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Deutschland und Polen Deutschland und Polen – der Wandel eines – der Wandel eines problembelasteten problembelasteten Verhältnisses? Verhältnisses?

Deutschland und Polen – der Wandel eines problembelasteten Verhältnisses?

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Deutschland und Polen Deutschland und Polen

– der Wandel eines – der Wandel eines

problembelasteten problembelasteten

Verhältnisses?Verhältnisses?

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Ausgangslage 1990

Solidarnosc – Bewegung in Polen Ende des Kalten Krieges und damit auch Ausbruch

Polens aus dem System der Sowjetunion Geschichtliche Altlasten aus dem 2 Weltkrieg

Grenzfrage, Oder – Neiße Grenze endgültige Grenze auch nach Deutschlands Wiedervereinigung?

Große Ressentiments auf beiden Seiten dem anderen Volk gegenüber

Vertreibung => Tadeusz Mazowiecki in seiner Regierungserklärung im

Herbst 1989 plädierte „für eine echte Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen, die dem Rang der zwischen Deutschen und Franzosen bereits herbeigeführten entspreche“

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Vertrag zwischen der BRD und Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991

Art 1 1. Die Vertragsparteien werden ihre Beziehungen

im Geiste guter Nachbarschaft und Freundschaft gestalten. Sie streben eine enge friedliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit auf allen Gebieten an. In europäischer Verantwortung werden sie ihre Kräfte dafür einsetzen, den Wunsch ihrer beiden Völker nach dauerhafter Verständigung und Versöhnung in die Tat umsetzen.

2. Die Vertragsparteien streben die Schaffung eines Europa an, in dem die Menschenrechte und Grundfreiheiten geachtet werden und die Grenzen ihren trennenden Charakter auch dadurch verlieren, daß wirtschaftliche und soziale Unterschiede überwunden werden

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Vertrag zwischen der BRD und Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991

Art 2 Sie achten gegenseitig ihre souveräne

Gleichheit, ihre territoriale Integrität, die Unantastbarkeit ihrer Grenzen, ihre politische Unabhängigkeit sowie den Grundsatz des Verbots der Drohung mit oder Anwendung von Gewalt

Sie betrachten Minderheiten und gleichgestellte Gruppen als natürliche Brücken zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk und sind zuversichtlich, daß diese Minderheiten und Gruppen einen wertvollen Beitrag zum Leben ihrer Gesellschaft leisten.

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Vertrag zwischen der BRD und Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991

Art. 81. Die Vertragsparteien messen dem Ziel der

Europäischen Einheit auf der Grundlage der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit höchste Bedeutung bei und werden sich für die Erreichung dieser Einheit einsetzen

2. Mit dem Abschluß eines Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und der Republik Polen legen die Europäischen Gemeinschaften, ihre Mitgliedstaaten und die Republik Polen die Grundlage für eine politische und wirtschaftliche Heranführung der Republik Polen an die Europäische Gemeinschaft. Die Heranführung wird von der BRD im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach Kräften gefördert

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Vertrag zwischen der BRD und Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991

3. Die Bundesrepublik Deutschland steht positiv zur Perspektive eines Beitritts der Republik Polen zur Europäischen Gemeinschaft, sobald die Voraussetzung dafür gegeben sind

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Vertrag zwischen der BRD und Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991

Art. 20 1. Die Angehörigen der deutschen Minderheit in

der Republik Polen, das heißt Personen polnischer Staatsangehörigkeit, die deutscher Abstammung sind oder die sich zur deutschen Sprache, Kultur oder Tradition bekennen, haben das Recht, einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen Mitgliedern ihrer Gruppe ihre ethnische, kulturelle, sprachliche, und religiöse Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und weiterzuentwickeln; frei von jeglichen Versuchen, gegen ihren Willen assimiliert zu werden. Sie haben das Recht, ihre Menschenrechte und Grundfreiheiten ohne jegliche Diskriminierung und in voller Gleichheit vor dem Gesetz voll und wirksam auszuüben.

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Vertrag zwischen der BRD und Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991

3. Die Vertragsparteien erklären, daß die in Absatz 1 genannten Personen insbesondere das Recht haben, einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen Mitgliedern ihrer Gruppe:

Privat und Öffentlich der Muttersprache zu bedienen Ihre eigenen Bildungs-, Kultur-, und

Religionseinrichtungen zu gründen und zu verwalten Sich ihrer Religion zu bekennen und auszuüben Religionsunterricht in der Muttersprache Untereinander ungehinderte Kontakte unterhalten

sowie auch die Möglichkeit, Kontakte über die Grenzen hinweg mit Bürgern anderer Staaten zu unterhalten

Vor- und Familiennamen in der Form der Muttersprache zu führen

Sich wie jedermann wirksamer Rechtsmittel zu bedienen

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Vertrag zwischen der BRD und Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991

Erstmals nach dem 2. Weltkrieg gab es auf der Grundlage nationalen Rechts und im Partnerschaftsvertrag verankert eine befriedigende Regelung der Rechte der deutschen Minderheit in Polen wie auch der polnischsprachigen Gruppe in Deutschland

Flucht und Vertreibung wurden zu einem Gegenstand intensiver Forschung in beiden Ländern

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Phasen deutsch-polnischer Beziehungen

1990-1994 „Honeymoon“ oder der Versuch guter Partnerschaft

1995-1999 Paradigmenwechsel in den Beziehungen führt zu Krise

Ende der 90er Jahre Änderung der Rahmenbedingungen

Wachsendes Selbstbewusstsein Polens Multilateralisierung der Beziehungen Vollzug der Berliner Republik

