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Das MoZArT – Programm: - Kontextualisierung, begleitende Beobachtung und Auswertung - Zwischenbericht: April/Mai 2002 Praktikumsarbeit: Jens Prietzel Donausstr. 112 12043 Berlin eMail: [email protected] Für: Bundestagsfraktion der PDS AK Arbeit/Soziales/Gesundheit MdB Pia Maier Berlin, 17. Mai 2002

Das MoZArT – Programm - memo.uni-bremen.de · Modellvarianten skizzieren, die im Rahmen des MoZArT-Programms erprobt werden. Im Anschluss daran versuche ich, wesentliche Schlußfolgerungen

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Das MoZArT – Programm:

- Kontextualisierung, begleitende Beobachtung und Auswertung -

Zwischenbericht: April/Mai 2002

Praktikumsarbeit:Jens Prietzel

Donausstr. 112

12043 Berlin

eMail: [email protected]

Für:Bundestagsfraktion der PDS

AK Arbeit/Soziales/Gesundheit

MdB Pia Maier

Berlin, 17. Mai 2002

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 4

1.1 Sinn und Zweck der begleitenden Beobachtung des MoZArT–Programms 4

1.2 Klärung der Vorgehensweise 5

2. Die Grundlagen des MoZArT – Programms 7

2.1 Gegenstand, Problemsicht und Zielformulierung des Bundesministeriumsfür Arbeit und Sozialordnung

7

2.2 Gesetzliche und weitere formal-rechtliche Grundlagen 9

3. Die Strategie des 'aktivierenden Sozialstaats' als ideologischerund konzeptioneller Kontext des MoZArT–Programms

12

3.1 Der polit-ökonomische Hintergrund der Strategie des 'aktivierenden Sozialstaats' 12

3.2 Der 'aktivierende Sozialstaat' in der Gesamtstrategie der Neuen Sozialdemokratie 13

3.3 From welfare to workfare: Die Re-Kommodifizierung der Arbeitskraft 16

4. Die Probleme der heutigen Arbeitsmarktpolitik und die aktuelleDebatte um die Zukunft der Arbeitslosen- und Sozialhilfesysteme

20

4.1 Die sukzessive Segmentierung der Arbeitslosigkeit 20

4.2 Die Diskussion um die Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe 21

4.3 Bestehende Probleme der momentanen Arbeitsmarktpolitik und ihre politischinteressierte Ausdeutung in den laufenden Diskussionen

24

4.4 Die Kooperation der Arbeits- und Sozialämtern als mögliche Vorstufe einerZusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe

27

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5. Die Positionen der PDS zur Zukunft der Arbeitslosen- und Sozialhilfeund zu einer möglichen Reform der Leistungs- und Förderungssysteme

29

5.1 Reformbedarf wird nicht verleugnet oder ignoriert - auf die Reforminhalte kommtes an!

29

5.2 Eckpunkte für ein kommunales Bürgeramt für Arbeit für alle Arbeitslosen 31

5.3 Die kritische, aber nicht konstruktive Haltung der PDS zum MoZArT–Programm 32

6. Der vorläufige Stand der begleitenden Beobachtung undBeschreibung des MoZArT–Programms

36

6.1 Grundsätzliche Bemerkungen zum Inhalt und zur Vorgehensweise 36

6.2 Die formale, soziale und regionale Anlage der Modellvorhaben 37

6.3 Schritte zur 'Leistung aus einer Hand': 39

a.) Einrichtung gemeinsamer Anlaufstellenb.) Fortbildung und Aufklärung der beteiligten Amtsmitarbeiterc.) Case-Management und Eingliederungspläned.) Beratung und Überprüfung von möglichen Leistungsansprüchen aus einer Hand

6.4 Konkrete Verbesserungen – Wege in Arbeit: 49

a.) Einbeziehung von externen Beschäftigungs- und Bildungsträgernb.) Einschaltung von externen Vermittlungsagenturenc.) Ausbau, Auslagerung und Professionalisierung von vorgeschalteten Eingangs- und Eignungsuntersuchungend.) Die Einbindung weiterer sozialer Dienste in den Eingliederungsprozeße.) Die wechselseitige Ergänzung und/oder Ersetzung von arbeitsfördernden Maßnahmen, Instrumenten und Regelungen nach dem SGB III und dem BSHGf.) Kombinierte Kostenübernahme als Form einer kooperativen Eingliederungspolitikg.) Informations- und Datenaustausch zwischen Arbeits- und Sozialämtern

