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Die Entstehung des bakteriellen Rotationsmotors ist unbekannt Siegfried Scherer Ergänzung und Aktualisierung zum Abschnitt IV.9.4 „Entstehung einer molekularen Maschine durch Evolution?“ von „Evolution – ein kritisches Lehrbuch“ Stand: April 2010 © 2010 Studiengemeinschaft Wort und Wissen e. V. www.evolutionslehrbuch.info 1

Die Entstehung des bakteriellen Rotationsmotors ist unbekannt · ben, dass 16 Proteine für einen Bakteri-enmotor notwendig seien, die gleichzei-tig vorhanden sein müssen. Diese

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Die Entstehung des bakteriellenRotationsmotors ist unbekannt

Siegfried Scherer

Ergänzung und Aktualisierung zum Abschnitt IV.9.4„Entstehung einer molekularen Maschine durch Evolution?“

von „Evolution – ein kritisches Lehrbuch“Stand: April 2010

© 2010 Studiengemeinschaft Wort und Wissen e. V.www.evolutionslehrbuch.info

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Zusammenfassung

In diesem Text wird eine vertiefte Dis-kussion der Frage nach der Makroevo-lution molekularer Maschinen am Bei-spiel des Bakterienrotationsmotors vor-gelegt. Sie ergänzt Abschnitt 9.4 vonJunker & Scherer (2006). Anlass dazu istu.a. ein spekulatives Evolutionsszena-rio (Matzke 2006) von Nicholas Matz-ke1, welches bei Abfassung von Ab-schnitt 9.4 nicht bekannt war. Obwohldieses Szenario bis heute nicht Bestand-teil der wissenschaftlichen Literatur ist,sondern nur in Diskussionsforen und aufprivaten Internetseiten publiziert wur-de, und trotz dessen hochspekulativerNatur, ist es aus zwei Gründen interes-sant. Erstens schlägt Matzke einen hy-pothetischen Weg vor, auf dem er sichdie Entstehung des Bakterienmotors den-ken kann, ohne dass alle wesentlichenTeile einer nichtreduzierbar komplexenMaschine gleichzeitig vorhanden seinmussten. Das ist bedeutsam. Zweitensist es m.W. bis heute der einzige auf einermechanistischen Ebene formulierte Vor-schlag zur Entstehung eines Bakterien-rotationsmotors.

Junker & Scherer (2006, S. 162) schrei-ben, dass 16 Proteine für einen Bakteri-enmotor notwendig seien, die gleichzei-tig vorhanden sein müssen. Diese Ansichtist im Hinblick auf Matzkes Evolutions-modell kritisch zu hinterfragen. FallsMatzkes Modell die Evolution des Bak-terienmotors modellhaft beschreibt,würden die von Evolutionskritikern an-gesprochenen Lücken in der gedachtenEvolution des Bakterienmotors deutlichverkleinert. Das wäre – bei allen nach-stehend ausgeführten, schwerwiegen-den Problemen von Matzkes Hypothese– zunächst einmal als Fortschritt evolu-tionstheoretischer Modellbildung hin-sichtlich der Entstehung nichtreduzier-bar komplexer biologischer Strukturenzu werten.

Nach einer generellen Einführung indie Problematik wird festgehalten, dassdie Ähnlichkeitsbeziehungen einer un-übersehbaren Vielfalt von Bakterienmo-

toren zwanglos im Sinne einer Abstam-mung von einem oder wenigen ursprüng-lichen, allerdings bereits komplexenMotoren gedeutet werden können. Da-nach wird begründet, warum es sichbeim Bakterienmotor zweifellos um einenichtreduzierbar komplexe Strukturhandelt, welche aus mindestens 20, abervermutlich mehr unterschiedlichen Pro-teinen besteht. Andererseits wird abwei-chend von der landläufigen, vor allemin der amerikanischen ID-Literatur ver-tretenen Position dargestellt, warum die-se Eigenschaft einer biologischen Struk-tur an sich noch kein schlüssiges Argu-ment gegen eine auf ungerichteten Pro-zessen beruhende Evolution des Bakte-rienmotors ist.

Im Hauptteil der Arbeit werden dieverblüffende Multifunktionalität einzel-ner Substrukturen des Bakterienmotorssowie das darauf beruhende Evolutions-modell nach Matzke kritisch analysiert.Dabei konzentriert sich die folgendeAnalyse stellvertretend auf einen einzi-gen Evolutionsschritt auf dem Weg derpostulierten Entstehung des Bakterien-motors, nämlich auf die Kooption einesAdhäsionsproteins. Dieser Evolutions-schritt wurde gewählt, weil dies einer dereinfachsten Schritte in Matzkes Modellist. Nur ein einziges Protein muss im Evo-lutionsprozess durch Kooption und Va-riation hinzugewonnen werden. Anderehypothetische Schritte in Matzkes Sze-nario sind weitaus komplexer. Das Er-gebnis dieser Detaildiskussion lautet, dassunbekannt ist, ob und wie durch Koop-tion und Mutation im Laufe der hypothe-tischen Entstehung des Bakterienmotorsder Zugewinn eines einzigen Adhäsions-Proteins hätte ablaufen können. DieseSchlussfolgerung und ihre Begründungwurde im Hinblick auf Matzkes Modellim Frühjahr 2008 auf einem interdiszipli-nären Kolloquium an der Universität Re-gensburg erstmals vorgetragen (Scherer2009). Abschnitt 10 des folgenden Textesstammt im Wesentlichen aus dieser Quel-le. Darüber hinaus wird begründet, war-um die Mechanismen der evolutionärenKanalisierung und der Begrenzung derVariabilität von durch Mehrfachfunktio-

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nen besetzten biologischen StrukturenAnlass zu der Vermutung geben, dassMatzkes postulierte Evolutionsstufen –selbst wenn sie an sich selektionspositivsein sollten – nicht ohne weiteres Basis-funktionszustände darstellen, die von ei-ner primitiven Typ 3-Sekretion über klein-ste Schritte zu einem Bakterienrotations-motor führen.

Matzkes Modell ist insgesamt keinebelastbare und überzeugende Hypothe-se zu Evolution des Bakterienmotors. Fol-gerichtig wurde sie bis heute in der wis-senschaftlichen Literatur weder vorge-stellt noch diskutiert. Matzke selber hatdarauf verzichtet, seine Hypothese in sei-ner Publikation zum Bakterienmotor, diein einem referierten wissenschaftlichenJournal erschienen ist, vorzustellen (Pal-len & Matzke 2006).

Aus der detaillierten Diskussion dereinzelnen Änderungen, die für eine Ko-option eines Adhäsin-Proteins vermut-lich erforderlich sind, ergeben sich Hin-weise auf konkrete Forschungsprojekte,die zur Aufklärung eines postuliertenevolutiven Entstehungsweges des Bak-terienmotors durchgeführt werden könn-ten. Ob ein auf experimentellen Datenberuhender und künftig zu erwartenderWissensfortschritt die vorhandenen Er-klärungsprobleme verkleinern oder ver-größern wird, ist derzeit nicht zu sagen.

Das Ergebnis der vorliegenden Erör-terung markiert eine Wissenslücke evo-lutionsbiologischer Forschung. An ande-rer Stelle wurde erläutert, warum derar-tige Wissenslücken keine zwingenden Ar-gumente gegen die Evolution eines Bak-terienrotationsmotors oder für die Exi-stenz eines Designers sind (Scherer 2009).

1. Molekulare Maschinen desLebens

Es ist auffallend, wie sehr in den letzten Jahrender Gebrauch von Begriffen aus den Ingenieurs-wissenschaften in der Molekularbiologie zuge-nommen hat. Mike Gene (2007) hat das ausführ-lich dargestellt. Bereits vor fast 10 Jahren hat Lowe(2000) diesen Sachverhalt folgendermaßen aufden Punkt gebracht:

„The molecular machinery of nature out-performs anything that mankind current-ly knows how to construct with conven-tional manufacturing technology by manyorders of magnitude. ... Almost without ex-ception, there exist biomolecular ana-logues of conventional functional devices,including structural components, wires,motors, drive shafts, pipes, pumps, pro-duction lines and programmable controlsystems.“

Bezüglich des Darmbakteriums Escherichiacoli meint Howard Berg (1999):

„In addition to rotary engines and pro-pellers, E. coli’s standard accessoriesinclude particle counters, rate meters,and gear boxes. This microorganism is ananotechnologist’s dream.“

Der Begriff „molekulare Maschine“ ist inzwi-schen derart geläufig, um biologische Funkti-onseinheiten der Zelle zu beschreiben2, dass eraus der einschlägigen Literatur nicht mehr weg-zudenken ist. Zu diesen Maschinen gehörenRibosomen, Splicosomen, Degradosomen, Pro-teinkomplexe, die bei der DNA-Replikation eineRolle spielen (z. B. Helicase und DNA Polymer-ase), die F1/F0-ATPase, die Kinesin-Maschine-rie und vieles andere mehr (z. B. Gene 2007).Ein Blick in moderne Lehrbücher der Bioche-mie (Berg et al. 2007, Lodish et al. 2007) undZellbiologie (Alberts et al. 2008) genügt, um sichvon dieser Tatsache zu überzeugen.

Das bakterielle Flagellum ist die molekulareMaschine mit dem größten Bekanntheitsgrad,da sie in den USA in den letzten Jahren eineherausgehobene Rolle in gesellschaftspoliti-schen Diskussionen gespielt hat. Ihr Aufbau undHypothesen zu ihrer Entstehung sind anlässlichder Gerichtsprozesse um Intelligent Designweltweit diskutiert worden. Ein molekularerGenetiker, der sich ein ganzes Forscherlebenlang mit diesem Motor befasst hat, formulierteschon vor fast 20 Jahren (Macnab & Parkinson1991):

„We need to think almost in engineeringterms about transmission shafts, mountingplates and bushings – unfamiliar groundsfor the microbial geneticicst.“

Heute ist eine solche Ausdrucksweise nichtmehr ungewöhnlich, sondern die Regel. Beispiels-weise wurde vor zwei Jahren eine Arbeit bezüg-lich des Bakterienmotors im Journal of Bacte-riology mit dem Titel „Fine structure of a fine

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Textkasten 1:Der Bakterienmotor: Komplexer als bisher gedacht?

Gefahrenquelle, von Vorteil. Zahlreiche Bakte-rien können sich auf unterschiedliche Weiseaktiv bewegen (Jarrell & McBride 2008) undmanche verfügen zu diesem Zweck über einenRotationsmotor. Jeder Motor bedarf einer Steue-rung. Dazu gehören Sensorproteine (diese kön-nen zum Beispiel Nährstoffmoleküle wie Zuk-ker in der Zellumgebung erkennen, es handeltsich gewissermaßen um die „Nase“ der Bakteri-en), Signalübertragungsproteine (sie transpor-tieren das eingegangene Umweltsignal zumMotor) und Schaltproteine (zur direkten An-steuerung des Motors). In Bakterien wurdenMotoren unterschiedlichster Konstruktionsartgefunden. Der E. coli-Motor ist auf genetischerund biochemischer Ebene am besten untersucht.Man weiß heute, dass er inklusive der zellulärenMontageproteine (diese helfen beim Zusammen-bau des Motors, vgl. Chevance & Hughes 2008)von etwa 40 Proteinen gebildet wird (vgl. aberTextkasten 1). Die darin enthaltene Steuerungdurch Chemotaxis (Übersicht z. B. in Wadhams& Armitage 2004) erfolgt durch weniger als 10Proteine. Mit Hilfe molekularbiologischer undelektronenoptischer Verfahren konnte man diemolekulare Grundstruktur des Motors aufklären(Abb. 1). Ein Bakterienmotor besteht aus fünfFunktionsgrundelementen: Das Filament (Gei-ßel) entspricht der „Schiffsschraube“. DurchDrehung des flexiblen Filaments wird der Vor-

Möglicherweise wird die Zahl der Proteine,die bei der Synthese oder Funktion des Bak-terienmotors eine Rolle spielen, unterschätzt.Das geht aus einer Arbeit von hervor, die übereinen yeast two-hybrid Test Interaktionen vonbekannten Motorproteinen mit anderen Pro-teinen in Treponema pallidum (dem Erreger derSyphilis), Campylobacter jejuni und Escherichiacoli untersuchten. Überraschenderweise erga-ben sich Hinweise auf über 100 Proteine, wel-che mit Motorproteinen interagierten.

Weil solche Tests falsch-positive Ergebnisseliefern können, ist eine experimentelle Ana-lyse der vorausgesagten Interaktionen not-wendig. Für Escherichia coli wurde diese Ana-lyse über eine Deletionsmutantenbank durch-geführt und ergab 159 Deletions-Stämme, dieeinen Motilitätsdefekt aufwiesen. Unter denbetroffenen Genen befanden sich 43 bekann-

te Motilitätsproteine. Welche Bedeutung dierestlichen über 100 Gene für Synthese, Struk-tur und Funktion des Motors haben, ist viel-fach ungeklärt. Es könnte sich dabei neben un-bekannten Motorproteinen auch um Gene han-deln, die einen indirekten Effekt auf die Mo-torfunktion haben (z. B. über die Bildung desenergieliefernden Protonengradienten). Viel-leicht hat es damit zu tun, dass das Respirati-onsprotein Fumaratreduktase in Escherichiacoli unerwarteterweise mit der Steuerung desBakterienmotors interagiert .

Aus solchen Daten muss man schließen, dasswir sehr vieles über den Bakterienmotor nochnicht wissen. Alle Spekulationen über die Evo-lution einer solchen Struktur sind schon ausdiesem Grund mit Skepsis zu betrachten. Dasgilt auch für die Ausführungen in diesem Ar-tikel.

machine“ versehen (Blair 2006) und kürzlichhat die gleiche Arbeitsgruppe eine „Kupplung“des Bakterienmotors bei Gram positiven Bakte-rien gefunden (Blair et al. 2008). Man kann sichdes Eindruckes kaum erwehren, als ob die Er-scheinungen des Lebens auf einer proteinbio-chemischen und zellbiologischen Ebene ambesten mit Begriffen der Ingenieurswissenschaftund der Informatik beschrieben werden könn-ten (z. B. Nurse 2008). Es ist meines Erachtensoffen, ob Leben in seinen molekularen Funkti-onszusammenhängen ohne solche Begriffeüberhaupt befriedigend beschrieben werdenkann.3 Der Technikphilosoph H. D. Mutschlerhat diese Problematik eingehend und pointiertdiskutiert (Mutschler 2002, Mutschler 2003).

2. Der �Elektrorotations-motor� von Escherichia coli4

Bakterien sind für ihr Wachstum darauf ange-wiesen, Nährstoffe aus ihrer Umgebung aufzu-nehmen. Dabei kann es sich als vorteilhaft er-weisen, wenn sich die Zelle in einem Konzen-trationsgefälle in Richtung einer Nährstoffquel-le bewegen kann. Andererseits sind Bakterienauch negativen Umwelteinflüssen ausgesetzt,beispielsweise Giftstoffen. Auch hier ist eineaktive Bewegung, in diesem Fall weg von der

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trieb des Bakteriums erzeugt; es ist vor allemaus etwa 20.000 Kopien des Proteins Flagellinaufgebaut. Dieses Protein besteht wiederum ausmehreren hundert Aminosäuren, seine Amino-säuresequenz und die dazugehörige Gensequenzsind bekannt. Dieses Filament ist über ein Win-kelstück (Verbindungselement) an eine Rotati-onsachse gekoppelt, die von Lagern in der Cy-toplasmamembran und der Zellwand der Bak-terienzelle in Position gehalten wird. Die Gene,die für die Proteine der Achse und der Lagercodieren, sind weitgehend bekannt. Die Rotati-onsachse und damit die Bakteriengeißel wirdüber Antriebsproteine in Rotation versetzt.

Der Motor wird von der Energie getrieben,die im Protonengradienten über der Cytoplas-mamembran gespeichert ist. Dieser Protonen-gradient erzeugt außen eine gegenüber demCytoplasma positiv geladene Umgebung. DasSpannungsgefälle (= Membranpotential) beträgtrund 0,2 V. Bildlich gesprochen ist die Bakteri-enzelle eine „0,2V-Batterie“, die diesen „ Nano-Elektromotor“ antreiben kann.

