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Die Er6ffnung der neuerbauten K6nigl. Universitiits-Klinik fiir Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten in Halle a. S. Von Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Alfred Denker. Mit i~ Abbildungen. Am 2 5. Sept. d. Js. wurde die neuerbaute K6nigl. Univ.-Klinik fiir Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten in Halle durch einen Akt in dem HSrsaal der Klinik eingeweiht und in Betrieb genommen. Die Fcier, zu der sich Rektor und Senat sowie die Medizin. Fa- kult~t unserer Universit~t, die Vertreter der BaubehSrden und das gesamte Personal der Klinik eingefunden hatte, wurde ein- geleitet durch eine Ansprache des Universit~ts-Kurators, Herrn Oeheimen Oberregierungsrates Dr. Meyer. In seiner Rede wie~ der Herr Kurator auf die allm~ihliche Entwickelung der Klinik aus kleinen Anf~ingen hin und wiirdigte das groBe Verdienst des friiheren Direktors, Geheimrat Hermann Schwartze, der auf Orund seiner hervor- ragenden, wissenschaftlichen Leistungen und dutch Einsetzung seiner machtvollen PersSnlichke{t in Halle a. S., die Errichtung der ersten Ohrenklinik an einer preuBischen Universit~t durchgesetzt hatte. Schon bald haben sich jedoch die in dem gemeinsamen Bau der Augen- und Ohrenklinik fiir die letztere enthaltenen R~ume als unzul~nglich er- wiesen und Oeheimrat Schwartze war gezwungen, wegen einer Erweiterung der Klinik hSheren Ortes vorstellig zu werden. Es war ihm haupts~ichlich infolge seiner Erkrankung nicht vergSnnt, das an- gestrebte Ziel einer eigenen Klinik zu erreichen. Erst bei der Berufung des jetzigen Direktors, bei welcher die Ohrenklinik zu einer Klinik fiir Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten erweitert wurde, konnte der Frage eines Neubaues wieder n~iher getreten werden. Den sachlichen Oriinden fiir die Errichtung eines Neubaues, die in der Hauptsache gipfelten in der starken Zunahme der Frequenz der Kranken der erweiterten Klinik und dem immer mehr hervortretenden Mangel an gentigenden Forschungs- r iiu me n, konnte das Ministerium sich nicht versehliel3en und genehmigte die Einstellung der erforderlichen Mittel in dem ]?;tat des Finanzjahres I913. Der Herr Kurator sprach alsdann seine groBe Befriedigung Archly f. Ohren-, Nasen- u. Kehtkop~eilkunde. Bd. 9 8. 16

Die Eröffnung der neuerbauten Königl. Universitäts-Klinik für Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten in Halle a. S

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Die Er6ffnung der neuerbauten K6nigl. Universitiits-Klinik fiir Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten in Halle a. S.

Von Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Alfred Denker .

Mit i~ Abbildungen.

Am 2 5. Sept. d. Js. wurde die neuerbaute K6nigl. Univ.-Klinik fiir Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten in Halle durch einen Akt in dem HSrsaal der Klinik eingeweiht und in Betrieb genommen. Die Fcier, zu der sich R e k t o r und S e n a t sowie die M e d i z i n . F a - k u l t ~ t unserer Universit~t, die Vertreter der B a u b e h S r d e n und das g e s a m t e P e r s o n a l der Klinik eingefunden hatte, wurde ein- geleitet durch eine Ansprache des U n i v e r s i t ~ t s - K u r a t o r s , Herrn Oeheimen Oberregierungsrates Dr. Meyer . In seiner Rede wie~ der Herr Kurator auf die allm~ihliche Entwickelung der Klinik aus kleinen Anf~ingen hin und wiirdigte das groBe Verdienst des friiheren Direktors, G e h e i m r a t H e r m a n n S c h w a r t z e , der auf Orund seiner hervor- ragenden, wissenschaftlichen Leistungen und dutch Einsetzung seiner machtvollen PersSnlichke{t in Halle a. S., die Errichtung der e r s t e n Ohrenklinik an einer preuBischen Universit~t durchgesetzt hatte. Schon bald haben sich jedoch die in dem gemeinsamen Bau der Augen- und Ohrenklinik fiir die letztere enthaltenen R~ume als unzul~nglich er- wiesen und O e h e i m r a t S c h w a r t z e war gezwungen, wegen einer Erweiterung der Klinik hSheren Ortes vorstellig zu werden. Es war ihm haupts~ichlich infolge seiner Erkrankung nicht vergSnnt, das an- g e s t r e b t e Ziel einer eigenen Klinik zu erreichen. Erst bei der Berufung des jetzigen Direktors, bei welcher die Ohrenklinik zu einer K l i n i k fiir O h r e n - , N a s e n - u n d K e h l k o p f k r a n k h e i t e n erweitert wurde, konnte der Frage eines Neubaues wieder n~iher getreten werden. Den sachlichen Oriinden fiir die Errichtung eines Neubaues, die in der Hauptsache gipfelten in der s tarken Zunahme der Frequenz der Kranken der erweiterten Klinik und dem immer mehr hervortretenden Mangel an gentigenden F o r s c h u n g s - r iiu me n, konnte das Ministerium sich nicht versehliel3en und genehmigte die Einstellung der erforderlichen Mittel in dem ]?;tat des Finanzjahres I913. Der H e r r K u r a t o r sprach alsdann seine groBe Befriedigung

Archly f. Ohren-, Nasen- u. Kehtkop~eilkunde. Bd. 9 8. 16

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2 2 0 ALFRED DENKER,

dariiber aus, dab es trotz der in den Kriegsjahren stark ver/inderten finanziellen Lage des Staates gelungen ist, den Bau zur Vollendung zu bringen, und fibergab im Namen des Ministeriums mit den besten Wfinschen fiir die weitere Entwickelung die Klinik dem jetzigen Direktor.

Darauf ergriff G e h e i m r a t D e n k e r zu folgender Ansprache das Wort :

H0chverehrte Anwesende !

In Riicksicht auf den Ernst der politischen Lage ist davon Abstand genommen worden, die Einweihung der neuerbauten Universit~its- klinik ffir Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten mit einergr613eren allgemeinen Feier zu verbinden; in engem Kreise haben wir uns ver- sammelt, um der 13bergabe der Klinik dureh den Herrn Kurator, als Vertreter des Ministeriums, an den Direktor der Anstalt beizuwohnen und alsdann eine Besiehtigung der R/iume vorzunehmen. Bevor wir zu dieser Besichtigung schreiten, darf ich Sie um die Erlaubnis bitten, in kurzen Ziigen die Grfinde und den unmittelbaren Anlal3 klar zu legen, welche zu der Ausfiihrung des Neubaues gefiihrt haben. Die feststehende Tatsache, dal3 die ~iuBere Ausgestaltung eines klinischen Faches, im Besonderen die Errichtung eines eigenen Institutes mit der ganzen Entwicklung der betreffenden Disziplin gleichen Schritt h~lt, hat auch ffir die Oto-, Rhino-Laryngologie ihre volle Giiltigkeit. Wie vor einem t~alben Jahrhundert die Augenheilkunde, so hatte in den letzten Jahr- zehnten unser Fach den Kampf um die Anerkennung seiner Selbst~indig- keit und Bedeutung durehzumachen, zu beweisen, dab es m~ einer voll- entwickelten Disziplin, zu einer ebenbiirtigen Sehwester der iibrigen anerkannten medizinischen F/icher herangewachsen ist. Wesentlich sp/iter als den Augenkrankheiten hat sich das Interesse der J~rzte den Affektionen des Geh6rorgans zugewandt; das mag seinen Grund eines- teils darin gehabt haben, dab St6rungen des SehvermSgens noch mehr als Ohrenkrankheiten die Erwerbsffihigkeit des Individuums einzu- schr/inken oder aufzuheben verm6gen, und deswegen die Anstrengungen der Arzte, entsprechende Mittel ffir die t3ehandlung der Augenerkran- kungen zu finden, in st/irkerem Mage herausforderten. Vielleicht hat aber auch der Zufall eine Rolle dabei gespielt, der der Ophthalmologie friihzeitiger als der Otologie hervorragende Forscher erstehen lieg, die durch die Kraft ihres Genies das van ihnen vertretene Fach m~ichtig f6rderten und zu der ihm gebiihrenden Beachtung emporhoben. - - Bis weir in die zweite H~tfte des vorigen Jahrhunderts hinein herrschte bei Laien und .'A.rzten die Ansicht vor, dab die meisten Ohrenkrank- heiten therapeutischen MaBnahmen nicht zug/inglich seien, dab man mit Ohrenleiden, im Besonderen mit ihrem hervorragerdsten Symptom, d e r Schwerh6rigkeit, sich abfinden mtisse, da wirkliche Hilfe aus-

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geschlossen sei. Diese Machtlosigkeit und Erfolglosigkeit der Behand- lung ftihrte zu einer allgemeinen Geringschbtzung und MiBachtung der Ohrenheilkunde, die erst verscbwanden, ads die Otologie durch rationelle Forschung ein solides Fundament erhielt. Der erste AnstoB zu dieser wissenschaftlichen Entwickelung und Umgestaltung ging yon England aus, das zwei hervorragende Forscher hervorbrachte, yon denen der eine, William Wilde in Dublin, durch sorgfiiltige klinische Beobaeh- tung und i)esonders durch genaue Feststellung des Trommelfellbefundes unsere Kenntnisse yon den verschiedenen Ohrenkrankheitenungemein bereicherte. Der andere, Joseph Toynbee in London hat durch ana- tomische und physiologische Studien, vor allem aber durch zahlreiehe Sektionen all normalen und krankhaft ver~inderten Geh6rorganen sich hervorragende Verdienste erworben.

