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Verhaltensgenetik
Dipl.- Psych. Silja Bellingrath
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
• Dauer: 11/2 Stunden (maximal)
• Keine Noten, nur bestanden versus nicht bestanden
• Inhalt: Grundlage sind die Folien zum Seminar;
geprüft werden alle Themen, außer Immunologie
• Raum: HS 5 Mittwoch 13.02.08 16:15- 17:45
• Format: entspricht der Vordiplomsklausur– 1. Teil: Multiple Choice (25 Fragen)– 2. Teil: offene Fragen (3 Fragen; 6 stehen zur Auswahl)
• Info ob bestanden oder nicht wird ins Netz gestellt (anhand Matrikelnummer!!!)
• Scheinvordruck kommt ebenfalls ins Netz
• Unterschriften: Di-Nachmittags (14-18Uhr) oder Mi-Vormittag (9:30-12:30)
bei Bellingrath oder Pütz!
Infos zur Klausur
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Gliederung:
• Genetische Varianten und Assoziation zu Psychopathologie / Persönlichkeitseigenschaften
• Genetische Varianten in Neurotransmittersystemen
- Dopaminerges System
- Monoaminerge Neurotransmission
- Serotonerges System
• Diskussion und Vergleich der Untersuchungsansätze
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Polymorphismus:
Kommen in einer Population multiple funktionelle Allelevor, die alternative Aktivitäten darstellen und nicht den Verlust oder Gewinn einer Funktion, spricht man von genetischem Polymorphismus. Häufigkeit von mehr als 1% in der Population
SNPs: Single Nucleotide Polymorphisms
Repeats: Repetetive DNA-Segmente
Strukturelle Variation
Welche Art von genetischer Variabilität gibt es?
Wiederholung der letzten Stunde
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Take Home message der letzten Stunde:
• Die Unterschiede zwischen Genomen von verschiedenen Menschen werden hauptsächlich durch einzelne Basendifferenzen (SNPs)bestimmt
• Das große Potenzial der Information über genetische Polymorphismenliegt darin, die Unterschiede in der Anfälligkeit für bzw. Protektion gegen eine Vielzahl von Krankheiten und...
• ... die genetische Basis von individuellen Unterschieden in komplexem Verhalten zu ergründen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
4. Einfluss einer bestimmten genetischen Variante, wenn diese signifikant häufiger in einer untersuchten Gruppe (im Vgl. zu einer Kontrollgruppe) auftritt
1. Phänotyp definieren / Gibt es einen generellen genetischen Einfluss auf den Phänotyp, der untersucht werden soll?
3. auf Varianten prüfen (ausreichende Prävalenz?)
Gruppe A Gruppe B
Assoziationsstudie
2. Kandidatengen(e) aussuchen: Kann man dem Phänotyp ein zu Grunde liegendes biologisches System zuordnen? Welche Gene sind beteiligt?
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Kandidatengene interessant für
• Persönlichkeitsforschung – Unterschiede die komplexen Verhalten zu Grunde liegen
• Psychopathologie – Vulnerabilität für die Entwicklung von psychiatrischen Störungen
• Neurowissenschaften allgemein?
Im Prinzip alle Gene, die im weitesten Sinne „etwas mit dem ZNS zu tun haben“
• Neurotransmittersysteme
• Rezeptoren
• Ionenkanäle
• Wachstumsfaktoren (BDNF) …
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
1. Dopaminerges System
Benjamin et al. Nature Genetics 12: 81-84, 1996.
• Dopamin D4 Rezeptor Gen (D4DR)
• VNTR (48bp, 2-7 repeats)
• Das lange Allel der D4DR Exon III Variante zeigt eine positive Assoziation mit Extraversion und Novelty Seeking, eine negative mit Gewissenhaftigkeit
Polymorphismen in Neurotransmittersystemen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Brunner et al. Science 262: 578-580, 1993.