6.5 Die Demokratisierung des Sozialstaats: 63

a.) Das Prinzip der freiwilligen Teilnahme sowie die Bedeutung und Anwendung von Zumutbarkeitskriterienb.) Kontrolle des Informations- und Datenaustausches durch die Betroffenenc.) Beteiligung an der Entwicklung, Durchführung und Auswertung der Modellprojekte

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7. Vorläufiges Fazit und Prognosen zu den organisationspolitischenSchlussfolgerungen der dominierenden Protagonisten aus MoZArT

68

7.1 Die Herausarbeitung und Exemplifizierung von drei idealtypischen Modellprojektenin MoZArT:

68

a.) Das JobCenter Köln: Zentralisierung der Sozialverwaltung und Verschärfung der 'aktivierenden' Eingliederungspolitik (Typ erweiteres Sozialamt)b.) Das Leistungs- und Vermittlungszentrum AHA in Berlin-Pankow: Verbesserung der Ein- gliederungsqualität bei Arbeitslosen mit ergänzendem Sozialhilfebezug (Typ Ämter-Mix)c.) Das ALFA-TEAM in Stralsund: Grundsicherungsansatz und die Rückholung der Arbeitslosen mit ergänzendem Sozialhilfebezug in das Arbeitsamt (Typ erweiteres Arbeitsamt)

7.2 Die Durchsetzung der 'Aktivierungslinie' als sozialpolitisches Organisationsprinzip– antizipierte Schlussfolgerungen aus MoZArT

85

7.3 Weitere mögliche Schritte der begleitenden Beobachtung und Auswertung desMoZArT – Programms

92

8. Literaturverzeichnis 94

Anhang: Das MoZArT – Programm in tabellarischem Überblick.

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1. Einleitung

1.1 Sinn und Zweck der begleitenden Beobachtung des MoZArT-Programms

Die Modellversuche des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMA), die auf

der Grundlage des Gesetzes zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Arbeitsämtern

und Trägern der Sozialhilfe seit Anfang 2001 unter dem Titel MoZArT laufen, sollen die

Möglichkeiten einer engeren Kooperation von Arbeits- und Sozialämtern ausloten. Zeitlich

sind die meisten MoZArT-Projekte zunächst auf zwei Jahre begrenzt und lassen somit zu

diesem Zeitpunkt noch kaum eine auf breiter Datenbasis fundierte Auswertung im Detail

zu. Dies gilt umso mehr, als der Zwischenbericht der vom Bundesministerium selbst in

Auftrag gegebenen Projekte-Evaluation erst für das Ende des Jahres 2002 angekündigt

wurde und sich der abschließende Untersuchungszeitraum noch über die eigentliche Pro-

jektefrist (bis Ende 2004) hinaus erstrecken soll1.

Dennoch können und müssen anhand der bereits veröffentlichten Projektebeschrei-

bungen und weiterer zugänglicher Informationen schon jetzt einige Eckpunkte der Modell-

vorhaben beschrieben und im Kontext der aktuellen Auseinandersetzungen über die Zu-

kunft der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, sowie der sozialen Leistungssysteme

Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe diskutiert werden. Denn klar ist: Auch wenn offiziell die

Auswertung der laufenden Projekte noch abgewartet werden soll, wird doch zugleich von

den verschiedensten Akteuren schon heute an möglichen Zukunftsszenarien, die jeweils

ihren eigenen sozialen und politischen Interessen und Prämissen folgen, gebastelt. Und

wie nun der Verlauf der Modellprojekte im Allgemeinen wie Besonderen interpretiert, was

als Erfolg und Stärke bzw. Mißerfolg und Schwäche im Konkreten bewertet werden wird,

und welche gesetzgeberischen Schlüsse schließlich aus ihnen gezogen werden sollen,

dürfte eher vom sozial- und fiskalpolitischen Standpunkt der beteiligten Institutionen und

Parteien, als von der 'neutralen' wissenschaftlichen Auswertung einer 'unabhängigen' Auf-

tragsforschung abgeleitet werden.

1 Auf diese Weise soll die Nachhaltigkeit möglicher Eingliederungserfolge überprüft werden, um daraus Rückschlüsse auf

die Qualität der angewandten Maßnahmen ziehen zu können.

