27
Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Löhne Böll Economics, 07.05.2018 Heinrich-Böll-Stiftung Hessen, Frankfurt am Main Melanie Arntz, Terry Gregory und Ulrich Zierahn Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung 07.05.2018

Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

  • Upload
    others

  • View
    3

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Löhne

Böll Economics, 07.05.2018Heinrich-Böll-Stiftung Hessen, Frankfurt am Main

Melanie Arntz, Terry Gregory und Ulrich ZierahnZentrum für Europäische Wirtschaftsforschung07.05.2018

Page 2: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Industrie 4.0: Neue Automatisierungspotentiale

2

Page 3: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

„Ende der Arbeit”?

3

Der Spiegel,17.4.1979 Der Spiegel,3.9.2016

„Demnach arbeiten 47 Prozentder Beschäftigten in den USA in Berufen, die in den nächsten 10 bis 20 Jahren mit einiger Wahrscheinlichkeitautomatisiert werden können“

„Die Experten sind in zwei Lager gespalten. Die einen behaupten, daß die Flut schnell ansteigt und in 20 Jahren 80 Prozent der Arbeitsplätze vernichtet. Die anderen sind der Ansicht, dieses Ergebnis werde erst später erreicht.“

Page 4: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Forschungsfragen

4

1. Wie viele Arbeitsplätze sind automatisierbar? Arntz/Gregory/Zierahn (2016): The Risk of Automation for Jobs in OECD Countries: A

Comparative Analysis, OECD Social, Employment and Migration Working Papers No. 189, Paris.

Arntz/Gregory/Zierahn (2017): Revisiting the Risk of Automation, Economics Letters 159: 157-160.

2. Welche Folgen hat das für Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Löhne? Arntz/Gregory/Zierahn (2018): Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit:

Makroökonomische Auswirkungen auf Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Löhne von morgen, Bundesministerium für Forschung und Entwicklung (BMBF), Mannheim.

Page 5: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Automatisierungspotentiale: Methodik

5

Berufsbasierter Ansatz (e.g. Frey/Osborne, 2016)• Expertenbefragung zur Automatisierbarkeit ausgewählter Berufe• Statistisches Modell: Automatisierungspotential = f(Berufliche Tätigkeiten)

Extrapolation der Automatisierbarkeit für alle Berufeunter Verwendung des Modells und berufsbasierten Tätigkeitsdaten

Job-basierter Ansatz (Arntz/Gregory/Zierahn, 2017)• Verwendung bestehender berufsbasierter Automatisierbarkeits-Abschätzungen• Statistisches Modell: Automatisierungspotential = f(Job-basierte Tätigkeiten)• Multiple Imputation-Ansatz wegen Berufs- vs. Job-Ebene

Extrapolation der Automatisierbarkeit für alle Jobsunter Verwendung des Modells und Job-basierter Tätigkeitsdaten

Page 6: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Automatisierungspotentiale: Ergebnisse

6

0%

5%

10%

15%

20%

Ante

il de

r Bes

chäf

tigte

n

AutomatisierungswahrscheinlichkeitQuelle: Frey und Osborne (2013), Bureau of Labor Statitics (2015), Bundesagentur für Arbeit (2014), Berechnungen des ZEW.

47% der Beschäftigten

Page 7: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Automatisierungspotentiale: Ergebnisse

7

0%

5%

10%

15%

20%

Ante

il de

r Bes

chäf

tigte

n

Automatisierungswahrscheinlichkeit

USA: BerufsbasiertUSA: Arbeitsplatzbasiert

Quelle: Arntz, Gregory und Zierahn (2016)

47% der Beschäftigten

9% der Beschäftigten

Page 8: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

0%

10%

20%

30%

40%

50%

F/OBerufe

AGZBerufe

AGZJobs

N/QJobs

AGZDeutschland

Arnoldet al.

D/M

Automatisierungspotential

Ergebnisse: Große Unterschiede

8

Daten & Methode

Berufs- vs. Job-Ebene

Berufsebene Job-/Individual-Ebene

Page 9: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Höhere Potentiale für Geringqualifizierte

9

0 20 40 60

ISCED 1 or less

ISCED 2, ISCED 3C short

ISCED 3A-B, C long

ISCED 4A-B-C

ISCED 5B

ISCED 5A

ISCED 5A/6

Share of Automatable Jobs

Automatibility by Education

Source: Arntz et al. (2016).

