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Z. Tierpsychol., 38, 393--408 (1975) @ 1975 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0044-3573 / ASTM-Coden: ZETIAG Tierpsychologische Abteilung der Univcrsitat Zurich am Zoologischen Garten (Prof. Dr. H . Hediger) Das Spielverhalten der Keas (Nestor notabilis Gould) des Ziircher Zoos Von ROBERT KELLER Mit 8 Abbildungen Eingegangen am 22. 7. 1974 Abstract This study uses a new definition of play behaviour to find out play sequences and the clements the kea uses during play. 14 different keas (2 pairs with 3 and 4 chicks and 3 adults) wcre obscrvcd during 420 h. Observations were made by filming (16 nim), photographing and by speaking sequences on tape-recorder. The observations showed that it was almost always possible to separate play sequences from other behaviour. Some difficulties arose because the behaviour sequences of the kea have a high percentage of variance. To prove that the definition of play is really useful one should use a species whose behaviour is largely innate and not as adaptive as in the kca. With such a species the sequences of “normal” behaviour would be well defined, while the sequences of play behaviour should show no order. 1. Einleitung Uber das Verhalten der Keas (Nestor notabilis Gould) liegen bis jetzt nur wenige Arbeiten vor. MARRINER (1909), PORTER (1947) und DERSCHEID (1947) berichteten uber die Brutbiologie in1 Freiland und in der Gefangenschaft. Neu- ere Daten liegen von JACKSON (1962), HEDIGER (1964), SCHIFTER (1965 und 1966) und SCHMIDT (1971) vor. Alle diese Arbeiten erfai3ten das Brutverhal- ten, so dai3 sich eine genauere Analyse des Gesamtverhaltens aufdrangte. Ich beobachtete voni November 1970 bis zum Marz 1973 in knapp 420 Std. im ganzen 14 Kcas aus dem Zurcher Zoo (8 Exemplare) und dem Jersey Zoological Garden (6 Excmplare). Ich beobachtete jeweils mindcstens 1 Std.; daneben wurden noch viele Einzelbeobachtungcn verarbcitet. Neben einem Ethogramm und den1 Sozialverhalten (noch unvcroffentlicht) beob- achtete ich besonders das Spielverhalten an einer Vierergruppe junger Keas. Am Anfang der Bcobachtungszeit waren die Jungen 3 Monate alt und noch mit den Eltern zusammcn. Vom 8.Monat bis zum Alter von 2 Jahren, am Ende der Arbeit, waren die Jungen allein in einem Gchcge. Schon viele Autoren versuchten, eine brauchbare Abgrenzung dcs Spiels von den anderen Vcrhaltensformen zu findcn. MEYER-HOLZAPFEL (1956~1, 1956b und 1970) gibt in ihren .4rbciten eine zusammenfassende Ubersicht uber die verschiedensten Spieltheorien und die Definition der bctreffcnden Autoren (ALLEMANN 1951 ; BUYTENDIJK 1933; GROOS 1930; HEDICER 1961 ; INHELDER 1955; Lotzos 1966; LORENZ 1956; LUDWIG 1965; MUELLER-SCHWARZE 1966, 1968, 1969; SCHMID 1919). Sic nennt dabei folgcnde Kennzeichen des Spicles (auch bei TEMBROCK 1958 ziticrt):

Das Spielverhalten der Keas (Nestor notabilis Gould) des Zürcher Zoos

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Page 1: Das Spielverhalten der Keas (Nestor notabilis Gould) des Zürcher Zoos

Z. Tierpsychol., 38, 393--408 (1975) @ 1975 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0044-3573 / ASTM-Coden: ZETIAG

Tierpsychologische Abteilung der Univcrsitat Zurich am Zoologischen Garten (Prof . D r . H . Hediger)

Das Spielverhalten der Keas (Nestor notabilis Gould) des Ziircher Zoos

Von ROBERT KELLER

Mit 8 Abbildungen

Eingegangen am 22. 7. 1974

Abstract This study uses a new definition of play behaviour to find ou t play sequences and the

clements the kea uses during play. 14 different keas (2 pairs with 3 and 4 chicks and 3 adults) wcre obscrvcd during 420 h. Observations were made by filming (16 nim), photographing and by speaking sequences on tape-recorder. The observations showed that it was almost always possible to separate play sequences from other behaviour. Some difficulties arose because the behaviour sequences of the kea have a high percentage of variance. To prove that the definition of play is really useful one should use a species whose behaviour is largely innate and not as adaptive as in the kca. With such a species the sequences of “normal” behaviour would be well defined, while the sequences of play behaviour should show no order.

1. Einleitung

Uber das Verhalten der Keas (Nestor notabilis Gould) liegen bis jetzt n u r wenige Arbeiten vor. MARRINER (1909), PORTER (1947) und DERSCHEID (1947) berichteten uber die Brutbiologie in1 Freiland und in der Gefangenschaft. Neu- ere Daten liegen von JACKSON (1962), HEDIGER (1964), SCHIFTER (1965 und 1966) und SCHMIDT (1971) vor. Alle diese Arbeiten erfai3ten das Brutverhal- ten, so dai3 sich eine genauere Analyse des Gesamtverhaltens aufdrangte.

Ich beobachtete voni November 1970 bis zum Marz 1973 in knapp 420 Std. im ganzen 14 Kcas aus dem Zurcher Zoo (8 Exemplare) und dem Jersey Zoological Garden (6 Excmplare). Ich beobachtete jeweils mindcstens 1 Std.; daneben wurden noch viele Einzelbeobachtungcn verarbcitet. Neben einem Ethogramm und den1 Sozialverhalten (noch unvcroffentlicht) beob- achtete ich besonders das Spielverhalten an einer Vierergruppe junger Keas. Am Anfang der Bcobachtungszeit waren die Jungen 3 Monate alt und noch mit den Eltern zusammcn. Vom 8.Monat bis zum Alter von 2 Jahren, am Ende der Arbeit, waren die Jungen allein in einem Gchcge.

Schon viele Autoren versuchten, eine brauchbare Abgrenzung dcs Spiels von den anderen Vcrhaltensformen zu findcn. MEYER-HOLZAPFEL (1956~1, 1956b und 1970) gibt in ihren .4rbciten eine zusammenfassende Ubersicht uber die verschiedensten Spieltheorien und die Definition der bctreffcnden Autoren (ALLEMANN 1951 ; BUYTENDIJK 1933; GROOS 1930; HEDICER 1961 ; INHELDER 1955; Lotzos 1966; LORENZ 1956; LUDWIG 1965; MUELLER-SCHWARZE 1966, 1968, 1969; SCHMID 1919). Sic nennt dabei folgcnde Kennzeichen des Spicles (auch bei TEMBROCK 1958 ziticrt):

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1. Dem Spiel fehlt der spezifische Ernstbezug. - 2. Die gesetzmai3ige Reihenfolge der Appetenzen und Instinktbewegungen ist im Spiel aufgelost. - 3. Das Spiel tritt nur in Aktlon, solange keine echte Instinkthandlung aktiviert ist. - 4. Das Spiel hat kein augerhalb liegendes Ziel. - 5. Das Spiel ist oft wiederholbar. - 6. Das Spiel ist objektbezogen. - 7. Im Spiel bleiben die sozialen Hemmungen erhalten. - 8. Zum Spiel gehort meist ein der Neugier ent- springendes Probieren. - 9. Das Spiel ist lustbetont.