2. Monoaminerge Neurotransmission, MAO A und ´abnormal behavior´
• Mutation in MAO A Gen führt zu Stopcodon� MAO A nicht mehr funktional
• Verhaltensphänotyp bei männlichen Trägern: borderline mentale Retardierung, Tendenz zu impulsiv aggressiven Verhalten
Polymorphismen in Neurotransmittersystemen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
3. Serotonerges System
• 5HTT (Serotonin Transporter)
• s-Allel assoziert mit erhöhter Ängstlichkeit, erhöhter Amygdala-aktivierung, Entwicklung von depressiven Episoden bei frühen Stresserfahrungen
Hariri et al. Science 2002; Caspi et al Science 2003
Polymorphismen in Neurotransmittersystemen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Dopamin ist ein Vertreter der Gruppe der Katecholamine
Syntheseweg der Catecholamine
L-Dopa
Adrenalin
Dopamin Noradrenalin
Tyrosin-Hydroxylase Aromatische L-Aminosäure-Decarboxylase
Dopamin ß-Hydroxylase
Phenylethanolamin-N-
Methyltransfe-rase
Rate limitingfactor
Tyrosin
Genetische Varianten des Dopaminergen Systems und NoveltySeeking
Polymorphismen in Neurotransmittersystemen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Dopamin
Vorkommen: ZNS, Symphatikus
Anteil am NT-Pool: Ca. 1%
Wirkmechanismus: Second messenger
Reminder Second messenger:
• langsame synaptische Wirkung
• Modulatoren der Aktivität von Neuronen und Gehirnsystemen
• bis zur Bindung an das Rezeptormolekül dieselben Prozesse wie bei der
Informationsübertragung mit schnellen Transmittern
• aber keine direkte Kopplung von Rezeptormolekül und Ionenkanal
• Initiierung einer längeren intrazellulären Signalkette über G-proteine
z.B. Veränderungen in der Erregbarkeit der Zelle
Wirkungen auf die DNA, Transkriptionsrate
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Aktivierung der
Gentranskription durch cAMP
als Second messenger
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Dopamin und Parkinson
• Parkinson ist eine degenerative Erkrankung
des Extrapyramidalmotorischen Systems
• der Ursprung des EPS liegt im motorischen Cortex u. in zahlreichen
anderen Kerngebietendes Gehirns, wichtigster Bestandteil sind die
Basalganglien
• dieses System ist von besonderer Bedeutung für die Bewegungs-
abstimmung
• Ausgelöst wird Parkinson durch das Absterben von Dopamin-Neuronen in
der Substantia Nigra
• Folge: Rigor, Tremor, Haltungsinstabilität
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Dopamin und Schizophrenie
• Die Dopaminhypothese der Schizophrenien
gründet sich auf die Beobachtung der
neuroleptikabedingten Blockade zentraler
Dopamin-D2-Rezeptoren.