Wichtige Übersichtsarbeiten zur Struktur,Biosynthese und Funktion des eubakteriellenBakterienmotors stammen von Macnab (Macn-ab 2003, 2004, Jarrell 2009). Eine sehr kurze,aber informative Übersicht findet sich in Berg(2008). Aus diesen Arbeiten geht auch hervor,wie viel über den Bakterienmotor noch nicht be-kannt ist (Textkasten 1).

3. Kurze Übersicht über dieDiskussion zur Entstehungeines Bakterienmotors

Michael Behe hat den Bakterienrotationsmotorals ein anschauliches Beispiel dafür bezeichnet,dass man das Wirken eines intelligenten Desi-gners an biologischen Erscheinungen gewisser-maßen dingfest machen könne (Behe 1996): EinBakterienmotor sei nichtreduzierbar komplexund könne daher nicht durch einen natürlichenEvolutionsvorgang entstehen. Im Gegenteil lie-ße die Existenz einer solchen Struktur den Rück-schluss auf einen intelligenten Designer zu. Behehat mit „Darwin’s Black Box“ ein populärwis-senschaftliches Buch vorgelegt, welches einewichtige Grundlage für die Bestrebungen desDiscovery Institutes in Seattle bildete, die Sichtdes Intelligent Design (im Folgenden als ID ab-gekürzt) in die Lehrpläne staatlicher Schulenzu bringen. So hat der „bakterielle Außenbord-

motor“ einiger Bakterien eine ungeahnte Po-pularität erlangt.

Im Gefolge dieser Popularität hat eine Reihevon Biologen den Ansichten von Behe wider-sprochen: Der Bakterienmotor sei weder nicht-reduzierbar komplex, noch sei es unklar, wie erentstanden sei. Im Gegenteil könne die Evoluti-on dieser biologischen Nanomaschine durch be-kannte Evolutionsmechanismen inzwischen sehrgut erklärt und keinesfalls mehr vernünftig be-zweifelt werden (z. B. Musgrave 2006; Miller2007; Pallen & Gophna 2007). Diese Ansichtwurde vorschnell und wenig reflektiert in derpopulärwissenschaftlichen Literatur übernom-men (z. B. Hemminger 2007, Jones 2008).

Die wichtigste konstruktive Veröffentli-chung, welche Behe auf wissenschaftlicher Ebe-ne kritisiert, stammt von Matzke (2006), weildessen Modell als einziges hinreichend konkretist, um einer mechanistischen, theoretischenPrüfung zugänglich zu sein. Pallen & Matzke(2006) haben ebenfalls eine lesenswerte Kritikan Behe vorgebracht, die sich im wesentlichjedoch auf Argumente aus der vergleichenden

Abb. 1 SchematischeZeichnung desBakterienmotors vonEscherichia coli miteinigen der zugehörigenStrukturproteine (ausJunker & Scherer 2006).

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Biologie stützt und keine Mechanismenfragendiskutiert. Sikorski (2009) übernimmt das Mo-dell vom Matzke zwar ohne jede kritische Dis-kussion, stellt in dieser Hinsicht jedoch zurechtdie Ausführungen von Junker und Scherer (2006)zur Evolution des Bakterienmotors in Frage.

Musgrave (2006), Miller (2007) sowie Pal-len und Gophna (2007) kritisieren die Ansicht,dass das Flagellum nichtreduzierbar komplexund deshalb nur durch Intelligent Design ver-ständlich sei, doch die genannten Argumentefokussieren auf die Multifunktionalität der Fla-gelle sowie auf Befunde aus der vergleichendenBiologie und werden im Kern von Matzke (2006)sowie Pallen und Matzke (2006) zusammen ge-fasst. Aus diesem Grund werden in diesem Auf-satz hauptsächlich die beiden letztgenanntenArbeiten diskutiert.

ID-Befürworter haben ihre Position bezüg-lich des Flagellums verteidigt, beispielsweiseBehe (2004). Die Arbeiten von Smart und Bracht(Smart 2003), aber insbesondere die umfangrei-che Analyse von Mike Gene5 (2003) gehen wis-senschaftlich sehr weit über Behes ziemlich po-pulären Text hinaus, der zweifellos mit gutenArgumenten kritisiert werden kann. Mike Ge-nes Arbeit hat den Umfang eines über 100seiti-gen Buches und setzt den Maßstab, an dem sichjede wissenschaftliche Diskussion über die Ent-stehung des Bakterienmotors orientieren muss.Mir ist zwar kein Fall bekannt, wo Mike Geneskritische, rein wissenschaftliche Ausführungenvon Evolutionsvertretern diskutiert worden sind,doch sollte ich einen im Internet publiziertenText übersehen haben, bin ich für einen Hin-

weis dankbar. (Die Diskussion in Internetforenist verworren und kaum überschaubar, wobeiviele Beiträge selbst rudimentäre Fachkenntnis-se vermissen lassen.)

Zunächst ist es erfreulich, dass die Ausein-andersetzung von beiden Seiten nun auch mitfachlichen Argumenten geführt wird. Ich schrei-be „auch“, weil ich nicht umhin kann, meinemBefremden über den Diskussionsstil einigerKollegen Ausdruck zu verleihen. Nicht seltensind Rede und Widerrede auf eine verblüffendeWeise emotional, polemisch und zuweilen sogarpersönlich beleidigend, manchmal meint mansogar, fanatische Züge wahrnehmen zu müssen.Das gilt für beide Seiten – und leider ist dieserStil auch schon in Deutschland angekommen.Man mag das damit erklären, dass grundsätzli-che weltanschauliche Aspekte zur Diskussionstehen. Eine Entschuldigung ist das nicht, schongar nicht für das Versagen von Herausgebern,die ein derartiges Argumentationsniveau nie-mals hätten dulden dürfen6.

An verschiedener Stelle habe ich meinemWunsch Ausdruck verliehen, dass sich das Ab-gleiten der Diskussion auf eine ideologischeEbene wenigstens in Deutschland noch verhin-dern lassen möge. Kriterien dafür, was eine ideo-logische Auseinandersetzung auszeichnet, habeich an anderer Stelle genannt (Scherer 2006b).Diesen Wunsch kann ich nur wiederholen, zu-sammen mit der bedauernden Feststellung, dassdie Kontrahenten in den USA in dieser Hinsichtkein gutes Vorbild sind7.

Aus den wenigen, sich auf eine wissen-schaftliche Ebene beschränkenden Arbeiten zur

Textkasten 2: Evolution eines Bakterienmotors:Wichtige Fragestellungen

1. Welche Konsequenzen ergeben sichaus der kaum überschaubaren Variabi-lität verschiedenster bakterieller Moto-ren für ihre Entstehung?

2. Ist ein konkreter Bakterienmotor auseiner konkreten Bakterienspezies über-haupt eine nicht-reduzierbar komple-xe Struktur?

3. Falls es gelingen würde, für eine gege-bene biologische Struktur die nicht-re-duzierbare Komplexität glaubhaft zubegründen: Folgt daraus zwingend,dass sie nicht durch Evolutionsprozes-se entstehen kann?

4. Welche Bedeutung hat die Tatsache,

dass einzelne Proteine des Bakterien-motors Ähnlichkeiten zu Proteinen auf-weisen, die an anderer Stelle der Zelleeine andere Funktion ausüben?

5. Was ist die Bedeutung der Multifunk-tionalität des Bakterienmotors oderseiner Bestandteile für Hypothesen zuseiner Evolution?

6. Kann die Wahrscheinlichkeit der Ent-stehung eines Bakterienmotors abge-schätzt werden?

7. Haben Behes Kritiker eine belastbare,plausible Theorie für die evolutionäreEntstehung eines Bakterienrotations-motors vorgeschlagen?

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Entstehung eines Bakterienmotors ergibt sicheine Reihe von Fragestellungen, die in Textka-sten 2 zusammengefasst sind. Diese werdengetrennt voneinander behandelt, um maximaleKlarheit zu ermöglichen. Die wichtigsten Ar-gumente zu diesen Fragen werden aufgegrif-fen und kurz diskutiert. Der Leser sollte mitdem Inhalt des Kapitels „Molekulare Evoluti-onsmechanismen“ (Junker & Scherer 2006)vertraut sein.

4. Biologische Variabilität vonBakterienmotoren

Pallen & Matzke (Pallen & Matzke 2006) habenrecht, wenn sie schreiben: „There is no suchthing as ‚the’ bacterial flagellum.“ Inzwischenwissen wir – und das nicht erst seit komplettenGenomsequenzierungen - um die kaum über-schaubare Vielfalt verschiedenster Bakterien-motoren (Jarrell & McBride 2008).

4.1 Verschiedene Motortypen inEubakterien

Bakterienmotorproteine können bei gleichemGrundbauplan des Motors außerordentlich diverssein. Das geht bis dahin, dass manche Motorenvon Protonengradienten und andere von Natri-umionengradienten getrieben werden (Asai et al.2003). Beide Motortypen kommen manchmalsogar in einer einzigen Zelle vor (Paulick et al.2009). Na+ getriebene Motoren drehen mit weitgrößerer Geschwindigkeit als Protonengetrie-bene Motoren und können bis zu 100000 rpmschnell sein.

Das Protein FliL ist ein anderes Beispiel. Diegenaue Funktion des Proteins ist noch unbe-kannt, doch ist es essentiell für den Schwärmer-Phänotyp bei Salmonella und E.coli (Attmann-spacher et al. 2008). Zunächst fällt auf, dass die-ses Protein sehr variabel ist. Beispielsweise ha-ben die FliL-Proteine von Caulobacter crescen-tus und Escherichia coli nur etwa 25% Ähnlich-keit (Yu & Shapiro 1992). Offenbar sind auchdie Funktionen der Proteine unterschiedlich,denn bei E. coli führt ein knockout des Gens nichtzu einer wesentlichen Beeinträchtigung derFortbewegung (s. o.), während ein knockout vonFliL bei C. crescentus einen nicht-motilen (unbe-weglichen) Phänotyp hat (Jenal et al. 1994).Auch Proteus mirabilis weist einen nicht-moti-len und dazu noch anderweitig gestörten Phä-

notyp auf, wenn FliL ausgeschaltet wird (Be-las & Suvanasuthi 2005). Für Caulobacter undfür Proteus – nicht aber für Escherichia! - gehörtdieses Protein offenbar zum nichtreduzierbarkomplexen Kernproteinset des Motors. Dasdeutet auf unterschiedliche Varianten desMotortyps hin.

In den Eubacteria8 wurde ein Rotationsmo-tor bisher in 8 von 19 Phyla (Stämme) gefun-den. Alle Enterobakterien (wozu beispielsweiseE. coli und Samonella gehören) haben einenähnlichen Motortyp. Darüber hinaus ist aber derAufbau von Motoren Gram negativer und Grampositiver Bakterien deutlich unterschiedlich. Diefunktionelle Notwendigkeit dafür ist sofort ein-sichtig, denn erstere weisen eine äußere Mem-bran auf, letztere nicht. Wieder andere Rotati-onsmotoren kommen in den Spirochaeten vor,welche ihre Flagelle zwischen Cytoplasmamem-bran und äußerer Membran um den Zellkörper„wickeln“, diesen damit insgesamt in Rotationversetzen und das gesamte Bakterium sich ähn-lich wie ein Schraubenzieher sehr effektiv durchdas Medium windet (Murphy et al. 2006). Auchmolekular sind diese Bakterienmotoren durch-aus unterschiedlich aufgebaut. Tabelle 1 in Pal-len & Matzke (2006) illustriert diesen Sachver-halt sehr anschaulich.

Inzwischen gibt es gute Hinweise, dass sichverschiedene Bakterien zwar nicht in den Kern-proteinen des Motors (s. u.), aber in „akzessori-schen“ Motilitätsproteinen stark unterscheiden(z. B. Rajagopala et al. 2007). Insgesamt dürftedie Variabilität von bakteriellen Rotationsmo-toren unüberschaubar sein.

4.2 Vergleich homologer Motorproteine

Grundsätzlich haben alle eubakteriellen Flagel-len eine gemeinsame Grundstruktur. Allerdingsunterliegen alle Bauteile von Motoren der evo-lutionären Variation. Damit sind Punktmutatio-nen, Deletionen, Duplikationen, der Austauschvon Genen mit anderen Bakterien über horizon-talen Gentransfer (Ren et al. 2005) und anderesmehr gemeint. Eine Einführung in solche Evo-lutionsprozesse ist in Junker & Scherer (2006,Kap. 9.1) gegeben. Innerhalb eines einzigenMotortyps dürfte es daher ungezählte Millio-nen von Varianten geben. Einzelne Motorpro-teine können sich besonders schnell ändern,wenn sie vom Immunsystem eines Wirtes er-kannt werden und dadurch einem extremen Se-lektionsdruck unterliegen. Dazu gehört bei-spielsweise Flagellin, das Hauptprotein des Fi-

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lamentes (Beatson et al. 2006). Allerdings sindvor allem einige mechanisch nicht so stark be-anspruchte, nach außen weisende Domänen desFlagellinproteins derart variabel. Zuweilen kom-men sogar in einem einzigen Bakterium verschie-dene Flagellingene vor (Ely et al. 2000, McQui-ston et al. 2008), was mit diversifizierender Se-lektion nach Genduplikation oder horizontalemGentransfer erklärt werden kann (vgl. disrupti-ve Selektion, Junker & Scherer 2006, S. 70).Dieser Befund abgestufter Ähnlichkeit gilt nichtnur für das Flagellin, sondern für alle Motorpro-teine.

In der Tat sieht es so aus, als ob die homolo-gen Sequenzen von zentralen Proteinen des Fla-gellenmotors verschiedener Eubakterien einKontinuum an Sequenzähnlichkeit zeigen. Die-ser Befund lässt sich durch eine evolutionäreVerwandtschaft deuten – genauer gesagt: Er isteine direkte Konsequenz aus der evolutionsbio-logischen Abstammungshypothese. Ein mecha-nistischer Einwand dagegen, dass beispielswei-se die heutigen Flagelline aus einem gemeinsa-men Vorfahrenprotein (welches Bestandteil ei-nes allerdings schon komplexen Motors gewe-sen wäre), durch graduelle Evolution hervorge-gangen sind, scheint zumindest nicht auf derHand zu liegen. Vielleicht tauchen die Proble-me auch erst dann auf, wenn man eine solcheFragestellung im Detail untersucht. Ob sich alleheutigen eubakteriellen Rotationsmotoren durchbekannte Evolutionsprozesse aus einem gemein-samen Vorfahren hätten entwickeln können, istjedoch nicht Teil der gegenwärtigen Diskussi-on. Hier geht es darum, woher der „erste“ Mo-tor in diesem Vorfahren kommt.

Die beobachtete, abgestufte Ähnlich-keit von Motorproteinen unterschied-licher Spezies lässt sich gut durch evo-lutionäre Abstammung deuten.

4.3 Ähnlichkeit von Motorproteinenmit Proteinen anderer Funktion

Ein weiteres Ähnlichkeitsargument betrifft Pro-teine des Bakterienmotors, welche nicht zu Pro-teinen eines anderen Motors, sondern zu Pro-teinen anderer Funktion ähnlich sind. Pallen &Matzke (2006) haben eine Reihen von Beispie-len angeführt. Zur Illustration sei an dieser Stel-le ein Fall herausgegriffen (vgl. dazu auch Kap.8). Zentral für den Flagellenmotor ist die Um-setzung der im Protonengradienten über der Cy-toplasmamembran gespeicherte Energie in eineRotationsbewegung der Motorachse. Dafür sinddie beiden Motorproteine MotA und MotB ver-antwortlich. Mehrere MotAB-Komplexe sindringförmig um die Motorachse herum angeord-net (Abb. 2A). Sie gehören zum Stator des Mo-tors und sind über MotB an der Zellwand veran-kert. Teil des MotAB-Komplexes ist ein Proto-nenkanal, welcher die Energie des Protonengra-dienten in eine Konformationsänderung vonMotA umsetzt. Diese wird dann auf die Rotati-onsachse des Motors übertragen und versetztdie Achse in Drehung (Abb. 2B).

