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F-Praktikum für Physiker Versuch EH: Elektronenholographie Dr. Michael Lehmann ISP Institut für Strukturphysik der TU Dresden www.Triebenberg.de

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F-Praktikum für Physiker

Versuch EH: Elektronenholographie

Dr. Michael Lehmann

ISP Institut für Strukturphysik der TU Dresden www.Triebenberg.de

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Inhaltsverzeichnis

1 WICHTIG: ORGANISATORISCHES ZUM VERSUCHSTAG 1

2 ZIEL DES VERSUCHS 3

3 GRUNDLAGEN DER ELEKTRONENMIKROSKOPIE 3

3.1 Aufbau eines Transmissions-Elektronenmikroskops (TEM) 3

3.2 Elektronenquellen 5

3.3 Magnetische Rundlinsen 7

3.4 Slow-scan CCD-Kamera 7

4 INTERFERENZ IM ELEKTRONENMIKROSKOP 8

4.1 Elektronen besitzen Welleneigenschaften 8

4.2 Das Möllenstedtsche Elektronenbiprisma 9

4.3 Eigenschaften des Interferenzfeldes 13 4.3.1 Interferenzstreifenabstand und Breite des Interferenzfeldes 13 4.3.2 Fresnelsche Beugungssäume 14

4.4 Kohärenzeigenschaften 15 4.4.1 Winkelkohärenz 15 4.4.2 Längenkohärenz 17 4.4.3 Richtstrahlwert 17

5 ELEKTRONENHOLOGRAPHIE 18

5.1 Elektronenholographie – the very Basics 18

5.2 Phasenschiebung durch elektrische und magnetische Felder 20

5.3 Rekonstruktion von Elektronenhologrammen 21

5.4 Anwendungen der off-axis Elektronenholographie 22

6 HIERÜBER SOLLTEN SIE SICH MAL EIN PAAR GEDANKEN MACHEN ... 23

7 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG 23

8 EIN PAAR WORTE ZUM PROTOKOLL ... 24

9 LITERATURHINWEISE 24

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 1

1 Wichtig: Organisatorisches zum Versuchstag Der Versuch findet im neuen Labor für höchstauflösende Elektronenmikroskopie und -holographie auf dem Triebenberg statt. Sie finden leider (noch) keine Hinweisschilder auf das Labor. Richten Sie sich bitte nach der Karte (Abbildung 1.1). Es kann auf dem Gelände geparkt werden. Wenn Sie nicht motorisiert sind, so setzen Sie sich bitte rechtzeitig mit den Versuchsbetreuer Dr. Dorin Geiger, Tel. 0351/215089-11 bzw. [email protected] (Sekretariat, Frau Pietzsch: 0351/463-36050) in Verbindung, um einen Treffpunkt auszumachen. Der Weg zum Labor mit ÖPNV ist auf der nächsten Seite beschrieben. Der Versuch beginnt um 9:00 Uhr und geht bis zum späten Nachmittag. Bringen Sie sich was zu Essen mit. Kühlschrank, Elektroherd, Ofen und Mikrowelle stehen zur Verfügung.

In Plattenweg einbiegen. Das

Schild "Durchfahrt verboten" gilt nicht

für Mitglieder der TU Dresden.

Bühlau

Abbildung 1.1: Karte des Schönfelder Hochlands. Das Speziallabor liegt auf Dresdens höchstem Berg, dem Triebenberg.

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 2

Anfahrt zum Labor mit ÖPNV

Das Labor befindet sich auf dem Triebenerg in der Nähe von Zaschendorf im Schönfelder Hochland. Die nächsten Haltestellen sind Zaschendorf (bedient durch Hochlandexpress) und Schönfeld Friedhof (bedient durch Hochlandexpress und Regionalbus 226). Von Zaschendorf sind es etwa 15 min zu Fuß, von Schönfeld Friedhof 30 min bis 40 min.

Hochlandexpress Linie 98C fährt ab Weissig Hutbergschule. Hochlandexpress Linie 98B fährt ab Niederpoyritz über Pappritz und Gönnsdorf. Fahrplan unter www.vvo-online.de oder www.hochlandexpress.de

Bus 226 fährt ab Bühlau, Ullersdorfer Platz. Fahrplan unter www.vvo-online.de.

Nach Bühlau kommen Sie mit Straßenbahn 11 oder mit Bus 61. Nach Weissig kommen Sie mit Bus 61 oder Regionalbus 261. Bus 261 fährt ab Hauptbahnhof und hält am Pirnaischen Platz, Albertplatz, Angelikastraße. Nach Pappritz und Gönnsdorf kommen Sie mit Bus 61. Vorsicht: Bus 61 fährt von Bühlau in 3 Richtungen ab: nach Weissig, nach Pappritz (Fernsehturm) und nach Löbtau.

Am einfachstem ist eine Verbindung über Reiseauskunft der Deutsche Bahn zu finden. Unter http://reiseauskunft.bahn.de geben sie als Zielhaltestelle entweder "Zaschendorf, Dresden" oder "Schönfeld Friedhof, Dresden" ein.

Für den Rückweg können Sie in der Regel mit dem Betreuer oder mit einem anderem Mitarbeiter des Labors per Auto mitfahren.

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 3

2 Ziel des Versuchs Die Frage "Wie kann ein Teilchen mit sich selber interferieren?" erhitzt unter Physikern immer wieder die Gemüter. In diesem Versuch werden Sie zwar die nicht Antwort erfahren, denn es gibt keine im Rahmen unseres (beschränkten) Erfahrungshorizonts; dennoch werden Sie erleben, dass Elektronen sich mal als Teilchen, mal als Welle verhalten. Dabei nimmt der Begriff der Kohärenz einen breiten Raum ein. Ausserdem wird Ihnen der Versuch die Grundlagen der off-axis Elektronenholographie näher bringen und Ihnen einen Vorgeschmack auf die Nützlichkeit der Fouriertransformation geben.

3 Grundlagen der Elektronenmikroskopie Die Auflösungsgrenze eines Lichtmikroskops ist durch die numerische Apertur des Objektivs und durch die Wellenlänge des verwendeten Lichts gegeben,

α

λ=

λ=δ

sin61.061.0min nN A

(3.1)

wobei α den halben Öffnungswinkel des Objektivs und n des Brechungsindex vor der Objektivlinse beschreibt. Bei Verwendung eines Immersionsöls werden für die numerische Apertur Werte von NA = 1.4 erreicht, so dass die Auflösungsgrenze zu dmin = λ/2 abgeschätzt werden kann. Für sichtbares Licht folgt hieraus eine Auflösungsgrenze von dmin = 200 nm. Um höhere Auflösungen zu erzielen, bietet es sich an, die Wellenlänge λ zu verkleinern. Wie sich später zeigen wird, besitzen Elektronen eine sehr viel kleinere Wellenlänge als Licht.

Etwa 1930 begann Ernst Ruska (Nobelpreis 1986) mit der Entwicklung eines Elektronenmikroskops, bei dem das Objekt mit Elektronen durchstrahlt wird, einem sogenannten Transmissions-Elektronenmikroskop (TEM). Schon wenige Jahre später waren seine Geräte so weit fortgeschritten, dass die Auflösungsgrenze des Lichtmikroskops unterboten wurde. Bis heute ist das Grundprinzip des TEMs gleich geblieben; unzählige Weiter- und Neuentwicklungen haben jedoch das TEM zu einem der wohl vielseitigsten Instrumente der Physik, Materialwissenschaften und Biologie gemacht. Hierzu zählen z.B. die Auflösungsverbesserung bis zur Abbildung atomarer Strukturen und die Analytik von chemischen Kompositionen bis hin zur Bindungsanalyse von Strukturen im Subnanometerbereich. Und die Entwicklung ist längst nicht abgeschlossen .....