Als der eigentliche Sch6pfer der modernen Ohrenheilkunde jedoch ist der im Jahre 1883 verstorbene Wiirzburger Professor, Frhr. Anton yon Tr61tsch anzusehen, der durch seine klassischen Arbeiten be- sonders auf anatomischem und pathologisch-anatomischem Gebiete das Ansehen unserer Disziplin derartig gehoben hat, dab sich immer mehr Forseher bewogen fiihlten, an dem weiteren Ausbau der Otologie mit- zuarbeiten. Mit der gerade dem germanischen Geiste innewohnenden, unermiidlichen Z~ihigkeit und Ausdauer wurde Stein zu Stein gefiigt, und allm~ihlich ist im Laufe der letztverflossenen 6 Jahrzehnte der stattliche Bau entstanden, der jetzt in der Wissenschaft und in der Praxis sich allgemeine Anerkennung erk~mpft hat. Heutigentages ist auch in weite Laienkreise die Erkenntnis eingedrungen, dab das Geh6r- organ in gleicher Weise wie das Auge eine m~ichtige Waffe im Kampfe um das Dasein darstellt, und dab gewisse Ohrenkrankheiten zu den gef~hrliehsten, oftmals das Leben bedrohenden Affektionen geh6ren. Jedermann weiB, dab schon eine m~iBige Herabsetzung der H6rf~ihigkeit durch die Behinderung des V~rkehrs mit den Mitmenschen den Lebens- genuB zu beeintr~ichtigen, und dab ein h6herer, an Taubheit grenzender Grad yon Schwerh6rigkeit die Erfiillung der Berufspfliehten ungeheuer

zu erschweren Vermag. Tritt die Schwerh6rigkeit schon im Kindesalter oder in der Jugendzei t auf, so pflegt oftmals in solchen F~illen die Aus- bildung der Betroffenen sehwer unter diesem Defekt zu leiden. Ich bin keineswegs~ geneigt, die Bedeutung des Anschauungsunterrichteszu untersch~tzen; aber mehr noch als dutch das Auge wird der in der Schule dargebotene geistige Stoff dutch das Ohr dem Verstande iiber- mittelt, und es liegt Mar auf der Hand, dab das Verst~ndnis fiir die verschiedenen Unterriehtsgegenstgnde durch eine mangelhafte Funktion des Geh6rorgans auBerordentlich erschwert werden kann. Mit treffenden Worten weist yon Tr61tsch in der Einleitung zu seinem Lehrbuch auf die Wechselbeziehungen hln, die zwischen der Sch~irfe

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der Sinne und der Klarheit des Denkens besteht. Die Eindrticke der ~tuBeren Oegenst~tnde, wie sie durch die Sinnesorgane dem Gehirn des Kindes iibermittelt werden, geben seinem Verstande das Material zur Bildung der Begriffe. Je k!arer und sch/irfer die Eindrticke, welche die AuBenweR auf das Sensorium macht, d. h. je sch~trfer die Sinne sind, desto klarer und bestimmter werden sich auch die Anschauungen und Begriffe formulieren. S i e h t dagegen das Kind alles in Zerstreu- ungskreisen oder h 6 r t es gew6hnlieh nur einen Teil des Oebotenen, so miissen aus den unbestimmten, halben und damit oft unbrauchbaren Sinneseindrticken auch nur verworrene, der scharfen Begrenzung und der abgerundeten, korrekten Form entbehrende Vorstellungen hervor- gehen. Auf diese Weise wird nur zu leicht das Denken nicht die richtige Sch/irfe gewinnen und das ganze geistige Wesen, sowie der Charakter den gleichen Stempel der Halbheit und Verschwommenheit an sich tragen, Selbstverst/indlich ist der erfolgreiche Besuch der Schule keineswegs ausschlieBlich abh~ngig yon einer llormalen Funktion des Auges und Ohres, eine Reihe yon anderen Faktoren spielt dabei eine groBe Rolle, so namentlich die geistige Begabung, die ganze k6rperliche 13eschaffenheit, die h~usliche Erziehung und die Nachhilfe im Eltern- hause, und es unterliegt keinem Zweifel, dab gute k6rperliehe und geistigc F~ihigkeiten bisweilen imstande sind, dem verhgngnisvollen Einflug der Schwerh6rigkeit entgegenzuwirken. Andererseits kann mall abet doch in der Schule die Beobachtung machen, dab hochgradig schwer- h6rige, abet sonst gesunde und gut begabte Kinder einzig und allein wegen ihrer mangelhaften H6rf~ihigkeit nicht vorankommen. Meistens sind solche Kinder nur schwer daran zu gew6hnen, ihre Aufmerksam- keit zu konzentrieren und dem Unterricht zu folgen, sie bleiben un- achtsam und zerstreut und sind nicht imstande, die geistigen Anregungen aufzunehmen.

Derartige F~lle, dab Kinder mit mangelhafter H6rf/ihigkeit beim Unterricht zuriickbleiben, sind durchaus nicht selten; bei den Schul- untersuchungen, die ich in den 9oer Jahren ausgefiihrt habe, konnte ich feststellen, dab unter IOOOO untersuchten Geh6rorganen 250 o, also 25oo, fiber weniger als ein Drittel der normalen H6rf/ihigkeit verfiigten, und dab hochgradig schwerh6rige Kinder ausschlieBlich wegen ihres H6rdefektes die untersten P1/itze ihrer Klasse einnahmen. Diese Schwer- h6rigkeit, die meistens durch Affektionen des Mittelohres bedingt ist, ist keineswegs eine dem Kindesalter eigentfimliche Erscheinung. Auch in den mittleren Lebensjahren k6nnen wir h~tufig die ]3eobachtung machen, dab bei einer grogen Anzahl yon Personen die H6rschgrfe ganz erheblich nachgelassen hat, nur wird diese Tatsache oftmals mehr oder weniger iibersehen, besonders, wenn die Schwerh6rigkeit einseitig ist und der Fehler durch eine gute H6rf~thigkeit des anderen Ohres

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iiberdeckt wird. Bei einseitiger Schwerh6rigkeit k6nnen wit uns mit e i n z e l n e n Personen sehr gut verst~tndigen, iedoch tr i t t gew6hnlich bei Unterhaltung in einem gr6Beren Kreise der Mangel unangenehm zutage. Man darf mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dab in den mittleren Jahren unter drei Menschen einer wenigstens auI dem einen Ohr nicht mehr ganz normal h6rt. DaB alle Individuen in h6herem Alter fiber 5o Jahre - - nicht mehr scharf zu hOren ver- m6gen, ist eine Tatsache, die niemandem mehr auff/illt, ja die man fast fiir physiologisch ansieht.