0 10 20 30

<10%

10%-25%

25%-50%

50%-75

75%-90%

90%-100%

Share of Automatable Jobs (%)In

com

e Pe

rcen

tiles

Automatibility by Income

Source: Arntz et al. (2016).

Page 10: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Folgen für die Beschäftigung?

10

Das Automatisierungspotential darf nicht mit (möglichen) Beschäftigungseffekten verwechselt werden!

Warum?1. Langsame Diffusion von Technologien2. Flexibilität von Beschäftigten3. Schaffung neuer Jobs

Page 11: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Folgen für die Beschäftigung?

11

Das Automatisierungspotential darf nicht mit (möglichen) Beschäftigungseffekten verwechselt werden!

Warum?1. Langsame Diffusion von Technologien2. Flexibilität von Beschäftigten3. Schaffung neuer Jobs

Page 12: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Langsame Diffusion neuer Technologien

12

31.4%

15.0%

2.1%

33.9%

17.6%

Wir haben uns noch nicht mit der Nutzung solcher Technologien beschäftigt.Wir setzen uns bereits mit der Nutzung solcher Technologien auseinander.Wir planen derzeit die Anschaffung solcher Technologien.Wir nutzen bereits solche Technologien.Die Nutzung dieser Technologien ist zentraler Bestandteil unseres Geschäftsmodells.

Nutzung von 4.0-Technologien in deutschen Betrieben

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis der IAB-ZEW-Arbeitswelt-4.0-Befragung 2016

Page 13: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Langsame Diffusion neuer Technologien

13

Aut

omat

isie

rung

Erfassung der in deutschen Betrieben eingesetzten Arbeitsmittel, IAB-ZEW-Arbeitswelt-4.0-Befragung 2016 (N=2.032)

Page 14: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Langsame Diffusion neuer Technologien

14

50.5

43.85.8

42.8

49.4

7.8

34.5

52.1

13.4

020

4060

8010

0in

Pro

zent

vor 5 Jahren heute in 5 Jahren

Büro- und Kommunikationsmittel

1.0/2.0 Technologien 3.0 Technologien4.0 Technologien

85.9

10.4

3.7

83.1

11.9

5.1

78.8

13.3

7.9

020

4060

8010

0in

Pro

zent

vor 5 Jahren heute in 5 Jahren

Produktionsmittel

1.0/2.0 Technologien 3.0 Technologien4.0 Technologien

Anteil der Arbeitsmittel nach Einsatzbereich und Technologiestufe im Zeitablauf

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis der IAB-ZEW-Arbeitswelt-4.0-Befragung 2016

Page 15: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Chancen neuer Technologien

15

-.6 -.4 -.2 0 .2 .4Zustimmung

...senkt die Energiekosten

...senkt die körperliche Arbeitsbelastung für die Beschäftigten

...senkt die Transport-und Lagerhaltungskosten

...senkt die Arbeitskosten/ Lohnkosten

...ermöglicht es, neue Produkte bzw. Dienstleistungen anzubieten

...ermöglicht es, individuelle Kundenwünsche besser zu erfüllen

...erhöht die Arbeitsproduktivität

Chancen: Die Nutzung neuer Technologien..

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis der IAB-ZEW-Arbeitswelt-4.0-Befragung 2016

Page 16: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Risiken neuer Technologien

16

-.4 -.2 0 .2 .4 .6Zustimmung

...steigert das wirtschaftliche Risiko

...wird durch einen Mangel an passenden Fachkräften erschwert

...erhöht die psychische Arbeitsbelastung für die Beschäftigten

...macht eine aufwändige Reorganisation der Arbeitsprozesse notwendig

...erhöht die Abhängigkeit von Fremdleistungen

...ist mit hohen Investitionskosten verbunden

...verändert die Aus- und Weiterbildungsinhalte im Betrieb

...steigert den Weiterbildungsbedarf der Beschäftigten

...erhöht die Aufwendungen für Datenschutz und Cybersecurity

Risiken: Die Nutzung neuer Technologien..

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis der IAB-ZEW-Arbeitswelt-4.0-Befragung 2016

Page 17: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Folgen für die Beschäftigung?

17

Das Automatisierungspotential darf nicht mit (möglichen) Beschäftigungseffekten verwechselt werden!