Die Sequenzen von MotA und MotB sindbekannt. Die vergleichende Suche in Sequenz-datenbanken zeigte, dass MotAB eine niedri-ge, aber erkennbare Sequenzähnlichkeit mitden Proteinen TolA und TolQ sowie ExBD/TonB haben. Diese Proteine sind ebenfalls inder Cytoplasmamembran verankert, besitzeneinen Protonenkanal und weisen Bindungsaf-finitäten zur äußeren Membran bzw. zur Zell-wand auf. TolAQ spielen bei Zellteilung eineRolle, während ExBD/TonB Transportprotei-ne sind (Cascales et al- 2000, Cascales et al.2001, Gerding et al. 2007, Zhai et.al. 2003).Wenn man TolAQ oder ExBD/TonB als ur-sprünglich voraussetzt, dann könnte man spe-kulieren, dass diese Proteine für den Bau einesMotors kooptiert worden sind. Ob ein solcher,aus Ähnlichkeiten erschlossener Evolutionsvor-gang jedoch mechanistisch überhaupt möglichist, wurde nie untersucht (vgl. Abschnitt 10).

Abb. 2 Schematische Dar-stellung der Anordnung derAntriebselemente MotABum die hohle Motorachse(A) sowie Skizze zur Erläu-terung, wie eine Konforma-tionsänderung in MotAB ineine Drehbewegung derMotorachse umgewandeltwird.

Sekretionskanal

Rotationsachse

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4.4 Deutung von Ähnlichkeiten

Nachdem Pallen und Matzke (Pallen & Matz-ke 2006) die Variabilität der eubakteriellen Ro-tationsmotoren sowie diese gemeinsameGrundstruktur beschrieben haben, kommensie zunächst zu dem Schluss, dass IntelligentDesign Schwierigkeiten habe, die Präsenz derunterschiedlichen Motortypen zu erklären. Siefragen, wie viele Eingriffe des Designers mandenn nun annehmen solle, ob man für jedenMotortyp ein Schöpfungsereignis11 postulie-ren wolle. Oder ob man nicht doch aufgrunddieser Daten annehmen müsse, dass sich alleRotationsmotoren aus einem Vorgängerdurch Evolution diversifiziert haben, denn „allflagellins show sequence similarity indicativeof common ancestry (homology)“. Pallen &Matzkes Frage ist berechtigt und indiziert einernsthaftes Problem von ID: Eine konkrete,kohärente und wissenschaftlichen Kriteriengenügende Deutung der vielfältig variablenbakteriellen Rotationsmotoren im Rahmenvon Intelligent Design (oder eines „Schöp-fungsmodells“) als Alternative zu einer Ab-stammung der heute vorliegenden flagellarenMotoren von einem oder einigen wenigen Vor-fahren wurde bisher nicht vorgelegt.

Das zugrunde liegende Problem liegt imMangel einer „Generellen Theorie für Biologi-sches Design“ und gilt für biologische Naturbe-obachtung allgemein. Das hat auch Paul Nelsonals wichtiger Vertreter von ID thematisiert:

„Easily the biggest challenge facing the IDcommunity is to develop a full-fledgedtheory of biological design. We don’t havesuch a theory right now, and that’s a pro-blem. Without a theory, it’s very hard toknow where to direct your research focus.Right now, we’ve got a bag of powerfulintuitions, and a handful of notions suchas ‘irreducible complexity’ and ‘specifiedcomplexity’ – but, as yet, no general theo-ry of biological design.“ (Nelson 2004)

Pallen und Matzke (2006) fragen nun weiter,nachdem sie ein auf Kernproteine (s. u.) redu-ziertes Urflagellum postulieren:

„This reduced flagellum is still a challengeto explain, but if one accepts that all cur-rent flagellar systems diverged from theirlast common ancestor (the ur-flagellum),why stop there?“

Die Frage ist zunächst berechtigt und sollim Folgenden diskutiert werden. Gibt es einen

biologisch fassbaren Unterschied zwischen derHypothese der Entstehung heutiger Flagellen-motorvarianten aus einem Urflagellum und derEntstehung eines Urflagellums aus unbekann-ten Vorläuferstrukturen?

5. Ist ein Bakterienmotornichtreduzierbar komplex?

Michael Behe hat vorgeschlagen, dass es sichbeim Bakterienmotor um eine nicht-reduzierbarkomplexe Struktur handelt. Er definierte einnicht-reduzierbar komplexes System zunächstwie folgt:

„... a single system composed of severalwell-matched, interacting parts that con-tribute to the basic function, wherein theremoval of any one of the parts causes thesystem to effectively cease functioning.“(Behe 1996)

Anders ausgedrückt: Alle zu einer nicht-re-duzierbar komplexen Struktur gehörenden Tei-le sind für dessen Funktion notwendig; andereFunktionen von Teilstrukturen der nichtredu-zierbar komplexen Struktur sind damit aber nichtausgeschlossen.

5.1 Argumente zur nichtreduzierbarenKomplexität des Bakterienmotors ausder experimentellen molekularenGenetik

Der experimentelle Nachweis, dass eine kon-krete biologische Struktur tatsächlich nicht-reduzierbar komplex ist, und vor allem dieBeantwortung der Frage, wie komplex sie tat-sächlich ist, ist ziemlich aufwendig. Bei einereinfachen Struktur ist ein auf gezielten Muta-tionen beruhender Ansatz dann Erfolg verspre-chend, wenn (a) der genetische Bauplan derStruktur hinreichend genau bekannt und (b) derOrganismus gentechnischen Verfahren zugäng-lich ist. Beim Bakterienmotor der Enterobakte-rien, zu denen Escherichia coli und Salmonellagehören, sind im Prinzip beide Voraussetzun-gen erfüllt. Das heißt, man kann die einzelnenGene, die den Motor codieren, durch gezielteMutagenese auf verschiedene Weise ausschal-ten. Man nennt solche Mutanten auch „knock-out Mutanten“. Wenn der Motor dann nichtmehr arbeitet („nicht-motiler Phänotyp“), wardas betreffende Gen für die Motorfunktion es-sentiell.

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Textkasten 3: Redundanz von Motorproteinen?

Manchmal führt ein gezielt ausgeschaltetes Motorgennicht zum Verlust der Motilität. Entweder war es tatsäch-lich nicht essentiell. Es könnte aber auch durch ein ande-res Protein der Zelle ersetzt worden sein. Die einfachsteErklärung für letzteres würde darin liegen, dass das be-treffende Gen oder der Abschnitt des Chromosoms dupli-ziert wurde und das Duplikat bei einer knockout Mutantedie Funktion übernehmen kann. Wir haben kürzlich beidem Krankheitserreger Yersinia enterocolitica gefunden,dass Duplikationen von Genen des Flagellenoperons vor-liegen und knock out Mutanten einzelner Gene nicht im-mer funktionslos sind . Die Bedeutung solcher Duplika-tionen, die man auch bei einigen Stämmen von E. colifindet , ist aber kaum untersucht.

Andererseits könnte es sein, dass die Funktion von ge-zielt ausgeschalteten Motorproteinen durch solche Pro-teine der Zelle sozusagen „notdürftig“ übernommen wird,die eine nur entfernt ähnliche Funktion haben. Paul et al.(2008) konstruierten eine fünffache knockout Mutante,welcher drei ATPase/ Sekretionsproteine fliHIJ des Fla-gellums fehlen, dazu aber auch noch zwei ATPase-Pro-teine verwandter Typ 3-Sekretionssysteme (invC undssaN). Die Mutante war im Schwärmassay noch leichtmotil, aber weit weniger als der Wildtyp. Sind diese dreiMotorproteine damit nicht essentiell für die Motorfunk-tion? Galan (2008) diskutiert diese Frage und rät zurVorsicht, denn es könnte sein, dass andere ATP hydroly-sierende Proteine aus der Zelle an den Sekretionsappa-rat koppeln und eine partielle Komplementation der Pro-

teinsekretion verursachen. In Galans Sinne könnte manden spannenden Befund von Minamino et al. deuten, diein der Zweifachmutante DfliHI eine partielle Suppressor-mutation fanden, welche sich als eine Punktmutation amProtein FlhB herausstellte. Dieses Protein ist Teil der„Schleuse“ des Sekretionskanals, an das FliH und FliI mög-licherweise binden. Eine Mutation an diesem Protein könn-te vielleicht die unvollkommene Bindung eines unbekann-ten, komplementierenden Proteins an den Sekretionsap-parat verbessern und damit zur „partiellen Reparatur“ derSekretion von Motorproteinen führen. Zusätzliche Punkt-mutationen würden vielleicht zu einer weiteren Optimie-rung führen (das Prinzip ist in Junker und Scherer 2006,S. 143ff erläutert) und am Ende könnte eine erfolgreicheKooption eines vorhandenen Proteins stehen. Allerdingsist dieses Szenario hochgradig spekulativ und die Erklä-rung der Suppressormutation könnte auch eine ganz an-dere sein, auch bleiben beim Vergleich der Phänotypender verschiedenen konstruierten Mutanten einige Fragenoffen.

Solche und ähnliche Prozesse (man könnte viele weitereBeispiele nennen) werden von Evolutionsbiologen häufigmit dem eher negativ klingenden Begriff „Flickschusterei“bezeichnet. Man kann den Befund auch positiv formulie-ren und als Ausdruck eines vielfach vernetzten und hoch-gradig robusten Systems verstehen, das über ein hohesMaß an eingebauter potentieller Variabilität verfügt und soein Maximum an Sicherheitssystemen bietet, damit die Zelleauch unter widrigen Bedingungen noch überleben kann.10

Die meisten Gene, die den Bakterienmotorcodieren, wurden auf diese Weise, zunächstaber zufällig, gefunden. Man hat früher nicht-bewegliche Mutanten gesammelt und er-forscht, in welchen Genen sie mutiert waren.Dies mussten Motorgene sein. Heute geht manteilweise gezielt vor, identifiziert mögliche Mo-torgene anhand von Sequenzähnlichkeiten undschaltet sie dann aus, um die Wirkung auf dieMotorstruktur und Motorfunktion zu untersu-chen. In den meisten Fällen findet man, dassdas Ausschalten von Motorgenen einen nicht-beweglichen Phänotyp zur Folge hat. Ein Bei-spiel geben Chaban et al. (2007). Die Autorenarbeiten mit dem Archaebakterium9 Methano-coccus maripaludis. Aufgrund der Genomse-quenz wurde ein vermutetes Flagellenoperonidentifiziert. Die Autoren schalteten gezielt dieGene flaB1, flaB2, flaC, flaF, flaG, flaH und flaIdurch gerichtete Deletion (Verlust) aus und fan-den, dass alle Mutanten bewegungslos waren

sowie unter dem Elektronenmikroskop keineGeißeln aufwiesen. Die Gene waren somit es-sentiell für die Motorfunktion. Über ein ähnli-ches Experiment berichten (Allan et al. 2000)für den Krankheitserreger Helicobacter pylori,die Gene fliF, fliS, flhB, fliQ, fliG und fliI erwie-sen sich ebenfalls als essentiell. Ein umfassen-des derartiges Experiment führten (Rajagopa-la et al. 2007) durch, sie fanden bei Escherichiacoli über 100 Gene, welche die Motilität beein-flussten (vgl. Textkasten 1).

Insgesamt zeigt sich durch derartige Experi-mente, dass sehr viele Gene eines konkretenBakterienmotors essentiell sind, allerdings gibtes durchaus Ausnahmen. (Yokoseki et al. 1995)zeigen sich beispielsweise überrascht darüber,dass knockout Mutanten der Motorgene fliS undfliT nach wie vor beweglich waren, obwohl Ei-nigkeit darüber besteht, dass diese Gene zumBakterienmotor gehören. Das kann zwei Ursa-chen haben: Entweder sind diese Gene nicht

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essentiell. Dann gehören sie nicht zur potenti-ell nicht-reduzierbar komplexen Struktur, die-se wäre somit einfacher gebaut als ursprüng-lich vielleicht angenommen wurde. Es könnteaber auch sein, dass die ausgeschalteten Genedurch andere Gene der Bakterienzelle ersetztwerden, mit anderen Worten, die Zelle ist be-züglich der Funktion solcher Gene redundant.Dann wäre kein sicherer Schluss möglich, obdas ausgeschaltete Protein essentiell ist odernicht (vgl. Textkasten 3).

Von besonderem Interesse sind Mutanten, beiwelchen die Beweglichkeit nicht ausgeschaltet,sondern nur reduziert ist. Ein Beispiel dafür ge-ben Attmannspacher et al. (2008) für Salmonellaenterica. Diese Autoren haben das Protein FliLausgeschaltet, welches im Basalkörper des Fla-gellums lokalisiert ist (graphisch dargestellt in Abb.8 von Attmannspacher et al. 2008). Sie berich-ten, dass die Mutanten nur eine eingeschränkteFähigkeit zum Schwimmen im flüssigen Medi-um haben, dafür aber nicht mehr schwärmenkönnen (unter Schwärmen versteht man diedurch Flagellen verursachte Bewegung auf vis-kosen Agaroberflächen). Zweifellos ist fliL keinessentielles Gen des Motors, obgleich es als erstesGen in einem zentralen Motoroperon liegt. Ver-mutlich trägt es zur mechanischen Stabilität desMotors unter hochviskosen Bedingungen bei.

Ein weiteres Beispiel ist das Gen flaB3 ausdem oben schon erwähnten Methanococcusmaripaludis (Chaban et al. 2007). Eine Deletiondieses Gens führte zur Bewegung in Kreisen,die Zielgerichtetheit der Bewegung war alsogestört. Die elektronenmikroskopische Analy-se ergab, dass Geißeln ausgebildet wurden,denen die „hook“-Struktur (das Winkelstück)fehlte. Das Geißelfilament war bei diesen Mu-tanten direkt an die Rotationsachse angebautworden, was jedoch nicht zu einem gänzlichfunktionsunfähigen Motor führte. In evolutions-theoretischer Hinsicht ist das ein sehr interes-santer Befund. flaB3 ist demnach nicht essenti-ell für eine Rotation des Motors. Hat dieserMotor, der nur zu einer stochastischen Bewe-gung der Zelle führt, vielleicht einen Selekti-onsvorteil der Mutante gegenüber isogenischenZellen zur Folge, deren Motor überhaupt nichtmehr gebildet werden kann? Falls man dies ex-perimentell klären könnte, und falls die Ant-wort positiv ausfiele, könnte man sich die nicht-reduzierbar komplexe Motorstruktur um einGen einfacher vorstellen.

In den meisten Fällen, darunter auch im Falleines konkreten Bakterienmotors, kann vermut-

lich nur sicher gesagt werden, dass eine biolo-gische Struktur hinsichtlich einer gegebenenFunktion einen nicht-reduzierbar komplexen Kernenthält. Der Begriff „irreducible core“ stammtvon Dembski, der die Definition von Behe wei-ter entwickelt hat, allerdings wiederum auf sehrpopulärem Niveau (Dembski 2007). JoshuaSmart hat diese Definition deutlich detaillierterauf einen Bakterienmotor angewendet (Smart2003). Mike Gene hat das Argument dann aufeine fachspezifische Ebene gebracht (Gene2003). Diese Weiterentwicklung des BeheschenArgumentes wurde in einem mir bekannten Fallauch von Evolutionsbiologen anerkannt (Mus-grave 2004).

Wie viele Gene ein solcher Kern umfasst,könnte im Fall eines konkreten Bakterienmo-tors experimentell genauer abgeschätzt wer-den, allerdings nur unter hohem Aufwand(Textkasten 4).

Insgesamt kann man erstens sagen, dassdie Behauptung, eine konkrete biologischeStruktur sei nicht-reduzierbar komplex,grundsätzlich experimentell durch knockout-Mutanten geprüft werden kann. Wenn manzweitens das Merkmal „nichtreduzierbar kom-plex“ nach Behe (s. o.) definiert und auf Bak-terienmotoren anwendet, dann enthalten die-se eine nichtreduzierbar komplexe Kernstruk-tur aus mehreren essentiellen Bauteilen, dennviele Proteine, die einen gegebenen Bakteri-enmotor bilden, können definitiv nicht ausge-schaltet werden, ohne dass die Motorfunkti-on komplett zerstört wird (für andere Funk-tionen s. u.). Wie viele essentielle Proteine eingegebener Bakterienmotor enthalten könnte,wird im nächsten Abschnitt diskutiert.

