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Untertagebau Das Revier der K+S Grubenwehr ist so groß wie München Mikrometer Präzision in der Produktion von Beatmungsgeräten Heiße Perlen Wie sie vor Gas warnen Drägerheft 384 Das Magazin für die Sicherheitstechnik Februar 2010 Zuverlässiges Messen schützt vor ihren Folgen Neue Drogen sieht man nicht

DrägerheftDrägerheft 384 | februar 2010 Erfahrung 4 Menschen, die bewegen Sie arbeitet seit 27 Jahren in New Yorker Notaufnahmen, er seit 28 Jahren unter tage in australien nachricht

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Untertagebau Das Revier der K+S Grubenwehr

ist so groß wie München

Mikrometer Präzision in der Produktion

von Beatmungsgeräten

Heiße Perlen Wie sie vor Gas warnen

Drägerheft 384

Das Magazin für die Sicherheitstechnik Februar 2010

Zuverlässiges Messen schützt vor ihren Folgen

Neue Drogen sieht man nicht

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Drägerheft 384 | februar 2010

Erfahrung 4 Menschen, die bewegen Sie arbeitet

seit 27 Jahren in New Yorker Notaufnahmen, er seit 28 Jahren unter tage in australien

nachrichtEn 6 neues aus der Dräger-Welt thC-test

noch empfindlicher. tochtergesellschaft in finnland. re-akkreditierung des test-Centers, und Dräger kauft 25-prozentigen Siemens-anteil an der Dräger Medical ag & Co. Kg zurück

fokus 8 neue Drogen – neue strategien

bekannte Drogen wie alkohol und Cannabis erhalten kräftig Zuwachs. Doch auch ritalin & Co. beeinträchtigen die Sicher-heit. Präzise Messungen und Systeme schützen auch vor diesen neuen gefahren

rund 66.000 m3 frischluft werden je Minute in das grubensystem des Werkes

Werra der k+s kaLi gmbh geleitet. so können auch Dieselfahrzeuge unter tage eingesetzt werden – mehr ab seite 16.

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Ein sicheres

Gespür für Gefahr -für über eine Million Menschen

weltweit.

Wenn Gefahr in der Luft liegt, kann daraus schnell ein hohes Risiko entstehen – für Sie, Ihre Mitarbeiter, Ihren Betrieb unddie Umwelt. Innovative Dräger-Sensoren erkennen die Bedrohung, bevor es zu spät ist. Selbst unter extremenArbeitsbedingungen detektieren sie zuverlässig und genau eine weite Bandbreite an unterschiedlichsten Gasen undDämpfen. Dabei sind die Sensoren besonders langlebig: Sie können sich bis zu fünf Jahre lang sicher darauf verlassen.

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Sicherheit beginnt mit einem DrägerSensor®

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3Drägerheft 384 | februar 2010

Inhalt

Erfahrung 4 Menschen, die bewegen Sie arbeitet

seit 27 Jahren in New Yorker Notaufnahmen, er seit 28 Jahren unter tage in australien

nachrIchtEn 6 neues aus der Dräger-Welt thC-test

noch empfindlicher. tochtergesellschaft in finnland. re-akkreditierung des test-Centers, und Dräger kauft 25-prozentigen Siemens-anteil an der Dräger Medical ag & Co. Kg zurück

fokus 8 neue Drogen – neue strategien

bekannte Drogen wie alkohol und Cannabis erhalten kräftig Zuwachs. Doch auch ritalin & Co. beeinträchtigen die Sicher-heit. Präzise Messungen und Systeme schützen auch vor diesen neuen gefahren

rEport 14 gefährlicher cocktail Die Messung

von Leitsubstanzen schafft einen ersten Überblick darüber, was in unbekann ten brandgasen enthalten sein kann

16 schutz für die stadt unter tage So groß wie München mit umland ist das einsatz gebiet der grubenwehr im Werk Werra der K+S KaLI gmbh – ein Ortstermin in 1.000 Meter tiefe

h IntErgrunD 20 gasalarm durch heiße perlen

Wie funktioniert die Detektion brennbarer flüssigkeiten? teil 2 der Serie erklärt die Details

schultErblIck 24 präzision im Mikrometerbereich ist

erforderlich, um langlebige und zuverlässige beamtungsgeräte herzustellen

ausblIck 28 forschung für die Zukunft der

feuerwehr antworten auf die herausforderungen der näheren Zukunft

sErvIcE 31 Wo und wer? Dräger in aller Welt,

Impressum

EInblIck 32 Mobiles gaswarngerät

X-zone 5000 ist weder zu überhören, noch zu übersehen

rund 66.000 m3 frischluft werden je Minute in das grubensystem des Werkes

Werra der k+s kalI gmbh geleitet. so können auch Dieselfahrzeuge unter tage eingesetzt werden – mehr ab seite 16.

16 förDErn 28 forschEn8 frEIpustEn

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4 Drägerheft 384 | februar 2010

ErfahrungEn Menschen, Die bewegen

Peter hatswell, Sicherheits- und rettungsspezialist für Bergbau, Blue Mountains / australien

„Unter Tage lautet das oberste Gebot wachsam zu sein – es kommt darauf an, den richtigen Instinkt für Gefahren zu entwickeln! Man muss seine Umgebung aufmerksam beobachten. Sind die Luft und der Untergrund wie sonst? Klingt ein Geräusch, das ich seit Jah-ren kenne, heute ein wenig anders? Es gibt hervorragende Sicher-heitstechnik, fast perfekte (Früh-)Warnsysteme in unseren Berg-werken. Aber das wichtigste ist die Einstellung der Menschen. Seit 28 Jahren arbeite ich unter der Erde.

Hunderte Bergleute habe ich in Rettungstechniken im Bergbau geschult, überall in Australien. Oft kenne ich diejenigen, die auf Hilfe warten oder gar auf Rettung. So war es 2006 in Beaconsfield / Tas-manien. Ein Teil der Goldmine stürzte ein. Zwei Bergleute waren ein-geschlossen, tausend Meter unter der Erde. Einen von ihnen kannte ich persönlich – nicht nur ihn, ich kannte seine ganze Familie. Bevor

Susan Schwartz, leitende anästhesieschwester, new York City / uSa„nach 27 Jahren in new Yorker notaufnahmen und Krankenhäusern haut einen nichts mehr um, glaube ich – aber eines doch: ich hatte nie geahnt, wie gut ich mit Kindern klarkomme! Vor etwa vier Jahren luden mich freunde ein, bei ihrem hilfsprojekt in Lateinamerika mitzu-helfen. Dort, in honduras, operieren wir Lippen-Kiefer-gaumenspalten. es gibt große armut, viele Kinder und zu wenig ärzte. also reisen wir jedes Jahr dorthin und operieren, so viel wir können. ganze familien kommen aus entfernten Dörfern zu fuß und campieren im freien. sie bringen ihre Kinder, wir helfen ihnen. und dabei merkte ich: Die Kin-der und ich, wir passen zusammen. es ist sehr erfüllend, wenn man so etwas tun kann. ich habe meinen Master of science in anästhesie an

der columbia university hier in new York gemacht. Mit Dräger bin ich aufgewachsen. in langjähriger Praxis haben mich sämtliche geräte- generationen begleitet und nie im stich gelassen. sie tun ihren Job hier in new York genauso wie in den ärmsten gegenden.

eigentlich mache ich nicht gerne wind um das, was wir tun – ich bekomme selbst so viel zurück von den Kindern. ich hoffe, dass ich noch in andere Länder reisen kann, um unsere arbeit zu tun. und dass viele Menschen erleben, was für eine großartige erfahrung es ist, etwas von dem zu teilen, was man hat – und sei es Zeit, die man damit verbringt, jemandem in seiner nähe zu helfen. Man tut einfach, was man kann.“

Was uns bewegt – Dräger weltweit

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Drägerheft 384 | februar 2010

Peter Hatswell, Sicherheits- und Rettungsspezialist für Bergbau, Blue Mountains / Australien

„Unter Tage lautet das oberste Gebot wachsam zu sein – es kommt darauf an, den richtigen Instinkt für Gefahren zu entwickeln! Man muss seine Umgebung aufmerksam beobachten. Sind die Luft und der Untergrund wie sonst? Klingt ein Geräusch, das ich seit Jah-ren kenne, heute ein wenig anders? Es gibt hervorragende Sicher-heitstechnik, fast perfekte (Früh-)Warnsysteme in unseren Berg-werken. Aber das wichtigste ist die Einstellung der Menschen. Seit 28 Jahren arbeite ich unter der Erde.

Hunderte Bergleute habe ich in Rettungstechniken im Bergbau geschult, überall in Australien. Oft kenne ich diejenigen, die auf Hilfe warten oder gar auf Rettung. So war es 2006 in Beaconsfield / Tas-manien. Ein Teil der Goldmine stürzte ein. Zwei Bergleute waren ein-geschlossen, tausend Meter unter der Erde. Einen von ihnen kannte ich persönlich – nicht nur ihn, ich kannte seine ganze Familie. Bevor

es uns nach zwei Wochen gelang, beide herauszuholen, konnten wir bereits mit ihnen sprechen. ,Ich werde erst dann zufrieden sein, wenn ihr auf dem Weg ins Krankenhaus seid‘, rief ich. Obwohl es merkwür-dig ist, jemanden ins Krankenhaus zu wünschen, so war es! Ich wer-de nie vergessen, wie erleichtert wir waren, als wir sie herausgeholt hatten. Jahrzehnte der Erfahrung hatten sich bewährt.

Schon mein Vater war Feuerwehrchef in unserem Städtchen nahe Sydney. Heute bin ich der Captain und sorge für Sicherheit, daheim und in der Mine draußen in der Wüste. Wir müssen Gase detektieren – vor allem aber eines, unter Tage noch mehr als oben: atmen. Dabei müssen wir uns auf unsere Atemschutzausrüstung verlassen können. Deshalb qualifiziere ich mich jährlich in der War-tung der Geräte. Was ich am meisten an der Dräger-Technik schät-ze? Die Verlässlichkeit. Aber das wird Ihnen wohl jeder sagen.“

Susan Schwartz, leitende Anästhesieschwester, New York City / USAder Columbia university hier in New York gemacht. Mit Dräger bin ich aufgewachsen. In langjähriger Praxis haben mich sämtliche geräte- generationen begleitet und nie im Stich gelassen. Sie tun ihren Job hier in New York genauso wie in den ärmsten gegenden.

eigentlich mache ich nicht gerne Wind um das, was wir tun – ich bekomme selbst so viel zurück von den Kindern. Ich hoffe, dass ich noch in andere Länder reisen kann, um unsere arbeit zu tun. und dass viele Menschen erleben, was für eine großartige erfahrung es ist, etwas von dem zu teilen, was man hat – und sei es Zeit, die man damit verbringt, jemandem in seiner Nähe zu helfen. Man tut einfach, was man kann.“

Was uns bewegt – Dräger weltweit

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6 Drägerheft 384 | februar 2010

NachrichteN

Drägerheft 384 | februar 2010

tochtergesellschaft in FinnlandSeit Oktober 2009 ist Dräger auch in finnland (hel- sinki) mit einer tochtergesellschaft ver treten. Zuvor hatte über ein halbes Jahrhundert das handelshaus Liitin Oy erfolgreich und mit großem engagement die Interessen der Lübecker wahrgenommen. Nun laufen alle geschäfts aktivitäten über die neu ge- gründete Dräger Suomi Oy. alle angestellten, der Kundenstamm und das Lager wurden übernom- men. „Damit stärken wir weiter unser Skandinavien-geschäft, das wir in den übrigen Ländern bereits mit eigenen tochtergesellschaften wahrgenommen haben“, sagt Marko Wittich, Vice President bei Dräger im unternehmensbereich Sicherheitstechnik.

Die finnischen Mitarbeiter haben nun direkten Zu- gang zu den fortbildungsmaßnahmen des Konzerns und wollen ihren hohen Marktanteil im bereich der feuerwehren weiter ausbauen sowie neue Potenziale erschließen: „Vor allem über die bereiche Service und after Sales rechnen wir mit weiterem Wachstum“, sagt Wittich, der den landesweiten Service in diesem dünn- besiedelten Land als starkes Plus sieht. für den un-ternehmensbereich Medizintechnik von Dräger zeichnen in finnland derzeit die schwedische tochtergesell-schaft und ein finnischer fachhändler verantwort lich.

Marko Wittich und Johan Kinnula, Dräger Suomi Oy

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Dräger kauft Siemens- anteile zurückende 2009 hat Dräger bekannt gegeben, den bislang von der Siemens ag in München gehaltenen 25-prozentigen anteil seiner Dräger Medical ag & Co. Kg wieder zu übernehmen. „Die Übernahme der anteile stärkt schon 2010 die ertragskraft des gesamtunternehmens, verringert die Komplexität, und ermöglicht es, die Verbund-vorteile eines integrierten technologiekonzern zu nutzen“, begründete Stefan Dräger, Vorstandsvorsitzender der Drägerwerk Verwaltungs ag, diesen Schritt.

für die Kunden, so betonte Dräger in einer gemeinsamen erklärung, ändere sich nichts: „Die Mitarbeiter beider unternehmen stehen nach wie vor als kompetente gesprächspartner zur Verfügung.“ Dräger und Siemens werden demnach auch in den kommenden Jahren weiter erheblich in Produktinnovationen investieren und auch zukünftig gemeinschaftliche Lösungen entwickeln und anbieten. „bereits heute“, sagte Stefan Dräger, „setzen wir gemeinsam mit Siemens in den verschiedensten bereichen Projekte erfolgreich um, die technologische Lösungen beider unternehmen verknüpfen und damit zusätzlichen Kundennutzen schaffen.“ So ergänzten sich beispielsweise Diagnose- und therapie-angebote beider unternehmen. aber auch in der Sicherheits-technik sieht Stefan Dräger ein beachtliches Potenzial für gemeinsame Projekte.

Die mittelfristige Investitionsplanung sei von der Übernahme der anteile nicht betrof-fen: „Sowohl unsere Investitionen als auch unseren forschungs- und entwicklungs-aufwand werden wir wie geplant umsetzen“, erklärte Dräger. Das turnaround-Programm werde wesentlich dazu beitragen, die gewinnschwelle des unternehmens zu senken und zugleich Mittel für Zukunftsinvestitionen freizusetzen. Der transaktion müssen noch die Kartellbehörden zustimmen.

Stärkt schon 2010 die ertragskraft: rückkauf der anteile von Dräger Medical

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akkreditierung gibt Kunden SicherheitDräger betreibt ein eigenes testCenter (siehe auch Drägerheft 381.1; S. 28 ff.), das seit fünf Jahren ein „akkreditiertes Labor“ ist. Diese akkreditierung bestätigt im auftrag des Deutschen akkreditierungs-rats, dass sämtliche Prüfungen und Dokumentatio- nen in den sieben Prüfgebieten nach dem Stand der technik von entsprechend kompetentem Personal durchgeführt werden. „ende 2009 erhielten wir die neue urkunde, die uns dieses nach umfangreicher externer auditierung erneut für weitere fünf Jahre be stätigt“, sagt Dr. Manfred reh, stellvertreten- der Leiter des testCenters.