Alle diese Kriterien konnen, wie schon TEMBROCK (1960) erwahnt hat, nicht fur eine objektive Analyse herangezogen werden. I& versuchte deshalb, eine fur meinen Zweck hin- reichende Definition zu finden. Nach Gesprachen rnit Prof. Dr. H. HEDIGER, Prof. Dr . H . KUMMER und einigen Kollegen, denen ich fur die vielen Anregungen danken mochte, kam ich zu folgender Definition des Spieles:

Als Spiel bezeichne ich kurze, unregelmai3ige Folgen (Sequenzen ohne Redundanz) von Verhaltenselementen und ihre Intentionsformen ohne End- handlung. Zusitzlich gehoren noch dazu Elemente, die nur im Spiel vorkom- men, und Elemente, die einem Partner Spiel anzeigen.

Mit Hilfe dieser Definition gelang es, das Spielverhalten in den meisten Fallen klar von den anderen Verhaltenskreisen abzutrennen. Schwierigkeiten ergaben sich nur bei Verhaltensablaufen, die selten auftraten, oder bei Elemen- ten, die aus dem Funktionskreis des Kampfes stammen, da ich nie die Gelegen- heit hatte, einen Ernstkampf zu beobachten. Dadurch ist es nicht moglich zu beurteilen, ob die Elemente des Spielkampfes aus dem Adultverhalten stammen oder ob sie reine Spielelemente sind.

Zur Beschreibung der verschiedenen Spielformen ist es notig, eine Einteilung vorzu-

Solitarspiele nehmen. Ich halte mich dabei im wesentlichen an die von MEYER-HOLZAPFEL (1956, 1970).

1. Ihvegungsspiele 2. Spiele des Nahrungserwerbs 3. Spiele mit Objekten

1. Initialspiele 2. Kampfspiele 3. Jagd- und Versteckspiele 4. Sexualspiele

Sozialspiele

Diese Einteilung dient nur als Hilfe zur besseren Obersicht uber die verschiedenen Spiel- formen. Oft fand ich flienende Obergange zwischen den einzelnen Spielklassen oder hatte Schwierigkeiten, ein Element einer bestimmten Spielklasse zuzuordnen.

2. Solitarspiele 2.1. Bewegungsspiele

In den Fortbewegungsspielen treten alle moglichen Elemente der Fort- bewegung auf. Ein besonderes Kennzeichen, dai3 es sich bei diesen Bewegungen um Spiel handelt, ist vielfach ihre iibertriebene Ausfiihrung. Daneben beobach- tete ich noch Verhaltenselemente, die ich nur im Zusammenhang mit Spiel fest- stellen konnte.

Das Verrenken besteht aus ubertrieben (maximale Intention) ausgefuhrten Bewegungen eines Teils des Korpers, ohne dai3 es zu einer Fortbewegung kommt. Alle diese Bewegungen werden ruckartig ausgefiihrt, so dai3 das ganze Verhalten clownhaft anmutet. Das Verrenken kommt ohne Zusammenhang mit anderen Verhaltenselementen vor, etwas gehauft finden wires vor Kampf- spielen. In diesem Zusammenhang wird es vor einem moglichen Spielgefahrten ausgefuhrt, konnte also die Funktion eines Initialspieles im Sinne von TEM- BROCK (1958) haben.

Die nachsten beiden Spielarten weisen ebenfalls keine eigentliche Fort- bewegung auf. Das erste Element ist Kopfstehen (Abb. 1). Das Tier beriihrt dabei mit der Kopfoberseite und der Nackengegend den Boden, die beiden

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Abb. I : Junger Kca macht einen unvollstandigen Kopfstand auf einem Ast. Am B c d m wcrden of t die Fiil3e vom Untergrund losgelost, so daR das Gewicht auf dem Kopf ruht

Fiifle dienen als Balance. Dieses Kopfstehen geht in fast allen Fallen in einen Purzelbauni uber, doch gelingt es einem Jungen zuweilen, bis zu ' l 2 min auf dem Kopf zu stehen ohne unizufallen. Das Purzelbaumschlagen beginnt mit einem Kopfstand, und dann kommt es zu einem Oberrollen nach vorne, wobei der Kea auf dem Kiicken landet und einige Sek. liegen bleibt, bevor er sich wieder aufrichtet. Oft werdcn auch mehrere Purzelbaume nacheinander ge- schlagen, so dai3 es zu einer Fortbewegung kommt.

Kopfstehen und Purzelbaumschlagen beobachtete ich sehr oft auch im Wasser. Zur Einleitung dieses Spieles geht der Kea ziemlich langsam in den Teich. Wiihrend des Gehens taucht er immer wieder den Schnabel ein, wie wenn er das Wasser untersuchen wurde. 1st er an einer geniigend tiefen Stelle ( I0 cm Wasserhohe) angelangt, bleibt er stehen und taucht den Kopf mehrmals unter Wasser, so dai3 der Kopf mindestens bis uber die Augen eingetaucht ist. Dieses Verhalten bezeichne ich als Tauchen. Der Kopf wird dabei immer schrag gehalten und beriihrt zuerst nur mit einer Seite das Wasser. Nachher wird er wieder i n die normale Lage zur Korperachse gebracht, so dai3 auch die andere Seite des Kopfes nai3 wird. Der Kopf wird eingetaucht, bis die Nasenlocher unter Wasser sind. Dies behagt den jungen Keas offensichtlich nicht, da wahr- scheinlich Wasser in die Nase kommt. Sie reagieren darauf mit Kopfschutteln. Dieses Tauchen ist die erste Stufe des Kopfstehens oder des Purzelbaumes im Wasser. 1st der junge Kea einmnl nai3, so folgen sich Kopfstand, Tauchen und Purzelbaumschlagen in fliei3enden Obergangen. Dazwischen rennt das Junge ails dem Wasser heraus, um sogleich wieder ins Wasser zuruckzukehren und weiter zu baden.

Das Purzelbaumschlagen im Wasser fuhrt zu einem weiteren reinen Spiel- element, dem Riickenschwimmen. Bleibt der Kea nach dem Purzelbaum auf den1 Riicken liegen, so schwimmt er auf der Wasseroberflache ohne unterzu- tauchen, maximal 15, meist jedoch nicht mehr als 5 sec. Zum Badespiel gehort weiter noch das Piuouettenmachen, das jedoch sowohl im Wasser als auch an Land ausgefiihrt wird. Es besteht aus mehreren kurz nacheinander aus- gefuhrten Drehungen um die Korperlangsachse des Tieres. Gleichzeitig findet eine Fortbewegung statt. Im Wasser werden diese Pirouetten meistens einem

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Purzelbautn angehangt. Das Spielen im Wasser ist bei den Keas nicht an die warmen Jahreszeiten gebunden. Die Keas vergnugen sich auch im k"1 a testen Winter im Wasser, selbst Schnee und Eis storen sie dabei nicht.

