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Die I.ntegration.vonDrittstaats.~gehSrigen in der EU: er .v..orscn,ag aer c .u.:~omm,ss,on zur ami,ienzusammenfiinrung / 14 ERA - Forum - n ~ 3 Die Integration von DrittstaatsangehSrigen in der EU: DerVorschlag der EU-Kommission zur Familienzusammenfiihrung *von Veronika Kabis-Alamba I. Der Richtlinienentwurf als Paradigmenwechsel in der europ~ischen Einwanderungspolitik Der Richtlinienentwurf zur Familienzusamment~cihrung bedeutet den ersten Schritt auf dem Weg zu einer gemeinschaftlichen Einwanderungs- und Asylpolitik; er nimmt unmittelbar Bezug auf Artikel 63.3 des Amsterdamer Vertrages (einwanderungspolitische MaBnahmen bei Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen for dieVerfahren zur Erteilung vonVisa for einen langfristigen Aufenthalt und Aufenthaltstiteln, einschlieBlich solcher zur FamilienzusammenF0hrung). Seine Ausrichtung und Zielsetzung ist insofern von maBgeblicher Bedeutung flit den Tenor der kLinftig har- monisierten europ~iischen Einwanderungspolitik. In allen mir bekannten Stellungnahmen der mit Migrations- und Asylfragen befassten Nichtregierungsorganisationen wird der Entwurf zun~ichst grunds~itzlich begr08t.' Mit ihm gehe ein Paradlgmenwechsel einher, lautet ~bereinstimmend die Einsch~tzung. Geradezu erstaun- lich ist folgende Formulierung: "Nach Ansicht der Kommission war das Konzept eines Einwanderungsstopps, von dem in der europgischen Einwanderungsdebatte der letzten Jahre immer wieder die Rede war, zu keinem Zeitpunkt realistisch oder zweckm~iBig." Langj~ihrige Forderungen derVerb~nde haben ihren Niederschlag im Richtlinien- entwurf gefunden. Positiv bewertet wird insbesondere, dass die Familienzusammenf(~hrung in den Vorbemerkungen der Kommission zum Richtlinienentwurf erstmals als wichtiges Instrument der Integration von legal in der EU ans~ssigen DrittstaatsangehSrigen deft- niert und das Ziel einer dynamischeren Integrationspolitik formuliert wird, das ihnen Rechte und Pflichten einr~umen soil, die mit denen von EU-BOrgerlnnen vergleichbar sind. So heiBt es in der Begr0ndung der Kommission: "Diese Art der Einwanderung ist nicht nur zahlenm~Big relevant, sondern bildet auch eine wichtigeVoraussetzung f(~r die Integration tier rechtm~Big in einem Mitgliedstaat ans~issigen Drittstaatsange- h6rigen. Die Anwesenheit der Familienmitglieder erm6glicht ein normales Familienleben und somit eine grSBere Stabilit~t und bes- sere Verwurzelung der Menschen in dem Land." (2.2 der Begr~ndung). Dass dieses Recht auf FamilienzusammenfLihrung zugleich an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist, I~isstjedoch beispielsweise die Coordination eurap6enne pour le droit des 6trangers 8 vivre en famille bezweifeln, ob es sich denn tats~ichlich um ein Recht handele oder nicht am Ende nut um eine Option, die durch Verwaltungsvorschriften eingeschr~nkt werden kann. Wie auch immer- die Verb~nde schlieBen sich den formulierten Zielen der Kommission an: eine gerechte Behandlung von * DieserBeitrag ist die schriftliche Fassung eines von derVerfasserin aufderTagung der Europ~ischen Rechtsakademie Die Menschenrechte im Kontext der Migrationin Europa (Trier,26./27.6.2000) erstattetenReferats. Deutsch-Ausl~ndischer ]ugendClub SaarbrOcken DeutscheKoordination for das Recht aller Ausl~nder auf Familienleben. ! Stellungnahmen von: Coordination europ6enne pourle droit des6trangers ~vivreen famille,Paris(in: Propositions & d6bats 1/2000); Verbandbinationaler Familien und Partnerschaften, iaf e54, Frankfurt/Main vom 23.3.2000; Ulrich Spallek, Kommissariat der Deutschen Bisch6fe, Alfter,20.02.2000; UNHCRvom 09.03.2000; ClaireRodier, Paris(in: Droit des 6trangers, Januar 2000);gemeinsame Stellungnahme von CCME (Churches' Commission for Migrants in Europa), COMECE (Commissionof the Bishops' Conferences of the European Community -Working groupon Migration -) und ICMC (International CatholicMigration Commission), Br0ssel, 21.03.2000;The Standing Committee of Expertson international Immigration. Refugee and Criminal Law, Utrecht,M~rz2000 sowieStellungnahmen mehrerer Einzelpersonen. DrittstaatsangehSrigen, die sich rechtmgBig im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten der Union aufhalten; eine energischere Integrations- politik, die darauf gerichtet sein soil, diesen Personen Rechte und Pflichten zuzuerkennen, die denen von EU-B~rgern vergleichbar sind (Schlussfolgerungen von Tampere). II. NGOs sehen langj~hrige Forderungen nun teilweise ver- wirklicht Das Verst~indnis von Familie, wie es im Richtlinienentwurf seinen Niederschlag gefunden hat, macht deutlich, dass hier zwei unter- schiedliche Diskussionen aufeinandertreffen und Ber0cksichtigung gefunden haben. Zum einen tr~gt es der aktuellen Entwicklung in Mitteleuropa Rechnung, wo sich neue Formen von Familie entwickel haben. Dies hat in vielen F~illen auch schon die Gesetzgebung ver~n- deft: Die eingetragene nichteheliche Lebensgemeinschaft ist inzwi- schen in mehreren Lgndern institutionalisiert (z.B. Niederlande, Frankreich); dasselbe gilt for die gleichgeschlechtlichen Lebensge- meinschaften (z.B. neues Gesetz zur Homo-Ehe in Deutschland). Zum anderen ist es der Gegensatz zwischen den zunehmend individu- alistischen Gesellschaftsformen in Europa und den L~berwiegend kollektivistischen Gesellschaftsformen in vielen Herkunftsl~indern von Migrantlnnen. In letzteren wird Familie viel welter gefasst: die Zugeh6rigkeit zur Kemfamilie h6rt nicht mit Erreichen der Vollj~hrigkeit auf, und Verwandte in aufsteigender Linie sowie Seitenverwandte geh6ren auch faktisch selbstverst~indlich zum Familienverband. Dass beide Modelle im Richtlinienentwurf gew~rdigt werden, ist eine nicht zu untersch~tzende Leistung. Der erweiterte Familienbegriff ist demnach einer der Kempunkte, die von den Verb~nden ausdr~cklich beg~Bt werden. Grunds~itzliche Zustimmung gibt es auch in Bezug auf folgende Aspekte: die Ber0cksichtigung von FFJchtlingen (zumindest bestimmter Gruppen) darunter insbesondere die unbegleiteten minderjShrigen FFJchtlinge, die ein Recht auf Zusamment~0hrung mit ihren EItem erhalten sollen - in Deutschland bislang unvorstellbar. Eine ~hnliche Regelung ist mir nur aus Italien bekannt, wo das Kindeswohl ein zentrales Kriterium im Einwanderungsgesetz von 1998 darstellt. die Beseitigung der InlSnderdiskriminierung: Dies ist eine langj~ihrige Forderung derVerb~inde binationaler Familien und Partnerschaften, f(~r die der Nachzug von AngehSrigen aus Drit~staaten bislang nach den in der Regel ung(Mstigeren nationalen Bestimmungen erfolgt. die Ausdehnung auf unterschiedliche Personengruppen (auch Selbstst~ndige, Studenten etc.). die M6glichkeit, im Falle einer Ablehnung den Rechtsweg zu beschreiten die zeitliche Begrenzung des Verfahrens auf sechs Monate die Zugangsm6glichkeit der nachgezogenen Familienangeh6rigen zu Bildung, Arbeit und selbststSndiger TStigkeit III. Schw~chen des Entwurf Die Verb~inde haben in ihren Stellungnahmen eine Reihe von Punkten aufgezeigt, an denen sie Nachbesserungsbedarf sehen. Diese Punkte will ich nun im einzelnen erl~iutern: I) Nur Familienzusammenf~Jhrung im engeren Sinne In clef Begr0ndung der Kommission wird erl~iutert, dass nur die Familienzusammenf(Jhrung im engeren Sinne Gegenstand der Richtlinie ist - also der Nachzug von Familienangeh6rigen. Insbesondere die Interessenverb~inde der binationalen Familien und Partnerschaften kritisieren, dass die Familiengrgndung nach wie vor Sache des innerstaatlichen Rechts bleiben soil In der Praxis stellt gera-