Die akkreditierung ist weltweit gültig und gibt allen Kunden die Sicherheit, dass von Dräger entwickelte und gefertigte Produkte nach dem anerkannten Stand der technik geprüft werden. „besonders hinsichtlich der beurteilung von kritischen Inhaltsstoffen (biokom-patibilität) ist das schon eine herausforderung“, wie Dr. reh ergänzt. Die regelmäßig alle fünf Jahre stattfindende „große auditierung“, bei der sich dieses Mal sieben fach-auditoren in Lübeck umsahen, bedeutet einen gewissen aufwand. „Der aber lohnt sich“, sagt Dr. reh, „denn diese akkreditierung bietet weltweite akzeptanz.“

Geprüfte Qualität sichert das Dräger-testcenter

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Drägerheft 384 | februar 2010 7Drägerheft 384 | februar 2010

THC-Test noch empfindlicher, noch schnellereine neue antikörper-technologie macht es möglich: Das testkit für den Dräger Drugtest 5000 hat jetzt eine Nachweisempfindlichkeit von fünf Nanogramm thC je Milliliter Speichel. „Das ist ein signifikanter fortschritt gegenüber der vorherigen ‚Cut-off-grenze‘ von 25 Nanogramm/Milliliter“, erläutert Dr. Stefan Steinmeyer, Drogen-test-experte bei Dräger. Mehr noch: Die testzeit sank von bislang zwölf auf etwa acht Minuten. In dieser Zeit weist der test den Marihuana-Wirkstoff ‚thC’ noch in einer größenordnung nach, die etwa einem in einer Million Liter Wasser aufgelösten Zuckerwürfel entspricht. bei feldversuchen hat sich gezeigt, dass damit gegenüber dem vorherigen test die rate der „erwischten“ fast um den faktor 3 steigt. „Das wird die Sicherheit im Straßenverkehr, aber auch am arbeitsplatz erhöhen“, ist sich Dr. Steinmeyer sicher. auch das Kriminologische Institut belgiens hat die höhere thC-Nachweisempfindlichkeit in einer Studie* bestätigt. belgien plant in diesem Jahr eine gesetzesinitiative, um blutproben durch Speichelproben zu ersetzen.

auch in Spanien wird an einer ähnlichen regelung gearbeitet, wie sie der hoch-empfindliche und zugleich im alltag feldtaugliche test möglich macht. Denn was im Labor gelingt, hat sich zum einen in einem kompletten System zu bewähren, zum anderen in der Serienproduktion und vor allem im harten einsatz. Das ist bei diesem neuen testkit der fall. eingeführt wurde es übrigens gänzlich unspektakulär, denn trotz der signifikanten Verbesserungen blieben artikelnummer und Preis gleich. Da die derzeitige empfindlichkeitsgrenze kaum Wünsche der Praxis offen lässt, arbeiten nun die entwickler an einer weiteren beschleunigung des Verfahrens.* S.M.r. Wille, et al., evaluation of on-site oral fluid screening using Drugwipe-5+, rapidStat and Drugtest 5000 for the detection of drugs of abuse in drivers, forensic Sci. Int., 2009

THC-Messung mit Speed: verlässliche Ergebnisse schon nach gut acht Minuten

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Dräger kauft Siemens- Anteile zurückende 2009 hat Dräger bekannt gegeben, den bislang von der Siemens ag in München gehaltenen 25-prozentigen anteil seiner Dräger Medical ag & Co. Kg wieder zu übernehmen. „Die Übernahme der anteile stärkt schon 2010 die ertragskraft des gesamtunternehmens, verringert die Komplexität, und ermöglicht es, die Verbund-vorteile eines integrierten technologiekonzern zu nutzen“, begründete Stefan Dräger, Vorstandsvorsitzender der Drägerwerk Verwaltungs ag, diesen Schritt.

für die Kunden, so betonte Dräger in einer gemeinsamen erklärung, ändere sich nichts: „Die Mitarbeiter beider unternehmen stehen nach wie vor als kompetente gesprächspartner zur Verfügung.“ Dräger und Siemens werden demnach auch in den kommenden Jahren weiter erheblich in Produktinnovationen investieren und auch zukünftig gemeinschaftliche Lösungen entwickeln und anbieten. „bereits heute“, sagte Stefan Dräger, „setzen wir gemeinsam mit Siemens in den verschiedensten bereichen Projekte erfolgreich um, die technologische Lösungen beider unternehmen verknüpfen und damit zusätzlichen Kundennutzen schaffen.“ So ergänzten sich beispielsweise Diagnose- und therapie-angebote beider unternehmen. aber auch in der Sicherheits-technik sieht Stefan Dräger ein beachtliches Potenzial für gemeinsame Projekte.

Die mittelfristige Investitionsplanung sei von der Übernahme der anteile nicht betrof-fen: „Sowohl unsere Investitionen als auch unseren forschungs- und entwicklungs-aufwand werden wir wie geplant umsetzen“, erklärte Dräger. Das turnaround-Programm werde wesentlich dazu beitragen, die gewinnschwelle des unternehmens zu senken und zugleich Mittel für Zukunftsinvestitionen freizusetzen. Der transaktion müssen noch die Kartellbehörden zustimmen.

Stärkt schon 2010 die Ertragskraft: Rückkauf der Anteile von Dräger Medical

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Akkreditierung gibt Kunden SicherheitDräger betreibt ein eigenes testCenter (siehe auch Drägerheft 381.1; S. 28 ff.), das seit fünf Jahren ein „akkreditiertes Labor“ ist. Diese akkreditierung bestätigt im auftrag des Deutschen akkreditierungs-rats, dass sämtliche Prüfungen und Dokumentatio- nen in den sieben Prüfgebieten nach dem Stand der technik von entsprechend kompetentem Personal durchgeführt werden. „ende 2009 erhielten wir die neue urkunde, die uns dieses nach umfangreicher externer auditierung erneut für weitere fünf Jahre be stätigt“, sagt Dr. Manfred reh, stellvertreten- der Leiter des testCenters.

Die akkreditierung ist weltweit gültig und gibt allen Kunden die Sicherheit, dass von Dräger entwickelte und gefertigte Produkte nach dem anerkannten Stand der technik geprüft werden. „besonders hinsichtlich der beurteilung von kritischen Inhaltsstoffen (biokom-patibilität) ist das schon eine herausforderung“, wie Dr. reh ergänzt. Die regelmäßig alle fünf Jahre stattfindende „große auditierung“, bei der sich dieses Mal sieben fach-auditoren in Lübeck umsahen, bedeutet einen gewissen aufwand. „Der aber lohnt sich“, sagt Dr. reh, „denn diese akkreditierung bietet weltweite akzeptanz.“

Geprüfte Qualität sichert das Dräger-TestCenter

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Neue Drogen – neue Strategienfür manche Menschen gehören Drogen zum alltag. Vielfach gefährden sie die Sicherheit vieler Menschen. Dass miSSbräuchlich verweNDete meDikameNte derzeit weltweit eine steile Karriere als „Droge“ im klassischen Sinn erleben, macht ihren Nachweis nicht einfacher – doch an Lösungen wird gearbeitet.

Die DrogeNkarriere eines Geldscheins lässt sich leicht nachvoll-ziehen, man muss nur genau genug hinschauen. „An nahezu allen Bankno-ten, die eine Weile im Verkehr sind, klebt Kokain“, sagt Hans -Jürgen Maurer vom saarländischen Landesinstitut für prä-ventives Handeln. Es genügt schon, dass ein sauberer Schein mal kurz in einer Supermarktkasse neben einem ande-ren lag, durch den das Pulver eingesogen wurde. Zwar haftet ihm dann zu wenig Staub an, um sich damit in einen Rausch zu versetzen, aber genug, um den moder-nen Methoden der Drogenfahnder nicht zu entgehen.

Das Beispiel zeigt, wie weit Drogen heute in unseren Alltag vorgedrungen sind, jenseits von Alkohol und Zigaret-ten oder gar – den per Mediziner-Defi-nition „Alltagsdrogen“ – Kaffee und Tee. Der Genuss von bewusstseinsverändern-den Substanzen ist seit Jahrtausenden mit der Menschheitsgeschichte verwo-ben. Die ältesten Schriftdokumente, die davon zeugen, sind 8.000 Jahre alt. Und laut Bibel war es Noah, der das Weinkel-tern erfand.

Jede gesellschaft hat ihre Droge

Laut Weltdrogenbericht 2009 des Uni-ted Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) wird Alkohol nahezu gleich-mäßig überall auf der Welt konsumiert, während in Nord- und Südamerika koka-inartige Substanzen dominieren. Über-wiegend Cannabis-Produkte werden in Afrika und dem südpazifischen Raum konsumiert. Und Opiate berauschen die restliche Welt dort, wo nicht gera-

de Amphetamine die Oberhand haben, wie etwa in Japan oder Schweden. Zwi-schen 172 und 250 Millionen Menschen nahmen im vergangenen Jahr Drogen, schätzt das UNODC. Zwischen 18 und 38 Millionen werden durch den Konsum gar zum Problemfall. Da ist der Alkohol noch gar nicht eingerechnet, der allein für 85 Prozent aller Drogenprobleme verant-wortlich ist.

Drogen haben Folgen

Auch wenn es weltweit unterschiedliche Ansichten über die Grenze zwischen lega-len und illegalen Drogen gibt, so sind sich doch alle Kulturen der zerstörerischen Folgen bewusst, die der Konsum nicht nur für den Einzelnen hat. Im Straßen-verkehr und in der Arbeitswelt bringen Alkohol und Co. auch Kollegen in Gefahr. Was den Alkohol betrifft, haben etwa drei Viertel der Arbeitnehmer einen so genannten risikoarmen Konsum, sagt die Statistik der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Zwei bis drei Prozent von ihnen seien abhängig, und jeder Zehn-te pflegt einen riskanten Konsum, bei dem ein Abrutschen in die Abhängigkeit droht. Die Folgekosten, die durch Produk-tivitätsverlust im Betrieb (durch Fehlzei-ten und Fehler) entstehen, summieren sich allein in Deutschland zu Milliar-denbeträgen. Noch problematischer ist die steigende Unfallgefahr. Jedes Unter-nehmen trägt auch Verantwortung für die Gesundheit seiner Mitarbeiter. Das bedeutet, dass es sie vor den Folgen von Substanzmissbrauch schützen muss. In den meisten Ländern ist es eine Frage der Betriebsvereinbarung, ob, wann und

wie der Arbeitgeber Stichproben machen darf. In manchen Branchenzweigen ist es heute zudem üblich, dass Bewerber bei ihrer Einstellung eine Blutprobe mit abgeben, die an sicherheitsrelevanten Arbeitsplätzen auch auf Substanzmiss-brauch hin untersucht werden darf.

Der deutsche Gesetzgeber hat die Kontrollmöglichkeiten durch medizini-sche Untersuchungen für den Betrieb stark eingegrenzt. Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz stehen dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers gegenüber. Diese „Güterabwägung“ führt zum Vorrang des Grundrechts. Deshalb setzt ein solcher Test das schrift-liche Einverständnis des „Prüflings“ vor-aus. Arbeitsrechtler weisen darauf hin, dass Jobsuchende solche Tests theore-tisch ablehnen dürften. Wie freiwillig die Unterschrift unter die Einverständ-niserklärung ist, wenn der Aspirant fürchten müsste, beim Bewerbungsver-fahren benachteiligt zu werden, ist der-zeit ebenfalls ein viel diskutiertes The-ma zwischen Betriebsjustiziaren und Arbeitsgerichten. Zuletzt gingen einige Großkonzerne sowie öffentlich-rechtli-che Rundfunkanstalten nicht nur durch deutsche Medien, weil sie von Bewer-bern Blutpro ben nahmen.

Ein anderes großes Chemieunterneh-men nimmt seit geraumer Zeit bei jeder Versetzung eines Mitarbeiters in einen Gefahrenbereich Drogenscreenings vor. In sieben Prozent der Fälle fanden sich Drogenpositive. Für den Dräger-Betriebs-arzt Dr. Frank Ensslen ist klar, dass die Resultate solcher Einstellungsuntersu-chungen nicht die Räume des zustän- >

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Drägerheft 384 | februar 2010 9Drägerheft 384 | februar 2010

arbeitswelt Fokus

Neue Drogen – neue strategienfür manche Menschen gehören Drogen zum alltag. Vielfach gefährden sie die sicherheit vieler Menschen. Dass missbräuchlich verweNDete meDikameNte derzeit weltweit eine steile Karriere als „Droge“ im klassischen sinn erleben, macht ihren Nachweis nicht einfacher – doch an lösungen wird gearbeitet.

erst pusten, dann starten: Für manchen Fahrzeugführer, wie hier bei einem lokführer in schweden, ist das eine ganz normale Prozedur zur sicherheit von Gütern und Passagieren.

wie der Arbeitgeber Stichproben machen darf. In manchen Branchenzweigen ist es heute zudem üblich, dass Bewerber bei ihrer Einstellung eine Blutprobe mit abgeben, die an sicherheitsrelevanten Arbeitsplätzen auch auf Substanzmiss-brauch hin untersucht werden darf.

Der deutsche Gesetzgeber hat die Kontrollmöglichkeiten durch medizini-sche Untersuchungen für den Betrieb stark eingegrenzt. Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz stehen dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers gegenüber. Diese „Güterabwägung“ führt zum Vorrang des Grundrechts. Deshalb setzt ein solcher Test das schrift-liche Einverständnis des „Prüflings“ vor-aus. Arbeitsrechtler weisen darauf hin, dass Jobsuchende solche Tests theore-tisch ablehnen dürften. Wie freiwillig die Unterschrift unter die Einverständ-niserklärung ist, wenn der Aspirant fürchten müsste, beim Bewerbungsver-fahren benachteiligt zu werden, ist der-zeit ebenfalls ein viel diskutiertes The-ma zwischen Betriebsjustiziaren und Arbeitsgerichten. Zuletzt gingen einige Großkonzerne sowie öffentlich-rechtli-che Rundfunkanstalten nicht nur durch deutsche Medien, weil sie von Bewer-bern Blutpro ben nahmen.

Ein anderes großes Chemieunterneh-men nimmt seit geraumer Zeit bei jeder Versetzung eines Mitarbeiters in einen Gefahrenbereich Drogenscreenings vor. In sieben Prozent der Fälle fanden sich Drogenpositive. Für den Dräger-Betriebs-arzt Dr. Frank Ensslen ist klar, dass die Resultate solcher Einstellungsuntersu-chungen nicht die Räume des zustän- >

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Fokus arbeitswelt

Drägerheft 384 | februar 2010

digen Mediziners verlassen dürfen. Das verbiete die ärztliche Schweigepflicht. Experten plädieren inzwischen dafür, das Thema dem Feld der Arbeitssicher-heit zuzuschreiben. „Den Abhängigen können wir helfen, wenn wir sie nur erkennen – dann haben wir einen Ansatz-punkt für ein Gespräch“, sagt Ensslen. Das größere Problem seien diejenigen, die morgens mit Restalkohol im Blut zur Arbeit kommen. „Den meisten ist nicht bekannt, wie langsam Alkohol abgebaut wird.“ Und sie setzen sich zu früh wie-der hinters Steuer oder an die Maschi-ne. Eine Kontrolle mit möglichst mini-mal invasiven Methoden wie Atem- oder Speicheltest ist derzeit der beste Schutz. „Ein sicherer Weg könnte sein“, sagt Dr. Stefan Steinmeyer, der bei Dräger zustän-dig ist für die Geschäftsentwicklung der Drogen-Nachweissysteme, „eine Null-Regelung in den Betrieben einzuführen, gepaart mit abgestimmten Kontrollen.“ Mit Alkoholmessgeräten etwa könnten die Sicherheitsbeauftragten die Kolle-gen schnell und zuverlässig überprüfen. Bei einigen gefährlichen Arbeitsplätzen, etwa in Australien, wurden automatische Zugangskontrollen längst etabliert: „Zu denen muss man sich den Weg erst frei-pusten“, sagt Steinmeyer.

Fahren nur nach Alkoholtest

Hierfür hat Dräger mit dem Interlock XT (siehe auch Drägerhefte 376 u. 379)so genannte Alkohol-Interlocks auf den Markt gebracht, die mit der Startelekt-ronik von Fahrzeugen und Maschinen verbunden sind. Nach dem Motto „Erst pusten, dann fahren!“ fordern die in

Fahrzeuge eingebauten Geräte nach Ein-stecken des Zündschlüssels eine Atem-probe des Fahrers, der in ein integrier-tes Atemalkoholmessgerät pusten muss, das innerhalb von Sekunden den Alko-holgehalt bestimmt. Erst wenn sich zeigt, dass der Fahrer nüchtern ist, gibt das Gerät die Zündung des Motors frei. Dabei registriert das Gerät jeden einzel-nen Atemstoß und ist auch in der Lage, Betrugsversuche durch eine Atemprobe aus dem Luftballon oder durch einen langen Schlauch, an dessen Wand der Alkohol kondensieren soll, zu bemerken. Denkbar sind die Interlocks auch an Tür-schleusen in der Lebensmittel industrie oder in Krankenhäusern, an Walzen und Pressen oder als Zugangskontrolle zu Bereichen, in denen ein durch Alkohol „benebelter Geist“ Gefahr für Leib und Leben bedeuten kann.

Vollkommen klar, dass die Systeme in solch sensiblen Bereich absolut zuverläs-sig funktionieren müssen und nicht etwa die Maschine sperren, obwohl der Benut-zer gerade nur einen Apfel gegessen hat. Falschmeldungen darf es nicht geben, auch nicht bei Diabetespatienten, oder Menschen, die gerade fasten: In beiden Fällen gibt der Körper Stoffe ab, welche die Messelektronik nicht mit Alkohol verwech-seln darf. Für die extrem seltene Situation eines Totalausfalls des Systems lassen eini-ge Spediteure einen Notschalter einbauen, der die Sperrelektronik überbrückt.

Vorreiterland schweden

Zwei wesentliche Anwendungen sieht der bei Dräger auf das Geschäftsfeld Alkohol-Interlocks spezialisierte Dr.

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In drei schritten führt der DrugTest 5000 (links) zu zuverläs si gen Mess- ergebnissen – auch unter schwierigen umwelt be din - g un gen. Rechts das Alcotest 7510.