• eine übermäßige Produktion von Dopamin im Gehirn führt zu erhöhten Dopamin-Konzentration in den Synapesen und damit zu psychotischem Erleben
• ABER: keine vermehrten Abbauprodukte von Dopamin im Blut von Schizophrenen und keine Erhöhung der zentralen Dopaminrezeptoren
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Dopamin
Inaktivierung/Abbau: COMT, MAO, Reuptake
Agonisten: Apomorphin (direkt)
Amphetamin, Cocain (indirekt)
Antagonisten: Chlorpromazin, Haloperidol, Clozapin
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Dopaminrezeptor
• Der Dopamin Rezeptor gehört zur Superfamilie der G-Protein gekoppelten Rezeptoren
• Es existieren 5 Subtypen, die sich in zwei Familien einteilen lassen: D1 und D2
- D1 Familie: D1 und D5 Rezeptor
- D2 Familie: D2, D3, D4 Rezeptor
• Subtypen unterscheiden sich auf Grund von unterschiedlichen Bindungs-eigenschaften, anatomischer Distribution und Genstruktur
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Dopamin Rezeptor Gen
• Dopamin D4 Rezeptor Gen D4DR; lokalisiert auf 11p15.5
Van Tol et al. (1992) beschreiben mit Variationen des D4DR als erste einen Polymorphismus in einem Rezeptor der Catecholamin Familie
48bp repeat sequence
Konsequenzen:
� unterschiedliche D4 Rezeptorformen mit unterschiedlicher Größe
� Unterschiede in der Bindung von Liganden zwischen kurzen Formen (D4.2 und D4.4) und der langen Form (D4.7)
Vorkommen: 2, 3, 4, 5, 7 repeats (6 und 8 vermutet)
5´ 3`E 1 E 2 E 4
Exon 3
3 4 5 7621
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Assoziation von Neurotransmittersystemen mit Persönlichkeitseigenschaften
Biosoziale Theorie der Persönlichkeit von Cloninger
Drei Dimension von Persönlichkeit:
1. Novelty Seeking
2. Harm avoidance
3. Reward dependence
- genetisch unabhängig
- bedingen vorhersagbare Muster der Interaktion auf spezifische Klassen von Umweltreizen
- werden von distinkten Gehirnsystemen und Neurotransmitternreguliert
Cloninger CR. A unified biosocial theory of personality and its role in the developmentof anxiety states. Psychiatr Dev. 1986 Autumn;4(3):167-226.
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Resistenz gegenüber Extinktion
Konditionierte Signale für Belohnung
Noradrenalin
Aufrechterhaltung von Verhalten(Rewarddependence)
Passive Vermeidung,Extinktion
Konditionierte Signale für Bestrafung, Neuigkeit oder frustrierende Nichtbelohnung
SerotoninVerhaltensinhibition(Harm avoidance)
ExplorativesVerhalten
Annäherung
Neuigkeit
Potentielle Belohnung
DopaminVerhaltens-aktivierung(Novelty Seeking)
Verhaltensant-wort
Relevanter Stimulus
NeuromodulatorVerhalten
The Tridimensional Personality Questionnaire
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
sentimental
engagiert
abhängig
ehrgeizig
Reward dependence ↑
pessimistisch
ängstlich
schüchtern
leicht ermüdbar
Harm avoidance ↑
neugierig
impulsiv
extravagant
Novelty Seeking ↑
The Tridimensional Personality Questionnaire
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Novelty Seeking:
Eine ererbte Tendenz zu intensiver Erregung als Reaktion auf neueStimuli oder Hinweise auf potentielle Belohnung bzw. das Aussetzen von Bestrafung, welche zu häufiger explorativer Aktivität auf der Suche nach Belohnung und aktiver Vermeidung von Monotonie und potentieller Bestrafung führt
Verschiedene Kombinationen gemäß den Ausprägungen auf den drei Skalen;
Beispiel: NS hoch, HA mittel, RD mittel
Impulsiv, explorativ, leicht erregbar, extravagant, unordentlich
Leicht zu begeistern für neue Aktivitäten und Interessen
Vernachlässigen Details
Leicht ablenkbar, schnell gelangweilt
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Assoziation von genetischen Varianten des D4DR und Novelty seeking
Die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen D4DR und Novelty Seeking wird unterstützt durch Befunde, die zeigen, dass
• die Anzahl der Exon III repeats die Bindung von Liganden an den Rezeptor beeinflusst
• D4DR in Teilen des limbischen Systems exprimiert wird, die an Kognition und Emotion beteiligt sind
• Dopamin exploratives Verhalten bei Versuchstieren vermittelt
• die Belohnungseffekte von Kokain und Amphetamin mit der Dopaminfreisetzung in Beziehung stehen
• Novelty Seeking bei Dopamin defizienten Parkinson Patienten erniedrigt ist
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Benjamin et al. (1996), Nature Genetics
UV: Genotyp
Gruppe 1: nur kurze Allele (2 - 5 repeats; n=217)
Gruppe 2: mindestens ein langes Allel (6-8 repeats; n=98)
AV: NEO-PI-R
enthält zwar nicht Novelty Seeking als spezifischen Faktor, aber viele Items, die mit der TPQ-Novelty Seeking Skala übereinstimmen
Korrelation zwischen NEO-PI-R und TPQ-NS Skala: 70% (auf Grund hoher Ladungen bei Extraversion und Gewissenhaftigkeit)
Benjamin et al.: Population and familial association between the D4 dopamin receptor gene and measures of noveltyseeking. Nature Genetics 12: 81-84, 1996.