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1.2 Klärung der Vorgehensweise

Für die Abfassung dieser Zwischeneinschätzung habe ich mich für folgende Vorgehens-

wiese entschieden: 1.) Zunächst werde ich auf der Basis der gesetzlichen Grundlage, der

offiziellen Förderungsvoraussetzungen, sowie der sonstigen veröffentlichten und zugäng-

lichen Grundsatzinformationen der vom BMA als Projektträger beauftragten Gesellschaft

für soziale Unternehmensberatung (gsub GmbH) und des mit der Evaluation betrauten

Instituts für angewandte Sozialforschung (infas) einen groben Überblick über den Gegen-

stand, die Problemsichten, Rahmenbedingungen, 'Philosophien', Ziele, Intentionen, Struk-

turen etc. des Gesamtprogramms geben. 2.) In einem zweiten Schritt stelle ich die rele-

vanten sozial-, arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Prämissen und Ziele von

MoZArT in den Kontext der aktuellen politischen Metastrategie des 'aktivierenden Sozial-

staats' und der reformpolitischen Ansätze im Bereich der Sicherungssysteme Arbeits-

losenhilfe und Sozialhilfe. 3.) In einem weiteren Schritt werde ich versuchen, die bis-

herigen - mir vorliegenden - Positionen und Überlegungen der PDS–Bundestagsfraktion

zur Reform der Sozial- und Arbeitslosenhilfesysteme und der Kooperationsmöglichkeiten

von Sozial- und Arbeitsämtern in knapper Form zusammenzufassen. 4.) Im Anschluß da-

ran wende ich mich - unter dem Vorbehalt der oben beschriebenen Begrenztheit einer

Auswertung zum jetzigen Zeitpunkt - schließlich dem Programm und den Modellvorhaben

selbst zu. Dabei werde ich zunächst die formale Anlage der Modellversuche im allgemei-

nen skizzieren und darauffolgend entlang der drei zentralen Analysecluster Förderung

und Leistungen aus einer Hand, Wege in Arbeit, sowie Demokratisierung des Sozialstaats

die angekündigten und praktizierten Formen der Kooperation von Sozial- und Arbeits-

ämtern kommentierend zusammentragen und verallgemeinernde Aussagen zu ihnen tref-

fen. 5.) Im letzten Abschnitt fasse ich schließlich diejenigen Grundtendenzen von MoZArT

zusammen, die mir im Rahmen meiner bisherigen Nachforschungen, Materialrecherchen

und Beobachtungen unter dem Gesichtspunkt der aktuellen Reformdiskussionen beson-

ders aufgefallen sind. Anhand von Einzelprojekten werde ich dazu die drei idealtypischen

Modellvarianten skizzieren, die im Rahmen des MoZArT-Programms erprobt werden. Im

Anschluss daran versuche ich, wesentliche Schlußfolgerungen der im laufenden Diskurs

dominanten Protagonisten aus MoZArT zu progostizieren, und schließe mit den Möglich-

keiten einer eigenen Fortsetzung der begleitenden Beobachtung und Auswertung.

Die folgenden Ausführungen erheben nicht den Anspruch, alle Aspekte des behandelten

Gegenstandes und seines politischen Hintergrundes vollständig zu erfassen und wieder-

zugeben. Sie sind eher als ein Versuch zu betrachten, auf der Basis einer noch sehr ein-

geschränkten Daten- und Informationslage allgemeine und einführende Grundlagen und

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Kriterien für eine spätere Bewertung des Gesamtprogramms sowie ausgewählter Einzel-

projekte von MoZArT zu formulieren, sowie mögliche Entwicklungstrends- und alterna-

tiven zu veranschaulichen. Ich hoffe dass aus ihnen neue Erkenntnisse gezogen oder zu-

mindestens bestehende Erkenntnisse bestätigt werden können, und ich insofern an die

bisherigen Überlegungen der PDS-Bundestagsfraktion zu einer verbesserten Kooperation

von Sozial- und Arbeitsämtern anknüpfen und diese gegebenenfalls erweitern, konkreti-

sieren und ergänzen konnte. Die tabellarische Übersicht über die verschiedenen Modell-

projekte, die im Anhang beigefügt ist, diente mir lediglich zur besseren Orientierung zu

Beginn meiner Recherchen; die darin enthaltenen Angaben stützen sich im wesentlichen

auf die Projektbeschreibungen, die auch den offiziellen MoZArT-Seiten im Internet unter

http://www.bma-mozart.de zu entnehmen sind.