3.1 Aufbau eines Transmissions-Elektronenmikroskops (TEM) Abbildung 3.1 zeigt einen Querschnitt durch den Aufbau eines modernen Philips CM Elektronenmikroskops, wie es auch bei diesem Versuch zum Einsatz kommt. Er ähnelt dem Aufbau eines auf den Kopf gestellten Lichtmikroskops. Das Beleuchtungssystem wird aus der Elektronenquelle und dem Kondensor gebildet. Das Objekt, das untersucht werden soll, befindet sich in einem mit Subnanometer Genauigkeit bewegbaren Halter im magnetischen Feld der Objektivlinse. Eine Kontrastblende in der hinteren Brennebene der Objektivlinse erlaubt es, das Spektrum zu beschneiden und damit den Kontrast zu verstärken, was bei mittleren Auflösungen angewandt wird. Eine Feinbereichs-Beugungsblende in der ersten Bildebene ermöglicht die Abbildung von Beugungsbildern aus Objektbereichen von etlichen 100 nm. Die erste Bildebene wird durch das nachfolgende Linsensystem stark vergrößert auf dem Leuchtschirm abgebildet. Durch Anheben des Leuchtschirms können entweder Photoplatten oder der Chip einer Slow-scan CCD-Kamera belichtet werden.

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Electron GunAnode

Gun Alignment CoilsGun Valve V7

1st Condensor Lens2nd Condensor Lens

Beam Tilt Coils

Condensor 2 Aperture

TWIN Objective Lens

Specimen Stage

Selected AreaDiffraction ApertureDiffraction Lens

Intermediate Lens

1st Projector Lens2nd Projector Lens

Focussing Screen

Main Screen

Differential Aperture

Accelerator Cross-over

Ion GetterPump

Abbildung 3.1: Schnitt durch ein Elektronenmikroskop der Philips CM-Serie mit Strahlengang für Hellfeldabbildung ( Philips).

An das Vakuumsystem eines modernen Elektronenmikroskops werden hohe Anforderungen gestellt. Sowohl das Volumen als auch die Oberfläche des zu evakuierenden Raums sollte so klein wie möglich gehalten werden. Daher wird der Elektronenstrahl über weite Strecken in einem Rohr geführt. Die Säule ist in drei Bereiche unterteilt, die über Ventile voneinander getrennt werden können. Sie dienen gleichzeitig als Druckstufen. Bei Feldemissionsquellen muß im Strahlerzeuger ein Restgasdruck von besser als 10-9 mbar erreicht werden (UHV: Ultrahochvakuum), während in der Photokammer ein Druck von 10-5 mbar vollkommen ausreicht (HV: Hochvakuum). In der eigentlichen Säule beträgt der Restgasdruck etwa 10-7 mbar, der so niedrig wie möglich sein sollte, um Kontamination bzw. Ätzprozesse am Objekt unter dem Elektronenstrahl zu minimieren.

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3.2 Elektronenquellen In der Elektronenmikroskopie werden im wesentlichen zwei unterschiedliche Typen von Elektronenquellen eingesetzt: Thermische Quellen und Feldemissionsquellen (FEG: Field Emission Gun). Sie sind ein wenig wie Glühbirne und Laser. Die Glühbirne gibt vielleicht insgesamt mehr Licht, der Laser jedoch gibt einen hochfokussierten und intensiven Strahl.

engster Bündelquerschnitt,Cross-over

Kathode-UB

Wehneltelektrode-UB - UW Anode

Strahler-apertur αB

Abbildung 3.2: Skizze zum Verlauf der Elektronenbahnen in einem thermischen Strahlerzeuger bestehend aus Kathode, Wehneltelektrode und Anode (Triodensystem).

Abbildung 3.2 zeigt den Aufbau einer thermischen Elektronenquelle als Triodensystem aus Kathode, Wehneltelektrode und Anode. Als Emitter dient eine Wolfram-Haarnadel-Kathode, eine Spitzenkathode oder ein kegelförmig zugespitzter LaB6-Kristall. Der Emitter wird direkt oder indirekt über einen Heizstrom auf 2000 bis 2700 K beheizt. Im Abstand von einigen Zentel Millimeter zur Kathodenspitze befindet sich der Wehneltzylinder. Er liegt gegenüber der Kathode auf einem negativen Potential von wenigen 100 V. Über die Wehneltspannung werden u.a. die Größe des emittierenden Kathodenbereichs und ein engster Bündelquerschnitt ("Cross-over") durch Umlenkung der Elektronen hin zur optischen Achse eingestellt. Die Anode erzeugt das elektrische Feld zur Absaugung und Beschleunigung der Elektronen.

Bei der thermischen Elektronenquelle werden die Elektronen allein thermische Anregung ausgelöst. Entsprechend dem Sommerfeldschen Modell für Metalle wird der Festkörper durch einen Potentialtopf der Tiefe V0 repäsentiert, in dem sich die Leitungselektronen ohne gegenseite Wechselwirkung frei bewegen können (Abbildung 3.3). Bei der absoluten Temperatur T = 0 K sind alle Zustände bis zur Fermi-Energie EF besetzt, während die darüber liegenden Niveaus frei sind. Damit ein Elektron des Festkörper verlassen kann, muß mindestens die Austrittsarbeit W = |V0| – EF aufgebracht werden, was durch Zuführung von thermischer Energie geschieht.

V0

Austrittsarbeit W

Metall Vakuum

Fermi-Energie EF

x Abbildung 3.3: Im Rahmen des Sommerfeldschen Modells wird das Metallinnere durch einen Potenzialtopf der Tiefe V0 beschrieben.

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Kathode Extraktor Anode Gun Lens Abbildung 3.4: Schematischer Aufbau einer Schottky- bzw. Feldemissionsquelle

Der Aufbau einer Feldemissionsquelle unterscheidet sich zu dem einer thermischen Quelle (Abbildung 3.4): Um starke elektrische Felder an der Spitze der Kathode zu erzeugen, werden Spitzenkathoden verwendet, deren Spitze aus einem Stück orientierten Wolframdraht besteht. Die Spitze wird durch einen elektrochemischen Prozeß auf einen Durchmesser von etwa 100 nm geätzt. Die Extraktorelektrode liegt gegenüber der Kathode auf einem positiven Potential von wenigen kV. Zwischen Extraktor und Anode werden die Elektronen schließlich weiter beschleunigt. Im Unterschied zum thermischen Strahlerzeuger mit Wehneltelektrode entsteht kein reeller Cross-over, sondern eine kleine virtuelle Quelle, die vom Beschleunigungssystem abgebildet wird. Um eine reelle Quelle zu erhalten, wird meist schon im Strahlerzeuger ein erstes Linsensystem integriert ("Gun Lens").