Hypothese:
Das lange Allel der D4DR Exon III Variante zeigt eine positive Assoziation mit Extraversion, eine negative mit Gewissenhaftigkeit (gemessen über NEO-PI-R) und eine positive Assoziation mit der TPQ-Novelty Seeking Skala (geschätzt über NEO-PI-R)
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
.031143,2 (10,7)45,9 (10,3)G Gewissenhaftigkeit
ns48,3 (9,9)46,1 (9,5)V Verträglichkeit
ns59,7 (11,1)58,5 (9,7)O Offenheit
.001257,3 (10,3)53,4 (9,7)E Extraversion
ns52,3 (9,2)53,1 (9,1)N Neurotizismus
PL-Gruppe
Mittlere T-Werte
S-GruppeNEO-PI-R Faktoren
.008044,4 (9,2)47,6 (9,9)G6 Deliberation
.000956,5 (9,7)52,6 (9.7)E6 Postive Emotions
.003057,4 (8,6.0)54,2 (8,6)E5 Excitement Seeking
.005152,6 (8,9)49,3 (10,1)E1 Warmth
PL-GruppeS-GruppeE und G Facetten
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Diskussion der Ergebnisse
Das lange Allel der D4DR Exon III Variante zeigt eine positive Assoziation mit Extraversion und Novelty Seeking, eine negative mit Gewissenhaftigkeit
Novelty seeking wird teilweise genetisch bestimmt und der D4DR Polymorphismus ist für einige aber nicht alle genetischen Effekte verantwortlich!
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Monoaminerge Neurotransmission
• In einer Reihe von Studien zu aggressiven Verhalten (Tier/Mensch) wurden Veränderungen von Neurotransmittersystemen beobachtet
� Möglichkeit eines genetischen Defekts, welcher die Metabolisierungvon NT beeinflusst
• Untersuchung einer Verwandtschaftsgruppe, in der einige Männer ein Syndrom aufweisen, gekennzeichnet durch:
- Borderline mentale Retardierung
- Abnormales Verhalten
- Gestörte Regulation von impulsiv aggressiven Verhalten
- Vereinzelt: Brandstiftung, versuchte Vergewaltigung, Exhibitionismus
• Frauen zeigten normale Intelligenz und unauffälliges Verhalten
Hypothese: selektive MAO-A Defizienz (MAOA Gen auf X Chromosom)
MAO A und ´abnormal behavior´
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Monoaminoxidase:
Isoformen: MAO-A und MAO-B
Wichtiges Enzym in dopaminergen und noradrenergen Synapsen
Vorkommen in präsynaptischerEndigung / postsynaptischerZelle
Baut überschüssige Mengen von DA und NA ab
Aber: direkte Inaktivierung über reuptake
MAO-Hemmer: antidepressive Wirkung
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Bei betroffenen Männern zeigte sich keinerlei MAO A Aktivität
� massiv veränderter Monoamin-Metabolismus
� erhöhte Konzentrationen an NA, 5HT und Dopamin
Im MAOA Gen fand sich eine C nach T Mutation an Position 936, die ein vorzeitiges Stopcodoneinführt � vorzeitiges Ende der Transkription, kein funktionelles Genprodukt
Alle betroffenen Männern wiesen diese Mutation auf
Alle betroffenen Männer ■ wiesen die C nach T Mutation auf
Alle Gesunden Männern □ waren Träger des C Allels
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
...ABER
Es handelt sich hier nur um eine einzelne Familie (8 Männer betroffen)
Hat dieser Befund irgendeine Relevanz für die Erklärung impulsiv aggresiven Verhaltensstörungen? Für die Beschreibung von nicht pathologischen Verhalten, also der „normalen“ Variationsbreite aggressiven Verhaltens?
