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Die “16. AMG-Novelle“: Die Änderungen im Heilmittelwerbegesetz Dr. Andreas Reinhart, Geraldine Meßmer

Die “16. AMG-Novelle“

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Die Änderungen im Heilmittelwerbegesetz

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Die “16. AMG-Novelle“: Die Änderungen imHeilmittelwerbegesetz

Dr. Andreas Reinhart, Geraldine Meßmer

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Erscheinungsjahr: 2012

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dere nach Art. 101 Abs.3 AEUV gerechtfertigt sind, und dass sie gegebenenfalls entsprechende Beweise erbringen müssen. Die Hürde für den Nachweis von Efflzienzgewin­nen darf dabei, will man die Rechtfertigung nicht unmög­lich machen, nicht zu hoch sein. Die Schaffung eines ver­nünftigen Ausgleichs zwischen Patent- und Kartellrecht durch die Beurteilung aller auch wirtschaftlich bedeut­samen Aspekte (more economic approach) erscheint ziel­führend. In Fällen, in denen Generika den Marktzutritt vor einem Ablauf des - unterstellt wirksamen - Patent­schutzes erhalten, wird den Vertragsparteien größerer Ge­staltungsspielraum einzuräumen sein. Anders werden Bil­le zu betrachten sein, bei denen der Schutzumfang des Pa­tents verlassen wird. Gleiches wird für Regelungen gelten

müssen, die geschlossen werden, obwohl im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beiden vertragsschließenden Parteien Umstände bekannt sind, die den Bestand des Schutzrech­tes ernstlich und nachhaltig in Frage stellen. Das gilt ins­besondere in Fällen, in denen die Vernichtung des Schutz­rechtes nahe liegt.

Ansehrifi des Velfassers und der Veljc/sserin: Rechtsanwalt Dr. Wolfgang A. Rehmann Rechtsanwältin Diana Heimhalt, LL.M Taylor und Wessing Partnerschaftsgesellschaft Isartorplatz 8 80331 München

Die" 16. AMG-Novelle": Die Änderungen im Heilmittelwerbegesetz Rechtsanwalt Dr. Andl'eas Reinhal't, Rechtsanwältin Geraldine Meßmel', München

Nachdem der Deutsche Bundestag am 28. Juni 2012 das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (BT-Drs. 17/9341) in der vom Ge­sundheitsausschuss geänderten Fassung (BT -Drs. 17/ 10156) beschlossen hatte,l hat nunmehr am 21. Septem­ber 2012 auch der Bundesrat der sog. 16. AMG-Novelle (BR-Drs. 487/12) zugestimmt. Diese dient hauptsächlich der Umsetzung der Änderungen des Gemeinschaftskode­xes für Humanarzneimittel (Richtlinie 2001/83/EG) durch die Richtlinie 2010/84/EU betreffend die Pharmakovigi­lanz und die Richtlinie 2011/62/EU zum Zwecke der Ver­hinderung des Eindringens von gefälSChten Arzneimitteln in die legale Lieferkette. Neben dem Arzneimittelgesetz und weiteren arzneimittelrechtlichen Vorschriften ist auch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) betroffen. Die Än­derungen im Heilmittelwerbegesetz erfolgten insbeson­dere zur Anpassung an die europäische Rechtsprechung mit der Konsequenz, dass das Heilmittelwerberecht durch diese eine weitere Liberalisierung erfährt. Im Fol­genden werden die Änderungen des Heilmittelwerbege­setzes dargestellt.

1. § 1 HWG

Während die Vorschrift des § 1 Abs.2 HWG nur eine re­daktionelle Anpassung durch Ersetzung der alten LMBG-

I Der Bundestag lehnte dagegen den Antrag der Linksrraktion (BT-Drs. 17/9556) ab, wonach der Versandhandel auf nicht verschreibungspflichti­ge Arzneimittel begrenzt werden sollte.

Regelungen durch die einschlägigen Nonnen des gelten­den Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (§ 2 Abs.5 Satz 1 u. § 2 Abs. 6 Nr. 4 LFGB) erfahren hat, wur­den nach dem Absatz 6 die neuen Absätze 7 und 8 einge­fügt.

Der neu eingefügte § 1 Abs.7 HWG, weleher der Klarstel­lung der in Art. 86 Abs.2, dritter Gedankenstrich der Richtlinie 2001/83/EG2 enthaltenen Ausnahmeregelung dient, lautet:

,,(7) Das Gesetz findet ferner keine Anwendung auf Ver­kaufskataloge und Preislisten .tiir Arzneimittel, wenn die Verkauf~katal()ge und Preislisten keine Angaben enthalten, die über die zur Bestimmung des jeweiligen Arzneim.itte/s notwendigen Angaben hinausgehen. "

Absatz 7 dient damit auch eier Umsetzung der Rechtspre­chung des Europäischen Gerichtshofs (Rs. C-143/06, Ur­teil vom 8. November 20(7)3 zur Auslegung von Art. 86 Abs.2, elritter Gedankenstrich der Richtlinie 2001/83/EG dahingehend, ob Verkaufskataloge und Preislisten, sofern diese keine Angaben über das Arzneimittel enthalten, Werbung oder keine Werbung im Sinne eies Heilmittel­werbegesetzes sind.

" ... Ycrkaufskatalogc und Preislisten .... sofern diese keine Angaben üher das Arzneimittel enthalten".

) EuGI!, A&R 2008. 35"0 GRLJR 2008, 264- Ludwigs-Apotheke/.Iucrs Pharma.