Ihnen Alien, meine Herren, diirfte es bekannt sein, dab hochgradige Schwerh6rigkeit resp. Taubheit, die angeboren ist, oder im frfihesten Kindesalter erworben wird, zu dem Gebrechen der T a u b s t u m m h e i t fiihrt. Die normale Bildung der Sprache ist durchaus yon dem Ohr abh~ngig. Nur das Kind, welches die Sprachlaute durch das Ohr zu perzipieren vermag, lernt infolge des Nachahmungstriebes, ohne be- sondere Nachhilfe die Sprache. Kinder, welche die Sprache nicht h6ren, lernen ohne besonderen Unterricht auch nicht sprechen. In solchen F~illen u n t e r b l e i b t nicht nut die Entwickelung der Sprache, sondern sie kann, wenn sie schon vorhanden war, wieder v e r l o r e n gehen. Sehr traurig sind die F~tlle, bei denen man beobaehten muB, dab Kinder im 3. bis 7- Lebensjahre, die l~tngst gut sprachen, durch eine zerst6rende Ohrcnerkrankung nieht nur das Oeh6r, sondern auch das Spraeh- verm6gen einbiigten. Dabei muB betont werden, dab ein ganz er- heblicher Teil dieser Kinder nur infolge yon Vernachl~issigung ihrer Ohrenaffektion in Taubheit verf~llt. Wir haben in Deutschland weft fiber 4oooo Taubstumme - also mehr Taubstumme als t31inde und man kann gewiB behaupten, dab mindestens ein Zehntel unserer mit diesem Gebrechen behafteten Mitmenschen nicht tanbstumm, sondern nur schwerh6rig geworden w~tre, wenn ihr Ohrenleiden rechtzeitig zweckm~tBige Behandlung gefunden h~ttte.

Bisher habe ich nur fiber ein Symptom der Ohrenkrankheiten ,,die Schwerh6rigkeit" gesprochen; sehr h~tufig sind aber mit diesem Leiden noch andere Erscheinungen verbunden, die sehr unangenehmer Natur sein k6nnen. Es sei zun~tehst erinnert an die oftmals auftretenden s u b j e k t i v e n Ger~tusche, die eine groBe Anzahl yon Kranken un- angenehmer empfindet, als die Schwerh6rigkeit, die imstande sind, den Betroffenen am Tage bei der Arbeit und nachts im Schlafe derartig zu st6ren, dab ihre ganze Gesundheit darunter leidet. Diese Ge- r~tusche kSnnen, wenn sie sehr intensiv und ununterbrochen vorhanden sind, bei dem Betroffenen geradezu eine geistige Verwirrung hervor- rufen, ia ihn, wie es zuverl~issig beobachtet worden ist, zum Suicidium treiben.

Ferner kommt es bei Ohrenleiden h~tufig zu hochgradigen S c h w i n -

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d e l a n f / i l l e n und zu 5ul3erst unangenehmen St6rungen im Oleich- gewicht. Diese Schwindelerscheinungen treten bei Ohrenkrankheiten deswegen in die Erscheinung, weil wir in unserem inneren Ohr be- kanntlich auBer dem akustischen auch t in s t a t i sches Organ besitzen. Beide Apparate liegen im Labyrinth dicht nebeneinander, so dab das fdbergreifen der Erkrankung des einen Organs auf das andere leieht verst/indlich erscheint.

DaB mit den entziindlichen Ohrerkrankungen h/iufig furchtbare S c h m e r z e n verbunden sind, und dab die eitrigen Erkrankungen mit den s c h w e r s t e n O e f a h r e n fiir das Sinnesorgan selbst, aber auch fiir die Existenz des ganzen Individuums einhergehen, ist immer mehr bekannt geworden. Da das Geh6rorgan, an der Sch/idelbasis gelegen, sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Hirnh/iuten, den groBen Hirnblutleitern und dem Gehirn selbst befindet, kommt es unter un- giinstigen Umst/inden bei vernachl/issigten oder unzweckm~iBig be- handelten Mittelohrentziindungen zu den bedrohlichsten Komplika- tionen, die als Meningitis, Py/imie oder Hirnabszesse in die Erscheinung treten. Zahlreiche Menschen biiBen auch heute noch in der Vollkraft ihrer Jahre an den Komplikationen einer Ohreiterung ihr Leben ein und das schlimmste dabei ist, dab nahezu alle diese Kranken vor dem Tode h~tten gerettet werden k6nnen, wenn sie zur rechten Zeit in der richtigen Weise behandelt worden w/iren. -- Diese Ohreiterungen ver- danken in den meisten FSllen ihre Entstehung entziindlichen Affek- tionen der Nase und des R a c h e ns - - und damit kommen wir zu dew_ ebenfalls in unserer Klinik vertretenen Gebiete der oberen Luftwege -- .

Zwischen dem Ohr und dem Nasenrachenraum besteht dutch die Ohrtrompete oder Eustachische R6hre eine direkte Verbindung, deren physiologische Funktion darin besteht, die Luft des Mittelohres yore Nascnrachenraum aus immer wieder zu erneuern. Diese Ventilation ist dringend erforderlich, um die Oeh6rkn6chelchenkette in einer be- stimmten fiir die SehalliJbertragung notwendigen Oleichgewichtslage zu erhalten. Viele F/ille yon Schwerh6rigkeit im Kindesalter werden be- dingt durch die Verlegung der Ohrtrompete; aber nicht allein durch die mechanische Verlegung dieses Luftzufuhrweges kSnnen Ohren- affektionen zustandekommen, sondern gerade die gefSlarlichen Mittel- ohreiterungen werden meistens bedingt dutch das Hineingelangen yon pathogenen Keimen aus der Nase und dem Rachen in das Mittelohr. Auf diese Weise k6nnen sich sehr leicht dig in unserem Klima so hSufig auftretenden akuten Affektionen der Nase und des Raehens, Schnupfen und Mandelentziindungen auf die Schleimhaut des Ohres fortsetzen und sie in Mitleidenschaft ziehen. Diese Erkrankungen der obersten Luft- wege sind bei uns so h/iufig, dab man annehmen kann, dab fast jeder ~ensch j/ihrlich einmal oder mehrfach einen Katarrh der Nase oder

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des Rachens durchmacht. Die Katarrhe werden, begiinstigt durch die Einwirkung yon pl6tzlichen Temperaturdifferenzen, hervorgerufen dutch das Eindringen yon Krankheitskeimen, die in die Nase und die weiteren Luftwege mit dem Respirationsstrom hereingelangen. So harmlos in der Mehrzahl der F~i!le ein Schnupfen zu verlaufen pflegt, k6nnen doch yon dieser Affektion aus nicht nut schwere Ohrenleiden, sondern Er- krankungen der mit der Nase in Verbindung stehenden N e b e nh 5hle n und der tieferen Luftwege, Kehlkopf, Luftr6hre, Bronehien auftreten. Unsere Kenntniss~ yon den Eiteru~gen der Kieferh6hle, der Stirnh6hle, des Siebbeins und der Keilbeinh6hle sind ebenfalls als eine Errungen- schaft der letzten Jahrzehnte zu betrachten. W i r wissen jetzt, dab die Affektionen auch dieser Hohlr~iume, die in ~ihnlicher Weise, wie das Mittelohr dem Sch/idelinnern sehr benaehbart sind, gef~ihrlichste Er- krankungen hervorrufen und das Leben bedrohen k6nnen. Die For- schungen der neueren Zeit haben ferner zu dem Ergebnis gefiihrt, dab sich nicht selten yon entziindliehen Affek• der Nase und des Rachens aus in enLfernt liegenden K6rperteilen schwere Erkrankungen entwickeln k6nnen. So ist man jetzt in manchen F~illen geneigt, den G e l e n k r h e u m a t i s m u s , die B l i n d d a r m e n t z i i n d u n g , I s c h i a s und andere Erkrankungen in urs~ichlichen Zusammenhang mit Affek- tionen der Mandeln oder der Nebenh6hlen zu bringen.

Von welcher Wichtigkeit Affektionen des Keh 1 k o pfe s sein k6nnen, brauche ich ihnen kaum auseinander zu setzen. BekannLlich hat der Kehlkopf die doppelte Funktion eines S t i m m o r g a n s und eines R e - s p i r a t i o n s o r g a n s . Dauernde Beeintr/iehtigung der Stimme ist im- stande, die schwersten St6iungen im Beruf des ~inzelnen hervorzu- bringen und den Betroffenen zu verhindern, seine T~itigkeit in be- friedigender Weise auszufiihren. Alle Berufsarten, welche Anforderungen an den Sprechapparat stellen, wie dies besonders bei den Lehrern, Juristen, Rednern, S~ingern, Offizieren usw. der Fall ist, setzen ein normales Stimmorgan voraus, und eine dauernde Behinderung des SprechvermSgens hat fiir den Erkrankten die verhiingnisvollsten Folgen. Kommt es im Kehlkopf zu raumbeengenden Ver[inderungen, so kann dutch die Behinderung der Luftzufuhr eine direkte Lebt'nsgefahr sich entwickeln. Mit den mannigfachsten Affektionen ist diese bedrohliche Ver~inderung des Kehlkopfes oftmals verbunden, so mit der Entwicke- lung yon Tumoren, bei entziindliehen Schwellungen im Gefolge der Tuberkulose und der Syphilis, bei Diphtherie und anderen schweren Erkrankungen.

