugelassen (Weblink 7). Nach Europäischen Zulas-sungen für den NS3/NS4A-Protease-Inhibitor Simeprevir (Weblink 8) sowie den NS5A-Protease- Inhibitor Daclatasvir (Weblink 9) werden von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkran-kungen (DGVS) und dem Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands (bng) im September 2014 neue Therapie- Empfehlungen veröffent-licht, die in Tab. 2 zusammengefasst sind (Weblink 6).

Sofosbuvir wird als Prodrug im Zytosol der Hepatozyten zum entsprechenden Triphosphat, einem analogen Uri-dintriphosphat, metabolisiert. Bei der

Replikation wird es kompetitiv unter Kettenabbruch in die wachsende RNA-Kette eingebaut und inhibiert die virale RNA-Polymerase (Abb. 3), so dass kein weiteres Nukleotid eingebaut werden kann (Weblink 7).

Abb. 4: Strukturformel des NS5B- Polymerase-Inhibitors Sofosbuvir (Abb. aus Weblink 10)

Therapie Genotypen (GT)

1 2 3 4 5 6

Peginterferon + Ribavirin + Sofosbuvir X (X) X X X X

Peginterferon + Ribavirin + Simeprevir (X) (X)

Peginterferon + Ribavirin + Daclatasvir (X)

Sofosbuvir + Ribavirin (X) X X (X) (X) (X)

Sofosbuvir + Ribavirin + Simeprevir X X

Sofosbuvir + Ribavirin + Daclatasvir X (X) X X

Tab. 2: Empfohlene Therapieoptionen der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie und des Bundesverbandes niedergelassener Gastroenterologen für die Behandlung der chronischen Hepatitis C, Stand 14.9.2014. Die Optionen in Klammern stellen keine allgemein empfohlenen Therapien dar, denn diese sind nur unter bestimmten Vorausset-zungen einsetzbar (modifiziert nach Weblink 6)

Wirksamkeits-Studien Der EMA Assessment Report für Sofosbuvir nimmt Bezug auf verschiedene klinische Studien (Weblink 7). Die Ergebnisse der „NEUTRINO“-Studie (7) über die Wirk-samkeit einer Kombinationstherapie von Sofosbuvir mit Interferon α und Ribavirin nach einer Behandlungszeit von 12 Wochen in Abhängigkeit vom HCV-Genotyp (Genotypen 1, 4, 5, 6) sind in Abb. 5 zusammengefasst. Neben der breiten Wirksamkeit für alle Genotypen, hohen SVR-Raten und kurzer Behand-lungsdauer ist die Therapieoption einer

nebenwirkungsärmeren, Interferon-freien Therapie ein zentrales Thema (Weblink 7). Tab. 3 fasst die Ergebnisse der Sofosbuvir/Ribavirin-Kombinationstherapie für die HCV- Behandlung der Genotypen 2 und 3 im Vergleich zur Standard-Kombinations-Therapie dieser Genotypen mit Peginter-feron α und Ribavirin zusammen („FIS-SON“, „FUSION“, sowie „POSITRON“ Studien). Bereits nach 12 Wochen Behandlungszeit wird für Genotyp 2 mit der Peginterferon-freien Kombination eine deutlich verbesserte SVR-Rate

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Therapie der chronischen Hepatitis C

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erreicht, während für Genotyp 3 mit der Interferon- freien Therapie nach 12 Wochen noch niedrigere SVR- Raten im Vergleich zur 24 wöchigen Standardthe-rapie erreicht werden.

Bei einer Verlängerung der Therapiedau-er von 12 auf 16 bzw. 24 Wochen stieg die SVR-Rate mit der Interferon-freien Therapie in der „FUSION“-Studie auch bei der Behandlung von Genotyp 3 stark an (Weblink 7, Tab. 4) (8). In einer weiteren offenen Studie war eine Verlän-gerung der Therapiedauer bei Patienten mit HCV Genotyp 3 auf 24 Wochen mit einer SVR-Rate von 85 % verbunden (9). Die Ergebnisse der „AVIATOR“-Studie zur HCV-Kombinationstherapie von Sofosbu-vir mit dem im August 2014 neu zuge-lassenen HCV-NS5A Protease Inhibitor Daclatasvir sind im Kapitel Daclatasvir beschrieben (Weblinks 11, 12) (10).