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Fahrzeuge eingebauten Geräte nach Ein-stecken des Zündschlüssels eine Atem-probe des Fahrers, der in ein integrier-tes Atemalkoholmessgerät pusten muss, das innerhalb von Sekunden den Alko-holgehalt bestimmt. Erst wenn sich zeigt, dass der Fahrer nüchtern ist, gibt das Gerät die Zündung des Motors frei. Dabei registriert das Gerät jeden einzel-nen Atemstoß und ist auch in der Lage, Betrugsversuche durch eine Atemprobe aus dem Luftballon oder durch einen langen Schlauch, an dessen Wand der Alkohol kondensieren soll, zu bemerken. Denkbar sind die Interlocks auch an Tür-schleusen in der Lebensmittel industrie oder in Krankenhäusern, an Walzen und Pressen oder als Zugangskontrolle zu Bereichen, in denen ein durch Alkohol „benebelter Geist“ Gefahr für Leib und Leben bedeuten kann.

Vollkommen klar, dass die Systeme in solch sensiblen Bereich absolut zuverläs-sig funktionieren müssen und nicht etwa die Maschine sperren, obwohl der Benut-zer gerade nur einen Apfel gegessen hat. Falschmeldungen darf es nicht geben, auch nicht bei Diabetespatienten, oder Menschen, die gerade fasten: In beiden Fällen gibt der Körper Stoffe ab, welche die Messelektronik nicht mit Alkohol verwech-seln darf. Für die extrem seltene Situation eines Totalausfalls des Systems lassen eini-ge Spediteure einen Notschalter einbauen, der die Sperrelektronik überbrückt.

Vorreiterland Schweden

Zwei wesentliche Anwendungen sieht der bei Dräger auf das Geschäftsfeld Alkohol-Interlocks spezialisierte Dr.

Johannes Lagois derzeit für diese Gerä-te: Erstens im Präventiveinsatz, um alko-holisierte Menschen davon abzuhalten, Fahrzeuge oder Maschinen in Betrieb zu nehmen. In Schweden seien etwa 40.000 Busse, Lkw und Taxen mit Frei-pusteinrichtungen gesichert. „Manche Behörden vergeben inzwischen nur noch Transportaufträge für Schulkinder an Busunternehmen, wenn eine Alkohol-sperre eingebaut ist.“ Kurzzeitig wur-de im schwedischen Parlament sogar diskutiert, Interlocks in jedes Auto ein-zubauen, um die Zahl der Autounfälle unter Alkoholeinfluss endlich zu reduzie-ren. Auch in Österreich verbauen bereits Spediteure solche Geräte in ihren Lkw – verbunden mit harten Regeln: Regist-riert ein Gerät, dass der Fahrer versucht, alkoholisiert zu fahren oder einen Trick anzuwenden, meldet es die Verfehlung an den Spediteur, der eine Verwarnung austeilt. Beim zweiten Verstoß droht die fristlose Kündigung.

Als zweiten großen Anwendungsbe-reich für Alkohol-Interlocks hat Lagois Programme für Trunkenheitsfahrer ausgemacht. „In den USA haben etwa 180.000 Fahrer die Auflage, zumindest vorübergehend solch ein Gerät zu benut-zen.“ Seiner Meinung nach könnten die Systeme auch dazu beitragen, das von der Europäischen Union gesteckte Ziel zu erfüllen, bis zum Jahr 2010 die Zahl der Verkehrstoten von 50.000 im Jahr 2001 auf 25.000 zu halbieren. Im Vorrei-terland Schweden seien bereits mehrere hundert Privat-Pkw mit Interlocks ausge-stattet, die Niederlande bereiten einen entsprechenden Pilotversuch vor. „In

Deutschland ist man noch skeptisch. Hier hat sich die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) etabliert, um die Fahreignung nach Trunkenheitsdelikten zu bewerten“, sagt Lagois. In Deutsch-land sei die Gesetzeslage für solche Weg-fahrsperren noch nicht geklärt.

Protokoll inklusive

Doch nach einer MPU weiß man nie genau, ob das Problem wirklich gelöst ist. „Bei einem Drittel kann man sich ziem-lich sicher sein, dass es nicht wieder alko-holisiert Auto fährt“, sagt Lagois. „Bei einem weiteren Drittel wird schnell klar, dass es rückfällig wird. Beim Rest bleibt diffus, ob er die Gutachter nicht doch nur von seiner Läuterung überzeugen konnte.“ Mit den Interlocks kann man einfach überprüfen, wie sich der Klient verhält und gegebenenfalls Konsequen-zen ziehen – auch in Deutschland sollen im kommenden Jahr Pilotversuche star-ten. Dräger bietet etwa in den USA neben Alkoholmessgerät und angeschlossener Startkontrolle für die Fahrzeuge auch ein „Protokoll“ über das Verhalten des Men-schen an, der unter Beobachtung steht.

Alle zwei Monate müssen die ver-pflichteten Fahrer eine Servicestation anlaufen und die Daten auslesen lassen, die dann über gesicherte Leitungen zu einem geschützten Server geschickt und analysiert werden. Das System ist in der Lage, automatisch Berichte zu generie-ren und an die zuständige Behörde zu übermitteln. Denkbar wäre sogar, die Daten in Echtzeit per Mobilfunk an die zentralen Server zu übermitteln, sagt Lagois. Doch dazu müsse zunächst ein

Höhere Präzision bei den Messgeräten bietet zuverlässigen Extra-Nutzen

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rechtlicher Rahmen existieren. Viel tech-nischen Spielraum bei der Kontrolle des Atemalkoholgehalts sieht der Experte indes nicht mehr. In zehn Jahren, so schätzt Lagois, könnten aber vielleicht Interlocksysteme auf den Markt gelan-gen, die auch auf andere Drogen tes-ten. „Alkohol im Atem kann schon seit mehr als 60 Jahren gemessen werden. Methoden, um Amphetamine, Opiate oder Cannabinoide in Minutenschnelle im Speichel aufzuspüren, wurden erst in den vergangenen Jahren entwickelt. Doch gerade einen solchen Test auf Dro-gen, der genauso schnell und zuverläs-sig funktioniert wie der auf Alkohol, den wünscht sich auch die Polizei, sagt Hans-Jürgen Maurer, der als Hauptkommissar bei der saarländischen Polizei im Landes-institut für präventives Handeln arbeitet und als einer der Pioniere der Drogener-kennung im Straßenverkehr gilt.

Antikörper spüren Drogen auf

„Der DrugTest 5000 erkennt den größ-ten Teil der bekannten illegalen Drogen“, erklärt Dr. Stefan Steinmeyer, „auch unbekannte, denn er erkennt Familien-ähnlichkeiten zwischen den Substanzen und nicht jeden einzelnen Stoff.“ Anders als bei der Alkoholmessung im Atem mit einem elektrochemischen Sensor, spüren bei sogenannten immunologischen Dro-gentests Antikörper die verbotenen Subs-tanzen auf und machen sie anschließend über eine Farbreaktion sichtbar. Das Tes-ten auf immunologischer Basis hat sei-nen Ursprung in den USA, wo Immuno-Assays zur Drogendetektion bereits seit Ende der 1980er Jahre in großem Umfang

bei Einstellungsuntersuchungen oder zur Überwachung der Drogenfreiheit am Arbeitsplatz eingesetzt werden. Der Immuno-Assay braucht etwas länger als der Messfühler für Alkohol, der außerdem auch noch quantitative Angaben macht. Die Antikörper des Speicheltests erken-nen dagegen die chemische Grundstruk-tur der Drogen und identifizieren daher auch chemische Verwandte der eigentli-chen Zielmoleküle – „Kreuzempfindlich-keit“ nennen das die Experten.

Quantifizieren lässt sich die Menge auf diesem Wege allerdings kaum, ab einem definierten Schwellenwert wird lediglich das Vorhandensein einer Dro-ge angezeigt. Wer es genauer wissen will, muss daher die Probe ins Labor geben und sie durch einen Gas- oder Flüs-sig-Chromatografen schicken, der alle Inhaltsstoffe voneinander trennt. Diese identifiziert daraufhin ein nachgeschal-tetes Massenspektrometer anhand ihres molekularen Gewichts. Derartige Analy-sen bietet Dräger als Dienstleistung für Behörden und Entzugskliniken an. Auch Reedereien nutzen diese Möglichkeit. Sogar Medikamente, die zur Klasse der Beruhigungsmittel gehören, spürt der DrugTest 5000 auf (siehe auch Dräger-heft 381; Seite 8 ff.). Wie Alkohol bergen die Benzodiazepine ein großes Abhängig-keitspotenzial und stellen im Verkehr und am Arbeitsplatz eine Gefahr dar, weil sie die Wahrnehmung beeinflussen und die Reaktion herabsetzen.

Doping: Welle neuer Drogen

Experten sehen bereits eine Welle neu-er Drogen auf die Arbeitswelt zukom-

men: Laut einer Studie der Kranken-kasse DAK greifen allein in Deutschland zwei Millionen Menschen manchmal und rund 800.000 regelmäßig zu Pil-len und Arzneien, um ihre Leistungen am Arbeitsplatz zu erhöhen. Unter die-sen Dopingmitteln befinden sich häufig Medikamente, die für depressive, demen-te oder hyperaktive Menschen gedacht sind. Solche Mittel und darunter gera-de Psychopharmaka, spielen vor allem im medizinischen Umfeld eine große Rolle, weil sie dort leichter zugänglich sind. Beispiel Deutschland: Dort sind in den gesetzlichen Krankenversicherun-gen etwa 1,4 Millionen Menschen versi-chert, die abhängig sind von ärztlich ver-ordneten Medikamenten.

Mit dem Pinsel auf Spurensuche

Nach einem Urteil des Hamburger Arbeitsgerichts aus dem Jahr 2006 könn-te es auch am Arbeitsplatz bald häufi-ger verdachtsfreie Drogentests geben. Es hatte einem Unternehmen Recht gegeben, das seine im Containerum-schlag arbeitenden Angestellten gemäß Betriebsvereinbarung stichprobenartig Drogentests unterzog. Das Persönlich-keitsrecht des Klägers sei zwar betrof-fen, konstatierte das Gericht, aber nicht verletzt. Der Eingriff in das Persön-lichkeitsrecht durch die Drogenkont-rolle sei verhältnismäßig und daher erlaubt, weil die Tätigkeit des Klägers mit erheblichen Gefahren verbunden sei. Nach Ansicht des Gerichts diente der Test nicht der Feststellung der Dro-genabhängigkeit, sondern der aktuellen Arbeitsfähigkeit.

An einem etwas weniger gefährlichen Arbeitsplatz plant Drogen-Experte Mau-rer in Kürze ein Pilotprojekt an einer Bildungseinrichtung des Saarlandes. Mit einem Probennehmer wird er die Türklinken der Einrichtung abwischen und diesen dann in einer Lösung auswa-schen. Dieses Gemisch kommt an Stel-le der Speichelprobe in den Drogentest. „Wir wollen erst mal wissen, ob Substan-zen vorhanden sind, dann können wir uns auch Gegenmaßnahmen überle-gen.“ Es ist ihm ein Anliegen, dass man dabei „nicht auf die Jagd geht“, um Ein-zelne zu belasten. Er sieht die Arbeitge-ber in der Verantwortung gegenüber sei-nen Angestellten, die gegebenenfalls mit entsprechenden Aufklärungsprogram-men gegensteuern sollten.

Noch weiß Maurer nicht, was ihn an den Türklinken der Bildungseinrich-tung erwartet. Vielleicht findet er Koka-in, wie andere Forscher vor zweiein-halb Jahren in der Umgebungsluft der Universität La Sapienza in Rom. Dann kann er aber immer noch nicht sicher sein, ob die Droge direkt von der Hand eines Konsumenten an den Türöffner kam, oder den Umweg über einen Geld-schein nahm. Vielleicht kann er es aus den Mengen folgern. Immerhin werden hinterher die Klinken und andere Ober-flächen sehr sauber sein. Das täte viel-leicht auch mal den Banknoten gut. Da bekäme der Begriff „Geldwäsche“ eine neue Bedeutung. Hanno Charisius

Zwei Millionen Menschen in Deutschland nutzen Arzneien missbräuchlich

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Weiter im Internet, dort unter anderem: Substanzmissbrauch und Diagnostik

www.draeger.com/384/diagnostik

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Drägerheft 384 | februar 2010 13Drägerheft 384 | februar 2010

arbeitswelt Fokus

men: Laut einer Studie der Kranken-kasse DAK greifen allein in Deutschland zwei Millionen Menschen manchmal und rund 800.000 regelmäßig zu Pil-len und Arzneien, um ihre Leistungen am Arbeitsplatz zu erhöhen. Unter die-sen Dopingmitteln befinden sich häufig Medikamente, die für depressive, demen-te oder hyperaktive Menschen gedacht sind. Solche Mittel und darunter gera-de Psychopharmaka, spielen vor allem im medizinischen Umfeld eine große Rolle, weil sie dort leichter zugänglich sind. Beispiel Deutschland: Dort sind in den gesetzlichen Krankenversicherun-gen etwa 1,4 Millionen Menschen versi-chert, die abhängig sind von ärztlich ver-ordneten Medikamenten.

Mit dem Pinsel auf spurensuche

Nach einem Urteil des Hamburger Arbeitsgerichts aus dem Jahr 2006 könn-te es auch am Arbeitsplatz bald häufi-ger verdachtsfreie Drogentests geben. Es hatte einem Unternehmen Recht gegeben, das seine im Containerum-schlag arbeitenden Angestellten gemäß Betriebsvereinbarung stichprobenartig Drogentests unterzog. Das Persönlich-keitsrecht des Klägers sei zwar betrof-fen, konstatierte das Gericht, aber nicht verletzt. Der Eingriff in das Persön-lichkeitsrecht durch die Drogenkont-rolle sei verhältnismäßig und daher erlaubt, weil die Tätigkeit des Klägers mit erheblichen Gefahren verbunden sei. Nach Ansicht des Gerichts diente der Test nicht der Feststellung der Dro-genabhängigkeit, sondern der aktuellen Arbeitsfähigkeit.

An einem etwas weniger gefährlichen Arbeitsplatz plant Drogen-Experte Mau-rer in Kürze ein Pilotprojekt an einer Bildungseinrichtung des Saarlandes. Mit einem Probennehmer wird er die Türklinken der Einrichtung abwischen und diesen dann in einer Lösung auswa-schen. Dieses Gemisch kommt an Stel-le der Speichelprobe in den Drogentest. „Wir wollen erst mal wissen, ob Substan-zen vorhanden sind, dann können wir uns auch Gegenmaßnahmen überle-gen.“ Es ist ihm ein Anliegen, dass man dabei „nicht auf die Jagd geht“, um Ein-zelne zu belasten. Er sieht die Arbeitge-ber in der Verantwortung gegenüber sei-nen Angestellten, die gegebenenfalls mit entsprechenden Aufklärungsprogram-men gegensteuern sollten.

Noch weiß Maurer nicht, was ihn an den Türklinken der Bildungseinrich-tung erwartet. Vielleicht findet er Koka-in, wie andere Forscher vor zweiein-halb Jahren in der Umgebungsluft der Universität La Sapienza in Rom. Dann kann er aber immer noch nicht sicher sein, ob die Droge direkt von der Hand eines Konsumenten an den Türöffner kam, oder den Umweg über einen Geld-schein nahm. Vielleicht kann er es aus den Mengen folgern. Immerhin werden hinterher die Klinken und andere Ober-flächen sehr sauber sein. Das täte viel-leicht auch mal den Banknoten gut. Da bekäme der Begriff „Geldwäsche“ eine neue Bedeutung. Hanno Charisius

Alte Bekannte – oder die „neuen Drogen“Zu den „neuen Drogen“ zählen wirkstoffe gegen Krankheiten, die zur erhöhung der geistigen leistungsfähigkeit oder als rauschmittel missbraucht werden, wie etwa: u Galantamin bei Demenz aufgrund von acetylcholinmangel. Oder: um die gedächtnisleistung zu steigern u Donepezil Zur behandlung milder bis mittelschwerer Vergesslichkeit. Oder: steigert das erinnerungs- und Denkvermögenu Modafinil gegen die schlafkrankheit Narkolepsie. Oder: steigerung von aufmerksamkeit und erinnerungsfähigkeit u Prozac (wirkstoff: fluoxetin) antidepressivum auch gegen Zwangsstörungen und Panikattacken. Oder: stimmungsaufheller u Benzo diazepine beruhigungsmittel zur behandlung von unruhe und angst zu- ständen, im Notfall gegen epileptische anfälle; schlafmittel. Oder: rauschmittelu Rivastigmin alzheimermedikament. Oder: um die gedächtnisleistung zu steigernu Methylphenidat (z. b. ritalin) gegen aufmerksamkeitsdefizit-hyper aktivitäts-syndrom (aDhs). Oder: steigerung der Konzentrationsfähigkeit, leistungs- und entscheidungsbereitschaft, unterdrückung von Müdigkeit u spice und ähnliche Produkte Keine indikation, diese mit chemischen Drogen angereicherten Kräutermischungen sind illegale rauschmittel.

weiter im internet, dort unter anderem: substanzmissbrauch und Diagnostik

www.draeger.com/384/diagnostik

Die unterschiedliche Welt des Drogenkonsums

opiate Cannabis kokain Amphetamine Andere keine Angaben

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14 Drägerheft 384 | februar 2010

RepoRt branDschutz

Drägerheft 384 | februar 2010

lyse ist daher Standard bei vielen Feu-erwehreinsätzen. Mehrfache Simultan-messungen so genannter Leitsubstanzen erlauben die Einschätzung der Toxizität von Brandgasen. Hierzu zählen neben HCN auch Kohlenmonoxid, Chlorwas-serstoff (HCl, Salzsäuregas) und Metha-nal (CH2O, Formaldehyd).