Mit meinen bisherigen Ausfiihrungen habe ich mir erlauben wollen, Ihnen die Wichtigkeit und die Bedeutung, welche den Erkrankungen des Ohres und der oberen Luftwege zukommt, kurz zu skizzieren. Ich darf Ihnen nun ferner berichten, dab die neueren Forschungen dazu

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gefiihrt haben, die U r s a c h e n dieser oftmals schweren Affektionen zu ergrtinden und die Krankheiten selbst durch eine exakte objektive und funktionelle Untersuchung zu diagnostizieren. So haben wir vor allen Dingen gelernt, diejenigen Ohrenaffektionen, welche ohne sichtbare Ver~inderungen a m Trommelfell ausschlieBlich mit dem Symptom der Schwerh6rigkeit einhergehen, richtig zu analysieren. Eine Reihe yon Priifungsversuchen mit Stimmgabeln und Pfeifent6nen setzt uns in dell Stand, die Erkrankungen des ~iuBeren und mittleren Ohres yon den Labyrinthaffektionen zu trennen ; ja, wir sind durch die Anwendung der continuierlichen Tonreihe jetzt in der Lage, das Geh6rorgan funk- tionell vollkommen in seine Beskandteile zu zerlegen. Diese yon dem verstorbenen Niinchener Otiatriker Prof. B e z o l d erfundene Tonreihe enth/ilt alle fiir das menschliche Ohr wahrnehmbaren T6ne, und wenn wir mit den einzelnen Instrumenten eine sorgf~iltige Prfifung vornehmen, so kiSnnen wir feststelle n, welche Teile des ganzen Tonbereiehes er- halten resp. verloren gegangen sin&

Mit Hilfe der Spiegeluntersuehung und unter Hinzuziehung ver- schiedener anderer diagnostischer Hilfsmittel, yon denen ich nut das R 6 n t g e n v e r f a h r e n und die D i a p h a n o s k o p i e erw/ihnen will, k6nnen wit, sowohl am Ohr als an der Nase, dem Rachen und dem Kehl- kopf auch die in den verstecktesten dunklen Hohlr/iumen unseres Ge- bietes lokalisierten Erkrankungen meistens mit Sicherheit feststellen. ?r der M6glichkeit, diese Krankheiten riehtig zu diagnostizieren und ihre Entstehungsursache aufzudecken, ging parallel die Entwickehmg der T h e r a p ie . Es 1/iBt sich heute sagen, dab wit die meisten auf entziindlicher Basis entstandenen Affektionen in unserem Gebiete, wenn sie recht- zeitig erkannt werden, durch konservative oder chirurgische MaBnahmen beseitigen k6nnen. Im besonderen sind wir dazu in der Lage, wenn sich die Erkrankung in einem sonst gesunden K6rper abspielt. Anders ist die Sachlage, wenn schwere Ohraffektionen im Gefolge oder als Be- gleiterscheinung einer schweren Allgemeinaffektion, der Tuberkulose, der Syphilis oder der akuten Infektionskrankheiten, Scharlach, Diph- therie, Masern, Typhus usw. auftreten. Hier l~iBt uns die Therapie infolge des Darniederliegens der K6rperkr/ifte, der mangelhaften Wider- standskraft des ganzen Organismus oftmals wenigstens zum Teil im Stich, und wir mtissen uns darauf beschr~inken, das Schlimmste, die Zerst6rung des ganzen Organs, zu verhindern. Groge Triumphe hat in unserem Fache die C h i r u r g i e gefeiert. Bekannt diirfte Ihnen sein, meine Herren, dab die Operative Inangriffnahme schwerer Mittelohr- affektionen in erster LiMe meinem Vorg~tnger, dem Geh. Med.-Rat Prof. S c h w a r t z e zu verdanken ist. S c h w a r t z e ist es gewesen, dec als Erster die systematische Freilegung und Er6ffnung des hinter dem Ohr gelegenen Warzenfortsatzes empfohlen und ausgefiihrt hat. Mit

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dieser Schwar tzeschen Operation sind wir imstande, die sich in den hfthaltigen Zellen im Knochen hi.nter dem Ohr entwickelnden Eite- rungsprozesse, welche sich an a k u t e Ohraffektionen anschliet3en, meistens griindlieh zu beseitigen. Eine Reihe von gr6Beren, in die weitere Umgebung iibergreifenden Operationen sind spSterhin yon anderen Autoren erdacht worden, die uns erlauben, auch die sehweren c h r o n i s c h e n Ohraffektionen und ferner die Gehilnkomplikationen sowie die Labyrintheiterungen mit bestem .Effolg in Angriff zu nehmen. Wenn die ]~rkrankung yore Ohr aus auf das Seh~idelinnere iibergreift, scheuen wir uns nicht, anch in dies Gebiet mit Hammer, MeiBel und Messer vorzudringen. Wiihrend in friiheren Zeiten der extradurale AbsceB, der HirnabsceB und die Sinusphlebitis und besonders die Me- ningitis meist ausnahmslos zum Tode fiihrten, brauehen wir jetzt bei der Feststellung einer derartigen schweren Komplikation die Hoffnung, das Leben zu erhalten, nieht aufzugeben. Unter dem Sehutze der Asepsis dringen wir bis an die Hirnh~iute vor und durch diese hindurch in das Gehirn selbst ein, er6ffnen Abscesse und fiihren auf diese Weise in vielen F~illen Heilung herbei. Auch die eitrigen Erkrankungen der grogen Hirnblutleiter, die mit einer allgemeinen Blutvergiftung meistens einhergehen, k6nnen wir dutch Aussehaltung des erkrankten: Blut- gef/iBes nicht selten noch der Heilung entgegenfiihren, ja, es gelingt uns, wenn auch nur in ganz vereinzelten FSllen, bei der friiher fiir ab- solut t6dlich gehaltenen otogenen Hirnhautentziindung durch griind- lichste Ausr~iumung des primSren Herdes, durch Spaltung der Hirnhiiute und Lumbalpunktion noch das Leben zu erhalten.

Die Ausfiihrung dieser groBen Operationen ist keine einfache, da man in einer Gegend operieren muB, welche lebenswichtigen Organen direkt benachbart ist. Bei unvorsichtigem Vorgehen k6nnen die groBen Hirnblutleiter, die Hirnh~iute, das Hirn selbst und der im Schl/ifenbein verlaufende Gesichtsnerv getroffen werden. Die Eingriffe stellen des- wegen an den Operateur in bezug auf Kenntnis des schwierigen Terrains Umsicht und Gesehicklichkeit groBe Anforderungen und diirfen des- wegen nut yon erfahrenen FachSrzten ausgefiihrt werden, Sie sind s~imtlich aufgebaut auf der bahnbrechenden Schwar tzeschen Opera- tion und man kann deswegen sagen, dab alle Autoren, welche in den letzten beiden Jahrzehnten die umfassenderen Eingriffe erdacht haben, dabei auf S c h w a r t z e s Schultern gestanden haben.

Und wie bei den Ohrer~krankheiten, so sind auch bei den schweren Afrektionen der Nasennebenh6hlen, des Rachens und des Kehlkopfes zuverl~issige Methoden erfunden worden, welche selbst bei den schwersten Erkrankungen noch HiKe zu bringen imstande sind. Auf die Einzel- heiten der operativen T~itigkeit in diesem Gebiete einzugehen, ist hier nicht der Oft, abet ich daft Sie vielteicht noch an die allm~ihlich sehr

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erfolgreich gewordene chirurgische Inangriffnahme yon schweren Kehl- kopfaffektionen erinnern. W~hrend in den friiheren Jahrzehnten der yon tuberkul6ser Kehlkopferkrankung oder yon eim-m b6sartigen Kehl- kopffumor befallene Patient rettungslos verloren erschien, sind wir jetzt imstande, durch die Spaltung des Kehlkopfes nnd durch seine partielle oder totale Extirpat ion noch Hilfe zu bringen und dabei s0gar in manchen solchen F~llen noch das Stimmorgan zu erhalten.