Die Feldemission entsteht durch ein sehr starkes elektrisches Feld an der Kathode (E > 109 V/m). Damit wird die Potenzialbarriere zwischen Festkörper und Vakuum so dünn, dass Elektronenemission über den Tunnel-effekt in merklichem Umfang einsetzt (Abbildung 3.5). Technisch gesehen sind Feldemissionsquellen nicht einfach zu beherrschen, da sie ein extrem gutes UHV benötigen und die mechanischen Zugspannungen auf das Kathodenmaterial sehr hoch sind. Zudem emittieren reine Feldemissionsquellen nur eine geringe Intensität.

V0

W

Metall Vakuum

EF

∆WS

xTunnelbarriere

Abbildung 3.5: Schema zur Feldemission. Bei sehr hohen Feldstärken wird die Potenzialbarriere so dünn, dass sie durchtunnelt werden kann.

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Um die Nachteile der reinen Feldemission auszugleichen und dennoch einen hohen kohärenten Strom zu erhalten, wurden Schottky-Feldemissionsquellen entwickelt. Eigentlich sind sie eine Mischung aus Feldemission und thermischer Emission: Durch ein starkes elektrisches Feld unmittelbar vor der Kathode (E > 107 V/m) wird die Austrittsarbeit um ∆Ws abgesenkt (Abbildung 3.6). Damit können Elektronen mit Energien E > EF + (W – ∆Ws) die Kathode verlassen. Zusätzlich ist die Kathode mit ZrO2 beschichtet, was zu einer weiteren Absenkung der Austrittsarbeit führt. Folglich muß die Kathode nur noch auf etwa 1800 K geheizt werden, was die Energiebreite im Vergleich zu thermischen Quellen erheblich verschmälert.

3.3 Magnetische Rundlinsen Elektronenoptische Bauelemente wie Ablenker und Linsen beruhen in der Regel auf der Wirkung quasistatischer elektrischer und magnetischer Feld. Da jedoch elektrische Linsen nur eine Spannungsfestigkeit bis etwa 60 kV aufweisen, haben sich magnetische Rundlinsen durchgesetzt. Ihr prinzipieller Aufbau ist in Abbildung 3.7 dargestellt. Im Polschuspalt wird ein starkes Magnetfeld von etwa ein bis zwei Tesla erzeugt. Die maximale Feldstärke wird durch die Sättigungsmagnetisierung des Polschuhmaterials bestimmt. Wird diese überschritten, so drängen Feldlinien aus dem Material heraus, wodurch sich die Ausdehnung des felderfüllten Raums vergrößert. Dieser Effekt ist i.a. unerwünscht, da er die Abbildungseigenschaften der Linse verschlechtert.

3.4 Slow-scan CCD-Kamera Durch die Einführung moderner Slow-scan CCD (Charged-Coupled Device) Kameras mit hoher Pixelanzahl (meist 10242 bzw. auch 20482), hoher Dynamik (etwa 104), gutem Signal-zu-Rausch Verhältnis (Einzelelektronen-Nachweis) und hoher Linearität werden Photoplatten mehr und mehr ersetzt. Der prinzipielle Aufbau eines CCD-Chips beruht auf einer regelmäßigen Anordnung lichtempfindlicher Photozellen. Damit werden bei einer einzigen Aufnahme 10242 bzw 20482 Messwerte gleichzeitig aufgenommen, d.h. Datenmengen zwischen 2 und 8 MB pro Aufnahme.

V0

W

Metall Vakuum

EF

∆WS

x Abbildung 3.6: Schematische Darstellung des Potenzialverlaufs vor einer Kathode mit Schottky-Emission (äußeres Feld: durchgezogen; Spiegelladung: gepunktet).

z

Kern

Mantel

Polschuhe

Wicklungen

Abbildung 3.7: Aufbau einer magnetischen Rundlinse ( Helmut Banzhof)

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ElektronStreubirne

Reflexionsschicht

Szintillator

Szintillatorfaseroptik

Eingangsfaseroptik

CCD-Chip Abbildung 3.8: Schematischer Aufbau einer Slow-scan CCD-Kamera. Das Elektronenbild wird duch einen Leuchtschrim in eine Photonenverteilung umgewandelt und mit einer Faseroptik 1:1 auf den CCD-Chip abgebildet.

Zur Anwendung von Slow-scan CCD-Kameras am Elektronenmikroskop muss das Elektronenbild mittels eines Szintillators in eine Photonenverteilung umgewandelt werden (Abbildung 3.8). Die wird durch eine Übertragungsoptik, die meist aufgrund kleiner Verzeichnungen eine Faseroptik ist, auf den lichtempfindlichen CCD-Chip übertragen. Um den Dunkelstrom des CCD-Chips zu reduzieren, wird er von der Rückseite mittels eines Peltierelements auf etwa -30°C gekühlt.

4 Interferenz im Elektronenmikroskop Bislang sind wir noch nicht genauer darauf eingegangen, ob die oben beschriebenen Grundlagen des Elektronenmikroskops dem Teilchen- oder dem Wellenbild des Elektrons zuzuschreiben sind. Tatsächlich kann man z.B. die Abbildung durch eine magnetische Rundlinse sowohl als Elektronenbahnen (Teilchenbild) oder als sich ausbreitende Wellenfronten (Wellenbild) beschreiben. Interferenzen dagegen lassen sich nur im Wellenbild erklären. So soll im Folgenden die Welleneigenschaften des Elektrons eingeführt und der Versuchsaufbau für Elektroneninterferenzen skizziert werden.

4.1 Elektronen besitzen Welleneigenschaften Die Strahlung von elementaren Teilchen wie z.B. Elektronen besitzen eine erheblich kürzere Wellenlänge als Licht. Louis de Broglie entdeckte im Jahre 1924 diesen Zusammenhang zwischen Teilchenstrahlen und Wellen, den sogenannten Welle-Teilchen Dualismus. Demnach kann ein Teilchen mit dem Impuls p als Materiewelle mit der Wellenlänge

ph

=λ (4.1)

beschrieben werden (h: Plancksches Wirkungsquantum). Für ein Elektron, dass die Beschleunigungsspannung UA durchlaufen hat, folgt aus dem relativistischen Energiesatz:

+=⇒+=+=

20

02

042

022

212

cm

eUeUmpeUcmcmcpE A

AA , (4.2)

wobei m0: Ruhemasse des Elektrons c: Vakuumlichtgeschwindigkeit m0c2: Ruheenergie des Elektrons (E0 = m0c2 = 511 keV) e: Elementarladung

bedeuten. Setzt man den Impuls in die oberer Beziehung ein, so ergibt sich für die Wellenlänge eines Elektrons, das die Beschleunigungsspannung UA erfahren hat,

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+

20

02

12cm

eUeUm

h

AA

oder als "Daumenregel" [ ] [ ]V5.1

nmAU

=λ . (4.3)

0 100 200 300 4000

2

4

6

8

10

12

UA [kV]

λ [p

m]

Abbildung 4.1: Die Wellenlänge der Elektronen λ als Funktion der Beschleunigungsspannung UA. Die Wellenlänge ist gut fünf Größenordnungen kleiner als die des sichtbaren Lichtes.