Da Brandgase sich kontinuierlich in Zusammensetzung und Konzentration ver-ändern, kann eine einzelne Simultanmes-sung als Momentaufnahme nicht zuver-lässig Auskunft über die gesamte Toxizität geben. „Stattdessen sollte das Gasgemisch mehrfach an verschiedenen Messpunkten analysiert werden“, empfiehlt Stefan Den-ker von Dräger und Mitarbeiter im vfdb-Referat 10, das sich mit verschiedenen Themen rund um den Gefahrstoffnach-weis beschäftigt. Ziel einer Messreihe ist es vor allem, die mittelfristige Stoffbelas-tung zu bestimmen und mögliche Trends in der Zusammensetzung der Rauchga-se und ihrer Ausbreitung festzustellen. Für die Bewertung der Messergebnisse hinsichtlich der Gefährdung von Einsatz-kräften und Anwohnern in Deutschland sind die in der vdfb-Richtlinie 10/01 veröf-fentlichten Einsatztoleranzwerte (ETW) für derzeit 44 Schadstoffe entscheidend, die sich grundsätzlich auf akute toxische Wirkungen beziehen. Das unterscheidet sie von den Grenzwerten für langfristige Exposition wie AGW (Arbeitsgrenzwerte) und den von der American Conference of Governmental Industrial Hygienists (ACGIH) veröffentlichten Threshold Limit Values (TLV).

Dräger hat auf Basis der vfdb-Richt-linien 10/01 und 10/05-T1 bis T3 Stra-

tegievorschläge für Feuerwehren erar-beitet, um im Einsatz gemessene Schad stoffkonzentrationen zu bewer-ten. Die Auswahl der Messtechnik wird von mehreren Parametern bestimmt: die Notwendigkeit für schnelle und zuverläs-sige Ergebnisse, die oft kleinen Konzent-rationen und das große Spektrum der zu messenden Stoffe sowie die rauen Bedin-gungen des Einsatzes. Der Strategievor-schlag umfasst neben einem grundsätz-lichen Mess-Szenario für Leitsubstanzen in Brandrauch (CO, HCN, HCl, NOx und CH2O) zusätzlich drei stärker nach Ein-satztypen differenzierte Simultantests. Beim Einsatz von Dräger-Röhrchen kön-nen diese drei Tests mit insgesamt 15 Bestimmungen in weniger als 15 Minu-ten ausgeführt werden. Ergänzt wer-den diese Simultantests zum Beispiel durch die elektrochemische Messung der O2-Konzentration und die Ex-Mes-sung mit katalytischer Sensorik.

Globale Anpassung

Seit mehreren Jahren werden die ETW regelmäßig mit den internationalen Acu-te Exposure Guideline Levels (AEGL) abgeglichen, die unter Leitung der US Environmental Protection Agency und in Zusammenarbeit mit vielen Ländern und Organisationen (auch Feuerwehren) aufgestellt werden. Hier wird der AEGL-2-Wert für vier Stunden Exposition als Einsatztoleranzwert übernommen – vor-ausgesetzt der Stoff ist relevant für Feuer-wehreinsätze und kann mit den üblichen Methoden vor Ort gemessen werden. Die globale Anpassung der Grenzwerte ist sinnvoll, weil die Bedeutung der Leitsubs-

Gefährlicher CocktailDie gesamttoxizität des in brandgasen enthaltenen cocktails gefährlicher stoffe kann man durch die MessunG von LeitsubstAnzen wie blausäure oder Kohlenstoffmonoxid einschätzen. für Messstrategien und Leitwerte zur Interpretation der ergebnisse gibt es internationale standards.

tanzen in der feuerwehrtechnischen Ana-lytik in verschiedenen Ländern ähnlich ist. Das bestätigt Rick Wanek, Experte für tragbare Gasmesstechnik bei Dräger, am Beispiel Nordamerikas: Entscheidende Faktoren für die Auswahl eines Systems seien einfache Bedienbarkeit, Wartungs-freundlichkeit und Kosteneffizienz. Noch immer sind daher die für die gesamte Lebensdauer kalibrierten Dräger-Röhr-chen weit verbreitet, insbesondere bei Nacharbeiten. Zur kontinuierlichen Mes-sung während des Brandeinsatzes geht der Trend aber zu elektrochemischen Sensoren. peter thomas

bLAusäuRe (Cyanwasserstoff, HCN) hat unter den Brandgasen eine der stärks-ten toxischen Wirkungen. Im Vergleich zu Kohlenstoffmonoxid (CO) ist die Toxizität derselben Menge Cyanwasserstoffes um den Faktor 20 höher. Gleichzeitig nimmt der Anteil von HCN in den Brandgasen zu: Eine Studie von Yves Alarie („Toxicity Of Fire Smoke“; Critical reviews in Toxi-cology 2002; 32(4):259-89.) beschreibt, dass 87 Prozent der untersuchten Todes-opfer von Bränden einen toxischen HCN-Spiegel im Blut aufwiesen. Als Grund hier-für führt Alarie den seit der Mitte des 20. Jahrhunderts kontinuierlich zunehmen-den Bestand an synthetischen Polyme-ren im Alltag an. Vor allem aus diesen Kunststoffen entsteht durch die thermi-sche Zersetzung bei einem Feuer HCN. Extrem hohe HCN-Konzentrationen wer-den insbesondere bei Bränden in der Ent-sorgungs-, Kunststoff- und Verpackungs-industrie registriert. Kontinuierlich messen

Für die Einsatzkräfte der Feuerwehr ist das Vorgehen unter schwerem Atem-schutz bei der Brandbekämpfung unum-gänglich. Und zur Rettung von Personen gibt es Brandfluchthauben wie die Drä-ger PARAT C mit 15-minütigem Schutz vor gefährlichen Brandgasen. Einsatzkräf-te und Anwohner können durch Brand-gaswolken aber noch in größerer Entfer-nung gefährdet werden. Erhöhte Vorsicht gilt außerdem bei Nacharbeiten der Feu-erwehr ohne Atemschutz an der erkal-tenden Brandstelle, von der weiter eine Gefahr der Emission schädlicher Gase ausgehen kann. Die kontinuierliche Ana- f

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tegievorschläge für Feuerwehren erar-beitet, um im Einsatz gemessene Schad stoffkonzentrationen zu bewer-ten. Die Auswahl der Messtechnik wird von mehreren Parametern bestimmt: die Notwendigkeit für schnelle und zuverläs-sige Ergebnisse, die oft kleinen Konzent-rationen und das große Spektrum der zu messenden Stoffe sowie die rauen Bedin-gungen des Einsatzes. Der Strategievor-schlag umfasst neben einem grundsätz-lichen Mess-Szenario für Leitsubstanzen in Brandrauch (CO, HCN, HCl, NOx und CH2O) zusätzlich drei stärker nach Ein-satztypen differenzierte Simultantests. Beim Einsatz von Dräger-Röhrchen kön-nen diese drei Tests mit insgesamt 15 Bestimmungen in weniger als 15 Minu-ten ausgeführt werden. Ergänzt wer-den diese Simultantests zum Beispiel durch die elektrochemische Messung der O2-Konzentration und die Ex-Mes-sung mit katalytischer Sensorik.

Globale Anpassung

Seit mehreren Jahren werden die ETW regelmäßig mit den internationalen Acu-te Exposure Guideline Levels (AEGL) abgeglichen, die unter Leitung der US Environmental Protection Agency und in Zusammenarbeit mit vielen Ländern und Organisationen (auch Feuerwehren) aufgestellt werden. Hier wird der AEGL-2-Wert für vier Stunden Exposition als Einsatztoleranzwert übernommen – vor-ausgesetzt der Stoff ist relevant für Feuer-wehreinsätze und kann mit den üblichen Methoden vor Ort gemessen werden. Die globale Anpassung der Grenzwerte ist sinnvoll, weil die Bedeutung der Leitsubs-

Gefährlicher CocktailDie gesamttoxizität des in brandgasen enthaltenen Cocktails gefährlicher Stoffe kann man durch die MessunG von LeitsubstAnzen wie blausäure oder Kohlenstoffmonoxid einschätzen. für Messstrategien und Leitwerte zur Interpretation der ergebnisse gibt es internationale Standards.

Kombinierte GifteCO und hCN tragen zur rauchgasvergiftung bei. allerdings wirken sie unterschiedich: CO blockiert die bindung von Sauerstoff an das hämoglobin der erythrozyten und unterbricht so die O2-aufnahme des blutkreislaufs. Die Cyanid-Ionen des hCN lagern sich an die Cytochrom-C-Oxidase in den Mitochondrien an und blockieren so die Zellatmung. gefährlich ist insbesondere die kombinierte Intoxikation durch beide Stoffe, weil bisherige behandlungsmethoden gegen hCN-Vergiftungen nur unter einschrän-kungen angewendet werden konnten, wenn auch eine CO-Intoxikation vorlag. Das ändert sich aktuell mit dem antidot Cyanokit mit dem Wirkstoff hydroxoco balamin, das auch bei CO-Vergiftung verabreicht werden kann.

Wissenschaftler in Nordamerika forschen daran, die kombinierte Intoxikation durch verschiedene schädliche Stoffe in rauchgasen noch besser einschätzen zu können. an erster Stelle steht auch hier die Kombination von hCN und CO, die der ameri ka-nische toxikologe David g. Penney als „toxic twins“ beschreibt.

tanzen in der feuerwehrtechnischen Ana-lytik in verschiedenen Ländern ähnlich ist. Das bestätigt Rick Wanek, Experte für tragbare Gasmesstechnik bei Dräger, am Beispiel Nordamerikas: Entscheidende Faktoren für die Auswahl eines Systems seien einfache Bedienbarkeit, Wartungs-freundlichkeit und Kosteneffizienz. Noch immer sind daher die für die gesamte Lebensdauer kalibrierten Dräger-Röhr-chen weit verbreitet, insbesondere bei Nacharbeiten. Zur kontinuierlichen Mes-sung während des Brandeinsatzes geht der Trend aber zu elektrochemischen Sensoren. Peter thomas f

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Sein einSatzgebiet ist so groß wie die Fläche von München – einschließ-lich der Eingemeindungen der bayeri-schen Landeshauptstadt. Und doch ist vom Flugzeug aus nichts zu sehen, denn Dieter Wendrichs Arbeitsplatz liegt unter der Erde. Der Elektroingenieur ist Lei-ter des Grubenrettungswesens der K+S KALI GmbH, Werk Werra, Standort Gru-be Hattorf-Wintershall. Seine Wache: ein Kristallpalast in 1.000 Meter Tiefe. Die Wände glitzern von dem, was hier abge-baut wird und dem Unternehmen seinen Namen gab: Kali und Salz.

Wendrich und sein etwa 70-köpfiges Team haben unter Tage ähnliche Aufga-ben wie eine Feuerwehr über Tage. Aller-dings können unter Tage die Anforderun-gen an jeden Einzelnen nochmals höher sein: Jedes Einzelteil muss einsatzbereit vor Ort sein, die Anfahrtwege sind oft sehr lang, mögliche Gefahren auch bei bestem Training noch unkalkulierbarer als oben. Und dann sind Wendrich und seine Männer auch in den ganz norma-len Abbaubetrieb mit eingebunden, wer-den also nicht nur im Notfall gerufen.

Warm und frisch

Wer die ersten 700 Meter im Schacht innerhalb von kaum zwei Minuten im Korb heruntergefahren ist, dem zeigt sich die Grube wie ein fast normaler Arbeits-platz. Breite, feste und beleuchtete Stra-ßen (Strecken) finden sich hier ebenso wie Wegweiser. Die rund 730 Fahrzeuge und Maschinen sind an die niedrige Stre-ckenhöhe von zumeist nur zwei Meter angepasst. Trotz vieler Dieselfahrzeuge herrscht unten keine „dicke Luft“: „Wir

Schutz für die Stadt unter tage1.000 Meter unter der erde und tiefer herrschen beSondere arbeitSbedingungen – auch für die feuerwehr, die dort grubenwehr heißt. Sie ist direkt in die bergmännische arbeit eingebunden.

unter tage: als „Salon - berg bau“ sehen die Kumpel ihre arbeit beim abbau von Kali. denn Steinkohle ist schwarz statt weiß.

bewettern die Grube mit 66.000 Kubik-metern Frischluft – je Minute,“ erklärt Dieter Wendrich. Die Temperatur liegt hier bei 24 Grad Celsius. Kommt man tie-fer, steigt sie auf „Hunds tage-Werte“ von rund 34 Grad Celsius.

Trotz aller Technik hat der Berg-mann nach wie vor einen fordernden Arbeitsplatz. Auch wenn Maschinen und Sprengstoffe die Arbeit erleichtern, so ist sie unter Tage doch kräftezehrend. Hin-zu kommen Lärm und Staub sowie der fehlende Blick nach draußen. Das alles sind Belastungen, wegen derer die Alters-grenze für unter Tage arbeitende Kumpel auf 60 Jahre festgelegt ist. „Obwohl wir“, ergänzt Wendrich, „hier ja im Vergleich zum Steinkohlebergbau so eine Art ‚Salon-bergbau‘ betreiben.“ Richtig: schwarz-schmutzig ist es im Kali- und Salzgebirge unter Tage nicht. Und doch schmeckt man salzbitteren Staub auf den Lippen.

In drei Schichten fördern sie hier täg-lich mehr als 60.000 Tonnen Salzgestein. Wie genau, das erläutert Martin Wagner, der Leiter Produktion und Technik der Gru-be Hattorf-Wintershall. Im offenen Gelän-dewagen geht es 300 Meter weiter zur Orts-brust – zum Ende des Stollens also, von wo aus der bergmännische Vortrieb weiter-geht. Wir sitzen auf einer Bank, die entge-gen der Fahrtrichtung auf die Ladefläche eines Pickups montiert wurde. Selbstver-ständlich in Kluft, Arbeitsschuhen, mit Helm und Geleucht (Lampe) sowie den bei Einfahrt an einer Schleuse automa-tisch registrierten Sauerstoff-Selbstretter OXY K 50 S in Griffweite (siehe Kasten S. 18). Blitzend fliegen Firste (Decke) und Stoß (Wände) vorbei. „Das sieht nur des-

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untertagebau RepoRt

Schutz für die Stadt unter tage1.000 Meter unter der erde und tiefer herrschen beSondeRe ARbeitSbedingungen – auch für die feuerwehr, die dort grubenwehr heißt. Sie ist direkt in die bergmännische arbeit eingebunden.

halb so schnell aus“, ruft Wagner gegen Fahrtwind und Lärm, „weil man so dicht dran vorbeifährt!“ Auf der Fahrt zur Orts­brust erklärt Wagner den Aufbau der Gru­be: „Sie ist wie ein Schachbrett.“ Das Kali­salz wird durch ein Raster von parallelen und rechtwinkligen Strecken abgebaut. Das Rastermaß richtet sich nach der Teu­fe, der Mächtigkeit des Flözes, und der Salzart. In diesem Revier beträgt das Ras­termaß 45 x 45 Meter. Die Strecken sind 15 Meter und die Pfeiler 30 Meter breit. Unsere Fahrt führt über Steigungen und Gefälle. „Wir folgen“, erklärt Wagner, „dem Verlauf der Kalilager. Durch Ver­werfungen und Auffaltungen stehen die­se eben nicht nur waagerecht an.“ Bis zu 16 Prozent Steigung weist daher das unter­irdische Straßennetz auf.