• Möglicherweise, denn es ist nicht auszuschließen das aggressives Verhalten mit weniger drastischen Veränderungen der MAO A Aktivität (also keiner vollständigen Defizienz) einhergeht, die durch andere Varianten verursacht wird
• Möglichkeit der Genotyp X Umwelt Interaktion (s.a. 5HTTLPR)
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
MAO Genotyp, Misshandlung im Kindesalter und die Entwicklung undAggression im Erwachsenenalter
Caspi et al. (2002). Role of Genotype in the Cycle of Violence in Maltreated Children. Science 297: 851-854
• Misshandlung im Kindesalter: Risiko für die Entwicklung antisozialen Verhaltens
• Vermittlung durch genetische Faktoren?
Untersuchung eines funktionellen VNTRPolymorphismus in der Promoterregion des MAOA Gens
Beziehung zwischen MAOA Aktivität und antisozialem Verhalten bei Erwachsenen mit unterschiedlicher Missbrauchserfahrung
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
MAO Genotyp, Misshandlung im Kindesalter und die Entwicklung undAggression im Erwachsenenalter
Caspi et al. (2002). Role of Genotype in the Cycle of Violence in Maltreated Children. Science 297: 851-854
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Serotonerges System
Serotonin Transporter (5-HTT)
• Membranprotein das den Neurotransmitter Serotonin vom synaptischen Spalt zurück ins präsynaptische Neuron transportiert
• spielt also eine wichtige Rolle in der serotonergenNeurotransmission, in dem er das Ausmaß des reuptake aus dem synaptischen Spalt vermittelt
• hat entscheidenden Einfluss auf das Ausmaß sowie die Dauer von zentralen und peripheren 5-HT-Effekten
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Polymorphismus des Serotonin Transporter Gens
• 5-HTTLPR: relativ häufiger Polymorphismus in der Promotor-Region des Serotonin-Transporter Gens (Lesch et al., 1996)
• Bei diesem Polymorphismus handelt es sich um eine variable repeat sequence,
welche in einem langen (l) bzw. kurzen Allel (s) resultiert
• s Allel: 14 Wiederholungen einer 20-23 repeat unit
• l Allel: 16 Wiederholungen
• Allelfrequenz des s-Allels:
• 40% in Populationen mit europäischer Abstammung
• variiert stark über Populationen (Ethnizität)
• Die beiden Allele sind assoziiert mit einer unterschiedlichen Transkriptionseffizienz: Aktivität des l Allels ist ungefähr zweimal so hoch als die des s Allels (basalund stimuliert)
� Dieser Polymorphismus ist funktional und hat einen Einfluss auf die serotonerge Neurotransmission
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
• 5-HTTLPR zeigte sich assoziiert mit
• Erhöhter Ängstlichkeit (Lesch, 1996; Du, 2000; Katsuragi, 1999)
• schnelleren Konditionierbarkeit für Schreckreaktionen (Garpenstrand, 2001)
• Entwicklung von affektiven Störungen (Lesch & Mosner, 1998)
• Schweregrad von Depression und Ängstlichkeit (Eggers, 2003; Heinz, 2002)
• Allerdings konnten eine Reihe von anderen Studien keinen Zusammenhang zwischen dem 5-HTTLPR und Persönlichkeitsmerkmalen oder Emotionalität belegen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Blabla
Ziel: Die neurale Basis des Zusammenhangs zwischen dem 5-HTTLPR und emotionalem Verhalten zu untersuchen
Protokoll:
• 2 exp. Gruppen (ss, sl / ll), gleichen IQs, Geschlecht, Alters (N=28)
• fMRI: Zuordnung von angstvollen und verärgerten Gesichtern
(diese Aufgabe führt zuverlässig zu einer Amygdalaaktivierung)
Ergebnisse:
Träger des s Allels zeigten signifikant (5-fach) erhöhte Amygdala Aktivität im Vergleich zu l/l Trägern
Daten zeigen, dass die Unterschiede in der Reaktion einer spezifischen Hirnregion (Amygdala), die emotionalem Verhalten zu Grunde liegt, auf genetische Effekte zurückzuführen sind.