5.2 Argumente zur nichtreduzierbarenKomplexität des Bakterienmotors ausder vergleichenden Biologie

Durch Vergleiche verschiedener Strukturen mitähnlicher Funktion („similarity search“) kannman wichtige Informationen über die für eineFunktion wirklich notwendigen Bestandteilebekommen. Pallen & Matzke schreiben:

„Despite this diversity, it is clear that all(bacterial) flagella share a conserved coreset of proteins. Of the forty or so proteinsin the standard flagellum of S. typhimuriumstrain LT2 or E. coli K-12, only about halfseem to be universally necessary.“ (Pallen& Matzke 2006)

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Mike Gene (2003) hat 3 Jahre früher eineganz ähnliche Analyse durchgeführt undkommt zu dem Ergebnis, dass 21 Proteine zumKernset eines hypothetischen, ursprünglichenFlagellums gehört haben könnten. Er nenntdieses Flagellum das „UR-IC-Flagellum“, dasin etwa den „core set“ der nicht-reduzierbarkomplexen Struktur aller eubakteriellen Bakte-rienmotoren reflektieren könnte. Liu & Och-man (2007b) kommen in einer neueren Studiezu dem Ergebnis, dass das Kernset aus 24 Ge-nen besteht.

Liu & Ochman (2007b) zeigen im supplemen-tary material ihres PNAS-Artikels (mehr zu die-sem Artikel s. u.) eine Tabelle mit der Analysevon 41 komplett sequenzierten bakteriellenGenomen, welche Flagellum-Gene enthalten.Ich habe die Zahl der Flagellengene gegen dieZahl der Gesamtgene in den jeweiligen Chro-mosomen aufgetragen (Abb. 3). Es wird deut-lich, dass keine Korrelation zwischen Genom-größe und Zahl der Flagellengene besteht. An-gesichts der gut begründeten Vermutung, dassbei kleinen Genomen eine reduktive Evolutionwahrscheinlich ist, bei der nicht unbedingt not-wendige Gene durch Deletion entfallen, sprichtauch dieses Ergebnis dafür, dass die Komplexi-tät eines heutigen (!) Bakterienrotationsmotorsnicht unter einen gewissen Schwellenwert fal-len kann. Bei diesen Analysen muss man aberberücksichtigen, dass durch homology searchmöglicherweise nicht alle für die Motorfunktionnotwendigen Gene gefunden werden, so dassdie Zahl der essentiellen Motorgene möglicher-weise unterschätzt wird.

Die kleine Gruppe von Genomen mit etwader doppelten Zahl von Motorgenen zeigt Fäl-

le an, bei denen Motorgene dupliziert wurdenoder wo zwei verschiedene Motoren pro Zellevorliegen. Dass beides vorkommen kann, wur-de experimentell nachgewiesen. Liu und Och-man haben dazu kürzlich eine vergleichend-biologische Analyse vorgelegt, aus der hervor-geht, dass nach Duplikation der Flagellum-Geneeine vielfach unterschiedliche, linienspezifischeevolutive Desintegration dieser Gene stattge-funden hat (Liu & Ochman 2007a).

Derartige vergleichende Analysen sind mitgewissen methodischen Problemen behaftet, aufdie hier nicht näher eingegangen werden kann,aber immerhin erlauben sie einige grundsätzli-che Einsichten. Man kann festhalten, dass es eineaußerordentlich große Zahl recht unterschiedli-cher eubakterieller Bakterienmotoren gibt, unddass diese einen gemeinsames Set von Protei-nen enthalten.

Wahrscheinlich weist die so gewonnene Zahlnur auf eine untere Grenze der Komplexitätheutiger Bakterienmotoren hin. Methodischbedingt werden nur die Proteine einem core setzugeordnet, welche in allen untersuchten Mo-toren vorkommen. Diese vergleichende Metho-de kann (1) nicht darüber entscheiden, ob dieanderen, zum jeweiligen Motor gehörenden undunterschiedlichen Proteine essentielle Bauteilebilden, die jedoch bei unterschiedlichen Moto-ren unterschiedlich konstruiert sind. Sie kann (2)noch nicht einmal darüber entscheiden, ob imgegeben Fall alle 20 Proteine eines Core setswirklich essentiell sind. Diese Fragen lassen sichnur durch ein für jeden Motortyp gesondertdurchzuführendes Forschungsprogramm klä-ren (vgl. Textkasten 4). In der Zusammenschaumit den unter Abschnitt 5.1 besprochenen Ex-perimenten zur Konstruktion von funktionslo-sen knockout Mutanten wäre es nicht verwun-derlich, wenn etwa 20 Proteine für einen gege-benen Bakterienmotor essentiell sind. Dabeispielt es zunächst keine Rolle, ob die Filament-konstruktion oder die Proteinsekretion oder eineandere wichtige Funktion des Motors durch dieMutation betroffen ist.

Heute existierende Bakterienmotorenenthalten einen nicht-reduzierbar kom-plexen Kern von etwa 20 essentiellenProteinen im Sinne der Definition vonMike Behe. Es ist nicht einfach, die ge-naue Zahl der essentiellen Proteine zuermitteln, und sie könnte bei verschie-denen Bakterienarten verschiedensein.

Abb. 3 Zahl der Bakterien-motorgene in Abhängigkeitvon der Genomgröße ver-schiedener Bakterien. Da-ten aus Liu & Ochman(2007)

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6. Ist der experimentelleNachweis der nichtreduzier-baren Komplexität eines heu-te existierenden Bakterien-motors der finale Beweis fürdessen �Nicht-Evolvierbar-keit�?

Das populär transportierte Kernargument vonID ist der direkte Schluss von der Existenz einesnicht-reduzierbar komplexen Systems auf seineNicht-Evolvierbarkeit. Mike Behe schrieb:

„An irreducibly complex system cannot beproduced directly by numerous, successi-ve, slight modifications of a precursor sy-stem, because any precursor to an irredu-cibly complex system that is missing a partis by definition non-functional. .... Sincenatural selection can only choose systemsthat are already working, then if a biologi-cal system cannot be produced graduallyit would have to arise as an integrated unit,in one fell swoop, for natural selection tohave anything to act on.“ (Behe 1996)

In weiteren Schritten schließt das ID-Konzeptdann aus der graduellen Nicht-Evolvierbarkeiteiner Struktur auf die Existenz eines Designers.Obwohl es richtig sein könnte, dass eine nicht-reduzierbar komplexe Struktur wie der Bakteri-enmotor nicht durch Evolution entstehen kann,

und obwohl es wahr sein könnte, dass der Bak-terienmotor nur durch „Design“ ins Dasein kom-men kann, liegen beide Schlussfolgerung m.E.nicht im Erkenntnishorizont naturwissenschaft-licher Analyse (Scherer 2008b, vgl. auch Fuß-note 11). Die Frage nach der Evolvierbarkeiteiner nicht-reduzierbar komplexen Struktur istaber zentral für die Historische Evolutionstheo-rie und sollte grundsätzlich mit Hilfe der Ergeb-nisse kausaler Evolutionstheorien beantwortbarsein, was weiter unten thematisiert wird.

Zunächst ist anzumerken, dass Behe, so wieviele Autoren von Evolutionslehrbüchern, nurden Darwinschen Evolutionsmechanismus vonMutation und Selektion betrachtet. Davon wirdspäter noch die Rede sein. Aber selbst unter die-ser Beschränkung erweist sich die Lage als kom-plex, was Behe allerdings schon vor über 10Jahren selber erkannt hat, wenn er schreibt:

„Demonstration that a system is irreduci-bly complex is not a proof that there isabsolutely no gradual route to its produc-tion. Although an irreducibly complex sy-stem can’t be produced directly, one can’tdefinitively rule out the possibility of anindirect, circuitous route.“ (Behe 1996)

Mit anderen Worten: Es führt kein Weg dar-an vorbei, sich konkrete Gedanken über diePlausibilität möglicher Evolutionswege zumachen, die von sehr einfachen Strukturendurch bekannte Variationsprozesse hin zu so

Textkasten 4: Forschungsprogramm zur Quantifizierung der für dieFunktion eines Bakterienmotors minimal notwendigen Zahl von Genen

Man kann heute noch nicht genau sagen, wie viele es-sentielle Proteine ein konkreter Bakterienmotor umfasst.Prinzipiell könnte diese Zahl aber experimentell abge-schätzt werden. Das dafür nötige Forschungsprogrammwürde etwa folgende Schritte umfassen:

– Wähle einen konkreten Organismus, z. B. Escherichiacoli– Identifiziere (basierend auf experimentellen Daten oderin silico) alle Gene, die bei der Synthese des E. coli-Flagel-lums möglicherweise eine Rolle spielen.– Erzeuge von jedem putativen Flagellum-Gen eine mark-erlose Deletionsmutante in Form einer Einfachmutation.– Lege experimentelle Verfahren fest, um die Funktiona-lität des Bakterienmotors zu testen (z. B. lichtmikroskopi-sche Beobachtung, Motilitätsassay, swarming assay, elek-tronen-mikroskopische Analyse).

– Definiere einen Maßstab, nach dem eine Zelle als be-weglich, reduziert beweglich oder nicht-beweglich einge-stuft wird.– Diagnostiziere jede Mutante auf Beweglichkeit: (i) Istdie Mutante unbeweglich, dann war das Gen essentiell. (ii)Ist die Beweglichkeit ganz oder eingeschränkt vorhanden,dann könnte das Gen nicht essentiell sein.– Prüfe, ob bei einer Mutante, deren Beweglichkeit nichtoder nur teilweise zerstört ist, möglicherweise ein anderesGen die Funktion des deletierten Gens übernommen hat(z. B. duplizierte Motorgene).– Prüfe, ob eingeschränkte Beweglichkeit einen Selekti-onsvorteil gegenüber Unbeweglichkeit besitzt.

Ein solches Forschungsprogramm könnte ich an meinemLehrstuhl durchführen, die erforderlichen molekulargene-tischen Methoden sind etabliert, doch wären dafür erheb-liche Personal- und Sachmittel nötig.

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komplexen Strukturen wie dem Bakterienmo-tor führen. Das ist ein mühsamer Weg. MichaelBehes provozierende Thesen waren der direk-te Anlass dafür, dass derartige Modellvorstel-lungen durch Matzke (siehe Abschnitt 9) for-muliert wurden. Unabhängig davon, wie plau-sibel diese im Einzelnen sind, muss man zu-nächst anerkennen, dass Behes kritische Argu-mente die wissenschaftliche Diskussion stimu-liert haben. Das gilt auch dann, wenn er nichtrecht haben sollte.

Obwohl alle Bakterienmotoren einennicht-reduzierbar komplexen Kernsetan Proteinen enthalten, folgt darausnicht zwangsläufig, dass sie durch gra-duelle Evolution deshalb grundsätzlichnicht entstehen können.

7. Kann aus der Ähnlichkeitvon verschiedenen Proteinendesselben Bakterienmotorsauf die Evolution des Motorsgeschlossen werden?

In einer viel beachteten Veröffentlichung habenLiu & Ochman (2007b) einen core set von 24Proteinen vorgeschlagen, der in allen bishergenomsequenzierten Eubakterien vorkommt (s.o.). Diese core-Proteine wurden dann im Detailauf ihre Sequenzähnlichkeiten untersucht. DieAutoren behaupten, dass alle core Proteine desangenommenen „Ur-Motors“ einander mehroder weniger ähnlich seien. Aus diesen Ähnlich-keiten schließen sie, dass diese Proteine aus ei-nem gemeinsamen Entwicklungsprozess durchzahlreiche, aufeinander folgende Duplikations-prozesse hervorgegangen sind und dass amAnfang ein einziges, ursprüngliches Motorpro-tein stand. Allerdings behaupten die Autorennicht, dass dieses Motorprotein bereits eine Mo-torfunktion ausübte. Weil die molekularenStammbäume von Motorproteinen und die derbeteiligten Bakterienspezies einigermaßen über-einstimmen, und weil die Motorgene weit überdie Eubakterien verbreitet sind, schließen Liu &Ochman, dass die core-Proteine des Motors vorder Diversifikation der Eubakterien entstandenseien. Science hat in seinem online Magazinumgehend positiv kommentiert (Cutraro 2007).

Zunächst muss man festhalten, dass Ähn-lichkeit durch gemeinsame Abstammung er-klärt werden kann11, dass man daraus aber nicht

auf gemeinsame Abstammung schließen muss.Die in Lehrbüchern und Primärliteratur zahl-reich als Konvergenzen interpretierten Ähn-lichkeiten markieren das Problem. Es gibt un-bestritten Ähnlichkeit, die nicht durch Abstam-mung, sondern funktionell verursacht seinmuss und es ist nahe liegend, dass dies auchauf molekularer Ebene der Fall ist. Es würdeallerdings zu weit führen, die Homologie-Dis-kussion hier aufzurollen, siehe dazu beispiels-weise Junker und Scherer (2006), Junker(2002) und Fehrer (2009). Eine potentielle funk-tionale Ursache für Ähnlichkeit im Sinne vonKonvergenz wird von Liu & Ochman nochnicht einmal als vage Möglichkeit erwähnt.

Überraschenderweise ist dieses Evolutions-modell auf unerwartet harsche und grundlegen-de Kritik seitens evolutionsbiologischer Wissen-schaftler gestoßen. Diese beziehen sich einer-seits auf methodische Fehler der Arbeit undandererseits auf konzeptionelle Probleme. Eineausführliche Sammlung von Argumenten undvon Links hat Nick Matzke in Panda’s Thumbzusammengestellt (Matzke, o.J.), er selber lehntdas Modell von Liu & Ochman ebenfalls ab. In-zwischen wurde eine Korrektur publiziert (Liu& Ochman 2007c), aber darin wird kein Abstrichan der Grundaussage eingeräumt. Im Oktober2007 kommentierte M.Y. Galperin mit Bezug aufPanda’s Thumb diese Veröffentlichung: „ ... whatis true in the paper by Liu and Ochman is notnew, and what is new is not true“ (Galperin 2007).Etwas freundlicher klingend, aber inhaltlich un-missverständlich heftig ist auch die Kritik vonDoolittle12, der aus verschiedenen Gründen dieSpekulation von Liu & Ochman verwirft (Doo-little & Zhaxybayeva 2007).

Die meines Erachtens wichtigste Kritik, diein der Literatur m. W. jedoch gar nicht diskutiertwird, liegt aber auf einer völlig anderen Ebene:Liu & Ochman bieten keinerlei mechanistischesModell dafür an, wie es denn funktionell mög-lich gewesen sein soll, dass sich eine Rotations-motorfunktion schrittweise auf der Grundlagefortlaufender Genduplikation gebildet haben soll.Erst eine solche Hypothese wäre mindestensgedanklich testbar. Damit soll nicht gesagt sein,dass der Ansatz der Autoren gänzlich wertlossei. Es wäre zweifellos wichtig, tatsächlich vor-handene Ähnlichkeiten zwischen Proteinen zuerkennen und nach möglichen verwandtschaft-lichen oder funktionalen Ursachen zu fragen.

Zusammenfassend kann festgehalten wer-den, dass die Spekulation (von einem Modellkann man nicht ernsthaft sprechen) von Liu &

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Ochman keinerlei Beitrag zum Verständnis derEvolution eines Bakterienmotors liefert. Warumein in mehrfacher Hinsicht derart schwacherArtikel in einem der weltweit höchstrangigen na-turwissenschaftlichen Journale erscheinenkonnte, bleibt das Geheimnis des verantwortli-chen Editors Francisco J. Ayala.

Sehr viel interessanter als die Arbeit von Liu& Ochman sind Ansätze, welche zwar hypothe-tische, aber immerhin Zwischenstufen enthal-tende Evolutionswege zur Diskussion stellen,wie sie der Biologiedidaktiker Nicholas Matzkevorgelegt hat. Bevor diese besprochen werden,soll jedoch ihre Grundlage vorgestellt werden,die in der faszinierenden Entdeckung der Multi-funktionalität mancher biologischer Strukturenliegt.