Betont sei noch, dass es sich bei der vorliegenden Ausarbeitung um meine erste ausführ-

liche sozialpolitische Abhandlung handelt; entsprechende Schwächen bitte ich vor diesem

Hintergrund mit Nachsicht zu behandeln. Für Kritik und weiterführende Informationen

wäre ich ausgesprochen dankbar; sie können mich entweder per eMail an:

[email protected] oder per Post an Jens Prietzel, Donausstr. 112, 12043 Berlin er-

reichen.

Ich möchte mich bereits an dieser Stelle bei allen bedanken, die mir bei der Sammlung

von Informationen, meinen Recherchen vor Ort und/oder bei der vorliegenden Ausarbei-

tung geholfen und mir für informative und aufklärende Gespräche zur Verfügung gestan-

den haben. Insbesondere gilt dies für Pia Maier (MdB PDS, Marburg/Berlin), DieterGoutier (Persönlicher Referent von Pia Maier, Bremen/Berlin), Dieter Zahn (Sozial-

politischer Referent der PDS-Bundestagsfraktion, Berlin), Elke Breitenbach (Referentin

bei der Berliner Senatorin für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz), WolfgangLindweiler (Mitarbeiter der MdB Ulla Lötzer, Köln), Gerd-Erich Neumann (Abgeordneter

der Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund), Andreas Bossmann (ehem. Sozialstadtrat

in Berlin-Pankow) sowie Stefanie Katz (ehem. Wiss. Referentin der Bürgerschaftsgruppe

REGENBOGEN – Für eine neue Linke, Hamburg).

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2. Die Grundlagen des MoZArT-Programms

2.1 Gegenstand, Problemsicht und Zielformulierung des Bundesministeriumsfür Arbeit und Sozialordnung2

Der politische Fokus der MoZArT–Projekte ist auf die beiden Hilfesysteme Arbeitslosen-

hilfe und Sozialhilfe und deren angestrebte Reform zum Zwecke einer effektiveren

Arbeitsmarktintegration von Hilfebeziehern gerichtet. Anders als bei den laufenden Dis-

kussionen über eine Zusammenlegung beider Leistungssysteme bzw. die Abschaffung

der Arbeitslosenhilfe, geht es beim MoZArT–Programm jedoch zunächst einmal 'nur' um

eine engere sozial- und arbeitsmarktpolitische 'Verzahnung' beider Leistungssysteme. Die

beiden sich teilweise überlappenden Zielgruppen des MoZArT–Programms sind dem

entsprechend die Arbeitslosenhilfebezieher und die arbeitslosen Sozialhilfeempfänger,

wobei der Anteil Letzterer an der Gesamtheit aller HLU-Empfänger mit rund 30 Prozent

beziffert wird. Beiden Leistungsbeziehergruppen stünden auf der Grundlage des Dritten

Sozialgesetzbuches (SGB III) bzw. des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) schon heute

eine Vielzahl von möglichen Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt zur Verfü-

gung und trotz der unterschiedlichen rechtlichen und sachlichen Ausgestaltung dieser

Maßnahmen sei die Integration in den Arbeitsmarkt und die Beendigung der Hilfebedürf-

tigkeit das primäre und gemeinsame Ziel beider Hilfesysteme. Mit dem MoZArT–Pro-

gramm soll an diese Sichtweise, nämlich die unbedingte Priorität der Arbeitsmarkt-integration der arbeitsfähigen Hilfeempfänger angeknüpft werden, egal welchem Lei-

stungsrecht die Betroffenen im einzelnen unterliegen.

Als zentrales Problem, das nun mit den MoZArT-Projekten aufgegriffen und innovativen

Lösungskonzepten zugänglich gemacht werden soll, wird das unabgestimmte Neben-einander, mitunter sogar Gegeneinander von unterschiedlichen Verwaltungen für die

Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe beschrieben. Für die Leistungsempfänger bedeute

diese Doppelstruktur in der Realität, dass über ihre Teilnahme an Maßnahmen deraktiven Arbeitsförderung nicht anhand ihrer individuellen Eignung, sondern anhand der

Rechtsgrundlage ihres Leistungsbezuges entschieden werde. Für die Bezieher von Lei-

stungen aus beiden Hilfesystemen, die sogenannten 'Aufstocker' oder 'Tandem-Bezieher',

bedeutet dieses Nebeneinander zudem doppelte Antrags- und Verwaltungswege, denn

2 Siehe: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung: MoZArT: Neue Strukturen für Jobs. Hintergründe, Philosophie

und Zielsetzung. Bonn 2001.