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Der sich daran anschließende neue * 1 Abs.8 HWG hat folgenden Wortlaut zugewiesen bekommen:

,,(8) Das Gesetz ./indet ferner keine Anwendung auf die auf Anj(mlerung einer Person er./älgende Übermilllung der nach den §§ iO bis ii ades ArzneirnittelgesetzesfLir Arznei­mittel vorgeschriebenen vollständigen inf(ml1ationen und des öffentlichen Beurteilungsberichts Fir Arzneimittel nach § 34 Absatz i a Satz i Nummer 2 des Arzneimittelgesetzes und auf die Bereitstellung dieser inf(JI'I11ationen im inter­net. H

Mit der Aufnahme des Absatzes 8 in das Heilmitte1wer­begesetz wird ausdrücklich bestimmt, dass von dem An­wendungsbereich des Heilmitte1werbegesetzes die Weiter­gabe bereits behördlich autorisierter Informationen über Arzneimittel nicht erfasst ist, wenn sie allein Angaben ent­hält, die der Zulassungsbehörde im Rahmen des Zulas­sungsverfahrens vorgelegen haben. Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Informationen über Arzneimittel dem Interessenten nicht unaufgefordert übermittelt bzw. zur Verfügung gestellt werden, sondern nur demjenigen zugänglich sind, der sich um diese selbst bemüht ("auf Anforderung"). Eine solche Bemühung kann im Internet im Rahmen so genannter "Pull-Dienste" erfolgen, bei welchen der Internetnutzer einen aktiven Suchschritt zur Informationsgewinnung unternehmen muss, z. B. indem er eine Internet-Suchanfrage per Maus­klick startet.

Mit der Möglichkeit zur Anforderung von Packungsbeila­gen, Fachinformationen und Beurteilungsberichten zu den jeweiligen Arzneimitteln wird dem gestiegenen Patienten­bedürfnis nach zuverlässigen arzneimittelrechtlichen In­formationen und damit der einschlägigen EuGH-Recht­sprechung Rechung getragen. In dem Verfahren MSD Sharp & Dohme GmbH gegen Merckle GmbH (Rs. C-316/09, Urteil vom 5. Mai 2(11) hatte der Europäische Gerichtshof im Wege eines Vorabentscheidungsverfah­rens über die Auslegung von Art. 88 Abs.l lit. ader Richtlinie 20OJ/83/EG zu entscheiden, welcher die Öffent­lichkeitswerbung für Arzneimittel, die nach Titel VI der Richtlinie 2001/83/EG nur auf ärztliche Verschreibung ab­gegebenen werden dürfen, verbietet. Der Europäische Gerichtshof hat Art. 88 Abs.l lit. a der Richtlinie 2001/83/ EG dahingehend ausgelegt, dass dieser die Verbreitung von Informationen verschreibungspflichtiger Arzneimittel auf einer Internet-Webseite durch Arzneimitte1unterneh­men nicht verbietet, wenn die arzneimittelrelevanten In­formationen auf der einschlägigen Internetseite nur für diejenigen Personen zugänglich sind, die sich selbst um diese bemühen und die gegenständliche Verbreitung al­lein in der getreuen Wiedergabe der Umhüllung des Arz­neimittels nach Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG sowie in der vollständigen und wörtlichen Wiedergabe der Pa­ckungsbeilage oder der von der zuständigen Arzneimittel­behörde genehmigten Zusammenfassung der Arzneimit­telmerkmale besteht.4 Die Verbreitung von Informationen dieser Art wird mit dem neu eingefügten * 1 Abs.8 HWG

., EuGH. A&R 201 I. 1 22 ~ (JRUR 201 I. I I GO MSD Sharp & ])ohmc: Vorlagcfragc: BUII, GRUR 2009, 9HH, 990 Arzileimittelpriiselltatioll im Internet.

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unter den genannten Voraussetzungen vom Anwendungs­bereich und damit von den Verbotsregelungen des Heil­mittelwerbegesetzes ausgenommen.

2. § 4 HWG

In ~ 4 Abs.1 a HWG wurden im Wege der redaktionellen Anpassung an die Begriffsbestimmung der Richtlinie 2001/83/EG (Art. 1 NI'. 3 a, Art. 89 Abs.l lit. b der Richt­linie 200l/83/EG) und im Arzneimittelgesetz (*10 AMG) die Wörter "arzneilich wirksamen Bestandteil" durch elen Begriff "Wirkstoff" ersetzt.5

In § 4 Abs.2 Satz 2 HWG wurde die Angabe "und c" beim dort erwähnten * 11 Abs.1 Satz 1 NI'. 3 AMG ersatz­los gestrichen. Die Streichung des Buchstaben c des § 11 Abs.1 Satz 1 Nr.3 AMG erfolgte in Anpassung an den durch die Richtlinie 2001/83/EG (Art. 1 NI'. 11)6 geänder­ten NebenwirkungsbegrifP

3. § 8 HWG

Die Regelung des § 8 HWG (vertriebsbezogene Werbung) hat dahingehend eine Änderung erfahren, dass nach dem bestehenden Satz der folgende zweite Satz neu angefügt wurde:

,,(. .. 1. Die Übersendung von Listen nicht zugelassener oder nicht registrierter Arzneimittel, deren Einfithr aus einem an­deren Mitgliedstaat oder aus einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschajtsraum nur ausnahmsweise zulässig ist, an Apotheker oder Betrei­bel' einer tierärztlichen Hausapotheke ist zulässig, soweit die Listen nur informationen über die Bezeichnung, die Pa­ckungsgrößen, die Wirkstiirke und den Preis dieses Arznei­mittels enthalten. "