Warum?1. Langsame Diffusion von Technologien2. Flexibilität von Beschäftigten3. Schaffung neuer Jobs

Page 18: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Beschäftigte passen sich an den Wandel an

18

-10

-5

0

5

10

15

Nicht-RoutineAnalytisch

Nicht-RoutineInteraktiv

RoutineKognitiv

RoutineManuell

Nicht-RoutineManuell

zwischen Berufen

innerhalb von Berufen

Veränderung zurückzuführen auf Anpassungen:

Beispiel „Nicht-Routine Analytisch“: 85 % (15%) der aggregierten Veränderung sind auf Veränderungen innerhalb von Berufen (zwischen Berufen) zurückzuführen

Quelle: Spitz-Oener (2006)

Veränderung der Tätigkeiten an deutschen Arbeitsplätzen 1979-1999

Page 19: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Folgen für die Beschäftigung?

19

Das Automatisierungspotential darf nicht mit (möglichen) Beschäftigungseffekten verwechselt werden!

Warum?1. Langsame Diffusion von Technologien2. Flexibilität von Beschäftigten3. Schaffung neuer Jobs

Page 20: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Makroökonomische Rückkopplungsprozesse

20

Geringere Arbeitsnachfrage

Höhere Wettbewerbsfähigkeit

Höhere Arbeitsnachfrage

Technologieeinsatz

Maschinen ersetzen Arbeit

Nachfrage nach Technologien

Zusätzliche Arbeitsplätze

Arbeitsangebot

Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, Löhne

Kapital- vs. Lohnkosten

Page 21: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Methodischer Ansatz

21

Page 22: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Funktionsweise des Modells

22

-20% -16% -12% -8% -4% 0% 4% 8% 12%

Cemiebranche - Kognitiv-Routine

Metallbau - Analytisch

Veränderung der Beschäftigung

Insgesamt Tätigkeitswandel Produktivität Arbeitsangebot

Quelle: Arntz/Gregory/Zierahn (2018)

Page 23: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Netto positive Beschäftigungseffekte

23

-10% -5% 0% 5% 10%

Gesamteffekt

Tätigkeitswandel

Produktnachfrage

Arbeitsangebot

Veränderung der Beschäftigung

Netto-Beschäftigungseffekte, 2011-2016

Quelle: Arntz/Gregory/Zierahn (2018)

Page 24: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Veränderung der Berufsstrukturen

24

-6% -4% -2% 0% 2% 4% 6% 8% 10% 12%

Analytisch

Interaktiv

Kognitive-Routine

Manuell-Routine

Manuell-Nicht-Routine

Veränderung der Beschäftigung

Beschäftigungseffekten nach Berufen, 2011-2016

Quelle: Arntz/Gregory/Zierahn (2018)

Page 25: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

0.0% 0.5% 1.0% 1.5% 2.0%

Basisszenario

Status Quo-Szenario

Beschleunigungsszenario

Veränderung der Beschäftigung

Szenarien für die nächsten 5 Jahreleicht positive Gesamtbeschäftigungseffekte

25

Gesamteffekte für drei Technologie-Szenarien, 2016-2021

Quelle: Arntz/Gregory/Zierahn (2018)

Page 26: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Fazit: nicht wie viele, sondern welche Jobs?

26

Kernergebnisse1. Automatisierungspotenzial oftmals überschätzt2. Automatisierungspotential ≠ Beschäftigungseffekte3. Langsame, aber sich beschleunigende Verbreitung von 4.0 Technologien 4. Wachsende technologische Kluft in der deutschen Betriebslandschaft5. Schwach positive Gesamtbeschäftigungseffekte der Digitalisierung6. Starke Struktureffekte auf Berufs- und Branchenebene7. Wachsende Beschäftigungs- und Lohnungleichheit8. Mobilität hilft den Arbeitskräften, hat aber kaum Beschäftigungseffekte9. 4.0 Technologien haben derzeit eher investiven Charakter

Politikimplikationen1. Neue Technologien fördern2. Fachkräfteengpässe adressieren3. Mobilität erhöhen

Page 27: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Folgen für

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

27

KontaktDr. Melanie ArntzZentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)+49 621 1235-159, [email protected], http://www.zew.de/team/mar/

Literatur• Arntz/Gregory/ Zierahn (2016), The Risk of Automation for Jobs in OECD

Countries: A Comparative Analysis, OECD Social, Employment and Migration Working Papers No. 189, Paris.

• Arntz/Gregory/Zierahn (2017): Revisiting the Risk of Automation, Economics Letters 159: 157-160.

• Arntz/Gregory/Zierahn (2018): Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Makroökonomische Auswirkungen auf Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Löhne von morgen, Bundesministerium für Forschung und Entwicklung (BMBF), Mannheim.