Die Integration von Drittstaatsangehörigen in der EU: Der Vorschlag der EU-Kommission zur Familienzusammenführung

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Die I.ntegration.vonDrittstaats.~gehSrigen in der EU: er .v..orscn,ag aer c .u.:~omm,ss,on zur ami, ienzusammenfi inrung

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E R A - F o r u m - n ~ 3

Die Integration von DrittstaatsangehSrigen in der EU: DerVorschlag der EU-Kommission zur Familienzusammenfiihrung

*von Veronika Kabis-Alamba

I . D e r R i c h t l i n i e n e n t w u r f als P a r a d i g m e n w e c h s e l in d e r

europ~ ischen E i n w a n d e r u n g s p o l i t i k Der Richtlinienentwurf zur Familienzusamment~cihrung bedeutet

den ersten Schritt auf dem Weg zu einer gemeinschaftlichen Einwanderungs- und Asylpolitik; er nimmt unmittelbar Bezug auf Artikel 63.3 des Amsterdamer Vertrages (einwanderungspolitische MaBnahmen bei Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen for dieVerfahren zur Erteilung vonVisa for einen langfristigen Aufenthalt und Aufenthaltstiteln, einschlieBlich solcher zur FamilienzusammenF0hrung). Seine Ausrichtung und Zielsetzung ist insofern von maBgeblicher Bedeutung flit den Tenor der kLinftig har-

monisierten europ~iischen Einwanderungspolitik. In allen mir bekannten Stellungnahmen der mit Migrations- und