Abbildung 4.1 zeigt die Wellenlänge der Elektrons als Funktion der Beschleunigungsspannung. Bei Beschleunigungsspannungen von 200 kV und 300 kV betragen die Wellenlängen 2.51 pm bzw. 1.97 pm, also fünf Größenordnungen kleiner als die des sichtbaren Lichtes. Trotz dieser extrem kleinen Wellenlänge erreichen heutige Elektronenmikrokope bislang keine subatomare Auflösung, da nicht der Beugungsfehler, sondern die sehr viel größeren Abbildungsfehler der Objektivlinse – sphärische Aberration und chromatische Aberration – die Auflösung auf 0.1 bis 0.2 nm beschränken. Diese Auflösungen werden zudem nur unter hohem technischen und methodischen Aufwand erreicht. Weltweit sind einige Arbeitsgruppen daran, die Grenze von einem Ångström (= 0.1 nm) entweder durch elektronenoptische Bauelemente wie den Korrektor für die sphärische Aberration ("Cs-Korrektor") oder durch holographische Aufzeichnungsverfahren wie die off-axis Elektronenholographie und die Fokusserien-Rekonstruktion zu knacken.

4.2 Das Möllenstedtsche Elektronenbiprisma Wie kann nun die Welleneigenschaft des Elektrons nachgewiesen werden? Natürlich durch Interferenz! In der Lichtoptik verwendet man zur Herstellung von Interferenzen ein Biprisma (Abbildung 4.2).

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α

β

rkierr

121

π=ψ rkierr

222

π=ψ

Quelle

Biprisma

Bildebene

I(x)

x Abbildung 4.2: Das lichtoptische Biprisma mit Strahlengang. Die beiden kohärenten Teilwellen ψ1 und ψ2 werden mittels des Biprismas zur Überlagerung gebracht. Es entsteht ein cos-förmiges Interferenzmuster.

Bei Verwendung einer monochromatischen, kohärenten Lichtquelle (zu dem Begriff "Kohärenz" siehe später) findet man nach dem Biprisma zwei ebene Wellen ψ1 und ψ2 mit Wellenzahl |k

1| = |k→

2| = k = 1/λ, die miteinander interferieren und folgende Intensitätsverteilung ergeben:

( ) ( ) ( )( )( ) ( )kxrkk

xI

πβ+=−π+=

ψ+ψψ+ψ=ψ+ψ=

2cos222cos22 21

*2121

221

rrr (4.4)

Wie kann nun ein Biprisma für Elektronen aufgebaut werden, das Elektronen so ablenkt, dass sie interferieren können? Dies wird durch das sogenannte Möllenstedtsche Biprisma verwirklicht (Abbildung 4.3).

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α

β

rkierr

121

π=ψ rkierr

222

π=ψ

Quelle

Biprisma

Bildebene

I(x)

x

γ

2 dBP

2 rF

a

b

Abbildung 4.3: Das elektrostatische Biprisma nach Möllenstedt und Düker.

Es besteht aus einem vergoldeten Quarzglasfaden (Radius rF ≈ 300 nm bei einer Goldauflage von ca. 20 nm) und zwei geerdeten Metallelektroden. Sie liegen parallel zum Faden im Abstand von dBP ≈ 1 mm. Legt man eine positive Spannung UF (Fadenspannung) an den Biprismafaden an, so entsteht ein elektrostatisches Feld Er, das wie ein Biprisma wirkt. Die Elektronen werden dabei im elektrostatischen Feld um den Winkel γ abgelenkt, der über die Fadenspannung UF eingestellt wird. Das elektrostatische Biprisma kann in erster Näherung (welche völlig hinreichend ist, da die Winkel α und γ in Wirklichkeit wesentlich kleiner sind, als in der Abbildung dargestellt ist) als Zylinderkondensator aufgefasst werden. Für diesen kann die radiale Feldstärke Er berechnet werden:

⋅=

F

BP

Fr

rd

Ur

Eln

1

(4.5)

Um dem lichtoptischen Biprisma zu entsprechen, muß nun der resultierende Umlenkwinkel γ unabhängig von r sein, was aufgrund der kleinen Dimensionen sehr gut erfüllt ist. Für den Umlenkwinkel γ erhält man folgende Beziehung:

FU⋅γ=γ 0 (4.6)

wobei

[ ]

[ ]

+

+⋅

π

kV1022kV1

kV511kV1

ln20

AA

A

F

BP UU

U

rd

(4.7)

die relativistisch korrigierte Biprismakonstante ist.

Das Möllenstedtsche Biprisma ist im Feinbereichs-Beugungshalter eingebaut, der normalerweise in der ersten Zwischenbildebene des Elektronenmikroskops liegt. Um jedoch Interferenzen aufzuzeichnen, muß die erste Zwischenbildebene verschoben werden, indem die

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nachfolgende Beugungslinse stärker erregt wird. Weitere Linsen (Beugungs-, Zwischen- und Projektivlinsen) bilden diese Zwischenbildebene hochvergrößert ab. Schließlich wird das "Interferogramm" wie in der Lichtoptik das Betragsquadrat der interferierenden Teilwellen als Intensitätsverteilung aufgezeichnet:

( ) ( )xkxIhol βπ+= 2cos22 (4.8)

β ist der volle Überlappungswinkel von beiden Teilwellen. Abbildung 4.4 zeigt ein solches Interferogramm, das am Philips CM200FEG ST/Lorentz Elektronenmikroskop bei einer Beschleunigungsspannung UA = 200 kV und einer Fadenspannung von UF = 63 V aufgenommen wurde.

sholwhol

Abbildung 4.4: Interferogramm, aufgenommen am Philips CM200FEG Elektronenmikroskop mit einer Fadenspannung UF = 63 V. Der Linescan zeigt deutlich Modulationen durch Interferenzen und Fresnelsche Beugungssäume. shol bezeichnet des Interferenzstreifenabstand und whol die Breite des Interferogramms.

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4.3 Eigenschaften des Interferenzfeldes Durch Anlegen der Spannung UF an den Biprismafaden werden beide Teilwellen kohärent überlagert. Die Wirkung des Biprismas kann als kohärente Aufspaltung der Beleuchtung in zwei virtuelle Quellen aufgefasst werden. Zusammen mit der eingestellten Geometrie (Abbildung 4.5) ergeben sich der Interferenzstreifenabstand und die Breite des Interferenzfeldes.

hintereBrennebene

Biprisma

Objektiv

Zwischenbildebene

Objektebene

f

a

b

rF

dBP

ximg

q

xobj

qc -qc

γ

β

whol,img

α

Abbildung 4.5: Strahlengang mit positiv angespannten Biprisma.

4.3.1 Interferenzstreifenabstand und Breite des Interferenzfeldes Der Interferenzstreifenabstand shol ergibt sich aus dem Überlagerungswinkel β der beiden virtuellen Quellen. Er ist unabhängig von der Wahl des Abstandes Biprisma – Zwischenbildebene b und wird im Experiment allein durch die Fadenspannung UF eingestellt:

Fchol Uak

fkq

s02

11γ

== (4.9)

Der Streifenabstand shol ist hier bereits auf die Objektebene bezogen, d.h. die Vergrößerung der Objektivlinse ist bereits berücksichtigt. a ist der geometrische Abstand zwischen Brenn-ebene des Objektivs und dem Biprisma und f die Brennweite der Objektivlinse. qc = kβ

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 14

beschreibt die Trägerfrequenz des Interferogramms, eine sehr wichtige Größe für die Aufnahme von off-axis Elektronenhologrammen, wie sie später besprochen werden.