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Messung der Amygdala Aktivierung im Zusammenhang mit Sozialangst Provokation in Abhängig von 5-HTT Variation bei Sozialphobikern
� Die neurale Responsivität ist abhängig vom situationalen Kontext. Träger des s Allels reagieren mit einer erhöhten Aktivität, wenn sich die emotionale Valenz der Situation verändert.
• 18 Patienten (10 s Träger, 7 l/l) wurden während einer Rede ohne/mit Publikum anhand von PET gescannt
• Erhobene Maße: Fragebogen vor und nach Rede, Amygdala Aktivierung
Ergebnisse:
• in allen erhobenen FB Maßen (Depression, Neurotizismus, Zustands-angst) zeigte Träger des s-Allels höhere Werte
• höherer Anstieg der rechten Amygdala Aktivität bei Trägern des s-Allelsnur bei Rede vor Publikum
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Prospektiv-longitudinale Studie: 5-HTT Variation in Beziehung zur Entwicklung von depressiven Episoden
N=847, 26 Jahre � Zuteilung nach Genotyp ss, sl, ll
Ergebnis:
Es gibt eine Interaktion zwischen dem 5-HTT Gen und Stresserfahrung, die
• die Wahrscheinlichkeit einer depressiven Episode
• einen Anstieg in depressiver Symptomatik
• Suizidalität
vorauszusagen vermag
� Gen X Umwelt Interaktion
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
• Ausreichende Prävalenz in der Population?
• Funktionalität der untersuchten Variante in vitro?
� Veränderung der Transkriptionsrate, Veränderung des Proteinprodukts
• „Endophänotyp“
� Funktionalitätsnachweis „in vivo“
� z.B. Imaging genomics: Die Untersuchung von genetischen Effekten auf zentrale Informationsverarbeitung mittels bildgebenden Verfahren
• Phänotypisierung?
� standardisierte (vergleichbare), möglichst „harte“ Kriterien
• Gen-Umwelt-Interaktion?
� mögliche Moderation genetischer Effekte durch Umweltvariablen
Methodenkritische Betrachtung von genetischen Assoziationsstudien
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Exkurs: Imaging genomics
Der Fokus liegt hierbei nicht auf der Beobachtung von Verhalten oder einer Krankheitsdiagnose (Phänotyp im klassischen Sinne). Imaging genomics zielt auf die physiologischen Reaktionen von diskreten neuronalen Netzen (brain endophenotype) während spezifischer Formen der Informationsverarbeitung ab, sei es visuell, auditorisch, kognitiv oder emotional.
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Gen-Umwelt Interaktion (GXU)
Definition GXU:tritt auf, wenn die Effekte einer Umwelteinwirkung (Pathogene, chronischer Stress...) auf gesundheitliche /psychische Prozesse vom individuellen Genotyp abhängen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Cys23Ser
G861C
44bp Insertion / Deletion in Promoterregion
Short (s) / long (l) Allel
Polymorphismen
5HT2C 23Ser & DRD4 longrepeat Träger
• erniedrigte „Persistance“ ↑
5HT2C Rezeptor
C-Allel assoziiert mit
• Antisozialem Alkoholismus ↑
• Antisozialer Persönlichkeitsstörung ↑
5HT1B Rezeptor
Kurzes Allel assoziiert mit
• Neurotizismus ↑
• erhöhter Amygdalaaktivierung ↑
• depressiven Episoden bei frühen Stresserfahrungen ↑
• Ängstlichkeit →
SerotoninTransporter
(5HTT)
SerotonergesSystem
Persönlichkeitseigenschaft
Psychopathologie
KandidatengeneNeurotrans-
mitter System
Kandidatengene in der Persönlichkeitsforschung
Quelle: Noblett & Coccaro (2005) Molecular Genetics of Personality Current Psychiatry Reports 7: 73-80.