Entsprechend der oben dargestellten neuen Regelung des * 1 Abs.7 HWG wird der Geltungsbereich des Werbever­bots des * 8 HWG um solche (Preis-)Listen einge­schränkt. In Erweiterung zum Gesetzesentwurf vom 15. Februar 2012, welcher nur die Zusendung der Listen an Apotheker als zulässig erachtete, wurde nach der Be­schlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit des Bundestages zusätzlich die Übersendung an Betreiber ei­ner tierärztlichen Hausapotheke als zulässig eingestuft und damit die Ausnahme auf Tierarzneimittel aus­gedehnt.8

Mit der Normierung der Ausnahme vom Verbot der Wer­bung für Teleshopping und Einzeleinfuhr des * 8 HWG wird dcr Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgrund des Urteils vom 8. November 2007 in der Rechts­sache C-143/06 (Ludwigs-Apotheke München internatio­nale Apotheke.! .fllers Pharma import-Export GmbH)

, Vgl. BUlldesrat, Drucksache 91/12, Amtliche Begründung, S. 114. (1 "Nebenwirkung: Eine Reaktion auf' das Arzncimitlcl, die schädlich und

unbeabsichtigt ist". 7 Vgl. Bundesrat, Drucksache YI/12, Amtliche Begründung, S. 114. , Vgl. Bundestag, Drucksache 17/10156, S. 92.

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Rechnung getragen.'! Der Europäische Gerichtshof hatte im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens des Landgerichts Hamburg über die Auslegung von Art. 86 Abs.2 dritter Gedankenstrich der Richtlinie 2001/83/EG zu entscheiden, insbesondere darüber, ob Verkaufskatalo­ge und Preislisten, sofern diese keine Angaben über das Arzneimittel enthalten, Werbung oder keine Werbung im Sinne des HWG sind. 1O Unter Berufungll auf Art. 28 EGV (oe: Art.30 AEUV) und Art. 30 EGV (== Art. 36 AEUV) sowie Art.l1 und Art. 13 des EWR-Abkommens hat der Europäische Gerichtshof ein dem § 8 HWG entsprechen­des Verbot als mit Unionsrecht unvereinbar angesehen, soweit es für die Übersendung von Listen nicht zugelasse­ner Arzneimittel an Apotheker gilt, deren Einfuhr aus ei­nem anderen Mitgliedstaat oder aus einem dritten Vcr­tragsstaat des EWR-Abkommens nur ausnahmsweise zu­lässig ist und keine anderen Informationen als die über den Handelsnamen, die Verpackungsgrößen, die Wirk­stärke und den Preis dieser Arzneimittel enthalten.

4. § 10 HWG

Das immer wieder zur Diskussion stehende Publikums­werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel nach § 10 Abs. I HWG ist nicht Gegenstand der 16. AMG-Novelle. Die insoweit einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Rs. C-316/09, MSD Sharp & Dohme GmbH.! Merck!e Grnbfl)12 in Bezug auf die Auslegung des Art. 88 Abs.l lit. a der Richtlinie 2001/83/ EG wurde vielmehr durch die Einfügung der neuen Vor­schrift des § 1 Abs.8 HWG (siehe oben) umgesetzt. Da­mit ist insbesondere auch für verschreibungspllichtige Arzneimittel die Verbreitung von Informationen auf einer Internet-Website durch Arzneimittelunternehmen nicht verboten, wenn die Informationen nur demjenigen zu­gänglich sind, der sich selbst um sie bemüht, und diese Verbreitung ausschließlich in den nach den § 10 bis § 11 a AMG vorgeschriebenen vollständigen Informationen und des öffentlichen Beurteilungsberichts nach § 34 Abs. I a Satz I Nr.2 AMG besteht. Weiterhin verboten ist da­gegen die über eine solche Website erfolgende Verbrei­tung von Informationen über ein Arzneimittel, die Gegen­stand einer vom Hersteller vorgenommenen Auswahl oder Umgestaltung waren, die nur durch ein Werbeziel erklärbar ist.1.l

Das Werbeverbot des § 10 Abs.2 HWG wurde dagegen wie folgt neu gefasst:

,,(2) Für Arzneimittel, die psychotrope Wirkstoffe mit der Ge/ci/u der Ahhiingigkeit enthalten lind die dazu bestimmt sind, bei Menschen die Schlaflosigkeit oder psychische Stö-

,) EuCHI, A&R 200H, 3) = GRUR 200H, 2M - Ludwigs-Apotileke/Jucrs Pharma.

10 LC; Hamburg, PharmR 2006, 337. ]) Arzneimittel. die untcr § 73 Abs. 3 AMCJ fallen, sind vom Anwendungs­

bereich dcr Richtlinie 20011il3/ECJ ausgeschlossen (Art.) Abs. I RL 2001/83/ECi), so dass die Bestimmungen des Titels VIII über Wcrbung der Richtlinie 2001/H3/ECi nicht anwendbar sind (EuCjll, A&R 200H, 3:'; = (JRUR 2008, 264 Tz. 24).

