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Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Page 1: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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2 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Editorial Seite 3

Einführung Seite 4

Preis des Deutschen Stahlbaues 2012 Seite 6Museum der Bayerischen Könige, Hohenschwangau

Sonderpreis des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und StadtentwicklungBlau-Gold-Haus, Köln Seite 10

Auszeichnungen und Kapitel

Öffentliche Bauten Seite 13Keltenmuseum am Glauberg, Glauburg Seite 14Museum und Überdachung St. Antony, Oberhausen Seite 18Sanierung und Neubau Zentraldepot Albertinum, Dresden Seite 22Pavillon Madeleine, Kayl-Tétange, Luxemburg Seite 26

Wohnbauten Seite 37

Bildungsbauten Seite 43Kernsanierung BlueBoxBochum Seite 44

Verkehrsbauten Seite 55Skylink – THE SQUAIRE METRO, Flughafen Frankfurt am Main Seite 56

Brücken Seite 69Viaduktbrücke am Binnenhafen, Hamburg Seite 70

Sportbauten Seite 85PGE Arena Danzig, Polen Seite 86

Bürobauten Seite 93Q1 im ThyssenKrupp Quartier, Essen Seite 94

Sonderbauten Seite 107Solardach über dem Carport des Abfallwirtschaftbetriebes München Seite 108

Impressum:Preis des Deutschen Stahlbaues 2012Nr. B 311Oktober 2012

Herausgeber:bauforumstahl e.V.Sohnstraße 6540237 DüsseldorfT: +49(0)211.6707.828 F: +49(0)[email protected] www.bauforumstahl.dewww.facebook.com/bauforumstahl

Titelbild:Preis des Deutschen Stahlbaues 2012:Museum der Bayerischen Könige, Staab Architekten

Abbildungen und Text:Renderings, Fotos, Zeichnun-gen und Skizzen der vorge-stellten Arbeiten stammenvon den Verfassern. Die Er -läuterungsberichte basierenauf Texten der Verfasser, dieaus redaktionellen Gründenbearbeitet bzw. gekürzt wurden.

Bearbeitung:circa drei, München Martina Helzel, Stefan Zunhamer,Joachim Nicolaus

Ein Nachdruck dieser Publi -kation – auch auszugsweise –ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Heraus -gebers bei deutlicher Quellenangabe gegen ein Belegexemplar gestattet.

Danksagung

Die Auslober gratulieren den Gewinnern ganz herzlich und danken allen Jury -mitgliedern für ihren Einsatz und ihr Engagement. Wir danken der Fakultät für Architektur der Fachhochschule Köln, bei der wir während der Jurysitzung zu Gastsein durften und die uns so großartig unterstützt hat. Unser besonderer Dank gilt dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das den Sonderpreis 2012 ideell und finanziell gefördert hat. Und natürlich sagen wirDank allen teilnehmenden Büros, die mit ihren eingereichten Objekten den Wettbewerb bereichert und die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten von Stahl-konstruktionen so eindrucksvoll dokumentiert haben. Schon heute freuen wir uns auf den kommenden Wettbewerb in 2014.

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Dialog

Gemeinsam ist meist besser als separat. Der Preis des Deut-schen Stahlbaues wird seit 1972 vergeben. Anfangs wurde ervom Deutschen Stahlbau-Verband ausgelobt, ab 1998 vonbauforumstahl bzw. gemeinsam mit dem DSTV. Seit Januar 2012haben bauforumstahl und der Deutsche Stahlbau-Verband ihre Aktivitäten zusammen geführt; ist nun bauforumstahl dasgemeinsame Forum des Deutschen Stahlbaues.

Gut geht immer noch besser. Die Zahl der Einreichungen war in all den Jahren immer formidabel. Doch 2012 übertrifft mitfast 100 Bewerbungen die kühnsten Erwartungen; werden soWertigkeit und Interesse treffend verdeutlicht. Schön ist auch,dass wir dieses Mal mit Unterstützung des Bundesministeriumsfür Bau, Verkehr und Stadtentwicklung einen Sonderpreis fürnachhaltige Stahlarchitektur ausloben konnten. Im vorliegen-den Band werden neben Stahlbaupreis und Sonderpreis desBMVBS auch alle Auszeichnungen sowie eine zugegebener Maßen schwierig zu treffende Auswahl von weiteren Einreichun-gen dokumentiert.

Formfindung

Der Umgang mit Stahl spielt im Spektrum der großen Bautenweltweit seit dem 19. Jahrhundert eine bedeutende Rolle. DieAnfänge der Hochhäuser in Chicago sind ohne Stahl genausowenig denkbar wie Glanzleistungen der Ingenieurkunst im Brückenbau oder weitgespannte Hallen als besondere archi-tektonische Herausforderung.

Seit 40 Jahren dokumentiert der Deutsche Stahlbaupreis denUmgang mit Stahl in der Architektur Deutschlands und es wur-den viele große Bauten prämiert. Auch dieses Jahr sind einigegroßmaßstäbliche Gebäude unter den Auszeichnungen. Es istaber bezeichnend, dass der „Preis des Deutschen Stahlbaues2012“ für den Umbau im Bestand vergeben wird, hat dieseBauaufgabe doch einen immer bedeutenderen Anteil an denaktuellen Bauaufgaben in Deutschland. Und dieses zeigt sichauch im Feld der 98 zum Wettbewerb eingereichten Projekte.

Wie immer bei wichtigen Architekturpreisen kommt es aber einzig auf die Qualität und die herausragende Lösung einer

Der Preis des Deutschen Stahlbaues geht 2012 erstmalig nichtan einen Neubau, sondern an ein Revitalisierungsprojekt. Mitstählernen Rautengewölben überdacht Volker Staab einen ehe-maligen Speisesaal und schafft so den introvertierten, zentralenAusstellungsraum für die Kronjuwelen im Museum der bayeri-schen Könige in Hohenschwangau. Beim Sonderpreis desBMVBS für ksg stand besonders die Erhaltung der historischenFassade des Blau-Gold-Hauses in Köln bei gleichzeitiger An-passung an modernste energetische und bauphysikalische Anforderungen im Focus. Die flexible, weitgespannte Stahl -konstruktion aus den 50er Jahren bot beste Voraussetzungenfür die Modernisierung und Umnutzung als Hotel.

Die beiden Projekte spannen den Aufgabenbogen des Bauensim Bestand vom Weiterbauen und Verändern hin zu Erhaltenund Modernisieren. Aus meiner Sicht eine weitere Facette desnachhaltigen Bauens mit Stahl.

Dr. Bernhard HaukeGeschäftsführer bauforumstahl e.V., Düsseldorf

gestellten Bauaufgabe an. Staab Architekten ist es in be -geisternder Art und Weise gelungen, aus einem ehemaligenHotel das Museum der Bayerischen Könige in Hohenschwangauzu entwickeln. Mit Hilfe feingliedriger stählerner Gewölbe -schalen wird souverän mit der Historie und heraldischen Musterngespielt und erhält das Museum gerade dadurch eine eigenezeitgemäße Identität und Kraft. Es entsteht eine vollendeteSynthese aus deutender Formsetzung und ingenieuser Form -findung, die bis ins Detail konsequent durchgeführt wird.

Auch der erst zum zweiten Mal vergebene Sonderpreis, der Dankdes Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklungmöglich ist, ging an ein umzunutzendes Gebäude. Das Blau-Gold-Haus in Köln, das in der 50er Jahren errichtet wurde undunter Denkmalschutz steht, konnte aufgrund der Flexibilität desStahlskelett-Tragwerkes zu einem modernen Hotel transformiertwerden. Besonders beeindruckt hier die Wiederherstellung deshistorischen Fassadenbildes unter Berücksichtigung heutigerenergetischer Anforderungen.

Editorial

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4 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Einführung

Der Wettbewerb

Der Preis des Deutschen Stahlbaues wird im zweijährigen Turnusausgelobt. Er wird vergeben für eine architektonische Leistungim Bereich des Hoch- und Brückenbaus, einschließlich aller Formen des Bauens im Bestand, bei der die Möglichkeiten desStahls in besonders guter Weise genutzt und gestalterisch zumAusdruck gebracht wurden.

Im Rahmen des Wettbewerbs wird zum zweiten Mal auch derSonderpreis des Bundesministeriums für Verkehr, Bau undStadtentwicklung (BMVBS) für nachhaltige Stahlarchitekturvergeben.

Teilnahmeberechtigt sind die geistigen Urheber der eingereich-ten Bauwerke.

Vier weitere Projekte, die sich mit Bestandsbauten befassen, erhielten Auszeichnungen. Zum einen das Albertinum in Dresden,das – durch die kongeniale Entwurfsidee die Depots mit Hilfeeiner Brückenkonstruktion aus Stahl ‚schweben’ zu lassen –einen phantastischen neuen Raum generiert. Zum anderen dieKernsanierung der BlueBoxBochum, deren elegante, beinaheunsichtbare Stahlkonstruktion durch eine sensible Sanierungund gute Integration der Technik ein positives Beispiel für nach-haltige Revitalisierung darstellt.

Zwei ganz andere Aufgaben mit Bestand umzugehen, zeigendas große Solardach des Carports der Abfallwirtschaftsbetriebein München und die Viaduktbrücke am Hamburger Binnenhafen.Das Dach beeindruckt durch innovative Photovoltaik auf einerleichten Stahlkonstruktion und die Brücke durch eine gewagteRekonstruktion, die den Blick auf Elbe und Alster durch filigraneStahlgitter ermöglicht.

Auch im Bereich der Neubauten sind ähnliche Anforderungenzu lösen. So zeigt der Skylink am Frankfurter Flughafen, eineparametrisch am Computer generierte Brücke, wie eine eleganteStahlkonstruktion über 300 Meter ein aufregendes optischesErlebnis sein kann. Und die Überdachung St. Antony, über einerAusgrabungsstätte an der Ruhr, besticht durch eine dünne Kon-struktion von Blechschindeln, die in überraschender Weise alsgeschraubte Rippenschale zusammen wirken und eine leichte,rohe und sehr kreative Wetterschutzhaut bilden. Den speziellen

Materialausdruck setzt auch der Pavillon Madeleine in Luxem-burg ein. Hier wird der gesamte Landschaftspark mit wetter -festem Stahl zoniert und so zum Leitmotiv der Gesamtanlage in Hinblick auf Gestaltung und Nachhaltigkeit.

Aber auch die großen Bauten sind beim diesjährigen Stahlbau-preis vertreten. Die PGE-Arena in Danzig erinnert an traditionelleSchiffsrumpfkonstruktionen und auch das Keltenmuseum amGlauberg demonstriert mit der markanten Auskragung die kon-struktiven Möglichkeiten von Stahl. Das größte Gebäude, dasThyssenKrupp Headquarter in Essen, nimmt das Thema identi-tätsstiftend auf und zeigt durch die Edelstahlhülle des Sonnen-schutzsystems und weitgespannte innere Konstruktionen modernes, nachhaltiges Bauen mit Stahl.

Die Prämierungen des diesjährigen Stahlbaupreises verdeut -lichen wieder einmal die phantastischen Optionen, die Stahl-konstruktionen bieten. Gleichzeitig überrascht aber auch dieimmerwährende Innovationskraft, die diesem Material inne -zuwohnen scheint. Gerade die vielen Lösungen im Bereich derRevitalisierung zeigen die Nachhaltigkeit von Stahl und die innovativen Möglichkeiten dieses Materials zur zeitgemäßenFormfindung und Konstruktion kleiner und großer Bauten.

Prof. Dörte GatermannJuryvorsitzende

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Die Jurysitzung

Die eingereichten Objekte werden von einer unabhängigen Jurybeurteilt. Die Beratung der Jury erfolgt nicht öffentlich. Ihre Entscheidung ist endgültig, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.Die Jury unter dem Vorsitz von Prof. Dörte Gatermann tagte am19. April 2012 in der Fachhochschule Köln.

In drei Wertungsdurchgängen wurden unter den 98 zum Wett-bewerb eingereichten und zugelassenen Objekten außer demPreis des Deutschen Stahlbaues der Sonderpreis des Bundes-ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowiezehn Auszeichnungen gekürt.

Beurteilungskriterien für die eingereichten Projekte

• architektonische Qualität• innovative Konstruktion und Technik• materialgerechter Einsatz des Baustoffes Stahl• Nachhaltigkeit• funktionale Aspekte und Nutzungsflexibilität• städtebauliche Einbindung

Entscheidend für die Vergabe der Preise ist der Gesamteindruck,den die Jury durch die eingereichten Unterlagen erhält.

Im Frühjahr 2014 wird der Preis des Deutschen Stahlbaues erneut ausgelobt. Auslobungsbedingungen und Einreichungs-termin werden rechtzeitig bekannt gegeben und sind im Internetunter www.bauforumstahl.de/stahl-architektur-wettbewerbeund www.facebook.com/bauforumstahl abrufbar.

» Die Jury 2012 (v.l.n.r): Prof. Dr.-Ing. Klaus Bollinger/B + G Ingenieure Bollingerund Grohmann, Dipl.-Ing. Architekt Michael Frielinghaus/BLFP Frielinghaus Architekten BDA, Prof. Sebastian Jehle/Hascher Jehle Architektur, MinR Dipl.-Ing.Hans-Dieter Hegner/BM für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Prof. VolkwinMarg, von Gerkan Marg und Partner Architekten, Prof. Dörte Gatermann/Gatermann+Schossig Architekten Generalplaner, Dipl.-Ing. Architekt ChristianSchittich/Detail, Dipl.-Ing. Bernhard Hauke, PhD/bauforumstahl

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6 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Staab Architekten, BerlinTragwerk: ifb frohloff staffa kühl ecker, BerlinStahlbau: Prebeck GmbH, BogenBauherr: Wittelsbacher Ausgleichsfonds, vertreten durch die Schlosshotel Lisl GmbH & Co. KG, Hohenschwangau

Preis des Deutschen Stahlbaues 2012Museum der Bayerischen Könige, Hohenschwangau

» Lageplan, mit Museum (1), Schloss Hohenschwangau (2) und Schloss Neuschwanstein (3), M 1:15000

Im ehemaligen Hotel Alpenrose direkt am Alpsee unterhalb derSchlösser von Neuschwanstein und Hohenschwangau ist einMuseum über die Geschichte des Wittelsbacher Königshausesentstanden. Sichtbar nach außen wird die neue Nutzung vor allem über den Bau einer neuen Dachkonstruktion über demeingeschossigen Verbindungsbau, dem ehemaligen Speisesaaldes historischen Gebäudeensembles, bestehend aus dem Jägerhaus, dem Verbindungsbau mit Palmenhaus und dem HotelAlpenrose.

Mit einem filigranen Stahltragwerk wird eine dreischiffigeRaumanlage aus zwei Viertel- und einem Halbtonnengewölbe

entwickelt. Während die beiden äußeren Vierteltonnengewölbeden Blick in die Landschaft freigeben, entsteht in der mittlerenRaumspur ein zentraler großer Raum. Gedeckt mit metallischenSchindeln, die sich farblich auf die Bestandsziegeldächer beziehen, bildet der neue Aufbau die „fünfte Fassade“ des Gebäudes, die insbesondere in Anbetracht der bergigen Land-schaft auch als solche von Spaziergängern und den Besuchernder beiden Schlösser wahrgenommen werden kann.

» Ansicht des Gebäudeensembles mitneuer Dachkonstruktion

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© Marcus Ebener

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» Querschnitt, M 1:750» Grundriss Obergeschoss, M 1:750

» Grundriss Erdgeschoss, M 1:750

» Dachdeckung mit farbigen Metall-schindeln

Der Zugang zum Museum erfolgt über den Verbindungsbau.Hier befindet sich das Foyer als Empfangs- und Verteilerraumzur Ausstellung, zum Museumsshop und zur Gastronomie. VomFoyer aus gelangt man über die neu errichtete Treppe in dieAusstellungsräume im Obergeschoss des Verbindungsbausund findet sich im zentralen Ausstellungsraum wieder. Zwei unterschiedlich breite Galerien – mit Blick in den Garten oderüber den Alpsee und Schloss Hohenschwangau – laden zumVerweilen ein. Von der seeseitigen Galerie wird der Ausstellungs-rundgang im angrenzenden Jägerhaus im 1. Obergeschoss undim Erdgeschoss auf einer Gesamtfläche von ca. 1.000 Quadrat-metern fortgesetzt. Hier werden die vorhandenen Räume als natürlich belichtete Kabinette genutzt.

Im Erdgeschoss hofseitig an das Foyer angrenzend befindet sichdas Nebenfoyer mit Garderoben und Sanitärbereich. Das Neben-foyer dient auch als Foyer für das restaurierte Palmenhaus, indem Wechselausstellungen und Veranstaltungen stattfinden. DieGastronomie mit großem Freibereich direkt am Ufer des Alpseesist im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss des ehemaligenHauptgebäudes des Hotel Alpenrose untergebracht, währenddie oberen Geschosse wieder als Hotel genutzt werden.

© Marcus Ebener

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8 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

» Aufbau der Halbtonne aus fünf vorgefertigten Teilen

» Detailschnitt Dach, M 1:50

»Montage der Vierteltonne

Konstruktion

Um möglichst wenig in den denkmalgeschützten Bestand ein -zugreifen, wurde die Neubaukonstruktion als eine vom Altbauunabhängig funktionierende und gegründete Tragstruktur aus-geführt. Für das Dachtragwerk wurde eine von den Rauten derbayerischen Fahne abgeleitete Gitterschale entworfen. Diesespunktgestützte Schalentragwerk, bestehend aus einer Halb -tonne und zwei Vierteltonnen, überspannt eine Stützweite von20 Metern.

Die Rauten der Schale werden von ausgelaserten Flachstählengebildet, die der Zylinderschale folgend, nach dem „Zollinger-Prinzip“ verschweißt sind. Die längsgerichteten Stahlpfetten,mit denen die Schale erst ihre räumliche Tragfähigkeit gewinnt,wurden oberhalb der Flachstähle angeordnet, so dass die imInnenraum sichtbaren Rauten gestalterisch nicht gestört werden.Auf den Pfetten aufgeschweißte Flachstähle nehmen die Trapez-blechdeckung auf.

Die Gitterschale der Halbtonne wurde in fünf vorgefertigten Teilen angeliefert und auf einer Montagerüstung zusammenge-baut. Die Vierteltonnen wurden in einem Stück auf die Baustelletransportiert.

© Marcus Ebener© Marcus Ebener

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» Isometrie des punktgestütztenSchalentragwerks

» Zentraler Ausstellungsraum unterdem Halbtonnengewölbe

Laudatio

Das neue Museum über die Geschichte des Wittelsbacher Königshauses unterhalb der Schlösser Neuschwanstein undHohenschwangau ist eine vollendete Synthese aus deutenderFormsetzung und ingenieuser Formfindung.

Seine Architektur ergibt sich wie selbstverständlich aus demDialog mit dem ‚genius loci‘. Die stählernen Rautengewölbeder leichten, neuen Dachkonstruktion über einem ehemaligenSpeisesaal zwischen bestehendem Hotel und Jägerhaus trans-formieren hintersinnig das Rautenmuster der bayerischen Landesflagge in eine raumbildende Stahlstruktur, überwölbenstützenfrei den introvertierten Ausstellungssaal mit den Kron-juwelen und öffnen sich seitlich zur Alpenlandschaft.

Die konstruktiven Vorzüge der in großen Elementen vormontier-ten stählernen Gewölbeschalen verbinden sich räumlich undbis ins Detail der äußeren Dachdeckung und der inneren Licht-decke zu einer architektonischen Formensprache, die souveränmit der Historie und heraldischen Mustern spielt.

© Marcus Ebener

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10 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: kister scheithauer gross architekten und stadt planer GmbH, KölnTragwerk: PFAU + HELWIG Ingenieurbüro GmbH für Tragwerksplanung, KölnBauherr: LIG Lammerting Immobilien GmbH, Köln

Sonderpreis des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2012Blau-Gold-Haus, Köln

» Lageplan, M 1:2000 » Das entkernte Gebäude

» Sanierte Nordfassade am KölnerDomplatz

Das Blau-Gold-Haus am Kölner Domplatz wurde in den 1950erJahren von dem Architekten Wilhelm Koep für die Duftwasser-firma 4711 erbaut. Nach mehreren Fassadensanierungen wurde der Stahlskelettbau 1991 unter Denkmalschutz gestellt.Zu diesem Zeitpunkt entsprach die dekorative Vorhangfassadenicht mehr der ursprünglichen Planung, nur die vertikalenLichtbänder und die Erdgeschosszone waren original erhalten.2010 wurde das Gebäude dem angrenzenden Domhotel ange-gliedert und im Zuge dieser Umnutzung komplett saniert.

Bestandsanalyse

Im Rahmen einer umfassenden Bestandsuntersuchung stelltesich heraus, dass die Befestigungen zur geschossweisen Abtra-gung der Fassadenlasten aus statischer Sicht nicht ausreichten.Zudem wies die Bestandsfassade zahllose Wärmebrücken und erhebliche Luftundichtigkeiten auf. Die tragenden Haupt-unterzüge und Stützen waren als Stahlprofilkonstruktion ohneBrandschutzverkleidung im Bestand vorhanden.

©ksg

©bauforumstahl

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» Grundriss Regelgeschoss mit Hotelnutzung, M 1:500

» Grundriss vor der Sanierung mit Original-Stahlstruktur (rot), M 1:500

» Das Blau-Gold-Haus vor der Fassade des Kölner Doms

Sanierung

Die hohe Flexibilität des Stahltragwerks ermöglichte es pro-blemlos, die neue Nutzung als Hotel unterzubringen. Auch diehöheren Lasten der neuen, energetisch hochwertigen Fassadekonnte die vorhandene Struktur vollständig aufnehmen. DasStahlskelett musste lediglich den aktuellen Brandschutzan -forderungen gemäß nachgerüstet werden.

Zur denkmalgerechten Sanierung der prägnanten Gebäudehülledes Blau-Gold-Hauses entwickelten die Architekten in engerZusammenarbeit mit den ausführenden Firmen ein Konzept,das nicht nur heutige Anforderungen an Wärmeschutz, Sicher-heit und Technik erfüllt, sondern auch das namensgebende Erscheinungsbild bewahrt, respektive wiederherstellt.

Bei der Gestaltung der Fassade, die sich an der ursprünglichenPlanung von Koep orientierte, wurde die feine Profilierung der früheren Holzschwingfenster auf das in den 1970er Jahreneingesetzte Material Aluminium übertragen. Um das zusätz -liche Gewicht aus der Verglasung aufzunehmen, mussten proFassadenfeld zwei weitere Stahlwinkel eingebaut und die Fassade geschossweise auf den Deckenrandträgern abgestütztwerden.

Der Einsatz hochwertiger Fassadenprofile und einer Dreifach-Isolierverglasung ermöglichte einen U-Wert von 0,9. Eine me-chanische Belüftung sorgt darüber hinaus für einen kontinuier-lichen, energetisch sinnvollen Luftwechsel in den 41 neuenSuiten und Luxuszimmern des Hotels, die einen spektakulärenBlick auf den gegenüberliegenden Dom bieten.

©bauforumstahl

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12 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Laudatio

Das Blau-Gold-Haus in Köln, in den 50er Jahren stadtbildprägendfür die Firma 4711 errichtet, ist mit seiner feingegliederten Fassade ein gutes Beispiel der Nachkriegsmoderne und stehtseit 1991 unter Denkmalschutz. Die schlanke, nachhaltigeStahl-Skelett-Konstruktion mit wenigen Innenstützen bot besteVoraussetzungen für die Modernisierung und Umnutzung alsHotel.

Die Architekten haben im Verbund mit Fachplanern die Um -nutzung vorbildlich durchgeführt, das historische Fassadenbildwiederhergestellt und für eine moderne energetische Per -formance des Blau-Gold-Haus gesorgt. Das Modernisierungs -ergebnis ist nachhaltig, weil es ein städtebauliches Kleinod unter aktuellen baulichen Anforderungen erhält. Die Architektensetzten so Maßstäbe für zukunftsfähiges Modernisieren undeine weitere Nutzung von frühen Nachkriegsbauten.

» Ansicht, Grundriss, Schnitt der Fassade, M 1:100

» Nach historischem Vorbild energetischsanierte Fassadenelemente

©bauforumstahl

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Öffentliche Bauten

© GSE Ingenieur-Gesellschaft mbH

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Architektur: kadawittfeldarchitektur, AachenTragwerk: B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH,Frankfurt am MainBauherr: Land Hessen, vertreten durch Hessisches Ministeriumfür Wissenschaft und Kunst, vertreten durch Hessisches Bau-management Regionalniederlassung Mitte

Auszeichnung 2012Keltenmuseum am Glauberg, Glauburg

Seit dem 5. Jahrtausend v. Chr. bis ins hohe Mittelalter war dasPlateau am Rand der Wetterau, etwa 30 Kilometer nordöstlichvon Frankfurt am Main gelegen, aufgrund seiner strategischgünstigen Lage und dem weit reichenden Fernblick ein belieb-

tes Siedlungsgebiet. Die Überreste der Siedlungen sind nochheute im Gelände zu sehen und machen den Glauberg – unter-stützt von den Geschichten und Mythen über die Bewohner desGlaubergs – nicht nur für Forscher zu einem ganz besonderenOrt.

Bereits in den 1930er Jahren gab es erste Ausgrabungen, diejedoch mit den Kriegswirren unterbrochen werden mussten.Sensationelle Entdeckungen machten Archäologen mit Hilfegeomagnetischer Luftaufnahmen Ende des letzten Jahrhunderts:keltische Fürstengräber mit reichhaltigen, vollständig erhaltenenGrabbeigaben, dem Kultbezirk und der zugehörigen Siedlung.Das etwa 20 Hektar große archäologische Areal mit dem in -zwischen rekonstruierten Grabhügel und Teilstücken der Pro-zessionsstraßen gehört heute zu den wichtigsten keltischenFund- und Forschungsstätten Europas.