Diese glXnzenden Erfolge bei der Behandlung yon Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten sind es wohl in erster Linie gewesen, welche immer mehr Arzte dem Studium dieser Disziplin zugefiihrt haben. In Deutschland gibt es jetzt wohl kaum noch eine Stadt yon 30000 Ein- wohnern, an der nicht mindestens ein Facharzt fiat unser Gebiet t~tig ist und s~mtliche Universit~ten des deutschen Reiches sind mit einer ei~zigen Ausnatme mit eignen Lehrstiihlen fiir Otologie und Rhino- Laryngologie versehen worden. Die grol3e Mehrzahl der Lehrstiihle sind E x t r a o r d i n a r i a t e , nur in B e r l i n , H a l l e und R o s t o c k sind e t a t s m ~ B i g e O r d i n a r i a t e und in G i e B e n ein p e r s 6 n - l i c h e s O r d i n a r i a t eingerichtet worden. - - Einen ungeheuren Umfang hat die in unserem Fach produzierte L i ~ e r a t u r ange- nommen. Das m6gen Sie ersehen aus dem Umstande, dab allein in deutscher Sprache acht Zeitschriften fiir Ohrenheilkunde und Rhino-Laryngologie existieren. - - Die Fiirsorge, welche jetzt auch von staatswegen unserer Disziplin zugewcndet wird, kommt dadurch zum Ausdruck, dab die Ohren- und Keh]kopfheilkunde Priifungs- fach geworden ist, dab in Deutschland kein Arzt mehr approbiert wird, der nicht im Examen den Nachweis liefert, dab er in einer Ohren- klinik und in einer Nasen- und Kehlkopfklinik praktiziert und sich dort geniigende Kenntnisse erworben hat. In elner erheblichen Anzahl yon GroBstiidten sind ferner in den Krankenh~tusern zmn Tell vor- trefflich eingeriehtete Spezialabteilungen entstanden und werden yon tiichtigen Vertretern unseres Faches geleitet.

Aus meinen ganzen Ausfiihrungen werden Sie ersehen haben, dab in der Tat unser Fachgebiet in den letzten Jahrzehnten einen ganz ungew6hnlichen Aufsehwung gencmmen hat, und dab es sich zu einer den iibrigen F~chern gleichwertigen Disziplin emporgerungen hat. In dieser Entwickelung - - das habe ieh in meinen kurzen Ausfiihrungen andeuten wollen ..... liegen die Griinde dafiir, dab das Ministerium, meinen Antr~igen entsprechend, sich entschlossen hat, den Neubau der Klinik zu genehmigen. Den eigentlichen nnmittelbaren An laB dafiir, dab die alte Klinik verhssen und ein gr6geres Geb~ude bezogen werden muBte, gab die bei meiner Berufung hierher vollzogene U m w a n d h n g d e r f r i i h e r e n O h r e n k l i n i k in e i n e K l i n i k f i i r O h r e n - , N a s e n - u n d K e h l k o p f k r a n k h e i t e n . Infolge

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Die Er6ffnung der neuerbauten K6nigL Universit/its-Klinik usw. in Halle a . S . 229

dieser Erweiterung wurden neue R~iume ftir die Unterbringung der Nasen- und Kehlkopfkranken erforderlich. Es kam hinzu, daB in der alten Klinik keine geniigenden R~iume ffir die Forschung vor- handen waren. Zun~iehst wurde versucht, durch einen Anbau oder Umbau der alten Klinik genfigend Platz zu schaffen, aber es zeigte sich bald, dab alle auf einen Erweiterungsbau gerichteten Pl~ine auf dem vorhandenen Grundstiick unausfiihrbar waren, und so wurde schliel31ich im Einverst/indnis mit dem Finanzministerium der Neubau in dem Finanzjahr I9I 3 genehmigt.

Seiner Exzellenz, dem Herrn Minister der geistlichen und Unter- richtsangelegenheiten, bezugweise se,.'nem Vertreter, Herrn Ministerial- direktor N a u m a n n sind wir fiir die Einstellung der fiir den Neubau erforderlichen Mittel in den Eta t in gleicher Weise zu gr6Btem Danke verpflichtet, wie dem Landtage fiir die Bewilligung der geforderten Mittel.

Die Universit~tt Halle ist dadurch in den Besitz einer m u s t e r - g f i l t i g e n K l i n i k fiir O h r e n - , N a s e n - u n d K e h l k o p f k r a n k - h e i t e n gelangt, auf die wir um so mehr stolz sein diirfen, als bisher in PreuBen nur wenige Universit~tten mit derartigen Insti tuten ausge- riistet sind. Neben den Berliner Kliniken ist die Ohren- und Kehlkopf- klinik in Halle als die modernste und am besten ausgerfistete Anstalt in PreuBen zu bezeichnen.

Vielleicht w/ire es mir nur schwer gelungen, unsere h6chsten Staats- beh6rden yon der Notwendigkeit der Ausfiihrung des Neubaues so rasch zu iiberzeugen, wenn ieh mich w~hrend der ganzen Phasen, welche unser Projekt durchzumachen hatte, nicht der w/irmsten Unterstiitzung des Herrn Kurators unserer Universit/it zu erfreuen gehabt h/itte. Fiir diese hie versagende Mithilfe daft ich auch an dieser Stelle dem Herrn Kurator meinen w~trmsten Dank zum Ausdruck bringen. - - Der Plan fiir den Bau ist yon dem Leiter des hiesigen Hochbauamtes II, Herrn Baurat A r i e s , unter Zugrundelegung der yon mir aufgestellten Forde- rungen ausgefiihrt worden. Er hat verschiedene nfitzliche Ab/inderungen dutch die weitere Uberarbeitung im Ministerium der 6ffentlichen Ar- beiten sowie der Baubeh6rde des Herrn Regierungspr~isidenten in Merseburg erfahren. Die Bauleitung ist infolge des Krieges durch mehrere H~tnde gegangen. Nachdem der bei Beginn des Neubaues noeh t/itige Regierungsbaumeister E i g e n , dem an der Bearbeitung der P1/ine nicht geringe Verdienste zukommen, aus dem Staatsdienst aus- getreten war, ging die Bauleitung einige Monate auf die Herren Re- gierungsbaumeister R u d o l p h und S k u t s c h fiber. Der letztere wurde nach seiner Einberufung zum Heeresdienst ersetzt durch Herrn Re- gierungsbaumeister P l a t h n e r , der mit gr6Bter Umsicht und Sach- kenntnis der sorgf~tltigen Ausfiihrung, besonders der inneren Einrichtung

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seine ganzen Krif te gewidmet hat. Es ist mir eine angenehme Pflicht, auch den angefiihrten Baubeh6rden und ihren Herrn Vertretern meinen wirmsten Dank fiir alle Miihe auszusprechen, welche sie bei der Aus- fiihrung unseres Neubaues aufgewendet haben. Zu aufrichtigem Danke endlich ist unsere Klinik dem Oberarzte, Herrn Privatdozenten Dr. Z i m m e r m a n n verpflichtet, der wihrend meiner Abwesenheit im Felde trotz der grogen, auf ihm lastenden sonstigen Arbeit die Zeit gefunden hat, gemeinsam mit Herrn Regierungsbaumeister P l a t h n e r die Einzelheiten in der Ausgestaltung der R~iume zu beraten und die 13estellung der zahlreichen erforderlichen instrumente nnd Apparate rechtzeitig in die Wege zu leiten. So haben eine groBe Reihe yon Fak- toren zusammengewirkt, um den Bau der Anstalt, dessen Leitung nun soeben yon dem Herrn Kurator in meine Hinde gelegt ist, zu erm6glichen.

Bevor wir nun die einzelnen Riume besichtigen, darf ich noeh kurz darauf hinweisen, dab durch den im Winter i 9 I o / I i erfolgten Neubau der Poliklinik unsere a m b u l a t o r i s c h e T i t i g k e i t g e - t r e n n t w u r d e yon d e r e i g e n t l i c h e n k l i n i s c h e n A r b e i t . Diese Trennung b r ing t nicht zu unterschitzende Vorteile mit sich, die unter anderen darin bestehen, dab die poliklinischen Patienten nicht mit den in der Klinik befindlichen Kranken in direkte Beriihrung kommen. Die Poliklinik, die ihre Entstehung vor allem der Initiative des tIerrn Kurators verdankt, befindet sich jetzt gegeniiber unserer neuen Klinik. Sie hat infolge des starken An- wachsens der unsere Anstalt aufsuchenden Patienten - - die Frequenz hat sich seit meinem Hiersein yon gut 3ooo auf mehr als 5ooo jihrlich e r h 6 h t - eine wesentliche Erweiterung erfahren miissen. Dutch einen Anbau wurde ein groBer SaM gewonnen, in dem die Be- handlung der poliklinischen Patienten stattf indet und der, mit zahlreichen Untersuchungslampen versehen, auBerdem als Kurssaal fiir die Stu- dierenden dient. Bei dem Anbau konnte zugleich der Warteraum er- heblich vergr6Bert, sowie ein I n h a l a t o r i u m und ein s c h a l l - s i c h e r e s Z i m m e r eingeriehtet werden.