Neben diesen mehr oder weniger stationaren Bewegungsspielen beobach- tete ich noch eigentliche Laufspiele, die sowohl alleiii als auch niit anderen aus- gefuhrt werden. Der Zusammenhang mit den1 Spiel ist bei diesen Elenienten am schwersten festzustellen, da sich die Definition des Spieles i n eineni kleinen Gehege f i r diese Eleniente nicht anwenden laflt, weil alle Fortbewegung tiur uber kurze Zeit und in unregelmafligen Reihenfolgen auftritt. Diese Spiele bestehen aus schnellem Rennen, Hi ip fen oder Fliegen, wobei meist niehrmals die gleichen Strecken kurz nacheinander zuruckgelegt werden. Eine weitere Form ist das Schauhi ipfen (beidbeiniges Hupfen init um fast 180 Grad schrfg zur Langsachse nach oben gedrehtem Kopf), das beim Adulttier wahrscheinlich territorialen Charakter hat. Dai3 es sich bei den Jungen uin Spiel handelt, zeigt die Unabhangigkeit des Elements von moglichen Eindringlingen in das Gehege, bei den Adulttieren ist es korreliert mit dein Erscheinen von Besucliern oder Wartern.

Als weiteres Bewegungselement wird das Fliegen beim Spiel verwendet. Ich konnte zwei besondere Flugarten beobachten, die nur im Zusammenhang niit dein Spiel vorkamen. Die erste Art ist das von inir als Tieffliegen bezeich- nete Spielelement. Das Tieffliegen ist ein Segeln mit weit ausgebreiteten Flugeln knapp uber der Bodenoberflkhe. Das Brustgefieder beruhrt dabei den Boden. Dieses Spielelement ist nur im Winter zu beobachten, wenn der Boden niit Schnee bedeckt ist. Bei dieseni Tieffliegen wird der Schnee durch die Brust- federn etwas aufgewirbelt, vor allem, wenn es sich uin Neuschnee handelt, der fur dieses Spiel auch deutlich bevorzugt wird. Ein anderes Spielelement ist das Purzelbaumfliegen. Der Kea fliegt in nortnaler Lage gegen das Kffigdecken- gitter, um dann unmittelbar darunter einen Looping zu beginnen, so dai3 seine Beine nach oben gedreht sind und er init den Krallen am Deckengitter Hal t findet. Dieses Element konnte ich vor allem iiach dem Tieffliegen, also im Rah- men eines anderen Flugspieles feststellen. Daneben beobachtete ich es noch zweimal, als ein freifliegender Pfau auf dein Kffigdach der Keas stand. Der Kea landete auf diese Art ganz in der Nahe des Pfauen. Bei uns ini Zurcher Zoo konnen die Keas naturlich nicht ihre vollen Flugkunste entfalten, wie sie von BREHM (1911) beschrieben wurden.

Neben diesen reinen Bewegungsspielen, bei denen kein Objekt benutzt wird, gibt es auch Elemente, die an einem mehr oder weniger stationaren Gegenstand ausgefuhrt werden. Als erstes Element ware hier das Kopfunter - hiingen zu nennen. Der Kea hf l t sich mit den Fui3en an einem Ast oder an einem anderen waagerechten Gegenstand (z. B. Deckengitter, Schaukel), 1ai3t sich dann nach vorne fallen und hangt wie eine Flederinaus am Ast. Diese Stel- lung wird auch von GWINNER (1966) bei den Kolkraben beschrieben (er nannte sie ,,Kopfunterhangen"). In dieser Stellung bleibt der Kea wahrend inaxiinal 2'/emin., dann 1ai3t er sich einfach fallen und fliegt weg oder aber er bringt sich wieder in die normale Lage, indem er den Schnabel am Ast einhakt und sich hochzieht. Genau die umgekehrte Lage finden wir beiin Hangen. Bei die- sem Spiel wird der Schnabel am Ast eingehfngt und das ganze Korpergewicht des Tieres hangt an ihm. In dieser Stellung ist der junge Kea sogar fahig, noch ein wenig hin- und herzuschaukeln. In der Anfangsphase dieses Spieles steht dcr Kea auf dem Ast, hingt dann den Schnabel ein und lfi3t sich nach vorn oder hinten fallen. Nachher werden die Fui3e losgelassen, so dai3 er nur noch am Schnabel hangt. Eine andere Moglichkeit besteht darin, dai3 der Kea von

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unten an eitietii Ast hochklettert, bis der Ast fast waagerecht ist, dann an dicscr Stelle mit dem Schnabel einhangt und sich einfach seitlich fallen Iai3t. Die bciden zuletzt beschriebenen Formen treten ineist in flieflenden Obergiingen auf. Meistens beobachtete ich sie beim Spiel an der Schaukel (ein an zwei Ket- ten aufgehhgter Ast), die vor allein fur Kletterspiele benutzt wurdc. Bei den Kletterspielen traten alle moglichcn Elemelite des Kletterns auf.

Ini Zusammenhang mit der inontierten Schaukel haben die jungen Keas noch ein andcres Spiel erfunden, das bei uns Menschen schon laiige bekannt ist, niimlich das Schaukeln. Der Kea steht auf der Schaukel und bringt sie durch Anfliegen oder durch Schwerpunktsverlagerungen des Korpers zuin Schwingen. Dicse Spielart ist bei den Keas iiui3erst beliebt, meist befinden sich zwei oder drci Vogel zur gleichen Zeit auf der Schaukel u n d versuchen, sie gemeitisam zum Schwingen zu bringen. Sie erreichen dabei einc erstaunliche Koordination.

2.2. Spiele des Nahrungserwerbes

Spiele des Nahrungserwerbes beobachtete ich vor allem nach dcr Futtc- rung. Wahrcnd die Adultticre sofort vom dargebotenen Futter fressen, vcrgnu- gcn sich die jungcn Keas zuerst mit den verschiedenen Nahrungsstuckcn. Am licbsten wird Salat als Spiclzeug verwendet. Zuerst wird der noch g a m e Salat- kopf so schnell wie moglich in Stucke zerrissen. An diesem Spiel beteiligen sich alle Jungen gleichzeitig. In der ersten Phase wird der Salat zudem heftig hin- und hergcworfen: mit dein Schnabel wird er irgendwo angefaflt, dann der Kopf angchoben und blitzartig zur Seite gewendet und in diesetn Moment dcr Schnabel geoffnet, so dat3 der Salat in hohem Bogen durch die Volikre fliegt. J n uber 50 % der F d l e landet er im Wasser, obwohl die Wasserflache nur dcr ganzen IGfigfl2che betragt. Andere Punkte des Raumes zeigen keine solche Bevorzugung. 1st der Salat in Stucke zerrissen, so fiitigt eiii iieues Spiel an. Die cinzelnen Bliitter wcrden im Wasser gebadet und atischliei3end in ein schon vorher vom gleichen Vogel vorbereitetes Loch hineingesteckt. Dieses Vcrhalten bezcichnc ich als Versorgen. Das Loch wird schon vorher gegraben, und zwar cbenfalls im Spiel. Alle Bewegungen siiid ubertrieben, das wird vor allem bei den Seitwartsbewegungen des Kopfes deutlich. W2hrend normalerweise die Frcquenz beim Fortwerfen von Erde klein ist (zwei- bis dreitnal pro Graben), ist sic wiihrend des Spielens auf sechs- bis zehnmal erhoht. 1st das Loch gc- nugend grot3, wird das nasse Salatblatt hitieingesteckt. Das Versteck wird jedoch nicht zugedeckt. Aus diesem Grunde ist es nicht wahrscheinlich, dat3 dieses Verhalteii vom Anlegen von Vorraten abgeleitet werden kann, zumal aus dein Freileben auch nichts uber Vorratanlegen bei Keas bekannt ist (HEDI- G E R 1973).