»Montage der Stahlkonstruktion

»Weit auskragender Baukörper

» Lageplan, M 1:5000© Werner Huthmacher

© Werner Huthmacher

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» Grundriss Erdgeschoss und Obergeschoss,Schnitt, M 1:800

» Geschützter Eingangsbereich

Museum

Den unverwechselbaren Ort achtend, verzichtet die Architekturdes neu errichteten Museums auf große Gesten und nimmt sichzugunsten der historisch geprägten Landschaft zurück. Der klarkonturierte Baukörper schneidet hangaufwärts in den Hügel ein,hangabwärts kragt das mit wetterfestem Baustahl verkleideteObergeschoss über das gläserne Erdgeschoss aus und markiertden Eingangsbereich.

Der geschützte Freiraum unter der eindrucksvollen Auskragungdient als Start- und Endpunkt für den Rundgang auf dem archäologischen Lehrpfad und für die Erkundung des Museums.Eine Treppenrampe im Inneren des Gebäudes empfängt denBesucher und leitet ihn in die Ausstellung. Einer der Höhepunkteder Ausstellung ist ein großes Panoramafenster, das als Ab-schluss des auskragenden Obergeschosses einen beeindrucken-den Ausblick auf den Grabhügel bietet. Das Dach als Aus -sichtsplattform ermöglicht den Besuchern einen unverstelltenRundblick in die Landschaft.

Konstruktion

Analog zum Gebäudekonzept gliedert sich das Tragwerk in zweiBereiche: einen Massivbaubereich und einen auskragendenStahlbaubereich. Der Teil des Obergeschosses, der in den Hangeinschneidet und Bibliothek, Museumspädagogik und Räumefür die Administration beherbergt, ist in Stahlbeton ausgeführt.Der stützenfreie Bereich für Dauer- und Sonderausstellungenist als Stahltragwerk errichtet, das in Längsrichtung elf Meter,in Querrichtung 2,50 Meter über die Glasfassade des Erdge-schosses auskragt.

© Werner Huthmacher

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16 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

» Detailschnitt Obergeschoss, M 1:50

» Rundblick von der Dachterrasse» Raumhohe Verglasung im Ausstellungsbereich

© Werner Huthmacher © Werner Huthmacher

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Laudatio

Die Herausforderung, ein Museum für keltische Kultur in ein-drucksvoller Landschaft direkt neben dem historischen Grabhügel zu errichten, wurde mit einem klar gestalteten, prägnanten Baukörper gelöst, der auf große Gesten verzichtetund selbst eher wie ein vorzeitliches Fundstück in Erscheinungtritt. Halb im Hang verborgen richtet sich das Museum zum historischen Keltengrab hin mit einem großflächigen Panorama-fenster aus.

Die Stahlkonstruktion besteht aus zwei in Längsrichtung ver-laufenden, raumhohen Fachwerkträgern sowie einem quer gespannten Vierendeelträger, der gleichzeitig als Trennwandim Ausstellungsraum fungiert und die empfindlichen Exponatevor dem Lichteinfall durch das Panoramafenster schützt. Während die Decken die horizontalen Lasten in den Massivbauleiten, werden die vertikalen Lasten über insgesamt vier Stützen in den Boden geleitet. Die in ihren Dimensionen mini-mierten Stützen werden durch geschickte Platzierung von denBesuchern kaum wahrgenommen, so dass die Illusion der freienAuskragung zusätzlich verstärkt wird.

Fassade

Die kompakte Form des Baukörpers wird durch eine Verkleidungmit großformatigen Platten aus wetterfestem Baustahl unter-stützt. Das Material weckt Assoziationen mit Erdverbundenheitund Schwere und ist gleichzeitig eine Reminiszenz an den fort-schrittlichen und handwerklich kunstvollen Umgang der Keltenmit Metallen. Die Farbnuancen der Fassade harmonieren mit derFarbigkeit des Ortes – dem Kolorit der umgebenden Wiesen,der Felder und des Mischwaldes.

Ökonomie, Ökologie und Nachhaltigkeit

Durch die kompakte Bauform und die geringe Hüllfläche desMuseums wird nicht nur der Primärenergiebedarf reduziert, eswerden auch nur sehr geringe Flächen des Landschaftsraumesversiegelt. Die Kombination der wesentlichen Konstruktions-materialien Beton und Stahl erlaubt einen materialgerechtenund effizienten Einsatz der Baustoffe. Die hinterlüftete Metall-fassade aus wetterfestem Baustahl stellt energetisch einen optimalen Standard dar und schützt die Konstruktion dauerhaft.Der Effekt der schützenden Patinaschicht des Fassadenmaterialsminimiert zusätzlich die Betriebskosten, da laufende Wartungs-kosten entfallen. Durch die Verwendung hochisolierender Baustoffe und Wärmeschutzverglasungen wird der Aufwand weiter reduziert. Alle Baustoffe sind recyclebar und können demWertstoffkreislauf wieder zugeführt werden.

Auch die technische Gebäudeausrüstung wurde unter nach -haltigen Aspekten konzipiert und entspricht diesem Anspruchmit einer CO2-neutralen Holzpelletheizung und einer Lüftungs-anlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung.

» Panoramafenster

Mit seiner markanten Auskragung demonstriert der Neubauwunderbar die konstruktiven Möglichkeiten von Stahl. Die Bekleidung mit großflächigen Platten aus wetterfestem Stahlverleiht dem Museum eine sinnlich raue Haut, die mit den natürlichen Farben des Ortes harmoniert. So gelingt eine moderne Reminiszenz an den handwerklich kunstvollen Um-gang der Kelten mit Metallen.

© Werner Huthmacher

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18 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Ahlbrecht Felix Scheidt Kasprusch, Essengemeinsam mitTragwerk: SchülkeWiesmann Ingenieurbüro, DortmundBauherr: Landschaftsverband Rheinland, Köln

Auszeichnung 2012Museum und Überdachung St. Antony,Oberhausen

Im Jahre 1758 wurde auf der St. Antony Eisenhütte in Oberhausender erste Hochofen des Ruhrgebietes in Betrieb genommen. DieHütte produzierte vom 18. bis in die Mitte des 19. Jahrhundertsgusseiserne Produkte von herausragender Qualität, bis 1877die letzten Anlagen geschlossen und in der Folgezeit die meistenGebäude auf dem Gelände der ehemaligen Hüttenanlage, zudem auch Gießereien und Formereien gehörten, abgerissenwurden.

2007 legten Archäologen die Mauerreste des Hochofens frei.Im Rahmen der RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas wurdedie erste industriearchäologische Grabungsstätte Deutschlands

als erlebbares historisches Vermächtnis in das Konzept desRheinischen Industriemuseums Oberhausen eingebunden.

Überdachung

Architekten und Ingenieure entwickelten in enger Zusammen -arbeit eine gewölbte Rippenschale aus verzinktem Stahlblech,die das Grabungsfeld überdacht. Das Schalendach ermöglichtdie stützenfreie Überspannung der Fläche bei geringstmög -lichem Materialaufwand. Zudem vermittelt die schützende, bewahrende Geste des Daches dem Besucher den historischenWert des Anwesens, ist Landmarke und sichtbares Zeichen fürden Ort, der als Wiege der Montanindustrie im Ruhrgebiet gilt.Die Dachform erinnert gleichzeitig an einen temporären Wetter-schutz aus Zelttuch, das über archäologischen Fundstätten befestigt wird und sich wie durch Windsog nach oben wölbt.

Ausstellung

Die Zugänge befinden sich am östlichen und westlichen Endedes Grabungsgeländes. Zwei Sammelplattformen, die auchgrößere Besuchergruppen aufnehmen, informieren über dieGeschichte des Ortes und dienen der Ausstellung weiterer in-dustrieller Fundstücke. An die balkonartige Eingangsplattformbindet ein rund 80 Zentimeter über der Grabungsstätte ver -laufender, behindertengerecht ausgelegter Steg aus Stahlbetonan. Sein Verlauf folgt dem orthogonalen System der ehemaligenBebauung und somit den archäologischen Funden. Dabei wirder wechselseitig von Info-Stelen mit Texttafeln, Bildschirmenund Lautsprechern flankiert. Den oberen Abschluss der in Abstimmung mit der Museumsdidaktik positionierten Stelenbilden Strahler zur Beleuchtung der Dachunterseite.

» Eingangsplattform und Steg

» Luftaufnahme der Überdachung© 2011 [email protected]

© Deimel+Wittmar

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» Grundriss, M 1:500

» Beleuchtung der Ausgrabungbei Nacht

© Deimel+Wittmar

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20 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Tragwerk

Das rund 1.000 Quadratmeter große Schalendach, das die Grabungsstätte freitragend überspannt, hat die Form einer synklastischen Translationsschale. Es ruht auf 4 Fußpunkten,die ein Rechteck von etwa 40 x 18 Meter Größe beschreiben.Entlang ihrer Längsseiten wölbt sich die Dachschale um rund2,5 Meter nach außen. Die Stichhöhe beträgt 9,5 Meter.

Das Dach setzt sich aus 323 ähnlichen, aber nicht gleichenBlechtafeln von 5 Millimeter Dicke zusammen, die sich schindel-artig überlappen. Die gelaserten Tafeln mit einer Fläche von jedrei Quadratmetern sind zur Versteifung an jeweils einerLängs- und Querseite um etwa 15 Zentimeter auf- bzw. abge-kantet. Entlang der Blechtafelränder und im Überlappungs -bereich der Kantungen sind die Tafeln miteinander verschraubt.Dichtbänder neben den Randverschraubungen schützen vordrückendem Niederschlagswasser, dessen Ableitung in denKehlen der Aufkantungen erfolgt.

Um einen langfristigen Korrosionsschutz sicherzustellen, wur-den die Stahlschindeln nach ihrer Fertigung durch Lasern und

» Entwicklung der Dachschale am Papiermodell

Abkanten feuerverzinkt. Die Verzinkung erzeugt eine lebhaftemetallische Oberfläche, die der Konstruktion den gewünschtentechnischen Charme verleiht.

Aufgrund ihrer doppelt gekrümmten Form und der abgekantetenVersteifungen ist die Schale selbsttragend. Durch die Anordnungeiner Aufkantungs-Rippenschar auf der Schalenoberseite undder orthogonal dazu verlaufenden auf der Schalenunterseiteentfallen aufwändige Rippenkreuzungen und Schweißnähte. Anden Längsrändern der Schale sind geschachtelte, verschraubteRandträger aus stehenden Flachstählen zur Randversteifungangebracht.

Die Überdachung ist auf Bohrpfählen gegründet, die auch denHorizontalschub aufnehmen. Die Montage der nummeriertenSchindeln erfolgte neben der Grabungsstätte in zwei Teilen aufeinem Leergerüst. Die Teile wurden mit einem Mobilkran überdie Ausgrabung gehoben, provisorisch versteift und nach derMontage beider Teile miteinander verschraubt.

» Oben: Translationsnetz» Links: Fußpunkt

© Deimel+Wittmar

© AFSK | SchülkeWiesmann

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21bauforumstahl

Laudatio

Die Aufgabe, ein Schutzdach über der Ausgrabungsstätte desvermutlich ersten Hochofens an der Ruhr zu entwickeln, wurdein symbolhafter und innovativ bestechender Weise gelöst.

Die Konstruktion besteht aus dünnen, feuerverzinkten Blech-schindeln mit Aufkantungen, welche in überraschender Weiseals geschraubte Rippenschale zusammen wirken. Fertigungund Fügung sind eigentlich ganz simpel. Entstanden ist eineleichte Dachschale, welche im Stile eines vom Wind auf -gebauschten Wetterschutztuches die Wiege der Ruhrgebiets -industrie frei überspannt.

Die einfache, fast roh wirkende Konstruktion kreiert doch einefaszinierend technisch anmutende, ja überraschende Optik –dem Ort angemessen. Die Überdachung ist ein hervorragendesBeispiel für das erfolgreiche Zusammenwirken von architekto-nischer Kreativität und genialer Ingenieurskunst.

» Verschraubte Bleche zur Rand -versteifung

© Deimel+Wittmar

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22 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Das Albertinum wurde im 16. Jahrhundert als kurfürstlichesZeughaus errichtet und zählt zu den berühmtesten Renaissance-bauwerken in Dresden. Nach einigen baulichen VeränderungenAnfang des 18. Jahrhunderts und seiner zeitweise militärischenNutzung als Arsenal wurde es Ende des 19. Jahrhunderts in Teilen als Museum und Staatsarchiv umgebaut und erhielt seinenheutigen Namen. Auf die partielle Zerstörung im Zweiten Welt-krieg folgte ein rascher Wiederaufbau. Diese vielfältigen undvielschichtigen Veränderungen und Transformationen des histo-rischen Bestandes sind auch heute noch in vielen Bereichendes Hauses ablesbar.

In den gewölbten Kellern des Albertinums lagerten über Jahr-zehnte wertvolle Bestände der Staatlichen KunstsammlungenDresden. Das Jahrhunderthochwasser der nahe gelegenen Elbevon 2002 bedrohte die einzigartigen Skulpturen und Gemälde,die binnen Stunden vor den Fluten in Sicherheit gebracht werden mussten. Die Notwendigkeit, Depot- und Werkstatträumeoberirdisch unterzubringen, führte zu einer Komplettsanierungund Neuorganisation des Albertinums.

„Überdachter“ Innenhof

Anstatt die neuen Räumlichkeiten wie geplant in einem Neubauim Innenhof unterzubrigen, entwickelten die Architekten dieIdee, nicht im, sondern über den Hof zu bauen. Der zweige-schossige Neubau erstreckt sich, von unten kaum wahrnehm-bar, wie eine in Längsrichtung gespannte Brücke über den Innenhof. Da sich das Volumen genau zwischen First und Traufedes Altbaus befindet und die historische Firstlinie nicht über-ragt, tritt es auch in der Stadtsilhouette nicht in Erscheinung.

Architektur: Staab Architekten, BerlinTragwerk: EiSat GmbH Eisenloffel.Sattler + Partner, Berlin (Wettbewerb und tragwerksplanerische Konzeption), ARGE Erfurth + Mathes Beratende Ingenieure GmbH, Chemnitz,und Ingenieurbüro Kless Müller GmbH, Dresden (Vorentwurf,Entwurf und Ausführung)Stahlbau: Müller Offenburg GmbH, OffenburgBauherr: Freistaat Sachsen, Sächsisches Staatsministerium der Finanzen, vertreten durch Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Dresden

Auszeichnung 2012Sanierung und Neubau Zentraldepot Albertinum, Dresden

» Das Albertinum mit Elbe und Brühl-scher Terrasse

» Querschnitt durch das Gebäude

© Marcus Ebener

© Staab Architekten

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23bauforumstahl

» Blick auf die Baustelle

» Links: Montage der Stahlkonstruktion » Rechts: Schematische Darstellung desEntwurfskonzepts

Die Untersicht ist mit einer akustisch wirksamen, transluzentenFolie bespannt, die von unten angestrahlt wird. Über die Rück-reflektion der dahinter geschlossenen, aber hell gestaltetenDeckenfläche wird der Anschein einer Lichtdecke erzeugt.Längsseitig ist die Brückenkonstruktion vom Altbau abgelöstund ermöglicht zusätzlichen Tageslichteinfall von oben auf diedurchscheinende Folie.

Der neue Lichthof ist heute das Zentrum des Museums, von demaus alle Ausstellungsräume direkt erreichbar sind. Ein Leit -system mit großen weißen Leuchtschriften unterstützt die ver-einfachte Orientierung im Haus zusätzlich. Über einen neuenEingang zusätzlich zu dem Zugang an der Brühlschen Terrasseist das Haus besser in die Bewegungsströme der Stadt einge-bunden. Beide Eingänge führen direkt in den nun überdachtenInnenhof, der alle öffentlichen Infrastruktureinrichtungen desMuseums beherbergt.

Konstruktion

Das Tragwerk der Depot- und Werkstattgeschosse im Neubauspannt als stählerne Fachwerkbrücke in Längsrichtung über denInnenhof. Die „Brücke“ ist als räumliches Stabwerk ausgebildet,dessen Haupttragglieder aus vier Fachwerkverbänden mit einerSpannweite von rund 72 Metern bestehen. Durch die Fachwerk-träger, die sich über beide Depotgeschosse erstrecken und dadurch etwa 9 Meter statische Höhe erreichen, entsteht einoptimales Verhältnis von Höhe zu Spannweite (1:8) und dadurchein möglichst geringes Eigengewicht der Konstruktion.

Die Lastabtragung erfolgt auf den Schmalseiten des Innenhofsin Form von zwei, hinter der historischen Fassade verborgenenStützenkonstruktionen sowie eines in den Altbau eingefügten,neuen Lastenaufzugs an der Ostseite. Auf diese Weise musstennur wenige Eingriffe in die historische Substanz vorgenommenwerden und der zentrale Raum bleibt von der Tragkonstruktionunberührt.

© Marcus Ebener

© Marcus Ebener© Staab Architekten

Page 24: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

24 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

»Werkstätten im 4. 0bergeschoss» Gemäldedepots im 3. 0bergeschoss

Der als Stütze herangezogene Lastenaufzug bildet nicht nurstatisch, sondern auch organisatorisch ein wichtiges Elementim neu konzipierten Museum. Durch die Verlegung aller internerBereiche auf die Seite des Aufzugs entstanden mit den Büro -bereichen, den Werkstätten, den Depotbereichen sowie der Anlieferungszone gut strukturierte interne Funktionszusammen-hänge mit kurzen Wegen und direkten Verbindungen. Der Neubau und alle Ebenen des Altbaus sind über diesen neuenLastenaufzug miteinander verbunden.

In dem zweigeschossigen Neubau ist im unteren Geschoss ein knapp 1.400 Quadratmeter großes Gemäldedepot unterge-bracht. Darüber befinden sich die zentralen Werkstätten derGemälderestaurierung mit großen Atelierräumen, die mit für dieArbeit der Restauratoren überaus günstigem Seitennordlichtversorgt werden.

Nachhaltigkeit

Eine wichtige Rolle bei der Sanierung des Bestandes und demNeubau der Depot- und Werkstattflächen spielte die technische

Erneuerung und klimatische Optimierung des Gebäudes. Alleindurch die Platzierung des Neubaus über dem Innenhof ent-steht ein klimatischer Pufferraum, der die thermische Stabilitätdes Gebäudes wesentlich erhöht.

Die für die musealen Bereiche und die Depotbereiche vorge -gebenen Klimaparameter werden durch eine sinnvolle Gebäude-organisation und durch nachhaltige technische Lösungen erreicht. So sind die sensiblen Depotbereiche im unteren Ge-schoss des Neubaus untergebracht, in dem das Klima ohne äußere Einflussfaktoren leicht stabil gehalten werden kann.Über die Nutzung des Grundwassers wird ein Großteil der nötigen Kühllast zur Verfügung gestellt. So konnte im Sinne desDenkmalschutzes auf konventionelle Rückkühltechnik auf demDach des Albertinums verzichtet werden.

» Stahlkonstruktion des Neubaus

© Werner Huthmacher© Werner Huthmacher

© Erfurth + Mathes

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Laudatio

Die Aufgabenstellung war, das in seiner Geschichte oft um -geformte Gebäude um ein Werkstatt- und Depotgebäude im Innenhof zu erweitern.

Die Entwurfsidee eines „schwebenden Depots“ wurde mit einerBrückenkonstruktion aus Stahl überzeugend umgesetzt. DerInnenhof wird mit den beiden Geschossen, welche die neuenRäume aufnehmen, überdacht und so zum neuen Mittelpunkt

des Museums. Selbstverständliches Licht und zurückhaltendeTonalität geben diesem träumerischen Ort eine eigene, die Geschäftigkeit der Stadt konterkarierende, stille Magie.

So entstand eine herausragende architektonische Gesamt -konzeption, die sowohl dem denkmalgeschützten Gebäude seineReferenz erweist, ein neues Zentrum gibt, als auch die stadt-gestalterisch so wertvolle Silhouette von Dresden bewahrt.

» Der neue Innenhof als öffentliches Forum

© Werner Huthmacher

Page 26: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

26 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: WW+, Trier/Esch-sur-Alzette, LuxemburgTragwerk: Schroeder & Associés S.A., LuxemburgBauherr: Gemeinde Kayl-Tétange, Luxemburg

Auszeichnung 2012Pavillon Madeleine, Kayl-Tétange, Luxemburg

Das Restaurant „Pavillon Madeleine“ bildet zusammen mit demneu gestalteten „Park Ouerbett“ die neue grüne Mitte der Ge-meinde Kayl-Tétange im Süden des Großherzogtums Luxemburg.Das Restaurantgebäude, an der Schnittstelle des Nord-Süd-Weges von Kayl nach Tétange und des Rundweges im Park gele-gen, fügt sich mit seinen Abmessungen von 10 x 22 x 4,5 Meternharmonisch in die Landschaft ein.

Eine im Süden vorgelagerte Freifläche, in die sich eine Terrassemit Grillstation integriert, markiert den Eingang und führt denBesucher durch eine Glastür direkt ins Innere des Pavillons.Das Restaurant, in dem 40 Personen Platz finden, verfügt über

einen Sanitärblock für Gäste und Mitarbeiter sowie eine groß-zügige, offene Küche. Beim „Open Cooking“ verbinden sich für den Gastronomieliebhaber Geschmackserlebnisse mit dersichtbaren Zubereitung der Speisen.

Sitzstufen vor dem Pavillon führen an den Kaylbach, dessenQualität durch Säuberungs- und Verbesserungsmaßnahmen anden Ufern aufgewertet wurde. Alle Zugänge zum Pavillon sowieder Innenbereich sind barrierefrei gestaltet.

Konstruktion

Das Tragwerk des Pavillons beruht auf einer Stützen-Trägerkon-struktion, die auf einer gedämmten Bodenplatte gründet. DieStützen sind an einem Raster von 2 x 2 Meter ausgerichtet undnehmen die 10 Meter langen IPE400-Träger auf. Alle Stahlbau-teile sind vorgefertigt und vor Ort verschraubt. Die Fassade aus wetterfestem Baustahl umhüllt das Volumen in seinerschlichten und einfachen Kubatur und wird von mehreren ge-schosshohen Glaseinschnitten unterbrochen. Diese vertikaleGliederung ermöglicht ein interessantes Spiel zwischen Fenster-flächen und geschlossenen Bereichen. Die Außenwände sind

» Der Pavillon am Ufer des Kaylbaches© Linda Blatzek Photography

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» Schnitt, Grundriss, M 1:400

» Sitzbänke im Park

»Wetterfester Stahl als verbindendes Gestaltungselement von Park und Pavillon.

mit einer Holzfaserdämmung von 240 Millimetern Stärke ver -sehen. Hochreflektierende Gläser bewirken, dass die Sonnen-einstrahlung das Gebäude nicht übermäßig aufheizt.

Material

Aufgrund der hohen Anforderungen an die Außenhülle des Gebäudes hinsichtlich der geforderten Vandalismusresistenzund einer harmonischen Integration des Baukörpers in seinegrüne Umgebung, wurde auf die Materialität und Funktion derFassade ein besonderes Augenmerk gelegt. Die Verwendungvon wetterfestem Stahl knüpft an das kulturelle Erbe der Stahl-industrie im Süden des Landes an, während seine warme, rost-farbene Oberfläche mit der umgebenden Natur in Einklang steht.Die Fensterflächen sind während der Nacht durch geschlitzteFaltelemente, ebenfalls aus wetterfestem Baustahl, geschützt.Der Wechsel von offenen und geschlossenen Faltelemententransportiert in den Abendstunden eine abwechslungsreicheLichtwirkung nach außen.

© Linda Blatzek Photography

© Linda Blatzek Photography

Page 28: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

28 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

» Detailschnitt, M 1:20

» Lebendige Vielfarbigkeit des Stahls

Im Inneren schaffen wenige, hochwertige Materialien sowie inDecke und Wänden verborgene Haustechnik klare Räume mithoher Aufenthaltsqualität. Schlicht gehaltene Wände kontras-tieren mit dem in Schwarzstahl ausgeführten Kamin, dem re-präsentativen Weinschrank und der Theke im gleichen Material.Der Parkettboden aus Eichenholz und die goldfarbenen Hänge-leuchten verleihen dem Restaurant eine warme und behaglicheAtmosphäre, die im Winter durch das Feuer im Kamin unter-stützt wird.

Nachhaltigkeit

Der Einsatz des wetterfesten Baustahls erfordert zwar eine höhere Anfangsinvestition, erweist sich aber als besonderslanglebig und kostengünstig im Unterhalt. Er kann vollständigrecycelt werden und schützt den Innenbereich effektiv vor Vandalismus. Das energetische Konzept baut auf einer hoch -gedämmten Gebäudehülle in Kombination mit kontrollierterLüftung auf. Dachbegrünung, Solarzellen, Wärmepumpe undFlächenkollektoren runden das nachhaltige Gesamtkonzeptdes Gebäudes ab.

© Linda Blatzek Photography

© Linda Blatzek Photography

» Stahlkamin im Essbereich

Page 29: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

29bauforumstahl

Laudatio

Die Landschaftsplanung des „Parks Ouerbett“ in der GemeindeKayl-Tétange und die Architektur der darin liegenden Gebäudefolgen einem einheitlichen Gestaltungskonzept. Das Materialwetterfester Stahl stellt den Bezug zum kulturellen Erbe derStahlindustrie der Region her und wird so zum gestalterischenLeitmotiv der Gesamtanlage.

Die Natur und der zeitlos wirkende wetterfeste Stahl bilden eineSymbiose. Diesem Prinzip folgend erscheint der Baukörper des Restaurants „Pavillon Madeleine“ als schlichter Kubus, dervielfältige und reizvolle Sichtbezüge zu der umgebenden Land-schaft des Park Ouerbett herstellt. Stahl wird hier in großerSelbstverständlichkeit zum bestimmenden Element nachhalti-gen Bauens.

» Grundrissdetail Klappladen, M 1:20

» Spannender Wechsel von offenerund geschlossener Fassade.