Damit sind fast alle Anforderungen, die man an eine moderne Klinik und Poliklinik fiir Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten stellen mug, erfiillt worden.

Nut ein Wunsch ist noch iibriggeblieben, nimlich der, eine Meine Infektionsabteilung der Klinik anzugliedern, in welcher wit die schweren Ohreiterungen im Gefolge yon Scharlach und sonstigen Infektions- krankheiten sowie Diphtheriekranke unterbringen k6nnen, Seine Ver- wirklichung steht jedoch aueh in Aussicht, da der Klinik durch Schen- kung eine Summe zugefallen ist, dutch welche, die Genehmigung des Ministeriums vorausgesetzt, die Kosten fiir den geplanten kleinen Anbau annihernd gedeckt werden k6nnten.

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Die E r6 f fnung der n e u e r b a u t e n I<6nigl. Univers i t / i t s -Kl in ik usw. in Hal le a . S . 2 31

Dankbewegten Herzens iibernehme ich nunmehr offiziell die Leitung der mir anvertrauten Klinik und gebe der Hoffnung Ausdruck, dab unsere Anstalt fiir alle Zukunft dazu beitragen m6ge, das Ansehen unserer beriihmten Alma mater zu erhalten und zu mehren. M6ge sie fiir lange Jahre ein siehtbares Dokument sein fiir die unbezwingbare innere Kraft des Deutschen Reiches, die es erm6glicht hat, dab der Bau trotz der ungeheuren wirtschaftlichen Erschiitterungen in den Kriegsjahren I914/x5 weiter gefiihrt und vollendet werden konnte.

Beschreibung der Klinik und Poliklinik.

A. Die Kl in ik .

Die Klinik wurde auf einem Grundstiick erbaut, welches sich inner- halb des der Universit{/t geh6renden Terrains befindet und abseits yon der StraBe in unmittelbarer N~ihe der iibrigen Univ.-Kliniken (Chirur- gische Klinik, medizinische Klinik, Frauenklinik, Augenklinik, S~iug- lingsklinik) gelegen ist. Sie ist, abgesehen yon der Westfr0nL ringsum yon Gartengel{inde umgeben.

Der Bau der Klinik wurde nach den allgemeinen Grunds~tzen, welche fiir die Erbauung jedes Krankenhauses und den speziellen Ge- sichtspunkten, die fiir die Errichtung yon Ohren- und Kehlkopfkliniken maBgebend sind, ausgefiihrt.

Die Heizung s~tmtlicher R~ume wird durch eine Warmwasser- heizung besorgt, welche nicht in dem Geb~ude der Klinik untergebracht ist, sondern aus der fiir die s~imtlichen Univ.-Kliniken eingerichteten Heizungszentrale gespeist wird.

Die Zuleitungsr6hren fiir die Heizung und ebenfalls fiir kaltes und warmes Wasser wurden, um st6rende Ger~iusche zu vermeiden, nach M6glichkeit in die W~inde der Korridore verlegt.

Das Geb~tude besteht aus einem E r d g e s c h o g , zwei d a r - i i b e r l i e g e n d e n S t o c k w e r k e n , einem K e l l e r g e s c h o B und einem D a c h g e s c h o B . Es erstreckt sich im Ganzen in der L{ings- richtung yon Westen nach Osten und hat an der Westseite je einen nach Norden und nach Siiden ausladenden Fliigel. Der Hauptein- gang be~indet sich in der Nitre der Westfront.

In dem Erdgeschol3 sind die R~iume fiir den U n t e r r i c h t und die F o r s c h u n g , das R 6 n t g e n l a b o r a t o r i u m , die S a m m - lung , ein Z i m m e r fiir den D i r e k t o r nebst B e h a n d h n g s r a u m , die B i b l i o t h e k und die Wohnung fiir den Pf6rtner untergebracht.

Gleich rechts vom Eingang liegt die Loge des Pf6rtners, dessen Wohnr{iume, 3 Zimmer und Kiiche, sich nach Siiden zu anschlieBen.

Von dem Vorflur gelangt man links in den H6rsaal, vor dem sieh noch die Kleiderablage fiir Studierende befindet. Der H6isaal hat

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Abb. I. Klinik v o n d e r Nordseite.

Abb . 2. Klinik v o n d e r Sfidseite.

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Die ErOfinung der neuerbauten K6n.igl. Universi~c/its-Xlinik usw. in Halle a .S . 233

eine Tiefe yon to m und eine Breite yon 9 m. Er erh~ilt yon Westen und yon Osten durch 4 resp. 3 Fenster Licht. Die kiinstliche Beleuch- tung erfolgt dutch vier an der Decke angebrachte Halbwatt lampen

Leboratorium boratorium 14-1 fii~ II f6r I II U mikroskopische H makroskopische I]] ~ Untmuchungen H Unl~rsuchunoen [_Jl

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H6rsaal

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Bibtiothekund II ~: Wartezimmer II lies ,

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Eingang Abb. 3. Grundril] des Erdgeschosses .

mit je iooo Kerzen Leuchtkraft. Ftir das Auditorium sind fest- stehende B~inke mit Klappsitzen und Schreibtisch vorgesehen und zwar, fiir 54 Personen; jedoch k6nnen noch weitere Pl~tze dutch

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hereingestellte Stiihle geschaffen werden. Die Sitzpl/itze steigen nach hinten zu auf zwei Erh6hungen leicht an. Links yon dem Haupteingang steht vor der Wandtafel ein Tisch fiir die Auf- stellung yon Apparaten und Pr~paraten fiir Vorlesungszwecke nebst Rednerpult. Der ganze Raum kann durch eine Vorrichtung, die dutch elektrischen Betrieb in Bewegung gesetzt wird, innerhalb einer Viertel-

m i n u t e , vollkommen verdunkelt werden. An dec der Eingangstiir gegeniiberliegenden Wand :ist seitlich ein yon der Firma F. L e i t z be-

Abb. 4. Sfidwand des H 6 r s a a l e s mit Wandtafel und mat t ier ter Wandfl~iche ftir den Projektionsapparat. An der Wand Original-Olgem/ilde yon Dr. H e n n i g .

zogener P r o j e k t i o n s a p p a r a t aufgestellt, der auch ffir e p i d i a s k o - pi s c h e Zwecke zu benutzen ist. Es hat sich als besonders zweckm~iBig erwiesen, zur Speisung des Projektionsapparates einen Umformer mit m6glichst hoher Spannung zu verwenden, der fiir e twa auftretende Schwankungen im ~tul3eren Stromkreis gleichzeitig als Regulierungs- widerstand dient und unerwiinschte Schwankungen in der Licht- intensi~it dadurch vermeidet. AuBerdem ist der Umformer durch eine schallsichere Unterlage so isoliert, dab die beim Fehlen dieser Vor- sichtsmaBregel h~tufig auftretenden singenden und w~ihrend der Pro- jektion/iuBerst s~Srenden Ger/iusche in der Lampe vermieden werden. Beziiglich der Projektionsflgche wurde davon Abstand genommen, eine

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aufgespannte Leinwandfl~iche zu benutzen, die auch bei guter Spannung immerhin durch Verwerfungen eine gleichm~13ige Sch~irfe des Bildes cftmals vermissen l~iBt. Es wird als Projektionsfl~iche die dem Pro- jektionsapparat gegeniiber neben der Wandtafel liegende Wandil~iche verwendet, die zu diesem Zwecke sorgf~iltig gegl~ittet und zur Ver- meidung yon Lichtreflexen matt iert wurde.

In dem H6rsaal hat ferner ein beweglicher und fiir alle Platten- gr6gen einstellbarer Schaukasten, der zugleich auch zur Herstellung yon Diapositiven verwendbar ist, Aufstellung gefunden.

Abb. 5- H 6 r s a a l : Nordwand mit den Original-Olgemiilden von Dr. H e n n i g ; in der Mitre die Btiste yon S c h w a r t z e ; links Projektionsapparat.