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
• Personality Detachment ↑
• Cluster A Persönlichkeitsstörung ↑
• möglicher link zu Schizophrenie ↑
-141C ins/del
TaqIA
Ser9Gly
48bp repeat in Exon3 (2-10 repeats)
Polymorphismen
A1 Allel
• Alkoholismus →
DRD2
Gly9 Homozygote
• Zwanghaftigkeit ↑
• Zwangsstörung ↑
DRD3
7-repeat Allel
• Novelty seeking →
DRD4DopaminergesSystem
Persönlichkeitseigenschaft
Psychopathologie
KandidatengeneNeurotrans-
mitter System
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
• Erhöhte Impulsivität ↑
• Aggresivität ↑
30 bp repeat in Promoterregion
158 A Allel
• erhöhte Aggressivität →
• veränderte Amphetaminmetabolisierung
G158ACOMT
363S Allel
• erhöhte Cortisolausschüttung nach psychischem Stress
N363SGRHHNA
• Impulsiv-aggressives ↑
VerhaltenC936T(� Stopkodon)
MAO-AMonoamin-metabolismus
Polymorphismen Persönlichkeitseigenschaft
Psychopathologie
KandidatengeneNeurotrans-
mitter System
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Glucocorticoidrezeptor
GABA-A Rezeptor
BDNF...
Weitere Gene
Monoamin Oxidase A
Catechol-O-Methyltransferase
Monoaminmetabolismus
Dopamin Rezeptoren
Dopamintransporter
Tyrosin Hydroxylase
Dopaminerges Systems
Serotonin Transporter (5HTT)
5HT-Rezeptoren
Tryptophan Hydroxylase
Serotonerges System
KandidatengeneNeurotransmitter System
Überblick Kandidatengene - Persönlichkeitsforschung
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Grenzen und Ausblick
• Persönlichkeit ist multideterminiert:komplexe Interaktion zwischen biogenetischen und Umweltvariablen, die ein nicht minder komplexes Spektrum von Persönlichkeits-dimensionen erzeugen.
• In neueren Studien zeigen sich immer häufiger signifikante Interaktionen zwischen genetischen Polymorphismen. Dieser Ansatz geht über den „Ein-Gen“ Ansatz hinaus, da er eine komplexere Dynamik zwischen verschiedenen Neurotransmitter-systemen berücksichtigt.
Forschungsansätze, die Gen-Gen Interaktionen einerseits und Gen-Umwelt Interaktionen andererseits berücksichtigen, legen einen erweiterten konzeptuellen Rahmen zu Grunde, welcher der Komplexität einer multideterminierten Persönlichkeit eher gerecht wird.
Genetische Aspekte der Persönlichkeitsforschung
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Ansprechbarkeit auf Medikamente ist variabel zwischen Individuen
Unterschiede in DNA Sequenz �veränderte Expression / Funktion von Proteinen �Unterschiede in der Wirksamkeit von Medikamenten, die auf diese Proteine abzielen
Ziel Pharmacogenomics: die genetischen Determinanten von Medikamentenwirkung zu definieren
(Sub-) Populationsspezifische Medikamente entwickeln
Pharmacogenomics
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Pharmacogenomics � Psychotherapiegenomics?
Denkbar, Info über genetische Varianten als diagnostische Mittel bei der Therapiewahl einzusetzen?
Ist es möglich Therapieerfolg vorherzusagen?
“… treatment is an "environment" and therefore we would expect that there will be treatment-by-genotype interactions...“(Terrie Moffitt, persönliche Mitteilung)
Pharmacogenomics