© Linda Blatzek Photography

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30 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Militärhistorisches Museum Dresden

Architektur: Architekt Daniel Libeskind AG, Zürich, SchweizTragwerk: GSE Ingenieur-Gesellschaft mbH, BerlinBauherr: BMVG Bundesministerium der Verteidigung, vertreten durch das Landesamt für Steuern und Finanzen,Chemnitz

Das zwischen 1873 und 1876 als axialsymmetrisches Gebäudeerrichtete Dresdner Militärarsenal war schon in der DDR-Zeit Armeemuseum und wurde nach der Wende von der Bundes-wehr übernommen. Nach seiner Sanierung und Erweiterungpräsentiert sich das Gebäude als modernes Museum, das Altund Neu, Geschichte und Gegenwart vereint. Neben neuen Ausstellungsräumen entstanden ein Konferenzbereich mit Vor-tragssaal, eine museumspädagogische Abteilung, eine Biblio-thek mit Archiven sowie Serviceeinrichtungen für die Besucher.

Der Erweiterungsbau, eine keilförmige Stahlkonstruktion, durch-dringt den Altbau auf ganzer Höhe und überragt ihn um einneues, aufgesetztes Geschoss. Die Keilspitze als emblematischerAbschluss des Neubauteils setzt ein von außen sichtbares

Zeichen des Bewusstseinswandels und stellt eine symbolischeVerbindung zwischen Museum und Stadt her.

Altbau

Im Altbau wurden bereits zur Entstehungszeit vorgefertigteGussstützen und Stahlunterzüge in einem einheitlichen Rasterverwendet. Diese konnten beibehalten und für die neue Nutzungertüchtigt werden – die Stützen mit einem Brandschutzanstrich,die Unterzüge durch neue Brandschutzbekleidungen. Die altenHolzbalkendecken wurden für die erhöhten Nutzlast anforde -rungen mit Stahlverbunddecken aus Schwalbenschwanzblechenverstärkt. Die Oberfläche der Decken wurde geschliffen undblieb sichtbar. Lediglich im neuen Konferenzbereich nahmendie Planer im Zuge des Umbaus einige der alten Stützen herausund ersetzten sie durch weitspannende, vor gefertigte Abfang-konstruktionen.

Neubau

Der Neubauteil besteht durchgängig aus Stahlkonstruktionen.Sämtliche Decken wurden mit Stahlverbundträgern ausgeführt.Erschließungsstege in den Ausstellungsbereichen spannen als

» Grundriss Obergeschoss, M 1:1500

»Montage der Keilspitze© Lubic und Woehrlin

Page 31: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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sichtbare Konstruktionen mit Bodengittern aus offenen Stahl-rosten über die mehrere Geschosse hohen, offenen Lufträume.Der anspruchsvollste Teil der Erweiterung ist jedoch die mar-kante Keilspitze. Sie tritt weit aus der historischen Fassade heraus und weist auf jenen Bereich im Luftraum über Dresden,wo am 13. Februar 1945 die ersten Bomben fielen und die Zer-störung der Stadt im Zweiten Weltkrieg ihren Anfang nahm. DieKeilspitze schließt den Baukörper des Neubauteils geometrischab und nimmt die außen liegende Aussichtsplattform, den sogenannten Dresdenblick auf.

» Südansicht

» Ausstellungsraum mit Aussichts -plattform

Das Tragwerk der Keilspitze wurde als räumliches Stabwerk mitbiegesteifen Knoten in Verbindung mit einer Stahlverbunddeckein der Dachebene ausgeführt. Scharfkantige Hohlprofile mitrauten- und dreiecksförmigen Querschnitten bilden die Stäbedes Fachwerks. So, wie die Offenheit und Transparenz der neuenMetallkonstruktion der Abgeschlossenheit und Massivität des historischen Bestands gegenübersteht, so reflektiert dieMetallfassade aus industriell vorgefertigten Teilen die Offenheiteiner demokratischen Gesellschaft neben der autoritärenStrenge der steinernen Altbaufassade.

© GSE

© GSE

Page 32: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

32 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Coop Himmelb(l)au, Wien, ÖsterreichTragwerk: B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH,Frankfurt am MainBauherr: Verein der Freunde der evangelischen Kirche in Hainburg, Österreich

An der Stelle einer seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr existie-renden Kirche im Zentrum von Hainburg entstand in wenigerals einem Jahr Bauzeit eine neue evangelische Kirche, die voneinem skulptural ausgebildeten Stahldach gekrönt wird. Dreischwungvoll emporstrebende, in der Grundrissprojektion wieSchneckenhäuser geformte Öffnungen im Dach leiten in Analogiezur christlichen Trinität das Licht nach innen. Die Geometrie

knüpft an die geschwungene Dachform eines benachbarten romanischen Karners – einer Friedhofskapelle mit Beinhaus –an und wurde mit digitalen Mitteln in eine zeitgenössischeForm gebracht.

Das Gebäudeensemble besteht neben dem eigentlichen Kirchenraum aus einem Gemeindesaal sowie der Sakristei, demBüro des Pastors und einer kleineren Küche, die in einem langgestreckten Riegel an einer Nebenstraße untergebracht sind.

Tragwerk und Stahldach

Das Dach über dem Kirchenraum ist als raumfüllendes Volumenausgebildet, das nach oben und gleichzeitig nach unten ragt.Die Öffnungen schrauben sich gen Himmel, wenden sich aberauch in den Raum. Das gesamte Dach funktioniert als eine statische Einheit, als ein tragendes Element.

» Oben: Explosionszeichnung desDachtragwerks

» Links: Der 20 Meter hohe Glocken-turm als räumliche Plastik

Martin-Luther-Kirche, Hainburg, Österreich

© Marcus Pillhofer

Page 33: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Die Dachhaut sowie ein daran angeschweißtes, 80 x 80 Zenti-meter messendes Raster aus Primär- und Sekundärspantenfungieren als Druckgurt, die an die Primärspanten angeschweiß-ten Profilträger als Zuggurt. Insgesamt 264, mit hydraulischenPressen kaltverformte und miteinander verschweißten Blech-platten mit einer Mindeststärke von 8 Millimetern bilden dieDachhaut. Die Bleche wurden mit den formgebenden, aus Stahlgeschnittenen Sekundär spanten verschweißt, letztere dannwiederum mit den Primär spanten. Diese verlaufen parallel zuden Profilträgern und wurden, um die Tragwirkung zu erhöhenund die Konstruktion dadurch noch wirtschaftlicher zu machen,ebenfalls mit der Außenhaut verschweißt.

Die Gesamtform des Kirchenraumes leitet sich von einem über-dimensionalen quadratischen Tisch ab. Diesem Motiv folgend,setzt das 28 Tonnen schwere Dach mit vier in den Ecken befindlichen Stahlstummeln auf die Außenwände auf. Darausergeben sich zwischen den Kirchenwänden und dem Dach stellenweise kleine Lichtbänder.

Für die Montage wurde das Dach in vier großen Teilen vorge -fertigt. Vor Ort wurden drei Längsteile sowie der obere Abschnittder Dachöffnungen zu einem Element verschweißt und von einem 100-Tonnen-Kran auf die Stützen und Wände des Gottes-hauses gehoben.

» Längsschnitt, Querschnitt,M 1:200

» Skulptural geformte Dachöffnung

» Oben: Einheben der Dachkonstruktion» Unten: Nebentrakt mit Sakristei undNebenräumen

© Marcus Pillhofer

© Marcus Pillhofer

© Marcus Pillhofer

Page 34: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

34 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Tropenhalle Zoo Leipzig

Architektur: Henchion+Reuter Architekten, BerlinTragwerk: EiSat GmbH, Eisenloffel.Sattler + Partner, BerlinBauherr: Zoo Leipzig GmbH, Leipzig

Die Tropenhalle „Gondwanaland“ mit einer Grundfläche von16.000 Quadratmetern entstand als Erweiterung des LeipzigerZoos auf einer ehemaligen Industriebrache. Die Halle themati-siert den einstigen Urkontinent „Gondwana“, bestehend ausden heutigen Kontinenten Afrika, Südamerika und Teilen Asiens.Sie fügt sich in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt in das Zoo-gelände und den städtebaulichen Kontext ein und vereint dasZiel einer begehbaren Erlebnislandschaft mit den zoologischenBelangen einer Tropenhalle.

Die Dachform der Halle ist sanft nach oben gewölbt und bildeteine Art Erdkugelsegment, während die dreieckige, wankel -förmige Grundrissprojektion ein sogenanntes Reuleaux-Dreieckdarstellt und auf die drei Kontinente bzw. Themenbereiche hinweist. Die Höhe des Hallendaches entwickelt sich von 10bis 18 Metern entlang der Traufen bis zu einer Höhe von 34,50Metern in der Hallenmitte und bietet Raum für gut 20 Meterhohe Bäume.

Biegesteifes Primärtragwerk

Das Tragwerk aus Stahlrohrprofilen mit einem Durchmesser von813 Millimetern konzipierten die Ingenieure als biegesteifeNetzschale aus großformatigen Dreiecksmaschen mit umlaufen-dem Zuggurt. Es ist extrem verformungssteif und trägt dieDachlasten im Wesentlichen über Normalkräfte ab. Die Drei-ecksmaschen besitzen eine maximale Kantenlänge von circa18,20 Metern in der Hallenmitte und verjüngen sich zum Randauf Kantenlängen von circa 8,30 Metern. Die vertikalen Lastenwerden an den Dachrändern von Stahlrohrstützen mit einemDurchmesser von 559 Millimetern aufgenommen, die als Pendelstützen ausgebildet sind. Die horizontale Aussteifungübernehmen drei rotationssymmetrische Querverbände an denhöchsten Punkten des elliptisch gekrümmten Dachrandes.

Sekundärtragwerk

Das Sekundärtragwerk ist mittels Zugstangen pendelnd vomPrimärtragwerk abgehängt. Die schwebende Sekundärkon-struktion trägt die Dachhaut aus mehrlagigen ETFE-Folienkissenund bildet die eigentliche Gebäudehülle. Zur Aufnahme der Folienkissen wurde das Primäraster aus Dreiecksmaschen indieser Ebene in ein Sekundärraster aus Vierecksmaschentransformiert. Eine Rechteckmasche besitzt die halbe Kanten-länge der ihr zugeordneten Dreiecksmasche des Primärrasters.

» Blick über die Dächer Leipzigs

» Dachaufsicht mit Primär- und Sekundär-tragwerk, M 1:2000

© Werner Huthmacher

Page 35: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Die Kissen erreichen damit in Abhängigkeit von der Primär -konstruktion Abmessungen von maximal 8,90 auf 7,90 Meternund verjüngen sich ebenfalls zu den Dachrändern hin. DurchSeile werden sie nochmals kreuzweise elastisch über- und unterspannt.

Die Quadratrohrprofile des Sekundärtragwerks mit Abmessun-gen von 200 x 200 Millimetern nehmen mit Hilfe von Fahnen-blechen einen Rinnenträger für die Dachentwässerung auf.

Über diesen fließt das Regenwasser zwischen den Kissen zurAbleitung am Dachrand.

Durch die innerhalb des Primärtragwerks liegenden Folienkissenund die schlanken Querschnitte der tragenden Elemente ent-stand ein filigranes Dachtragwerk, das sich der Wahrnehmungdurch die Besucher weitgehend entzieht. Die perspektivischeÜberhöhung lässt den Horizont geweitet erscheinen, und dieHalle scheint kein wirkliches Ende zu haben.

» Oben: Knotendetail, M 1:40» Rechts: Spaziergang in den Baumwipfeln

»Montagearbeiten » Primärkonstruktion mit abgehängtem Foliendach

© Werner Huthmacher

© Werner Huthmacher© Henchion+Reuter Architekten

Page 36: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

36 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Dürr Gesellschaft von Architekten mbH, BerlinTragwerk: Neuruppin Projekt GmbH, NeuruppinBauherr: Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten vertretendurch Brandenburgischer Landesbetrieb für Liegenschaftenund Bauen, Potsdam

Im Auftrag der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten wurden die zwischen 1940 und 1943 errichteten, ehemaligenGaragen des Konzentrationslagers Ravensbrück für die Zweckeder Gedenkstätte umgebaut: In dem langen Gebäuderiegel entstanden Büros für die Verwaltung, Archive, eine Bibliotheksowie Veranstaltungs- und Ausstellungsräume. Das Umbau -konzept war darauf ausgerichtet, möglichst viel vom ursprüng -lichen Erscheinungsbild der denkmalgeschützten Garagen zubewahren.

Neue Konstruktionselemente

Das prägende Merkmal des 120 Meter langen Gebäudes sinddie Öffnungen der früheren Garagentore, die im Zuge des Umbaus mit gläsernen Fassadenelementen geschlossen undmit Falttoren versehen wurden. Die Tore dienen als Sonnen-schutz und ermöglichen eine weitgehende Verdunkelung derInnenräume bei Veranstaltungen.

Das Innere des Gebäudes wurde unter Beibehaltung der Raumhöhen komplett umgestaltet. Die mit einfachen Mittelnaus geführten Bauten wären ohne zusätzliche Aussteifung nichtumnutzbar gewesen. Innen liegende Stahlrahmen, die aus jedrei vorgefertigten Teilen bestehen, stabilisieren nun das Gebäude. Die Rahmenecken sind zusätzlich mit Stegblechenverstärkt. Hier greifen auch die Verbindungselemente an, über die der Abtrag der horizontalen Lasten in einen neu insBestandsmauerwerk eingefügten Ringbalken erfolgt. Die Vertikallasten werden an den Fußpunkten des Rahmens übereingezogene Streifenfundamente abgetragen.

» Die verglasten Öffnungen der früheren Garagentore.

» Gedenkstättenarchiv

» Oben: Isometrische Darstellung mitQuerrahmen

» Unten: Wechselausstellung

Fahrzeughalle Mahn- und GedenkstätteRavensbrück

© [email protected]

© [email protected] © [email protected]

Page 37: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

37bauforumstahl

Wohnbauten

© Zooey Braun

Page 38: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Anders als es scheint, sind lediglich das Untergeschoss unddie Bodenplatte des Erdgeschosses in Stahlbeton ausgeführt.Die oberirdischen Bauteile realisierten die Architekten in Holz-tafelbauweise mit OSB-Platten als aussteifender Beplankung.An der offenen Südseite liegt der Randträger der Dachkon -struktion auf den vier Stahlstützen auf, die am Fußpunkt ein -gespannt und am Kopfpunkt einseitig gelenkig gelagert sind.Die Kreuzstützen sind aus je drei Stahlblechen gefertigt, derenVerbindungsnaht durchgehend geschweißt und nachträglichverschliffen wurde. Die Stegbreite beträgt 120 bzw. 90 Milli -meter im Bereich der Stützenenden, wodurch sich Fuß- undKopfpunkt optisch abheben. Auch die tragende Verbindung desVordaches an die Dachkonstruktion des Gebäudes erfolgt übereigens hergestellte Stahlteile, die während der Montage eineeinfache Nachjustierung und somit den exakt horizontalen Ver-lauf der Dachkante ermöglichten.

Passive solare Gewinne durch die Verglasung, Nutzung vonGeothermie und eine zurückversetzt angebrachte Photovoltaik - anlage auf dem Dach sind Gründe für die hervorragenden energe-tischen Kennwerte des Gebäudes. Zudem ist die hochgedämmteStahl-Holz-Konstruktion nahezu vollständig recyclingfähig.

38 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Haus D10, Ulm

Architektur: Werner Sobek GmbH & Co. KG, StuttgartTragwerk: Werner Sobek GmbH & Co. KG, StuttgartBauherr: privat

Das in der Nähe von Ulm errichtete Wohnhaus knüpft in seinerLeichtigkeit und Transparenz motivisch an Meisterwerke derklassischen Moderne an. Fließende Raumabfolgen bestimmendas Innere des Gebäudes. Der drei Meter hohe Wohnraum ist auf drei Seiten vollständig verglast; lediglich zwei paralleleWandscheiben treten als raumbildende Elemente in Erschei-nung. Eine umlaufende Terrasse, geschützt durch das weit aus-kragende Flachdach, verbindet den Innenraum und den Gartenmit seinem alten Baumbestand.

Das als dünne Horizontalscheibe ausgebildete Dach lagert imnördlichen Bereich auf den beiden Wandscheiben und entlangder breiten Südfassade auf vier kreuzförmigen, schlankenStahlstützen, die innerhalb des gläsernen Raumabschlussesangeordnet sind. Das Dach wirkt dadurch nahezu schwerelos.

» Entmaterialisierte Glasfassade

» Oben: Grundriss Erdgeschoss, M 1:250» Links: Fließender Übergang von Innen- und Außenraum

© Zooey Braun

© Zooey Braun

Page 39: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Im Zentrum Münchens gelegen, steht das Viertel um den Gärtnerplatz als eine der bedeutendsten gründerzeitlichen Stadt -erweiterungen heute unter Ensembleschutz. Das Spannungs -verhältnis zwischen historischem Erbe und Gegenwart bestimmteauch die Sanierung des Gebäudes in der Reichenbachstraße.Weil seine ursprüngliche, spätklassizistische Fassade durchfrühere bauliche Eingriffe unwiederbringlich verloren war, ent-schieden sich die Architekten für eine zeitgenössische Neu -interpretation der Fassaden an der Straßen- und Hofseite. Während die dreigliedrige Putzfassade der Straßenseite nachihrer Erneuerung von einem wellenförmigen, unterschiedlichweit hervortretenden Relief bestimmt wird, setzt sich das Motiv an der Hofseite in veränderter Form fort: Organisch geformteBalkonflächen laufen wellenförmig über die Fassade und er-zeugen ein lebhaftes Wechselspiel aus Enge und Weite. Je nachGeschoss sind die Wellen unterschiedlich breit und zudem gegeneinander versetzt.

Unmittelbar vor der Hoffassade stehende Stahlstützen tragendie vier Balkonbänder. Zwar erinnern deren Geländer an tradi-tionelle schmiedeeiserne Balkonbrüstungen, jedoch verbindetsich hier präzises Schlosserhandwerk mit neuzeitlicher CNC-

39bauforumstahl

» Oben:Detailschnitt Balkon, M 1:20» Unten: Horizontal und vertikal geschwungene Formen

Sanierung eines Wohnhauses, München

Architektur: Hild und K Architekten, MünchenTragwerk: Ingenieurbüro Brengelmann, MünchenBauherr: Euroboden GmbH und Co. Projekt KG, München

Technik. Aus der Horizontale der Balkone heraus bilden dievertikalen Stahlschwerter der Geländer ihrerseits freie Formen,kombiniert aus lediglich zehn sich wiederholenden Elementen.Durch die Überlagerung der horizontal geschwungenen Balkon-flächen mit den emporstrebenden Formen der Brüstungen werden die Balkone zu dreidimensionalen Gebilden mit beinaheskulpturalem Charakter.

© Michael Heinrich © Sebastian Klich

Page 40: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

40 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: sprenger von der lippe Architekten, HannoverTragwerk: eilers Ingenieurbüro für Bauwesen GmbH, HannoverBauherr: Wiebke Toppel, Haig Balian, Amsterdam

Der Entwurf für den Neubau eines Hausbootes entstand imRahmen des von der Stadt Hamburg initiierten Pilotprojektes„Bauen auf dem Wasser“. Die Hansestadt richtete am Eilbek -kanal zehn Liegeplätze ein, um die Potentiale von Hausbootenals Form städtischer Eigentumsbildung auszuloten. Bei IhremEntwurf verzichteten die Architekten auf dynamische, Mobilitätsuggerierende Gestaltungselemente und stellten den Bezugzum Maritimen alleine durch Material und Konstruktion her.

In bewusstem Kontrast zu dem schwer und massiv wirkendenGebäudesockel auf Wasserniveau steht die aufgesetzte, voll-flächig verglaste Stahlkonstruktion: Das Obergeschoss desHausboots hat den Charakter eines leichten, transparenten Pavillons. Hier befinden sich Eingang, Küche und Essbereich,während die Wohn- und Schlafräume im Untergeschoss aufWasserniveau liegen. Zu beiden Seiten des 10 x 6 Meter mes-senden Aufbaus befinden sich großzügige Holzdecks.

Stahlkonstruktion

Die außen liegende Stahlkonstruktion des Unterdecks ist aufeinen wannenartigen Betonponton montiert. Sie weist das ungewöhnlich enge Raster von 1,24 Metern auf, das den Span-tenkonstruktionen im Schiffsbau entlehnt ist. Durch eine Pufferschicht von der außen liegenden Stahlkonstruktion des

Hausboot auf dem Eilbekkanal,Hamburg

» Leichtigkeit und Transparenz durch doppelte Rasterweite und große Glasflächen

»Wetterfester Baustahl umhüllt denRumpf des Hausbootes

© Archimage Hamburg/Meike Hansen

© Archimage Hamburg/Meike Hansen

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41bauforumstahl

Sockelgeschosses getrennt, folgt als eigent liche thermischeGebäudehülle eine hinterlüftete Fassade aus gedämmten Stahl-sandwich-Paneelen und Fensterbändern. An seiner Außenseiteist der Sockel mit wetterfesten Baustahl-Platten verkleidet, derenPatina sich abhängig von Wetter und Jahreszeiten verändert.Fenster- und Glasflächen springen um die Tiefe der Spanten zu-rück, wodurch ein Fassadenrelief aus sichtbaren Rippen, opakenund transparenten Flächen entsteht.

Die innen liegende, im Raster von 2,48 Metern errichtete Stahl-konstruktion des aufgesetzten Obergeschosses wirkt im Kontrastzu dem quaderförmigen Unterdeck betont leicht und filigran.

» Unten: Der Luftraum auf der Wasserseiteverbindet Ober- und Untergeschoss

» Grundriss Untergeschoss, Grundriss Erdgeschoss, Längsschnitt, Querschnitt, M 1:200

Transport und Montage

Besonderes Augenmerk galt bei der Planung den hausboot -spezifischen Anforderungen hinsichtlich Aufbau, Transport undWartung. So sind die Baukörper der unteren wie der oberenEbene komplett vorgefertigt. Aufgrund von Schraubverbindungenkann der gesamte Aufbau bei Bedarf relativ leicht demontiertwerden. Um die geforderte Brückengängigkeit zu gewährleis-ten, können die vier konstruktiven Segmente der aufgesetztenGlasbox mit einem Kran einzeln abgehoben, auf einem LKW abtransportiert und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden.

© Archimage Hamburg/Meike Hansen

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42 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Aus der Lage des Bauplatzes unmittelbar hinter der Umfassungs-mauer einer früheren, nicht mehr vorhandenen Villa ergab sichdie Möglichkeit, den Erdgeschossbereich des Neubaus äußerstoffen zu gestalten und ihn räumlich bis zu der historischen

Ziegelmauer zu konzipieren. Die für das Haus gewünschteleichte, durchlässige Struktur führte zu der Entscheidung, es in Stahlskelettbauweise zu errichten.

Das Erdgeschoss des CO2-neutralen Hauses wird als 180 Qua-dratmeter großer, gemeinschaftlicher Wohnraum mit integrierterKüche genutzt. Die Schlaf- und Kinderzimmer befinden sich imObergeschoss. Weil keine der innen liegenden Wände tragendist, konnte der Grundriss frei gestaltet werden, künftige Umbau-ten sind problemlos möglich.

Die Stahlkonstruktion besteht aus gebäudehohen HEB120-Profilen als Stützen und umlaufenden Trägerprofilen in Höhe derGeschossdecken. Die aus HEB120- und L200-Profilen zusam-mengesetzten Träger sind über Laschen an der Innenseite derStützen verschraubt. Das L-Profil nimmt die 8,20 Meter langenSpannbeton-Hohldielen der Decke auf, die als konstruktiveScheibe in Stahlverbund-Bauweise die Horizontalkräfte über-tragen. Zugstab-Verbände in der Ebene der Stahlstützen dienender Aussteifung. Die geschlossenen Teile der Fassade, die um-laufende Brüstung im Obergeschoss und die Attika, sind aussogenanntem Massiv-Holz-Mauerwerk vorgefertigt und außenan das Stahlskelett angehängt. Auf eine voluminöse Wärme-dämmung und entsprechende Folien konnte dadurch verzichtetwerden.

Haus am Platz, Berlin-Steglitz

Architektur: PLANPOPP architektur stadtplanung, BerlinTragwerk: Bauingenieurbüro Johann Schneider, BerlinBauherr: privat

» Schlanke Stahlstützen mit umlaufenden Trägern

» Hinter der alten Ziegelmauer erhebtsich der Neubau aus Stahl und Glas

© Wolfram Popp

© Wolfram Popp

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Bildungsbauten

© Roland Borgmann

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44 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Archwerk Generalplaner KG – Professor WolfgangKrenz, BochumTragwerk: T|S|B Ingenieurgesellschaft mbH, DarmstadtBauherr: Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, NL Dortmund

Auszeichnung 2012Kernsanierung BlueBoxBochum

Das von Bruno Lambert entworfene Gebäude erfuhr seit der Inbetriebnahme 1965 verschiedenste Nutzungen: Mensa, Universitätsbibliothek, KFZ-Werkstatt, Klubraum und Diskothek,Speicherbibliothek des Landes NRW und schließlich Lernhausder Hochschule Bochum. Zu diesem Zeitpunkt war das in dieJahre ge kommene Gebäude schon sanierungsbedürftig und wärewahrscheinlich bald abgerissen worden.

Mit viel Engagement von Seiten der Hochschule Bochum erfolgtedann die Kernsanierung und Umnutzung von einer Übergangs-mensa zu einem modernen Lehr- und Lerngebäude für Archi-tekturstudenten, der BlueBoxBochum. Ein Grundrisskonzeptmit großzügig angelegten Nutzungsbereichen ermöglicht eineflexible Nutzung für den derzeitigen Hochschulbetrieb und bietetausreichende Ressourcen für zukünftige Generationen von Studierenden.