Sprengen im bohrschema

Hell erleuchtet steht nach der Fahrt die Ortsbrust vor einem, vor ihr der Wagen mit dem sieben Meter langen Bohrer. Mit dem Bohren von drei nebeneinander liegenden Einbruchslöchern von eben diesen sieben Metern Länge und einem Durchmesser von 280 Millimeter beginnt der Abbau. Nach einem festgelegten Sche­ma werden darum Sprenglöcher deutlich kleineren Durchmessers gebohrt. „Das alles geht automatisch“, sagt Martin Wag­ner, „das ‚Bohrschema‘ wird unter ande­rem über eine Automatik präzise auf den Endpunkt hin gesteuert.“

Danach ist beinahe schon Schicht im Schacht. Ausgebildete Sprenghauer bla­sen einen Sprengstoff in die Bohrlöcher. Gezündet wird er am Schichtende. Für maximale Wirkung werden die Löcher > f

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zeug durch die Stollen geschleudert hat.Erst nach der Freigabe durch die Gruben­wehr kann mit einer Befestigung des Stol­lens begonnen werden. Ein „Berauber­gerät“ kratzt zunächst lockeres Gestein an der Firste los („berauben“), bevor sie mit bis zu 1,8 Meter langen Spreizdübel­ankern befestigt wird. „Die Decke besteht aus Schichten“, erklärt Wendrich, „und mit den in regelmäßigem Abstand gesetz­ten Ankern sichern wir diese zu einem äußerst stabilen Paket.“ Das habe man sich wie bei einer Blattfeder vorzustellen. Jeder der im Rastermaß von 2 x 2 Meter eingesetzten Anker trägt ein Gewicht von 14 Tonnen. Das hält. Dennoch findet eine kontinuierliche Firstüberwachung statt, sowohl mit Radar, als auch manuell mit so genannten Fühlhaken.

Danach beginnt die Räumung mit einem Schaufellader, der in einer Tour zwölf Tonnen Gestein zum Brecher fährt. Dort kippt der Fahrer es auf einen Berg, aus dem eine Stegförderkette fortlaufend den Brecher füttert. Der zermalmt die Brocken auf eine laufbandgängige Grö­ße von maximal etwa 200 Millimeter. Über kilometerlange Gurtbänder wird es weiterbefördert – zum Schacht und bis zu den Fabriken über Tage, die das Gestein im kontinuierlichen 24­Stun­den­Betrieb verarbeiten. Am Ende blei­ben zwei Drittel Abraum, der auf die mit Namen wie „Kalimandscharo“ belegten Halden gekippt wird. Wertvoll ist allein das restliche Drittel, das zu einer Viel­falt von Produkten verarbeitet wird – hauptsächlich zu Dünger. Auf unserer Rückfahrt unter Tage passieren wir Werk­stätten, in denen sich auch die meter­

Die Einsatzzentrale unter Tage unterscheidet sich kaum von denen über Tage. Aber vieles ist Eigen- oder Sonderanfertigung. Beispielsweise der Feuerwehrwagen links, dessen niedriger Aufbau nicht am First schrammt.

Planen, prüfen, vorbereiten und üben – das ist der Vierklang, der auch unter Tage sicherstellt, dass im Ernstfall schnell vor Ort geholfen werden kann. Denn Überraschungen gibt es 1.000 Meter unter der Erde immer noch genug.

> des Bohrschemas zeitversetzt gezündet – ausgehend von den direkt an den drei Einbruchslöchern liegenden Sprengbohr­löchern. Dreimal täglich finden Sprengun­gen statt: 05:20, 13:20 und 21:20 Uhr. Die nächste Schicht startet mit dem Abbau.

Trotz Erkundungsbohrungen weiß niemand genau, welche Gase die Spren­gung freigesetzt hat. Unregelmäßigkeiten überwachen stationäre Messeinrichtun­gen in der Leitwarte des Grubenbetriebs kontinuierlich. Nachdem die Sprengga­se sich verzogen haben, führt die verant­wortliche Aufsicht vor Aufnahme des Nor­malbetriebs eine Erkundungsfahrt mit einem Mehrgas­Messinstrument durch – unter anderem mit dem Dräger X­am 7000. Wie Dieter Wendrich, Leiter des Grubenrettungswesens erläutert, wer­den gelegentlich durch die Gesteins­sprengung Abbaureviere mit schadhaf­ten Gasen kontaminiert, die dann mit schwerem Atemschutz von Dräger, wie dem PSS BG 4 plus (siehe Kasten links) oder dessen Vorgänger BG 174, befahren und instand gesetzt werden.

Kohlendioxid ist unberechenbar

Die Hauptgefahr geht im Werra–Kali–Re­vier von CO2 aus. Das ist normalerweise im Mineral gebunden, kann aber nach einer Sprengung in großen Mengen aus­treten – entweder als „See“, oder es friert durch die Entspannungskälte. „Als ob man eine vorher geschüttelte Flasche Mineral­wasser rasch öffnet“, sagt Wendrich. Die beim explosionsartigen Austritt auftreten­den Kräfte sind gewaltig: Er zeigt Fotos, auf denen tonnenschweres und verboge­nes Gerät zu sehen ist, das es wie Spiel­

hohen Reifen von Radladern aufziehen lassen, um schließlich in der Hauptwa­che der Grubenwehr zu landen. Dieter Wendrich und seine Kollegen führen einen der selbst konstruierten Einsatz­wagen vor: „Kaufen kann man so etwas nicht“, zieht er Schubladen aus dem fla­chen Aufbau und zeigt das Rondell, auf dem griffbereit die Langzeitatemschutz­geräte auf gesteckt sind.

Kompetenz und Kameradschaft

Hier unten bekommt man einen Begriff von der Kameradschaft und der Kompe­tenz der Mannschaft. „Jeder hat ein Jahr Probezeit hinter sich, bevor er in die Gru­benwehr übernommen wird“, sagt Wend­rich, der bei der Auswahl von Aspiran­ten nicht allein auf eine gute Mischung der Qualifikationen wie Elektriker oder Schweißer achtet, sondern auch auf ihre

Trotz Erkundungsbohrungen weiß niemand genau, welche Gase freigesetzt werden

Atemschutzgeräte Normalerweise lässt sich unter tage ganz normal atmen. Doch der Selbstretter ist für den Notfall immer dabei. und ein atem- schutzgerät dort, wo es notwendig ist. Welt- weit bieten u. a. zwei Dräger-Produkte Sicherheit auf dem Stand der technik: Oxy K Fluchtgeräte (links) bieten auf der basis von chemisch gebundemem Sauer - stoff unabhängig von der umgebungsluft – je nach Version 30 oder 50 Minuten flucht- dauer. Sie sind mit Mundstück, Nasen-klam mer und gasschutzbrille ausgestattet.Das PSS BG 4 plus (rechts) ist die modernste Version der Kreislauf-atem-schutzgeräte von Dräger. es bietet in toxischer um gebung bis zu vier Stunden atemluft, es verfügt über ein integrier- tes Kühl system, ist in einer ergonomisch geformten trageschale untergerbacht und lässt sich als ein gut ausbalanciertes System bequem tragen. Kreislaufsystem, das heißt: Der absorber bindet das in der ausgeatmeten Luft enthaltene Kohlen- dioxid, während die atemluft aus der mit geführten Sauerstoffflasche stammt.

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untertagebau RepoRt

untertagebau RepoRt

psychische Belastbarkeit und schließlich, wie sich „der Neue“ einfügt. Unter Tage zählt absolute Verlässlichkeit, „alles muss mit dreifacher Sicherheit geplant sein“, wie Wendrich sagt. Wer schon über Tage in einer Feuerwehr arbeitet, habe einen Vorteil, aber auch der sei keine Garan­tie dafür, den Anforderungen zu genü­gen, die an ein Mitglied der Grubenwehr gestellt werden.

Trotz des flächendeckenden, vorbeu­genden Brandschutzes von gut 2.000 Feuer­löschern – auch sie wartet die Grubenwehr – kommt es gelegentlich zu Brandereig­nissen. „Als sich etwa bei einem Fahrzeug trotz bordeigner Löschanlage Hydraulik­öl entzündete“, erinnert sich Wendrich, „da schmorten die Reifen noch nach drei Tagen.“ Neben Löschen mit Wasser, das in einem 6.000 Liter fassenden Tankwagen herangeführt wird, kommt auch Schaum

zeug durch die Stollen geschleudert hat.Erst nach der Freigabe durch die Gruben­wehr kann mit einer Befestigung des Stol­lens begonnen werden. Ein „Berauber­gerät“ kratzt zunächst lockeres Gestein an der Firste los („berauben“), bevor sie mit bis zu 1,8 Meter langen Spreizdübel­ankern befestigt wird. „Die Decke besteht aus Schichten“, erklärt Wendrich, „und mit den in regelmäßigem Abstand gesetz­ten Ankern sichern wir diese zu einem äußerst stabilen Paket.“ Das habe man sich wie bei einer Blattfeder vorzustellen. Jeder der im Rastermaß von 2 x 2 Meter eingesetzten Anker trägt ein Gewicht von 14 Tonnen. Das hält. Dennoch findet eine kontinuierliche Firstüberwachung statt, sowohl mit Radar, als auch manuell mit so genannten Fühlhaken.

Danach beginnt die Räumung mit einem Schaufellader, der in einer Tour zwölf Tonnen Gestein zum Brecher fährt. Dort kippt der Fahrer es auf einen Berg, aus dem eine Stegförderkette fortlaufend den Brecher füttert. Der zermalmt die Brocken auf eine laufbandgängige Grö­ße von maximal etwa 200 Millimeter. Über kilometerlange Gurtbänder wird es weiterbefördert – zum Schacht und bis zu den Fabriken über Tage, die das Gestein im kontinuierlichen 24­Stun­den­Betrieb verarbeiten. Am Ende blei­ben zwei Drittel Abraum, der auf die mit Namen wie „Kalimandscharo“ belegten Halden gekippt wird. Wertvoll ist allein das restliche Drittel, das zu einer Viel­falt von Produkten verarbeitet wird – hauptsächlich zu Dünger. Auf unserer Rückfahrt unter Tage passieren wir Werk­stätten, in denen sich auch die meter­

Die einsatzzentrale unter tage unterscheidet sich kaum von denen über tage. Aber vieles ist eigen- oder Sonderanfertigung. Beispielsweise der Feuerwehrwagen links, dessen niedriger Aufbau nicht am First schrammt.

planen, prüfen, vorbereiten und üben – das ist der Vierklang, der auch unter tage sicherstellt, dass im ernstfall schnell vor ort geholfen werden kann. Denn Überraschungen gibt es 1.000 Meter unter der erde immer noch genug.

hohen Reifen von Radladern aufziehen lassen, um schließlich in der Hauptwa­che der Grubenwehr zu landen. Dieter Wendrich und seine Kollegen führen einen der selbst konstruierten Einsatz­wagen vor: „Kaufen kann man so etwas nicht“, zieht er Schubladen aus dem fla­chen Aufbau und zeigt das Rondell, auf dem griffbereit die Langzeitatemschutz­geräte auf gesteckt sind.

Kompetenz und Kameradschaft

Hier unten bekommt man einen Begriff von der Kameradschaft und der Kompe­tenz der Mannschaft. „Jeder hat ein Jahr Probezeit hinter sich, bevor er in die Gru­benwehr übernommen wird“, sagt Wend­rich, der bei der Auswahl von Aspiran­ten nicht allein auf eine gute Mischung der Qualifikationen wie Elektriker oder Schweißer achtet, sondern auch auf ihre

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zum Einsatz. Zudem muss die Gruben­wehr unter Umständen auf die indirekte Brandbekämpfung zurückgreifen, indem sie die Strecken großräumig um den Brand­herd verschließt und somit dem Feu er die Frischluft (Sauerstoff) entzieht.

„Übungen und genaue Planung sind das A und O erfolgreicher Hilfe gerade unter Tage“, sagt Wendrich, „jeder Hand­griff muss jederzeit sitzen.“ Die Ausbil­dung im Medizinischen etwa geht deut­lich weiter als über Tage: „Bis der Arzt kommt, können wir beispielsweise schon alles für eine Infusion vorbereiten.“ Das Vertrauen untereinander sei beinahe absolut: „Und wenn jemand von einem belastenden Einsatz kommt, dann spre­chen wir natürlich darüber.“ Wer Wend­rich und sein Team erlebt hat, der weiß, dass er unter Tage bei Zwischenfällen bes­tens aufgehoben ist. Nils Schiffhauer

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Hintergrund explosionsschutz

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gasalarm durch heiße PerlenDer erste teil zum thema „Detektion brennbarer flüssigkeiten“ (siehe Drägerheft 383; seite 20 ff.) behandelte die physikalischen und sicherheitstechnischen eigenschaften brennbarer Dämpfe. teil 2 widmet sich ihrer detektion. hierfür haben sich zwei unterschiedliche Messverfahren bewährt: das thermokatalytische und das infrarot-optische, mit dem sich die nächste ausgabe befasst.

Wie erkennt ein SenSor zuverlässig brennbare Gase? Im Prin-zip dadurch, dass sie an einem erhitzten Katalysator flammenlos verbrannt und oxidiert werden – wie etwa beim Kataly-sator in der Abgasaufbereitung von Autos. Hier werden beispielsweise toxisches CO und unverbrannte Kohlenwasserstoffe zu „harmloserem“ CO2 oxidiert. Dass der Katalysator dabei etwas heißer wird, ist hier nur ein Nebeneffekt. Doch gerade den nutzt das thermokatalytische Mess-verfahren. Denn diese so genannte Wär-metönung einer Reaktion ist die Grund-lage der Messung mit dem, was in der Gasmesstechnik üblicherweise als „Wär-metönungssensor“ bezeichnet wird. Doch was spielt sich eigentlich im Inneren des einfach anmutenden Sensors ab?

der katalytische effekt

Die Aggressivität des Sauerstoffs ist es, der man letztendlich das Wärmetönungs-messprinzip zu verdanken hat: Sauer-stoffmoleküle lieben metallische Ober-flächen, setzen sich darauf fest, platzen auseinander (aus einem Sauerstoff-Mole-kül werden zwei Sauerstoff-Atome) und nehmen kurzzeitig einen hochreaktiven Zustand ein. Da sitzen sie nun, die Sauer-stoffatome, mit unbelegten Bindungen und warten auf einen Reaktionspartner. Und wenn der Sauerstoff nicht unmit-telbar mit dem Metall reagiert, so tut er das über den Umweg einer vorgelager-ten Reaktion mit Feuchtigkeit – das ist der uns aus dem Alltag vertraute Vorgang des Rostens („Oxidation“).

Auch die Oberflächen sehr edler Metal-le wie Platin oder Palladium überziehen nur zwei kleine heiße Perlen im inneren des Sensors sichern einen ganzen explosionsgefährdeten Bereich.

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Gasalarm durch heiße PerlenDer erste teil zum thema „Detektion brennbarer flüssigkeiten“ (siehe Drägerheft 383; Seite 20 ff.) behandelte die physikalischen und sicherheitstechnischen eigenschaften brennbarer Dämpfe. teil 2 widmet sich ihrer Detektion. hierfür haben sich zwei unterschiedliche Messverfahren bewährt: das thermokatalytische und das infrarot-optische, mit dem sich die nächste ausgabe befasst.

Wie erkennt ein SenSor zuverlässig brennbare Gase? Im Prin-zip dadurch, dass sie an einem erhitzten Katalysator flammenlos verbrannt und oxidiert werden – wie etwa beim Kataly-sator in der Abgasaufbereitung von Autos. Hier werden beispielsweise toxisches CO und unverbrannte Kohlenwasserstoffe zu „harmloserem“ CO2 oxidiert. Dass der Katalysator dabei etwas heißer wird, ist hier nur ein Nebeneffekt. Doch gerade den nutzt das thermokatalytische Mess-verfahren. Denn diese so genannte Wär-metönung einer Reaktion ist die Grund-lage der Messung mit dem, was in der Gasmesstechnik üblicherweise als „Wär-metönungssensor“ bezeichnet wird. Doch was spielt sich eigentlich im Inneren des einfach anmutenden Sensors ab?

Der katalytische effekt

Die Aggressivität des Sauerstoffs ist es, der man letztendlich das Wärmetönungs-messprinzip zu verdanken hat: Sauer-stoffmoleküle lieben metallische Ober-flächen, setzen sich darauf fest, platzen auseinander (aus einem Sauerstoff-Mole-kül werden zwei Sauerstoff-Atome) und nehmen kurzzeitig einen hochreaktiven Zustand ein. Da sitzen sie nun, die Sauer-stoffatome, mit unbelegten Bindungen und warten auf einen Reaktionspartner. Und wenn der Sauerstoff nicht unmit-telbar mit dem Metall reagiert, so tut er das über den Umweg einer vorgelager-ten Reaktion mit Feuchtigkeit – das ist der uns aus dem Alltag vertraute Vorgang des Rostens („Oxidation“).