8. Multifunktionalität von Bau-teilen des Bakterienmotors

Mit zunehmenden Sequenzdaten einerseits undwachsenden molekularbiologischen Einsichtenandererseits wird immer deutlicher, dass biolo-gische Strukturen gleichzeitig mehrere Funktio-nen haben können. Besonders eindrücklich istder schon sehr lange bekannte, überraschendeBefund, dass Augenlinsenproteine (Crystalli-ne) sowohl Strukturfunktion als auch enzyma-

tische Funktionen haben können (Piatigorsky1992, Piatigorsky 2003). Ebenfalls sehr interes-sant und von wachsender Bedeutung ist die Exi-stenz von überlappenden Genen (Chung et al.2007, Liang & Landweber 2006, Loessner etal. 1999, Scherer 2008a), d.h. eine Nukleinsäu-resequenz codiert für mehrere verschiedeneProteine. Inwieweit ein plausibler Mechanis-mus für den evolutionären Ursprung dieserDoppelfunktionen bekannt ist, muss an ande-rer Stelle diskutiert werden.

Auch für das Flagellum wurden außer derFunktion als Motor weitere Funktionen beschrie-ben. Die Flagellen der vor allem durch Lebens-mittel übertragenen Krankheitserreger Campy-lobacter jejuni und C. coli üben neben der Mo-torfunktion auch noch Funktionen bei der Se-kretion von Virulenzfaktoren, der Autoaggluti-nation, der Mikrokoloniebildung/Biofilmbildungsowie der Abwehr durch die angeborene Immun-antwort aus (Guerry 2007).

In Abb. 4 sind vier Funktionen genannt. Dasauf der Beobachtung der Multifunktionalität vonSubkomponenten beruhende Evolutionsmodelldes Bakterienmotors beinhaltet als Kernstück dieVorstellung von „Evolution durch Mutation undKooption“ (Gene 2003). Dieses Modell ist ins-besondere durch die Entdeckung entstanden,dass die Proteine des Bakterienmotors durcheinen ähnlichen Mechanismus über Cytoplas-mamembran, Zellwand und äußere Membran

Abb. 4 Ein Bakterienmotorist eine komplexe molekula-re Maschine, die aus mehre-ren, intensiv miteinanderinteragierenden kleinerenmolekularen Maschinenoder Funktionen besteht. Indiesem Bilde sind vier Funk-tionen gezeigt, es existierennoch weitere: Protonen-transport, ATP-Spaltung,Sekretion und Adhäsion (Ad-häsion ist eine einfacheFunktion, keine Maschine).Abbildung des Motormodellsmit Genehmigung (ProtonicNanomachine Project, Ja-pan, http://www.fbs.osaka-u.ac.jp/labs/namba/npn/top.html).

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transportiert werden, wie das bei den Typ 3-Sekretionssystemen (T3SS)13 von pathogenenBakterien gefunden wurde (z. B. (Blocker et al.2003, Galan 2008, Galan & Wolf-Watz 2006,Journet et al. 2005, Pallen & Matzke 2006). Beidiesen ist er besonders gut untersucht, weil essich um einen bedeutenden Virulenzfaktor han-delt. Es ist sozusagen eine molekulare Spritze,mit der ein Krankheitserreger Toxine direkt ineine Wirtszelle injizieren kann („Injektisom“).T3SS können aber auch Proteine direkt in dieZellumgebung abgeben. In Abb. 5 ist ein sche-matisches Modell des Typ 3-Sekretionssystemsdes Krankheitserregers E. coli 0157 dargestellt.Es besteht aus etwa 10 Proteinen, ist also relativkomplex. Man weiß, dass auch das zum Bakte-rienmotor gehörende und für dessen Aufbau un-erlässliche T3SS-Proteine sekretieren kann, dienicht zum Bakterienmotor gehören. Von be-sonderem Interesse ist die neue Erkenntnis,dass der Proteintransport über T3SS nicht ATP-

, sondern protonengetrieben ist und damit vonder gleichen Energiequelle wie die Rotation derFlagelle gespeist wird (Galan 2008).

Daher kann spekuliert werden, dass nicht einkomplexer Bakterienmotor am Anfang stand,sondern dass dieser auf die einfachere Struktureines „primitiven“ Typ 3-Sekretionssystems(ohne Motorfunktion) zurückgeht, welches invielen Evolutionsschritten zusätzliche, bereitsanderweitig in der Zelle vorhandene Proteinekooptierte und durch Mutation veränderte, bisschließlich die heutige, komplexe Motorfunkti-on entstand (Musgrave 2004, Matzke 2006). DerEinwand, dass der Typ 3-Sekretionsapparatabgeleitet und der Bakterienmotor ursprünglichsein könnte, soll hier nicht weiter diskutiertwerden. Darüber hinaus gibt es Hinweise aufeine ganze Reihe weiterer Teilfunktionen desBakterienmotors, wie etwa Virulenzgenregula-tion (Belas & Suvanasuthi 2005) oder die Wahr-nehmung von Feuchtigkeit (Wang et al. 2005).14

Es sieht so aus, als ob das Flagellum darüberhinaus noch genregulatorische Funktionen hat(Anderson et al. 2009).

Solche Doppelfunktionen widersprechennicht der Annahme, das Flagellum sei nicht-re-duzierbar komplex, denn eine Zerstörung desProteinsekretionsapparates des Flagellums führtzum Verlust der Motorfunktion, weil der Motornicht mehr zusammengebaut werden kann. Eswäre sogar denkbar, dass die Gesamtheit derKernproteine jedes Bakterienmotors hinsichtlichder Motorfunktion eine nicht-reduzierbar kom-plexe Struktur ist, und dass der darin enthalteneSekretionsapparat hinsichtlich der Proteinsekre-tion ebenfalls eine – allerdings einfacher gebau-te – nicht-reduzierbar komplexe Struktur (mitanderer Funktion) sein könnte. Zwar ist die Exi-stenz von Zweitfunktionen biologischer Struktu-ren für die Modellierung potentieller Evoluti-onswege außerordentlich bedeutsam (siehe

Abb. 5 Schematische Darstellung des Typ 3-Sekreti-onssystems einer pathogenen Escherichia coli-Zelle(unten). Der Krankheitserreger lagert sich an eineDarmepithelzelle des Wirtes (oben) an. Das Sekreti-onssystem besteht aus einem Apparat, der die im E.coli-Cytoplasma synthetisierten Proteine zunächstüber Cytoplasmamembran, Periplasma und äußereMembran transportiert. Durch eine molekulare „Injek-tionsnadel“ (v.a. aus dem Protein EspA aufgebaut),deren Spitze aus den Proteinen EspD und EspB in dieCytoplasmamembran der Wirtszelle inseriert, gelan-gen Effektorproteine (z. B. EspH, EspG) in deren Cyto-plasma und „versklaven“ die menschliche Zelle. DieErkrankung kann in ungünstigen Fällen zum Tod füh-ren. Schema von Angelika Sell, verändert, aus ver-schiedenen Quellen zusammengestellt.

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unten). Ihre bloße Existenz bedeutet aber kei-neswegs (leider ist das Argument durchausgeläufig), dass damit die Evolution nicht-redu-zierbarer Strukturen schon völlig geklärt sei.

Zweitfunktionen von Teilen der Bakte-rienmotoren sind kein Argument dage-gen, dass diese Motoren in ihrer heuti-gen Form ein – hinsichtlich ihrer Motor-funktion - substantielles nichtreduzier-bar komplexes Kernset an Proteinen ent-halten. Zweitfunktionen können aller-dings als Basis für die Entwicklung vonhypothetischen Evolutionsmodellen mitZwischenstufen dienen.

9. Evolutionäre Entstehungeines Bakterienmotors durchMutation und Kooption nachMatzke

Es besteht kein Zweifel, dass ein Bakterienmo-tor nicht „aus dem nichts“ durch Evolution ent-stehen kann. Wenn der Bakterienmotor evolu-tiv entstanden ist, dann muss es Zwischenstu-fen gegeben haben, die entweder durch Selekti-on oder durch neutrale Evolution in bakteriellenPopulationen fixiert wurden. Diese Zwischen-stufen müssen auf vorhandenen Strukturen auf-gebaut sein, da sie auch nicht de novo entstehenkönnen. Ein Erkenntnisfortschritt ist nur zu er-warten, wenn derartige Zwischenstufen konkretvorgeschlagen und Übergänge zwischen ihnengenauer analysiert werden. Die Entdeckung,dass Teile des Bakterienmotors Zweitfunktio-nen ausüben, war ein wichtiger Schritt in dieseRichtung. Von besonderer Bedeutung war indiesem Zusammenhang die schon erwähnteFähigkeit des Bakterienmotors zur Sekretion vonProteinen.

Man weiß also, dass der T3SS zwar heutezum nichtreduzierbar komplexen Motor gehört,dass dieser Apparat jedoch auch eine andereFunktion hat, die unabhängig vom Rotations-motor ist und deshalb auch unabhängig davonentstehen konnte. Man kann daher spekulieren,dass ein ganz unabhängig vom Motor entstan-denes, vorläufiges T3SS verwendet wurde, umdarauf einen Motor aufzubauen. In anderenWorten: Die Entstehung eines „primitiven“ T3SSwäre damit eine funktionsfähige, durch Selek-tion stabilisierte Zwischenstufe auf dem Wegder Entstehung des Bakterienmotors und so

eine bedeutende Vereinfachung von dessenEvolution. Solche Zwischenstufen wurden auchals Basisfunktionszustände bezeichnet (Junker& Scherer 2006, Scherer 1983).

Es ist das Verdienst von Matzke (2006), dasm. W. bisher einzige spekulative Szenario zurEvolution des Bakterienmotors vorgeschlagenzu haben, welches detailliert genug ist, um test-bar zu sein. In diesem Szenario wird eine Evolu-tionsgeschichte erzählt, die gut geeignet ist, umzunächst einmal theoretisch geprüft zu werden.Ich habe Matzkes Evolutionsschritte zu diesemZweck in Abb. 6 graphisch zusammen gefasst15.

Das von Matzke entworfene Szenario ist einephantasievolle Geschichte (das ist keineswegsabwertend gemeint, jede Naturwissenschaft lebtvon kreativen Hypothesen, mehr dazu in Ab-schnitt 12). Sie beruht auf dem gedanklichenPostulat vieler selektionspositiver Zwischenstu-fen auf einem hypothetischen Evolutionsweg(kumulative Selektion). Allerdings ist die Tatsa-che oder die Vermutung, dass eine neue oderveränderte Struktur die Fitness ihres Trägerserhöht, eine zwar notwendige16, keineswegs abereine hinreichende Bedingung dafür, dass siedurch Evolution entstehen kann. Man muss sol-che Geschichten deshalb einem „reality check“unterwerfen. Dieser kann nur so aussehen17, dassdie verschiedenen notwendigen Voraussetzun-gen für einen postulierten Evolutionsschritt sogenau wie möglich erfasst und die Wahrschein-lichkeiten der evolutionären Übergänge unterBerücksichtigung molekularbiologischer und po-pulationsgenetischer Rahmenbedingungen ab-geschätzt werden.

10. Detailbetrachtung: Koop-tion eines Adhäsin-Proteinsnach Matzke

Das Hauptverdienst von Matzke besteht darin,dass man die einzelnen, von ihm postuliertenEvolutionsschritte 1-11 (Abb. 6) grundsätzlichan bekannten experimentellen Daten prüfenkann. Als Beispiel wähle ich Evolutionsschritt4, und zwar deshalb, weil er sich sehr gut be-gründen lässt: Erstens weist der Bakterienmo-tor eine Sekretionsfunktion auf. Diese soll be-reits auf unbekannte Weise entstanden seinund als Ausgangspunkt dienen. Zweitensweist die Geißel eine Adhäsionsfunktion auf,d. h. die Bakterienzelle kann mit der Geißel anOberflächen binden. Das wurde für verschie-dene Eubakterien wie Escherichia (Giron et al.

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2002, Monteiro-Neto et al. 2003, Nather et al.2006, Parthasarathy et al. 2007), Aeromonas(Gavin et al. 2003, Kirov et al. 2004), Pseu-domonas (Lillehoj et al. 2002), Clostridium (Ta-steyre et al. 2001) oder Shewanella (Caccavo& Das 2002) gezeigt. Auch bei Archaebakte-rien wurde eine Adhäsionsfunktion der Fla-gellen beschrieben (Nather et al. 2006), dochsind diese Strukturen völlig anders als die eu-bakterielle Flagelle aufgebaut (Jarrell et al.2009). Eine Adhäsionsfunktion ist unter be-stimmten Bedingungen ein Selektionsvorteilund könnte sich daher durch Darwinsche Evo-lution etablieren, bevor eine Rotationsfunkti-on des Apparates auftritt. Drittens handelt essich dabei nur um die Kooption (Übernahmein einen neuen Zusammenhang) und Mutati-on eines einzigen Proteins. Weniger als ein Pro-tein kann nicht kooptiert werden, wir habenhier also einen minimalen Kooptionsschritt voruns. Viertens könnte man sich vorstellen, dasseine noch nicht optimale Adhäsionsfunktionvielleicht durch eine überschaubare Zahl vonMutationen in einem präadaptierten Proteinerzeugt werden kann. Fünftens könnte mandann spekulieren, dass sich aus diesem anfäng-lichen Adhäsin durch konsekutive (nachfolgen-de) Mutationen später die multimeren Flagelli-ne (Bausteine der Geißel) entwickelten. Evo-lutionsschritt 4, der in Abb. 7 vereinfachendgraphisch veranschaulicht ist, halte ich für ei-nen der Übergänge auf dem in Abb. 6 be-schriebenen Evolutionsweg, die auf den er-sten Blick am leichtesten zu realisieren zu seinscheinen.

Welche Vorgänge müssen postuliert wer-den, damit eine erfolgreiche Kooption ablau-fen kann? Matzke hat sich nicht mit molekular-biologischen Details befasst. Gerade diese sindfür eine aussagekräftige Beurteilung aber un-erlässlich, deshalb werde ich Matzke ergänzenund im Folgenden beispielhaft auf dieser Ebe-ne argumentieren. In Abb. 8 sind die notwen-digen Anforderungen für den in Abb. 6 skiz-zierten Evolutionsschritt zusammengestellt.

10.1 Präadaption des Vorläufergens

Zunächst sollte das Vorläuferprotein, welcheskooptiert werden soll, gewissen Anforderungenentsprechen, damit der Evolutionsvorgang wahr-scheinlicher wird. Ich setze also voraus, dassdieses Protein prä-adaptiert war (zum Begriff derPräadaption beispielsweise Junker & Scherer2006, oder Ridley 2004). Damit verfügte es übereinige strukturelle Merkmale, die dieses Proteingewissermaßen für das benötigte Adhäsionspro-tein prädestinieren. Dazu gehört erstens, dassein Sekretionssignal vorhanden war, welchesvon einem Sekretionsapparat erkannt werdenkann; dieses Vorläuferprotein sollte also zu den-jenigen gehören, die durch das schon auf un-bekannte Weise evolvierte, „primitive“ Typ 3-Sekretionssystem sekretiert wurden. Zweitenssoll vorausgesetzt werden, dass die Gesamt-struktur des Proteins eine Präadaption an eineAdhäsionsfunktion mitbrachte. Am einfach-sten18 wäre es anzunehmen, dass das Ur-sprungsprotein bereits eine vorangepasste Do-

Abb. 6 Evolution des Bak-terienmotors durch Koopti-on und Mutation nachMatzke (2006). Kooptionenvon vorhandenen Protei-nen sind blau gezeichnet,wobei hier auch Mutatio-nen notwendig sind. Muta-tionsereignisse ohne Koop-tionsereignis sind in roterSchrift ngegeben. Die Ko-option eines Adhäsinsdurch einen Typ 3 Sekreti-onsapparat ist mit einemroten Pfeil hervorgehobenund wird hier als Beispielbenutzt, um die Vorausset-zung für diesen Evolutions-schritt zu prüfen.

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mäne aufwies, die nur noch in eine neue Adhä-sionsspezifität umzuwandeln war. Das ist nichtabwegig, denn beispielsweise ist für jede enzy-matische Funktion auch eine Bindung des zuspaltenden Substrates erforderlich. So mussdurch Mutation keine völlig neue Adhäsions-domäne erzeugt, sondern eine vorhandeneSubstratbindung muss nur noch in eine Adhä-sionsfunktion transformiert werden.