12 EuGH, A&R 2011,122= GRUR 2011,1160- MSD Sharp &amp: Doh, me; HGII, GRUR 2009, 9H8 Arzneimittclpriisentation im Internet.

l.l EuGH,A&R2011, 122=cGRlJR2011.1160Tz.48 MSDSharp& Dohme.

rungen zu beseitigen oder die Stimmungslage zu beeinfll/s­sen, darf' al/ßerhalb der Jiachkreise nicht geworben wer­den. "

Die Neufassung des § 10 Abs.2 HWG erfolgte im Rahmen der Anpassung an das EU-Recht und die BGH-Rechtspre­chung, insbesondere im Hinblick auf die "Johanniskraut­Präparat"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10. November 1999, Az.: I ZR 212/97). Nach dieser Rechtsprechung unterfällt Werbung für Arzneimittel, die keine Psychopharmaka im pharmakologischen Sinne sind und durch die Werbung auch nicht als dazu bestimmt er­scheinen, nicht dem Werbeverbot des § 10 Abs.2 All. 3 HWG (a. F.).14

Durch die Neufassung ist eine Angleichung der Regelung an die Vorgaben von Art. 88 Abs.l lit. b der Richtlinie 2001 /83/EG erfolgt,15 so dass eine richtlinienkonforme Auslegung nicht mehr erforderlich ist. 16 Die bisherige Re­gelung in § 10 Abs. 2 HWG wurde dahingehend präzisiert, dass das Werbeverbot nunmehr nur noch Arzneimittel er­fasst, die psychotrope Wirkstoffe enthalten, potentiell ab­hängig machen und zur Beseitigung von Schlallosigkeit, psychischen Störungen oder zur Beeinllussung der Stim­mungslage bestimmt sind. Ziel der Änderung war nach der Amtlichen Begründung die Schaffung einer "Schutz­lücke" für solche Arzneimittel, die zwar nicht verschrei­bungspflichtig sind - und deshalb nicht unter das Verbot des § 10 Abs. 1 HWG fallen -, aber psychotrope Wirkstof­fe mit der Gefahr der Abhängigkeit enthalten. In Anleh­nung an die bereits erwähnte BGH-Rechtsprechung zu Jo­hanniskraut-Präparaten wird vom Werbeverbot folglich nicht die Werbung für mild wirkende pflanzliche Arznei­mittel erfasst,17

5. § 11 HWG

Eine umfassende Überarbeitung erfolgte bei § 11 HWG, der zentralen Vorschrift bezüglich der Publikumswerbung im Heilmittelwerbegesetz.

a) § 11 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HWG

Nummer I des § 11 Abs.l HWG (Gutachtenwerbung, Fachveröffentlichungen) wurde aufgehoben, da es in der Richtlinie 2001/83/EG kein entsprechendes Verbot gibt. Eine Herleitung dieses abstakten Verbots kann insbeson­dere nicht aus Art. 90 lit. f der Richtlinie 2001/83/EG fol­gen, da dort die Beeinflussung des Verbrauchers durch die persönliche Meinung einer Person, die durch Fachkunde oder auf Grund ihrer Bekanntheit beim Verbraucher be­sonderes Vertrauen erweckt, verboten wird. Dagegen ent­hielt § II Abs. I Satz I NI'. I HWG (a. F.) einen über das vorgegebene EU-Recht hinaus gehenden Anwendungs­bereich, da auch der Hinweis auf eine wissenschaftliche

I·' HGII, GRUR 2000. 546 PharmR 2000. 179··, Johanniskraut,Priiparat. IS "psychotrope Sllh~tanzcn oder Suchtstoffe im Sinne internationaler

Übereinkommen, wie die Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1961 und 1971"; vgl. Til/ma!)!).\' in: Ciröning, HWG. '1.1\1" § 10 Rdnr.21, 123 fL

](, Vgl. '/'iI/!)){IIl!lS in: C,röning, IIWG, 4. 1\1" § 10 Rdnr. 127. 17 Vgl. Bundesrat, Drucksache 91/12, Amtliche Begründung, S.114.

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oder fachliche Empfehlung erfasst war, der keine Empfeh­lung für das Arzneimittel enthielt. § 1l Abs.l Satz 1 NI'. 1 HWG (a. F.) war somit mit dem geltenden EU-Recht nicht vereinbar. 18 Aufgrund der Aufhebung der Nummer 1 be­darf es auch der in der Vergangenheit von der Rechtspre­chung praktizierten verfassungskonformen Auslegung oder teleologischen Reduktion nicht mehr. 19

b) § 11 Abs .• Satz 1 Nr.2HWG

§ 11 Abs.l Satz 1 NI'. 2 HWG hat folgende Fassung erhal­ten:

,,2. mit Angaben oder Darstel1ungen, die sich allfeine Emp­fehlung von Wissenschafilern, von im Gesundheitswesen tä­tigen Personen, von im Bereich der Tiergesundheit tätigen Personen oder anderen Personen, die auf Grund ihrer Be­kanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können, be­ziehen, "

Die Neufassung der Nummer 2 war EU-rechtlich auf Grund der Tatsache geboten, dass die Richtlinie 2001/83/ EG in Art. 90 lit. f nur die Empfehlung von Arzneimitteln durch bestimmte Personengruppen verbietet. Von diesem Verbot werden jedoch nicht, wie dies nach § 11 Abs.1 Satz 1 NI'. 2 HWG (a. F.) der Fall war, Angaben zur fach­lichen Prüfung und Anwendung des Arzneimittels mit umfasst,2l1 Dies hat der Bundesgerichtshof auch in seinem Urteil vom 18. Januar 2012 (Az.: I ZR 83/11)21 zur Un­zu lässigkeit der Aussage "Die moderne Medizin setzt da­her immer öfter auf das pflanzliche Arzneimittel Euminz "." festgestellt. Der Bundesgerichtshof lässt es jedoch bei richtlinienkonformer Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG a. F. genügen, dass eine Anregung zum Arz­neimittelverbrauch von einer Empfehlung unabhängig da­von ausgehen kann, ob als Gewährspersonen für die Empfehlung eine bestimmt bezeichnete einzelne Person, eine individualisierbare Personengruppe oder - wie im entschiedenen Fall - die Angehörigen der mit der Be­handlung der betreffenden Krankheit befassten Heilberu­fe benannt werden,22 Da die neu gefasste Nummer 2 in­haltlich auf der Richtlinie 2001/83/EG beruht, ist diese Rechtsprechung auch für die neue Rechtslage maßgeb­lich.