Asylfragen befassten Nichtregierungsorganisationen wird der Entwurf zun~ichst grunds~itzlich begr08t.' Mit ihm gehe ein Paradlgmenwechsel einher, lautet ~bereinstimmend die Einsch~tzung. Geradezu erstaun- lich ist folgende Formulierung: "Nach Ansicht der Kommission war das Konzept eines Einwanderungsstopps, von dem in der europgischen Einwanderungsdebatte der letzten Jahre immer wieder die Rede war, zu keinem Zeitpunkt realistisch oder zweckm~iBig." Langj~ihrige Forderungen derVerb~nde haben ihren Niederschlag im Richtlinien- entwurf gefunden. Positiv bewertet wird insbesondere, dass die Familienzusammenf(~hrung in den Vorbemerkungen der Kommission zum Richtlinienentwurf erstmals als wichtiges Instrument der Integration von legal in der EU ans~ssigen DrittstaatsangehSrigen deft- niert und das Ziel einer dynamischeren Integrationspolitik formuliert wird, das ihnen Rechte und Pflichten einr~umen soil, die mit denen von EU-BOrgerlnnen vergleichbar sind. So heiBt es in der Begr0ndung

der Kommission: "Diese Ar t der Einwanderung ist nicht nur zahlenm~Big relevant, sondern bildet auch eine wichtigeVoraussetzung f(~r die Integration tier rechtm~Big in einem Mitgliedstaat ans~issigen Drittstaatsange- h6rigen. Die Anwesenheit der Familienmitglieder erm6glicht ein normales Familienleben und somit eine grSBere Stabilit~t und bes- sere Verwurzelung der Menschen in dem Land." (2.2 der

Begr~ndung). Dass dieses Recht auf FamilienzusammenfLihrung zugleich an

bestimmte Voraussetzungen gebunden ist, I~isst jedoch beispielsweise die Coordination eurap6enne pour le droit des 6trangers 8 vivre en famille bezweifeln, ob es sich denn tats~ichlich um ein Recht handele oder nicht am Ende nut um eine Option, die durch Verwaltungsvorschriften

eingeschr~nkt werden kann. Wie auch i m m e r - die Verb~nde schlieBen sich den formulierten

Zielen der Kommission an: eine gerechte Behandlung von

* Dieser Beitrag ist die schriftliche Fassung eines von derVerfasserin auf derTagung der Europ~ischen Rechtsakademie Die Menschenrechte im Kontext der Migration in Europa (Trier, 26./27.6.2000) erstatteten Referats. Deutsch-Ausl~ndischer ]ugendClub SaarbrOcken Deutsche Koordination for das Recht aller Ausl~nder auf Familienleben.

! Stellungnahmen von: Coordination europ6enne pour le droit des 6trangers ~ vivre en famille, Paris (in: Propositions & d6bats 1/2000); Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e54, Frankfurt/Main vom 23.3.2000; Ulrich Spallek, Kommissariat der Deutschen Bisch6fe, Alfter, 20.02.2000; UNHCR vom 09.03.2000; Claire Rodier, Paris (in: Droit des 6trangers, Januar 2000); gemeinsame Stellungnahme von CCME (Churches' Commission for Migrants in Europa), COMECE (Commission of the Bishops' Conferences of the European Community -Working group on Migration -) und ICMC (International Catholic Migration Commission), Br0ssel, 21.03.2000;The Standing Committee of Experts on international Immigration. Refugee and Criminal Law, Utrecht, M~rz 2000 sowie Stellungnahmen mehrerer Einzelpersonen.

DrittstaatsangehSrigen, die sich rechtmgBig im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten der Union aufhalten; eine energischere Integrations- politik, die darauf gerichtet sein soil, diesen Personen Rechte und Pflichten zuzuerkennen, die denen von EU-B~rgern vergleichbar sind (Schlussfolgerungen von Tampere).

I I . N G O s sehen langj~hr ige F o r d e r u n g e n nun te i lwe ise ver -

w i r k l i c h t Das Verst~indnis von Familie, wie es im Richtlinienentwurf seinen

Niederschlag gefunden hat, macht deutlich, dass hier zwei unter- schiedliche Diskussionen aufeinandertreffen und Ber0cksichtigung gefunden haben. Zum einen tr~gt es der aktuellen Entwicklung in Mitteleuropa Rechnung, wo sich neue Formen von Familie entwickel haben. Dies hat in vielen F~illen auch schon die Gesetzgebung ver~n- deft: Die eingetragene nichteheliche Lebensgemeinschaft ist inzwi- schen in mehreren Lgndern institutionalisiert (z.B. Niederlande, Frankreich); dasselbe gilt for die gleichgeschlechtlichen Lebensge- meinschaften (z.B. neues Gesetz zur Homo-Ehe in Deutschland). Zum anderen ist es der Gegensatz zwischen den zunehmend individu- alistischen Gesellschaftsformen in Europa und den L~berwiegend kollektivistischen Gesellschaftsformen in vielen Herkunftsl~indern von Migrantlnnen. In letzteren wird Familie viel welter gefasst: die Zugeh6rigkeit zur Kemfamilie h6rt nicht mit Erreichen der Vollj~hrigkeit auf, und Verwandte in aufsteigender Linie sowie Seitenverwandte geh6ren auch faktisch selbstverst~indlich zum Familienverband. Dass beide Modelle im Richtlinienentwurf gew~rdigt werden, ist eine nicht zu untersch~tzende Leistung. Der erweiterte Familienbegriff ist demnach einer der Kempunkte, die von den

Verb~nden ausdr~cklich beg~Bt werden. Grunds~itzliche Zustimmung gibt es auch in Bezug auf folgende

Aspekte: �9 die Ber0cksichtigung von FFJchtlingen (zumindest bestimmter

Gruppen) �9 darunter insbesondere die unbegleiteten minderjShrigen FFJchtlinge,

die ein Recht auf Zusamment~0hrung mit ihren EItem erhalten sollen - in Deutschland bislang unvorstellbar. Eine ~hnliche Regelung ist mir nur aus Italien bekannt, wo das Kindeswohl ein zentrales Kriterium im Einwanderungsgesetz von 1998 darstellt.