Gibt man den Keas neuc Aste ins Gehege, so werden diese sofort ent- rindet. Die Iiinde scheint zwei verschiedene Bedeutungen fur sie zu haben: cinerscits als Nahrung und andererseits als Spielzeug. Der Unterschied zwi- schen den beiden Bedeutungen besteht in der verschiedenen Behandlung nach dem Entrinden. Dient die Rinde als Nahrung, so wird sie durchgekaut bis tiur noch ein Brei iibrigbleibt. Beim Spiel wird die Rinde nachher einfach fort- gcworfen. Dasselbe wiederholt sich mehrmals init dein gleichen Rindenstuck. Ein anderes Spiel ini t der Kinde ist das Schwimmenlassen auf dein Wasser (dieses Spiel wird auch init dein Salat gemacht): Der Kea geht ganz langsam ans Wasser, legt dann das Kinden- oder Salatstuck sorgfaltig mit deiii Schnabel auf die Wasseroberflache und versetzt ihm einen Stoi3, so dai3 es wegschwimmt. H a t das Rindenstuck eine gewisse Strecke zuruckgelegt, inarschiert der Kea dem schwimmetiden Stuck nach, fischt es wieder heraus, geht damit an Land

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und lai3t es von dort wieder schwimmen. Dieses Spiel wird bis zu viermal wie- derholt. Das Besondere daran ist, dai3 es nur von einem Individuum ausgefuhrt wurde. Keines versuchte es nachzuahmen.

Ofters konnte ich beobachten, wie ein junger Kea einem Sperling durch den ganzen Kafig nachjagte, mehrmals fanden wir auch getotete Sperlinge, die Keas schienen jedoch nicht davon gefressen zu haben. PORTER (1947) berichtet, dai3 seine Keas Ratten getotet hatten. Das Jagen eines Sperlings konnte ich viermal beobachten. Als Jagen bezeichne ich das Verfolgen von Individuen einer andern Art. Es wird auch an Objekten ausgefuhrt. Wirft man einen Stein oder einen Schneeball ins Gehege, so rennen die Keas diesem nach und versuchen, ihn zu fangen. Der Gegenstand wird dann mit der Zunge untersucht. Nimmt man wahrend dieser Untersuchung nochmals einen Gegenstand in die Hand, kommen sie sofort in die Nahe und warten darauf, dai3 er geworfen werde. Das Jagen von geworfenen Gegenstanden wird auch ohne Partner gespielt. Der Kea nimmt d a m einen Gegenstand in den Schnabel, wirft ihn weg und jagt ihm sogleich nach. Dieses Spiel wiederholt sich viele Male, der Kea jagt dabei durch den ganzen Kafig. Wird ein Gegenstand vom Wind aufgewirbelt, so versuchen die Keas ebenfalls, ihn zu fangen.

Das Jagen ist also ein Verhalten, das wohl im Spiel vorkommt, hochst- wahrscheinlich jedoch auch zum Ernstverhalten gehort.

2.3. Spiele mit Objekten

Die Neugierde ist gerade im Zusammenhang mit Spielen mit Objekten eine wichtige Voraussetzung. Auf diesen Zusammenhang wies schon LORENZ (1956) hin. Dai3 die Keas zu den meistspielenden Tieren gehoren, 1Zi3t sich sicher durch ihre enorme Neugier erklaren. MARRINER (1909) berichtet von der unersattlichen Neugier dieser Papageienart. Diese Neugierde wurde den Keas wahrscheinlich auch zum Verhangnis: einige Individuen wurden zu “Sheep- Killern” ( JACKSON 1962), worauf die neuseelandischen Schafzuchter sie ruck- sichtslos zu verfolgen begannen.

Sobald man von aui3en etwas an das Gitter des Kea-Kafigs lehnt, nahern sie sich und probieren, mit Zunge und Schnabel den Gegenstand zu untersuchen. Auf diese Art wird auch jeder neue Gegenstand in der Volikre sofort von allen untersucht, zuerst auf seine Freflbarkeit hin. Wichtigstes Instrument dabei ist die Zunge, die sehr rasch hin- und herbewegt wird und immer wieder den Gegenstand beruhrt. Ergibt es sich, dai3 er nicht frei3bar ist, wird der Gegen- stand einem neuen Funktionsfeld zugefuhrt: er wird zum Spielzeug. Als erstes wird er im Gehege herumgetragen, wieder fallen gelassen, dann wieder getra- gen usw. Dieses Spiel wird in den verschiedensten Gangarten ausgefuhrt; vor- wiegend beobachtete ich dabei das Rennen. Wahrend dieses Herumtragens kommt es zu einer neuen Spielform, dem Fovtwerfen. Bevorzugt werden Salat, ks te und Erde. Zu erwahnen ist eine besondere Ar t dieses Spieles, das Um- werfen des Futtertroges, kurz nachdem der Warter ihn gefullt hat. Beim Spiel mit dem Futtertrog kommt es zu einer bemerkenswerten Zusammenarbeit von mehreren Individuen. Einige Male konnte ich beobachten, wie zwei Keas gleich- zeitig und koordiniert den Futtertrog anhoben und versuchten, ihn umzu- stoi3en. SCHMIDT (mundl. Mitt.) beobachtete sogar, wie einmal vier Keas in volliger Koordination den schweren Futtertrog anhoben und umzuwerfen ver- suchten. Dieses Koordinationsspiel ist recht selten, meist wird das Fortschleu- dern und Umwerfen von einem einzelnen Tier ausgefuhrt. Ein dem Tragen verwandtes Element ist das Ziehen von Gegenstanden. Beim Ziehen wird dcr Kopf sehr tief und der Gegenstand ganz hinten im Schnabel gehalten. D a es

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sich nieist um schwere Gegenstande handelt, ist der Kea genotigt, ruckwarts zu gehen, um ihn verschieben zu konnen. Ich beobachtete bei diesem Spiel ganz enorme Leistungen: riesige Wurzelstucke (7 kg) und Ketten (3 kg) wurden von den Keas ohne groi3e Muhe herumgezogen. Auch andere Autoren berichten von unwahrscheinlichen Kraftkunststucken der Keas. So schreibt SIDNEY (1969) von einem Kea. der im Spiel ein Trinkgefai3 von 11 kg anhob.

A ~ c h bei einem andern Spiel zeigen die Keas ihre Kraft. Sie versuchten, init der Kopfoberseite Steine im Kiifig herumzustoi3en. Beim Stopen wird der Kopf so tief wie moglich gehalten, der Schnabel gegen die Brust gerichtet und die Stirne gegen den Gegenstand (fast immer ein Stein) geprei3t. Durch Hoch- heben des Kopfes wird der Gegenstand um einige cm verschoben, dann wird wieder neu angesetzt. Auf diese Art kann ein Stein durch die ganze Volikre gestoi3en werden. Dieses Spiel zeichnet sich durch einen saisonalen Hohepunkt im Winter aus. Die Keas lieben es besonders, die Steine im Schnee herumzu- stoflen.