Abb. 5: SVR-Ergebnisse der Kombi-nationstherapie von Sofosbuvir mit Peginterferon und Ribavirin bei den HCV- Genotypen 1,4,5 und 6 nach 12 Wochen Behandlungszeit (modifiziert nach

Weblink 7)

Sofosbuvir + Ribavirin

12 Wochen Therapie

Peg-Interferon + Ribavirin

24 Wochen Therapie

Genotyp 2 94,5% (69/73) 77,6% (52/67)

Genotyp 3 55,7% (102/183) 62,5% (110/176)

Tab. 3: „FISSON“- Studie zur Peginterferon-freien Therapie bei Infektionen mit HVC der Genotypen 2 und 3 nach 12 Wochen im Vergleich zum Peginterferon-Standard nach 24 Wochen. Aufgeführt sind die SVR-Raten unter den verschiedenen Therapien sowie die Zahlen der Patienten mit SVR gegenüber allen Patienten des Studienarms (SVR=“sustained virological response“, bezeichnet den Anteil der Patienten, bei welchen 24 Wochen nach Therapieende keine Virus-RNA mehr nachweisbar ist (Weblink 7) (7).

Sofosbuvir + Ribavirin

12 Wochen Therapie

Sofosbuvir + Ribavirin

16 Wochen Therapie

Genotyp 2 82,1% (32/39) 88,6% (31/35)

Genotyp 3 29,7% (19/64) 61,9% (39/63)

Tab. 4: SVR-Raten bei der Peginterferon-freier Therapie mit Sofosbuvir plus Ribavirin nach 12 bzw. 16 Wochen Behandlungsdauer in der „FUSION“ Studie (Weblink 7), (8, 9). Aufgeführt sind die SVR-Raten unter den verschiedenen Therapien sowie die Zahlen der Patienten mit SVR gegenüber allen Patienten des Studienarms (SVR=“sustained virologi-cal response“, bezeichnet den Anteil der Patienten, bei welchen 24 Wochen nach Thera-pieende keine Virus-RNA mehr nachweisbar ist (Weblink 7) (7).

Simeprevir (Olysio®)

Dieser HCV Replikations-Hemmer der Firma Janssen (Abb. 6) wurde im März 2014 in Europa zur Behandlung der chronischen Hepatitis C zugelassen. Der Protease-Hemmer bindet an die virale

NS3/4A-Protease und hemmt so die Virusreplikation (Abb. 3). Die Zulassung umfasst die Therapie der viralen Genoty-pen 1 und 4 in Kombination mit Pegin-terferon α und Ribavirin bzw. mit Sofos-buvir mit oder ohne Ribavirin (Weblinks

8, 13).

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Therapie der chronischen Hepatitis C

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Wirksamkeit-Studien In der „QUEST- 1“ Studie (Weblink 14) (11) wird die Wirksamkeit der Kombinationstherapie aus Simeprevir, Peginterferon α und Ribavirin (SVR) im Vergleich zur Kombi-nation aus Peginterferon α und Ribavirin (Placebogruppe) gegenübergestellt (12). Die Triple-Therapie zeigt bei Genotyp 1 eine SVR-Verbesserung von 50% auf 81,3%; ein weiterer Aspekt dieser Studie war die Reinfektionsrate nach erfolgter Viruseradikation. In der mit Simeprevir-Triple-Therapie behandelten Gruppe werden 10,9% der geheilten Patienten rückfällig, in der mit Placebo-Triple-Therapie behandelten Gruppe waren es 22,7% (Weblink 8).

Abb 6: Strukturformel des NS3/4A- Protease- Inhibitors Simeprevir

Daclatasvir (Daklinza®)

Daclatasvir (Abb. 7) ist ein direkt wir-kender antiviraler Wirkstoff der Firma Bristol-Myers Squibb aus der Gruppe der HCV-NS5A-Protease-Inhibitoren und wurde im August 2014 in Europa zur Erst- und Re- Therapie für die Genotypen 1-4 der chronischen Hepatitis C zugelas-sen. Die Zulassung gilt sowohl in Kombi-

nation mit Peginterferon α und Ribavirin als auch mit Sofosbuvir mit und ohne Ribavirin (10). Daclatasvir inhibiert die virale NS5A-Protease (Abb. 3), was zu einer Hemmung der viralen RNA-Replikation führt (Weblink 9).