Die Breite des Interferenzfeldes whol wird maßgeblich über die Fadenspanung UF und den Abstand Biprisma – Zwischenbildebene b eingestellt. Auf die Objektebene bezogen ergibt sie sich zu

af

rbafb

w Fhol 22

−+

γ=

(4.10)

wobei der letzte Term die Einschränkung des Interferenzfeldes durch die endliche Ausdehnung des Biprismas und folglich seines Schattenwurfes berücksichtigt.

4.3.2 Fresnelsche Beugungssäume Das Biprisma liegt im Elektronenmikroskop nicht in einer ausgezeichneten Ebene wie der Objektebene, der Brennebene oder der Zwischenbildebene der Objektivlinse. Daher treten an seinen Kanten Beugungserscheinungen auf, wenn der Biprismafaden kohärent beleuchtet wird. Diese sogenannte Fresnelsche Beugung an der Kante wirft keinen scharfen Schatten in die Zwischenbildebene, sondern Amplitude und Phase der einfallenden ebenen Welle werden entsprechend Abbildung 4.6 moduliert. Sie finden die Fresnelschen Beugungssäume auch im Interferogramm der Abbildung 4.4 wieder.

-2 -1 1 2 3 4

π4

−π4

12

− 12

1

0

32

Afres

Φ fres

A fres fres,Φ

[ ]xobj nm

geometrischer Schatten

undurchsichtige Halbebene

Abbildung 4.6: Amplitude und Phase der Fresnelschen Beugungssäume durch Beugung an einer Halbebene. Die x-Koordinate ist auf die Objektebene des Philips CM30FEG Elektronenmikroskops für ein Hologramm mit 0.1 nm Auflösung und einem Abstand Biprisma – Zwischenbildebene von b = 1.95 mm bezogen

Selbst wenn keine Fadenspannung am Biprisma anliegt, d.h. UF = 0 V, findet man aufgrund der kohärenten Überlagerung der beiden nach Fresnel abgebeugten Wellen auch im geometrischen Schattenbereich ein Interferenzstreifenmuster. Der Streifenabstand im Schattengebiet sF beträgt bezogen auf die die Objektebene

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 15

( ) krba

fbs

FF +

=2

(4.11)

4.4 Kohärenzeigenschaften Der Begriff der Kohärenz nimmt eine zentrale Stellung in der (Elektronen-)Optik ein. Daher soll die Kohärenz über die folgende anschauliche Definition eingeführt werden:

Schwingungen, die an verschiedenen Orten mit zeitlich konstanter Phasendifferenz erfolgen, nennt man kohärent (cohaerere, lat.: zusammenhängen). Die von kohärenten Schwingern ausgehenden Wellen besitzen in jedem Punkt des gemeinsamen Wellenfeldes ebenfalls eine zeitlich feste Phasenbeziehung. Zeitlich unveränderliche Interferenz lässt sich also nur dann beobachten, wenn die sich überlagernden Wellen kohärent sind. Kohärente Wellen müssen gleiche Frequenz besitzen; Wellen mit gleicher Frequenz müssen jedoch nicht kohärent zueinander sein.

Bislang sind wir von einer vollkohärenten, punktförmigen Elektronenquelle ausgegangen. Die Aufnahme von Interferogrammen mit partiell kohärenter Beleuchtung führt jedoch zu einer Kontrastreduzierung der Interferenzstreifen um den Faktor |µ| mit 0 ≤ |µ| ≤ 1. Dies legt nahe, den komplexen Kohärenzgrad

( )θµ=µ iexp (4.12)

einzuführen. Damit ergibt sich die normierte Intensitätsverteilung in einem Interferogramm zu

( ) ( )θ+πβµ+= kxxI 2cos1 (4.13)

Hierbei ist θ eine Phasenschiebung des cos-Musters bezüglich der optischen Achse, welche entsteht, wenn die Intensitätsverteilung der Quelle nicht rotationssymmetrisch bzgl. der Quelle ist, oder die Quelle selbst sich nicht auf der optischen Achse befindet.

Der komplexe Kohärenzgrad µ = µs µc setzt sich aus dem Winkelkohärenzgrad µs und dem Längenkohärenzgrad µc zusammen. Ihren Einfluss auf das Interferogramm soll in den nächsten beiden Abschnitten genauer betrachtet werden.

4.4.1 Winkelkohärenz Der Winkelkohärenzgrad µs wird durch die endliche Ausdehnung der Quelle bestimmt. Betrachten wir zunächst eine monochromatische, punktförmige Quelle. Eine Verschiebung ∆u des Quellpunktes zieht eine Verschiebung ∆x des zugehörigen Interferenzmusters in der Bildebene nach sich, d.h. es überlagern sich phasenverschobene Intensitätsverteilungen I(x) entsprechend Abbildung 4.7:

α

β

Quelle

Biprisma

Bildebene

I(x)

x

a

b

∆x

∆u

Abbildung 4.7: Zur Winkelkohärenz

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( ) ( )( )xxkxIi ∆+πβ+= 2cos1 . (4.14)

Für kleine Verschiebungen gilt entsprechend Abbildung 4.3

ab

ux

≅∆∆

und αβ

≅ba

. (4.15)

Wenn nun jeder Quellpunkt ui eine Intensitätsverteilung Ii(x) = 1 + cos(2πβk(x + ∆xi)) erzeugt, ergibt sich die Gesamtintensität durch inkohärente Addition zu

( ) ( )∑=i

i xIxI . (4.16)

Wird die Verschiebung des Interferenzmusters um ∆x durch die Quellenkoordinate u (Gleichung (4.15)) ausgedrückt und für die Quellenintensität pro Punkt dI/du = is(u) angesetzt, so ergibt sich die Gesamtintensität zu

( ) ( ) ( )( )∫ πα+πβ+= dukukxuixI s 22cos1 . (4.17)

Die Gesamthelligkeit der Quelle sei auf 1 normiert, d.h. ( ) 1=∫ duuis . Damit kann die

Gesamtintensität auch geschrieben werden als

( ) ( ) ( )∫ πα+πβ+= dukukxuixI s 22cos1 . (4.18)

Mit Hilfe der trigonometrischen Identität cos(α + β) = cosα cosβ – sinα sinβ erhält man aus Gleichung (4.18)

( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( )∫∫ παπβ−παπβ+= dukuuikxdukuuikxxI ss 2sin2sin2cos2cos1 (4.19)

sowie aus Gleichung (4.13)

( ) ( ) ( ) ssss kxkxxI θµπβ−θµπβ+= sin2sincos2cos1 . (4.20)

Der Koeffizientenvergleich der Gleichungen (4.19) und (4.20) liefert schliesslich

( ) ( )∫ πα=θµ dukuuisss 2coscos und ( ) ( )∫ πα=θµ dukuuisss 2sinsin (4.21)

bzw. mit Hilfe der Eulerschen Formel

( ) ( )∫ απθ =αµ=µ dueuie kuiss

is

s 2 . (4.22)

Der Winkelkohärenzgrad µ ist also nur vom Winkelabstand α der beiden Punkte in der Objektebene, nicht aber von ihrem Ort abhängig, und mindert den Streifenkontrast im gesamten Interferenzfeld gleichmäßig. Entsprechend dem Cittert-Zernike-Theorem ist der Winkelkohärenzgrad µs die Fouriertransformierte der Quellverteilung is(u), d.h. aus einer bekannten Kontrastminderung kann durch inverse Fouriertransformation auf die Quellgröße geschlossen werden, was z.B. in der Astronomie zur Bestimmung von Sterngrößen angewandt wird.