Der Schnee gibt auch Anlai3 zu einem weiteren Spiel des Herumstoflens: mit Hilfe des Schnabels und des Kopfes bilden sie Schneekugeln oder Walzen. Zuerst wird der Schnee (nur Nag-Schnee eignet sich dazu) mit der Stirn an den Boden gedruckt, so dai3 eine feste Stelle entsteht. Diese Stelle wird nun mit Hilfe des Schnabels ausgegraben und an eine noch unberuhrte Stelle getragen. Nun wird das gleiche Verhalten angewendet wie beim Stoi3en der Steine, und durch das Wenden des festgeprei3ten Schnees bildet sich je nach Beschaffenheit des Schnees eine Kugel oder eine Walze, die durch die Volikre gestoi3en wird. Warter ZUST beobachtete einmal eine Walze mit der stattlichen Lange von 35 cm. Die groi3te Kugel, die ich beobachten konnte, hatte einen Durchmesser von etwas mehr als 15 cm. Das Formen einer solchen Schneekugel ist das Werk cines einzelnen Individuums, spiter gesellen sich meistens noch ein oder zwei weitere Keas zum Spielenden und stoi3en ebenfalls an der Kugel herum. Es kommt auch hier oft zu koordinierten Bewegungen der einzelnen Individuen. Neben dieser Art, eine Schneekugel zu bilden, existiert noch eine andere, die jedoch nur bei ganz kaltem Wetter angewendet werden kann. Die Keas lieben es, Eis aus dem Teich oder dem Trinkgefai3 herauszubrechen. Dieses Eis wird entweder gefressen oder in den Schnee gelegt und herumgestoflen. Auf diese Weise bildet sich auch eine Schneekugel.

Weitere Moglichkeiten fur Kraftspiele bringen eine Kette und eine Ture. An der Kette wird aus allen moglichen Korperhaltungen heraus gezogen und geruttelt. D a es sich beim Versuch um eine aufgehangte Kette handelte, geriet sie bei diesen Bemuhungen ins Schwingen, was von den Keas sofort erfai3t wurde und ein neues Spiel ergab: das Schaukeln an der Kette. Dabei beobach- tete ich wiederum zwei Moglichkeiten: entweder wurde die Kette allein zum Schwingen gebracht, oder aber der Kea hangte sich selber an die Kette und begann zu schwingen. Das Zerren und Rutteln an der Kette blieb jedoch nach wie vor das beliebteste Spiel, das Schaukeln wurde an der eigens dafur mon- tierten Schaukel vorgezogen. In Jersey hatten die Keas noch die Moglichkeit, init einer offenen Ture, der Verbindungsture zwischen der kleinen und der groi3en Volikre, zu spielen. Diese wurde vor allem zum Objekt des Zerrspieles. Die Jungen versuchten init aller Kraft, die Ture wegzuziehen. Aus einer solchen Situation entstand wahrscheinlich das Hin- und Herschwingen der Ture. Dieses Spiel wurde in Jersey fur zwei Tage zu einer richtigen Mode, verschwand dann aber wieder, und ich konnte es bis zu nieiner Abreise nicht mehr beobachten.

Die nachsten vier Spiele haben wahrscheinlich alle den gleichen Ursprung. Bei allen handelt es sich um das Hineinstecken eines Gegenstandes in eine Off-

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nung. Am hiiufigsten beobachtete ich, wie ein Kea versuchte, Salat in einen Spalt hineinzusteclwn. In der Volikre werden die einem Spalt ahnlichen Orte mit Salat und anderen Gegenstanden vollgestopft. Dieses Verhalten betrachte ich als eine Variante des Versorgens in der Erde. Auch die nachsten drei Spiel- arten sind wahrscheinlich Varianten des Versorgens.

In der Innenvolikre des Zurcher Zoos hat es knapp uber dem Boden gegen die Volikre der Aras einen Metallrahmen. Zwischen diesem Rahmen der Schei- be und dem Boden besteht eine Lucke von 3 cm, und diese Lucke ubt eine besondere Anziehungskraft auf die Keas aus. Ich beobachtete, wie sie ein Salat- blatt oder eine Rube von oben zwischen Rahmen und Scheibe stopften und es unten, zwischen Boden und Rahmen, wieder hervorzogen. Dieses Spiel wieder- holte sich bis zu 12 min lang ohne Unterbrechung.

Das gleiche Spiel zeigten die jungen Keas auch mit Nussen. D a sie die Nusse jedoch nicht in den Spalt stecken konnten, gingen sie nach draui3en und steckten die Nufl durch das Gitter in die Nachbarvolikre, lieflen sie auf der andern Seite herunterfallen, um sie nachher unter dem Gitter am Boden wieder zu sich zu ziehen. Auch dieses Spiel konnten sie lange betreiben, die Iiingstc gemessene Zeit betrug 17 min.

Die beiden nachsten Spaltbeispiele sind etwas anders, doch ich glaube, dai3 sic dieselbe Wurzel haben. Mehrmals konnte ich beobachten, wie ein jungcr Kea Fleischbrocken an das Gitter der Aui3envolikt-e klebte. Dazu holte er Fleisch- brocken von etwa 2-3 cm @ aus dem Futtertrog, marschierte damit hinaus und setzte sich ans Gitter. Dort begann er, kleine Stiickchen an die Gitterstiibe zu kleben. Nachdem das Fleisch an einer ersten Stelle festgeklebt war, wurde es wieder abgekratzt und an einer andern Stelle wieder angeklebt. Die nachste Stelle war jeweils 10-15 cm von der ersten entfernt. Die durchschnittliche Spieldauer lag zwischen 5 und 6 min.

Dai3 Spalten und Locher eine besondere Anziehungskraft fur die Keas haben, zeigt auch das nachste Spiel. In der Innenvolikre und in der zweiten Auflenvolikre befinden sich zwei kleine Teiche, die durch eine Rohrc init flie- flendem Wasser versorgt werden. Diese Rohren wurden von den jungcn Keas immer wieder mit verschiedeneii Gegenstanden vollgestopft (Abb. 2). Wiihrend in der Innenvolikre Salat und leere Nuflschalen in die Rohre gestopft wurden,

Abb. 2: Junger Kea stopft eine angefressene Karotte in die Wasscrriihrc

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erreichte das Spiel seinen Hohepunkt erst in der zweiten Aufletivoli&rc, wo dazu groflcrc Kiesclstcine benutzt wurden. Diese Kieselsteine, ebenso wic Erdc und Gras, eigneten sich vorzuglich als Verschlufl. Mit dem Verstopfcii dcr Rohre konnteti sich die Keas bis zu 24 tniti vergnugen, dies ist die 1;ingstc Spicl- zcit bci den voti tiiir beobachteteti Solitiirspielen.