» Einblicke bei Nacht durch die groß-flächige Verglasung

» Lageplan, M 1:2000

© Jens Kirchner

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» Grundriss Erdgeschoss, Grundriss Obergeschoss, Schnitt, M 1:750

© Jens Kirchner» Das Auditorium im Obergeschoss

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46 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

teilweise durchgerostet war und komplett ersetzt werden musste.Das neue Dach ist als Warmdach mit Foliendeckung erstellt.

Dank des Brandschutzkonzeptes mit Wärmeabzugsflächen,Brandabschnitten und Fluchtwegesystem war es nicht erforder-lich, weitere Brandschutzmaßnahmen für das Dachtragwerk zuergreifen. Die Stäbe wurden grundiert und weiß beschichtet.Auch die abgehängte Decke konnte wie ursprünglich oberhalbdes Tragwerks angebracht werden.

Fassade

Die Fassade wurde mit Ausnahme der ausreichend dimensio-nierten, tragenden Außenstützen, die sandgestrahlt und neubeschichtet wurden, gänzlich erneuert. Eine Zu- und Abluft -anlage mit automatischer Nachtauskühlung durch Öffnungen inder Fassade ermöglicht den wirtschaftlichen Betrieb des rund-um verglasten Gebäudes. Während im Erdgeschoss öffenbareFenster bei Bedarf für natürliche Belüftung sorgen, dient einaußen liegender Sonnenschutz aus Aluminiumlamellen imObergeschoss der Verschattung und stellt gleichzeitig das ur-sprüngliche Erscheinungsbild der 1960er Jahre wieder her.

Technische Gebäudeausrüstung sowie Wärmedämmung undSchallschutz wurden auf den aktuellen Stand gebracht, wobeidie Nachrüstung mit zusätzlichen, regenerativen Energiequellenwie Geothermie, Photovoltaik und Solarkollektoren bereits vorbereitet ist.

Konstruktion

Der zweigeschossige Baukörper wurde in Skelettbauweise er-richtet, mit einem in der Fassadenebene integrierten Stahltrag-werk und einer weitgespannten Dachkonstruktion als Raumfach-werk über dem Obergeschoss. Das allseitig hinter den außenliegenden Stahlstützen zurückspringende Erdgeschoss ist inStahlbeton ausgeführt.

Raumfachwerk

Nahezu stützenfrei überspannt das Raumfachwerk das weit -läufige Obergeschoss. Im Zuge der Sanierung und Umnutzungmusste die Tragfähigkeit neu nachgewiesen und das Tragwerkum rund 200 Stäbe ergänzt werden. Auf die an den Knoten-punkten mittels Stahlrohren aufgeständerten Querträger folgteeine Stahl trapezblechlage, die zum Zeitpunkt der Renovierung

© Jens Kirchner

» Arbeitsplätze für Studenten im Obergeschoss

© Sascha Völzke/Archwerk» Abbrucharbeiten auf dem alten Dach

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Laudatio

Umbauten und Sanierungen werden in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Die BlueBoxBochum zeigt, wie zeitloseKonstruktionen – hier ein stählernes Raumtragwerk – überJahrzehnte den Nutzerbedürfnissen angepasst werden können.Dank seiner weit spannenden Stahlkonstruktion hatte es bereitsverschiedenste Nutzungen erfahren.

Die Transformation zum Lernzentrum Architektur ist ein hervor-ragendes Beispiel für die nachhaltige Revitalisierung alter Bausubstanz mit Stahl. Die elegante, beinahe unsichtbareStahlkonstruktion und der universelle Raum kommen durch diesensible Sanierung und ausgezeichnete Integration der Technikwieder zu ihrem Recht.

» Eckdetail, M 1:20

© Jens Kirchner

» Die abgehängte Decke oberhalb des Raum-fachwerks verbirgt technische Installationen

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48 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Bibliothekserweiterung, Münster

Architektur: Bühler und Bühler Architekten, München mit planungsgemeinschaft zauberscho[e]n, MünsterTragwerk: Ingenieurgemeinschaft Führer-Kosch-Jürges, AachenBauherr: Land Nordrhein-Westfalen vertreten durch den Bau- undLiegenschaftsbetrieb NRW, NL Münster

Die Bibliothekserweiterung für den Leonardo-Campus im Norden von Münster, einem gemeinsamen Kreativstandort derMünsteraner Hochschulen, entstand als gläserner Anbau andie einstigen Stallgebäude einer Reiterkaserne. In Teilen derStallungen war bereits die Zentralbibliothek der einzelnen Institute untergebracht. Der notwendige Ergänzungstrakt er-streckt sich, nur durch eine schmale Lichtfuge getrennt, un -mittelbar vor der Ziegelfassade des Gebäudes. Die einzelnen

Bereiche des Anbaus bieten Raum für unterschiedliche Arbeits -situationen: Studierkabinen für ungestörtes, individuelles Lernen sowie einen großen, durch einen Akustikvorhang ab-trennbaren Tisch, der ohne Störung des Bibliotheksbetriebsauch Gruppenarbeit ermöglicht.

Das Pferd an der Decke

Die äußere Erscheinung des Erweiterungsbaus dominiert dasim Querschnitt flügelähnliche Dach, das von drei skulptural geformten Stahlstützen und vier schlanken Rundrohren im Be-reich der Studierkabinen getragen wird. Die Architekten ließensich – als Anklang an die frühere Nutzung des Gebäudes – bei der Formfindung der mehrfach geknickten Stützen von denBeinen galoppierender Pferde inspirieren.

Die Stützen bestehen aus 1,5 Zentimeter starken, lasergeschnit-tenen und miteinander verschweißten Stahlblechen, deren

» Grundriss Erdgeschoss, Bestand und Erweiterung, M 1:500

» Treppen und Durchgänge verbindenBestand und Neubau.

» Die geknickten Stahlstützen durchbrechendie klare Struktur der Bibliothek.

© Roland Borgmann© Roland Borgmann

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Schweißnähte anschließend poliert wurden. Das Dachtragwerkbildet ein durch Trapezbleche ausgesteifter Stahlträgerrost.Entwässert wird das Dach über eine offene Traufkante entlangder gesamten Längsseite. Das herabtropfende Regenwassersammelt sich in einer Rigole vor der Fassade und wird ökologischwirksam dem Gelände zugeführt.

Seine Wirkung von Offenheit und Leichtigkeit verdankt der Anbau einer hochtransparenten Fassade aus Weißglas. Sie be-steht aus 25 großformatigen Scheiben und ist als Structural-Glazing-Fassade ausgeführt. Die Aussteifung erfolgt durch ver-tikale Glasschwerter. Um die Windlasten optimal aufnehmen zu können, sind die Schwerter an der Längsseite außen und anden Stirnseiten innen angebracht. Die Lichtfuge am Übergangzum Bestandsgebäude wurde als stählerne Pfosten-Riegel-Verglasung konzipiert, die nur durch Lamellenfenster für Ent -lüftung und Entrauchung unterbrochen wird. Das einfallendeLicht setzt die historische Ziegelmauer eindrucksvoll in Szene.

» Oben: Explosionszeichnung» Unten: Nachts werden die Bücher zumMittelpunkt des Campus.

© Roland Borgmann

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50 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Zayed Universität, Abu Dhabi, VAE

Architektur: BRT Architekten LLP Bothe Richter Teherani, HamburgTragwerk: Ingenieurbüro Dr. Binnewies IngeniergesellschaftmbH, HamburgBauherr: Mubadala, Abu Dhabi, VAE

Der neue Campus der Zayed Universität ist zentraler Bestandteildes südöstlich der Stadt gelegenen, neuen HauptstadtdistriktsAbu Dhabis, Khalifa City. Er besteht aus getrennten Unterrichts-und Wohngebäuden für weibliche und männliche Studierende,einer Bibliothek, Verwaltungs-, Fakultäts- und Mensagebäudensowie einem Kongresszentrum. Die Gebäude gruppieren sich

symmetrisch entlang einer zentralen Hauptachse. Ein markan-tes, als überdimensionale Schale gestaltetes Dach überspanntden Komplex. Inspiriert von den fließenden Formen traditio -neller arabischer Gewänder ist es Wahrzeichen und räumlichesBindeglied des neuen Campus.

» Luftaufnahme des Campus

» Das Dach mit seinen fließenden Formenverbindet die einzelnen Gebäude

© Jörg Hempel

© B.U.T.

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Wirtschaftliche Dachkonstruktion

Das Dach mit seinen Abmessungen von circa 400 x 200 Meternwurde als beidseitig mit Aluminiumblechen verkleidete Stahl-konstruktion mit einer konstanten Gesamtdicke von 1,75 Meternkonzipiert. Trotz ihrer anspruchsvollen, kontinuierlich drei -dimensional gekrümmten Form zeichnet sich die Dachschaledurch eine ausgesprochen wirtschaftliche Konstruktion mit geringem Wartungsaufwand aus.

Das primäre Tragwerk besteht aus biege- und torsionssteifenHohlprofilen. Vier, als Stahlverbundkonstruktion ausgeführteAuflagerpunkte im zentralen Campusbereich steifen das Dachaus und stützen die weitgespannten Bauteile der Primärkon-struktion. Auf eine zusätzliche Aussteifung konnte wegen der fest in die Konstruktion eingebundenen Auflager und derfugenlosen Ausbildung des Tragwerks verzichtet werden. DieseKonstruktionsweise erlaubte es zudem, auf eine Abtragung horizontaler Lasten auf die unter dem Dach befindlichen Gebäu-de zu verzichten und diese Auflagerpunkte als Pendelstützenauszubilden. Dadurch kann sich das Tragwerk auch bei den inder Wüstenregion üblichen hohen Temperaturschwankungenzwischen Tag und Nacht weitgehend zwängungsfrei verformen.Die sekundären Bauteile wurden als Fachwerkträger ausgeführt.

Aufgrund des regelmäßigen Rasters von etwa fünf mal fünf Metern sowie der Anwendung einfacher Konstruktionsprinzipien,zum Beispiel geschraubte Laschenstöße zwischen den einzelnenHubsegmenten, konnte der Stahlbau des Daches vom Planungs-auftrag bis zur Fertigstellung in nur 22 Monaten realisiert werden.

»Stahltragwerk mit integralenFestpunkten

»Vorgefertigtes Bauteil des biege- undtorsionssteifen Primärtragwerks

» Fachwerkträger mit 1,50 Meter Höhebilden die Sekundärkonstruktion.

© Dr. Binnewies Ingenieurgesellschaft mbH

© Dr. Binnewies Ingenieurgesellschaft mbH

© Dr. Binnewies Ingenieur -gesellschaft mbH

Page 52: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

52 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: IParch GmbH – Büro für integrale Planung, AachenTragwerk: Ingenieurgemeinschaft Führer-Kosch-Jürges, AachenBauherr: Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, Aachen

An prominenter Stelle unmittelbar neben dem Hauptgebäudeder Aachener Hochschule befindet sich das seit den 1950er-Jahren in mehreren Bauphasen erweiterte und inzwischen still-gelegte, universitätseigene Heizkraftwerk. Der hohe Bedarf an zusätzlichen Hörsälen und Seminarräumen durch neu ent-standene Bachelor- und Masterstudiengänge veranlasste die Hochschulleitung zur Umnutzung eines Teilbereichs des Bestandsgebäudes.

Die frühere Rauchgasfilteranlage, die auf sechs Stahlstützenstehend brückenartig über das Gaskesselhaus gebaut wordenwar, prägte als letzte Erweiterung des Heizkraftwerks die Stra-ßenfassade. Nach dem Umbau bildet ein moderner Baukörpermit zwei Hörsälen, zwei Seminarräumen und einem größerenMultifunktionsraum den Abschluss der Anlage.

Nachhaltige Nutzung der Stahlkonstruktion

Das vorhandene Stahltragwerk war für die schweren technischenAnlagen der Filter ausgelegt und somit ausreichend bemessen,um die Geschossdecken der neuen Räume und deren Verkehrs-lasten aufzunehmen. Als schwieriger erwies es sich, das Raum-programm in die geometrisch dafür nicht ideal dimensionierteBestandskonstruktion zu integrieren. Um den Umbauaufwandmöglichst gering zu halten, wurden Raumhöhen, -abmessungenund Treppenhäuser so angepasst, dass eine optimale Nutzungder bestehenden Struktur möglich war. Nur wenige Teile desTragwerks mussten entfernt oder mit neuen Trägern ergänztwerden. Die Stahlkonstruktion blieb auch nach dem Umbau imgesamten Gebäude sichtbar und verleiht ihm eine industrielle,an die ursprüngliche Nutzung erinnernde Anmutung.

Hörsaal- und Seminargebäude der RWTH Aachen

» Im Zuge der Umnutzung entfernte (orange)und ergänzte (grün) Stahlprofile

» Hinterleuchtete Fassade bei Nacht

© Peter Hinschläger

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Fassade

Einen neuen Charakter erhielt dagegen die Fassade, die imZuge des Umbaus mit horizontalen, in ihrer Höhe variierendenAluminiumblechen umhüllt wurde. Die Bleche sind mit Zwischen-räumen von je drei Zentimetern montiert und hängen mit einemAbstand von sechzig Zentimetern vor der tragenden Außen-wand aus Porenbetontafeln. Die Tafeln sind über Halteprofileund an die Bestandsträger angeschweißte Laschen mit demHaupttragwerk verbunden.

Die hochglänzenden weißen Blechstreifen setzen sich vor denFenstern der Seminarräume und Hörsäle fort. Dort weiten sichdie Schlitze jedoch auf, so dass sowohl der Blick nach außen alsauch guter Sonnenschutz gewährleistet ist. Nachts ist die Fas-sade hinterleuchtet. Sobald es dunkel wird, tritt orangefarbenesLicht aus den horizontalen Schlitzen und erinnert bildhaft an dieeinst rot glühenden Kohlen im Heizraum des Kraftwerks.

» Schnitt durch die Stahlkonstruktion mitneuer Nutzung

» Sichtbare Stahldetails im Inneren

» Stahlkonstruktion nach dem Rückbau » Neues Fluchttreppenhaus außerhalb derBestandskonstruktion

© IParch GmbH/Thomas Stachelhaus

© IParch GmbH/Thomas Stachelhaus© IParch GmbH/Thomas Stachelhaus

Page 54: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

54 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Peter Böhm Architekten, KölnTragwerk: Sailer Stepan und Partner GmbH, MünchenBauherr: Staatliches Bauamt München

Hochschule für Fernsehen und Film,München

» Oben: Stahlbewehrung der Fachwerkträger» Unten: Längsschnitt, M 1:1000

» Straßenfassade mit Zugang zur Hochschule (links)und dem Museum (rechts)

Die Hochschule für Fernsehen und Film entstand gemeinsammit dem Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst als Teil einesDoppelbaus im Münchner Kunstareal gegenüber der Alten Pinakothek. Der 150 Meter lange, sechsgeschossige Gebäude -riegel fällt durch seine markante Horizontalgliederung auf: Dieuntere Hälfte des von der Straße zurückgesetzten Gebäudesbesteht aus einer hohen, geschlossenen Sockelwand, seineobere Hälfte bildet ein feingliedriger, dreigeschossiger Glas -körper.

Um das Gebäude möglichst flexibel nutzen zu können, wurdeein Tragwerk konzipiert, das Spannweiten von bis zu dreißigMetern überbrücken kann. Während der Sockel in Stahlbetonausgeführt wurde, wählten die Planer für den Glas körper eineKonstruktion aus zwei, über alle drei Geschosse reichendenLängsfachwerken in Stahlverbundbauweise. Gemeinsam mitvier Stahlbetondecken sowie eingeschossigen Querfachwerkenüber dem Foyer überspannen sie die Groß räume im Sockelge-schoss. Die Stahlfachwerke wurden aus Brandschutzgründenmit Beton vergossen und nutzen die Decken als Zug- beziehungs-weise Druckzone. Die Querfachwerke über dem Eingangsbereichfangen die vertikalen Lasten aus der Gebäudemitte zusätzlichab und konzentrieren diese auf einige wenige Stützpunkte vorallem an den Außenfassaden.

© Christoph Stepan

© Dieter Leistner

Page 55: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Verkehrsbauten

© Jörg Hempel

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56 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Lengfeld & Wilisch Architekten, DarmstadtTragwerk: B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH,Frankfurt am MainStahlbau: Stahlbau Pichler Deutschland GmbH, StuttgartBauherr: IVG THE SQUAIRE Parking GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main

Auszeichnung 2012Skylink – THE SQUAIRE METRO, Flughafen Frankfurt am Main

Am Frankfurter Flughafen verbindet ein neues Brückenbau-werk, der sogenannte Skylink, das Multifunktionsgebäude THE SQUAIRE mit einem 300 Meter entfernten Parkhaus. Esüberspannt mehrere Autobahnzubringer und Vorfahrten sowieein Regenwasser rückhaltebecken. Die auf acht Stützen ruhende,leicht geschwungene Brückentrasse weist Spannweiten von 12 bis 90 Meter auf. Auf ihr verkehrt eine Standseilbahn, die1.640 Fahrgäste pro Stunde befördern kann.

Zwei gegenläufig fahrende Wagons werden über Seile zwischenden Gleisen angetrieben und befördern jeweils rund 30 Perso-nen. Die an den beiden Enden der Brückenkonstruktion ge lege -nen Haltestellen sind mit Stahlpaneeldächern und Glasfassadenwettergeschützt eingehaust. In der Mitte der Gleisstrecke weitet

sich die durchgehende Fachwerkkonstruktion mit 5 x 5 MeterGesamtquerschnitt auf 5 x 8 Meter auf. Hier befindet sich dieAusweichstelle für die beiden Wagons auf der ansonsten ein-spurigen Strecke.

Rahmenkonstruktion

Der Skylink ist weltweit die erste realisierte Brücke, die para-metrisch generiert und optimiert wurde. Anders als eine konventionelle Fachwerkträgerbrücke, die auf dreieckigenGrundelementen basiert, erscheinen die Diagonalen zwischenOber- und Untergurten willkürlich platziert. Die zufällig wirkendeAnordnung entspricht jedoch dem optimalen Kraftfluss. Mit Hilfe eines eigens entwickelten Computer-Scripts, das eine

» Grundriss, M 1:2000

» Parkhaus und THE SQUAIRE – verbundendurch den Skylink

© Lengfeld & Wilisch Architekten

Page 57: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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automatisierte Berechnung und Analyse ermöglicht, konntenLänge, Position und Verteilung der quadratischen, zwischen 120und 140 Millimeter starken Hohlprofile in einem evolutionärenProzess ermittelt werden. Die Diagonalen wurden nicht nur an den Seiten, sondern auch an der Ober- und Unterseite derBrücke eingesetzt und erzeugen so eine einheitliche Optik ausallen Blickwinkeln – auch aus der Luft.

Aufgrund der vielen Steifen in den Knoten und den unterschied-lichen Wandstärken bestehen die Ober- und Untergurte nichtaus fertigen Rohren, sondern sind aus Flachblechen zusammen-geschweißt. Die Gurte wurden in rund 10 Meter langen Seg-menten vorgefertigt, die Knoten bereits im Werk eingeschweißtund auch geprüft. Der Rahmenträger entstand durch Verschwei-ßen der einzelnen Teile vor Ort.

» Aufgelöste, irreguläre Konstruktion imUmfeld großer Solitärbauten

Stützen

Für die bis zu 17 Meter hohen Stützen wurde ein dreieckigerQuerschnitt mit einer Kantenlänge von 635 Millimetern ge-wählt. Die Stützdiagonalen sind in der Fachwerksträgerebenebiegesteif und an den Fußpunkten als Gelenk ausgeführt.

Da im Bereich der öffentlichen Straßen auch mit Anprall durchFahrzeuge gerechnet werden muss, konnten die Stützen nichtbis auf das Geländeniveau geführt werden. Statt dessen wurdensie auf Betonsockel aufgelagert und mit Bohrpfählen gegrün-det, die zwischen 15 und 30 Meter in den Boden einbinden.Eine der Stützen wurde als Festpunkt definiert und als stabilerDreifuß ausgebildet. Von hier schiebt sich die Brücke in Rich-tung der beiden Bahnhöfe.

© Lengfeld & Wilisch Architekten

Page 58: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

58 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

» Schnitt Anschluss an THE SQUAIRE, M 1:250

» Einhub eines Brückenabschnittes

» Schnitt Weiche, M 1:250

Bahnhöfe

Der Skylink endet im Westen mit einem kleinen Bahnhof imParkhaus. Die Trägerkonstruktion ist dort auf Lagern befestigt,die eine Ausdehnung von ± 50 Millimeter aufnehmen können.Sein östliches Ende verläuft zunächst in einem Abstand von circa 11 Metern zum Bürogebäude, ehe es über eine Verbin-dungsbrücke an das Hauptgebäude andockt. Da die Konstruktiondes Bürogebäudes keine weiteren Lasten aufnehmen konnte,musste die Verbindungsbrücke seitlich auskragend an das Endedes Skylinks angehängt werden. Der Fassadenanschluss an dasBürogebäude ist mit flexiblen Dichtungsbahnen ausgeführt,um Bewegungen der Brücke in Längsrichtung auszugleichen.

Montage

Das Montagekonzept der Brücke wurde maßgeblich durch dieBaustellenlogistik auf sehr engem Raum, die unmittelbareNähe zur ICE-Trasse, zur B43 und zur Flughafenzufahrt be-stimmt. Nicht nur die permanente Zugänglichkeit des Flughafensmusste während der gesamten Bauzeit sichergestellt werden,auch die gleichzeitig ausgeführten Straßenarbeiten zur Anbin-dung des Parkhauses waren zu berücksichtigen.

© Lengfeld & Wilisch Architekten

Page 59: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Laudatio

Der Skylink ist ein Schmuckstück im städtebaulichen Chaos desFrankfurter Flughafens. Als erste parametrisch am Computergenerierte und optimierte Brücke der Welt, die auch realisiertwurde, spannt sich die elegante Stahlkonstruktion in neun geschwungenen Abschnitten über 300 Meter. Als hoch gelegterVerkehrsweg verbindet der Skylink das Multifunktionsgebäude„Squaire“ mit einem Parkhaus.

In seiner Filigranität wirkt der Skylink angenehm zurückhaltendgegenüber den dominierenden Airport-Bauten. Mit den flirrenden Diagonalen, die zufällig platziert scheinen, deren Anordnung in Wahrheit aber dem optimalen Kraftfluss reprä-sentiert, ist es gelungen die Kabinenfahrt auf dem Skylink zueinem optisch aufregenden Erlebnis zu machen.

» Untersicht des filigranen Brückenbauwerks

» Knotendetail

© Lengfeld & Wilisch Architekten

Page 60: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

60 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Umsteigehaltestelle Münchner Freiheit

Architektur: OX2architekten GmbH, AachenTragwerk: Sailer Stepan und Partner GmbH, MünchenBauherr: SWM Zentrale Stadtwerke München GmbH, München

An der verkehrsreichen Münchner Freiheit scheint die Überda-chung der Umsteigehaltestelle dem Rhythmus der benachbartenhochstämmigen Pappeln folgend aus dem Boden zu wachsen.Schlanke Stützen heben ein sanft geschwungenes Dach wiedichtes Laub schützend über die Hälfte des neu entstandenenPlatzes. Darunter finden Bahnsteige für die Straßenbahn, zweiBushaltestellen mit Wartebereichen und der Zugang zur U-BahnPlatz.

Das im Grundriss fünfseitige, mit abgerundeten Ecken gefasste,zweifach gekrümmte Dach hat eine projezierte Gesamtflächevon 1.550 Quadratmetern und äußere Abmessungen von 73 x 31Metern. Getragen wird es von 18 unregelmäßig angeordneten,dreigeteilten Stützen, aus denen sich die gewölbeförmige

Dachkonstruktion entwickelt. Die Dreiteilung der Stützen er-laubt sowohl horizontale Durchblicke als auch den Einfall vonnatürlichem Licht durch sternförmige Öffnungen über den Stützen, die mit transparenten Kuppeln überdacht sind. Je nachSpannweite und Lage der Stützen entstehen unterschiedlicheGewölbehöhen zwischen 6,30 Meter und 8,50 Meter.

Die Dachfläche wurde aus dreidimensional verformten Stahl-blechen mit fugenlos geglätteten Schweißnähten an der Dach-unterseite hergestellt. Nach statischer Erfordernis sind auf derOberseite entsprechend dem Dachverlauf Stahlspanten aufge-schweißt. Die einzelnen Dachelemente wurden weitestgehendwerkstattmäßig hergestellt und vor Ort montiert.

Auch die 18 baugleichen Stützen sind aus Stahlblechen gefertigt.Im Inneren verlaufen Stege, die oben in die Spanten der Dach-fläche übergehen. Im Bereich des Bodenaufbaus wurden die dreieinzelnen Querschnitte miteinander verbunden und in der da-runter liegenden U-Bahndecke verankert. Der gesamte Bereichwurde anschließend bauseits mit Stahlbeton vergossen. Denoberen Stützenabschluss bildet eine umlaufende Gefällerinne.

» Die sich öffnenden stählernen Kelche bilden eine schützende Dachfläche.

© Jörg Hempel

Page 61: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Busbahnhof Haldersleben

Architektur: SCHULITZ + PARTNER Architekten, BraunschweigTragwerk: RFR Ingenieure GmbH, StuttgartBauherr: Stadt Haldersleben

Der neue Busbahnhof der Stadt Haldensleben bietet regen -geschütze Übergänge zwischen den Haltestellen und fungiertgleichzeitig als Landmarke vor dem Bahnhof. Das ringförmigeDach wird von V-förmig angeordneten Stützenpaaren aus Stahl-rundrohren getragen und ausgesteift. Das Dachtragwerk selbstbesteht aus Fachwerkträgern, die zusammen mit den Stützenund den quer dazu verlaufenden Längsträgern ein räumlichesTragwerk bilden. Horizontal verlaufende Randprofile (1/2 IPE)fassen die Dachfläche innen und außen ein.