�9 die Beseitigung der InlSnderdiskriminierung: Dies ist eine langj~ihrige Forderung derVerb~inde binationaler Familien und Partnerschaften, f(~r die der Nachzug von AngehSrigen aus Drit~staaten bislang nach den in der Regel ung(Mstigeren nationalen Bestimmungen erfolgt.

�9 die Ausdehnung auf unterschiedliche Personengruppen (auch

Selbstst~ndige, Studenten etc.). �9 die M6glichkeit, im Falle einer Ablehnung den Rechtsweg zu

beschreiten �9 die zeitliche Begrenzung des Verfahrens auf sechs Monate �9 die Zugangsm6glichkeit der nachgezogenen Familienangeh6rigen zu

Bildung, Arbeit und selbststSndiger TStigkeit

I I I . S c h w ~ c h e n des E n t w u r f Die Verb~inde haben in ihren Stellungnahmen eine Reihe von

Punkten aufgezeigt, an denen sie Nachbesserungsbedarf sehen. Diese Punkte will ich nun im einzelnen erl~iutern: I) Nur Familienzusammenf~Jhrung im engeren Sinne

In clef Begr0ndung der Kommission wird erl~iutert, dass nur die Familienzusammenf(Jhrung im engeren Sinne Gegenstand der Richtlinie ist - also der Nachzug von Familienangeh6rigen. Insbesondere die Interessenverb~inde der binationalen Familien und Partnerschaften kritisieren, dass die Familiengrgndung nach wie vor Sache des innerstaatlichen Rechts bleiben soil In der Praxis stellt gera-

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Die Integration von.Dritts..taa .tsang~h.6.rigen in d.er EU: u e r vorscnlag o.e.r i:u-i~ommlss!on zur

raml l lenzusammenlunrung

de der Nachzug von Verlobten zum Zwecke der Eheschlie[3ung grol3e Probleme dar. Es ist nicht wirklich ersichtlich, weshalb die Familiengr0ndung nicht ber~cksichtigt wurde.

Auch das Standing Committee schl~igt vor, folgenden Passus aufzu- nehmen:

"Ein Mitgliedstaat kann dem/der zukLinftigen Ehegatt/in des Antragstellers/der Antragstellerin ein Kurzzeitvisum zum Zwecke der Eheschliel3ung im Mitgliedstaat ausstellen."

2) Personen, die Familienzusammenf~hrung beantragen k(]nnen Die Voraussetzung des rechtm~il3igen Aufenthalts von mindestens

einem jahr ist eine wesentliche Verbesserung etwa im Vergleich zum deutschen Recht. Auch die Ausdehnung auf mehrere Personengrup- pen, insbesondere auf FI0chtlinge, wird grunds~it.zlich begr0i3t. Schwierigkeiten sieht der UNHCR bei B~rgerkriegsflOchtlingen, die keinen subsidi~ren Schutz geniel3en, sondern lediglich unter das erweiterte Mandat fallen und somit nicht berOcksichtigt werden sol- len. Er verweist auf die positiven Erfahrungen w~hrend des Kosovo- Krieges, wo viele Fl(~chtlinge Aufnahme bei in der EU lebenden Verwandten gefunden haben. 3) BegOnstigte Personen

Die Coordination europ~enne pour le droit des 6trangers 8 vivre en famille hat bereits 1995 einen Vorschlag fur ein so genanntes DrittstaaterObereinkommen vorgelegt. Darin definiert sie den Kreis tier begOnstigten Personen wie folgt: �9 EhegattJinnen und nicht verheiratete, auch gleichgeschlechtliche

Lebenspartner/innen; �9 Verwandte in absteigender Linie unter 21 jahre oder denen

Unterhalt gewghrt wird: leibliche und adoptierte Kinder sowie alle Kinder, fLir die faktisch Sorge ausgeObt wird

�9 Verwandte in aufsteigender Linie, denen Unterhatt gew~hrt wird �9 Seitenverwandte, denen Unterhalt gew~ihrt wird

Die Formulierung des Richtlinienvorschlags "Kinder, fur die Sorgerecht besteht" kann zu Schwierigkeiten f(~hren. Die KJrchen wei- sen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein formales Sorgerecht h~iufig nicht besteht, aber gerade Kinder in B0rgerkriegsl~ndern oder Lgndern mit hoher Sterblichkeit (z.B. durch AIDS) faktisch von FamilienangehSrigen erzogen werden. Genau aus diesem Grund betont die Coordination europ6enne das faktische Sorgerecht gegenCiber dem nur formalen.

Ausgesprochen positiv zu bewerten ist die Klarstellung in Artikel 5 des Richtlinienentwurfs, wonach als minderj~hrig gilt, wer das im betreffenden Mitgliedstaat geltende Vollj~ihrigkeitsalter noch nicht erreicht hat. Sowohl im deutschen Ausl~nder- als auch Asylrecht (ebenso in Osterreich) gilt hier die - unserer Ansicht nach - durch nichts zu rechtfertigende Altersgrenze von 16 Jahren.

Nachzug von Verwandten in aufsteigender Linie sollte auch gestat- tet sein, wenn noch andere famili~re Bindungen im Herkunftsland bestehen (das Standing Committee weist auf die Schwierigkeit hin, einen solchen Nachweis zu erbringen wegen des unterschiedlichen Standards bei Personenstandsbeurkundungen; hilfreich k6nnte die MSglichkeit eidesstattlicher Erkl~rungen sein) und wenn es zur Pflege erkrankter Verwandter im EU-Mitgliedsstaat erforderlich ist (Stellungnahme CCME).