In Jersey beobachtete ich weiter ein Spiel, das man als Abwandlung des Kampfspieles ansehen kann. N u r ist dabei nicht ein anderer Kea der Partner, sondern ein kleiner Ast oder ein iihnlich gefortnter Gegenstand. Diescs Spicl bezeichne ich als Balancieven (Abb. 3 ) . Dabei liegt der Kea auf detn liiicken und joiigliert eitieti Gegenstand init seitien Fuflen uber der Brust. Die Bewc- gungen ihneln den Kampfbeweguiigen, die voin Unterliegenden getnacht wcr- den, wetin es zwischen zwei Keas zum Kampfspiel kommt. Der Ast dicnt wahrscheinlich dabei als imaginarer Katnpfparttier.

Abb. 3: Junger Kea balanciert einen Ast mit den Ful3en iibcr der Brust

Einc Kategorie der Spiele init Objekten wird von MEYER-HOLZAPFEL (1970) als sensorische Spiele bezeichnet. Bei den Keas beobachtetc ich, wie sic Steinc inimer wicder i n ein lecrcs totiernes Futtergeschirr fallen lieflen (Abb. 4). Jedestiial gab es einen lauten Ton, der die Keas offensichtlich dazu atistacheltc, es noch cintiial zu versuchen. Der Sinneseindruck dieses Gerausches schicn ciii gewisscs Lustgefuhl ZLI bereiten.

Ein weiteres Spiel, das man utiter Umstanden auch zu den sensorischen Spielen ziihlen kann, ist das Nachahmen von Tonen, die ein Kea von sic11 gibt, die jedoch nicht zutn Spektruiii seiner eigenen Art gchoren. Dieses Vcrhaltcn konnte ich nur zweiinal bei einem jungen 9 beobachten. Es versuchtc zuerst, den Ruf der Balistars nachzuahtiien, was ihin iiuflerst gut gelang. Dcr zwcitc Versuch hingegen gelatig nicht besonders gut: das Kea-9 versuchte mchrtiials, das Gespriich eines Beos nachzuahmen, der seinerseits die iiienschliche Stitnine imitiert. Andere Nachahinuiigen konnte ich nicht beobachten.

Beim Spiel finden wir keine eigentliche Rangordnung. Der Besitzer eincs Spielzeugcs ist dominant uber jeden Aiigreifer, der ihin das Spielzeug wcg- nehtnen will. Diese eitideutigc Doiiiinanz gilt in fast alleti Fiillen nur fur dic erste Viertelstunde, in der ein Kea ein rieues Spielzeug besitzt. Je langcr dic Spielzeit mit detii Objekt wird, desto tnehr verliert er das Interesse daran und erlaubt auch den andern, tiiit seinem Spielzeug zu spielen. Diese Regel wurdc nur durch das ranghochste d durchbrochen, das einetn 0 in sieben voti elf Vcr- suchen das Spielzeug wegnehmen konnte.

Z. Tlerpsychol. Bd. 38, Heft 4 26

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Abb. 4 : Der junge Kea hat im Schnabel einen Stein, den er in das Futtergeschirr fallen lassen wird

3. Sozialspiele 3.1. Initialspiele

TEMBROCK (1 958) versteht darunter Verhaltensweisen, die den verschic- denen Spielen vorausgehen oder sie unterbrechen konnen, die im allgemeinen zu weiteren Verhaltenselementen des Spieles fuhren. Auch beim Kea lassen sich solche Initialspiele beobachten, jedoch nicht in der groflen Vielfalt, die TEM- BROCK (1958) beim Rotfuchs beschreibt. Die haufigste Form der Spiclauffor- derung an einen moglichen Partner ist das steifbeinige Herumgeheii vor die- sem, wobei der Kopf gegen ihn gerichtet ist-. Der Korper wird dabei normal gehalten, das Intertarsalgelenk ist jedoch gerade durchgedruckt. In dieser Stel- lung schreitet der Kea vor seinem Partner auf und ab. Wirkt diese Aufforde- rung nicht, so kommt eine zweite, etwas starkere, zuin Zuge. Es ist dies eiii Fortschleudern voii Gegenstanden. Im Gegensatz Zuni Solitarspiel wird der Gegenstand hier sehr auffallig vor dem Partner aufgehoben und ungerichtet weggeworfen. Der Blick liegt dabei auf dem Spielpartner. Wirkt diese Auf- forderung nicht beim ersten Mal, so wird sie mehrmals wiederholt, bis der Partner reagiert, indem er auf den Auffordernden zugeht. Diese beiden Auf- forderungsspiele werden in den meisten Fallen vor Jagd- und Versteckspielen gemacht.

Das dritte von mir beobachtete Initialspiel findet man als Einleitung zu einem Kampfspiel. Der Initiant legt sich dabei auf den Rucken und schaut auf seinen moglichen Spielgegner. Vielfach wird bei diesem Verhalten, von mir als Anzeigen bezeichnet, der Kopf zudem noch zwischen die Fui3e gehalten. Rea- giert der Spielpartner nicht und wendet sich ab, so steht der Initialpartner auf, lauft um den andern herum und zeigt wieder an. In uber 70 % aller Falle nutzt diese Aufforderung schon beim ersten Male.

Eine vierte Moglichkeit der Aufforderung zum Spiel ist das Abwehren, d. h. das Hochheben eines Fufles in Duckstellung mit Beruhren des Partners. Dieses Element beobachtete ich ebenfalls nur als Einleitung zuin Kampfspiel, wobei es nicht immer nur als Initialspiel auftrat, sondern auch als Abwehr gegen zu heftiges Angreifen. Neben diesen vier Initialspielen konnte ich keine andern Spiele beobachten, die eindeutig in diese Klasse hineingehorten.

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Das Spiclvcrhalten dcr Keas ( N c s t o r notabilis Gould) dcs Ziirchcr Zoos 403

3.2. Kampfspiele

Die Kainpfspiele zeichiieii sich durch einen Rollentausch (MEYER-HOLZ- APFEL 1970) aus, d. h. es kommt wiihrend eiiies Kainpfes zu einer unrcgclmiifli- gen Verteilung der Rollen des Unterlegenen und des ifberlegenen. Dies zeigt sich auch bei den Kampfspielen der Keas sehr deutlich. Die Rangordnung unter den Jungen ist bei diesen Spielen ohne Bedeutung.

Eingeleitet wird eiii Kampfspiel entweder durch ein Initialspiel, oder einer der beiden Beteiligten ,,greift" einfach an und lost damit das Spiel aus. Ofters sieht man vor dein Kampfspiel eine Gangart, die sonst in keinem andern Zu- sammenhang beobachtet werden kann: die Keas marschieren in geduckter Hal- tung, den Hals horizontal nach vorne gestreckt, auf einen Partner zu. Dabei wird jede Deckung, die die Volitre bietet, ausgenutzt, so dafl der Partner deli Anschleichenden moglichst spat bemerkt. Kurz vor dem Gegner wird das Tempo erhoht, und es koinint zu einem Zusainmenstofl, der im Kampfspiel endet. Eine andere Moglichkeit, ein Kampfspiel auszulosen, besteht im Element Abwehren. Ein Kea, meist der rangtiefere, geht langsam in Duckstellung auf einen Spielpartner zu und setzt sich neben ihn. Darauf kommt es zu einer Abwehrbewegung des Auffordernden und diese wiederum fuhrt zu einer Art von Kampfspiel, die ich als Fupfechten bezeichnen mochte (Abb. 5). Ich defi- niere es als niehrmaliges gegenseitiges Beruhren zweier Partner init einem Fui3, wobei sich die Fufle der beiden Individuen mehrmals ineinander verkrallen. Dieses Fechten geschieht teilweise in sehr raschem Tempo, will aber einer der beiden Partner nicht so recht niitmachen, kann es auch im Zeitlupenteinpo aus- gefuhrt werden.