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die Behörden könnten in diesem Falle nicht auf die Daten des jeweils anderen

Leistungsträgers zurückgreifen und arbeiteten deshalb auch häufig sehr uneffektiv.

Im Rahmen der 30 regional begrenzten MoZArT-Projekte sollen deshalb die Möglich-

keiten einer intensivierten Zusammenarbeit von Arbeitsämtern und Trägern der Sozial-

hilfe, mit dem Ziel, die Vermittlung von Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfebezieher inArbeit zu erleichtern, die Wirksamkeit der Hilfen zur Eingliederung in eine Erwerbs-tätigkeit zu erhöhen und die Verwaltungsverfahren bürgernah und einfacher zu ge-

stalten, ausgelotet werden. Durch eine umfassende Evaluation durch das Forschungs-

institut infas soll herausgefunden werden, welche Reformmaßnahmen in Bezug auf beide

Hilfesysteme künftig notwendig wären, und ob insbesondere für eine verbesserte Arbeits-

marktintegration von Hilfebeziehern beide Leistungen inhaltlich aneinander angenähert

oder gleich vollständig zusammengeführt werden sollen. Neben der Verbesserung der

Arbeitsmarktintegration, der Eingliederungshilfen und der Verwaltungsabläufe wird jedoch

auch die Kosteneinsparung als eines der Hauptziele von MoZArT bezeichnet.

Generell unterscheidet das BMA folgende drei Grundtypen von Modellvorhaben:3

1. Eine beim Arbeitsamt angesiedelte gemeinsame Stelle,

2. eine beim Träger der Sozialhilfe angesiedelte gemeinsame Stelle sowie,

3. eine von Arbeitsamt und Träger der Sozialhilfe gemeinsam gebildete oder beauftragte

Stelle.

Als mögliche gemeinsame Aktivitäten im Rahmen der Modellvorhaben empfiehlt das

BMA4:

1. Straffung der Verwaltungsabläufe und eine Verbesserung des Informations- und

Datenaustausches zwischen den Ämtern,

2. Einbeziehung Dritter bei der Vermittlung, Beratung und Betreuung (auch Schuldner-

und Suchtberatung),

3. Planung und Durchführung von gemeinsamen Eingliederungsprojektes im Sinne eines

gemeinsamen Case-Managements u.ä.,

4. Errichtung gemeinsamer Anlaufstellen im Sinne des 'front-office'/'back-office' -

Ansatzes,

3 Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung: MoZArT. Voraussetzungen für eine Förderung von innovativen

regionalen Modellvorhaben zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe.

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5. gemeinsame Projekte zur Schaffung von Arbeitsplätzen,

6. gemeinsam finanzierte Qualifizierungs- und /oder Beschäftigungsmaßnahmen,

7. Beantragung, Bewilligung und/oder Auszahlung von Leistungen durch eine Stelle,

Die Evaluationskriterien, die vom Institut für angewandte Sozialforschung veröffentlicht

wurden, orientieren sich dabei an den zentralen Zielen von MoZArT5:

1. Verbesserung der Vermittlung in Arbeit bzw. Verbesserung der Wirksamkeit von Hilfen

zur Eingliederung in die Erwerbstätigkeit

2. Vereinfachung der Verwaltungsverfahren und Erhöhung der Bürgernähe

3. Einsparung von Kosten

4. Prüfung von Experimentierklauseln für die verbesserte Zusammenarbeit von

Arbeitsamt und Sozialamt

2.2 Gesetzliche und weitere formal-rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Grundlage für die laufenden MoZArT – Projekte wurde mit dem Beschluss

des Gesetzes zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Arbeitsämtern undTrägern der Sozialhilfe am 20. November 2000 vom Deutschen Bundestag geschaffen.

Das Gesetz trat mit dem 1. Dezember 2000 in Kraft und wird in seinen wesentlichen Tei-

len am 31. Dezember 2004 wieder außer Kraft treten. Bereits vor der Verabschiedung des

Gesetzes wurden vom BMA unter ausdrücklichem Verweis auf die geplanten Experimen-

tierklauseln im SGB III und im BSHG die Richtlinien für eine Förderung von entsprechen-

den Modellvorhaben veröffentlicht und das reguläre Beantragungsverfahren für interes-

sierte Arbeitsämter und Kommunen (als Sozialhilfeträger) eröffnet.