In Erweiterung zum Gesetzesentwurf vom 15. Februar 2012 wurde nach der Beschlussempfehlung des Gesund­heitsausschusses des Bundestages zusätzlich der Bereich der Tierarzneimittel aufgenommen. Von dem Werbever­bot sind deshalb auch Empfehlungen von Personen, die im Bereich der Tiergesundheit tätig sind (wie Tierärzte), er­fasstP

c) § 11 Abs.l Satz 1 Nr.3 HWG

Dem § 11 Abs. 1 Satz 1 NI'.3 HWG wurde die folgende Einschränkung (kursiv) des Werbeverbots hinzugefügt:

'" Vgl. Bundesrat. Drucksache 91/12, Amtlichc Begründung, S. I 15. 1<) OL(i München, (JRUR 2005, 695; OLG Oldenburg. GRUR-RR 2006,

243. 211 Vgl. Bundesrat, Drucksache 91/12. Amtliche Begründung, S. 115. 21 BGH, BeckRS ZOI2, 16251. Tz. 10 ce GRUR-I'rax 2012, 3B8 Euminz. " BGH,BeekRS2012, 16251, Tz. 17~GRUR-Prax2012,388·-Euminz. '1 Vgl. Bundestag, Drucksache 17/10156, S. 92.

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,,3. mit der Wiedergabe von Krankengeschichten sowie mit Hinweisen darauf, wenn diese in missbräuchlicher, ah­stoßender oder irreführender Weise erlälgt oder durch eine al/sflihrliche Beschreibung oder Darstellung zu einer fäl­schen Selbstdiagnose verleiten kann, "

Durch diesen Zusatz wurde die Regelung an die in Art. 90 lit. i undlit. j der Richtlinie 200l/83/EG enthaltenen Vor­gaben angeglichen. Die Werbung mit der Wiedergabe von Krankengeschichten ist damit nur noch verboten, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt oder durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verlei­ten kann. Dies entspricht der bisherigen richtlinienkonfor­men Auslegung dieses Werbeverbots im Hinblick auf Art. 90 lit. j der Richtlinie 200l/83/EG, wobei eine positive Gesamtbewertung des Arzneimittels, die lediglich auf die allgemeine Unterstützung des Wohlbefindens einer Person hinweist, grundsätzlich nicht darunter fällt, sofern nicht die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels in Bezug auf die Beseitigung einer bestimmten Krankheit erwähnt wird. 24 Durch die Aufnahme des Merkmals "zu einer fal­schen Selbstdiagnose verleiten" wurde die bisherige Num­mer 1 0 hinfällig (siehe unten).

d) § 11 Abs.l Satz 1 NI'. 4 HWG

Das in Nummer 4 enthaltene Verbot der bildlichen Dar­stellung von Personen in der Berufskleidung (z.B. weißer Arztkittel) oder bei der Ausübung der Tätigkeit von An­gehörigen der Heilberufe, des Beilgewerbes oder Arznei­mittelhandels wurde in Anpassung an das EU-Recht und die BGH-Rechtsprechung aufgehoben.25 Der Bundes­gerichtshof hatte in seiner Entscheidung vom 1. März 2007 (Az.: I ZR 51/(4) bestimmt, dass zur Bejahung des § 11 Abs.l Satz 1 NI'. 4 HWG (a. F.) die Werbung geeignet sein muss, das Laienpublikum unsachlich zu beeinf1ussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefähr­dung zu bewirken.26 Ausschlaggebend für die Aufhebung ist der Umstand, dass es keine entsprechende Regelung in der Richtlinie 2001/83/EG gibt.

c) § 11 Abs.l Satz 1 NI'. 5 HWG

Die bisherige Formulierung des § 11 Abs.l Satz] NI'. 5 Buchst. abis c HWG wurde auf folgende Fassung redu­ziert:

,,5. mit einer bildlichen Darstellung, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise Veränderungen des menschlichen Körpers auf' Grund von Krankheiten oder Schädigungen oder die Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen verwendet,"

Mit dieser Änderung wurde § 11 Abs.] Satz I NI'. 5 HWG an die wesentlich engere Regelung des Art. 90 lit. k der Richtlinie 200l/83/EG angepasst. Nach dieser Vorschrift darf die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel keine

24 EuGH, GRlJR 200R, 267 ~ WRI' 200R, 205 Gintec. " Vgl. Bundesrat, Drucksache 91/12, Amtlichc Bc!(ründung, S.] 15. 26 BGH, (JRUR 2007, 809 Krankenhauswcrbung; Aufgabe von: B(i]l,

()RUR 200].453 - 'J'CM-Zentru1l1.