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4.4.2 Längenkohärenz Der Längenkohärenzgrad µc wird durch die endliche Energieverteilung ic(k) der Quelle um den Sollwert k0 bestimmt. Er wirkt sich ebenso wie der Winkelkohärenzgrad auf den Kontrast der Interferenzstreifen aus; jedoch ist er ortsabhängig, was in der folgenden Ableitung gezeigt wird.

Die Intensitätsverteilung eines Interferogramms mit einer endlichen Energiebreite der Quelle ergibt sich durch inkohärente Mittelung über alle Wellenzahlen k zu

( ) ( ) ( )[ ] dkxkkixI c βπ+= ∫ 2cos1 . (4.23)

Führt man eine Koordinatentransformation k = k0 + κ um den Sollwert k0 durch, so erhält man

( ) ( ) ( )∫∫ κκ+κκ+= κβπ−βπ−κβπβπ deiedeiexI xic

xikxic

xik 2222 00

21

21

1 , (4.24)

wobei davon ausgegangen wurde, dass die Energieverteilung der Quelle normiert ist, d.h. ( ) 1=κκ∫ dic . Ähnlich wie oben bietet es sich an, den komplexen Längenkohärenzgrad wie

folgt zu definieren:

( ) ( ) ( )∫ κκ=µ=µ κβπθ deiexx xic

icc

c 2 . (4.25)

Daraus ergibt sich das Interferogramm zu

( ) ( )cc xkxI θ+βπµ+= 02cos1 , (4.26)

wobei im Falle einer symmetrischen Energieverteilung θc = 0 gilt. Da sich der Längenkohärenzgrad |µc| als Fouriertransformierte der Quellverteilung bzgl. der Wellenzahl k ergibt, ist dieser im Gegensatz zum Winkelkohärenzgrad |µs| ortsabhängig und bestimmt folglich die Gesamtzahl der sichtbaren Interferenzstreifen. Dennoch konnte experimentell gezeigt werden, dass mit modernen Feldemissionsquellen mit Energiebreiten von etwa ∆E = 0.5 eV Elektroneninterferenzen bis zur 160000. Ordnung hergestellt werden können. Somit spielt der Längenkohärenzgrad in der späteren Anwendung der Aufzeichnung von off-axis Elektronenhologrammen eine untergeordnete Rolle und kann in guter Näherung als 1 angenommen werden.

4.4.3 Richtstrahlwert Aus der Winkelkohärenzbedingung folgt, dass die Ausdehnung der Quelle ("Beleuchtungs-apertur") und der Winkelabstand α der in der Beobachtungsebene überlagerten Punkte klein sein müssen, damit ein guter Kontrast im Interferenzmuster entsteht. Diese Anforderungen führen auf Intensitätsprobleme und zu Rauschen. Am besten geeignet ist eine Quelle, die einen möglichst hohen Strom Is aus der Quellfläche 2

ss rF π= in den Raumwinkel Ωs = πα2 emittiert.

Der Richtstrahlwert (engl.: brightness)

α

β

Quelle

Biprisma

Bildebene

I(x)

x

a

bβ'

Abbildung 4.8 : Zur Längenkohärenz

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ss

s

FI

= [ ]srcm

A2

=B (4.27)

verknüpft diese drei Größen zu einer Qualitätszahl, die eine optisch invariante Eigenschaft der Elektronenquelle ist. Dies bedeutet, dass z.B. eine rein optische Verkleinerung der Quellausdehnung keinen Vorteil bringen würde, da der zur Verfügung stehende kohärente Gesamtstrom durch den Richtstrahlwert der Quelle gegeben ist.

Daraus ergibt sich – unabhängig vom sonstigen Aufbau eines Elektronenmikroskops – der für kohärente Experimente beim Kohärenzgrad µ verfügbare Elektronenstrom zu

( )µλ−= ln20 BIcoh . (4.28)

Zum Vergleich seien Richtstrahlwerte verschiedener Quellen angegeben [ ]

=

srcm

A2B :

Haarnadelkathode: 5 ⋅ 104

Haarnadelkathode mit Spitze: 5 ⋅ 106

Haarnadelkathode mit einkristalliner Spitze aus LaB6: 2 ⋅ 107

Feldemissionsquelle: 1 ⋅ 109

5 Elektronenholographie Im Allgemeinen lernt man, dass von einer komplexen Welle ψ nur das Betragsquadrat als Intensität I = |ψ|2 = ψ⋅ψ* aufgezeichnet werden kann, wobei die Phaseninformation der Welle verloren geht. Folglich wird meist die Phaseninformation als unwichtig eingestuft. Gerade jedoch in der Elektronenmikroskopie sind die Objekte vornehmlich phasenschiebend, und für eine direkte Interpretation ist es unabdingbar, die Phaseninformation aufzuzeichnen. Zudem bewirken Bildfehler der Objektivlinse eine Vermischung von Amplituden- und Phaseninformation des Objekts, was die Interpretation der elektronenmikroskopischen Aufnahmen deutlich erschwert. Mit Hilfe eines Interferogramms können tatsächlich Phasenschiebungen, die der Elektronenwelle von einem Objekt aufgeprägt wurden, aufgezeichnet werden. Man bezeichnet dieses Interferogramm auch als Hologramm (Ursprung des Wortes Holographie: griech.: holos = vollständig, graphein = schreiben).

5.1 Elektronenholographie – the very Basics Gabor erkannte bereits 1948 dieses Phasenproblem der Elektronenmikroskopie und ersann die Elektronenholographie zur Aufzeichnung der kompletten Objektinformation in einem Interferenzmuster. Grundlage für Interferenzen ist jedoch wie oben eingeführt ein hoher Konhärenzgrad der Beleuchtungsquelle. Zunächst konnte in der Lichtoptik mit Konstruktion des ersten Rubin-Lasers im Jahre 1960 Interferenzen leicht hergestellt werden, so dass Leith und Upatnieks 1962 die lichtoptische off-axis Holographie realisieren konnten. In der Elektronenmikroskopie war die ungleich schwieriger zu realisieren, so dass es Wahl erst 1975 gelang, mit Hilfe eines elektrostatischen Biprismas nach Möllenstedt und Düker off-axis Elektronenhologramme aufzuzeichnen. Mit Entwicklung von Feldemissionsquellen, die einen guten Richtstrahlwert und damit einen hohen kohärenten Elektronenstrom aufweisen, gelang es Lichte im Jahre 1986, die off-axis Elektronenholographie bis in atomare Dimensionen voranzutreiben.

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 19

Objektwelle

Bildwelle

Elektronenmikroskop

Elektronenhologramm

Computer

Au

fnah

me

Rek

on

stru

ktio

nS

imu

lati

on

Ko

rrek

tur

Wave-Transfer-Function

Biprisma Fourier-Analyse

Objektivlinse

Objekt

hintere Brennebene

Abbildung 5.1: Schema zur Aufzeichnung und Rekonstruktion von Elektronenhologrammen.

Entsprechend Gabor's Idee ist die off-axis Elektronenholographie ein zweistufiger Prozeß (Abbildung 5.1): In einem ersten Schritt wird im Elektronenmikroskop Amplitude und Phase der Elektronenwelle in einer einzigen Aufnahme, dem sogenannten Elektronenhologramm, registriert, um dann in einem zweiten Schritt auf der lichtoptischen Bank oder heutzutage in einem Computer wieder vollständig rekonstruiert zu werden. Da nach Rekonstruktion die vollständige Information über die Elektronenwelle vorliegt, können alle Techniken der Wellenoptik insbesondere zur Korrektur der Bildfehler und zur quantitativen Analyse der aufgezeichneten Objektstruktur angewandt werden.