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Deutschland und Polen in den 90er Jahren

1991 Weimarer Dreieck als trilaterale Kooperation zwischen Polen, Frankreich und Deutschland

Einladung am 1.August 1994 durch Lech Walesa an Roman Herzog an der Gedenkfeier zum 50. Jahrestag des Beginns des Warschauer Aufstands teilzunehmen

Weizsäcker machte seinen Abschiedsbesuch am Ende seiner Amtszeit bei seinem polnischen Amtskollegen

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Deutschland und Polen und die Westintegration Polens

Einsetzen Deutschlands für die Aufnahme Polens in die Nato

Deutschland war dabei neben den USA stärkster Fürsprecher; der damalige Verteidigungsminister Rühe sprach sich 1993 nicht nur für eine Heranführung, sondern explizit für eine wirkliche Integration der ostmitteleuropäischen Staaten in die Nato aus

Auch in der EU setzte sich Deutschland mit der schnellen Aufnahme der MOE´s und hier vor allem Polens durch

Europaabkommen Essener Heranführungsstrategien Agenda 2000

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Deutschland und Polen

Deutschland und Polen eine Interessengemeinschaft verstanden als Deutschlands Fürsprecherrolle für Polen auf dem Weg in die Nato und die EU

„paternalistische Partnerschaft mit Deutschland

Aber: Ratlosigkeit, wie mit der deutsch – polnischen Beziehung nach dem NATO – Beitritt und der gesicherten EU – Perspektive verfahren werden sollte

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Deutschland und Polen

Dabei stechen drei Themen in der jüngsten Vergangenheit besonders heraus, die die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen charakterisieren Irak – Konflikt Europäische Verfassungsdebatte Debatte um ein Zentrum gegen

Vertreibung

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Irak – Konflikt

Seit Herbst 2002 mit der Irak – Krise und der damit einhergehenden Bewertung der transatlantischen Beziehung eine Kluft aufgetan

Dabei trugen die unterschiedlichen Perspektiven aus denen heraus das Verhalten des jeweils anderen Landes kommentiert wurden, zur Entfremdung bei

In deutschen Medien wurde die polnische Entscheidung zur Kriegsbeteiligung als Abwendung von Europa und als Anzeichen dafür gesehen, dass mit der EU – Erweiterung ein Fortschritt der gemeinsamen Außen – und Sicherheitspolitik eher behindert wird

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Irak – Konflikt

=>Das Auseinanderdriften der öffentlichen Debatte in Deutschland und Polen zur „europäischen Identität“ ( GASP, ESVP) wie es der Irakkrieg beförderte, macht die sicherheitspolitischen Schwächen des deutsch – polnischen Sicherheitsdialogs deutlich

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Debatte um ein Zentrum gegen Vertreibung

Deutsche und Polen hatten im letzten Jahrzehnt ein Dialog über die schwierige Kapitel der Vergangenheit geführt, der für andere Länder beispielgebend war

Deutsche und Polnische Forscher stimmen heute in der Beurteilung der historischen Vorgänge weitgehend überein

Durch Idee, ein „Zentrum gegen Vertreibung“ in Berlin zu errichten, fiel die öffentliche Debatte wieder in alte Denkmuster zurück

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Debatte um ein Zentrum gegen Vertreibung

In Polen wuchs bei manchen die Befürchtung, die Deutschen strebten ein neues Geschichtsbild an, in dem sie sich als ein Volk von Opfern darstellen wollten

Auch die in Deutschland wenig wahrgenommenen Aktivitäten der „Preußischen Treuhand“ führten in Polen zu großen Irritationen

In Deutschland entstand dabei der Eindruck, dass Polen sich nicht mit den schmerzlichen Komplex der Vertreibung beschäftigen wollte und darüber hinaus den Deutschen verbieten wollte, ihrer Opfer zu gedenken

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EU – Verfassungsvertrag

Unterschiede in entscheidenden politischen Fragen der Zukunft der Europäischen Union sind unübersehbar

Europäischen Verfassungsvertrag sahen deutsche Politiker als Erfolg, denn das Konventsergebnis berücksichtigt zahlreiche deutsche Vorstellungen

Polen sah den Verfassungsvertrag eher als Verzicht auf historische Errungenschaften ( die Aufwertung Polens im Vertrag von Nizza)

„Nizza oder der Tod“

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EU – Verfassungsvertrag

Polnische Haltung zur Stimmengewichtung Ausdruck einer der politischen Elite weiter ungebrochenen „idèe fixe“ vom souveränen Nationalstaat, für die ein Kompromiss weiterhin eine Niederlage darstellt

Dem Gegenüber steht das sehr integrationsfreundliche multilateral ausgerichtete Deutschland

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Literatur

Bingen, Dieter; Die deutsch – polnischen Beziehungen nach 1945 in: Bundeszentrale für politisch Bildung (Hrsg.); Aus Politik und Zeitgeschichte 5-6 2005

Ruchniewicz, Krysztof; Die historischen Erinnerungen in Polen; in: Bundeszentrale für politisch Bildung (Hrsg.); Aus Politik und Zeitgeschichte 5-6 2005

Urban, Thomas: Historische Belastungen der Integration Polens in die EU: Aus Politik und Zeitgeschichte 5-6 2005