An der Ostseite des Saales ist vor den Fenstern ein Tisch angebracht zur Ausstellung yon mikroskopischen Pr~iparaten fiir die Vorlesung. An der Westseite befinden sich 8 Untersuchungslampen und 4 Klapp- tische fiir die Vorstellung yon Patienten w/ihrend der Klinik. Von der Anbringung einer gr6Beren Anzahl yon Lampen konnte deshalb Ab- stand genommen werden, weil der technische Untersuchungskurs nicht in dem H6rsaal, sondern in einem eigene n Raum der Poliklinik ab- gehalten wird.

Die zahlreichen an den W~inden aufgeh~ingten t3ilder sind die 2krchlv f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfheilkunde. Bd. 9 8. i7

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beriihmten 1) H e n n i g s c h e n Original-Olgem~lde, welche die Anatomie und pathologische Anatomie der Nase, des Rachens, des Mundes und des Kehlkopfes zur Darstellung bringen. Die Serie besteht aus 44 ann~thernd I qm groBen Bildern.

An der Riiekwand des Saales ist die iiberlebensgroBe Biiste des iriiheren Direktors der UniversitSts-Ohrenklinik, Geheimrat S c h w a r t Z e. angebracht.

Neben dem Haupteingang rechts befindet sich eine zweite gr613ere Tiir, durch welche Patienten yon dem auf den danebenliegenddn Flute befindlichen Fahrstuhle direkt hereingefahren werden k6nnen.

Dem Eingang zum H6rsaal gegeniiber befJndet sich in dem Siid- flfigel die t3 ib 1 i o t h e k, die zugleich als Warteraum Iiir Privatpatienten dient. Dieses Zimmer, das 8 m lang und etwa 41/2 m breit ist, ist an seiner West-, Slid- und Nordwand mit geschmackvoll ausgestatteten Biicherschr~inken versehen, in welchen die Bibliothek der Klinik Auf- nahme gefunden hat. Diese 13ibliothek wurde durch den Ankauf der im Nachlag S c h w a r t z e s befindlichen 13iicher usw. sehr vermehrt.

Dutch eine Doppeltiir ist die 13ibliothek verbunden mit dem Z i m m e r des D i r e k t o r s , an welches sich wiederum weiter nach Osten zu ein B e h a n d l u n g s z i m m e r fiir Privatpat ienten anschlieBt.

Neben diesem Behandlungszimmer liegt die S a m m l u n g . Die beiden L~ingsw/inde des Sammlungsraumes werden vollkommen ein- genommen yon groBen, mit Glasschiebetiiren versehenen Schr~nken, in denen Apparate, Mode]le, Zeichnungen, Wandtafeln und zahlreiche Prfiparate aus dem Gebiete des Ohres und der oberen Luftwege Auf- stellung gefunden haben.

Hieran schlieBt sich weiter nach Osten das R 6 n t g e n z i m m e r an. In demselben hat ein von der Firma R e i n i g e r , G e b b e r t & S c h a l l gelieferter , ,Ideal"-Apparat Aufstellung gefunden. Hier in dem R6ntgen- zimmer ist auch ein yon der Firma F. L e i t z bezogener m i k r o p h o t o g r a - p h i s c h e r A p p a r a t aufgestellt worden. Neben dem R6ntgenzimmer befindet sich die fiir die Entwickelung der Platten erfordefliche D u n k e l - k a m m e r .

An dem Ende des Korridors ist in dem Vorflur vor dem Labora- torium der Eisschrank Iiir Konservierung yon Pr~iparaten aufgestellt.

Von den beiden im Osten des GeNiudes liegenden L a b o r a t o r i e n dient das mit den Fenstern nach Norden orientierte Zimmer m i k r o - s k o p i s c h e n Zwecken. An dem am Fenster angebrachten Unter- suchungstische sind 6 Arbeitspl/itze mit besonderen Untersuchungs-

1) Der K6nigsberger Rhino-Laryngologe, Sanit/itsrat Dr. t - I enn ig hat seine Ge- m/tide in 3 Serien angefertigt, yon denen sich die eine im Kaiserin-Friedrich-Museum in BeNin, die zweite in der UniversitS.ts-Hals- und Nasenklinik irt Berlin befindet, wS~hrend die dri t te fiir die HMlesche O h r e n - u n d 1s erworben wurde.

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I

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lampen eingerichtet. Der Raum ist mit den iiblichen Schr~inken, Re- galen, Spiilbecken, W~isserungsanlagen usw. ausgeriistet.

Neben diesem Mikroskopierzimmer ist noch ein kleiner einfenstriger Raum zur Verfiigung des Direktors fiir Untersuchungen.

Operationssaal mit

Vorbau

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I ' ' t ' ' Vorbereitung 6t~filisia' gt, handlunN ] ammer 11 mum z..immer

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Krankenraum

Krankenraum

W~schezimmer

Krankenraum

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Abb. 6, Grundri6 des e r s t en Stocks de r Klinik.

Balkon

Das nach Siiden liegende Laboratorium ist fiir m a k r o s k o p i s c h e U n t e r s u c h u n g e n und fiir die e x p e r i m e n t e l l e T i e r f o r s c h u n g bestimmt. Der Boden ist dementsprechend mit Platten belegt; in tier Mitte des Zimmers ist ein Operationstisch fiir Eingriffe an Tieren auf-

i 7 "

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gestellt. Auch dieser Raum ist mit einem Fenstertisch, zweckm~il3igen Schrankvorrichtungen und ferner mit einem Digestorium ausgestattet. Das Zimmer ist mit Verdunkelungsvorrichtung versehen.

In einem kleinen Nebenraum befinden sich zwei B r u t s c h r / i n k e , T r o c k e n s t e r i l i s a t o r , P a r a f f i n o f e n nebst P r ~ i p a r a t e n t r o c k e n - s c h r a n k , ein D a m p f s t e r i l i s i e r - A p p a r a t und eine elektrisch be- triebene Z e n t r i f u g e .

An der Nordseite des Korridors befindet sich ein Nebeneingang nach dem Oarten, drei Aborte und eine Teekiiche.

Abb. 7. O p e r a t i o n s s a a l : Nordwand mit Vorbau.

Der im Treppenhaus befindliche Personenaufzug hat eine Trag- f/ihigkeit fiir 5 Personen und kann neben einem Krankenbett ein oder zwei Begleitpersonen aufnehmen.

Im I. S t o c k befindet sich die k l i n i s c h e A b t e i l u n g ftir M~inner, der O p e r a t i o n s s a a l m i t N e b e n r / i u m e n , ein V e r b a n d r a u m , ein B a d e r a u m , e i n e T e e k i i c h e u n d A b o r t e .

Der nach Norden gelegene Operationssaal hat eine Breite yon 8 m und eine Tieie yon 6 m. Der Raum wird wesentlich vergrSl3ert durch einen an der Nordseite befindlichen 2 m vorspringenden Ausbau, der, um Oberlicht fiir Eingriffe besonders in der LuftrShre mad am Kehlkopf zu bekommen, angelegt wurde. Der Raum ist vollkommen den An- forderungen, welche an einen modernen Operationssaal gestellt werden

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Die Er6ffnung der neuerbauten Kgnigl. UniversitS~ts-Kliaik usw. irt Halle a . S . 2 3 9

miissen, entsprechend ausgestattet und eingerichtet. Die W~inde sind mit weiBen Kacheln, der FuBboden mit Fliesen belegt. In die Ostwand ist ein groBer Instrumentenschrank eingelassen. Die Beleuchtung wird geschaffen dutch eine Vorrichtung, die in der ?Yfitte der Decke auf- geh~ingt, acht 2ookerzige Halbwattlampen aufweist. Um das Herab- fallen yon Staub auf den Operationstisch zu verhindern, ist unter den Lampen eine kreisrunde Glasplatte angebracht. Da es in dem Opera- tionssaal einer Ohren- und Kehtkopfklinik erwiinscht ist, auch am

Abb. 8. O p e r a t i o n s s a a h Ostwand mit e ingebau tem Ins t rumen tenschrank .

Tage bei kiinstlicher Beleuchtung zu arbeiten, wurde eine Verdunke- hmgsvorrichtung angebracht, welche den ganzen Vorbau abschliegt und eine abso]ute Verdunkelung des Raumes herbeifiXhrt.

Direkt neben dem Operationssaal ist ein V o r b e r e i t u n g s r a u m und daneben ein S t e r i l i s i e r r a u m , in dem auch die Herstellung yon destillier~em Wasser ~orgenommen werden kann.

Neben dem Sterilisatiensraum wurde noch ein B e h a n d l u n g s - r a u m fiir klinische Patienten eingerichtet, da es nicht zweckm~gig ist, diese ]3ehandlung in dem Operafionssaal oder in dem Behandlungs- sam der Poliklinik vorzunehmen.