Die konstruktionsbedingte Wölbung der Fachwerkträger schafftdie idealen Voraussetzungen, das gesamte Dach als Leucht -

körper auszubilden – mit einer kostensparenden einschaligenBlecheindeckung als Reflektor und transluzenten Elementenaus Streckmetall als unteren Abschluss. Die Streckmetall -paneele sind drehbar gelagert und können jederzeit zur Wartungder Leuchten und der Technik heruntergeklappt werden.

Die sorgfältige Detaillierung und Vorfertigung des feuerverzink-ten Tragwerks ermöglichte die termingerechte Fertigstellungder Überdachung bei strengsten Minustemperaturen. Die vor-montierten Einzelteile mussten auf der Baustelle nur noch ver-schraubt werden.

Wie die gesamte Tragstruktur sind auch alle weiteren Elementedes Busbahnhofes mit minimalem Materialeinsatz erstellt worden. Die Windschutzverglasungen der Wartebereiche stabi-lisieren sich durch die runde Anordnung von selbst und werdennur durch einen Kantenschutz und vertikale Zugstäbe gehalten.Im gesamten Bahnhofsbereich kamen nur die recyclebarenWerkstoffe Stahl und Glas sowie der natürliche Baustoff Holzzum Einsatz.

» Isometrie des Stahltragwerks

» Das kreisförmige Dach setzt ein ausdrucksstarkes Zeichen.

»Montage der vorgefertigten Elemente

© Schulitz + Partner

© Schulitz + Partner

Page 62: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

62 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Parkhaus am Zoo Leipzig

Architektur: HPP Hentrich–Petschnigg & Partner GmbH + Co.KG, LeipzigTragwerk: Ingenieurbüro Fankhänel & Müller, LeipzigStahlbau: Eickhoff Stahlbau GmbH & Co. KG, HildesheimBauherr: Zoo Leipzig GmbH, Leipzig

Um dem gestiegenen Bedarf an Stellplätzen gerecht zu werden,wurde das bereits vorhandene Parkhaus am Zoo Leipzig um einen zweiten Bauabschnitt erweitert. Die Erschließung des fünf-geschossigen Neubaus mit 809 PKW-Stellplätzen erfolgt überdas bestehende Parkhaus.

Das Gebäude ist als Stahlskelettbau mit Verbunddecken kon -zipiert. Fahrgassen und Stellplatzbereiche sind als komplettstützenfreier Raum überspannt und lassen somit eine flexibleund gut nutzbare Parkierung zu. Der repräsentative, an einerGebäudeecke gelegene Haupttreppenraum ist als großzügiggestaltetes Foyer vollständig verglast.

Die Fassade der Parkzonen wird von vertikal angeordnetenBambusstäben mit einem Durchmesser von 8–12 Zentimeterngebildet. Die geschosshohen Stäbe aus südamerikanischemGuadua-Bambus werden von einem umlaufenden, der Gebäude-geometrie folgendem Stahlprofil aufgenommen, das an denDeckenrändern der Geschossebenen befestigt ist. An den Längs-seiten des Parkhauses verläuft die Fassade in Wellenform. Neben ihrem thematischen Bezug zu der exotischen Welt desErlebniszoos dient die Bambushülle als Absturzsicherung, mini-miert die Schallemission und gewährleistet die Durchlüftungdes Parkhauses.

»Wellenförmige Fassade mit Bambus -stäben und verglastem Hauptzugang

» Grundriss Erdgeschoss, Bestand (links)und Neubau (rechts), M 1:2000

© PUNCTUM/B. Kober

Page 63: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Architektur: M&P Architekten, HünstettenTragwerk: GOLDBECK Süd GmbH, Frankfurt am MainStahlbau: GOLDBECK Süd GmbH, Frankfurt am MainBauherr: IVG THE SQUAIRE Parking GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main

Das neue Parkhaus am Flughafen Frankfurt bietet auf neun Geschossen Platz für rund 2.500 Fahrzeuge. Auf der Ebene E6 befindet sich ein kleiner Bahnhof für die SQUAIRE Metro, eineauf einer Brückenkonstruktion verkehrende Standseilbahn, die das Parkhaus mit dem rund 300 Meter westlich gelegenenBüro- und Geschäftshaus THE SQUAIRE verbindet.

Das Tragwerk des Parkhauses besteht im Wesentlichen ausStahlstützen und Stahlunterzügen mit aufgelegten Stahlbeton-fertigteildecken. Die aussteifenden Treppenhäuser und Aufzugs-schächte sind in Stahlbeton ausgeführt, den oberen Abschlussbildet ein Trapezblechdach mit extensiver Dachbegrünung.

Die äußere Hülle wird von vertikalen, dreiecksförmigen Stahl -lamellen gebildet, die das Gebäude in einem gleichmäßigenAbstand von 62,5 Zentimetern komplett umgeben. Alle Ge -bäudeecken sind abgerundet, so dass die Fassade das gesamte

Parkhaus homogen umfließt. Um deren gleichförmige Wirkungnicht zu unterbrechen, wurde auf eine Akzentuierung der Treppenhäuser verzichtet. Die offene Bauweise ermöglicht gutenSichtkontakt, natürliche Belichtung und Belüftung.

» Fassade mit vorgehängten, gelochten Stahllamellen

» Die Beleuchtung des Parkhauses erfolgt mit stromsparenden LEDs.

Parkhaus THE SQUAIRE, Frankfurt amMain

© Behrendt und Rausch Fotografie

© Behrendt und Rausch Fotografie

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64 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: OX2architekten GmbH, AachenTragwerk: stahl + verbundbau gmbh, DreieichStahlbau: stahl + verbundbau gmbh, DreieichBauherr: Universitätsklinikum Aachen, Aachen

Hubschrauberlandeplattform amUniversitätsklinikum RWTH Aachen

Die Hubschrauberlandeplattform vor dem Universitätsklinikumder RWTH Aachen gleicht einer in die Luft erhobenen, geöffnetenHandfläche. Das Bild der „Rettenden Hand“ symbolisiert dieBedeutung der Landeplattform als Verbindungsraum zwischenPrimäreinsatz und Erstversorgung im Uniklinikum. Sie wurdeerrichtet, um einen schnelleren Transport von Notfallpatientenin die Notaufnahme zu ermöglichen. Bis dahin mussten die Patienten mit einem Rettungswagen vom Hubschrauberlande-platz abgeholt werden, was bis zu sieben Minuten dauernkonnte.

Die freistehende Landeplattform mit einer Höhe von rund 15Metern wurde direkt auf dem stark frequentierten Vorplatz des Klinikums errichtet. Über einen 45 Meter langen, schrägver laufenden Verbindungssteig erreichen Notfallpatienten und Rettungsteam die Notaufnahme im 2. Untergeschoss desKlinikums innerhalb von nur einer Minute. Er überbrückt einen Höhenunterschied von 19 Metern und umhüllt den Schacht desSchrägaufzugs sowie eine Treppe und die Fluchttreppe. DieLandeplattform beschreibt in ihrem Grundriss ein Oval mit einerGrundfläche von rund 1.150 Quadratmetern, auf dem das

Lande-H und ein weiterer parkender Helikopter Platz finden. In technisch-konstruktiver Hinsicht ist die Plattform für Manöverim Katastrophenfall ausgelegt, so dass hier auch größere Hubschrauber landen können.

Konstruktion

Die Hauptlasten der Plattform werden von zwei schrägenStahlstützen aufgenommen und über Pfähle in den Baugrundabgeleitet, wobei das aus Betonfertigteilen konstruierte Er-schließungsbauwerk eine wichtige Funktion hinsichtlich derGesamtstabilität und Verformungsminimierung übernimmt.Durch Spannelemente gekoppelt, bildet es zusammen mit zweiStahlfachwerkträgern und den Stützen einen Rahmen. NachMontage der Stahlstützen wurden die am Boden vormontiertenLängsfachwerkträger mit maximalen Hubgewichten von rund 30 Tonnen eingehoben und anschließend die Querträger derPlattform sowie die umlaufenden Randträger eingebaut.

Die Landeplattform selbst besteht aus Holorib-Blechen mit einer gegen Kerosin widerstandsfähigen Betondecke und einer

» Stahltragwerk der Plattform in 15 Meter Höhe

» Die „Rettende Hand“ vor dem Universitäts-klinikum

» Anschluss der Stützen an die Fachwerkträger

© OX2architekten © OX2architekten

© UKA Aachen

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65bauforumstahl

» Längsschnitt, M 1:500

» Untersicht der Plattform bei Nacht

rissüberbrückenden, rutschfesten Beschichtung. Um Zwän-gungskräfte in der Betonplatte zu vermeiden, wurde auf eineVerbundwirkung mit der Stahlkonstruktion verzichtet.

Die komplette Stahlkonstruktion ist mit einer weißen Mem-bran aus PTFE-verstärktem Faserwerkstoff umhüllt, die in ihren

Konturen den Kräfteverlauf in die beiden Stützen unter der 35Meter auskragenden Plattform nachzeichnet. Das Erschließungs-bauwerk ist im sichtbaren Bereich mit Aluminium-Verbund-platten verkleidet, die in vier unterschiedlichen Grüntönen be-schichtetet sind.

© UKA Aachen

Page 66: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

66 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Stadtbahnhaltestelle Kölner Zoo

Architektur: RÜBSAMEN+PARTNER, BochumTragwerk: RÜBSAMEN+PARTNER, Bochum (Dachtragwerk)Spiekermann AG consulting engineers, Düsseldorf (Bahnsteig und Brücke)Stahlbau: Seitz Stahl- und Metallgestaltung GmbH & Co. KG,SpeicherBauherr: Stadt Köln

» Die Bahnsteigüberdachung als weithin sichtbares Zeichen

» Barrierefreie Überquerung der Gleise

Der Kölner Zoo ist nach dem Dom der zweitgrößte Besucher-magnet der Stadt. Der Neubau der überirdisch gelegenen Halte-stelle für Zoo und Botanischen Garten berücksichtigt ein Konzeptder Stadt Köln zur barrierefreien Erschließung und verknüpftdiese mit einer markanten Gestaltung als Ankunftspunkt an Zoound Flora innerhalb des städtebaulich schwierigen Kontexts.

Dem frei über die zweigleisige Stadtbahnstrecke schwingendenBahnsteigdach steht als formales Pendant die ebenfalls kurven-förmig geführte Überbrückung der Gleise gegenüber. Dadurchkonnte auf einen Aufzug oder eine Fahrtreppe verzichtet werden.Die gebogene Rampe der Gleisüberführung wurde aus einer V-förmigen, geschweißten Stahlkonstruktion gefertigt. Die Bau-höhe der Stahlbrücke beträgt rund 90 Zentimeter bis OberkanteKappe, die Gesamtbreite rund 3 Meter.

Der Bogen des Bahnsteigdaches, dessen Tragwerk aus einermehrfach gegensinnig gekrümmten Stahlrohr-Fachwerkträger-konstruktion besteht, ist auf eingespannten Stahlrohrstützenmontiert. Die Gleisquerung des Daches erfolgt stützenfrei. Das Tragwerk erhielt auf der Oberseite eine Eindeckung aus pulverbeschichteten Aluminiumblechen und ist auf der Unter-seite mit Streckmetall verkleidet. Ein fortlaufendes Band aus100 Millimeter breiten Flachstählen bildet das Geländer, in dasam Bahnsteig schützende Glaswände integriert sind.

© Lukas Roth

© Lukas Roth

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Architektur: gassmann architekten, KarlsruheTragwerk: Schuler Ingenieurbüro für Bautechnik, KarlsruheBauherr: Parkraumgesellschaft Baden-Württemberg mbH,Stuttgart

Tiefgaragenzugang am Schlossplatz,Karlsruhe

Die 1967 erbaute Tiefgarage unter dem Schlossplatz in Karlsruhehat mit einem kleinen Erschließungsbauwerk einen barriere-freien Zugang erhalten. Ein weit auskragendes Dach markiert indem sensiblen historischen Umfeld mit einladender Geste denEingang zum Aufzug.

Die tragende Konstruktion aus wetterfestem Baustahl, ausge -steift durch zwei außen liegende Stahlrippen, bildet zugleichdie Rückwand und das Dach. Die anderen Seiten bestehen auszurückversetzten Glasflächen, die in einem aufwändigen Ver-fahren künstlerisch gestaltet wurden. Eine lichttechnische Inszenierung durch LED-Leisten unterstreicht auch am Abenddas vorwiegend warmfarbige, spannungsreiche Zusammen-spiel der verwendeten Materialien.

» Tragwerk und Hülle aus wetter-festem Baustahl

» Eingang Tiefgarage mit Aufzug imVordergrund und neu gestaltetemTreppenabgang im Hintergrund

» Schnitt, M 1:100

© Zooey Braun

© Zooey Braun

Page 68: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

68 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: woernerundpartner planungsgesellschaft mbh,Frankfurt am MainTragwerk: Schwarzbart + Partner, Frankfurt am MainBauherr: Kliniken des Main-Taunus-Kreises GmbH, Hofheim

Hubschrauberlandeplatz derMain-Taunus-Kliniken, Bad Soden

Wenige Meter neben dem Bettenhaus des Krankenhauses inBad Soden erhebt sich der freistehende, 20 Meter hohe Hub-schrauberlandeplatz. Die verzinkte Stahlkonstruktion entwickeltsich über ein rotationssymmetrisches, aufgelöstes Stabtragwerkin Form eines Hyperboloides, das mit einer runden Plattform von mehr als 32 Metern im Durchmesser abschließt.

Die Tragstäbe der kelchartigen Konstruktion bestehen aus Rohr-profilen mit einem Durchmesser von 273 Millimetern bzw. 219Millimetern mit verschiedenen Wandstärken. Die unterschied -lichen Radien in den horizontalen Ebenen des Maschenwerkesforderten in jeder Knotenebene individuelle Geometrien von

hoher Komplexität. Daher wurden die rund 500 Knoten alsSchweißrohrknoten vorgefertigt und über Kopfplattenstöße mitpassenden Längsstäben vor Ort verschraubt.

Der Trägerrost zur Aufnahme der Plattform setzt sich aus Walz-profilen unterschiedlicher Größe zusammen. Der Landeplatzselbst wurde mit sechs Zentimeter hohen, hochbewehrtenStahlbetonhalbfertigteilen aufgebaut. Für deren Konzeptionspielte die stützenfreie Funktion des Tragsystems eine ent-scheidende Rolle, die auch während der Betonage in 20 MeternHöhe dem Druck des Aufbetons ohne zusätzliche Montage -stützen standhalten musste.

Die etwa 800 Quadratmeter große Landeplattform erstrecktsich bis über das Dach des vorhandenen Gebäudeensembles.Hier bindet die radiale Scheibe über einen 30 Meter langenStahlsteg an den klinikeigenen Aufzugskern und damit an diezentrale Notaufnahme an. Der notwendige Einsatz einer Flächen-heizung wird über moderne Gebäudeleittechnik umweltbe-wusst gesteuert und eine Betonkernaktivierung stellt sicher,dass die Landeplattform im Winter schnee- und eisfrei gehaltenwird.

» Links: Mit 20 Metern Höhe überragt diePlattform das angrenzende Bettenhaus

» Unten: Grundriss, M 1:500

© woernerundpartner

Page 69: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Brücken

© ARCHIGRAPHIE Steffen Vogt

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70 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Grundmann + Hein Architekten, HamburgTragwerk: Ingenieurbüro Grassl GmbH, Hamburg WTM ENGINEERS GmbH, HamburgStahlbau: Stahlbau Dessau GmbH + Co. KG, Dessau-RoßlauBauherr: Hamburger Hochbahn AG, Hamburg

Auszeichnung 2012Viaduktbrücke am Binnenhafen, Hamburg

» Hochbahnstrecke am Rand des Binnenhafens

» Kurvenverlauf der Viaduktbrücke

Die neue Brückenkonstruktion über der Mündung des Alster-fleets in die Elbe bildet den letzten Baustein zur Erneuerung desHochbahnviaduktes zwischen den Haltestellen Baumwall undRödingsmarkt. Die alte Brücke der zweigleisigen U-Bahn-Liniemusste aus technischen und wirtschaftlichen Gründen kom-plett erneuert werden. Das stählerne Bauwerk wurde 1912 alsäußerst filigrane Konstruktion aus drei einfeldrigen Fachwerk-überbauten mit Stützweiten von jeweils rund 38 Metern und offener Gleisführung errichtet. Die leichte Bauweise und derhohe Anstieg der Lastwechselzahlen aus der dichten Zugfolgedes U-Bahn-Betriebes führten zu einer starken Beanspruchungder Konstruktion hinsichtlich ihrer Dauerfestigkeit.

Die neue Viaduktbrücke folgt dem Kurvenverlauf am nördlichenRand des Binnenhafens vor der historischen Kulisse der Speicher-stadt und in Sichtweite der neuen Elbphilharmonie. Dieser Ortwird primär durch Verkehrsführungen in Form von Straßen,Kreuzungen und Hochbahn bestimmt, ist aber gleichzeitig auchdie direkte Fußverbindung zwischen Binnenalster und Hafen-City. Im Gegensatz zu der alten Konstruktion riegelt die neueBrücke die Blickverbindung auf Straßenniveau nicht ab, sondernstellt eine freie Sichtverbindung zwischen Kehrwieder undSchaartor unter dem flachen Doppelbogen her.

© Ingenieurbüro Grassl

© Ingenieurbüro Grassl

Page 71: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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» Ansicht, Grundriss, M 1:1000

» Klare Profilkanten durch den Überstand der Flanschbleche

© Mathias Hein

Page 72: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

72 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

» Vouten als filigrane Fachwerkkonstruktion

Querträger ermöglichte eine Herstellung der Untergurte ausschmalen Blechstreifen und damit den Verzicht auf Vogelab-weisbleche. Beidseitig der Hauptträger kragen die Querträgeraus. Daran angeschlossen sind beidseitig Konsolen für die 70 Zentimeter breiten Dienstgehstege mit Laufflächen aus Gitterrosten.

Auflager

Der Festpunkt der Brücke befindet sich an einem der Pfeiler,während auf den übrigen Pfeilern querfeste bzw. allseits be-wegliche Kalottenlager im Einsatz sind. Die neuen Unterbautenwurden als Stahlbetonkonstruktionen mit einer Mischgründungaus Großbohrpfählen und verpressten Mikropfählen herge-stellt.

Für die eigentlichen Demontage- und Montagearbeiten an denÜberbauten standen lediglich 18 Wochen zur Verfügung, umden öffentlichen Nahverkehr an dieser Hauptschlagader derHamburger Hochbahn nur so kurz wie möglich einzuschränken.

Konstruktion

Der Brückensprung über den Binnenhafen wird durch eine 5-feldrige, stählerne Deckbrücke mit Einzelstützweiten von24,80 – 44,50 – 44,50 – 23,40 – 12,60 Meter realisiert, diesich zu einer Gesamtlänge von 149,80 Meter addieren. Die beiden Hauptträger mit einem Abstand von 4 Metern bestehenaus Stahlhohlkästen, deren Bauhöhe zwischen 1,10 Meter inden Vorlandbereichen und 1,60 Meter in den Bogenscheitelnüber dem Hafenbecken variiert.

Die Vouten im Bereich der Pfeiler beidseitig des Hafenbeckenssowie über dem Wasserpfeiler sind als Fachwerkkonstruktionenausgebildet, die eine größtmögliche Transparenz in der Ansichtdes Bauwerks erlauben. Die Ausfachungen bestehen aus dia -gonalen Streben mit Doppel-T-Querschnitten. In den Feldmittenvereinigen sich die bogenförmigen Untergurte des Fachwerksmit den Obergurten wieder zu einem Vollwand-Querschnitt.

Die Fahrbahnkonstruktion ist als orthotrope Platte bestehendaus dem Fahrbahnblech, den Längsrippen aus Flachstählen sowie den Querträgern ausgeführt. Die Konstruktionshöhe der

© Mathias Hein

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» Teillängsschnitt über dem Wasserpfeiler, M 1:200

» Teillängsschnitt über dem Pfeiler am Rand des Hafenbeckens, M 1:200

» Querschnitt über dem Wasserpfeiler, M 1:200

» Querschnitt in Bogenmitte, M 1:200

» Untersicht mit Querträgern und Längsrippen » Vorfertigung im Werk

Laudatio

Der Ursprung der Hafenstadt Hamburg liegt dort, wo die Alsterin die Elbe mündet. An diesem Ort überquerte der schon 1912zu kaiserlicher Zeit errichtete markante U-Bahn Viadukt die Alster mit einer Brücke. Sie hielt den Blick auf die Elbe und Alster frei und ermöglichte als filigrane Stahlgitterkonstruktionden Blick durch ihre leichte Struktur. Erst die späteren, massivenStraßenbrücken beidseits der ursprünglichen Überbrückungverbauten die Aussicht auf Alster und Elbe.

Die Gestaltung der neuen Viaduktbrücke als Ersatz für die alteist eine vorbildliche, gewagte Rekonstruktion. Sie verbessertnicht nur den gestörten Blick, sondern verdeutlicht auch durchihre konstruktiv schlüssige Bogenform gestalterisch sinnfälligdie Überbrückung der – unter ihr verborgenen – Alstermündungfür die Passanten.

© Mathias Hein © Lutz Stolze/Stahlbau Dessau

Page 74: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

74 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Quist Wintermans Architekten BV, Rotterdam, NiederlandeTragwerk: SSF Ingenieure AG, MünchenBauherr: ProRail, Utrecht, Niederlande

Brücke über die IJssel bei Zwolle,Niederlande

» Querschnitt, M 1:250

» Elegant fließende Form der Fachwerkbögen

Die neue IJsselbrücke ist Teil der Neubaustrecke für den Schienenverkehr zwischen Lelystad am IJsselmeer und Zwolle.Das zweigleisige, insgesamt mehr als 925 Meter lange Brücken-bauwerk überspannt die Ijssel mit ihren Vorlandbereichenund den Gelderse Dijk und fügt sich mit seiner schlanken undfließenden Form zurückhaltend in die flache, niederländischeLandschaft ein.

Die Tragkonstruktion besteht aus zwei Fachwerkbögen mit einerStützweite von 150 Metern und einer Stichhöhe von 14,50 Me-tern über dem Flussfeld. Zur Reduzierung der Bauhöhe wurdedie Bogenform als Durchlaufsystem auch über die 75 Meterüberspannenden Nachbarfelder geführt. Alle Hauptquerschnittedes Tragwerkes bestehen aus luftdicht verschweißten Hohl -kästen, deren ebene Flächen den Aufwand für den Unterhalt reduzieren. Durch die geringe Zahl der Diagonalen im Bogen-fachwerk konnte ein Maximum an Transparenz in der Ansichterzielt werden. Auf Verbände oder Querriegel zwischen den Bögen wurde verzichtet. Die Außenflächen und die Untersichtder Hauptträger sind aus gestalterischen Gründen um 10 bzw. 6,5 Grad geneigt.

An der Seite des Eisenbahnüberbaus verläuft als optisch eigen-ständiges Überführungsbauwerk der angehängte Rad- und Fußweg. Die V-förmigen Stützen aus Stahlbeton nehmen sichgegenüber dem Tragwerk optisch zurück und heben die in rotgehaltene Brückenkonstruktion als übergeordnete Tragstrukturhervor.

© SSF Ingenieure AG/Florian Schreiber Fotografie

Page 75: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Vier-Burgen-Steg, Stuttgart Mühlhausen

Architektur: wulf architekten, Stuttgart mit Mayr | Ludescher | Partner, StuttgartTragwerk: Mayr | Ludescher | Partner, StuttgartBauherr: Tiefbauamt Stadt Stuttgart

Der neue Brückenschlag über den Neckar dient in erster Liniedem überörtlichen Radverkehr sowie der fußläufigen Verbindungder Stuttgarter Vororte Mühlhausen und Höfen, ist aber auch fürgelegentlichen LKW-Verkehr ausgelegt.

Ein mittig angeordneter Stahltragbogen zwischen den beidenBrückenpfeilern der rund 80 Meter weit spannenden Konstruktionermöglicht an den Brückenköpfen eine Gabelung der Fahrbah-nen. Der Bogen mit rund 16 Meter Stichhöhe ist als Stahlhohl-kasten mit variablem Querschnitt ausgeführt. Der Bogenschubwird über je zwei vollverschlossene Seile mit je 70 MillimeternDurchmesser und über die Fahrbahnplatte kurzgeschlossen.

» Die Längs- und Querträger als Stahlhohlkästen

» Im Stahltragbogen integrierte Einbau-strahler beleuchten die Fahrbahn

Das Tragwerk der Fahrbahn besteht aus einem Längsträger alsdicht geschweißtem Stahlhohlkasten mit einer konstantenHöhe von 40 Zentimetern bei variabler Breite sowie aus Quer-trägern mit variablen Bauhöhen zwischen 30 und 40 Zentime-tern. Sie sind in einem Abstand von 7,20 Metern angeordnetund ragen seitlich zwischen 1,0 Meter und 1,70 Meter über denBrückenrand hinaus. Deren Endpunkte nehmen die am Brücken-bogen befestigten Hänger aus galfanverzinkten, vollverschlos-senen Stahlseilen mit einem Durchmesser von 55 Millimeternauf. Die Fahrbahnplatte wurde durch aufgelegte Stahlbetonhalb-fertigteile und Ortbeton zu einem Verbundquerschnitt ergänzt.

© Mayr | Ludescher | Partner

© ARCHIGRAPHIE Steffen Vogt

Page 76: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

76 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Heusterzbrücke über die Waldnaab

Architektur: Brückner & Brückner Architekten, TirschenreuthTragwerk: Ingenieurbüro Bodensteiner & Partner, Weiden i.d.OPfBauherr: Landkreis Tirschenreuth

Im Rahmen der Besucherlenkung des NaturschutzgroßprojektesWaldnaabaue wurde der Neubau einer Fußgänger- und Rad-wegbrücke über die Waldnaab durchgeführt. Zwei bestehendeWanderwege konnten durch die Anbindung an die neue Brückeinnerhalb des Talraumes verlegt werden, um den Lebensraumfür auespezifische Tierarten zu verbessern.