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 20

Zur Aufnahme von off-axis Elektronenhologrammen wird der gleiche Aufbau wie bei den Interferogrammen verwendet. Der einzigste Unterschied ist, dass das Objekt im Strahlengang so plaziert ist, dass ein Teil der ebenen Elektronenwelle, die sogenannte Referenzwelle, die Objektebene ungestreut passiert. Der andere Teil der ebenen Elektronenwelle wird vom Objekt moduliert (Abbildung 5.2). Beide Teilwellen werden durch die Objektivlinse abgebildet. Durch eine positive Spannung am Biprismafaden werden beide Teilwellen – Referenzwelle und die sogenannte bildfehlerbehaftete Bildwelle b(r→) = A(r→) eiΦ(r→) – zur kohärenten Überlagerung gebracht. Da wiederum nur das Betragsquadrat der der interferierenden Wellen aufgezeichnet werden kann, registriert man als Elektronenhologramm die Intensitätsverteilung

( ) ( ) ( ) ( )( )rrqrArArI crrrrrr

Φ+πµ++= 2cos21 2 . (5.1)

Früher wurden die Hologramme mittels Photoplatte aufgezeichnet; heute verwendet man hochwertige Slow-scan CCD-Kameras, die aufgrund ihrer hohen Linearität und der einfachen Handhabung der Photoplatte vorgezogen werden.

Entsprechend Gabor's Idee sind jetzt Amplitude und Phase der Bildwelle in einem Bild gespeichert: Die Amplitude der Bildwelle A(r→) ist im ortsabhängigen Kontrast der Interferenzstreifen kodiert und die Phaseninformation Φ(r→) ist in der ortsabhängigen Verschiebung des Streifensystems zu finden.

5.2 Phasenschiebung durch elektrische und magnetische Felder Wie kommen nun die Phasenschiebungen der Elektronenwellen zustande? Die de-Broglie Formel zeigt die Abhängigkeit der Elektronen-Wellenlänge λ0 von der kinetischen Energie bzw. vom Impuls der Elektronen p0. Damit ist aber auch zu erwarten, daß Elektronen, die ein Potenzial Φ durchlaufen, eine Änderung ihrer Wellenlänge erfahren. Diese Änderung läßt sich erfreulicherweise analog zur Lichtoptik behandeln. Das Potenzial wirkt für Elektronen wie ein optisch dichteres (oder dünneres) Medium. Daher kann man einen Brechungsindex n wie in der Lichtoptik einführen, wobei relativistische Effekte der Einfachheit halber weggelassen wurden:

0

0pp

n =λλ

= mit ( )( )rVUeEmp

Akinr

00

2

2+==

(5.2)

oder folglich

( ) ( )

AUrV

rnrr 01+= .

(5.3)

Ein Elektron, welches durch ein Potenzial V0, dem sogenannten inneren Potenzial, läuft, erfährt gegenüber einem nicht durch das Potenzial laufenden Elektron eine Phasenschiebung

+

Feldemissions-Elektronenquelle

Objektebene

hintere Brennebene

Bildebene

Biprisma

Objekt

Elektronenhologramm

Bildwelle Referenz-welle

Abbildung 5.2: Strahlengang zur Aufzeichnung eines Elektronenhologramms.

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 21

∆Φ. Sie berechnet sich über den Wegunterschied (zwischen geometrischem und optischem Weg) zu:

( )( ) tVtV

h

emt

UV

sdrnsA

t

00

:

2000

0000

22

21

22σ=

λπ=

λπ

=−λ

π=∆

λπ

=∆Φ

σ=

∫ 43421rr

, (5.4)

wobei s eine Wechselwirkungskonstante für Elektronen ist, die eine Beschleunigungsspannung UA erfahren haben, und t die Wegstrecke durch das Potenzial (z.B. die Objektdicke) bezeichnet.

Elektrische Felder von mikroskopischen Aufladungen bis hin zum Feld des Atomkerns schieben also die Phase der einfallenden Elektronenwelle. Aber auch magnetische Felder bzw. ihre Flüsse schieben die Phase, wie man es z.B. am Aharonov-Bohm-Effekt beobachtet. Schließen zwei Elektronenwellen den magnetischen Fluss Φmag ein, so wird ihre Phase gegenseitig um

magh

eΦ=Φ π2

(5.5)

verschoben. Im Folgenden sei das B-Feld senkrecht zur Zeichenebene angenommen. Bei dieser Überlegegung darf die Krümmung der Elektronenbahn durch das objektbedinge Magnetfeld vernachlässigt werden, da die Ablenkwinkel nur wenige mrad betragen und folglich bei den vorliegenden Objektdicken von 20 bis 30 nm der seitlicher Versatz der "Elektronenbahn" nur Bruchteile von nm beträgt, also praktisch ohne Einfluss ist.

5.3 Rekonstruktion von Elektronenhologrammen Bei der numerischen Rekonstruktion von Amplitude A(r→) und Phase Φ(r→) der Bildwelle b(r→) werden prinzipiell die gleichen mathematischen Schritte durchgeführt wie bei der lichtoptischen. Nach Fouriertransformation der reellen Intensitätsverteilung Ihol(r

→) erhält man im reziproken Raum das komplexe Fourierspektrum (vgl. Abbildung 5.3)

( ) ( ) ( ) ( ) ( )( ) ( ) ( )

FT FT

FT

FT

I r A r

A r e q q

A r e q q

holi r

ci r

c

r rr r rr r r

r

r

= +

+ ⊗ −

+ ⊗ +−

1 2 Autokorrelation

Seitenband +1

Seitenband -1.

µ δ

µ δ

Φ

Φ

(5.6)

Die Autokorrelation bezeichnet das Fourierspektrum der Bildintensität, das bis auf die Deltafunktion dem eines konventionellen elektronenmikroskopischen Bildes entspricht. Die beiden zueinander komplex konjugierten Seitenbänder, die durch die Trägerfrequenz q→c von der Autokorrelation getrennt sind, enthalten jeweils die vollständige komplexe Information über die Bildwelle b(r→).

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 22

Bildwelle

Amplitude Phase

Elektronenhologramm von Si3N4 komplexes Fourier Spektrum

Seitenband +1

Seitenband -1

Autokorrelation

FT

FT -1

2 nm 10 nm-1

Abbildung 5.3: Schritte zur numerischen Rekonstruktion der Bildwelle eines Kristalls von Si3N4 in [001] Orientierung aus einem Elektronenhologramm. Die Ausschnittsvergrößerung zeigt die Kontrastmodulationen und kleinste Verschiebungender Interferenzstreifen, in denen die Information über die Bildwelle in Amplitude und Phase kodiert ist.

Die nächsten Schritte der Rekonstruktion sind Zentrierung und Isolation des Seitenbandes, dessen Phaseninformation das physikalisch richtige Vorzeichen aufweist (es wird in dieser Arbeit mit "Seitenband +1" bezeichnet). Nach inverser Fouriertransformation erhält man die komplexe Bildwelle

( ) ( ) ( ) ( )b r A r e b ri r'r r rr

= µ = µΦ (5.7)

in Amplitude A(r→) und Phase Φ(r→), die sich von der ursprünglichen Bildwelle b(r→) nur dadurch unterscheidet, daß sie durch den konstanten Streifenkontrast µ gedämpft ist. Daher soll hier zwischen beiden Wellen nicht mehr unterschieden werden.