DasThema Mehrehe im Zusammenhang mit Migrationspotitik wird in Deutschland kaum diskutiert. Anders in den L~indern mit Einwanderung aus afrikanischen L~ndern. Unter den Verb~inden in Frankreich und Belgien gab es in den vergangenen Jahren heftige Diskussionen dan]ber. Die Anerkennung der Mehrehe als solche ist dabei keinesfallsThema; aber die Praxis zeigt, dass der Ausschluss cler weiteren Ehefrauen und Kinder zu auBergewShnlichen H~rten f(]hren kann. Die Forderung lautet deshalb in diesem Zusammenhang, dass

bei der Familienzusammenf0hrung das Kindeswohl und die Frauenrechte st~irker berOcksichtigt werden mOssen. 4) Stillstands- und G~Jnstigkeitsldauseln

Um zu vermeiden, dass bereits bestehende gOnstigere Bestimmun- gen in einzelnen Mitgliedsstaaten unterlaufen bzw. die Einfuhrung gLin- stigerer Vorschriften verhindert wird, sollten Stillstands- und GOnstigkeitsklauseln in die Richtlinie aufgenommen werden.

So schl~gt etwa das Standing Committee vor, Artikel 3 (4) zu erg~in- zen. Dort wird bereits bestimmt, dass g0nstigere Regelungen im EU- Recht sowie in bilateralen und multilateralen Abkommen mit Drittl~indern sowie in der Europ~ischen Sozialcharta und dem Europ~ischen 0bereinkommen (~ber die Rechtsstellung der Wanderarbeitnehmer unber~hrt bleiben. Dasselbe sollte for die nationale Gesetzgebung der Mitgliedstaaten gelten.

IV. E in ige P r o b l e m e aus d e r Prax is

I) Dos Scheinehen-"Phantom" Die Angst davor, Mal3nahmen wie die geplante Richtlinie k6nnten

zu Missbrauch fC~hren, dr0ckt sich in Artikel 14 des Entwurfes aus. Dort heil3t es, clef Aufenthaltstitel k6nne entzogen werden, wenn die Einreise dutch die F~ilschung von Dokumenten oder durch Betrug erlangt wurde. In den Erl~iuterungen wird pr~zisiert, dass es dabei ins- besondere um Scheinehe und Scheinadoption geht. Bei begrandetem Verdacht k6nnen punktuelle Kontrollen durchgef(~hrt werclen.

Schon die Entschliel3ung C382 des Europ~iischen Rates vom 16.12.1997 tiber Mal3nahmen zur Bek~mpfung von Scheinehen besch~ftigt sich mit dieser Frage. Sie fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, die ihnen geeignet erscheinenden Mal3nahmen zu ergreifen, um Scheinehen zu verhindern.

Das Generalsekretariat des Europ~iischen Rates hat im vergange- nen Jahr eine Umfrage unter den Mitgliedstaaten durchgef0hrt, um zu 0berprOfen, ob und in welcher Form die "Scheinehenentschliel3ung" in den einzelnen L~ndern umgesetzt wurde. Die meisten der befragten L~nder gaben an, bereits vor der EntschlieBung ausreichende MaBnahmen zurVerhinderung von Scheinehen getroffen zu haben, so zum Beispiel Belgien, Spanien, Schweden und Grol3britannien. Bestanden diese bislang nur in Form von Verwaltungsvorschriften, seien manche Parlamente nun - v o n Br~ssel ermutigt - dazu Liberge- gangen, entsprechende Gesetzes~nderungen vorzunehmen, so zum Beispiel in Dgnemark. Portugal wiederum verf0gte sogar (]ber weiter- gehende Vorschriften, insbesondere was die nachtr~gliche Annullierung der Ehe betrifft. AIs wichtigste 0berprOfungsinstrumente wurden Befragungen der Ehewilligen insbesondere bei der Visabeantragung in den Auslandsvertretungen sowie die mehrfache PrCifung ausl~indischer Dokumente genannt.

Erstaunlich sind die geringf~igigen Zahlen der tats~chlich ermittelten Betrugsfalle. Die d~inischen BehSrden geben an, dass sie in zehn F~illen Einreisevisa zur Eheschliel3ung wegen begr~ndeterVerdachtsmomente verweigert h~itten. Auch die Griechen nennen zehn Ablehnungen sowie siebzehn F~lle der Eheannultierung, die die Aufenthaltsbeendi- gung zur Folge hat.AIs eines der Hauptkriterien zur Feststellung einer Scheinehe in der Praxis wurden die kurze Zeit der Bekanntschaft vor der Eheschliet3ung genannt sowie die fehlende Kenntnis der pers6n- lichen Daten des Partners, der Bestand einer fr~heren Ehe oder ein grot3er Altersunterschied.