Die 45 Meter lange Brücke fügt sich in einer geschwungenen Linie in die Topographie ein und überquert den kleinen Flussmit einer schlanken Stahlkonstruktion. 194 Rahmen bilden –je nach Blickwinkel – eine Art Raum unter freiem Himmel oderbieten reizvolle Durchblicke auf das Wasser und die Aueland-schaft.

Konstruktion

Drei Brückenpfeiler und zwei Widerlager tragen das Bauwerk.Aufgrund der Größe der vorhandenen Lagerkräfte und Ver -schiebungen wurden querfeste Verformungslager auf den Wider-lagern und der Mittelstütze sowie Festeinspannungen in denbeiden äußeren Pfeilern als wirtschaftliche, dauerhafte undwartungsfreundliche Lösung gewählt.

Den Überbau bilden zwei gekrümmte Stahlhohlprofile mit Ab-messungen von 300 x 300 x 8 Millimetern. Sie verlaufen in einem lichten Abstand von 600 Millimetern zueinander undsind durch Querprofile verbunden. Die Konstruktion bestehtaus zwei Zweifeldträgern mit Stützweiten von jeweils acht und13 Metern. Im Stoßbereich sind die beiden Träger längsver-schieblich und gelenkig miteinander verbunden.

Die aufgesetzten Stahlrahmen, die mittels gevouteter Schraub -laschenstöße mit den Hauptträgern verbunden sind, setzensich aus T-Profilen zusammen. Der Abstand der Rahmen zu -einander beträgt 45 Zentimeter.

Die Stahlkonstruktion ist feuerverzinkt und erhielt zusätzlicheinen Nassanstrich. Der Belag aus 10 Zentimeter dicken Bohlenmit geriffelter Oberfäche und der Handlauf sind aus Eichenholzgefertigt. Um Kontaktkorrosion zwischen dem gerbsäurehalti-gen Holz und der Stahlkonstruktion zu vermeiden, sind diesedurch eine Polyamidunterlage voneinander getrennt. Für dieverbindenden Hartholzschrauben wurde hochlegierter Edelstahlverwendet.

» Raumbildende Stahlrahmen

» Geschwunge Stahlkonstruktion über dem Fluss

© Brückner & Brückner/Robert Reith

© Brückner & Brückner/Robert Reith

Page 77: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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» Die Rahmenkonstruktion erlaubtreizvolle Aus- und Durchblicke.

» Querschnitt, Längsansicht, M 1:50

© Brückner & Brückner/Robert Reith

Page 78: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

78 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Kettenbrücke in Bamberg

Architektur: Architektur Büro Dietz, BambergTragwerk: Grad Ingenieurplanungen GmbH, BambergBauherr: Stadt Bamberg

» Ansicht, Grundriss, M 1:800

An einer seit vielen Jahrhunderten als Flussü�bergang genutztenStelle steht die neue Kettenbrü�cke in einer langen Tradition.Sie verbindet die zwei ehemals unabhängig voneinander ent-standenen Siedlungskerne Gärtnerstadt und Inselstadt, die neben der Bergstadt Bestandteil des UNESCO-Weltkulturerbesder Stadt Bamberg sind. Die Brücke ist zwar fü�r Schwerlastver-kehr ausgelegt, wird aber hauptsächlich durch Fußgänger undRadfahrer genutzt.

Die filigrane Brückenkonstruktion gewährt vielfältige Blickbe-züge zu Flussraum, Uferzonen und historischer Randbebauung.Das statische System ist das einer echten Hängebrücke, bei derdie Spannkräfte nicht in den Überbau, sondern ü�ber Zugpfählein den Baugrund geleitet werden. Dieses Prinzip sowie der Ein-satz von Sonderstählen ermöglichten eine deutlich schlankereDimensionierung der Bauteile.

» An die Kettenglieder angeschlosseneHänger

© wilfried-dechau.de

Page 79: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Die Brücke erstreckt sich über eine Gesamtlänge von 73 Metern,die freie Spannweite zwischen den Pylonachsen beträgt 61,8Meter. Ein Stahlträgerrost aus Blech- bzw. Kastenquerschnittenim Verbund mit der Fahrbahnplatte von 32 bis 36 ZentimeternStärke bildet den Überbau der 15 Meter breiten Fahrbahn.

Über zweischnittige Hänger aus Rundstahl wird die Last aus denQuerträgern in die Kette eingeleitet. Die Kette selbst besteht aus48 konstruktiv und maßlich gleichen Einzelgliedern, die durchQuerbolzen und Knotenbleche miteinander verbunden sind.Durch die Verwendung von Edelstahl für alle beweglichen Bau-teile der Kette konnte die Konstruktion wartungs- und gleit -mittelfrei ausgebildet werden.

In der Widerlagerkammer werden die Kräfte aus der Kette überZugstangen aus hochfestem Stahl mittels justierbarer Pressenin die Stützböcke aus Beton übertragen. Von dort aus leitenStabverpresspfähle die Kräfte in den Baugrund. Die Formgebungder vier Stahlpylone erfolgte entsprechend des Kräfteverlaufsunter Berücksichtigung des Knickens.

» Oben: Detailschnitt, M 1:100» Unten: Anschluss der Kette

» Pylonkopf

© wilfried-dechau.de

© M. Dietz

Page 80: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

80 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

» Lageplan, M 1:2500

Architektur: schlaich bergermann und partner – sbp gmbh, Berlin mit MADAKO, OberhausenStudio Tobias Rehberger, Frankfurt am Main (KünstlerischesKonzept)Tragwerk: schlaich bergermann und partner – sbp gmbh, BerlinBauherr: Emschergenossenschaft, Essen

Die Fußgängerbrücke über den Rhein-Herne-Kanal in Oberhausenverbindet die Emscher-Insel mit dem Kaisergarten nahe desSchlosses Oberhausen. Um die Idee eines über den Kanal ge-worfenen Seiles umzusetzen sowie die gewünschte Leichtigkeitund Lebendigkeit der Brückenskulptur zu realisieren, wurde sieals eine auf das Minimum reduzierte Spannbandbrücke aus -geführt. Diese wird von einer ondulierenden Spirale mit einemDurchmesser von fünf Metern umwickelt, die an der Brücken-konstruktion angeschlossen ist.

» V-förmige Stütze zwischen dem Haupt-feld der Brücke und der Rampe

© Roman Mensing/artdoc.de

Brückenskulptur „Slinky Springsto Fame“, Oberhausen

Page 81: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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» Integrierte LED-Leuchten illuminerendie Brücke bei Nacht.

» Querschnitt Spannbandbrücke, Ansicht, Querschnitt Rampe, M 1:100

Die Brücke wird in zehn Metern Höhe über den Kanal geführt,um das vom Wasser- und Schifffahrtsamt für Containerschiffegeforderte Lichtraumprofil von etwa acht Metern einzuhalten.Zur Überwindung dieser Höhendifferenz wurden beidseitig derSpannbandbrücke Rampen mit barrierefrei konstanten Steigun-gen von sechs Prozent errichtet. Die für die begrenzte Steigungerforderlichen Rampenlängen konnten durch ihren geschwun-genen Verlauf erreicht werden. Auf der südlichen Kanalseitewird die etwa 170 Meter lange Rampe s-förmig durch den Baum-bestand im Kaisergarten geführt und läuft dann entlang desWaldteiches in der Sichtachse zum Schloss Oberhausen aus.Auf der gegenüberliegenden Seite verläuft die Rampe in U-Formauf einer Länge von 130 Metern und endet in der Nähe desUfers, um den Fußgänger- und Radverkehr am Kanalweg auf -zunehmen.

Tragwerk

Um die Spannweite der Hauptbrücke über den Kanal zu redu-zieren, wurde sie als leichte dreifeldrige Spannbandbrücke miteiner Spannweite von 66 Metern im Hauptfeld und 20 Meternin den beiden Seitenfeldern ausgeführt. Zwei Blechbänder aus

hochfestem Feinkornbaustahl mit einer Breite von 460 Milli -metern und einer Dicke von 30 Millimetern werden über die dreiBrückenfelder bis zu den äußeren V-förmigen Stützen im Ufer-bereich geführt. Der Zug aus der Vorspannung der Bänder wirdüber Umlenksättel als Druckkraft in die schrägen Stützen undals Zugkraft über vertikale Zugstäbe in die massiven Widerlagerabgeleitet.

Als Lauffläche wurden auf die Spannbänder 2,67 Meter breiteBetonfertigteile mit einer Dicke von 12 Zentimetern geschraubt.Daran wiederum sind die Brückengeländer mit Füllungen ausSeilnetzen und auch die Spirale befestigt. Zur Schwingungs-dämpfung wurden die Dämpfungseigenschaften der Seilnetzge-länder und des federnden, tartanähnlichen Belags herangezogensowie dämpfende Elemente zwischen den Betonfertigteileneingebaut. Diagonalen und Pfosten in den Richtung Kanal ge-neigten Stützen reduzieren die Horizontalverformungen derSpannbandbrücke bei Windeinwirkung. Ihren Namen „Slinkysprings to fame“ verdankt die Brücke den insgesamt 496 Spiral-windungen, die sich – kombiniert nach dem Baukastenprinzip –aus Einzelsegmenten aus Aluminiumhohlprofilen zusammen-setzen.

© Roman Mensing/artdoc.de

Page 82: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

82 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Schrägseilbrücke über die Schenkendorfstraße, MünchenArchitektur: Auer + Weber + Assoziierte, MünchenTragwerk: Mayr | Ludescher | Partner, MünchenBauherr: Landeshauptstadt München

» Schrägseilbrücke über dem Mittleren Ring

» Geneigter Tragmast

Die außergewöhnliche Brückenkonstruktion in unmittelbaremZusammenhang mit der Glaseinhausung des Petueltunnels gehört in München zu den spektakulärsten Kreuzungssituationim innerstädtischen Bereich. Mit dem geneigten Tragmast undden Tragseilen wird eine Verbindung zu dem zwei Kilometerweiter westlich gelegenen, wichtigsten architektonischen Wahr-zeichen Münchens, den Olympiadächern, hergestellt. Die Kombination von Straßenbahn sowie Geh- und Radweg in einemgemeinsamen Tragwerk als Schrägseilbrücke ist weltweit ein-zigartig.

Tragkonstruktion

Die beiden Stahlüberbauten der 84 Meter frei spannenden Brücke sind durch drei Hauptquerträger miteinander verbundenund über sechs vollverschlossene Seile mit einem Durchmesservon zehn Zentimetern vom geneigten Mast abgehängt. Der 34 Meter hohe Mast ist nach Süden und Westen über Abspann-seile rückverankert. Er lastet sich auf dem darunter liegenden

Seitentunnel zur Autobahn A9 ab. Aufgrund der kompliziertenAnschlussgeometrie der Seilknoten ist der Mastkopf aus Stahl-guss gefertigt.

Ein Trägerrost bildet den 7,40 Meter breiten Überbau der Straßenbahnbrücke. In Längsrichtung verlaufen zwei ein Meterhohe Kastenträger, die durch vier Nebenträger in den Achsender Schienen ergänzt werden. Die Querverbindung schaffen dreikastenförmige Hauptträger im Abstand von 18 bzw. 24 Meternfür den Schrägseilanschluss sowie Nebenquerträger im Abstandvon 3 Metern.

Der Überbau der Geh- und Radwegbrücke mit einer Nutzbreitevon 4,50 Metern besteht aus einem einseitigen torsionssteifen Kasten mit orthotroper Fahrbahnplatte und auskragendenQuerträgern, die ebenfalls im Abstand von etwa 3 Metern ange -ordnet sind. Sämtliche Hohlkastenquerschnitte sind luftdichtverschweißt.

Da die auftretenden Verkehrslasten, abgesehen von den Lastenaus der Geh- und Radwegbrücke, ausschließlich aus Straßen-bahnverkehr resultieren, waren umfangreiche Berechnungen zurWerkstoffermüdung notwendig. Die technische Heraus forderungbestand darin, den aus gestalterischen Gründen möglichstschlanken Überbau als Versteifungsträger der Schrägseilbrückeso zu optimieren, dass er die hohen dynamischen Lasten mitmöglichst geringer Bauhöhe im Zeitraum der vorgesehenen Lebensdauer abtragen kann. Zugleich musste er ausreichendsteif ausgebildet werden, um zu verhindern, dass die Nutzerder Geh- und Radwegbrücke die Straßenbahnüberfahrungenals störend wahrnehmen. Die Gleistragplatte aus einer 20 Zenti -meter dicken Stahlbetonplatte wurde als schallent koppelte„Feste Fahrbahn“ hergestellt.

© Stefan Müller-Naumann

© Stefan Müller-Naumann

Page 83: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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» Schematische Darstellung der Tragkonstruktion

» Getrennte Überbauten für Straßen-bahn und Fußgänger

© Stefan Müller-Naumann

Page 84: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

84 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Kocherbrücke Hagenbach

Architektur: Leonhardt, Andrä und Partner GmbH, DresdenTragwerk: Leonhardt, Andrä und Partner, StuttgartStahlbau: STS Stahltechnik GmbH, RegensburgBauherr: Landratsamt Heilbronn

» Stahlbogenkonstruktion mit Querriegeln

Wo einst die Bahntrasse zwischen Bad Friedrichshall und Oedheim den Kocher überquerte, verläuft heute der Kochertal-radweg. Die alte Eisenbahnbrücke musste im Zuge der Um -nutzung abgebrochen und durch den Neubau einer Geh- undRadwegbrücke ersetzt werden, wobei die vorhandenen Unter-bauten teilweise weiter genutzt werden konnten. Der Überbauder neuen Kocherbrücke ist als sogenannter „Langer’scher Balken“ ausgeführt, bei dem die beiden stetig gekrümmten Bögen in dem Balken oder Versteifungsträger verankert sindund dieser als Zugband wirkt.

Die Bögen der 63 Meter spannenden Konstruktion sind ausRundhohlprofilen mit einem Durchmesser von 355,6 Millimeterngefertigt. Rahmenriegel, die im Bereich der Hänger zwischenden beiden Bogenebenen angeordnet sind, dienen zur Aus -steifung in Querrichtung. Der Versteifungsträger besteht aus einem Trägerrost aus geschweißten Stahlprofilen, der überKopfbolzendübel schubsteif an die drei Meter breite Fahrbahn-platte aus Stahlbeton angeschlossen ist und insgesamt als Verbundquerschnitt sowohl in Längs- als auch in Querrichtungwirkt. Mit jeweils 10 Hängerstangen, die als Rundstäbe aus -gefü�hrt sind, ist der Träger von den Bögen abgehängt.

» Ansicht, Grundriss, M 1:500

©Leonhardt, Andrä und Partner

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Sportbauten

© Julia Schambeck Fotografie

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86 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Konsortium Stadion Gdansk unter Federführungvon RKW Rhode Kellermann Wawrowsky Architektur+StädtebauGmbH & Co. KG, Düsseldorf mit RKW Rhode Kellermann Wawrowsky Spólska und HPP International, DüsseldorfTragwerk: B+G Ingenieure – Bollinger und Grohmann GmbH,Frankfurt am MainKonsultacyine Biuro Projektowe ZOLTOWSKI, Danzig, PolenBauherr: Biuro Inwestycji Euro Gdanks 2012, Danzig, Polen

Auszeichnung 2012PGE Arena Danzig, Polen

Die PGE Arena in Danzig ist eines von insgesamt acht Fussball-stadien, in welchen die Fußball-Europameisterschaft 2012 inPolen und in der Ukraine ausgetragen wurde. Nach zweieinhalbJahren Bauzeit wurde sie im Juli 2011 fertig gestellt und bietetPlatz für rund 43.000 Besucher. Im Zentrum eines Dreiecks zwischen geschichtsträchtigen Schiffswerften, Flughafen undAltstadt gelegen, bildet sie einen Ankerpunkt in der urbanenund wirtschaftlichen Entwicklung eines ganzen Danziger Stadt-viertels. Weitere, neu entstandene Nutzungen, wie etwa ein Hotel und Einkaufsmöglichkeiten, sind um das Stadion wieFindlinge und Kiesel an einem Ostseestrand angeordnet undstellen einen wichtigen Baustein einer Neuorientierung zumWasser der Danziger Bucht dar.

Entwurfskonzept

Zwei grundlegende Motive, die eng mit der Stadt Danzig ver-bunden sind, prägen die Gestaltung der Arena. Vor allem ist esder Bernstein, das „Gold der Ostsee“, dessen Verarbeitung inder Stadt eine reiche Tradition hat. Seine Form und Farbe findet

» Lageplan, M 1:10000

» Kiesel und Bernstein am Ostseestrand » Umsetzung im Entwurfsmodell

sich in der ebenmäßigen, in verschiedenen warmen Farbtönenschimmernden Außenhaut des Stadions wieder. Das zweiteMotiv ist der für die Region typische Schiffbau. Wie die Spantenund Planken, aus denen die Schiffbauer früher ihre Holzschiffezimmerten, wirkt die Tragkonstruktion der Arena mit ihrer äußeren Hülle aus bernsteinfarbenen Planken.

Tragwerk

Das räumliche Stahltragwerk ist als integraler Bestandteil desStadionentwurfes filigran und transluzent ausgebildet. Die primäre Tragkonstruktion, die vom Massivbau der Tribünenkomplett entkoppelt ist, wird aus insgesamt 82 Viergurtbindernim Achsabstand von 8,40 Metern gebildet, die konzentrisch zurDachfläche angeordnet sind. Die Höhe der Binder beträgt vomFußpunkt bis zur Dachfläche rund 38 Meter, über die Sitzrängekragen sie etwa 50 Meter aus. In tangentialer Ausrichtung zurDachfläche werden die Viergurtbinder durch umlaufende Stahl-profile verbunden. Zusammen mit den Diagonalverbänden bilden diese Profile die Dachfläche zu einer steifen Scheibe aus.

© RKW Architektur + Städtebau © RKW Architektur + Städtebau

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» Grundriss, Schnitt, M 1:2500

» In der golden schimmernden Hüllezeichnet sich die Tragkonstruktion ab.

© RKW Architektur + Städtebau

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88 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Die Lastabtragung des Stadiondaches erfolgt im Wesentlichenüber zwei Komponenten. Die Viergurtbinder, die aus statischerSicht einen „einhüftigen Rahmen“ bilden, leiten die vertikalenLasten mit einem beweglich konstruierten Fußgelenk in denBoden ein. Die horizontalen Kräfte werden von der liegendensteifen Scheibe aufgenommen, die sich aus Druckringen inKombination mit den Verbänden im Dach zusammensetzt.

Die Obergurte der Viergurtbinder sind am Punkt maximalerKrümmung auf 4,13 Meter auseinander gespreizt und laufen anden Enden direkt aufeinander. Die beiden Untergurte, welchedie gleichen Profilmaße wie die Obergurte haben, schließensich bei einer maximalen Spreizung von 1,16 Meter in Binder-mitte ebenfalls an den Enden. Sowohl die Obergurte als auchdie Untergurte sind mittels druck- und zugbelasteter Diagona-len miteinander verbunden. Die 82 Binder sind identisch. Beivorgegebener Höhe und Auskragung wurden die Öffnungs -winkel der Ober- und Untergurte sowie die Zahl der Diagonalenparametrisch modelliert. Insgesamt führte dies zu einer Be-schleunigung des Entwurfsprozesses, zu einer Verringerung desStahlverbrauchs und zugleich zu einer Erhöhung der Wirtschaft-lichkeit bei der Herstellung.

Gebäudehülle

Die „Beplankung“ der spantenförmigen Primärträger setzt sichaus tausenden lichtdurchlässigen Polycarbonatplatten zusam-men, die mit Aluklemmprofilen und Neoprendichtungen auf derStahlkonstruktion montiert sind. Sechs verschiedenfarbige Modulvarianten sorgen für Abwechslung und Spannung. Nachoben hin werden die Platten zunehmend transparenter, was

der gesamten Konstruktion Leichtigkeit verleiht und für ausrei-chenden Sonnenlichteinfall auf den Spielfeldrasen sorgt.

Nachhaltigkeit

Wirksame nachhaltige Maßnahmen beschränken sich beimBau von Arenen vor allem darauf, bestehende Ressourcen zunutzen, dadurch Betriebskosten zu sparen und die Umwelt zuschonen. In der PGE Arena wird die gesamte Regenentwässe-rung der gewaltigen Dachfläche in einer unter den Tribünen errichteten Zisterne gesammelt. Deren Fassungsvermögen vonrund drei Millionen Kubikmetern schont bei starken Regen -fällen nicht nur die Leitungen der städtischen Entwässerung,sondern versorgt auch die Beregnungsanlage des Spielfeld -rasens. Während der Fußballspiele speist die Zisterne außerdemdie Spülung der Zuschauer-Toiletten.

Neben der städtischen Elektrizitätsversorgung wird eine stadioneigene Notstromanlage gefordert, die bei einem Strom-ausfall für die Grundversorgung aller Sicherheits- und Medien-einrichtungen sowie für die Beleuchtung des Spielfeldes sorgt.Die PGE Arena nutzt diese Notstromdiesel während des regu -lären Spielbetriebes, um Leistungsspitzen abzudecken. Die Abwärme der Motoren speist über Wärmetauscher die Rasen-heizung und andere Stadioneinrichtungen.

» 82 identische Viergurtbinder bilden dieTragkonstruktion des Stadiondaches

© RKW Architektur + Städtebau

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Laudatio

Vom Standort Danzig inspiriert folgt der Entwurf dem Motiv eines Bernsteinkiesels. Die konstruktive Umsetzung erinnertan traditionelle Schiffsrumpfkonstruktionen. Im Ergebnis assoziiert die Arena ein farbiges, transluzent schimmerndesGefäß. Das Stahltragwerk ist mit seiner technischen Filigranitätintegraler Bestandteil des Stadionentwurfs. Die eng neben -einander stehenden, spantenförmigen Viergurtbinder bilden einen feingliedrigen Trägerkranz, der durch einen schlankenDruckring geschlossen wird und die Arena räumlich fasst.

Die PGE- Arena bildet einen städtebaulichen Ankerpunkt derurbanen Entwicklung im Umfeld der geschichtsträchtigen Dan-ziger Schiffswerften. Mit wenigen, klaren Elementen schaffenArchitekten und Ingenieure eine harmonische Komposition ausLicht, Form und Konstruktion.

» Im Dunkeln entfaltet sich die leuchtendeWirkung der Polycarbonatplatten.

» Räumliches Stahltragwerk aus Viergurtbindern

© RKW Architektur + Städtebau

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90 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Eis- und Schwimmstadion Lentpark, Köln

Architektur: SCHULITZ ARCHITEKTUR + TECHNOLOGIE GMBH, BraunschweigTragwerk: ARUP GmbH, DüsseldorfBauherr: KölnBäder GmbH, Köln

Der rundum verglaste Gebäudekomplex des neuen Eis- undSchwimmstadions beherbergt eine Eishalle, ein Schwimmbadmit vier Becken, eine Saunalandschaft und Gastronomieein-richtungen. Einzigartig in Europa ist die Eishochbahn, die als260 Meter langer Rundkurs in 4,50 Meter Höhe durch alle Ge-bäudeteile führt und für spannende Blickbeziehungen sorgt.Sie ist mit der Eishalle räumlich verbunden und im Bereich desSchwimmbades durch ein transparentes, hochgedämmtesGlasband klimatisch getrennt.

Stahltragwerk

Aus der dreieckigen Form des Gebäudes, welche die unter-schiedlichen Bereiche des Stadions sowohl funktionell als auchgestalterisch vereint, ergibt sich die im Grundriss rautenförmigeAnordnung der Dachträger. Das als Netzstruktur geplante Dach-tragwerk wird – je nach geforderter Spannweite – von Stützenund unterspannten Luftstützen getragen. Die Stützen bestehenaus Stahlrohren mit einem Durchmesser von 219,1 Millimeter.HEB340-Profile bilden den Obergurt der Netzstruktur. Die Unter-gurte sind ebenso wie die Luftstützen aus Stahlrohren mit

» Dachtragwerk mit unterspanntenLuftstützen über der Eishalle

© Jörg Hempel

© Margot Gottschling

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Abmessungen von 168,3 x 10 bzw. 193,7 x 8 Millimeter gefer-tigt. Die gesamte Struktur ist mit minimalem Materialeinsatz erstellt worden und unterstützt den transparenten Ausdruck desGesamtenwurfes.

Für die gesamte Stahlkonstruktion gibt es keine Anforderungan den Feuerwiderstand (F0). Als Kompensation sind 5% derGrundfläche als Wärmeabzüge zur thermischen Entlastung desTragwerks ausgebildet.

Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz

Die intelligente Vernetzung der technischen Anlagen erlaubt es,die vermeintlich widersprüchlichen klimatischen Anforderun-gen der Eis- und Schwimmhalle synergetisch zu nutzen und be-sonders energieeffizient zu betreiben. So wird beispielsweisedie Abwärme der Kältemaschine zur Beheizung der Schwimm-halle verwendet. Die Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlagenhat einen Wirkungsgrad von über 85 Prozent. Für das Bade -wasser, die Eisaufbereitung und die WC’s kommt Brunnen- undRegenwasser zum Einsatz.

» Eishochbahn und Schwimmbeckensind nur durch eine Glaswand von -einander getrennt.

» Oben: Isometrie, o. M.» Links: Grundriss Obergeschoss,Schnitt, M 1:1000

© Jörg Hempel

© Jörg Hempel

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92 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Sporthalle, Bad Reichenhall

Architektur: Claudia Schreiber Architektur und StadtplanungGmbH, MünchenTragwerk: Köppl Ingenieure, Planung und Beratung im Bauwesen GmbH, RosenheimBauherr: Stadt Bad Reichenhall

Nach dem Einsturz der direkt in der Nachbarschaft gelegenenEissporthalle entschied die Stadt Bad Reichenhall, die Drei-fachturnhalle aus den 1960er Jahren zu sanieren und die be-stehende hölzerne Dachkonstruktion komplett zu erneuern. Die gute Funktionalität der Halle mit ihrer großen Tribüne undden darunter angeordneten Nebenräumen sowie die vorhande-ne, solide Bausubstanz des Stahlskelettbaus mit Mauerwerks-ausfachungen sprachen für den bestmöglichen Erhalt der vor-handenen Bausubstanz.