Auch die Oberflächen sehr edler Metal-le wie Platin oder Palladium überziehen

sich mit einem solchen Sauerstoffmantel. Mikroskopisch betrachtet ist dieser Mantel ein Gleichgewichtszustand, denn das Sau-erstoffatom ist recht ungeduldig. Findet es nicht ausreichend schnell einen ange-messenen Reaktionspartner (Palladium ist ihm zu edel), paart es sich mit einem weiteren Sauerstoffatom – es „rekom-biniert“ und fliegt davon, macht Platz für nachrückende Sauerstoffmoleküle. Kommt nun ein oxidierbares Molekül einer brennbaren gasförmigen Substanz daher, so greift der Sauerstoff zu: Das Molekül wird rasch zu CO2 und H2O umge-setzt. Allerdings nur dann, wenn die Sauer-stoffatome sich stärker zu diesem Molekül als zu ihrer metallischen Unterlage hinge-zogen fühlen. Diese Anziehungskraft lässt sich steuern: Je heißer die Oberfläche, desto leichter lösen sich die Sauerstoff-atome wieder ab. Ist es zu heiß, docken sie erst gar nicht auf der Oberfläche an.

So hat man über den Umweg einer heißen metallischen Oberfläche eine Reaktion erzwungen, die normalerweise nicht statt-finden kann. Das Metall verändert sich dabei nicht, es wirkt als Reaktionsvermitt-ler („Katalysator“). Der Ort, an dem die-se Reaktion stattfindet, wird allgemein als katalytisches Zentrum bezeichnet.

Was passiert aber bei einer solchen Reaktion? Reaktionswärme wird frei und erwärmt das katalytische Zentrum und dessen Umgebung. Wenn man die-se geringe Erwärmung messbar machen will, braucht man möglichst viele solcher katalytischen Zentren in einem möglichst kleinen Körper, denn nur geringe Massen lassen sich mit derart geringen Energien noch merklich aufheizen. Ideal wäre ein hochporöser Körper ähnlich dem völlig luftdurchlässigen Material eines Blumen-topfes, denn gebrannter Ton oder Keramik weist unzählige Mikroporen und -kanäle

Welches Messsignal erzeugt 10 % UeG oktan? Der Widerstand eines Platindrahtes in abhängigkeit von dessen temperatur t (in °C) lässt sich nach eN 60751 errechnen. Der hierfür benötigte Widerstand r0 liegt bei etwa dem 0,928-fachen des bei 20 °C gemessenen Widerstands. Dieser sog. Kaltwider-stand r20 ist am ausgeschalteten Wärmetönungssensor direkt mit dem Widerstands-messgerät messbar, bei 20 °C beträgt er 1,6 Ohm, also ist r0 = 1,48 Ohm.

Der heißwiderstand r wird im betrieb gemessen: bei einem heizstrom von 270 ma ergibt sich eine Spannung von 1200 mV, d. h., r = 1200 / 270 = 4,440 Ohm. Nach der in der eN 60751 angegebenen formel lässt sich die temperatur berechnen, sie beträgt 558 °C. bei begasung mit 10 % ueg Oktan (= 800 ppm) steigt die Spannung von 1200 mV auf 1204 mV an und der heißwiderstand erhöht sich auf 1204 / 270 = 4,459 Ohm. Nur 0,019 Ohm beträgt also die Widerstandserhöhung. Über die genannte formel lässt sich damit errechnen, dass die temperatur der Platinspirale auf 562 °C steigt. bei begasung mit 10 % ueg Oktan steigt die temperatur um nur 4 °C.nur zwei kleine heiße Perlen im inneren des Sensors sichern einen ganzen explosionsgefährdeten Bereich.

explosionsgeschützt ausgeführt: Das Gas dringt durch eine Sinter scheibe in das robuste edelstahlgehäuse ein (links). Die Platinspirale (rechts) ist eine nur knapp 1 mm breite Wendel, deren Draht einen Durchmesser von nur etwa 0,05 mm hat.

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auf. Man nehme also eine kleine Kera-mikperle und imprägniere sie schon wäh-rend der Herstellung mit katalytischem Material. Selbst bei nur gut einem Mil-limeter Durchmesser besitzt eine solche Perle eine riesige katalytisch wirkende Oberfläche (> 0,1 m2), und ihre unzähli-gen Poren sind mit Luft geflutet, d. h., alle katalytischen Zentren sind mit reaktions-freudigem Sauerstoff abgesättigt.

Der feinst verteilte metallische Kata-lysator verleiht der Perle ein schwarz-graues Äußeres. Zur Optimierung der Temperatur ist in die Perle eine kleine Heizspirale aus Platin eingebettet. Fließt durch sie ein Strom von etwa 270 mA, so wird sie gute 500 °C heiß. Dringen nun brennbare Gase in die Poren ein, so hei-zen sich die katalytischen Zentren zusätz-lich auf und erwärmen die Perle. Hier-durch wird auch die Platinspirale heißer und ihr elektrischer Widerstand gering-fügig höher. Letztendlich ist es also eine reine Widerstandsmessung im Milliohm-

Bereich, mit der sich Gaskonzentratio-nen messbar machen lassen. Solange man den Heizstrom durch die Platin-spirale konstant hält, reicht hierzu eine Spannungsmessung im Millivolt-Bereich (siehe Kasten). Perle und Widerstand, Englisch „pellet“ und „resistor“, haben diesem Konstrukt den gängigen Namen „Pellistor“ eingebracht.

Explosionsschutz

Die Temperatur eines solchen Pellistors erhöht sich bei Begasung um nur weni-ge Grad. Schwankungen der Umgebungs-temperatur können erheblich größer sein und müssen deshalb unbedingt kompen-siert werden. Zum Beispiel durch einen völlig gleichartig aufgebauten Pellistor, der aber keinen Katalysator enthält (die-ser „Kompensator“ ist deshalb weiß) und somit für Gas unempfindlich ist. Gemes-sen wird lediglich das Differenzsignal: Ver-ändert sich die Temperatur beider Pellis-toren, bleibt das Messsignal davon nahezu

unbeeinflusst. Das funktioniert auch ganz gut, doch strahlt ein schwarzer Pellistor die Wärme stärker ab als ein weißer, was wiederum zu einer gewissen Unsymme trie der Widerstände und einer Verschlechte-rung der Messqualität führt. Deutlich bes-ser werden die Verhältnisse, wenn man zwei schwarze Pellistoren verwendet und einen Nettoeffekt dadurch erzielt, dass einer der beiden Pellistoren gekapselt ist und nur durch eine sehr kleine Öffnung, Englisch „pin hole“, Zugang zur Außen-welt hat. Nur der ungekapselte Pellistor dient als Messelement für Gase, der gekap-selte hingegen ist der Kompensator.

Nun gibt es aber eine große Zahl brenn-barer Gase und Dämpfe, die durch die 400 bis 500 °C heißen Pellistoren gezündet werden können, wenn deren Konzentra-tion 100 % der Unteren Explosionsgrenze (UEG) überschreitet. Damit ein Wärme-tönungssensor nicht zur Zündquelle wer-den kann, muss sichergestellt sein, dass das Sensorgehäuse einer Zündung im Inneren widersteht und dass kein Flammenrück-schlag in den Außenraum erfolgen kann. Das kaum Fingerhut-große innere Volumen des Sensors muss deshalb druckfest gekap-selt sein und den Gaszutritt nur durch eine so genannte Flammensperre ermöglichen. Solche als metallische Sinterscheiben oder Drahtgewebe ausgeführten Flammensper-ren sind einerseits völlig gasdurchlässig, löschen aber andererseits eine mögliche Flamme dadurch, dass sie aufgrund ihrer sehr guten Wärmeleitfähigkeit die Flam-mentemperatur unter die Zündtemperatur des Gas-Luft-Gemisches abkühlen.

Aus messtechnischer Sicht genauso wichtig ist, dass solche Flammensperren

als Diffusionsbarriere wirken: Die ein-zelnen Moleküle müssen erst die in der Flammensperre eingeschlossene ruhen-de Luft passieren. Und dadurch können sie niemals schneller auf den Pellistor ein-wirken als es ihrer Diffusionsgeschwin-digkeit entspricht. Ein Methanmole-kül würde einige 100 m in der Sekunde zurücklegen, wenn es nicht milliarden-fach von Luftmolekülen angerempelt und dadurch laufend Richtung und Geschwin-digkeit ändern würde. Diffusion ist ein langsamer aber konzentrationsausglei-chender Prozess, denn die Moleküle bewegen sich stets dorthin, wo ein Defi-zit besteht oder wo es weniger ihresglei-chen gibt. Und werden sie im Pellistor umgesetzt, hat man dort stets eine Verar-mungszone, die weitere Moleküle nach sich zieht. Es entsteht ein „molekularer Sog“, der bei solchen Diffusionssensoren eine Pumpe überflüssig macht.

Die richtige Kalibrierung

Ein kompletter Wärmetönungssensor ist zunächst nur ein sehr genaues Wider-standsmessgerät. Erst die Kalibrierung stellt eine Beziehung zwischen Gaskon-zentration und Messsignal her: Wird der Sensor beispielsweise mit einer Konzen-tration von 0,85 Vol.-% Propan (was einer

KatalysatorgifteDie Messempfindlichkeit eines Wärmetönungssensors kann sich verändern. Neben alterungseffekten (z. b. Versintern der Keramikperle, was zu geringerer Porosität und weniger katalytischen Zentren führt) und Kontamination der flammensperre (gerin gere Durchlässigkeit, die zu geringerer Diffusionsgeschwindigkeit führt) können auch einige flüchtige Substanzen den Katalysator unbrauchbar machen: blei- und Schwefelverbin-dungen sind nicht nur gift für den Kfz-Katalysator (weshalb solche Stoffe nicht mehr im Kraftstoff enthalten sein dürfen), sondern auch für den Wärmetönungssensor. allgemein sind es die flüchtigen organischen Metallverbindungen (z. b. Silikon), die den Katalysator für Sauerstoff blockieren, während korrosive gase den Katalysator direkt angreifen und unwirksam machen. als korrosiv gelten auch viele „harmlose“ Kältemittel, weil sie bei der Verbrennungsreaktion aggressive Chlor- und fluorverbindungen freisetzen.

Wärmetönungssensoren warnen zuverlässig vor Explosionsgefahr

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explosionsschutz H intergrund

unbeeinflusst. Das funktioniert auch ganz gut, doch strahlt ein schwarzer Pellistor die Wärme stärker ab als ein weißer, was wiederum zu einer gewissen Unsymme trie der Widerstände und einer Verschlechte-rung der Messqualität führt. Deutlich bes-ser werden die Verhältnisse, wenn man zwei schwarze Pellistoren verwendet und einen Nettoeffekt dadurch erzielt, dass einer der beiden Pellistoren gekapselt ist und nur durch eine sehr kleine Öffnung, Englisch „pin hole“, Zugang zur Außen-welt hat. Nur der ungekapselte Pellistor dient als Messelement für Gase, der gekap-selte hingegen ist der Kompensator.

Nun gibt es aber eine große Zahl brenn-barer Gase und Dämpfe, die durch die 400 bis 500 °C heißen Pellistoren gezündet werden können, wenn deren Konzentra-tion 100 % der Unteren Explosionsgrenze (UEG) überschreitet. Damit ein Wärme-tönungssensor nicht zur Zündquelle wer-den kann, muss sichergestellt sein, dass das Sensorgehäuse einer Zündung im Inneren widersteht und dass kein Flammenrück-schlag in den Außenraum erfolgen kann. Das kaum Fingerhut-große innere Volumen des Sensors muss deshalb druckfest gekap-selt sein und den Gaszutritt nur durch eine so genannte Flammensperre ermöglichen. Solche als metallische Sinterscheiben oder Drahtgewebe ausgeführten Flammensper-ren sind einerseits völlig gasdurchlässig, löschen aber andererseits eine mögliche Flamme dadurch, dass sie aufgrund ihrer sehr guten Wärmeleitfähigkeit die Flam-mentemperatur unter die Zündtemperatur des Gas-Luft-Gemisches abkühlen.

Aus messtechnischer Sicht genauso wichtig ist, dass solche Flammensperren

als Diffusionsbarriere wirken: Die ein-zelnen Moleküle müssen erst die in der Flammensperre eingeschlossene ruhen-de Luft passieren. Und dadurch können sie niemals schneller auf den Pellistor ein-wirken als es ihrer Diffusionsgeschwin-digkeit entspricht. Ein Methanmole-kül würde einige 100 m in der Sekunde zurücklegen, wenn es nicht milliarden-fach von Luftmolekülen angerempelt und dadurch laufend Richtung und Geschwin-digkeit ändern würde. Diffusion ist ein langsamer aber konzentrationsausglei-chender Prozess, denn die Moleküle bewegen sich stets dorthin, wo ein Defi-zit besteht oder wo es weniger ihresglei-chen gibt. Und werden sie im Pellistor umgesetzt, hat man dort stets eine Verar-mungszone, die weitere Moleküle nach sich zieht. Es entsteht ein „molekularer Sog“, der bei solchen Diffusionssensoren eine Pumpe überflüssig macht.

die richtige Kalibrierung

Ein kompletter Wärmetönungssensor ist zunächst nur ein sehr genaues Wider-standsmessgerät. Erst die Kalibrierung stellt eine Beziehung zwischen Gaskon-zentration und Messsignal her: Wird der Sensor beispielsweise mit einer Konzen-tration von 0,85 Vol.-% Propan (was einer

Konzentration von 50 % UEG entspricht) begast, so muss die nachfolgende Auswer-te-Elektronik so eingestellt werden, dass auch tatsächlich 50 % UEG angezeigt wird. Begast man ein auf Propan kali-briertes Messsystem mit unterschiedli-chen Gasen und Dämpfen, so wird man eine unterschiedliche Messempfindlich-keit feststellen: Ein propan-kalibriertes Messsystem wird bei Begasung mit 50 % UEG Methan schon im Vollausschlag sein, bei Begasung mit 50 % UEG Toluoldampf aber nur etwa 30 % UEG anzeigen. Das ist sicherheitstechnisch relevant: Für eine zuverlässige Warnung muss stets auf die Substanz kalibriert werden, auf die der Sensor am unempfindlichsten reagiert. Nur dann warnt das Gerät eher zu früh, niemals aber zu spät!

Die unterschiedliche Messempfind-lichkeit korreliert übrigens mit der Mole-külgröße. Je größer die Moleküle, umso geringer ist das Messsignal. Für brenn-bare Flüssigkeiten korreliert auch der Flammpunkt mit der Molekülgröße: Je höher der Flammpunkt, umso gerin-ger das Messsignal. Sehr große Molekü-le sind mit dem Wärmetönungssensor nicht mehr messbar – allerdings liegt der Flammpunkt solcher Flüssigkei-ten dann auch schon weit oberhalb der

Normaltemperatur, so dass (siehe Teil 1) keine Zündgefahr gegeben ist.

Zuverlässig und wirtschaftlich

Richtig kalibriert und vorschriftsmäßig betrieben ist der Wärmetönungssensor ein sehr zuverlässiges und wirtschaftliches Messinstrument zur Warnung vor Explosi-onsgefahr. Selbst bei sehr hohen Temperatu-ren (bis 150 °C), wo andere (elektronische) Messgeräte nicht mehr eingesetzt werden können. Aber: Er benötigt natürlich Sauer-stoff – in inerter Atmosphäre wird er nicht funktionieren. Doch besteht auch dort kei-ne Explosionsgefahr. Bei Anwesenheit von Katalysatorgiften kann sich der Wartungs-aufwand allerdings beträchtlich erhöhen. Sind betrieblich solche Substanzen vorhan-den, muss der Wärmetönungssensor ent-sprechend häufiger einer Funktionsprüfung unterzogen werden. Infrarot-optische Sen-soren kennen keine Vergiftung und benö-tigen auch keinen Sauerstoff. Und wenn sie auch Gase wie Wasserstoff, Kohlenstoff-monoxid, Acetylen oder Ammoniak nicht detektieren können, so haben sich Infra- rotsensoren heutzutage nicht nur in der Sicherheitstechnik, sondern auch in pro-zessnahen Anwendungen weltweit etablie-ren können. Dazu mehr im dritten Teil der nächsten Ausgabe. dr. Wolfgang Jessel

ein auf Propan kalibriertes Mess system wird 50 % ueg toluol nur als 30 % ueg anzeigen.

nach Kalibrierung auf toluol ist die Anzeige für toluol korrekt, doch 50 % ueg n-nonan werden als nur etwa 34 % ueg angezeigt.

Keine Kom pro misse: erst nach Kalibrie-rung auf n-nonan wird keine der fünf Sub-stanzen messtechnisch unterbewertet.