10.2 Mutationen im Vorläufergen (1):Genduplikation

Generell und aus gutem Grund wird vermutet,dass neue Gene vor allem durch Duplikation vonvorhandenen Genen entstehen, wobei die ur-sprüngliche Funktion erhalten bleibt und dieduplizierte Kopie frei ist, durch Mutationen eineabgewandelte oder neue Funktion anzunehmen,ohne dass die alte Funktion zerstört wird (Über-sichten z. B. in (Hughes 1994, Ohta 1989, Rothet al. 2007, Zhang 2003; Lynch 2002). Bergthors-son et al (2007) haben einen Weg beschrieben,wie sich eine neue Funktion aus einer vorherschon vorhandenen Seitenfunktion (sozusageneiner „Präadaptation“) in einer Population eta-blieren könnte. In neueren Arbeiten wird dieEntstehung einer neuen Funktion im Duplikatauch als Neofunktionalisierung bezeichnet (z. B.Beisswanger & Stephan 2008, Teshima & Innan2008). Genduplikationen sind oft beobachteteEreignisse, doch ist es relativ wahrscheinlich,dass als Resultat entweder ein funktionslosesPseudogen entsteht oder dass eine Subfunktio-nalisierung einsetzt. Darunter versteht man eineparallele Veränderung der Funktion des origi-nalen und des duplizierten Gens, so dass beidezusammen die Funktion des ursprünglichenGens ausführen (Hittinger & Carroll 2007, Ho-vav et al. 2008, Lynch et al. 2001). Allerdingskönnte Neofunktionalisierung möglicherweiseauch über Subfunktionalisierung laufen (He &Zhang 2005, Rastogi & Liberles 2005). Ich po-stuliere hier, dass ein präadaptiertes Vorläufer-gen des Adhäsionsproteins zunächst dupliziertwurde und dann durch Mutationen in einer Ko-pie eine Adhäsionsfunktion dazu gewonnen hat(Abb. 7).

10.3 Mutationen im Vorläufergen (2):Bildung einer Adhäsions-Funktion

Wie kommt es im duplizierten, präadaptiertenVorläufergen zur Bildung einer Adhäsinfunkti-on? Man könnte daran denken, dass dieses se-

kretierte Vorläuferprotein Nahrungsquellen fürdas Bakterium erschließt (komplexe Polysaccha-ride, Proteine, Nukleinsäuren) und zu diesemZweck eine entsprechende enzymatische Funk-tion aufwies. Dadurch werden Polymere inMonomere zerlegt, die aufgenommen werdenkönnen. Solche sekretierten, Polymer abbauen-den Proteine könnten aber auch dazu dienen,andere Zellen zu zerstören. Eine ganze Reihevon solchen Enzymen wird beispielsweise inphytopathogenen Mikroorganismen durch Typ2-Sekretion ausgeschieden z. B. Jha et al. (2005).Der Vorteil ist also, dass das Vorläuferproteinschon über eine Bindestelle verfügen würde.Diese müsste jetzt nur noch so umgebaut wer-den, dass eine zuverlässige Bindung ohne enzy-matische Aktivität erfolgt. Der Selektionsvorteilder Bindung eines Bakteriums an ein abiotischesSubstrat oder eine Pflanzenoberfläche liegt aufder Hand.

Kann man die Zahl der erforderlichen Muta-tionen am Ursprungsprotein abschätzen? Alseinfaches Modell sehe ich ein polysaccharidab-bauendes Enzym an (solche sekretierten Enzy-me sind häufig). Es hat eine enzymatische Funk-tion, die Polysaccharide in Monomere oder Oli-gomere zerlegt. Diese umfasst Substratbindung,diese Domäne könnte in eine Adhäsionsdomä-ne umgewandelt werden. Wenn sehr ähnlicheSubstrate vorliegen, kann die Bindungsspezifi-tät oder auch die Affinität an Polysaccharidedurch einzelne Punktmutationen verändertwerden (für Polysaccharidbindungsproteinesiehe z. B. Simpson et al 2000; für enzymati-sche Aktivitäten gibt es viele derartige Fälle,vgl. Junker & Scherer 2006, Seite 143f). Wenn

Abb. 7 Kooption und Mu-tation eines präadaptiertenAdhäsionsprotein an einenvorhandenen Typ 3 Sekreti-onsapparat. Der vorausge-setzte Sekretionsapparat istsehr vereinfacht blau skiz-ziert, das präadaptierte Pro-tein, welches im Cytoplas-ma gebildet und dann überden Sekretionspparat sekre-tiert wird, ist gelb gezeich-net. Es soll bereits eineVorläufer-Adhäsionsdomä-ne besitzen. Nach Kooptionund Mutation bindet dasjetzt in ein Adhäsin verwan-delte Protein an ein Proteinauf der Außenseite des Se-kretionsapparates (schwar-ze Hantel) und kann sichvon dort aus an ein extra-zelluläres Substrat anhef-ten.

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aus einer Polysaccharidbindungsstelle eine Bin-dung für andere Kohlenhydrattypen neu er-zeugt werden soll, dann liegt die erforderlicheZahl der Mutationen allerdings zwischen vierund 10 Aminosäureänderungen (Gunnarssonet al. 2004). Voraussetzungen für einen Erfolgin dem hier betrachteten Beispiel sind, dass

(i) die enzymatische Funktion zerstört wird,(ii) die Bindungsfunktion gleichzeitig erhaltenbleibt und(iii) so gestaltet wird, dass sie eine hinreichendhohe Affinität zum Substrat bekommt, um einefeste Bindung des Bakteriums zu gewährleisten.

Alternativ kann man sich vorstellen, dassein intrazelluläres „Adhäsin“, das möglicherwei-se bakterielle Polysaccharide binden konnte19,in ein Adäsin umgewandelt wurde, das eine ex-trazelluläre Polysaccharidmatrix erkennt. Viel-leicht kann die Umgestaltung der aktiven Seitedes Proteins durch nur zwei Punktmutationenauf dem einen oder anderen Weg erreicht wer-den. Dazu sind m. W. zwar keine Experimentebekannt. Solche könnte man aber durchfüh-ren, um diese Behauptung zu testen.20

10.4 Mutationen im Vorläufergen (3):Kopplung des Adhäsinproteins an dieSekretionsmaschine (Kooption)

Ein freies Adhäsionsprotein bringt keinen Se-lektionsvorteil für die Zelle, das Protein mussan die Zelloberfläche gekoppelt werden. Damit

später eine weitergehende Evolution zum Bak-terienmotor postuliert werden kann, muss dieKopplung an eines der auf der Zellaußenseiteliegenden Proteine des schon vorhandenen Typ3-Sekretionsapparates erfolgen21. Es geht alsoum die Neuentstehung einer sehr stabilen, nicht-kovalenten Protein-Protein-Kopplung. Wievie-le Mutationen sind dafür erforderlich? Die Er-zeugung neuer Bindungsspezifitäten in Protei-nen durch Laborevolution hat sich aufgrund bio-technologischer Interessen zu einem boomen-den Forschungsgebiet entwickelt (Übersichtenin Bersthein & Tawfik 2008, Kaur & Sharma2006). Hier interessieren die Fälle, in denen auseiner Vorläuferstruktur, die bereits Bindungsfä-higkeit besitzt (sog. scaffold22, Skerra 2007) eineneue Bindungsdomäne erzeugt wird, wobei imvorliegenden Zusammenhang nur reine Zufalls-prozesse betrachtet werden, also die erstmaligeEntstehung einer Bindungsfunktion. Optimieren-de Darwinsche Evolution, die auf bereits ent-standenen Funktionen aufbaut und diese selek-tionsgetrieben verändert, wäre zwangsläufig imweiteren Verlauf der Evolution zu erwarten.

In einer ganzen Reihe von neueren Arbeitenhat man aus vorhandenen scaffold-Genen stoch-astisch und vielfach mutierte Genbibliothekengewonnen, die bis zu 1013 verschiedene Varian-ten enthalten. Daraus wurden die Individuenselektiert, die eine neue Bindungsaktivität auf-weisen. Dabei zeigt sich, dass Bindungsdomä-nen im Sequenzraum nicht allzu selten sind undbezüglich mancher Bindungssubstrate sogar ver-gleichsweise häufig vorkommen. Wenige Bei-spiele seien genannt, ich beginne mit der Ent-stehung von Proteinbindungsdomänen, die anmittelgroße Determinanten koppeln (darüberweiß man besonders viel, weil das biotechnolo-gisch relevant ist). Wenn man den Lipocalins-caffold zugrunde legt, dann werden neue Bin-dungsdomänen für Digoxygenin aus ca. 15 neu-en Aminosäuren aufgebaut (Schlehuber et al.2000), die für Phthalsäureester ebenfalls aus 14-16 neuen Aminosäuren (Mercader & Skerra2002), die für Fluorescin benötigt etwa die glei-che Zahl neuer Aminosäuren (Beste et al. 1999).Bei der Kopplung eines Adhäsins an den Sekre-tionsapparat wird eine hochaffine Protein-Pro-teinkopplung benötigt. Auch eine solche wur-de auf der Grundlage des Lipocalinscaffoldsgewonnen (Xu et al. 2002), etwa 20 neue Ami-nosäuren waren beteiligt. An einem anderenscaffold konnte man zeigen, dass eine Protein-bindungsdomäne aus einem Polysaccharidbin-dungsscaffold auch aus 9-12 neuen Aminosäu-

Abb. 8 Zusammenstellungder Voraussetzungen undVeränderungen, die für dieKooption und Mutation ei-nes präadaptierten Vorläu-ferproteins für ein Adhäsinim Text diskutiert werden.

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scher Kräfte entstehen. Man muss bedenken,dass bei Bindung eines Bakteriums an ein festesSubstrat selbst bei leichten Strömungen enor-me Zug- und Scherkräfte auf den Sekretionsap-parat wirken, denn dessen Größe im Verhältniszur gesamten Zellmasse ist sehr klein. Das giltauch dann, wenn eine Zelle mehrere Kopien desSekretionsapparates ausbildet. Die vielfältigenProtein-Protein-Interaktionen innerhalb des Se-kretionsapparates sind sicher nicht auf dieseZugkräfte ausgelegt, auch dieses Problem müs-ste vermutlich durch kompensatorische Muta-tionen ausgeglichen werden.

Wie viele derartige kompensatorische Mu-tationen sind nötig? Die Antwort auf diese Fra-ge kennt niemand, die experimentelle Klärungdürfte schwierig sein und deshalb kann an die-ser Stelle vorläufig nur ein Fragezeichen stehen.

10.6 Regulation der Expression desAdhäsins

Damit ein funktionsfähiges Gesamtkonstruktentsteht, ist es notwendig, dass die Steuerungder Genexpression des duplizierten und mu-tierten Adhäsins einigermaßen passend ist. Dasneue Adhäsin muss ungefähr zur richtigen Zeitund in etwa in der richtigen Menge produziertwerden (Optimierungen durch nachfolgendeDarwinsche Evolution sind kein grundsätzlichesProblem). Die zugehörigen Regulationselementemüssen also durch Mutation auch gleichzeitigentstehen. Wie viele Veränderungen in der Pro-motorstruktur des duplizierten Gens dafür not-

ren entstehen kann (Gunnarsson et al. 2004).Diese Ergebnisse muss man in unserem Zu-sammenhang jedoch differenziert betrachten.Aus den Genbibliotheken wurden aufgrund desexperimentellen Ansatzes nur höchstaffineVarianten isoliert. Man kann ganz sicher da-von ausgehen, dass in den Bibliotheken auchweniger affine Varianten enthalten waren, diemit weniger neuen Aminosäureveränderungenauskommen. Allerdings muss die in unseremZusammenhang gesuchte Kopplung von An-fang an recht stabil sein, weil bei der Bindungdes Bakteriums an eine Oberfläche durch dasAdhäsin dieses sonst vom Sekretionsapparatweggerissen würde. Ich schlage als Arbeitshy-pothese vor, dass eine hinreichend starke, neu-artige Bindung an den Sekretionsapparat nurfünf Aminosäureänderungen am Vorläuferpro-tein erfordert. Dabei muss zusätzlich beachtetwerden, dass Aminosäureänderungen, die zurKopplung an den Sekretionsapparat führen, dieAdhäsionsstelle des Proteins an das externeSubstrat nicht verändert. Möglicherweise istdie Zahl fünf eher tief gegriffen.

10.5 Mutationen im Sekretionsapparat

Das Adhäsionsprotein koppelt also an den Se-kretionsapparat. Das hat eine Reihe von Kon-sequenzen, die in Abb. 9 zusammengefasst sind.Zunächst hemmt die Bindung eines Proteinsan ein anderes Protein häufig die Funktion desersten Proteins, was man in der Molekularbio-logie seit Jahren zum Nachweis dafür benutzt,dass ein Protein eben eine bestimmte Funkti-on ausübt (z. B. Hemmung einer Reaktion durchAntikörperbindung). Das wäre jedoch in unse-rem Fall inakzeptabel, denn der Sekretionsap-parat muss unbedingt funktionsfähig bleiben.Es wird deshalb vorgeschlagen, dass auch derSekretionsapparat zunächst in dem betroffenenKopplungsprotein durch Mutationen so verän-dert wird, dass die Funktion dieses Proteinsnicht zu stark gehemmt wird. Außerdem darfdurch diese Veränderungen die Funktion deranderen Proteine des Sekretionsapparates, dieBindungspartner des betroffenen Sekretions-protein sind, nicht zu stark beeinträchtigt wer-den. Vielleicht sind hierfür weitere Mutatio-nen erforderlich? Mutationen, die eine nega-tive Folge einer vorigen Mutation aufheben,sind als kompensatorische Mutationen bekannt(Übersicht z. B. in Ferrer-Costa et al. 2007).

Eine zusätzliche Komplikation dürfte durchdas Auftreten bisher nicht wirkender mechani-

Abb. 9 Interaktionen desSekretionsapparates/Ad-häsins mit dem Substratfür die Adhäsion und dar-aus folgende Wechselwir-kungen sowie deren Be-deutung für die Interaktionverschiedener Proteinedes Sekretionsapparates(schematische Darstel-lung), Einzelheiten im Text

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wendig sind, kann derzeit datengestützt nichtabgeschätzt werden. Andererseits könnte manpostulieren, dass das duplizierte Gen durch nicht-homologe, intrachromosomale Rekombinationin ein Operon des Sekretionsapparates transfe-riert wird; damit hätte man zugleich die zeitli-che Expressionssteuerung und vielleicht stimmtdie produzierte Menge ja zufällig auch einiger-maßen. Wie häufig ist eine solche lokal passen-de, doppelte intrachromosomale Rekombinati-on? Zuverlässige Messdaten zu solchen Fre-quenzen existieren m. W. kaum, aber ich schät-ze sie auf kleiner als 10-9 pro Zelle und Replika-tion (Hülter & Wackernagel 2008).

10.7 Fixierung der beiden neuen Loci inder Population

Häufig bleibt bei der Erzählung evolutionä-rer Geschichten ein weiteres, wichtiges Detailunerwähnt. Vorausgesetzt, alle o. g. Änderun-gen seien irgendwie zustande gekommen:Nun muss sich die betroffene Bakterienzelleerst noch gegen ihre Konkurrenten durchset-zen. Das wird einerseits nur gelingen, wennder positive Selektionskoeffizient hinreichendstark ist. Aber unabhängig davon besteht diesignifikante Chance, dass trotz eines positivenSelektionskoeffizienten die neue Konstruktiondurch Gendrift zufällig verschwindet, bevorsie die Chance hatte, sich durch Selektiondurchzusetzen.

Die Fixierung von Mutationen in einer Po-pulation kann auch durch Neutrale Evolutionund damit zunächst ohne Darwinsche Selektionerfolgen. Aus diesem Grund kann durch dieMultiplikation der Einzelwahrscheinlichkeitennur die Wahrscheinlichkeit der Entstehung ei-ner Struktur pro Zelle und pro Generation ange-geben werden. Das Potential neutraler Evoluti-on wird in Junker & Scherer (2006, Seite 139fund 162f) sowie in Scherer (2011, in Vorberei-tung) diskutiert. Dort wird begründet, warumdie Neutrale Evolutionstheorie – so bedeutendsie für das Verständnis evolutionärer Prozesseist – m.E. derzeit keine überzeugende Lösung desMakroevolutionsproblems auf molekularer Ba-sis bietet.