Die Zahl der aufgedeckten F~lle d~rfte die Scheinehen-Hysterie also kaum begr0nden. Auf der Seite der Betroffenen jedoch 16st sie schwerwiegende Probleme aus. Binationale Paare stehen mittlerweile unter Generalverdacht. Die Kontrollen und Befragungen vor der EheschliePJung bei der Aufenthaltsverl~ngerung, die bis in die intimsten Lebensbereiche dringen, sind for die Paare ~iul3erst demOtigend. Der

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Die Integration von Drittstaatsangeh6rigen in der EU: DerVorschlag der EU-Kommission zur Familienzusammenf~hrung

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Verband binationaler Familien und Partnerschaften wird deshalb vor- aussichtlich im Herbst ein transnationales Forschungsprojekt begin- nen, bei dem es unter anderem um die Frage gehen wird, inwiefern die Praxis der Scheinehenkontrollen eine nach Artikel 13 Amsterdamer Vertrag unzul~ssige Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft darstellt. 2) VolljShrige FFJchtlinge im Familienverband

Aus meiner Praxis in der Arbeit mit jugendlichen FlOchtlingen mSchte ich noch auf ein besonderes Problem hinweisen. Die Anerkennung als politisch Verfolgter nach Artikel 16a Grundgesetz sieht die M6glichkeit des Familienasyls vor. Wer allerdings auf dem Landweg eingereist ist, kann kein Asyl nach dem Grundgesetz erhal- ten, sondern allenfalls eine Anerkennung nach der Genfer Fl~chtlingskonvention. Dort ist wiederum das Familienasyl nicht vor- gesehen. In der Praxis erleben wir eine Reihe von F~llen, in denen die Eltern nach langj~hrigen Verfahren ein Bleiberecht als Konventions- fl0chtlinge erhalten. Ihre Kinder, die w~hrend desVerfahrens vollj~hrig geworden sind, sind jedoch davon nicht erfasst und k6nnen abge- schoben werden. Dies f~hrt zu unertra'glichen H~rten gegen0ber jun- gen Menschen, die auf diese Weise von ihren Familien getrennt werden.

Die Bestimmungen im Richtlinienentwurf, die FI0chtlinge mit ein- schlieBen, w~rden diesen Missstand beseitigen.

V. D ie polit ische Diskussion ist noch lange nicht gef i ihr t

W~hrend in den Verb~nden noch 0ber Detailfragen diskutiert wurde, hat die Diskussion in den Gremien der EU im Fr~hjahr einen unerwartetenVerlauf genommen. So hat die Europaabgeordnete Ewa Klamt (CDU) in ihrer Funktion als Berichterstatterin im M~rz auf Aufregung gesorgt, als sie mit einer Presseerkl~rung an die Offentlich- keit ging, in der sie vor einer "Einwanderungswelle f~r Deutschland durch die Hintert6r" warnte. "Hier wird versucht, durch die Hintert~re MaBnahmen durchzudr0cken, deren wahres AusmaB bewusst verschleiert werden soil", sagte sie weiterhin. Kurz darauf ~uBerte auch der deutsche Innenminister Otto Schily im Magazin Focus seine Bedenken gegen eine "aufgezwungene Zuwanderung" dutch Familienzusammenf0hrung. Am 23. Mai hat Ewa Klamt schlieB- lich im Ausschuss f~r B0rgerrechte und -freiheiten den Entwurf eines Berichtes vorgelegt, der bei den NGOs auf heftige Kritik gestoBen ist und unter anderen britische Migrationsexperten dazu veranlasst hat, davor zu warnen, europ~ische Einwanderungspolitik an deutschen Mindeststandards auszurichten. Der Joint Council for the Welfare of Immigrants hat sich in einem Schreiben sogar an den Ausschussvorsitzenden gewandt mit der Bit~e zu ~berp~fen, ob Ewa Klamt als Berichterstatterin noch die geeignete Person sei. Auch die Deutsche Koordination fur das Recht aller Ausl~nder auf Familienleben hat protestiert und darauf hingewiesen, dass die Zahl der Migrantlnnen, die Deutschland jedes Jahr verlassen, hSher sei als die der Zuwanderer.

Der Berichtsentwurf von Ewa Klamt enth~lt 37 (!) Anderungsvor- schl~ge. Man k6nnte sagen, dass am Ende nut noch das Skelett des vonder Kommission erarbeiteten Richtlinienentwurfs ~brigbleibt.

In der Begr~ndung wirft Klamt der Kommission vor, dass sie kein Gesamtkonzept fur eine europ~ische Einwanderungspolitik ausgearo beitet habe und dass sie sich FUr eine sowohl zeitlich als auch sachlich willk~rliche Aufsplitterung der Materie und der Gesetzesinitiative ent- scheide. Die Kommission ber~cksichtige nicht, dass diese erste Richtlinie als Teilbereich einer gemeinsamen Einwanderungspolitik Rechtsgrundlagen f~r die sp~ter zu regelnden Bereiche schaffe. Aufgrund dieses fehlenden Gesamtkonzeptes sei derzeit die FamilienzusammenFuhrung die einzige M6glichkeit f~r Drittstaater, auf legalem Weg in die EU einzuwandern. Deswegen m0sse davon aus-

gegangen werden, dass die Familienzusammenf0hrung als Form der Zuwanderung in hohem MaBe genutzt werde. W6rtlich heiBt es: "Aufgrund fehlender Einwanderungsm6glichkeiten ist der Missbrauch auf dem Wege der Familienzusammen~hrung vorprogrammiert. 2''

Hier nun die wesentlichen Anderungsvorschl~ge: �9 Fl~chtlinge und Personen, die subsidi~ren Schutz genieBen, sollen

nicht von den Regelungen erfasst werden (insofern nat0rlich auch keine unbegleiteten minderj~hrigen FI0chtlinge). Zur Begr0ndung heiBt es: "FUr diese Entscheidung finden sich weder Pr~zedenz~lle bei den Arbeiten unter demVertrag von Maastricht, noch unter den internationalen Instrumenten. Diese Entscheidung tr~gt nut dazu bei, die beiden unterschiedlichen Bereiche Einwanderung und Asyl zu vermengen, und entspricht weder dem Wortlaut des Vertrags noch den Bestimmungen der Genfer Konvention."