Wirksamkeit-Studien Laut „AVIATOR“-Studie wurde mit Daclatasvir in Kombi-nation mit Sofosbuvir nach 12 Wochen Therapie bei 98 % der Patienten mit einer HCV Genotyp 1 -Infektion ein „sustained virological response“ erzielt, während die SVR bei Genotyp 2- bzw. Genotyp 3-infizierten Patienten 92% bzw. 89% betrug. Dieser therapeutische Effekt trat sowohl bei Patienten ohne Vorbehandlung als auch bei Patienten nach erfolgloser Vorbehandlung mit einem anderen Protease-Hemmer auf (Weblinks 11,12, (10)). Mit einer Triple-Kombinationstherapie von Dacla-tasvir mit Peginterferon α und Ribavirin im Vergleich zur Behandlung mit Pegin-terferon α und Ribavirin als Standardthe-rapie wurden für Genotyp 4 SVR-Raten von 82% gegenüber 43% in der Placebo-Gruppe erhalten (Weblinks 9, 15).

Therapeutische Risiken

Nebenwirkungen und Kontraindika-

tionen Bei den drei in 2014 als Kombi-nationspräparate mit Peginterferon α und Ribavirin zugelassenen neuen HCV-Replikations-Hemmern sind Kopf-schmerz, Erschöpfung, Übelkeit und Schlaflosigkeit die häufigsten Nebenwir-kungen. Häufig treten auch Blutbildver-änderungen wie Anämie, erniedrigte Hämoglobinkonzentration oder erhöhte Konzentration von Bilirubin im Blutplas-ma auf (Weblinks 12, 13, 16). Diese Nebenwirkungen sowie Fieber und grippeähnliche Symptome werden auch bei den Kombinationsbestandteilen Peginterferon α und Ribavirin beschrie-ben.

Abb. 7: Strukturformel des NS5A- Protease- Inhibitors Daclatasvir.

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Arzneistoff Sofosbuvir Daclatasvir Simeprevir

Überempfindlichkeit X X X

Schwangere/Stillende X X X

Minderjährige X X X

Patienten nach Organtransplantation X X X

Schwere Niereninsuffizienz X X

Schwere Leberinsuffizienz X

Dekompensierte Lebererkrankungen X

HIV-Koinfektion X

HBV-Koinfektion X X X

Photosensitivität X

Tab. 5: Kontraindikation der neuen viralen Replikations-Hemmer Sofosbuvir, Simeprevir und Daclatasvir (Weblink 17-19)

Während die HCV Replikations-Hemmer der ersten Generation (Boceprevir und Telaprevir) diese Nebenwirkungen noch verstärken, zeigen die in 2014 neu zugelassenen Arzneimittel diesen Nach-teil nicht mehr (Weblinks 16-18). Die Kontraindikationen der drei Wirkstoffe sind in Tab. 5 zusammengefasst.

Interaktionen Aufgrund der hepati-schen Metabolisierung durch die Enzyme des Cytochrom P 450-Systems verfügen Simeprevir und Daclatasvir über ein beachtliches Interaktionspotential, eine gleichzeitige Einnahme mit einem CYP-Induktor (z.B. Johanniskrautpräparate oder Rifampicin) beeinträchtigt die Wirkung; umgekehrt ermöglicht eine Inhibierung, beispielsweise durch Azol- Antimykotika (Itraconazol) einen Anstieg der Plasmakonzentration. Laut ABDA-Datenbank wird die Wirksamkeit des NS5B-Polymerase-Hemmers Sofosbuvir als p-Glykoprotein (pGp)-Substrat mit pGp-Induktoren wie z.B. Johanniskraut, Rifampicin oder Phenytoin vermindert. Für Minderjährige, Schwangere, Stillende sowie Patienten nach Organtransplanta-tion liegen weder für Sofosbuvir, noch für Daclatasvir und Simeprevir ausrei-chende Daten vor, so dass diese Perso-nengruppen nur bei klarer Indikations-stellung und unter strenger ärztlicher Beobachtung therapiert werden sollten.

Einen zusammenfassenden Überblick der Kontraindikationen der neuen viralen Replikations-Hemmer zeigt Tab. 5 (Weblinks 17-19).