Gerichtete Stahlträger erwiesen sich nach zahlreichen Vorunter-suchungen als wirtschaftlichste und architektonisch anspre-chendste Lösung für das neue Dachtragwerk. Die in der Höheoptimierten Fischbauchbinder nutzen die vorhandenen Auflagerund bilden gemeinsam mit vorgefertigten Hohlkasten-Decken-elementen eine aussteifende Scheibe.

Ober- und Untergurte der Binder bestehen aus geschweißtenStahlprofilen, die aus HEA240-Trägern hergestellt sind. Dabei

wurde der Steg in einer Breite von 78 Millimetern herausgetrenntund die beiden Teile anschließend wieder zusammen gesetzt.HEA160-Profile mit einer Breite von 152 Millimetern bilden dieflächenbündig zwischen Ober- und Untergurten angeordnetenPfosten. An den Enden laufen die Gurte in einem geschweißtenKasten zusammen, der je Binder auf der einen Seite biegesteifmit einer Stahlstütze verschweißt und auf der anderen Seite alsgelenkiges Auflager ausgeführt ist. Die Befestigung der Stützenerfolgt auf dem bestehenden Betonunterzug.

Nicht nur der materialgerechte Einsatz von Werkstoffen, auchdie umfangreiche energetische Sanierung sorgen zukünftig fürden sicheren und nachhaltigen Betrieb der Dreifachturnhalle.

» Die Fischbauchträger des Hallentragwerkszeichnen sich auch in der Fassade ab.

» 35 Meter lange Stahlbinder ersetzendie hölzerne Dachkonstruktion.

© Julia Schambeck Fotografie

© Julia Schambeck Fotografie

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Bürobauten

© [email protected]

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94 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

sche Verschränkung unterschiedlicher Volumina um eine ge-meinsame Mitte erzeugt nicht nur ein spannungsvolles äußeresErscheinungsbild, auch im Inneren des Gebäudes entstehenfaszinierende Raumabfolgen. Das glasgedeckte Atrium bildetdabei das Zentrum. Es erstreckt sich über zehn Geschosse undwird durch zahlreiche Zwischenebenen und Stege gegliedert.Den Raumabschluss nach Norden und Süden bilden zwei 28,1 x 25,6 Meter große, gläserne Landschaftsfenster. Sie be-stehen aus jeweils 96 Scheiben und werden von einer kaumsichtbaren Seilkonstruktion gehalten.

Decken und Stützen

Nachhaltigkeit und Flexibilität spielten bei der Planung desVerwaltungsbaus von Anfang an eine große Rolle. Mit einemquadratischen Stützenraster von 6,075 Metern konnten die Geschossdecken als 30 Zentimeter starke Flachdecken in Ort-betonbauweise ausgeführt werden. Gleichzeitig ermöglicht dasRaster die optimale Nutzung der Flächen mit Einzel- als auch

Architektur: JSWD Architekten GmbH & Co. KG, Köln, Chaix & Morel et Associés, Paris, FrankreichTragwerk: Werner Sobek Stuttgart GmbH & Co. KG (Fassade), IDN Ingenieurbüro Domke Nachf., Duisburg (Gebäude)Stahlbau: stahl + verbundbau gesellschaft für industriellesbauen, Dreieich (Gebäude)Frener + Reifer GmbH, Brixen, Italien (Fassade)Bauherr: ThyssenKrupp AG, Essen

Auszeichnung 2012Q1 im ThyssenKrupp Quartier, Essen

Das Gebäude Q1 ist das Herzstück des neuen ThyssenKruppQuartiers in Essen. Mit einer Höhe von 50 Metern überragt derexpressive Kubus die übrigen Gebäude auf dem Campus undhebt sich zudem durch seine markante Form ab. Die geometri-

» Die großen Landschaftsfenster orientieren sich zur Wasserachse

© Christian Richters

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Großraumbüros. Aufgrund der hohen Lasten und dem Wunschnach möglichst schlanken Stützen kamen runde Stahlverbund -stützen zum Einsatz. Im Erdgeschoss mit seiner größeren Ge-schosshöhe von 5,60 Meter beträgt der Stützendurchmesser 46Zentimeter und 40 Zentimeter in allen Obergeschossen bei einereinheitlichen Geschosshöhe von 3,60 Meter. Die horizontaleAussteifung des Gebäudes erfolgt durch vier Stahlbetonkernean den Innenecken des Atriums.

» Schnitte, M 1:800

» Blick aus dem Atrium aufden Campus

» Lageplan, M 1: 5000

Brückentragwerke

Um zusätzlich die Lasten aus der Vorspannung der Tragseileaufnehmen zu können, wurden für die Überbauung der beidenLandschaftsfenster je drei zwei- bis dreigeschossige Stahlfach-werke mit Spannweiten zwischen 24 und 31 Metern entwickelt.Die Ober- und Untergurte, bestehend aus T- und H-Profilen, sindin die Flachdecken integriert.

© Christian Richters

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96 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

» Grundriss, Ansicht, Schnittder Fassade, M 1:100

»Markante Fassade mit beweglichenSonnenschutzelementen

Die Decke in der Untergurtebene besteht aus einer Halbfertig-teilkonstruktion mit Ergänzung durch Ortbeton, während diedarüber liegenden Decken wieder als Flachdecken ausgeführtwurden. Betongefüllte Stahlmantelrohre mit Einstellprofilenbilden die 40 Zentimeter dicken Pfosten und Diagonalen derFachwerke. Die Stahlfachwerke wurden am Boden vormontiertund anschließend per Hubmontage zu einem Brückentragwerkim elften und zwölften Obergeschoss zusammengebaut.

Verbindungsbrücken und Plattformen

Die Verbindungsbrücken und Plattformen im Luftraum des Atriums wurden als möglichst schlanke und transparente, teil-weise abgehängte Stahlkonstruktionen mit Tragelementen ausHohlprofilen ausgeführt. Dabei wurden in einer Parameterstudiemögliche Eigenfrequenzen sowie durch Menschen induzierteSchwingungen untersucht und Maßnahmen zur deren weitge-hender Vermeidung getroffen.

Sonnenschutz

Ein integrales Klimakonzept sorgt im Q1 für hervorragendeenergetische Werte und einen hohen Nutzerkomfort. Teil diesesKlimakonzepts ist ein neu entwickelter, außen liegender Sonnenschutz mit zentral gesteuerten, horizontalen Edelstahl-Lamellen. Das System kann sich mit dem Sonnenstand bewegenund ist deshalb in der Lage, maximalen Sonnenschutz bei weitgehend freiem Durchblick und guter natürlicher Belichtungzu gewährleisten.

Die aus der Ferne wie Metallfedern wirkenden, geschosshohenSonnenschutzelemente setzen sich aus 3.150 gefrästen verti-kalen Stielen, den Edelstahl-Doppelachsen, und den daran

verschraubten 400.000 horizontalen Edelstahl-Lamellen zu-sammen. Die dreh- und verschränkbaren „Metallfedern“ kom -binieren die Vorteile der Lichtumlenkung durch horizontale Lamellen mit der freien Aussicht, die durch vertikale Dreh -lamellen ermöglicht wird. Die Einzelelemente werden von über1.280 Linearmotoren zentral gesteuert. Durch die Differenzierungin trapezoide, dreieckförmige und rechteckige Einzelelementeentsteht eine Fassadenstruktur, in der das reflektierende Sonnen-licht im Tagesverlauf wechselnde Farbspiele erzeugt.

© Frener+Reifer/Günter Wett

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Nachhaltigkeitsthemen sind hier unaufgeregter Bestandteil derarchitektonischen Überlegungen. Mit flexibler Raumgestaltung,Flächeneffizienz durch Stahlverbundstützen, Mitarbeiter -kommunikation über weitspannende Verbindungsbrücken odervisueller Komfort mit den phantastischen Ausblicken durch die riesigen Landschaftsfenster – um nur einige zu nennen –wird das Thema nachhaltigen Bauens mit Stahl einmal durch -de kliniert. Konsequent – dafür gab es die DGNB-Zertifizierungin Gold. Ein ausgezeichneter Beitrag für zeitgemäße Architekturund modernes, nachhaltiges Bauen.

Laudatio

Die Form wirkt wie ein überdimensionales Fenster, das einlädt,hineinzuschauen – das markante Q1 gibt sich offen undselbstbewusst. Identitätsstiftend wird das Grundthema desKonzerns aufgegriffen: Mit schlanken, weitgespannten Stahl-konstruktionen im Inneren und einem die Hülle prägendenSonnenschutzsystem aus Edelstahl präsentiert sich das Ge-bäude als Botschafter des nachhaltigen Werkstoffes Stahl.

» Verbindungsstege mit angehängtenKommunikationsplattformen

© Christian Richters

Page 98: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

98 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Unileverhaus, Hamburg

Architektur: Behnisch Architekten, StuttgartTragwerk: Weber · Poll Ingenieurbüro für Bauwesen, HamburgBauherr: Hochtief Projektentwicklung, Hamburg

In der Hamburger HafenCity, direkt am Ufer der Elbe, liegt dieneue Unternehmenszentrale von Unilever Deutschland, Öster-reich und Schweiz mit rund 1.200 Arbeitsplätzen. ZentralesElement und Herzstück des Gebäudes ist das Atrium, das mitseinem großzügig verglasten Dach von Tageslicht durchflutetwird und vielfältige Blickbezüge im Inneren und durch die verglasten Fassaden auch auf das Wasser, die Schiffe und denHimmel schafft. An den unterschiedlichsten Stellen verbindetein Wegegeflecht von Brücken, Treppen und Stegen die einzel-nen Ebenen. Zahlreiche Meeting-Points sorgen für attraktiveBegegnungsflächen.

Fassade

Die äußere Erscheinung des sechsgeschossigen Gebäudes wirdvon einer vor die eigentliche Glasfassade gesetzten Membran-konstruktion bestimmt, die das Gebäude wie ein überdimen-sionaler Schirm gegen Wind schützt. Sie besteht aus einzelnenRahmen und kreuzweise verspannten Druckstäben, die mit einerhochfesten und transparenten ETFE-Folie bespannt sind. DieRahmen sind mit Hilfe von zwei Kragarmen jeweils an einer Ge-schossebene befestigt und an den übrigen Geschossebenenüber Pendelstützen abgestützt. Die einlagigen ETFE-Folien habeneinen „Lotuseffekt“, so dass die Durchsicht und Sauberkeit ohneaufwändige Reinigung über Jahrzehnte möglich erscheint.

Dachkonstruktion und Stege

Die Dachkonstruktion ist als dreidimensionales Fachwerk aus-gebildet, das zwar fast wie ein Sheddach aussieht, aber ausunterschiedlich großen Dreiecksflächen besteht. Damit konntedie Ausrichtung der geschlossenen Dachflächen nach Südenals Schutz vor Hitze und der verglasten Flächen nach Norden füreinen möglichst hohen Lichteinfall optimiert werden.

Für das Dachtragwerk kamen zugunsten einer eleganteren Gestaltung Rohrprofile zum Einsatz. Die Knotenpunkte wurdenmiteinander verschweißt und konnten daher als biegesteifeStabknoten berechnet werden. Die Konstruktion, die bis zu

» Exponierte Lage am Elbufer» Klimapuffer durch vorgesetzteMembrankonstruktion

» Lageplan, M 1:2500

© Adam Mørk© Adam Mørk

Page 99: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

99bauforumstahl

45 Meter frei spannt, liegt nur an den Rändern auf der Stahl -betonkonstruktion des Gebäudes auf. Die Auflagerpunkte,Elastomerlagerungen bzw. Bolzenkonstruktionen, die in einemAchsraster von 8,10 bzw. 7,10 Metern angeordnet sind, wurdenals Gelenke ausgeführt, um Zwangskräfte im Tragwerk zu mini-mieren.

Verbindungsstege

Die Fußgängerstege im Atrium, welche die Geschosse teils aufgleicher Höhe verbinden, teils als Rampen ein Geschoss über-

brücken, konzipierten die Planer als weit gespannte Konstruk-tionen aus torsionssteifen Stahlhohlkastenprofilen. Sie besitzenneben den Auflagern auf den Geschossdecken mindestens einen zusätzlichen Auflagerpunkt auf Stahlstützen mit 194 bzw.245 Millimetern Durchmesser. Diese Stützen reichen bis in dieUntergeschosse, konnten aber in Hinblick auf eine wirtschaft -liche Garagennutzung nicht immer am statisch optimalen Punktaufgestellt werden. So ergeben sich für die Stege und RampenSpannweiten zwischen 10 und 15 Metern. Die Stege habeneine maximale Höhe von 35 Zentimetern und damit die gleicheStärke wie die Geschossdecken, auf denen sie aufgelagert sind.

» Dreidimensionale Fachwerkkonstruktionüber dem zentralen Atrium

» Längsschnitt, M 1:1000

© Adam Mørk

Page 100: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

100 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

The Cube, Deutsche Börse, Eschborn

Architektur: KSP Jürgen Engel Architekten GmbH, Frankfurt am MainTragwerk: Grontmij GmbH, BremenLenz Weber Ingenieure, Frankfurt am MainStahlbau: stahl + verbundbau gmbh, Dreieichspannverbund Gesellschaft für Verbundträger GmbH, BerlinBauherr: Groß & Partner Grundstücksentwicklungs-gesellschaft mbH, Lang & Cie. Real Estate AG, Eschborn

» Grundriss Regelgeschoss, Schnitt, M 1:1000

Der 87 Meter hohe Neubau der Deutschen Börse, genannt„The Cube“, besteht aus zwei L-förmigen, punktsymmetrischzueinander angeordneten Baukörpern, die ein 1.000 Quadrat-meter großes Atrium formen. Die eindrucksvolle Eingangshalle,die sich über 21 Bürogeschosse erstreckt, queren Stege undBrücken in bis zu 83 Metern Höhe. Offene Treppenaufgänge und 16 Besprechungsboxen ragen in den Luftraum hinein undmachen die Bewegung und Aktivität im Gebäude erlebbar.

Ein Glasdach, das von einer leichten Stahlkonstruktion getragenwird, überspannt den Hallenraum und belichtet ihn von oben.Auch durch die beiden verglasten, haushohen Einschnitte inder Nord- und Südfassade, die Ausblicke in Richtung Taunus undauf die Hochhaussilhouette Frankfurts bieten, fällt Tageslicht indas zentrale Atrium. Sonnenschutzglas mit einem sehr hohenReflektionswert verhindert eine Aufheizung der Halle im Sommerdurch zu starke Sonneneinstrahlung.

Das in Stahlbeton-Skelettbauweise errichtete Gebäude beher-bergt auf einer Grundfläche von 63 x 63 Metern Büro- und Besprechungsräume für mehr als 2.000 Mitarbeiter, ein Betriebs-restaurant mit 600 Plätzen sowie einen modernen Schulungs-und Konferenzbereich. In den Untergeschossen befindet sicheine Tiefgarage mit 480 Stellplätzen.

Glasdach

Das Atriumdach konzipierten die Planer als frei tragende, rund 150 Tonnen schwere Stahlkonstruktion mit Glasein -deckung. Parallel zu den Glasfassaden spannen neun, statischals Vierendeelträger ausgebildete Hauptträger mit 25 bzw. 35 Metern Länge. Die Konstruktionshöhe des Firstträgers be-trägt rund 1,8 Meter. Die Ober- und Untergurte der Hauptträgerwurden als Doppel-T-Walzprofile mit einer Höhe von 180 bzw. 450 Millimetern ausgeführt. Als Vertikalprofile dienen

» Die klar gegliederte Fassade umhüllt dasGebäude

© [email protected]

Page 101: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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» Schnitt Glasdach, M 1:100

Doppel-T-Schweißprofile mit einer Breite von 400 Millimeternim Abstand von 4,5 Metern. Die Auflager der Hauptträger sindbei einem Gebäudeteil als Festauflager ausgebildet, beim an -deren als Elastomer-Gleitlager um Verformungen aufnehmen zukönnen. Zur Kippaussteifung und als Auflager für die Aluminium-Unterkonstruktion der Glaseindeckung wurden die Obergurteder Hauptträger durch Nebenträger im Abstand von 4,5 undZwischenträger im Abstand von 1,5 Metern miteinander verbun-den. Auch in der Untergurtebene wurden aus statischen und architektonischen Gründen Nebenträger orthogonal zu denHauptträgern angeordnet.

Das Stahltragwerk der Dachkonstruktion war gleichzeitig Be-standteil eines Montagekonzepts für weitere Ausbauarbeiten,die mit Hilfe eines nach unten abgehängten Flächengerü�stesdurchgefü�hrt werden konnten. Sie sparten die Kosten für ein 85Meter hohes Raumgerü�st und ermöglichten vor allem den Folge-gewerken das parallele Arbeiten im Atrium.

Stege, Treppen, Boxen

Neben dem Glasdach sind es die das Atrium kreuzenden Stegeund Brücken sowie die in den Luftraum ragenden Besprechungs-boxen und offenen Treppen, die in der hohen Halle den Blickauf sich ziehen. Die Verbindungsstege, als Stahlbeton-Verbund-konstruktionen ausgeführt, wurden als unterspannte Träger äußerst schlank ausgebildet, wobei die Stahl-Unterspannungtrotz F90-Brandschutzanforderung sichtbar blieb. Voraussetzungdafür war, dass durch eine genaue Berechnung der Beanspru-chung im Brandfall die Standsicherheit nachgewiesen werdenkonnte. Auch bei den sechzehn Besprechungsboxen, die inAuflagertaschen in den Gebäudedecken einhängt sind, und denfrei auskragenden Treppenläufen aus miteinander verschweiß-ten Stahlblechen konnte so auf Brandschutzanstriche oder -verkleidungen verzichtet werden.

» Lichtdurchflutetes Atrium

© [email protected]

Page 102: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

102 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Medienbrücke, München

Architektur: steidle architekten Gesellschaft von Architekten und Stadtplanern mbH, MünchenTragwerk: bwp Burggraf + Reiminger Beratende IngenieureGmbH, MünchenBauherr: IVG Development GmbH, München

Die Medienbrücke ist als Innovations- und Kreativitätszentrumeingebunden in den Medien-, Mode- und DienstleistungsstandortMedia Works Munich in unmittelbarer Nähe des Ostbahnhofs.

Die hohe Nachfrage nach weiteren Büroflächen führte aufgrundder beengten Grundstücksfläche zu der Idee, den Baukörperanzuheben und ein Brückenbauwerk zu errichten. So entstand,von zwei massiv ausgeführten Säulen der Erschließungskernegetragen, ein in 30 Meter Höhe schwebender, rund 90 Meterlanger und 23 Meter tiefer Riegel über den Bestandsbauten.Der überbaute, öffentliche Raum schafft eine Verbindung zurstädtebaulichen Rahmenplanung des Stadtquartiers.

Der Riegel besteht aus drei Hauptgeschossen, mit je einem anOber- und Unterseite angedockten, kleineren Zusatzgeschoss.Die ungewöhnliche Gebäudetiefe sowie Teilbereiche mit einer

» Attraktive Büroflächen in luftiger Höhe

» Isometrie des Stahltragwerks

© Stefan Müller-Naumann

Page 103: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Raumhöhe von 3,80 Metern bilden große, zusammenhängendeFlächen, die sich vom klassischen Bürobau mit Zweibundbürosabsetzen. Die offene Raumgestaltung mit dem sichtbaren Stahl-tragwerk bietet auf rund 7.500 Quadratmetern ein hohes Maßan Transparenz und Flexibilität und damit ein breites Spektrummöglicher Raumkonfigurationen.

Das Haupttragsystem besteht aus zwei dreigeschossigen Stahl-fachwerkträgern und den beiden Stahlbetonkernen, die zu -sammen eine klassische Rahmenkonstruktion bilden. Die Fach-werkträger, die auf Konsolen an den Kernen auflagern, kragenauf beiden Seiten 25 Meter weit aus. Zwischen den beiden

Hauptträgern verlaufen in Querrichtung mittels stahlbaumäßigerVerbindungen angeschlossene Stahlbeton-Fertigteilträger. DieFachwerke selbst sind aus geschweißten Hohlprofilen in Kasten-form mit einer Höhe 600 und einer Breite von 400 Millimeternmit unterschiedlichen Blechstärken gefertigt. Die Decken sindmit Filigranplatten und als Ortbetondecken ausgeführt.

Die zweischalige Kompaktfassade besteht aus einer äußerenFestverglasung und einer inneren Verglasung, in die Öffnungs-flügel integriert sind. Richtungsweisende Technologien derKühlung, Lüftung und der Beheizung tragen zu der positivenEnergiebilanz der Medienbrücke bei.

» Diagonalen in der Elementfassade zeichnen das innen liegende Stahl-fachwerk nach.

» Detail der Fachwerkknoten » Das Stahltragwerk im 3. Obergeschoss

© Stefan Müller-Naumann

© Stefan Müller-Naumann© www.hans-engels.de

Page 104: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

104 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

The SQUAIRE, Frankfurt Flughafen

Architektur: JSK International GmbH, Frankfurt am MainTragwerk: Arge TWP The Sqaire,Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH,Darmstadt, mit S.A.N. – Stöffler Ashry Neujahr – BeratendeBauingenieure GmbH, Darmstadt und bwp Burggraf + ReimingerBeratende Ingenieure GmbH, MünchenBauherr: The Squaire GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main

Unmittelbar zwischen der Autobahn A3, der Bundesstraße 43und Zubringern gelegen, erhebt sich in 12 Metern Höhe THESQUAIRE als Überbauung des ICE-Fernbahnhofs am FrankfurterFlughafen direkt über den Bahngleisen. In seiner dynamischabgerundeten, an eine Karosserie erinnernden Form korrespon-diert das 660 Meter lange und 65 Meter breite Gebäude ein-drucksvoll mit den stromlinienförmigen ICE-Zügen, die unterdem Gebäude halten.

In Symbiose mit dem Bahnhof und dem Flughafen beherbergtdas multifunktionale Gebäude auf einer Gesamtfläche von über200.000 Quadratmetern zwei Hotels, Büroflächen, ein Business-und Conference-Center sowie umfangreiche Gastronomie- undLadenflächen, Fitnessangebote, eine Kindertagesstätte und diverse Logistik- und Lagerflächen.

Die Haupterschließung erfolgt durch die Bahnhofshalle. DasDach der Halle war als Kuppel ausgeformt, deren äußere Bögenim Osten und Westen zurückgebaut wurden. An ihre Stelle tratenzwei bogenförmige Eingänge zum Neubau, durch die man in dieweitläufige, überdachte Plaza oberhalb des Bahnhofs gelangt.Als offene Mittelachse bildet sie das Zentrum des Komplexes.Getragen von außen liegenden Stahlkonstruktionen verbindenverglaste, bis zu 40 Meter lange „Brücken“ über das Atriumhinweg die beiden Gebäuderiegel.

Die neun Geschosse des SQUAIRE ruhen auf dem Stahlbeton-dach des Fernbahnhofs sowie den 86, in einem 15-Meter-Rasterangeordneten Stahlstützen-Dreiergruppen, die bei Ihrer Er -richtung 1999 konstruktiv schon für die Lasten einer künftigenÜberbauung ausgelegt worden sind.

» Verglaste „Brücken“ über dem Atrium

» Luftaufnahme des langgestrecktenBaukörpers

» Raumfachwerk des Westkopfes

© Alexandra Vosding © JSK

© Stefan Rebscher

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105bauforumstahl

Minimierung des Gewichts

Bei der Konzeption des Tragwerks galt es, sein Gewicht so weitwie möglich zu minimieren. Daher ist die Auslegung aller sta-tisch relevanten Bauteile bis an die Grenzen des Machbarenoptimiert. Die Gewichtsreduzierung erfolgte vor allem durchverschiedenste sichtbare und nicht sichtbare Stahltragelemente,die sich durch ihre hohe Tragfähigkeit bei kleinen Bauteilquer-schnitten auszeichnen. Die üblicherweise im Brückenbau ver-wendeten Stahlkonstruktionen im Inneren des Gebäudes sindgeschickt in die Nutzungsbereiche integriert.

Konstruktion

In Querrichtung überspannen 43 Stahlrahmen im Abstand vonfünfzehn Metern die Bahnanlage bis zu 56,5 Meter stützen- frei. Die Riegel der Stahlrahmen bilden fischbauchartige Fach-werkkonstruktionen, deren Obergurte aus einer 30 Zentimeterdicken, hochgradig bewehrten Stahlverbundplatte bestehen.Die Platte verbindet die Rahmen über die Gesamtlänge des Ge-bäudes fugenlos miteinander. In den oberen Stockwerken wurdeüber eine Abfangebene das Stützenraster von 15 auf 7,5 Meterreduziert, um ein rationelles Herstellungsverfahren mit Spann-betonhohldecken anzuwenden. Die Aussteifung übernehmen imAbstand von 45 Metern entlang der Gebäudelängsachse ange-ordnete Stahlbetonkerne. Mit Hilfe von Stahlkastenträgern bzw.Stahlpylonen kragen die abgerundeten Köpfe an den beidenBauwerksenden mehr als 20 Meter über die letzten Stützen derBasis aus.

» THE SQUAIRE über dem ICE-Bahnhof

» Querschnitt Bahnhofshalle, M1:1000 » Querschnitt mit Brücke über dem Atrium, M1:1000

© Nicolae Sotir

Page 106: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

106 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Metallwerkstück, Bad Laasphe

Architektur: msah : m. schneider a. hillebrandt architektur, KölnTragwerk: Horz + Ladewig Ingenieurgesellschaft für Baukonstruktionen mbH, KölnBauherr: DTB DachTechnik Briel GmbH & Co. KG, Bad Laasphe

Als quaderförmiger zweigeschossiger Baukörper präsentiertsich der neue Firmensitz eines metallverarbeitenden Unter -nehmens. Das Firmenmotto des „gemeinsamen Denkens undWerkens“ von Mitarbeitern und Kunden findet seine räumlicheUmsetzung in dem von der Straße einsehbaren und durch einentiefen Gebäudeeinschnitt markierten Foyer, der Teamzone imObergeschoss und einer zweigeschossigen Halle als „Ideenwerk-statt“. Diese, erweitert um den Werkhof, bietet Möglichkeitenfür die Entwicklung und Präsentation von Werkteilen.