Die ganze S f i d f r o n t des I. Stockes wird, mit Ausnahme eines

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Schwesternzimmers und eines Raumes fiir Unterbringung yon W~ische eingenommen yon den K r a n k e n r / i u m e n der M / i n n e r a b t e i l u n g . Hier sollen in sechs R~iumen zu Friedenszeiten 22 Kranke untergebracht werden; jedoch muBten in Riicksicht auf die Unterbringung yon Ver- wundeten jetzt gleich, unter Mitbenutzung des Tagesraumes, 32 Betten anfgestellt werden.

Anschliel3end a n einen gr613eren Saal in der Siidwestecke des Ge- Niudes befindel sich fiber der Pf6rtnerwohnung ein etwa 9 ~ qm grol3er Balkon.

Abb. 9. O p e r a t i o n s s a a l : Westwand.

Am Ende des Korridors ist ein B a d e r a u m fi~r die M~innerabteilung angebracht.

In dem II . S t o c k wird die Westfront eingenommen yon R/iumen f/ir die A s s i s i e n z / i r z t e und die S c h w e s t e r n . Es sind je 2 Wohn- r/iulne und 2 Schlafr~iume fiir zwei Assistenz~irzte vorhanden. Diese Rgume sind ebenso wie die Schwesternr~ume mit einem Vorflur ver- sehen und yon dem Hauptkorridor abgetrennt. Fiir 3 Schwestern sind 3 Schlafzimmer und ein gemeinsames El3- und Wohnzimmer einge- richtet.

Neben dem Zimmer der einen Schwester befindet sich ein Raum fiir die Unierbringung yon drei Hausm/~dchen.

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Die Er6ffnung der neuerbauten K6nigl. UniversitS~ts-Klinik usw. in Halle a . S . 241

Ein kleines Zimmer nach Norden ist als Baderaum Iiir Assistenten und Schwestern eingerichtet.

Auch im II. Stock wird die Si idfro nt ausschlieBlich yon Kr a nke n-

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Krank~nrau,m

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Krankenraum

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Abb. I o . Grundr ig des zwei ten S tocks de r Klinik.

r{ iumen und zwar bier Iiir w e i b l i c h e Patienten eingenommen. Diese Frauenstation umfaBt fiir gew6hnlich 2o Betten, jedoch muBte zur

.Unterbringung yon Verwundeten auch hier unter Mitbenutzung eines Tagesraumes die Bettenzalal auf 2 4 erhSht werden.

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2 4 2 , A L F R E D D E N I K E R ,

In gleieher Weise wie im I. Stock sind am ]Ende des Korridors ein B a d , an der Nordseite T e e k f i e h e und A b o r t e angebraeht.

])as DachgeschoB enih~ilt Sehlafr~iume fiir die Wiirter und mehrere Kammern fiir die Unterbringung yon Kleidungsstiicken der Patienien. Es ist noch nieht vollkommen ausgebaut, jedoeh sind Vorkehrungen getroffen, d a b bei einem etwaigen gr6Beren Bedarf an Betten an der Siidseite des Dachgeschosses noeh Riiume ffir die Unierbringung yon Kranken gewonnen werden k6nnen.

Im K e l l e r g e s e h o B sind die L e i c h e n k a m m e r , der T i e r - s t a l l n e b s t F u t t e r r a u m f i i r d i e T i e r e , eine W a s c h k f i e h e und verschiedene andere R~iume, fiber die noeh verfiigt werden kann, vorgesehen.

B. Die P o l i k l i n i k .

Die Oriinde, welehe dafiir sprechen~ die Poliklinik yon der Klinik zu trennen, sind schon oben kurz angedeutet worden. Sie besiehen haupts~iehlich darin, dab die poliklinischen Patienten verhindert werden, mit den in die Klinik aufgenommenen Patienien in allzu intimen Ver- kehr zu treten. Nut zu h~iufig wird beobachtei , dab dutch ambula- torische Kranke den klinisehen Patienten allerhand Dinge, alkoholisehe Geiriinke und Speisen zugefiihrt werden, die ihnen besser fern zu halien sind. Aueh litBi sieh bei der Trennung das Abhandenkomlnen yon Gegenstiinden leiehter verhiiien.

Unsere Poliklinik liegt der Klinik schr~ig gegenfiber. Die beiden Eingiinge sind voneinander nut ca. 2o Schritte eniferni. Die Poliklinik ist in einem Geb~iude untergebraeht, das nur ein ErdgeschoB und ein Kellergesehol3 enthiflt und ist mii seiner L~ingsachse ebenso wie die Klinik in der Richiung yon Osien naeh Wesien orientiert.

Gleich naeh dem Eintri t t fiihrt links eine Tfir in ein W~ir te r - z i m m e r , daran schlieBt sich an ein B a d e r a u m , der, mit einem Liege- sofa ausgestattet, auch zur Untersuehung yon inneren Organen ver- wendet werden kann. Alsdann folgen 2 Aborte fiir Miinner und Frauen und am Ende des Flurs der ]V-ingang in den Warteraum.

Der W a r t e s a a l , der tiiglich Ioo--15o Patienten aufzunehmen hat, ist geriiumig angelegt und mit Sitzgelegenheiten und Kleider- ablagen ausgestattet. An dem Westende direkt zugiinglieh yon dem Warteraum ist der

B e h a n d l u n g s s a a l , der zugleieh als K u r s s a a l verwendet wird, angebracht. Er hat eine Liinge yon Io m und eine Breite yon etwa 5 In und ist ausgestattet Init 12 Untersuehungslampen und ebenso vielen Behandlungstischen. Fiir die Lampen wurde das K i l l i a n s c h e Modell mit Auerlicht verwendet. An dem Siidende befindet sich eine Wand- tafel und ein Rednerpult. Drei an der Deeke angebraehte ioookerzige

Page 25: Die Eröffnung der neuerbauten Königl. Universitäts-Klinik für Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten in Halle a. S

Die Er6ffnung der neuerbauten IK6nigl. Universit/its-Klinik usw. in Halle a .S . 243

Halbwattlampen sorgen fiir die kiinstliche Beleuchtung des Raumes, der auch bei Tage durch Verdunkelungsvorrichtungen vom Tageslicht vollkommen abgeschlossen werden kann. Neben der n6rdlichen H~lfte des Behandlungsraumes licgt nach dem Eingang zu

ein k l e i n e r e r R a u m , in dem zwei Arbeitspl~itze fiir den ! I D i r e k t o r und den O b e r a r z t 8ehandlungs. der Klinik aufgestellt sind. una

Es folgt weiterhin ein k l e i - Kurssaal he r O p e r a t i o n s r a u m , in dem Adenotomien, Tonsillotomienund f ~ t andere kleinere chirurgische Gin- J - ]l Kleinere r griffe ausgefiihrt werden k6nnen, ii aehandlungarau m Dieser Raum ist auch einge- richter fiir die Benutzung des Warte=

I V - , , I I I Br / in ingschen Kopflichtbades. caum Kleines

Neben dem kleinen Opera- Operations: tionszimmer befindet sich das Itir zimmer Einzelund Allgemein-Inhalation ' ' eingerichtete I n h a l a t o r i um. Jnhalat0rium

D a r a n schlieBt sich ein s c h a l l s i c h e r e s Z i m m e r an, I t I I das mit den Apparaten und In- - ~ ~ Ab. -L t ~ Keller= Jill 5chaJl = I I strumentenausgerflstetist ,welche ~ Bad | r e p p e II far die exakte Untersuchung des J Aeme'll sicherest I akustischen und statischen Appa- :[ T Flur ~ zlmmerz, mmer , Zimmer I [Z'mmer rates erforderlich sind. Das Zim- ! W~rier:

S enth~lt keine Fenster. Es m e r Einganfl wird, wie schon bemerkt, nach - ]

der einen Seite dutch das In- halatorium begrenzt, w/ihrend Eingang

Abb. I I. Grundrig der Poliklinik ftir sich nach Osten und Siiden ein Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten. Z i m m e r f i ir d ie ]i .rzte und ein Abort anschliegen; es st613t demnach nirgends an den Korridor. Die W~inde des Zimmers sind ebenso wie der FuBboden und die Decke mit den Schall schlechtleitenden (Kork usw.) Bedeckungen versehen. Um das Zudringen yon Ger~uschen durch Entliiftungsanlagen zu verhindern, sind diese ganz fortgelassen. Der Raum ist nur yon den Nebenr~iumen aus zu ventilieren.