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Präzision im Mikrometerbereichbeatmungsgeräte sind vitalisierend. Das Leben von Patienten hängt am funktionieren perfekter und zuverlässiger technik. Die wird bei Dräger in Lübeck gefertigt. Michael Stäbler leitet diesen Produktionsbereich, den er wie eine hoch eFFiziente ManuFaktur führt.

er begrüSSt seine Gäste mit einem Händedruck wie ein Schraubstock: Der gelernte Feinmechaniker Michael Stäbler leitet in Lübeck die Produktion nicht nur der Beatmungsgeräte, sondern auch kriti-scher Komponenten weiterer Geräte: „Bei denen sind wir Zulieferer für alle Dräger-Produktionsstandorte weltweit.“

„Made in Germany“ klebt auf einem Beatmungsgerät. Lohnt sich das denn überhaupt noch? Stäbler nimmt eine der in Lübeck gefertigten Kernkomponenten aus einer Box: „Dieses Bauteil besteht aus einem Antrieb und einem Ventil, das wir nirgendwo sonst auf dem Weltmarkt in dieser Qualität beschaffen können.“ Als zentrales Bauteil der Beatmungs maschine steuert dieser Antrieb hoch präzise das Ventil, das wiederum aus einer kleinen Rubinkugel besteht, die einen doppelt gefassten Saphirring perfekt abdichtet. Dafür sind sie individuell zueinander pas-send geschliffen worden, sodass sie nur „gepaart“ eingesetzt werden.

Luft strömt mit Schallgeschwindigkeit

Hebt der Antrieb die von einem Fang-korb gehaltene Kugel über einem Stößel, so können durch den entstandenen Spalt Luft beziehungsweise Sauerstoff präzise dosiert strömen. „Strömen“ ist gut: Das Gas steht unter einem Druck von fünf bar. „Beim Ausströmen erreicht es daher bei-nahe Schallgeschwindigkeit“, sagt Stäb-ler mit der Ruhe eines Menschen, dessen Technik auch diese Naturgewalten auf kleinstem Raum sicher beherrscht.

Zurück zum Antrieb, der diese Kugel im Ventil mittels hoher Frequenzen um

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Lebenswichtige komponenten produziert Dräger selbst – wie dieses Ventil.

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ProDuktion beatmungsgeräte Schulterblick

Präzision im Mikrometerbereichbeatmungsgeräte sind vitalisierend. Das Leben von Patienten hängt am funktionieren perfekter und zuverlässiger technik. Die wird bei Dräger in Lübeck gefertigt. michael stäbler leitet diesen Produktionsbereich, den er wie eine hoch effiziente Manufaktur führt.

er begrüSSt seine Gäste mit einem Händedruck wie ein Schraubstock: Der gelernte Feinmechaniker Michael Stäbler leitet in Lübeck die Produktion nicht nur der Beatmungsgeräte, sondern auch kriti-scher Komponenten weiterer Geräte: „Bei denen sind wir Zulieferer für alle Dräger-Produktionsstandorte weltweit.“

„Made in Germany“ klebt auf einem Beatmungsgerät. Lohnt sich das denn überhaupt noch? Stäbler nimmt eine der in Lübeck gefertigten Kernkomponenten aus einer Box: „Dieses Bauteil besteht aus einem Antrieb und einem Ventil, das wir nirgendwo sonst auf dem Weltmarkt in dieser Qualität beschaffen können.“ Als zentrales Bauteil der Beatmungs maschine steuert dieser Antrieb hoch präzise das Ventil, das wiederum aus einer kleinen Rubinkugel besteht, die einen doppelt gefassten Saphirring perfekt abdichtet. Dafür sind sie individuell zueinander pas-send geschliffen worden, sodass sie nur „gepaart“ eingesetzt werden.

luft strömt mit Schallgeschwindigkeit

Hebt der Antrieb die von einem Fang-korb gehaltene Kugel über einem Stößel, so können durch den entstandenen Spalt Luft beziehungsweise Sauerstoff präzise dosiert strömen. „Strömen“ ist gut: Das Gas steht unter einem Druck von fünf bar. „Beim Ausströmen erreicht es daher bei-nahe Schallgeschwindigkeit“, sagt Stäb-ler mit der Ruhe eines Menschen, dessen Technik auch diese Naturgewalten auf kleinstem Raum sicher beherrscht.

Zurück zum Antrieb, der diese Kugel im Ventil mittels hoher Frequenzen um

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nur einen Millimeter hebt – und das über die gesamte Einsatzdauer des Beatmungs-gerätes, die schon zwischen zehn und fünfzehn Jahren liegen kann. Der Antrieb besteht aus einem Ringspaltmagneten, in dessen kreisförmigem Spalt sich eine Spule extrem leicht hin- und herbewegen lässt. Ein Lautsprecher arbeitet ähnlich, wenn Strom den Spulendraht durchfließt und mithilfe des Magneten die Membran zum Schwingen bringt: Auch er ist ein elektromechanischer Wandler.

Wie er konstruiert ist, das ist beinahe etwas wie der Heilige Gral. Denn er muss ja nicht nur den Stößel sicher und präzi-se beinahe unendlich oft bewegen, son-dern auch die Software des Gerätes will zu jedem Zeitpunkt wissen, wo genau sich der Stößel während seines nur einen Mil-limeter messenden Hubes befindet. „Hier arbeiten wir mit einer Präzision im Mikro-meterbereich“, erklärt Michael Stäbler und zeigt auf eine Wickelmaschine, an der die Spule für den Wegaufnehmer des Parallelmischers hergestellt wird.

An einem anderen Arbeitsplatz wird eine Spule für den Ventilantrieb gefertigt.

Hier befinden sich Drahtrollen aus Kup-fer in zwei Stärken, beide fein wie Men-schenhaar. Der stärkere Draht bildet die Arbeitsspule, während der andere als Dämpfungsspule in das „Gewinde“ einge-legt wird, das die gleichmäßigen Windun-gen des stärkeren Drahtes bilden.

Beide Spulen werden auf einen Alu-miniumkörper gewickelt und mit einem Klebstoff befestigt, wie er auch für die Bremsscheiben eines Autos genutzt wird: „Dort wie hier wird es warm, und dort wie hier ist die Technik lebenswichtig“, sagt Stäbler und legt das, was er als simp-len technischen Gegenstand in die Hand nahm, als technisches Wunderwerk wie-der zurück in die Kiste.

lagerpuffer bietet flexible Produktion

In seinem Büro erklärt Michael Stäbler dann, wie er es mit seinem Team schafft, hier nicht nur Woche für Woche Beat-mungsgeräte in einer zweistelligen Stück-zahl für unterschiedlichste Märkte mit ebensolchen Prüfanforderungen zu pro-duzieren, sondern diese Zahl auch noch bei absolut derselben Qualität deutlich zu steigern. Warum? „Bei Ausschreibungen entscheiden Stückzahl und Liefertermi-ne mit über den Zuschlag“, erläutert Stäb-ler. Deshalb hat er die Stammbelegschaft nicht nur effizient gestaltet, sondern auch so, dass sie flexibel erweitert werden kann. Das hat etwas von einer Manufaktur, was nicht nur den Prozess, sondern auch Qua-lifikation, Selbst- und Verantwortungs-bewusstsein der Mitarbeiter beschreibt.

Basis hierfür ist zum einen die Struk-tur des zeitlichen Ablaufs der Fertigung,

Selten aus der Puste: Michael Stäbler

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Schulterblick ProDuktion beatmungsgeräte

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zum anderen ihre konkrete Umsetzung. „Wir unterscheiden im Prinzip zwei Ebe-nen“, erläutert Stäbler, „die kundenano-nyme Fertigung, die bis zur Modul-Ebene reicht und die sich daran anschließende kundenspezifische Fertigung, in der die Module zu den Geräten mit den bestell-ten Eigenschaften kombiniert werden.“ Jede Savina besteht aus mehreren hun-dert Einzelteilen, zusammengefasst in mehreren Hauptkomponenten, die als Puffer für eine kontinuierliche Produk-tion auch wechselnder Stückzahlen „auf Lager“ gefertigt werden. Die Höhe dieses Lagerbestandes ist immer eine Balance zwischen Kosten und schneller Lieferfä-higkeit: „Wobei unsere internen Progno-sen schon sehr gut sind“, wie Michael Stäbler ergänzt.

information ist das A und O

Jedes Modul wird in Lübeck von erfahre-nen Experten gefertigt – zum Teil an einer der so genannten Reinen Werkbänke, bei denen ein Filtersystem die sonst übli-chen 350.000 bis 450.000 Staubpartikel pro Kubikfuß (das entspricht etwa 28,3 Litern) von mehr als 0,5 Mikrometer Grö-ße auf nur noch etwa 100 reduziert. Die normalen Arbeitsplätze hingegen grup-pieren sich im Viereck um die zentrale Endmontage. Sie sind als flexible Tische ausgeführt, die von ihrer Rückseite her mit Material beschickt werden. „So kön-nen wir die Arbeitsplätze je nach Erfor-dernissen schnell neu zusammenstellen, wobei uns die in der abgehängten Decke vorhandenen Versorgungsleitungen, die von oben herangeführt werden, ebenfalls flexibel machen“, erläutert Stäbler die-

ses Konzept, das zugleich den Ablauf jedes einzelnen Arbeitsschrittes optimiert.

Apropos Optimierung: An jeder Stelle wird kontinuierlich überprüft, wie sich die Zuverlässigkeit und Qualität der Pro-dukte noch effizienter erreichen lässt. „Wir haben hier nicht den Ehrgeiz, auch noch solche Komponenten selbst zu ferti-gen, die wir am Markt in gleicher Qualität preiswerter einkaufen können“, sagt Stäb-ler, der sich bei der Belieferung anderer Dräger-Produktionsstandorte im Wettbe-werb mit externen Lieferanten sieht. Bei kritischen Dingen – wie den elektrome-chanischen Komponenten – führe jedoch an der Produktion in Lübeck kein Weg vorbei. Doch auch hier ließe sich immer wieder Effizienz-Potenzial heben, erin-nert Stäbler an einen kompletten Rein-raum, der jedoch nur zur Fertigung von lediglich 20 Prozent der Komponenten zwingend notwendig war: „Also führten wir die ‚Reinen Werkbänke‘ ein, was die Produktion beschleunigt und auch weni-ger belastend für die Mitarbeiter ist.“

Die Mitarbeiter sind – neben der Tech-nologie – Kern der Dräger-Qualität. Michael Stäbler setzt hier auf ein kollegiales Kon-zept von Experten, die ihrerseits über den Tellerrand blicken: „Information ist das A und O. Jeder muss wissen, welchen Anteil seine Arbeit am Gesamtprodukt hat.“ Die-ses Konzept fördert die Eigenverantwort-lichkeit der Mitarbeiter, die beispielsweise bei der Endmontage oft selbst entscheiden können, ob sie ein Produkt komplett allein fertig stellen oder einzelne Arbeitsschrit-te untereinander aufteilen. „Die Tendenz der langjährigen Mitarbeiter geht natür-lich dahin, dass sie die komplette Montage

teamarbeit: Optimale Anordnung der Arbeitsplätze sichert die Qualität.

hohe konzentration am Arbeitsplatz, wo das Armband statische Aufladungen ableitet (links). rechts die beatmungsgeräte im Dauertest.

Schlüsselfertig heißt, dass der kunde sein maßgeschneidertes beatmungsgerät der Verpackung komplett montiert entnehmen kann.

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ses Konzept, das zugleich den Ablauf jedes einzelnen Arbeitsschrittes optimiert.

Apropos Optimierung: An jeder Stelle wird kontinuierlich überprüft, wie sich die Zuverlässigkeit und Qualität der Pro-dukte noch effizienter erreichen lässt. „Wir haben hier nicht den Ehrgeiz, auch noch solche Komponenten selbst zu ferti-gen, die wir am Markt in gleicher Qualität preiswerter einkaufen können“, sagt Stäb-ler, der sich bei der Belieferung anderer Dräger-Produktionsstandorte im Wettbe-werb mit externen Lieferanten sieht. Bei kritischen Dingen – wie den elektrome-chanischen Komponenten – führe jedoch an der Produktion in Lübeck kein Weg vorbei. Doch auch hier ließe sich immer wieder Effizienz-Potenzial heben, erin-nert Stäbler an einen kompletten Rein-raum, der jedoch nur zur Fertigung von lediglich 20 Prozent der Komponenten zwingend notwendig war: „Also führten wir die ‚Reinen Werkbänke‘ ein, was die Produktion beschleunigt und auch weni-ger belastend für die Mitarbeiter ist.“

Die Mitarbeiter sind – neben der Tech-nologie – Kern der Dräger-Qualität. Michael Stäbler setzt hier auf ein kollegiales Kon-zept von Experten, die ihrerseits über den Tellerrand blicken: „Information ist das A und O. Jeder muss wissen, welchen Anteil seine Arbeit am Gesamtprodukt hat.“ Die-ses Konzept fördert die Eigenverantwort-lichkeit der Mitarbeiter, die beispielsweise bei der Endmontage oft selbst entscheiden können, ob sie ein Produkt komplett allein fertig stellen oder einzelne Arbeitsschrit-te untereinander aufteilen. „Die Tendenz der langjährigen Mitarbeiter geht natür-lich dahin, dass sie die komplette Montage

vorziehen“, hat Stäbler beobachtet, aber auch, dass dieses bei gerade erst eingear-beiteten Mitarbeitern, die Nachfragespit-zen abfangen, nicht möglich ist.

Die fertigen Geräte werden dann intern strengen und aufwendigen Tests unterzogen, an deren Anfang die Kon-trolle auf Hochspannungsfestigkeit mit 1.500 Volt steht. Danach läuft jedes einzel-ne Gerät durchgehend zwölf Stunden lang unter Volllast in einem 40 Grad warmen Heißraum. „Gerade Beatmungsmaschi-nen vom Typ Savina werden oftmals in Ländern mit diesen Temperaturen betrie-ben“, begründet Stäbler diesen Test. Ihm folgt eine mindestens 75 Minuten dauern-de Prüfung aller mechanischen, elektri-schen, sicherheits- und bedienungstech-nischen Funktionen. „Hierfür haben wir ausgewiesene Experten“, sagt Stäbler, die sich zudem perfekt in den Besonderhei-ten nationaler Zulassungen und Prüfvor-schriften auskennen müssen.

Schlüsselerlebnis

Ausgeliefert werden die Savinas genau in der Konfiguration, in der sie bestellt wur-den. Schlüsselfertig, was wörtlich zu neh-men ist. Denn sogleich greift Stäbler zu einem Inbusschlüssel, der jedem Gerät beiliegt: „Für uns ist es immer wieder ein Schlüsselerlebnis, wenn wir sehen, wie die Kunden sich über das kleine Werkzeug freuen. Es ist für sie nicht nur ein Stück-chen Sechskantstahl“, hat Stäbler beob-achtet, „sondern zeigt ihnen, dass wir auf jeder Ebene des Produktionsprozesses den Kundennutzen mitgedacht haben!“ Der Kunde öffnet einfach nur die Umverpa-ckung und kann seine Savina praktisch

betriebsfertig zum Einsatzort rollen. Zurück in Stäblers Büro – Stichwort: Qua-lität, Kreativität und Führung. „Eigentlich kann man alles, was man will“, sagt Stäb-ler. Man müsse nur die Gründe untersu-chen, die einen möglicherweise hindern und diese abbauen. Dabei sei Kreativität jenseits des Kästchendenkens notwendig, und verweist auf das Buch „Think Out Of The Box“. Dessen Titelbild zeigt, wie man eine quadratische Anordnung von neun Punkten sämtlich mit vier Strichen nur dann miteinander verbinden kann, wenn man „über das Kästchen hinausdenkt“. Hinzu kommt ein ausgeprägter Teamgeist nicht nur innerhalb der Produktion, son-dern auch im Hinblick auf andere Abtei-lungen. Nicht zuletzt macht Stäbler bei Führungen internationaler Kunden durch seine Produktion auch ihnen deutlich, wie hier in Lübeck Qualität und Zuverlässig-keit produziert werden.

Wenn man nach einem einzigen Wort für dieses Konzept einer Hightech-Manufaktur sucht, so könnte das „Flow“ sein. Damit ist nicht nur der hoch prä-zise durch Rubinkugel und Saphirring gesteuerte Luftstrom innerhalb der Beatmungsmaschine gemeint, sondern auch jener „Flow“, mit dem der ameri-kanische Psychologe Mihaly Csikszent-mihalyi eine besonders erstrebenswerte Form der Arbeit beschreibt. Sie ist durch ein „Aufgehen“ in der Tätigkeit gegeben, die wiederum durch sinnvolle Ziele und Eigenverantwortlichkeit gekennzeichnet ist. Dass Stäbler dieses Konzept lebt, war schon vom ersten Händedruck klar. Dass er es im Arbeitsleben tagtäglich umsetzt hat System. Nils Schiffhauer

Am Ende zeigt die schlüsselfertige Auslieferung, wie Kundennutzen von Anfang an mitgedacht wurde

Teamarbeit: Optimale Anordnung der Arbeitsplätze sichert die Qualität.