Fazit

Für die weltweit 130-170 Millionen an Hepatitis C Erkrankten ist für einen der sechs vorkommenden Genotypen (Geno-typ 1) seit 2011 eine Triple-Kombinationstherapie aus Peginterferon α, Ribavirin und den direkt antiviral wirksamen Protease- Inhibitoren Boce-previr/ Telaprevir mit guten Heilungs-prognosen (SVR- Raten >90%) zugelas-sen. Nachteil dieser Option ist die feh-lende Wirksamkeit für die Genotypen 2-6 und die hohe Resistenzempfindlichkeit. Mit den in 2014 neu zugelassenen HCV- Replikations-Hemmern, dem nukleosidi-schen Polymerase (NS5B)-Inhibitor Sofosbuvir, dem NS5A-Inhibitor Dacla-tasvir sowie dem NS3/4A Protease-Inhibitor Simeprevir stehen jetzt neue, verbesserte, für alle Genotypen wirksa-me und weniger resistenzempfindliche Medikamente als Kombinationspräparate zur Verfügung.

Darüber hinaus werden noch die Europä-ischen Zulassungen weiterer NS3-/NS5A-Protease-Inhibitoren sowie nicht nukleo-sidischer Polymerase-Inhibitoren wie Dasabuvir erwartet. Damit kann aus pharmakologischer Sicht die Hepatitis C-Infektion als weitgehend heilbar beurteilt werden. Eine Herausforderung für die Zukunft ist die Behandlung von Patienten mit Ko-Infektionen mit HIV- oder HBV- Viren sowie Patienten mit schwerer Leberzirrhose. Die derzeit hohen Kosten von 80.000 € pro Therapie sind selbst in

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hochentwickelten Ländern wie Deutsch-land angesichts der Zahl der Infizierten eine finanzielle Herausforderung. Mög-licherweise kann durch die zunehmende

Konkurrenz der Anbieter und die Auswei-tung der pharmakotherapeutischen Optionen eine Kostensenkung der HCV-Therapie erwartet werden (13).

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Weblinks

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2) Robert Koch Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr.30, 2014 http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2014/30/Art_01.html

3) Robert Koch Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr.25, 2007 http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2007/.../25_07.pdf

4) Hepatitis C Pathophysiologie http://www.de.wikipedia.org/wiki/Hepatitis

5) Kojda G. Was gibt es Neues auf dem Arzneimittelmarkt 2011? Teil 4: Hepatitis C- Fortbildungstelegramm Pharmazie 2012;6(2):96-108 http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Fortbildungsartikek.html

6) Online Empfehlung der DGVS zur Therapie der chronischen Hepatitis C vom 16.9.2014 http://www.dgvs.de/fileadmin/user_upload/Leitlinien/Therapie_der_chronischen_Hepatitis_C/MC_LL_2014_Hepatitis_C.pdf

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8) EMA, public assessment report Olysio®, 20.3.2014 http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/medicines/002777/human_med_001766.jsp&mid=WC0b01ac058001d124

Tino Seidemann

Herr Tino Seidemann, geboren am 17.08.1989 in Lutherstadt-Wittenberg, Schulbesuch Gymnasium Petrinum in Dorsten von 2000 bis 2009, Abitur 2009 in Dorsten, Grundwehrdienst von 2009 bis 2010 beim Nach-schubbataillon 462 in Diez an der Lahn, seit 2010 Studium der Pharmazie an der Heinrich-Heine Universität Düssel-dorf, gewähltes Mitglied des Fachschaftsrats Pharmazie und Vorstandsmitglied der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG, regionale Gruppe) von 2013-2014.

Dr. Friedrich Lange

Herr Dr. Friedrich Lange, geboren am 11.04.1949 in Essen, Abitur 1970 in Essen, Chemiestudium ab 1972 an der Westfälischen Wilhelms Universität Münster, Diplomprü-fung 1978 in Münster, Promotion im Fachbereich Chemie 1981 an der GHS/ Universität Essen, von 1981 bis 2011 verschiedene Tätigkeiten bei Fa. Henkel im In- und Aus-land, seit 2011 Studium der Pharmazie an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf

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9) EMA, public assessment report Daklinza®, 15.9.2014 http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/medicines/003768/human_med_001792.jsp&mid=WC0b01ac058001d124

10) Strukturformel des NS5B- Polymerase- Inhibitors Sofosbuvir http://de.wikipedia.org/wiki/Sofosbuvir

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12) Fachinformation Sovaldi®, Stand September 2014 http://www.fachinfo.de/

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16) Fachinformation Daklinza®, Stand September 2014 http://www.fachinfo.de/

17) ABDA-Datenbank, Interaktionen Simeprevir (kostenpflichtig) http://www.pharmazie.com

18) ABDA-Datenbank, Interaktionen Sofosbuvir (kostenpflichtig) http://www.pharmazie.com

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Impressum: http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/impressum.html