5.4 Anwendungen der off-axis Elektronenholographie Die off-axis Elektronenholographie ist ihren Kinderschuhen und damit der komplizierten Handhabung in wenigen hochspezialisierten Labors entwachsen, was sich in der immer größer werdenden Verbreitung der Methode zeigt. Sie erweitert nicht nur die Charakterisierungsmöglichkeiten bei materialwissenschaftlichen Fragestellungen, sondern

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 23

ermöglicht es auch, grundlegende physikalische Phänomene wie inelastische Wechselwirkung von Elektronen mit Materie im Elektronenmikroskop genauer zu untersuchen:

• Messung des Dotierprofiles in pn-Übergängen von Halbleitern

• Abbildung von elektrischen und magnetischen Feldern mit einer lateralen Auflösung von wenigen Nanometern

• Abbildung von biologischen und organischen Objekten ohne Kontrastrierung mittels schwerer Elemente, d.h. Abbildung der ursprünglichen Struktur

• Materialkontrast aufgrund des unterschiedlichen inneren Potenzials von Materialien

• Analyse des Dotierungsprofiles in Grenzflächen

• Analyse von kristallinen Strukturen mit atomarer Auflösung durch numerische Bildfehlerkorrektur.

Aufgrund der Vielfältigkeit der Elektronenmikroskopie und –holographie breitet sich einem ein weites Arbeitsgebiet aus, welches sich von grundlegende physikalischen und materialwissenschaftlichen Fragestellungen über Vakuumtechnik und Elektronik bis hin zur aktuellsten Computertechnik zur Rekonstruktion und Korrektur von Elektronenhologrammen erstreckt. Daraus folgt auch zwanglos, dass es immer ein weites Spektrum an offenen Fragen zu bearbeiten gibt ....

6 Hierüber sollten Sie sich mal ein paar Gedanken machen ... Auf Basis dessen, was Sie in den vorherigen Kapiteln gelernt haben, sollten Sie sich die folgenden Punkte mal durch den Kopf gehen lassen:

• Können verschiedene Elektronen miteinander interferieren?

• Sie kennen aus der Lichtoptik den Doppelspaltversuch. Können die Erkenntnisse aus diesem Versuch auf die Elektronen-Interferenzen mittels eines Biprismas übertragen werden?

• Ein Interferogramm besteht aus Interferenzstreifen und Fresnelschen Beugungssäumen. Wie ändert sich das Interferogramm, wenn Sie die Fadenspannung UF von 0 V ab langsam erhöhen?

• Wie kann experimentell der Kontrast der Interferenzstreifen durch Änderung der Beleuchtung verbessert werden?

• Sie zeichnen ein Elektronenhologramm auf, wo ein Objekt z.T. das Gesichtsfeld ausfüllt. Das Objekt habe ein inneres Potential V0 > 0 V. Wie sieht dann das Elektronenhologramm aus, insbesondere in welche Richtung verschieben sich die Interferenzstreifen?

• Wie sieht Sie die Fouriertransformierte einer cos-Funktion aus?

• In den Gleichungen (5.1), (5.6) und (5.7) wird die Rekonstruktion von Elektronenhologrammen abgeleitet. Versuchen Sie mal, die Rechnung nachzuvollziehen und die Fouriertransformationen auszuführen.

7 Versuchsdurchführung Der Versuch wird entweder am Elektronenmikroskop Philips CM200FEG ST/Lorentz oder am Philips CM30FEG UT/Special Tübingen durchgeführt. Das CM200FEG ist ein sehr gutes Hochauflösungsinstrument mit einer Punktauflösung von 0.24 nm und einem

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 24

Informationslimit von 0.12 nm bei einer Beschleunigungsspannung von UA = 200 kV. Als Besonderheit ist es mit einer Lorentz-Linse ausgerüstet, was die holographische Untersuchung von magnetischen Nanopartikeln erlaubt. Die Bildaufnahme geschieht über eine 10242 Slow-scan CCD-Kamera. Das CM30FEG ist speziell für höchste Auflösungen gezüchtet und erreicht eine Punktauflösung von 0.17 nm und besitzt ein Informationlimit von 0.09 nm bei einer Beschleunigungsspannung von UA = 300 kV. Das Instrument gehört zu den besten der Welt. Eine 20482 Slow-scan CCD-Kamera ermöglicht die Aufnahme von höchstaufgelösten Elektronenhologrammen.

An dem Versuchstag werden je nach verwendetem Mikroskop (CM200FEG oder CM30FEG) die folgenden Themen besprochen bzw. von Ihnen bearbeitet:

• prinzipieller Aufbau eines Elektronenmikroskops

• atomare Hochauflösung von Kristallen (Gold-Cluster) als Beispiel für Interferenz (Amplituden-Teiler)

• Welle-Teilchen Dualismus, Interferenzen als Welleneigenschaft

• Fresnelsche Beugungssäume

• Kohärenz: Interferenzstreifenkontrast in Abhängigkeit von der Quellverteilung

• Bestimmung der Wellenlänge der Elektronen aus der Beschleunigungsspannung

• Interferenzen in Abhängigkeit von der Fadenspannung UF

• Interferometrie zur Bestimmung des mittleren inneren Potenzials von Latex-Kugeln aus der Verbiegung der Interferenzstreifen (CM200FEG)

• off-axis Elektronenholographie an Latex-Kugeln bzw. Gold-Clustern (CM200FEG) oder atomar aufgelöste Elektronenholographie an Gold-Clustern (CM30FEG)

8 Ein paar Worte zum Protokoll ... Das Protokoll ist nicht als eine Ansammlung von Messwerten gedacht. Es sollte das Kriterium erfüllen, dass Sie selber noch Wochen nach dem Versuch die wichtigsten Informationen zur grundlegenden Physik, der Versuchsdurchführung und der daraus gezogenen Erkenntnisse gut nachlesen können. Als Hilfe und Richtschnur mögen die Fragen in Kapitel 6 und die Punkte des Versuchsablaufs (Kapitel 7) dienen.

9 Literaturhinweise Literatur, die diesen Versuchsunterlagen beigelegt ist:

• G. Möllenstedt, H. Düker: Zeitschrift für Physik 145 (1956) 377

• W.-D. Rau, H. Lichte, E. Völkl, U. Weierstall: Real-time reconstruction of electron-off-axis holograms recorded with a high pixel CCD camera, Journal of Computer-Assisted Microscopy 3 (1991) 51 – 63

• Platzer, Etschberger: Fouriertransformation zweidimensionaler Signale, Laser + Elektro-Optik 1 (1972) 39 – 45

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Kapitel Error! Style not defined.: Error! Style not defined. 25

Weiterführende Literatur:

• E.O. Brigham: FFT: Schnelle Fouriertransformation, R. Oldenburg Verlag, 4. Auflage, 1989

• L. Reimer: Transmission Electron Microscopy, Springer-Verlag, 2. Edition, 1989

• Introduction to Electron Holography, edited by E. Völkl, L.F. Allard, D.C. Joy; Kluwer Academics/Plenum Publishers (1999), ISBN: 0-306-44920-X