Abb. li: Rechtes Individuum beginnt mit FuQfechten, wird zucrst in den FUR gebisscn, kurzc Zcit nachher macht das zweite Individuum jcdoch auch mit

Das Fuflfechten wird ineistens no& gesteigert, d. h. das Tempo wird zu- sehends erhoht. Je erregter die Tiere sind, desto ofter kommt auch noch der Schnabel zum Einsatz, und das Fuflfechten geht in ein Schnabelfechten (Abb. 6) iiber. Unter dem Schnabelfechten verstehe ich schnelle Vorwartsbewegungen des Kopfes gegen einen Gegner. Dieser Gegner macht gleichzeitig dasselbe, und es komint zu Beriihrungen, wobei jeder versucht, den andern am Schnabel zu

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A66. 6: Schnabelfechten zweier junger Keas

packen. Schnabel und FuRfechten losen sich immer wieder ab. Es kommt also zii unregelmaRigen Wiederholungen der beiden Spielarten, was ja eiii Kenn- zeichen des Spieles ist. Gelingt es einem, den andern am Schnabel zu packen, so kommt es zum Hakeln. Jeder halt mit seinein Schnabel den Schnabel des Gegners fest und versucht in dieser Stellung, den andern durch Ruckwarts- gehen zu sich zu ziehen. Bezeichnend ist es, dai3 es bei diesem Spiel keineii Gewinner gibt, einmal 1 i R t der eine den andern ziehen, das aiidere Ma1 ist es umgekehrt. Das Spiel findet meist seine Fortsetzung in einem Gemisch der soeben beschriebenen Spiele. Abwechslungsweise und teilweise auch gleichzeitig kommt es zum Schnabel-, FuRfechten und Hakeln.

Die nachste, intensivere Form des Kampfspieles wird eingeleitet durch das Sich-auf-den-Rucken-legen, d. h. das Anzeigcn. Diese Aufforderung bewirkt, daR der Gegner dem Aufforderiiden auf den Bauch spriiigt und so das Spiel auslost. Aus dieser Situation entsteht sofort ein unubersehbarer Kniiuel, in dein

Abb. 7: Linkes Tier s p r i n g im Kampfspiel dem rechten auf den Bnuch

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Das Spiclvcrhaltcn dcr Kcas (Nestor itotabilis Gould) dcs Zurchcr Zoos 405

bald der eine, bald der andere obenauf ist. Zwischendurch lost sich der Knauel wieder, und der eiiie springt dein andern wieder auf den Bauch oder auch auf den Riicken. Das offensichtliche Ziel dieses Spicles ist das Bauchspringen (Abb. 7) wie eben beschrieben. Im Knauel des Kampfes kommt es auch zu Schnabel- und Fuflfechten.

Die stiirkste Form des Kainpfspieles ist der Hahnenkampf. Die beiden Gegner bekaiiipfen sich, indem sic fliigelschlagend aneinander hochsteigen und init dein Schnabel und den F u k n gleichzeitig fechten. Jeder versucht dabei, den andern auf den Kucken zu legen. Gelingt dies einem der beiden, so geht das Kampfspiel auf dem nachst iiiedrigeren Niveau weiter, um innert kurzestcr Zeit wieder Zuni Hahnenkampf zu werden (Abb. 8).

Abb. 8: Hahnenkampfspicl zwischen zwei Jungen

Vergleicht man die Spieldauer der verschiedenen Kampfspieleleinente, SO

sieht man, dai3 die Elemente des niedrigsten Niveaus, also der niedrigsten Intensitat, am lingsten gespielt werden. Die Elemente der hoheren Niveaus werden nur fur kurze Momente gespielt, uin sofort wieder von solchcn der unteren Niveaus abgelost zu werden. Offensichtlich wird damit eiii Obersprin- gen auf das Ernstverhalten vermieden. Jede Kampfspielform ist begleitet vom Beipen. In allen Phasen des Kampfspieles versuchen die Keas immer wieder, den Partner an irgendeiner Stelle des Korpers zu beiflen. Bevorzugt werden dabei die Korperextremitaten wie der Schwanz und auch gain besonders die Fufle. Das Beifl-Element wird unregelni&g in die verschiedenen anderen Kampfforinen eingebaut, vor allem auf den untersten Niveaus des Kanipf- spieles. Beim Beiflen, und ab und zu auch bei andern Elementen des Kampf- spieles, beinerkte ich, wie einer der beiden Beteiligten ein leises Jammern horeii liefl, worauf der andere sofort mit seinem Tun aufhorte. Dieses Jainmern ist offenbar eiii Abwehrlaut. Er hort sich als leises ,,ahshah" an, die Korper- haltung ist dabei deutlich geduckt, also eine Demutstellung.

Im allgemeinen sind bei Kampfspielen keiiierlei Lautiiuflerungen zu ver- nehmen, einzig beim ,,King of the Castle"-Spiel kommt es zu einein lauten Geschrei aller Beteiligtcn. Dieses Spiel wird von HEDIGER (1961) am Beispiel des Menschen erklart mit dein Hinweis, dat3 dies vor allem ein Spiel der Huf- tiere sei. Bei den Keas konnte ich es ebenfalls niehrmals beobachten: einer der Keas sucht einen Wurzelstock oder sonst einen prominenten Standort und bleibt dort uniherschauend stehen. Sofort koinmen die andern herbeigerannt und versuchen, den oben Stehenden i n die Fufle zu beiflen. Dieser wiederum

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versucht, so lange wie moglich die andern abzuwehren. Sobald es den andern gelingt, den ,,Burgbesitzer" zu vertreiben, stellt sich ein Tier aus der Gruppe hin und verteidigt jetzt seinerseits den Platz. Das Spiel wird unter lautem Geschrei ausgefuhrt, wie es nur bei einigen Bewegungsspielen, vor allem Renn- spielen, der Fall ist. Die im ,,King of the Castle"-Spiel angewendeten Elemente stammen alle aus den andern Kampfspielen.

3.3. Jagd- und Versteckspiele

Nach dem Futtern wird - wie schon beschrieben - das Futter durch die Jungen im ganzen Kafig verteilt. Dabei tragen oder werfen sie vor allem den Salat herum. Das lost oft eine Jagd aus, indem die jungen Keas einem, der wegrennt, den Salat wegzunehmen versuchen. Wird der Verfolgte eingeholt, so wird ihm der Salat weggenommen und der neue Besitzer wird verfolgt, sei es ZLI Fufl oder im Fluge. Dieses Spiel geht auch ohne Gegenstand weiter, wenn einer den Salat fallen 1aGt. Trotzdem kommt es immer wieder zum Rollen- tausch zwischen Verfolgtem und Verfolgern. An diesem Spiel beteiligen sich meistens alle vier Jungen, in einigen Fallen auch nur zwei. Je nachdem, was fur ein Gegenstand herumgetragen wird, kann es zwischen den Jagden no& zum Zerren kommen: Zwei Keas haben dabei gleichzeitig einen Gegenstand gefaflt und jeder versucht, ihn auf seine Seite zu ziehen. Siegt einer, geht die Jagd weiter, bis wieder beide den Gegenstand gefai3t haben. Beim Zerren wird auch ini t den Fui3en gefochten, es besteht daher die Moglichkeit, dafl aus dem an- fanglich reinen Jagdspiel ein Kampfspiel wird. Dieses Kampfspiel kann jedoch nach kurzer Zeit wieder auf das Jagen zuruckschwenken.