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Rcinlwrt/Meßmer: Die ,,16. /lMG-Nove!1e": Die linderullgen im lJeilm.itte1werbegesetz /I&R 5/2012

Elemente enthalten, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise bildliehe Darstellungen der Ver­änderungen des menschlichen Körpers aufgrund von Krankheiten oder Schädigungen oder der Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körpertei­len verwenden. Durch die Aufnahme der einschränkenden Adjektive "missbräuchlich, abstoßend oder irreführend" wird diesem Erfordernis nachgekommenP In der Recht­sprechung wurde die bisherige Fassung der Nummer 5 (a. P.) entsprechend richtlinienkonform ausgelegt. So hat z. B. das Oberlandesgericht Hamburg die Publikumswerbung für eine Lippenherpes-Creme, welehe diese Erkrankung am Mund nur dezent abbildete, als für nicht unlauter im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb be­funden, obwohl sie formal gesehen gegen § 11 Abs.l Nr. 5 lit. a HWG (a. F.) verstieß.28

f) § 11 Abs.l Satz 1 Nr.6 HWG

Das Werbeverbot des § 11 Abs.l Satz 1 Nr. 6 HWG, wo­nach außerhalb der Fachkreise nicht mit fremd- oder fach­sprachlichen Bezeichnungen, soweit diese nicht in den all­gemeinen Sprachgebrauch eingegangen waren, geworben werden durfte, wurde aufgehoben. In der Richtlinie 2001/ R3/EG findet sich kein entsprechendes Verbot. Zudem wird über § 3 HWG eine etwaige Irreführung des Ver­brauchers erfasst.29 In der Konsequenz entfällt dieses Ver­bot auch für Medizinprodukte gemäß § 11 Abs.l Satz 2 HWG.

g) § 11 Abs.l Satz 1 Nr.7 HWG

§ II Abs. ] Satz 1 Nr. 7 HWG wurde wie folgt neu gefasst:

,,7. mit Werbeaussagen, die nahelegen, dass die Gesundheit durch die Nichtverwendung des Arzneimittels beeinträchtigt oder durch die Verwendung verbessert werden könnte, ".

Diese Änderung erfolgte in Anpassung an Art. 90 lit. c und lit. d der Riehtlinie 200l/R3/EG.3o Es bedarf insoweit explizit keiner Angstgefühle mehr, was jedoch in der Pra­xis keine inhaltliche Veränderung darstellen dürfte.

b) § 11 Abs.l Satz 1 Nr.l0 HWG

Nummer 10 des § 11 Abs.] HWG wurde aufgehoben, da die bisher dort enthaltene Regelung, soweit diese die Ver­leitung zu einer Selbstdiagnose betroffen hat, nun vom ge­änderten § 11 Abs.l Satz 1 Nr. 3 HWG erfasst wird (Art. 90 lit. i der Richtlinie 200l/R3/EG). Da es ein darüber hi­nausgehendes Verbot im EU-Recht nicht gibt, ist der rest­liche Teil der Regelung gestrichen worden.31

i) § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr.11 HWG

§ 11 Abs.l Satz 1 Nr. 11 HWG hat durch das Einfügen des Zusatzes nach dem Komma

n Vgl. Bundesrat, Drucksache 91112, Am!liehe Begründung, S.115. 2N OL(J llamburg, MD lOOk, 766 - Lippcnherpes-Crellle. '" Vgl. Bundcsrat, Drucksache 91112, Amtliche Begründung, S.115. :\11 Vgl. Bundesrat, Drucksache 91112. Am!liehc Begründung, S. 115. Jl Vgl. Bundesrat, Drucksache 91/12. Amtliche Begründung, S.115.

"I ... j, wenn diese in missbräuchlicher, ahsto(iender oder ir­reflihrender Weise erfi)/gen,"

eine Einschränkung seiner Anwendbarkeit erfahren. Die­se rührt daher, dass die Richtlinie 200 I /R3/EG für die Äu­ßerungen Dritter kein abstraktes Verbot vorsieht. ln die­ser ist nur ein Verbot bzgl. ausführlicher Angaben, die zu einer falschen Selbstdiagnose führen können, vorgesehen. Aus diesem Grund muss das Verbot eine konkrete Ge­fährdung vorsehen. Eine solche ist in Art. 90 lit. .i der Richtlinie 2001lR3/EG vorgesehen, da die Öffentlichkeits­werbung für Arzneimittel keine Elemente enthalten darf, die sich in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführen­der Weise auf Genesungsbescheinigungen beziehen. Die Neufassung der Nummer 11 berücksichtigt damit auch die einschlägige Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat - im Anschluss an die Gintec-Entscheidung des Europäi­schen Gerichtshofs32 - in seinem Urteil vom 20. Novem­ber 200R (Az.: I ZR 94/(2) festgestellt, dass § 11 Abs.l Satz 1 Nr. 11 HWG im Blick auf die Regelung in Art. 90 lit. .i der Richtlinie 200l1R3/EG richtlinienkonform dahin­gehend auszulegen ist, dass eine Publikumswerbung für Arzneimittel mit Äußerungen Dritter oder mit Hinweisen auf solche Äußerungen nur dann verboten ist, wenn sie eine Genesungsbescheinigung in Form eines Hinweises enthält, dass die Verwendung des Mittels zur Wiederher­stellung der Gesundheit eines an einer bestimmten Krankheit oder an bestimmten Gesundheitsstörungen Leidenden führt, und wenn dieser Hinweis zudem in miss­bräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise er­folgt,33 Ein Verbot besteht nach der erfolgten Änderung nur dann, wenn die Bezugnahme auf Äußerungen Dritter u. a. in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt.34

j) § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr.13 HWG

Auch die Vorschrift des § 11 Abs.l Satz 1 Nr.! 3 HWG wurde durch das Hinzufügen eines Zusatzes nach dem Komma eingeschränkt. Der einfügte Zusatz lautet:

,,[ ... 1, sofern diese Mafinahmen oder Vertcd1.ren einer un­z weckmä(iigen oder iibermä(iigen Verwendung von /I rznei­mitteln Vorschuh leisten, "

Nummer 13 enthielt in ihrer alten Fassung ein abstraktes Verbot von Preisausschreiben und Verlosungen zur Be­werbung von Arzneimitteln, was jedoch nicht im Einklang mit den EU-Vorgaben stand. Eine korrespondierende Norm fehlt in der Richtlinie 200 IIR3/EG. Andererseits werden Verlosungen in Zusammenhang mit Arzneimitteln als geeignet angesehen, den Verbraucher von einer sachli­chen Prüfung der Frage abzulenken, ob die Einnahme des Arzneimittels erforderlich ist, und daher einer unzweck­mäßigen und übermäßigen Verwendung Vorschub leisten kann. Der Europäische Gerichtshof ist deshalb in seiner Gintec-Entscheidung zu der Einschätzung gelangt, dass die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG (a. F.) einer

.12 EuGil. CiRUR 200H, 267 WRP 200S, 205 .... CJintce. l) BOI!, (iRUR 2009,179 PharmR 2009, IR4 .... Konsumentenbcfragung

11. \.j Vgl. Bundesrat. Drucksache 91/12, Amtliche Begründung. S.116.

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Page 8: Die “16. AMG-Novelle“

Die ,,16. AMG-Nove/le": J)ie ÄndenmKen im Heilmitte/werbeKc.I'etz A&R 5/2012

richtlinienkonformen Auslegung bedarf,35 Grundlage hier­für ist die im 45. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/831 EG angeführte Notwendigkeit, übertriebene und unver­nünftige Werbung, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken könnte, zu verhindern, und die in Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG getroffene Bestimmung, wo­nach die Werbung für Arzneimittel deren zweckmäßigen Einsatz fördern muss.

Darüber hinaus kann die Möglichkeit, bei einer Auslosung ein Arzneimittel zu gewinnen, einer kostenlosen Abgabe gleichgestellt werden. Gegen eine kostenlose Abgabe von Arzneimitteln sprechen Art. 88 Abs.6 und Art. 96 Abs.1 der Richtlinie 2001/83/EG,36 welche eine direkte Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit durch die pharma­zeutische Industrie zum Zwecke der Verkaufsförderung untersagen.

k) § 11 Abs.l Satz 1 Nr.l4 HWG

§ 1 J Abs.1 Satz J NI'. 14 HWG wurde wie folgt geändert:

,,]4. durch die Ahgabe von Arzneimitteln, deren Muster oder Proben oder durch Gutscheine dafür,

[ ... ]".

Mit dieser Änderung wurde § 11 Abs.1 Satz 1 NI'. J 4 HWG an Art. 88 Abs.6 der Richtlinie 2001/83/EG, wel­cher die direkte Abgabe von Arzneimitteln an die Öffent­lichkeit durch die Industrie zum Zwecke der Verkaufsför­derung untersagt, angepasst.37

I) § 11 Abs.l Satz 2 HWG

In § 11 Abs. J Satz 2 HWG wurde die Geltung der Num­mern 6 bis 9, 11 und 12 für Medizinprodukte durch Strei­chung der Nummer 6 geändert. Hierbei handelt es sich je­doch nur um eine redaktionelle Folgeänderung, da § 11 Abs.1 Satz 1 NI'. 6 HWG ersatzlos weggefallen ist (siehe oben).

111) Neu eingef'iigter § 11 Abs.l Satz 3 HWG

Dem § 11 Abs.l HWG wurde folgender dritter Satz ange­fügt:

"Ferner darffür die in § I Nummer 2 genannten operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe nicht mit der WirkunK ei­ner solchen Behandlung durch verKleichende DarstellunK des J(örperzustandes oder des Aussehens vor lind nach dem EinKriff'Keworben werden. "

Mit der Einfügung dieses Satzes wird die bisher nach § 11 Abs.l Satz 1 Nr.5 Buchst. b HWG a. F. geltende Werbebeschränkung für operative plastisch-chirurgische Eingriffe (Schönheitsoperationen ) aufrecht erhalten.3R

lS Eu(Jl I. (JI{UR 200S. 267 ." WRP 200S. 2US Gintcc; sichc auch Vor-lage: BGH. WRP200S. 1515 Konsumcntcnbcfragung.

,\(, Vgl. Bundcsrat, Drucksache 91/12. Amtliche Begründung. S. 116. TI Vgl. Bundesrat. Drucksachc 91/12, Amtliche Begründung, S. 116. .1, Vgl. Bundesrat, Drucksache 91/12. Amtliche Begründung, S. 116.

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6. § 13 HWG

In § 13 HWG wurde "Mitgliedstaat der Europäischen Ge­meinschaften" durch "Mitgliedstaat der Europäischen Union" ersetzt. Mit dieser Änderung wird die Anpassung an die mit dem Inkraftreten des Vertrags von Lissabon neu eingeführte Terminologie der EU bezweckt.