�9 AIs Familie soil nur die Kernfomilie gelten, also keine unverheirate- ten Paare und keine Verwandten in aufsteigender Linie. Begr~ndung: "Die Rechtsvorschriften for andere Lebensgemein- schaften als die Ehe sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich. Das vonder Richtlinie vorgeschlagene ,Assimilie- rungskonzept' ist unklar und deckt sich nicht mit der Realit~t. In die- sem Stadium m6chte die Berichterstatterin vorschlagen, die Familienzusammenf0hrung auf die Kernfamilie zu konzentrieren."

�9 An mehreren Punkten werden Muss-Bestimmungen durch Kann- Bestimmungen ersetzt (z.B. bei der Gew~hrung eines eigenen Rechtsstatus fur die FamilienangehSrigen).

�9 Antragsteller soil nicht der im Mitgliedstaat Lebende, sondern der Nachzuziehende sein.

�9 In Erw~gungsgrund 15 des Richtlinienentwurfs wird festgestellt, dass die Begr~ndung eines Rechts auf Familienzusammenf6hrung auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann Das Wort "ausreichend" wird ersetzt durch "auf harmonische Weise". Begr~ndung:"Es geht nicht so sehr darum, dass das Ziel ausreichend

erreicht werden kann, sondern vielmehr darum, dass die Mitgliedstaaten koordinierte, koh~rente und parallele MaBnahmen treffen sollen."

Letzteres erscheint mir ganz wichtig: Hier geht es offensichtlich nicht um die Zuerkennung von Rechten, die auf humanit~ren Gesichtspunkten beruhen, sondern lediglich um ein harmonisiertes Verfahren. Eine solche Richtlinie hat jedoch eine ganze andere Qualit~t.

Der deutsche Bundesrat hat am 9. Juni Stellung zum Richtlinienentwurf genommen. In einer Pressemitteilung heiBt es, es bestehe die Gefahr, dass durch einen verst~irkten Zuzug von Familienangeh6rigen die Aufwendungen der Kommunen fur Sozialhilfe steigen. Zwar sei Voraussetzung des Anspruchs auf Familienzusammenf0hrung, dass der Unterhalt der Familie gesichert ist. Die Einkommensverh~ltnisse des zusammenf0hrenden Drit~staats- angeh6rigen kSnnten sich jedoch nachtr~glich ~ndern und Angeh6rige sozialhilfebed0rftig machen.

Soviel aus den innerstaatlichen Diskussionen zu h6ren ist, stehen unter anderem auch in Frankreich und Spanien eine Reihe von Punkten zur Disposition. Bedenken wurden etwa formuliert, ob Fl~chtlinge in die Bestimmungen der Richtlinie einzubeziehen seien; wie weit die Definition von Familie reichen solle; ob selbst~ndige Berufst~tigkeit fur die nachgezogenen Familienangeh6rigen erlaubt werden solle; ob die Inl~nderdiskriminierung fallen d0rfe.

Unter den Verb~nden lautet zur Zeit deshalb die erste Devise zu retten, was zu retten ist und den Richtlinienentwurf der Kommission

2 Hervorhebung von derVerfasserin.

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Sanctions p~nales et administratives, transaction, whistleblowing et le Corpus Juris dans les pays candidats

trotz seiner Schw~chen zu verteidigen, damit die positiven Ans~tze und der darin deutlich spQrbare Perspektivenwechsel in der europ~ii- schen Einwanderungspolitik nicht schon verloren gehen, bevor sie sich

entfalten konnten. �9

Sanctions p nales et administratives, transaction, whistleblowing et le Corpus Juris dans les pays candidats

par Maria Mercedes Pisani

La Commission europ~enne, & I'initiative du L'SCR et de M. Francesco de Angelis, a lance en septembre dernier, une nouvelle ~tude portant sur les sanctions penales et administratives, la trans- action, le << whistleblowing >> et le << Corpus Juris >> dans les pays can- didats & I'adhesion. Le but principal de cette analyse, est de verifier I'adoption de I'acquis communautaire dans le domaine de la protection des interets financiers de I'Union europeenne et d'examiner la com- patibilite des syst6mes juridiques dej& existants ou en cours d'adop- tion, avec le projet << Corpus Juris >> et I'institution d'un Minist6re Public europeen. La ERA (Europ~ische Rechtsakademie Trier), coor- donne I'~tude qui concerne les syst~mes juridiques de la Hongrie, la Lituanie, la Pologne, la Bulgarie, la Republique slovaque, la SIovenie, IE Estonie, la Republique tcheque, la Roumanie.

Le processus d'int~gration a connu une forte acceleration dans les derni&res ann~es. L'~largissement vers les pays d'Europe centrale et orientale repr~sente une des chances les plus importantes pour I'Union europeenne, de nature & marquer profond~ment la politique

europeenne des prochaines annees. L'exercice de la strat6gie de pre-adhesion est un deft difficile ~ rele-

ver par les pays candidats, car la t&che est bien plus vaste que lots des elargissements precedents, & I'occasion desquels les Etats avaient d~j& int~gre une grande partie de I'acquis. Ce n'est pas le cas des candidats actuels; d'autre part, la legislation communautaire s'est considerable- ment ~toff~e, certaines politiques consistant, aujourd'hui, en un ensemble impressionnant de principes et de nouvelles obligations lies au fonctionnement du march~ unique, ~ la mise en oeuvre de la Politique ~trangere de securite commune (PESC), I'~tablissement de I'union ~conomique et monetaire (UEM), et rapprofondissement Affaires int~rieures.