Die Fassade ist – im Sinne einer assoziativen Einheit von Unter-nehmensprofil und Gebäude – mit großformatigen Tafeln auswetterfestem Baustahl verkleidet. Die Hülle aus 4 Millimeter

starken Stahltafeln in Form liegender Rechtecke, die verdeckt aneiner Stahlunterkonstruktion der hinterlüfteten Fassade einge-hängt sind, folgt dem Leitgedanken des „unsichtbaren Details“.Die Tafeln der obersten Reihe wurden in die Horizontale umge-kantet, um den darunter liegenden Dachabschluss zu verdecken.Auf ein zusätzliches Attikablech konnte so verzichtet werden.Die nach außen öffnenden Fenster liegen entweder bündig inder Fassade oder springen dort zurück, wo ein Sonnenschutz inForm von Rollos aus schwarzem Gewebe erforderlich ist. Vorden Nebenraum-Verglasungen sorgen vertikale Metallbänderfür Sichtschutz. Die Fensterbank ist als verdeckt liegende Rinneausgebildet und damit nicht als separates Bauteil zu erkennen.

Die klare Konzeption der Hülle und die präzise Durcharbeitungdes Gebäudes setzt sich auch in der Innenausstattung mit walz-blankem Stahl und Sichtbetonwänden, bis hin zur Gestaltungvon Möbeln und Lichtobjekten fort. Bei Planung und Ausführungwurde stets auf die Verwendung authentischer Materialien wieStahl, Beton, Holz und Filz geachtet sowie auf Nachhaltigkeithinsichtlich des Energieverbrauchs und des Wertstoffkreislaufs.

» Abstrakte Formensprache mit groß -formatigen Stahlplatten

» Authentische Materialenund klare Formen im Innen-bereich

© Christian Richters

© Cornelis Gollhardt © Cornelis Gollhardt

Page 107: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

107bauforumstahl

Sonderbauten

© Dirk Altenkirch

Page 108: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

108 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: Ackermann und Partner Architekten, MünchenTragwerk: Christoph Ackermann Beratendes Büro für Ingenieurwesen, MünchenBauherr: Landeshauptstadt München Abfallwirtschaftsbetrieb

Auszeichnung 2012Solardach über dem Carport des Abfall-wirtschaftsbetriebes München

Die neue Überdachung des Carports der Abfallwirtschaftsbe-triebe der Landeshauptstadt München baut auf die bestehendenzwei Ebenen eines Stahlbeton-Skelettbaus auf. Auf Basis desvorhandenen Konstruktionsrasters von 10 x 12 Metern sind aufneuen Stahlstützen in Querrichtung Dreigurt-Fachwerkbinderangeordnet, die das rund 9.000 Quadratmeter große Foliendachmit integrierter Photovoltaikanlage tragen.

Stahltragwerk

Stahlstützen mit einem Durchmesser von 193,7 Millimeter lagernauf den Betonsockeln des Bestands und tragen die über die gesamte Gebäudebreite verlaufenden Dreigurt-Fachwerkbinderaus Stahlrohren. Alle 3,33 Meter schließen Bögen, ebenfallsaus Rundrohren, an die Obergurte der Fachwerkträger an. Das

» Neue Stahlkonstruktion auf be -stehendem Stahlbetonskelettbau

» Isometrie der Gesamtanlage

© Jens Weber

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109bauforumstahl

» Längsschnitt, Querschnitt, M 1:750

Raster der Bögen ist um ein halbes Feld zum Stützenraster ver-setzt. Zur Lastabtragung und Stabilisierung sind die Bögen mitZugstäben und Druckstützen unterspannt. Die Gebäudeaus-steifung erfolgt wie bei dem ursprünglichen Dach am Rand überZug stäbe und Abspannungen an die bestehenden Zugfunda-mente. Zur natürlichen Entlüftung der Parkplätze sind die Bögenauf dem Hauptträger aufgeständert, wodurch sich ein Lüftungs-schlitz zu den Dachflächenstreifen ergibt.

Foliendach

Zwischen den Bögen spannen als Bedachung und als Trag -konstruktion der Photovoltaik insgesamt 220 pneumatisch vorgespannte, bogenförmige ETFE-Folienkissen. Die etwa 11 x 3,30 Meter großen Kissen sind dreilagig ausgeführt, mittragender Ober- und Unterlage sowie einer Mittellage als Trägerder flexiblen Dünnschicht-Photovoltaikzellen. Die Stützluft wird in einem geschlossenen Rohrsystem in drei redundantenLüftungsgeräten erzeugt. Der Kisseninnendruck beträgt im Regelfall 300pa, abhängig von zusätzlicher Wind- oder Schnee-last kann er auf 600pa erhöht werden.

Mit einer Fläche von 3.500 Quadratmetern erbringt die Photo-voltaikanlage eine elektrische Leistung von 145 kWp und einenprognostizierten Ertrag von etwa 900 kWh/kWp. Die Moduledienen gleichzeitig der Verschattung der Carportebene und wir-ken einer sommerlichen Überhitzung entgegen.

Niederschläge werden in Kissen- und Bogengefälle zur Entwäs-serungsfläche geleitet, einem ein Meter breiten und 70 Meterlangen Dachflächenstreifen oberhalb der Dreigurtbinder. Je vierAbläufe führen das Regenwasser in eine horizontale Sammel -leitung, die gemeinsam mit anderen Installationen sichtbar indem Zwischenraum der Dreigurtträger integriert sind. Am nörd -lichen Rand sitzen Fallrohre und an beiden Enden Notüberläufeauf das Gelände.

Zur Wartung und der Möglichkeit des Schneeräumens bei Extrem-ereignissen sind in den Dachflächenstreifen über den Trägerndurchgehende Gitterroste aufgeständert. In Längsrichtungwerden diese Gitterrostflächen durch bogenförmige Stege mitGeländern verbunden, die über der Bogen- und Folienkissen-konstruktion verlaufen.

» Die Dünnschicht-Photovoltaikzellenbelegen etwa 40% der Dachfläche

© Jens Weber

Page 110: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

110 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Laudatio

Bei diesem Solardach haben Architektur und Technik in wünschenswerter Weise zusammengefunden; eine elegante Alternative zu herkömmlichen Photovoltaik-Flächen geschaffen.

Auf Basis des bestehenden Konstruktionsrasters wird eine filigrane Stahlkonstruktion eingeführt, welche die neue Über-dachung des Carports trägt. Die Dachhaut scheint die Re -inkarnation von Leichtigkeit zu sein. Die mittlere Lage der drei-lagigen ETFE-Folienkissen dient als Trägerfolie für Photovoltaik-Module. Damit wird die weitläufige Dachfläche strukturiert undzugleich der notwendige Sonnenschutz realisiert – großartig!

Die wunderbar funktionale Überdachung ist ein gelungenesVersöhnungsangebot der Photovoltaik an den architektonischenGestaltungsanspruch. Endlich – möchte man ausrufen.

» Untersicht Stahltragwerk, M 1:200 » Dachaufsicht, M 1:200

» Querschnitt, M 1:200

» Gussknoten» Dachuntersicht© Jens Weber© Jens Weber

Page 111: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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» Zwischen den Dreigurtbindern spannendeStahlbögen

» Knoten- und Anschlussdetails, M 1:20

© Jens Weber

Page 112: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

112 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Großes Tropenhaus, Berlin

Architektur: Haas | Architekten, BerlinTragwerk: Herbert Fink Ingenieurbüro für Bauwesen, BerlinBauherr: Freie Universität Berlin

Das 1906/07 nach Plänen des königlichen Baurats Alfred Koerner erbaute Große Tropenhaus im Botanischen Garten Berlin ist eines der imposantesten und größten freitragendenGewächshäuser der Welt: 60 Meter lang, 29 Meter breit und 27 Meter hoch, überspannt die Konstruktion aus stählernenDreigelenkbögen stützenfrei eine Grundfläche von etwa 1.800Quadratmetern.

» Links: Lageplan, M 1:2000» Unten: Hülle aus Stahl und Glas

© Dirk Altenkirch

Page 113: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

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Eine verglaste filigrane Holzrahmenkonstruktion, die in das außen liegende Tragwerk eingehängt war, bildete anfangs diethermische Hülle des Tropenhauses. Sie wurde im ZweitenWeltkrieg zerstört, während die Primärkonstruktion aus Fluss-stahl erhalten blieb. Die in den sechziger Jahren anstelle vonGlas eingesetzten Acrylscheiben waren mit den Jahren sprödegeworden und hatten zuletzt nur noch schlechte Lichttrans -missionswerte bei sehr hohen Wärmeverlusten.

Im Zuge der Sanierung wurde die ursprüngliche Kleinteiligkeitder Fassade durch eine Konstruktion aus schlanken Stahlprofi-len wiederhergestellt. Um den Energieverbrauch für die Klima-tisierung zu begrenzen, kamen wasserführende Fassadenprofilezum Einsatz. In den Stahlprofilen der gläserne Hülle zirkuliertim Winter nach dem Prinzip eines Heizkörpers 36 Grad warmesWasser. Die Fassadenheizung strahlt Wärme in den Innenraumab und reduziert die Kondensation auf Stahlprofilen und Glasauch bei niedrigen Außentemperaturen auf beinahe Null. Beiden Profilen handelt es sich um kantige, stranggepresste Hohl-profile mit Abmessungen zwischen 55 und 65 Millimetern. Die

» Fassadenschnitt, M 1:50» Außen liegendes Primärtragwerk

in Felder mit je neun 85 x 65 Zentimeter großen Fenstern ge-gliederte Fassade kommt dem ursprünglichen Erscheinungsbildder Halle sehr nahe.

Die Fassadenfelder wurden in Montageabschnitten von 8 x 2Metern angeliefert, mit dem Kran zwischen den historischenStahlträgern und dem Baugerüst eingefädelt und als Pfosten-Riegel-Konstruktion zu einem 4.500 Quadratmeter großen Gitternetz zusammengeschweißt. Um den Druck starker Wind-lasten weich abfedern zu können, sind die Verbindungen zwischen dem historischen Tragwerk und der eigentlichen Fassade als Stoßdämpfergelenke ausgebildet.

Durch die niedrigtemperierte Fassadenkonstruktion und eineautomatisierte Technik mit Wärmerückgewinnungsanlagen werden mehr als 50 Prozent des bisherigen Energieverbrauchseingespart. Eine spezielle, besonders UV-durchlässige Vergla-sung gewährleistet den Einfall des für das Pflanzenwachstumso wichtigen Sonnenlichts.

© Dirk Altenkirch

Page 114: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

114 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Panorama der Antike, PergamonmuseumBerlinArchitektur: asisi GmbH, Berlin, Behzadi + Partner Architekten, BerlinTragwerk: Dr. Zauft Ingenieurgesellschaft mbH, PotsdamBauherr: Yadegar Asisi, Berlin,Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin

Das Pergamonmuseum auf der Berliner Museumsinsel, zwischen1910 und 1930 nach Plänen von Alfred Messel und LudwigHoffmann erbaut, ist eine der Touristenattraktionen Berlins. Jähr-lich besichtigen mehr als eine Million Besucher den berühmtenPergamonaltar, der 1878 bis 1886 von deutschen Archäologenausgegraben wurde. Ein Jahr lang, von Oktober 2011 bis

September 2012, war das Museum noch um eine Attraktion reicher: In seinem Ehrenhof installierten die Stiftung PreußischerKulturbesitz und der Berliner Künstler Yadegar Asisi ein monu-mentales 360-Grad-Panorama („Pergamon – Panorama der antiken Metropole“), das den Besucher auf den Burgberg derkleinasiatischen Stadt Pergamon in der heutigen Türkei zurück-versetzte. Das Bild der Stadt im Jahr 129 n. Chr. wurde von Asisiakribisch rekonstruiert und in Szene gesetzt.

Zur Präsentation des Panoramabildes errichtete man in nurfünf Monaten ein temporäres Bauwerk, das die Rotunde für dasPanorama und einen Foyeranbau umfasste. Im Zentrum der Rotunde befand sich ein aus gestapelten Schiffscontainern er -richteter, 15 Meter hoher und 9 x 9 Meter breiter Aussichtsturm.Um die Wirkung des 24 Meter hohen Rundpanoramas auf dieBesucher noch zu steigern, wurde der Blick auf das Rundbild

» Gesamtansicht der Panorama-Rotunde

© Agentur dreipunkt

Page 115: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

115bauforumstahl

» Schnitt, M 1:500

erst freigegeben, wenn sie eine der beiden Plattformen in 12,5bzw. 15 Metern Höhe erreicht hatten.

Der Foyeranbau verband den bestehenden Eingangsbereich mitder Rotunde und diente als Drehscheibe zwischen den übrigenAusstellungen des Museums und dem Panorama. Er gliedertesich in drei Bereiche: Den Hauptraum bildete ein rund 15 Meterhoher Mittelbau als Aufenthaltsfläche für die Besucher, flankiertvon Zugang und Garderobe im Norden, während im Südteil einShop und ein Café Platz fanden.

Stahlkonstruktion

Foyeranbau und Rotunde wurden unter Zuhilfenahme einer Gerüst-Leichtbaukonstruktion in Verbindung mit Stahlsonder-elementen errichtet. Durch die außen liegende Tragkonstruktiongaben sich beide Baukörper als moderne Ingenieurbauwerkezu erkennen.

Die polygonale, eine Kreisform bildende Stahlfachwerk-Kon-struktion der Rotunde wies einen Durchmesser von 35 Meternund eine Höhe von 28 Metern auf. Das verdeckt gelegene, als Raumfachwerk ausgeführte Pultdach überspannte diesestützenfrei. Wie für den Aussichtsturm dienten auch für denFoyeranbau Schiffscontainer als konstruktive Basis. SpezielleKnoten erlaubten es, innerhalb der modularen GerüststrukturTraversen zur Lastabtragung zu integrieren, so dass Freiräume,wie z.B. für den Ticketschalter, überspannt werden konnten. Als raumabschließende, thermisch trennende Außenhülle dienten rund 10 Zentimeter starke Stahl-Sandwichelemente.

Aufgrund des nur bedingt belastbaren Untergrundes und desGefälles im Ehrenhof erfolgte die Gründung mit einer horizonta-len Stahlträgerstruktur, die dem Raster der darunter befindlichenKellerstützen folgend auf Stahlbeton-Fertigteile aufgelegt wurde.Die Knotenpunkte mit den Betonfundamenten befanden sich so immer mittig über den Kellerstützen und leiteten die Lastendirekt in die Gründungsebene ein.

» Besucherturm mit den zweiAussichtsplattformen

» Raumfachwerk unter dem Pultdach

© Agentur dreipunkt

© Agentur dreipunkt

Page 116: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

116 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

„The Sphere“, Deutsche Bank Frankfurt

Architektur: Mario Bellini Architects, Mailand, ItalienTragwerk: B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH,Frankfurt am MainBauherr: Deutsche Bank, Frankfurt am Main

von 16 Metern beschreiben. Die sogenannte „Sphere“ gestattetmehrfache Deutungen, darunter auch die globale Vernetzungder Bank.

Parametrische Formfindung

Die Ringanordnung und die genaue Geometrie der Ringe sinddas Ergebnis eines computergestützen Optimierungsverfahrens.Im ersten Schritt der Planung wurden sechzig Kreise erzeugt,die stets durch drei Punkte auf der Kugeloberfläche definiertsind. Von den Kreisen sind 60 Ringe abgeleitet, die sich zu einem räumlich stabilen Netz verschneiden. Für die Anordnungder Ringe wurden folgende Kriterien vorgegeben: Geringe Ver-formung des Tragsystems, wenige oder keine Durchdringungendes Brückenlichtraumprofils sowie große Winkel zwischen denKreisebenen und damit eine gleichmäßige Verteilung der Ringe.Die Suche nach der optimalen Tragwerkslösung erfolgte amComputer durch Überprüfung der Eignung jedes Ringes hinsicht-lich der vorgenannten Kriterien.

» Zwei Brücken durchdringen die „Sphere“ im Foyer der Deutschen Bank

Im Zuge der Renovierung der beiden Hochhäuser der DeutschenBank in Frankfurt am Main wurde auch die Nutzung des Foyersneu konzipiert. Die Eingangsebene ist nach dem Entfernen vonzwei Geschossen nicht nur großzügiger und luftiger geworden,sondern mit einer Fußgängerverbindung vom Anlagenring inssüdliche Westend auch öffentlich zugänglich. Zwei Brücken,die sich in Ebene 02 und 03 durch das Foyer spannen und diebeiden Türme verbinden, sind den Angestellten der Bank undihren Gästen vorbehalten. Dabei durchdringen sie eine Skulpturaus 60 Edelstahlringen, die eine Kugel mit einem Durchmesser

© Mario Bellini Architects

Page 117: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

117bauforumstahl

Um die Abmessungen der Flachstähle für die Ringe zu mini-mieren, wurden alle Schnittpunkte als biegesteife Knoten aus-gelegt. Alle Ringe konnten so aus 200 x 15 Millimeter flachenStahlprofilen hergestellt werden. Um nicht jeden individuellen Knoten berechnen zu müssen, wurde die Tragfähigkeit der ver-schiedenen Anschlusstypen errechnet und mit der vorhandenenSpannung der Knoten in der Struktur verglichen. Hierzu wurdendrei Gruppen von Knoten festgelegt: Die erste Gruppe mit Kehl-nähten auf beiden Seiten betraf die Ringe, die sich mit einemWinkel von mehr als 30 Grad kreuzen. Für die Knoten mit Kreuzungen unter spitzeren Winkeln kam ein Anschlusstyp mit einer Schweißnaht auf nur einer Seite zum Einsatz. Außerdemwurden Knoten für Stöße von Ringsegmenten entwickelt, diehinter der Kreuzung von zwei Ringen versteckt liegen. Schließ-lich wurden acht verschiedene Arten von Schweißnähten für1.800 Knoten entsprechend der lokalen Kräfte und der Geome-trie definiert.

Stahlbau digital

Für die Herstellung der „Sphere“ wurden mehr als 1.400 Elemente aus rostfreien Stahlplatten in einem Laserverfahrenausgeschnitten und anschließend mit schrägen Anschnitten anden Kreuzungspunkten versehen. Die Einzelteile der „Sphere“wurden vor Ort verschweißt, um besser auf Toleranzen im Ge-bäudebestand und durch Schweißverzug reagieren zu können,was bei einer Vorfertigung größerer Teile nicht möglich gewesenwäre.

Während der Montage diente ein Gerüst als temporäre Unter-stützung. Jedes Ringelement wurde mit Hilfe von Zangenunter permanenter Abstimmung mit dem digitalen Modell in dieexakte Position gebracht. Ein spezielles Kennzeichnungssystemerleichterte die korrekte Positionierung aller Einzelteile.

Die Komplexität der Geometrie, des Tragwerks und der Fertigungerforderten eine enge Zusammenarbeit von Planern und aus-führender Firma. Ausführungs- und Werkstattplanung warendurch ständige Synchronisierung der unterschiedlichen 3D- Daten auf Planungs- und Fertigungsseite eng miteinander ver-knüpft.

» Steife kohärente Struktur durch sich schneidende Bänder

» Exakte Positionierung der Ringelementemit Hilfe von Zangen

»Mockup-Detail » Schweißvorgang

© B+G Ingenieure

© B+G Ingenieure© B+G Ingenieure © Arnold AG

Page 118: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

118 Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

Architektur: isin Architekten Generalplaner GmbH, AalenTragwerk: Graf Ingenieure, Schwäbisch GmündBauherr: Zweckverband Erholungsgebiet Rainau-Buch, Aalen

Schutzbau für das Limestor, Rainau-Dalkingen

Die Grundmauern des Limestores, eines Triumphbogens inner-halb des Schutzwalls aus dem Jahre 213 n. Chr., stellen einesder bedeutendsten Bodendenkmäler Deutschlands aus römi-scher Zeit dar. Eine neu errichtete Einhausung schützt die Mauer-reste und gewährt uneingeschränkte Sicht auf die Ruine. Gleich-zeitig unterstreicht das ästhetisch eigenständige Bauwerk diehistorische Bedeutung des Limestores.

Der verglaste, würfelförmige Baukörper mit rund 20 Metern Kantenlänge ist um 23 Grad zur Horizontalen gekippt und um-schreibt mit seiner ansteigenden Dachfläche die ursprünglichenAbmessungen des 12 Meter hohen Tores und der dahinter lie-genden 5,50 Meter hohen Behausung der Feldwachen.

Die zurückhaltende Stahlkonstruktion ist mit großen, punkt -förmig gelagerten Glasscheiben umhüllt. Um auf störende Unter-oder Abspannungen verzichten zu können, entwickelten die Architekten eine klar gegliederte Stahlrahmenkonstruktion. Die gebäudehohen Rahmen aus geschweißten Kastenprofilen verlaufen im Abstand von 2,18 Metern sowohl in nord-südlicherals auch in ost-westlicher Richtung und schließen an den Würfelkanten an biegesteife Eckprofile an. Zur Austeifung derFassadenflächen sind senkrecht zu den Rahmen Profile im Ab-stand von 4,36 Metern eingeschweißt. Sämtliche Kastenprofilesetzen sich aus 10 Millimeter starken Blechen zusammen. Umdie Filigranität der Konstruktion zusätzlich zubetonen, sind dieschmalen Seiten der Profile um 20 Millimeter zurückgesetzt.

» Abendliche Ansicht des Schutzbaus

» Größtmögliche Transparenz durchfiligrane Stahlkonstruktion

© Michael Schnell

© Michael Schnell

Page 119: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

119bauforumstahl

bauforumstahl e.V.

bauforumstahl (BFS) ist das Forum des Deutschen Stahlbauesmit umfassender Kompetenz rund um das ressourceneffizienteund wirtschaftliche Planen und Bauen sowie das Normenwesen.Es repräsentiert rund 500 Mitglieder entlang der gesamten Pro-zesskette: Stahlhersteller, Stahlhändler, Stahlbauer, Zulieferer,Feuerverzinkungsbetriebe, Rohstoffanbieter und Hersteller vonBrandschutzbeschichtungen, Planer sowie Vertreter der Wissen-schaft.

Die Gemeinschaftsorganisation • bietet Leistungen für ihre Mitglieder, vertritt ihre Interessen

und koordiniert die Meinungsbildung in Ausschüssen;• beteiligt sich aktiv am Dialog mit allen am Bauprozess

Beteiligten, mit Verbänden und Organisationen, mit Wissen-schaft und Politik sowie nationalen und internationalen Normungsinstitutionen;

• bietet unabhängige Beratung und Wissenstransfer für Architekten, Planer, Ingenieure und Bauausführende, private und öffentliche Bauherren, Investoren, Wissenschaft,Hochschulen und Studierende sowie die breite Fach -öffentlichkeit;

• ist eine offene Plattform für vielfältigste Aktivitäten.

Zentrale | Büro West

Büro Nordost

Büro Süd

bauforumstahl e.V.

Zentrale und Büro WestSohnstraße 65, 40237 Düsseldorf | Postfach 10 48 42, 40039 DüsseldorfT: +49(0)211.6707.828/812 | F: +49(0)[email protected] | www.bauforumstahl.de

GeschäftsführerDr. Bernhard [email protected] | T: 0211.6707.828

Dipl.-Ing. Volker Hü[email protected] | T: 0211.6707.805

ÖffentlichkeitsarbeitDipl.-Vw. Angelika [email protected] | T: 0211.6707.830

RechtsfragenRA Karl Heinz Gü[email protected] | T: 0211.6707.817

BrandschutzDipl.-Ing. Hans-Werner Girkes | [email protected] | T: 0211.6707.826

Schweißtechik, zerstörungsfreie Werkstoffprüfung (ZfP) und KorrosionsschutzDipl.-Ing. Gregor Machura | [email protected] | T: 0211.6707.843

NachhaltigkeitRaban Siebers, MSc | [email protected] | T: 0211.6707.560

ArchitekturDipl.-Ing. Arch. AKNW Torsten Zimmermann | [email protected] | T: 0211.6707.815

Büro WestDipl.-Ing. Hans-Werner Girkes | [email protected] | T: 0211.6707.826

Dipl.-Ing. Ronald Kocker | [email protected] | T: 0211.6707.842

Büro NordostDipl.-Ing. Sivo Schilling | [email protected] | T: 030.7901394.1

Dipl.-Ing. Michael Schmidt | [email protected] | T: 030.7901394.2

Gutsmuthsstraße 23 | 12163 Berlin (Steglitz)[email protected] | T: +49(0)30.7901394.0 | F: +49(0)30.7901394.3

Dipl.-Ing. Christian Wadewitz | [email protected]: 0341.8632180 | F: 0341.8632182Arno-Nitzsche-Straße 45 a | 04277 Leipzig

Büro SüdDipl.-Ing. Wolfgang Buchner | [email protected] | T: 089.360363.11

Dr.-Ing. Julija Ruga | [email protected] | T: 089.360363.13

Carl-Zeiss-Straße 6 | 85748 [email protected] | T: +49(0)89.360363.0 | F: +49(0)89.360363.10

Dipl.-Ing. Heinz Bock | [email protected] | T: 07224.7769 | F: 07224.69123Rusellstraße 39 | 76571 Gaggenau

Page 120: Dokumentation Preis des Deutschen Stahlbaues 2012

bauforumstahl e.V.Sohnstraße 65 | 40237 Düsseldorf Postfach 10 48 42 | 40039 Düsseldorf T: +49(0)211.6707.828 | F: +49(0)[email protected] | www.facebook.com/bauforumstahl Ke

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