In die Verfolgungsspiele wird oft noch ein Gegenstand des Kafigs mitein- bezogen. Die Jagd wird d a m zum Beispiel uni einen groi3en Wurzelstock herum ausgefuhrt, so dai3 sich die Beteiligten zeitweise nicht sehen konnen. Dies fuhrt dann zum Verstecken, das ausschliefllich im Zusammenhang mit Jagdspielen auftritt. Beim Verstecken zieht sich ein Individuum an einen Platz zuruck, wo es von keinem andern Individuum gesehen werden kann. Schon nach kurzer Zeit schaut der Versteckte jedoch wieder um die Ecke. Hie und da beobachtete ich, wie zwei sich gleichzeitig hinter die Mauer zwischen der Innen- und der Adenvolikre zuruckzogen, jeder auf eine Seite. Dann schlichen beide langsam zur Verbindungsture, um auf die andere Seite zu spahen, dabei trafen sie gleichzeitig bei der Ture ein und schauten sich direkt ins Gesicht. Sofort gab dies Anlai3 zu einem heftigen Jagdspiel. Manchmal zogen sich beide aber auch wieder zuriick, so dafl das Spiel von neuem beginnen konnte.

3.4. Sexualspiele

Diesem Spielkreis konnte ich nur zwei Elemente zuordnen, die eindeutig aus dem Funktionskreis des Sexualverhaltens stammen. Das erste Element fand ich auch im Zusammenhang mit dem Kampfspiel, namlich das Springen auf den Rucken des Partners. Wiihrend beim Kampfspiel immer wieder auch einige Elemente des Drohverhaltens auftauchen, treten diese im Zusammenhang mit dem Sexualspiel nie auf. Ich benutze dies unter anderem zur Unterscheidung zwischen Kampf- und Sexualspiel. Trit t das Springen auf den Rucken allein auf, ohne ein Element des Kampfverhaltens, so dient dies weiter als Indiz, dafl es sich in diesem Zusanimenhang um ein Sexualspiel handelt. Es war mir jedoch oft nicht moglich, eine klare Abgrenzung zu finden, da die unmittelbaren Oberginge von Elementen aus dem einen Funktionskreis in solche aus einem anderen keine Klassierung zulieflen.

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In1 Zusammenhang mit dem Springen im Sexualspiel beobachtete ich wei- tcr ein Element, das eindeutig dem Balzverhalten zugeschrieben werden kann. Es handelt sich dabei um das Tanzen, ein Hupfen am Ort , n i t Blick auf den Partner. Dieses Verhalten wird auch zwischen den Verfolgungsjagden ein- gebaut, allerdings nur, wenn die zwei beteiligten Individuen verschiedenen Geschlechts sind. Es wechseln dann die beiden Elemente Tanzen und Springen iiiinier wieder ab, dazwischen ergeben sich Jagden. Die Sequenz der Normal- balz wird dabei nicht eingehalten, zumal auch die meisten Elemente des Nor- malverhaltens vollig fehlen.

Zusammenfassung

Vom November 1970 bis zum M2rz 1973 wurde wahrend 420 Std. das Verhalteii der Keas (Nestor notabilis Gould) im Zurcher Zoo, und wahrcnd einer kurzen Zeit auch im Jersey Zoological Park, untersucht, insgesamt an 14 Tieren aus verschiedensten Altersklassen. Als Spiel bezeichne ich kurze, nicht lclassifizierbare Folgen (Sequenzen ohne Redundanz) von Verhaltenseleinenteii und ihre Intentionsformen ohne Endhandlung. Hinzu kommen noch Elemente, die nur im Spiel vorkommen, und Elemente, die einem Partner Spiel anzeigen.

Zu den Bewegungsspielen gehoren das Purzelbaumschlagen und das Ruk- kenschwimmcn im Wasser. Zwei oder drei Keas zeigten ein koordiniertes Schau keln.

Zu Spielen des Nahrungserwerbes gehoren Verstecken eines Futterstuckes in ein vorbereitetes Loch. Ferner jagten die jungen Keas anderen Vogeln und hochgewirbelten oder sogar von ihnen selbst hochgeworfenen Gegenstanden nach. Spiele mit Objekten traten vor allem im Schnee auf. Die Keas formen init Schnabel und Stirn groi3e Schneekugeln und Schneewalzen, die sie nachher durch die ganze Volikre stofien. Beliebt ist das Balancieren eines Gegenstandes auf der Brust mit Hilfe der Fufie in Ruckenlage. Die Sozialspiele werden meist durch eine Aufforderung eingeleitet: ein Kea legt sich auf den Rucken und schaut den Aufgeforderten an.

Kampfspiele haben sehr verschiedene Intensitat. Hohepunkt des Kampf- spieles ist der sogenannte Hahnenkampf, der jedoch sofort wieder von Elemen- ten eines niedrigeren Niveaus abgelost wird, etwa vom Fechten mit den Fufien oder mit dem Schnabel; auch kann ein Partner dem andern auf den Bauch springen.

Neben dem Jagen kennen Keas auch noch das Verstecken vor einem Partner.

Als Sexualspiel trat nur ein Element des Adultverhaltens, das Tanzen, auf. Das Springen auf den Riicken des Partners kann in einigen Fallen noch zu ni Sex 11 a Ispi el gezi hl t we rden .

Summary

Play Behaviour of Keas in Zurich Zoo

The behaviour of 14 Keas (Nestor notabilis Gould) of various ages was observed in Zurich Zoo for 420 hrs between November, 1970, and March 1973, and also for a short time in the Jersey Zoological Park. Play was defin- ed as consisting of short, not classifiable sequences of behavioural elements (no rcdundance) and their intentional forms without consummatory action. It also

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contains elements seen exclusively during play and elements indicating play to a partner.

Movement play includes somersaults in the water and swimming upside- down. Two or three animals also showed a coordinated rocking.

Food play included caching a food object in a previously prepared hiding- place. Young Keas also chased other birds, or objects they had thrown them- selves.

Object play occurred mainly with siiow. The Keas used bill and forehead to form snowballs, which they pushed across their whole cage. Frequently an animal would lie on its back and use its feet to balance an object on its breast.

Social play usually began with soliciting; one animal lay on its back and looked at a potential play partner.

Aggressive play varies strongly in intensity. The most intense form of play-fighting is the so-called cock fight, which however almost immediately gives way to elements of lower intensity, e. g. fighting with feet and beak; one animal may also jump onto another’s stomach. The Keas may also hide from a play partner.

During sexual play only one element of adult behaviour, dancing, occur- red. I n some cases jumping onto the back of the partner may also be regarded as sexual play.

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