10.8 Kann die Wahrscheinlichkeit derEntstehung eines Bakterienmotorsabgeschätzt werden?

Wie die vorstehende Diskussion gezeigt hat,kann die Evolutionsgeschichte von Matzke

deutlich detaillierter erzählt werden. Das ersterlaubt einen allerdings noch sehr groben rea-lity check der Geschichte. Manches kann mandabei datengestützt abschätzen, anderes man-gels Daten dagegen (noch?) nicht. Der Schlussist m. E. offensichtlich, dass die Gesamtwahr-scheinlichkeit für den betrachteten Evolutions-schritt sehr klein ist. Wie klein? Behe meint:

„However, as the complexity of an interac-ting system increases, the likelihood ofsuch an indirect route drops precipitous-ly. And as the number of unexplained, ir-reducibly complex biological systemsincreases, our confidence that Darwin’s cri-terion of failure has been met skyrocketstoward the maximum that science allows.“(Behe 1996)

Das ist eine steile Behauptung. Kann manzur „Wahrscheinlichkeit“ oder „Unwahrschein-lichkeit“ der Evolution eines Bakterienmotorseine Zahl nennen? Man könnte die Zahl der ab-geschätzten Mutationen als unabhängig vonein-ander nehmen, ihre Einzelhäufigkeiten deshalbmultiplizieren, und bekäme dann eine ver-schwindend winzige Zahl für das gleichzeitigeAuftreten der Ereignisse in einer Zelle währendeiner Generation. Abgesehen von der Proble-matik der neutralen Evolution, welche eine sol-che Abschätzung unmöglich macht (Junker &Scherer 2006, Seite 162f) würde diese Zahl eineunrealistische Exaktheit des Ergebnisses vortäu-schen. Sie würde vielleicht auch den Schluss na-helegen, durch dieses Ergebnis sei die Evoluti-on des zur Diskussion stehenden Evolutionspro-zesses widerlegt. Beides liegt nicht in meinerAbsicht.

Es sei nochmals darauf hingewiesen, dassaus der Evolutionsgeschichte zur Entstehung desBakterienmotors (Abb. 6) bewusst einer der ein-fachsten und am besten begründbaren Schrittefür diese Diskussion ausgewählt wurde. Dieanderen postulierten Evolutionsschritte sindzum Teil weitaus komplexer. Meine Schlussfol-gerung aus der in diesem Abschnitt geführtenDiskussion lautet deshalb:

Es ist unbekannt, wie durch Kooptionund Mutation im Laufe der hypotheti-schen Entstehung des Bakterienmotorsder Zugewinn eines Adhäsins hätte ab-laufen können.

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11.Matzkes Evolutionsszena-rio ist keine belastbare Hypo-these zur Entstehung desBakterienrotationsmotors

Unter anderem aus folgenden Gründen erweistsich Matzkes Kooptionshypothese zur Evoluti-on des eubakteriellen Flagellums m.E. nicht alsbelastbare wissenschaftliche Hypothese.

11.1 Sind alle Zwischenstufen in Matz-kes Modell selektionspositiv?

Bei manchen von Matzke postulierten Evoluti-onsschritten bleibt fraglich, ob die postuliertenEvolutionsschritte tatsächlich einen Selektions-vorteil aufweisen. Ob beispielsweise die Schrit-te 5-8 in Abb. 6 selektionspositiv sind, erschließtsich jedenfalls nicht auf den ersten Blick, dochmüsste diese Frage im Detail diskutiert wer-den.

11.2 Das Problem des grundlegendenUmbaus von Strukturen durch Mutatio-nen

Wenn man abschätzen will, ob ein postulierterEvolutionsschritt so oder ähnlich tatsächlichhätte ablaufen können, dann muss man viel tie-fer in molekulargenetische, mechanistischeDetails einsteigen, als dies in Matzke (2006) ge-schehen ist. Aus Matzkes Evolutionsgeschichtezur Entstehung des Bakterienmotors (Abb. 3)wurde einer der einfachsten und am besten be-gründbaren Schritte ausgewählt und hinsicht-lich der vermutlich notwendigen Umbauten inden beteiligten Strukturen analysiert. Dabei er-gibt sich eine ganze Reihe von schwerwiegen-den, ungelösten Problemen. Meine Schlussfol-gerung aus dieser Diskussion lautet: Es ist unbe-kannt, wie durch Kooption und Variation imLaufe der hypothetischen Entstehung des Bakteri-enmotors der Zugewinn eines Adhäsins hätte ab-laufen können. Trotzdem könnte es sein, dasswichtige Faktoren übersehen wurden und dassdie Kooption eines Adhäsionsproteins an einenSekretionsapparat irgendwie auf einem ande-ren Wege erfolgte. Vielleicht werden weitereAnalysen das Problem lösen. Dann ergäbe sichdas im Folgenden dargestellte Problem.

11.3 Das Problem der evolutionärenKanalisierung

Sofern der Selektionskoeffizient groß genug ist,wird sich eine primitive, anfängliche Adhäsions-funktion in einer Population durchsetzen undwird darüber hinaus im weiteren Evolutionsver-lauf durch den Darwinschen Selektionsmecha-nismus, welcher eine biologische Gesetzmäßig-keit darstellt, mit Notwendigkeit optimiert wer-den. Das wird graduell durch einzelne Mutatio-nen in der Bindestelle und anderswo im Adhä-sin sowie am Sekretionsapparat erfolgen. Jeweiter dieser Optimierungsprozess fortschrei-tet, desto schwieriger wird es, an diese Funkti-on später eine neue Eigenschaft anzukoppeln,wie etwa Pilusbildung mit Kanal oder Rotation.Daraus ergibt sich, dass eine Adhäsionsfunkti-on (sollte sie denn entstehen) in eine evolutio-näre Sackgasse führen muss, was die Entstehungeiner rotierenden Flagelle anbelangt.

11.4 Das Problem der Begrenzung desVariationsraumes durch Mehrfachfunk-tionen

Von Matzke wird postuliert, dass mehrere Ad-häsine aneinander koppeln und auf diese Wei-se Adhäsinkomplexe entstehen, welche dieBindungsfunktion steigern (Matzke 2006, Stu-fe 3b). Damit das Sekretionssystem dabei nichtin seiner Funktion beeinträchtigt wird, mussman mit Matzke postulieren, dass die mono-meren Adhäsine sich zu einem multimeren*Ring am Sekretionsapparat zusammenlagernund dabei eine Pore bilden, durch welche se-kretierte Proteine ihren Weg nach außen fin-den können. Das wäre für eine Adhäsionsfunk-tion allerdings völlig unnötig und würde eineunbekannte Zahl zusätzlicher Änderungen anden Adhäsinproteinen benötigen, damit dieseaneinander und an den Sekretionsapparat bin-den und den Sekretionskanal bilden können.Eine Steigerung der Zahl der Adhäsinprotei-ne wäre viel einfacher durch Bindung von Ad-häsinen an Zelloberflächenstrukturen zu er-reichen, welche die Sekretionsfunktion garnicht tangieren.

Das zugrunde liegende, allgemeine Pro-blem ist die Begrenzung des Variationsraumesund daher der Evolutionsmöglichkeiten, wennStrukturen eine Doppelfunktion ausführenmüssen (oder später ausführen sollen) – hierein einzelnes Protein, das (1) eine Adhäsions-

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funktion bereits ausübt und (2) zusätzlich ei-nen Sekretionskanal bilden und (3) später ro-tieren soll. Entweder wird auf Steigerung derAdhäsion hin optimiert, oder auf Bildung ei-nes Sekretionskanals. Beides zugleich ist sehrunwahrscheinlich, weil durch die erforderlicheDoppelfunktion nur wenige Mutationen ziel-führend sein werden. Dagegen wird es sehrviele Mutationen geben, die eine Adhäsions-funktion verbessern. Der im Darwinschen Se-lektionsprozess eingebaute „Optimierungs-zwang“ wird nicht zur Bildung eines adhäsi-ven Sekretionskanals, sondern zu einer opti-mierten Adhäsion führen. Sollte aber entgegender Darwinschen Selektionstheorie ein Sekre-tionskanal gebildet werden, wird der Variati-onsraum für eine spätere Rotation desselbendesto mehr eingeschränkt (evolutionäre Kana-lisierung).

11.5 Darwinsche Evolution steht derFlagellen-Evolution entgegen

Evolutionäre Kanalisierung und Mehrfachfunk-tionen von Einzelbausteinen führen dazu, dassdie auf eine Adhäsion folgende Evolutionsstu-fe des Adhäsinrings im realen Evolutionsver-lauf keine realistische Option darstellt. Das Pro-blem ist in Abb. 10 illustriert. Das an eine Sekre-tionsmaschine gekoppelte Adhäsin wird zu-nächst suboptimal funktionieren und auch dieSekretionsfunktion dürfte anfänglich gestörtsein, denn man muss ja davon ausgehen, dasszunächst möglichst wenige Mutationen einenoch „primitive“ neue Funktion erzeugt ha-ben. Alle zur Verfügung stehenden experimen-

tellen Daten zur Evolution bei Bakterien zei-gen übereinstimmend, dass in diesem Fall eineOptimierung und schließlich Perfektionierungder noch suboptimalen Funktionen durch ein-zelne Punktmutationen erfolgt. Das ist der Evo-lutionsweg, der in Abb. 10 nach unten weist. Jebesser die Optimierung wird, desto weiter ent-fernt sich die Struktur im Mutationsraum vonder eigentlich angestrebten neuen Funktion desSekretionskanals (der überdies keinen offen-sichtlichen Selektionsvorteil aufweist). Die Bil-dung eines aus Adhäsinmonomeren aufgebau-ten Sekretionskanals ist mit einer nicht uner-heblichen Zahl von Veränderungen am Sekre-tionssystem, den Adhäsinen und der Regulati-on von deren Expression verbunden. Ein der-artiges multifaktorielles Ereignis wird sehr, sehrselten auftreten und es steht in ständiger Kon-kurrenz mit den häufigen Optimierungsereig-nissen der bereits bestehenden Adhäsin/Sekre-tionsfunktion. Der Darwinsche Selektionsme-chanismus als eine biologische Gesetzmäßig-keit wird daher mit Notwendigkeit dazu füh-ren, dass der „falsche“ Evolutionsweg einge-schlagen wird. Hinsichtlich der Evolution ei-nes Flagellums führt die Darwinsche Evoluti-on, welche auf eine hypothetische Entstehungdes Adhäsin/Sekretionssystems folgt, überdessen zwangsläufige Optimierung in eine se-lektionspositive Sackgasse.

11.6 Versteckte Teleologie

Am Beispiel der eben beschriebenen Bildungeines anfänglichen Sekretionskanals aus einemRing von Adhäsinproteinen wird deutlich, dass

Abb. 10 EvolutionäreKanalisation führt über diebiologische Gesetzmäßig-keit des Darwinschen Evo-lutionsmechanismuszwangsläufig zu einer Op-timierung der hypotheti-schen, neu entstandenenAdhäsin/Sekretionsappa-rat-Kopplung (dickerschwarzer Pfeil) und damitweg vom eigentlich ge-wünschten Evolutionswegzum Flagellum (gepunkte-ter roter Pfeil nach rechts).Der nach Matzke auf demEvolutionsweg liegende„Adhäsionsring“ (rechterKasten) weist zudem kei-nen überzeugenden Selek-tionsvorteil auf.

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sich Matzke diesen Ring nur deshalb gedank-lich zurecht gelegt hat, damit er ihn später alsBasis für die weitere Polymerisierung von Ad-häsinproteinen zur Bildung eines Flagellumsbenutzen kann. In anderen Worten: Matzke hat(nicht nur bei diesem Schritt) eine nicht genann-te und dem unkundigen Leser verborgene te-leologische (also zielgerichtete) Komponentein seinem Evolutionsmodell versteckt, um dasModell überhaupt plausibel machen zu kön-nen. So etwas ist im Rahmen einer naturalisti-schen Evolutionsbiologie eigentlich strengstensverboten.

11.7 Matzkes Modell wird bis heute inder Fachliteratur nicht diskutiert

Soweit mir bekannt, wurde Matzkes Modell inder referierten evolutionsbiologischen und mi-krobiologischen Fachliteratur bis heute nichtdiskutiert.23 Das ist erstaunlich, weil die Evolu-tion des bakteriellen Flagellums das öffentlicheParadebeispiel in der Diskussion um IntelligentDesign in den USA ist. Außerdem wurden alter-native mechanistische (und somit theoretischtestbare) Evolutionsmodelle zum Bakterienmo-tor m.W. bis heute nicht vorgeschlagen. Darfman daraus schließen, dass die Fachwelt – so-fern sie überhaupt Kenntnis davon genommenhat – Matzkes Modell für wenig überzeugendhält?

11.8 Matzke verzichtet auf die Diskus-sion seines eigenen Evolutionsmodells

Zusammen mit Mark Pallen hat Matzke eineumfangreiche und lesenswerte Veröffentli-chung in einem weltweit führenden mikrobio-logischen Fachjournal über die Evolution desBakterienmotors vorgelegt (Pallen & Matzke2006). Matzkes einschlägiges, oben besproche-nes Evolutionsmodell haben die beiden Auto-ren in ihrer eigenen Arbeit jedoch weder dis-kutiert noch als Argument benutzt.24 Trotzdemhat sich Johannes Sikorski kürzlich MatzkesModell ohne inhaltliche Kritik oder Modifikati-on umfassend angeschlossen und es als „beein-druckendes und belastbares Modell zur Evolu-tion des bakteriellen Flagellensystems“ gelobt(2009, 278). Diese Einschätzung entspricht denverfügbaren Daten nicht (s.o.) und wird vonder Fachwelt jedenfalls bisher nicht unterstützt.

12. Konsequenzen fürAbschnitt 9.4 in Junker &Scherer (2006)

In Junker & Scherer (2006, Seiten 157-163)wurde davon ausgegangen, dass ein „primitiver“Typ 3-Sekretionsapparat durch den Umbau von16 prä-adaptierten Proteinen in einen einfachenbakteriellen Rotationsmotor verwandelt wird,wobei für den Umbau eines Proteins 10 Muta-tionen veranschlagt wurden. Diese Zahl wurdeaus experimentellen Arbeiten zum Funktions-wechsel von Proteinen abgeleitet und entsprichtungefähr der auf Grund anderer Quellen gewon-nenen Anzahl von Veränderungen, die in Abb. 8dieser Arbeit für das Beispiel der Kooption desAdhäsins zusammengestellt sind. Die Kernbe-hauptung des Matzke-Modells besteht nun dar-in, dass diese 16 Proteine nicht gleichzeitig vor-handen sein mussten, falls sich der Evolutions-ablauf in verschiedene selektionspositive Stu-fen unterteilen lässt. In Junker & Scherer (2006,Seite 158) wurden solche selektionspositivenZwischenstufen „Basisfunktionszustände“ ge-nannt. Wenn Matzkes Modell zutrifft, dann wä-ren zwei selektionspositive Basiszustände vielweniger weit voneinander entfernt als in Junker& Scherer (2006, Seite162) angenommen wur-de. Zwar wären sie immer noch derart weit von-einander entfernt, dass unbekannt bleibt, wie derAbstand zwischen zwei selektionspositiven Zu-ständen durch bekannte Evolutionsfaktorenüberwunden werden könnte, aber das ändertnichts an der Tatsache, dass die zu überwin-dende Lücke weit kleiner wäre, als von Junker& Scherer angenommen.

Zwar ist es zweifelhaft, ob Matzkes Modellgrundsätzlich zielführend ist. Dies hängt mitden in Anschnitt 11.3 und 11.4 dargestelltenSachverhalten der evolutionären Kanalisierungund der Mehrfachfunktionen von Strukturenzusammen. Matzke nimmt zweierlei an: Er-stens sollen die angegebenen Zwischenstufenalle selektionspositiv sein. Das wäre im Einzel-nen durchaus zu prüfen (siehe 11.1). Zweitensnimmt Matzke an, dass bei Erreichen einer Stu-fe (z. B. der Kooption eines Adhäsins) die dar-auf folgende Stufe (der Adhäsinring als anfäng-licher Sekretionskanal) eine durch den unge-richteten Evolutionsprozess tatsächlich wähl-bare Option ist. Das ist jedoch im konkret be-sprochenen Beispiel gerade nicht der Fall –Matzke muss hier ein teleologisches Elementeinführen. Damit ist die Kooption eines Adhä-sins keine brauchbare Vorstufe zur Entstehung

26

einer rotierenden Geißel (vgl. Abschnitt 11.3bis 11.5), sondern in dieser Hinsicht eine evo-lutionäre Sackgasse. Es sieht beim derzeitigenArgumentationsstand m. E. so aus, als ob Matz-kes Modell nicht ohne weiteres selektionsposi-tive Basisfunktionszustände beschreibt, die voneiner primitiven Typ 3-Sekretion über kleinsteSchritte zu einem Bakterienrotationsmotor füh-ren.