Hohe Konzentration am Arbeitsplatz, wo das Armband statische Aufladungen ableitet (links). Rechts die Beatmungsgeräte im Dauertest.

Schlüsselfertig heißt, dass der Kunde sein maßgeschneidertes Beatmungsgerät der Verpackung komplett montiert entnehmen kann.

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Ausblick feuerwehr

Forschung für die ZukunftDer brAndschutZ in Deutschland wird sich in den kommenden Jahren verändern, um auf den demografischen wandel und neue einsatzbilder zu reagieren. aktuelle forschungsprojekte bereiten schon heute technik und Strukturen für die Zukunft der feuerwehr vor.

telemetrie und persönliche Ortungstechnik, virtuelle Realität und Nanomaterialien sollen künftig zur Per-sönlichen Schutzausrüstung (PSA) der Feuerwehren in Deutschland gehören. Die innovativen Techniken sind Antwor-ten auf den Wandel, der den Feuerweh-ren im ersten Viertel des 21. Jahrhun-dert bevorsteht: Mittelfristig wird die Zahl der Einsatzkräfte sinken, während Ein-sätze wie etwa Hilfeleistungen und Kata-strophenschutz nach Wetterereignissen zunehmen dürften, ist sich Silvia Darm-städter, Pressesprecherin des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) sicher. „Feu-erwehren müssen aber ein integraler Bestandteil kommunaler Daseinsvorsor-ger bleiben“, unterstreicht die Expertin.

Das „Problembewusstsein für demo-grafische und andere Veränderungen in der Feuerwehr“ sei hierzulande hoch, betont Berthold Penkert, stellvertreten-der Leiter des Institutes der Feuerwehr in Nordrhein-Westfalen. Die Feuerwehren mit derzeit mehr als einer Million Akti-ven und rund 250.000 Jugendfeuerwehr-leuten gestalten den Wandel deshalb aktiv mit. So hat die Vereinigung zur Förderung des Brandschutzes (vfdb) bereits 2002 in einem Zukunftsworkshop unter anderem die Verbesserung der Kommunikations-technik und die Förderung der Grund-lagenforschung als wichtige Forderun-gen erarbeitet. Das Zukunftsprogramm „DFV 2020 – Strategien für eine siche-re Zukunft“ des DFV aus dem Jahr 2008 nennt neben weiteren Zielen die stärke-re Jugendförderung und eine verbesserte Ausbildung. Auf „Zukunftsfähige Struktu-ren und Technik“ ging das gleichnami-

ge Panel des Zukunftskongresses ein, den der DFV 2008 ausrichtete. Hier wurde unter anderem eine bundeseinheitliche PSA gefordert, auf der – je nach Einsatz-spektrum und Aufgabe des Brandschüt-zers – eine Individualisierung für Spezi-alisten aufbauen kann.

nanobeschichtungen schützen

Wie die Umsetzung dieser Visionen in der technischen Realität aussehen könn-te, beschreibt Dr. Sabine Richter, Wis-senschaftliche Mitarbeiterin am Institut der Feuerwehr Sachsen-Anhalt: Wissen-schaftler forschen unter anderem an neu-en Materialien der Ausrüstung, etwa an Nanobeschichtungen zur Verbesserung der Schutzwirkung gegen Hitze, Nässe und gefährliche Stoffe. Beschichtungen sollen auch Grenzwert-Überschreitungen anzeigen, zum Beispiel die Überhitzung bei einem Brandeinsatz.

Der größte Innovationsschub dürf-te aber das Gesamtsystem PSA betreffen: „Durch den Einbau so genannter ,weara-bles‘ wird die Schutzkleidung weiter auf-gewertet“, sagt Dr. Richter voraus. Das betreffe etwa die telemetrische Übermitt-lung von Vitaldaten, sodass unter anderem die Herz- und Atemfrequenz sowie die Kör-perkerntemperatur der Feuerwehrleute durch die Einsatzleitung überwacht wer-den können. Die PSA soll außerdem kon-tinuierlich die Konzentrationen gefährli-cher Stoffe und die Temperatur messen.

An einem solchen Konzept forscht der-zeit die Hochschule Niederrhein in Mön-chengladbach am Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik: Sensoren unter der PSA messen kontinuierlich die Vitaldaten

der Einsatzkräfte. „Bei kritischen Werten kann so durch die Einsatzleitung rechtzei-tig die Selbstrettung eingeleitet werden“, erklärt Dr. Andrea Tillmanns.

Der Feuerwehrhelm der Zukunft könnte zu einer Informations- und Kom-munikationszentrale der Einsatzkräfte werden und neben dem Sprechfunk auch ein Head-Mounted-Display (HMD) tragen, auf dem Informationen eingeblendet wer-den können. Möglich wird solche indivi-dualisierte Schutz- und Messausrüstung durch die Miniaturisierung der Systeme, die Kombination mehrerer Funktionen in einem Apparat und neue Datenüber-tragungstechniken.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) führt zum The-ma PSA insbesondere das im Rahmen des Themenfeldes „Integrierte Schutzsysteme für Rettungs- und Sicherheitskräfte“ vom BMBF geförderte Projekt „SensProCloth“ an. Es erforscht die systemintegrierte sen-sorische Schutzbekleidung für Feuerwehr und Katastrophenschutz. Dabei geht es neben der Messung von Vitaldaten und Umfeldparametern sowie der Kommu-nikation auch um die Ortung von Feuer-wehrleuten während des Einsatzes.

Kommunikation und Ortung gehö-ren auch zu den funktionellen Merk-malen des Forschungsvorhabens „Safe“ (Semipermeable Anzüge für Einsatzkräf-te), welches das Ministerium ebenfalls fördert. Ziel der Entwicklung sind die Steigerung von Sicherheit und Komfort, um längere Einsatzzeiten möglich zu machen. Neue Möglichkeiten der Warn-wirkung von Einsatzkleidung soll da- gegen das Projekt „Lumitext“ (Textilien > S

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forschung Ausblick

Die Gefahr bleibt, doch Forschung wird

die sicherheit noch weiter erhöhen.

Forschung für die ZukunftDer brAnDschutZ in Deutschland wird sich in den kommenden Jahren verändern, um auf den demografischen Wandel und neue einsatzbilder zu reagieren. aktuelle forschungsprojekte bereiten schon heute technik und strukturen für die Zukunft der feuerwehr vor.

der Einsatzkräfte. „Bei kritischen Werten kann so durch die Einsatzleitung rechtzei-tig die Selbstrettung eingeleitet werden“, erklärt Dr. Andrea Tillmanns.

Der Feuerwehrhelm der Zukunft könnte zu einer Informations- und Kom-munikationszentrale der Einsatzkräfte werden und neben dem Sprechfunk auch ein Head-Mounted-Display (HMD) tragen, auf dem Informationen eingeblendet wer-den können. Möglich wird solche indivi-dualisierte Schutz- und Messausrüstung durch die Miniaturisierung der Systeme, die Kombination mehrerer Funktionen in einem Apparat und neue Datenüber-tragungstechniken.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) führt zum The-ma PSA insbesondere das im Rahmen des Themenfeldes „Integrierte Schutzsysteme für Rettungs- und Sicherheitskräfte“ vom BMBF geförderte Projekt „SensProCloth“ an. Es erforscht die systemintegrierte sen-sorische Schutzbekleidung für Feuerwehr und Katastrophenschutz. Dabei geht es neben der Messung von Vitaldaten und Umfeldparametern sowie der Kommu-nikation auch um die Ortung von Feuer-wehrleuten während des Einsatzes.

Kommunikation und Ortung gehö-ren auch zu den funktionellen Merk-malen des Forschungsvorhabens „Safe“ (Semipermeable Anzüge für Einsatzkräf-te), welches das Ministerium ebenfalls fördert. Ziel der Entwicklung sind die Steigerung von Sicherheit und Komfort, um längere Einsatzzeiten möglich zu machen. Neue Möglichkeiten der Warn-wirkung von Einsatzkleidung soll da- gegen das Projekt „Lumitext“ (Textilien > S

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mit elektrolumineszierenden Eigen-schaften für Sicherheitsbekleidung und technische Anwendungen) eröffnen: Im Gegensatz zu herkömmlichen, passiven Reflektoren sollen sich diese Leuchtef-fekte künftig aktiv schalten lassen.

Interaktive Orientierung im Einsatz ist das Ziel des Projektes „Landmar-ke“. Dabei verteilen die Feuerwehrleu-te im Einsatz Sonden, die mit Sensor- und Übertragungstechnik ausgerüstet sind. Im Zusammenspiel mit interakti-ver PSA vereinfachen diese Markierun-gen die Orientierung auch unter schwie-rigsten Umgebungsbedingungen.

Die Verbesserung der Einsatzausrüs-tung von Feuerwehrleuten ist nur einer von mehreren Parametern, wenn es um die Gestaltung der Zukunft des Brand-schutzes in Deutschland geht. Ent-scheidend für die Sicherung des heuti-gen Systems sind auch die noch stärkere Jugendförderung, eine höhere Übernah-mequote aus den Jugendwehren und die Aktualisierung der Ausbildung. Zur Zukunft der Feuerwehr gehören ebenso Veränderungen in den Kommunikations- und Organisationsstrukturen. Das haben

unter anderem vfbd und DFV mehrfach betont. Auch das BMBF sieht neben der Forschung die „Organisation und intel-ligente Strukturierung der Einsätze“ als Herausforderung. Hintergrund ist, dass künftig bei den meisten Einsätzen ver-schiedene Wehren im ,Rendezvous-Ver-fahren‘ kooperieren. Insbesondere Spe-zialisten sollen dabei von außen zu den lokalen Einsatzkräften stoßen.

bald mit dem Hubschrauber?

Den erstmals 2006 diskutierten Hub-schraubereinsatz zur Personalverstär-kung im schwach besiedelten Raum hat auch eine 2007 von der vfdb veröffentlich-te Studie zum demografischen Wandel in der Feuerwehr aufgegriffen: So könn-te auch tagsüber an Werktagen sicherge-stellt werden, dass überall in einem Land-kreis genügend Atemschutzgeräteträger zur Verfügung stehen. Derartige Szena-rien verlangen nach einer modernen Kommunikationsausrüstung nicht nur in Deutschland: Die Fachhochschule Ober-österreich hat im Forschungsvorhaben „Emerc“ ein digitales System entwickelt, das den Einsatzkräften unter anderem

digitale Landkarten, Kraftfahrzeug-Ret-tungsblätter und Gefahrstoffdaten zur Verfügung stellt. Digitale Systeme wer-den auch die Ausbildung der Brandschüt-zer verändern: Das reicht von der Steue-rung von Anlagen zur Übung typischer Einsätze unter realen Bedingungen bis zur Simulation von Großschadensereig-nissen. Zu den aktuellen Vorhaben zäh-len das EU-Projekt „Virtual Fires“ und der Simulationsteil des vom BMBF geförder-ten Programms „Spider“ (Security Sys-tem for Public Institutions in Disastrous Emergency Scenarios).

Die Zukunft der Feuerwehr ist ein hoch dynamischer Prozess, in dem inno-vative technische Lösungen Schlüssel-positionen einnehmen. Die Investition in Forschung und Innovation für Brand- und Katastrophenschutz am Standort Deutschland nützt dabei allen Beteiligten, beschreibt die vfdb im Abschlussbericht ihres Zukunftsworkshops: Während Feuer-wehren und Bürger von einem modernen Sicherheitsstandard profitieren, halten Forschung und Industrie ihren internati-onalen Wissensvorsprung im Bereich der Sicherheitstechnologie. Peter Thomas

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im institut für Neue Materialien in saarbrücken wird auch für die sicherheit der Zukunft geforscht (links). Das bild rechts zeigt einen entwickelten stoff mit einer Oberfläche von Nanopartikeln, an der Flüssigkeiten einfach abperlen.

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Service

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NOrDAMeriKA Draeger Safety, Inc. 101 Technology Drive Pittsburgh, PA 15275, USA Tel. +1 412 787 83 83 Fax +1 412 787 22 07

ASieN / PAZiFiK Draeger Safety Asia Pte. Ltd. 67 Ayer Rajah Crescent # 06-03 Singapore 139950 Tel. +65 68 72 92 88 Fax +65 65 12 19 08

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IMPRESSUMHerausgeber: Drägerwerk ag & Co. Kgaa, Corporate Communications Anschrift der redaktion: Moislinger allee 53–55, 23542 Lübeck / [email protected], www.draeger.com chefredaktion: björn Wölke, tel. +49 451 882-2009, fax +49 451 882-3197 verlag: tellus PubLIShINg gMbh redaktionelle Beratung: Nils Schiffhauer (V.i.S.d.P.) Art Direktion, Gestaltung und Bildredaktion: redaktion 4 gmbh, hamburg Druck: Dräger + Wullenwever print+media iSSN 1869-7275

Die beiträge im Drägerheft informieren über Produkte und deren anwendungsmöglichkeiten im allgemeinen. Sie haben nicht die bedeutung, bestimmte eigenschaften der Produkte oder deren eignung für einen konkreten einsatzzweck zuzusichern. alle fachkräfte werden aufgefordert, ausschließlich ihre durch aus- und fortbildung erworbenen Kenntnisse und praktischen erfahrungen anzuwenden. Die ansichten, Meinungen und äußerungen der namentlich genannten Personen sowie der externen autoren, die in den texten zum ausdruck kommen, entsprechen nicht notwendigerweise der auffassung der Dräger werk ag & Co. Kgaa. es handelt sich ausschließlich um die Meinung der jeweil igen Personen. Nicht alle Produkte, die in dieser Zeitschrift genannt wer den, sind weltweit erhältlich. ausstattungspakete können sich von Land zu Land unter scheiden. änderungen der Produkte bleiben vorbehalten. Die ak tuellen Informationen erhalten Sie bei Ihrer zuständigen Dräger-Vertretung. © Drägerwerk ag & Co. Kgaa, 2010. alle rechte vorbehalten. Diese Ver öffentlichung darf weder ganz noch teilweise ohne vorherige Zustimmung der Drägerwerk ag & Co. Kgaa wiedergegeben werden, in einem Datensystem gespeichert oder in irgendeiner form oder auf irgendeine Weise, weder elektronisch noch mechanisch, durch fotokopie, aufnahme oder andere art übertragen werden.

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Runde Sache: X-zone 5000 misst und warnt im VollkreisDas Dräger X-zone 5000 überwacht typischerweise einen Umkreis von etwa 25 Meter auf gefährliche Gase und erhöht seinen Radius durch drahtlose Vernetzung mit bis zu 25 weiteren Geräten. Aber wie? Ein persönliches Mehrgasmessgerät X-am 5/5600 1 wird als Detektor für bis zu sechs Gase in die Aufnahme 2 gelegt und über Kontakte 3 geladen. Die zentrale Stromversorgung übernimmt ein Bleigelakku 4 , der auch bei Kälte 60 Stunden (12 Ah) oder sogar eine ganze Arbeits-woche (24 Ah) durchhält. Der Akku lässt sich auch kabellos und induktiv in einer Ladeschale 5 innerhalb von zehn Stunden aufladen.

Das Messgerät 1 misst das Gas an seiner Spitze und somit im Um-kreis von 360 Grad, ohne selbst Wind abzuschatten. Drei mit halber Drehung arretierbare Verriegelungen 6 halten die Abdeckkappe 7 . In Bereitschaft blinkt der Leuchtdiodenring 8 grün und leuchtet seg-

mentweise einen Kreis aus. Meldet der Detektor 1 Gas, schaltet die Anzeige auf rot. Zugleich ertönt eine Hupe 9 , die aus zwei zueinander montierten Lautsprechern besteht: So wird in einem Frequenzband von 1500 bis 2300 Hertz mit einer Lautstärke von bis zu 108 dB @ 1 m ge-warnt – so laut wie ein Presslufthammer.

Eine auch im industriellen Umfeld funktionierende Funkverbindung verknüpft bis zu 25 mobile Warngeräte automatisch zu einer Warnkette. Sobald ein Gerät Gas wittert, schlägt es wie üblich optisch (rot) und akustisch Alarm. Bei allen anderen Geräten schlägt ebenfalls die Hupe an, und die Anzeige dieser „Tochtermelder“ leuchtet rot/grün. Am gum-mierten Tragegriff 10 liegt das sieben bis zehn Kilogramm schwere Ge-rät sicher in der Hand. Drei solide Füße 11 sorgen für Standfestigkeit und genügend Bodenfreiheit – etwa bei Wasserlachen.

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