7. § 18 HWG

§ 18 HWG wurde aufgehoben, da diese Vorschrift keine Rechtswirkung mehr entfaltet.39

8. Fazit

Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneil11ittel­rechtlicher und anderer Vorschriften sind einige der bis­her zentralen Verbotsvorschriften des Heilmittelwerbege­setzes entweder ganz weggefallen oder abgemildert wor­den. Künftig werden insbesondere die Änderungen von § 11 HWG in der alltäglich präsenten Laienwerbung al11 augenscheinlichsten hervortreten. Aber auch wenn die aufgezeigten Änderungen umfassend sind, so können diese im Hinblick auf die Konformität mit der Richtlinie 200l/83/EG als nicht abschließend angesehen werden. Der GRUR-Faehausschuss für Arzneimittel- und Le­bensmittelrecht hatte in einer Stellungnahme zu der Fra­ge der Reformbedürftigkeit des Heilmittelwerbegesetzes vom 12. Oktober 2011 weitere Punkte aufgezeigt, die ei­ner Änderung bedürfen, aber nicht Gegenstand der 16. AMG-Novelle sind.40 So sollte beispielsweise § II Abs. J Satz 1 NI'. 8 HWG ersatzlos gestrichen werden, da eine entsprechende Regelung dem Unionsrecht nicht bekannt ist und auch das allgemeine Gebot des Art. 87 Abs.3 der Richtlinie 2001/83/EG für ein solches Verbot nicht aus­reichend sei. Ebenso plädiert der GRUR-Faehausschuss für eine ersatzlose Streichung der Nummer 11 und zu­mindest für eine Umformulierung der Nummer 15 des § 11 Abs.l Satz 1 HWG. Als abschließendes Fazit ist aber festzustellen, dass das Heilmittelwerbegesetz nun­mehr in weiten bzw. wesentlichen Teilen an den Ge­l11einsehaftskodex angepasst ist, was mit einer entspre­chenden Liberalisierung der Heilmittelwerbung einher­geht.

Anschrifi des Verfassers lind der Verf'asserin: Rechtsanwalt Dr. Anclreas Reinhart Rechtsanwältin Geraldine Meßmer meyer.rechtsanwälte Partnerschaft Sophienstraße 5/11I 80333 München www.meyerlegal.de

.\" Vgl. Bundesrat, Drucksache 91112, Amtliche Begründung, S.116. -111 Vgl. CiRUR 2004, 361 1'f. -- Stellungnahmc dcs CiRUR-Faehallsschusses

für Arzneimittel .. lind LchensmittcJrccht zur Frage der Rcfonnbedür1'tig­keit des I-Icilmiltclwerbcgesctzes (HWG).

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punktmäßig auf dem Gebiet des Lebens-mittel- und Heilmittelwerberechts und dabei nicht nur forensisch, sondern auch beratend tätig. Er prüft geplante Werbe- bzw. Marketingmaßnahmen im Vorfeld auf ihre Zulässigkeit. Daneben berät und vertritt Herr Dr. Reinhart Apotheker in allen Fragen des Apothekenrechts.

Herr Dr. Reinhart ist durch eine Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen als Ken-ner der von ihm bearbeiteten Rechtsge-biete ausgewiesen. So ist er etwa Heraus-geber des Werkes „Praxishandbuch Kos-metische Mittel“ (Behr´s Verlag) und Autor des Buches „Kosmetikrecht“ (WVG Verlag). Herr Dr. Reinhart ist darüber hin-aus Mitherausgeber des HWG-Kommen-tars Gröning (WVG Verlag). Ferner ist er Mitautor in dem Lebensmittelrecht-Kom-mentar von Meyer/Streinz (C.H. Beck Ver-lag), dem Wettbewerbsrecht-Kommentar (UWG) von Fezer (C.H. Beck Verlag) und in dem Handbuch des Fachanwalts Gewerblicher Rechtsschutz (Hrsg. Erd-mann/Rojahn/Sosnitza; Luchterhand Verlag).

Neben seinen Lehraufträgen an der TU Weihenstephan und an der Universität Salzburg sowie seiner Dozententätigkeit bei der Deutschen Anwaltsakademie (DAA) ist Herr Dr. Reinhart als Referent auf verschiedenen Veranstaltungen tätig.

Rechtsanwalt Dr. Andreas Reinhart, geb. 1971, hat Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität Mün-chen studiert. Er promovierte an der Paris-Lodron-Universität Salzburg bei Prof. DDr. J. Michael Rainer. Seine Doktor-arbeit befasste sich rechtsvergleichend mit dem anglo-amerikanischen Recht.

Dr. Andreas Reinhart ist Partner der meyer.rechtsanwälte Partnerschaft.

Seit 2005 ist er Lehrbeauftragter für Lebensmittelrecht an der TU München in Weihenstephan und seit 2010 auch als Lehrbeauftragter an der Paris-Londron-Universität Salzburg tätig.

Rechtsanwalt Dr. Reinhart betreut Man-date überwiegend aus der Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie. Ergän-zend kommen markenrechtliche Manda-te hinzu, die sich von der Markeneintra-gung und -pflege, über die Pflege bis zur Abwehr von Ansprüchen Dritter erstrecken.

Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Bereich der kosmetischen

Mittel, von der Produktentwicklung, über Vertrieb und Vermarktung, bis hin zur Verteidigung des Kosmetikums gegen-über Behörden und vor Gerichten. Darü-ber hinaus ist Herr Dr. Reinhart schwer-

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Frau Rechtsanwältin Meßmer ist seit Juli 2012 bei meyer.rechtsanwälte.

Sie studierte Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in Mün-chen und an der Universitat Abat Oliba CEU in Barcelona. Seit 2011 ist sie Doktorieren-de im Rahmen des Doktoratsprogramms „Biomedical Ethcis and Law“ (PhD BmEL) im Law Track an der Universität Zürich; Dissertationsthema: „Nanomedizin – rechtliche Bewertung und rechtsvergleichende Aspekte“.

Sie spricht deutsch, spanisch (2. Muttersprache), englisch und französisch.

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