Um keine Missverständnisse aufkommen zulassen: Trotz der Kritik wird anerkennend fest-gehalten, dass es in jedem Fall ein großes Ver-dienst von Matzkes Modell ist, die Argumenta-tion auf eine qualitative neue Ebene gehoben zuhaben. Der betroffene Abschnitt in Junker &Scherer wird in einer geplanten Neuauflage da-her entlang der hier dargestellten Argumentati-on, die ohne Matzkes Modell nicht entstandenwäre, neu formuliert werden.

13. Evolutionary story tellingund evolutionsbiologischeWissenslücken

Wir wissen m. E. bisher also nicht, auf welchemevolutionären Weg ein Bakterienmotor entstan-den sein könnte. Statt begründeter naturwis-senschaftlicher Theorien werden in solchenFällen mitunter ad hoc-Spekulationen geäußertund für eine ausreichende Erklärung gehalten.Das kommt zwar vor allem unter Laien vor,wird jedoch zuweilen auch in wissenschaftli-cher Literatur beobachtet. Die Argumentati-on geht oft in die Richtung, dass eine ange-nommene Struktur gegenüber einer ange-nommenen Vorläuferstruktur einen Selek-tionsvorteil aufweist, was den Evolutionsvor-gang insgesamt schon völlig plausibel erschei-nen lassen soll. Egbert Leigh setzte sich mitder auch heute noch weit verbreiteten Ansicht,dass die bloße Aufzählung von hypothetischenSelektionsvorteilen die Evolution des Lebenshinreichend erkläre, kritisch auseinander(Leigh 1999). Er zitiert zunächst Antnonovics(1987): „Too many biologists behaved as if toimagine a use for an organ is ... equivalent toexplaining its origin by natural selection wit-hout further inquiry“ und dann Gould & Le-wontin (1979), die diesen Ansatz als „adapti-ve storytelling“ bezeichneten. Gould und Le-wontin machten sich mit dieser Bezeichnungwohl ein wenig über den „Allmachtsanspruch“der Selektionstheorie lustig, wie er z. B. be-

sonders krass bei Dawkins (1987, 2008), aberkeineswegs nur dort auftaucht. Lynch (2007)kommentiert Dawkins religiös wirkenden Ab-solutheitsanspruch ziemlich ironisch:„Dawkins‘ agenda to spread the word on theawesome power of natural selection has beenquite successful, but it has come at the expen-se of reference to any other mechanisms, aview that is in some ways profoundly mislea-ding.“

Der Begriff des Molecular Evolutionary StoryTelling wird hier bezüglich des Problems derEvolution des Bakterienmotors benutzt. Das istkeineswegs abschätzig gemeint. Erst heutigeKenntnisse der Biologie bakterieller Transport-systeme und Flagellen auf molekularer Grund-lage erlauben es überhaupt, derartige ad hoc-Geschichten in akzeptablem Detail zu erzählen.Das war vor 10 Jahren noch gar nicht möglich.Es gehört eine Fülle biologischen Detailwissensdazu, derartige evolutionäre Geschichten so zuerzählen, dass man daraus testbare Hypothe-sen und Forschungsprogramme ableiten kann.Darin liegt ein bedeutender Fortschritt nicht nurder Mikrobiologie, sondern auch der Evolutions-biologie: Je konkreter eine Evolutionsgeschich-te erzählt werden kann, d.h., je mehr durch Ex-perimentalwissen gedeckte molekularbiologi-sche und genetische Details man in die Geschich-te einbauen kann, desto besser kann sie auf theo-retischer oder, viel wichtiger, auch auf experi-menteller Ebene getestet werden. In diesem Sin-ne halte ich Matzkes Evolutionsgeschichte(Matzke 2003) – bei aller inhaltlichen Kritik – fürhilfreich und wichtig.25

Die molekularbiologischen Werkzeuge sindgrundsätzlich verfügbar, um diese und andere,sich aus den erzählten Geschichten ergebendeFragen experimentell (z. B. durch stochastischeProteinbibliotheken und zielgerichtete Mutage-nesen) zu klären.26 Evolutionary story telling istalso keineswegs überflüssig. Es ist im Gegenteilsogar ein wichtiges Element nicht nur der Evo-lutionsbiologie, sondern des naturwissenschaft-lichen Forschungsprozesses insgesamt27. Be-züglich der Evolution des Flagellums können wirheute immerhin insoweit begründete Geschich-ten erzählen, dass man diese theoretisch oderexperimentell prüfen kann. Wie gezeigt, führteine solche Prüfung bisher zwar nicht zu ei-nem befriedigenden Ergebnis. Wir wissen der-zeit nicht, ob es überhaupt plausible evolutio-näre Wege gibt, um ein primitives Flagellumbzw. Vorläufer davon durch natürliche Prozesseentstehen zu lassen. Allerdings ist zu hoffen,

27

delt sich keineswegs um ein abschließendesArgument in dieser Angelegenheit. Die hiervorgestellten vorläufigen Schlussfolgerungensind jederzeit revidierbar, wenn dies durch Sach-argumente erforderlich sein sollte.

Die Behauptung, die Evolution des Bak-terienmotors sei grundsätzlich geklärtist durch naturwissenschaftliche Datennicht gedeckt. Damit ist jedoch nicht ge-zeigt, dass eine Evolution des Bakteri-enmotors grundsätzlich unmöglichwäre.

Anmerkungen

1 Zur Person von Nick Matzke siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Nick_Matzke

2 Auf der makroskopischen Ebene der Biologie stößtman auf das gleiche Phänomen, wie beispielswei-se die aufwendig ausgestatteten Werke „Bionik“von Nachtigall & Blüchel oder „Faszination Bionik– die Intelligenz der Schöpfung“ eindrücklich zei-gen.

3 Es wäre wirklich spannend zu sehen, ob ein sol-cher Versuch gelingt oder ob er wie der Versuchendet, einen Engel als „geflügelte Jahresendge-stalt“ zu beschreiben.

4 Eubakterien und Archaebakterien verfügen übereine kaum überschaubare Vielzahl von Variantendes Rotationsmotors.

5 Mike Gene ist weder Kreationist noch Vertreterder üblichen ID Richtung, die aus USA bekannt ist.

6 Es gibt beispielsweise zahlreiche, ausgesprochennegative und häufig persönlich verunglimpfendeStellungnahmen zu Mike Behe im Internet, in Jour-nalen und Zeitungen, insbesondere Buchbespre-chungen. Auf diese wird aus folgenden beiden Grün-den nicht eingegangen: Erstens enthalten sie in al-ler Regel gar keine oder keine neuen wissenschaft-lichen Argumente. Zweitens habe ich mich ent-schlossen, persönlich beleidigende Veröffentlichun-gen unabhängig von ihrem wissenschaftlichen Ge-halt grundsätzlich nicht zu zitieren.

7 Die nordamerikanische öffentliche Diskussion umden Bakterienmotor kann eigentlich nur vor dempolitisch-religiösen Hintergrund der USA verstan-den werden. Die oft bewusst, aber völlig zu Un-recht als Kreationisten bezeichneten Vertreter desIntelligent Design haben (allerdings ähnlich wieder Kreationismus) das Ziel verfolgt, ihre Anschau-ung auch im Unterricht an staatlichen Schulen zuverankern. Das halte ich nicht für angemessen. Umdieses Ziel erreichen zu können, müsste Intelli-gent Design eine naturwissenschaftliche Alternati-ve zur Evolutionstheorie sein. Ich glaube nicht,

dass die zu generierenden Forschungsprogram-me zunehmend Licht auf diese Problematikwerfen werden.

Trotzdem: Eine Geschichte ist nicht die Wirk-lichkeit, eine spekulative evolutionäre Geschich-te darf nicht mit einer wissenschaftlichen Erklä-rung verwechselt, sie darf nicht als Ersatz fürEvolutionsforschung angesehen und sie sollteam wenigsten als verbale Immunisierung gegensachliche Kritik missbraucht werden. Geschich-ten sind zunächst eben nur Geschichten undmarkieren Erklärungslücken. Wenn sie gut sind,werden sie die Phantasie anregen und Experi-mente generieren, die eine Abschätzung ihrerPlausibilität zulassen. Am Ende könnte sich einezunächst nur erfundene, phantasievolle Ge-schichte als plausibles Modell für einen Prozesserweisen, der sich vielleicht so oder ähnlich tat-sächlich in der Vergangenheit abgespielt habenkönnte. Oder sie erweist sich nach eingehenderPrüfung als ein in biologischer Fachsprache ver-fasstes Märchen ohne Entsprechung in der em-pirisch fassbaren Wirklichkeit.

Lynch (2007) ist zuzustimmen, wenn er hin-sichtlich der kausalen Evolutionstheorie be-merkt: „Evolutionary biology is not a story-tellingexercise, and the goal of population genetics is notto be inspiring, but to be explanatory.“ Allerdingsmuss sich die Erklärungskraft evolutionsbiolo-gischer Theorien auch hinsichtlich der Entste-hung von novelties (Makroevolution) letztlich ammolekularbiologischen Detail erweisen.

Der Bakterienmotor hat sich in dieser Hin-sicht bisher als recht sperrig erwiesen. Insge-samt liegt weder in der wissenschaftlichen Pri-märliteratur noch in der populären Literaturein auch nur in Ansätzen plausibles mechani-stisches, wissenschaftlich belastbares Modellzur erstmaligen Entstehung des bakteriellenRotationsmotors vor. Die Behauptung, die Evo-lution des Bakterienmotors sei grundsätzlichgeklärt (Doolittle & Zhaxybayeva 2007, Liu &Ochman 2007b, Matzke 2006, Miller 2004,Musgrave 2004, Pallen & Matzke 2006, Wonget al. 2007, Sikorski 2009), ist durch naturwis-senschaftliche Daten nicht gedeckt.28 Damit istnicht gezeigt, dass eine Evolution des Bakteri-enmotors grundsätzlich unmöglich wäre. Esist weder die Absicht dieser Abhandlung, nochist es überhaupt möglich, derartige Schlussfol-gerungen zu ziehen.

Diese Arbeit will als ein weiterer Schritt imkritischen Diskurs zur Entstehung des Bakteri-enrotationsmotors verstanden werden. Es han-

28

dass dies der Fall ist und habe das an anderer Stel-le begründet (Scherer 2009).

8 Archaebacteria enthalten einen völlig anderen Mo-tortyp, über den jedoch weit weniger bekannt istals über das eubakterielle Flagellum. Über dessenEntstehung kann aus Mangel an funktionellen Ana-lysen derzeit kaum begründet diskutiert werden.

9 Der Rotationsmotor der Archaebakterien ist sehrverschieden von dem der Eubakterien, doch gel-ten die gleiche Regeln für die experimentelle Su-che nach essentiellen Genen des Motors wie beiEubakterien.

10 Ich zögere nicht, derartige zellulären Systeme als„genial“ zu bezeichnen, wohl wissend, dass dieseine Grenzüberschreitung ist, die aus dem Bereichnaturwissenschaftlicher Terminologie hinaus führt.

11 Selbstverständlich ist es auch denkbar, dass Ähn-lichkeit durch die Arbeitsweise eines Designers ver-ursacht wurde. Selbst wenn das im Falle des Bakte-rienmotors wahr wäre, würde das Argument nichtin eine naturwissenschaftliche Diskussion gehören:Das Wirken eines Designers ist ein nicht reprodu-zierbarer und nicht untersuchbarer Vorgang und dieAnnahme einesDesigners ist nicht falsifizierbar, liegt also jenseitsdes naturwissenschaftlichen Erkenntnishorizontes.

12 Man muss dazu wissen, dass Doolittle eine der welt-weit anerkannten Kapazitäten auf dem Gebiet derBakterienevolution ist.

13 Unter den Prokaryonten sind eine ganze Reihe un-terschiedlicher Sekretionssysteme bekannt, wel-che die Ausschleusung von Proteinen über die Cy-toplasma- und ggf die äußere Membran erlauben.Grundsätzlich handelt es sich dabei um relativ kom-plexe Vorgänge.

14 Beide Funktionen stehen in biologisch sinnvollenZusammenhängen mit der Motorfunktion, was aberan dieser Stelle zu weit führt.

1 5 Eine entsprechende, für den Laien umwerfend über-zeugend klingende und keinerlei Probleme offen-lassende Evolutionsgeschichte ist unter http://www. youtube.com/watch?v=SdwTwNPyR9w ab-rufbar. Im Grunde grenzt dieses Video leider aneine Verdummung des unkundigen Zuschauers.

1 6 Hier ist von Darwinscher Evolution die Rede; neu-trale Evolution ist ein wichtiges, aber unter Laiennoch immer kein gängiges Konzept und wird ananderer Stelle diskutiert (Junker & Scherer 2006,Seite 139f und S. 162; sowie Scherer 2010, Entste-hung des Bakterienmotors durch Neutrale Evoluti-on? In Vorbereitung)

1 7 Auf diesen Sachverhalt weise ich seit 25 Jahren hin,vgl. Scherer 1983.

1 8 Noch einfacher wäre es, wenn bereits ein funktiona-les Adhäsionsprotein kooptiert würde. Allerdingsmüsste dieses dann schon anderweitig in der äu-ßeren Membran verankert gewesen sein, was manvon verschiedenen Adhäsinen kennt. In diesem Fall

würde der Wechsel an den Sekretionsapparat je-doch keine neue Funktion beinhalten und damit auchnicht zu einer höheren Fitness führen.

1 9 Vielleicht in der Mureinzellwand? Man kennt eineganze Reihe von Polysaccharid-Bindungsdomänenvon bakteriellen Enzymen.

20 Dies ist ein Beispiel dafür, wie evolutionskritischeAnalysen die Evolutionsforschung voran bringenkönnen.

21 Wenn man das fordert hat man als Erzähler derGeschichte selbstverständlich die zu diesem zeit-punkt noch gar nicht aktuelle Notwendigkeit vorAugen, dass der Evolutionsweg in Richtung Fla-gellum führen muss.

22 Unter „scaffold“ (Baugerüst) versteht man ein Pro-tein, welches als Gesamtkonstruktion schon we-sentliche Merkmale besitzt, die für die neu zu kon-struierende Funktion wichtig sind. Ein scaffold istgewissermaßen ein präadaptiertes Protein, ob-gleich dies im biotechnologischen Sprachge-brauch nicht so genannt wird.

23 Das gilt auch für den mir bisher einzigen bekann-ten Fall, in dem Matzkes Internet-Text in einer re-ferierten Zeitschrift zitiert wurde (Pallen et al. 2006).Sollte es andere Arbeiten geben, bin ich für einenHinweis dankbar.

24 Matzkes Modell wird nicht einmal als Referenz zi-tiert, im Text findet sich kein Bezug, lediglich derTitel von Matzkes Arbeit wird im Anhang unter„Further Information“ genannt.

25 Meine auf Matzke aufbauende, weiter gesponne-ne und viel detaillierter erzählte Evolutionsge-schichte gefällt mir auch recht gut.

26 Man muss wissen, dass solche Arbeiten immenseForschungsmittel benötigen.

2 7 Wer experimentell arbeitet weiß, dass viele bedeu-tende naturwissenschaftliche Entdeckungen mitteilweise abenteuerlichen, phantasievollen Ge-schichten begonnen haben.

2 8 Ich bin mir durchaus im Klaren darüber, dass die-se Schlussfolgerung unabhängig von ihrer Begrün-dung für diejenigen Biologen vollkommen inak-zeptabel ist, für die der Begriff „Evolutionskritik“aus fundamentalistischen Gründen prinzipiell einUnwort darstellt.

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