Une solution autre que la reprise totale de I'acquis est exdue car elle ne representerait qu'une solution provisoire ne faisant que repousser les probl~mes de fond et pouvant creer de nouvelles diffi- cultes encore plus considerables. En effet, si un pays obtenait de telles exceptions, il s'engagerait & un processus qui diluerait considerable- ment I'acquis dans son ensemble. Une adoption imparfaite pr6senterait des risques de destabilisation et ces pays deviendraient des << maillons faibles >> qui pourraient 6tre exploites par le crime organise, les trafi- quants, les organisateurs de traite des 6tres humains. De plus, se mani- festerait le probl6me de la capacite de decision des institutions com- munautaires sur des politiques qui ne seraient plus communes.

Ace titre il est essentiel que les pays candidats assurent la reprise, la mise en oeuvre et le respect de la totalite de I'acquis, non seulement par sa transposition dans le droit interne, mais aussi qu'ils en garan- tissent, par leur syst~me judiciaire, une application adequate et assurent une action efficace des tribunaux dans les affaires portant sur le droit

communautaire. La situation geographique des pays candidats implique un necessaire

renforcement de ta surveillance des frontieres exterieures, d'autant plus que I'intensite du d~fi auquel il sont confrontes dans le cadre de la lut~e contre le crime organise, le terrorisme, le trafic de stupefiants

et la traite d'humains est fort divergent. La nature de ce type de cri- minalit~ necessite une action constante et efficace, car ses effets de- stabilisants pourraient se repercuter de maniere grave sur une Union elargie. Cette criminalite, largement occulte, parfaitement integree dans le circuit 6conomique international, profite de I'ouverture des marches et des fronti~res, d'autant plus que les fronti~res juridiques

resistent et offrent aux delinquants des opportunit~s de refuge. Au niveau national, ces Etats ont d'autres difficult6s non moins

importantes & surmonter: la transition vers des r6gimes d~mocra- tiques necessite une adapdtion, qui est assez lente, et en m~me temps une r~forme jurdidique importante. C'est un secteur sensible, non seulement par ses profils politiques, mais parce que les faiblesses li6es aux differences dans les legislations nationales sont exploit~s par la criminalite organisee, surtout I~ o~ les contr61es sont difficiles et les gains eleves. Exemple, I'accroissement de phenom6nes de corruption revile le developpement d'une delinquance flnanci~re internationale qui se dissimule derriere des nombreuses transactions vers les pays de I'Europe centrale et orientale.

Nous connaissons les etudes menees par la Commission euro- peenne, en collaboration avec les Associations de Juristes europeens pour la protection des int~rEts financiers des CE, dans le but d'accor- der aux int6rets financiers une protection adequate et efticace et de cr6er un cadre juridique commun ainsi que de sensibiliser les instances nationales afin d'assurer I'application des textes communautaires: << Rapport sur les sanctions administratives et penales des Etats mem- bres et les principes g~neraux du syst&me des sanctions communau- taires >>; << Etude sur les systemes de sanctions administratives et p~nales dans les Etats membres des Communaut6s europeennes >>, << La transaction dans I'Union Europ~enne >>, << Whistlebowing >>,

<< Corpus Juris >> et son << Suivi >>. Le resultat de ces recherches a eu un impact considerable sur le

plan de la legislation communautaire. Les conclusions de I'etude com- parative pour I'analyse du systeme de sanctions communautaires et de I'impact de ces sanctions sur les syst6mes nationaux ont 6t6 reprises dans les r6glements sur les procedures applicables aux sanctions com- munautaires (2988/95/CEE) et sur les verifications sur place (2185/96/CEE).

Par la suite, le passage de la cooperation horizontale, entre les Etats, une verticalisation de la lutte contre les infractions, c'est-&-dire une

plus intense cooperation entre les Etats et la Commission europeenne, s'est fait par I'adoption de la Convention PIF (26.07.1995) et de ses deux Protocoles (Protocole du 27.09.1996 sur la corruption des fonctionnaires ;11 Protocole du 19.06.1997, sur le blanchiment, la res- ponsabilite des personnes morales, la cooperation judiciaire) harmo- nisant les definitions des delits et des agissements portant atteinte aux int~rets financiers de la CE. La Convention n'a pas ete ratifi~e par les Etats membres; mais la Commission a obtenu un r61e de plus en plus important dans la coordination de la poursuite et de la r~pression des fraudes.

La Commission a egalement soutenu les etudes sur les procedures de transaction et sur les aviseurs de fraudes, ainsi que le Corpus Juris et son Suivi. A la suite de ces deux derni~res ~tudes, qui ont fait le bilan de la situation legislative et pratique existant dans les Etats mem- bres, les experts ont abouti ~ la conclusion que la cooperation hori- zontale n'est pas suffisante ~ la protection des inter~ts financiers de la CE. La proposition innovatrice, pour developper un syst~me vertical de protection des interets financiers consiste en la proposition du principe de la territorialit~ europeenne et I'institution d'un parquet europeen.

L'idee de la verticalisation a ete encore renforcee par le Traite d'Amsterdam, dans lequel la r6daction du nouvel article 280 est apparue comme la base juridique essentielle pour I'adoption de la legislation anti-fraude.