Das zugrundeliegende Gesetz, dessen Umsetzung in einigen Punkten durch die För-

derungsrichtlinien noch einmal präzisiert wurde, regelt im wesentlichen folgende Gegen-

stände: Sowohl im SGB III, der primären Gesetzesgrundlage der arbeitsmarktpolitischen

Tätigkeit der Arbeitsamtsverwaltung, als auch im BSHG, der primären Gesetzesgrundlage

der kommunalen Sozialhilfeträger, wurde der Abschluss von Kooperationsverein-barungen in eine obligatorische soll-Bestimmung umgewandelt (§ 371a SGB III bzw.

§ 18, Abs. 2a BSHG). Zuvor war die Zusammenarbeit nur in einer eher unverbindlich-all-

gemeinen Form kodifiziert (§ 9, Abs. 3 SGB III bzw. § 19, Abs. 4 BSHG). Darüberhinaus

4 Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung: MoZArT: Neue Strukturen für Jobs. Hintergründe, Philosophie und

Zielsetzung. Bonn 2001.

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wurden die vom BMA geförderten regionalen Modellvorhaben durch Ergänzungen im

SGB III und im BSHG auf eine experimentell angelegte, separate Rechtsgrundlage ge-

stellt ('Experimentierklauseln'). Diese verschafft den beteiligten Institutionen einen

größeren rechtlichen und materiellen Spielraum bei ihrer gemeinsamen Kooperation, der

dabei zu praktizierenden wechselseitigen Nutzung von arbeitsmarkt- und sozialpolitischen

Instrumentarien nach dem SGB III und dem BSHG, sowie bei der Einschaltung Dritter in

die Umsetzung definierter Teile ihrer gesetzlichen Aufgaben.

Konkret wurde dabei mit der Einfügung der § 421d SGB III bzw. §§ 18, Abs. 2a und 18a

BSHG folgendes geregelt: Einbezogen in die Förderungen werden ausgesuchte Ko-

operationsvorhaben, die sich auf Arbeitslosenhilfebezieher (ALHi) und arbeitslose Em-

pfänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) beziehen, wobei auch andere

Arbeitslose einbezogen werden können, wenn dies für das Gelingen des Projektes als

zweckmäßig erscheint. Die Modellvorhaben sollen neue Möglichkeiten der Verbes-serung der Zusammenarbeit mit dem Ziel erproben, für die betroffenen Arbeitslosen

mehr Vermittlung in Arbeit zu erreichen, die Wirksamkeit der diversen Ein-gliederungshilfen zu steigern und das Verwaltungsverfahren zu vereinfachen. Aus-

drücklich wird festgehalten, dass den Arbeitslosen durch die Einbeziehung in ent-

sprechende Maßnahmen keine rechtlichen und finanziellen Nachteile entstehen dür-

fen.

Im Rahmen der Modellvorhaben können die beteiligten Arbeits- und Sozialämter definierte

Teile der ihnen jeweils von Rechts wegen obliegenden Hilfeleistungen (ALHi, HzA & HLU)

durch die jeweils andere Institution oder durch eine gemeinsam gebildete oder beauftrag-

te Stelle erbringen lassen. Bezüglich des wechselseitigen Zugriffs auf das arbeitsmarkt-

und sozialpolitische Instrumentarium der jeweils anderen Institution werden dabei folgen-

de Optionen eröffnet: Für Arbeitslosenhilfebezieher und andere einbezogene Arbeitslose

können an Stelle oder zur Ergänzung von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach

SGB III auch Leistungen nach § 17 (Beratung und Unterstützung von Sozialhilfebe-

zieher), § 18, Abs. 4 (Zuschüsse an den Arbeitgeber für die Eingliederung arbeitsloser

Sozialhilfebezieher), § 18, Abs. 5 (Zuschüsse an den Hilfeempfänger bei Aufnahme

einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Tätigkeit), § 19, Abs. 1 bis 3

(Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für Sozialhilfebezieher, insbesondere für junge

Menschen), sowie nach § 20, Abs. 1, Satz 1, Abs. 2 (Schaffung von besonderenArbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung zur Gewöhnung an Arbeit und/

5 Siehe Institut für angewandte Sozialforschung (infas): Die Evaluation der MoZArT – Projekte. Juli 2001.

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oder Überprüfung der Arbeitswilligkeit) BSHG erbracht werden. Für arbeitslose Sozial-

hilfebezieher können wiederum auch Leistungen der aktiven Arbeitsförderung durch eine

entsprechende Anwendung des § 3 Abs. 4 SGB III (Leistungen der Arbeitsförderungan Arbeitnehmer, Arbeitgeber sowie an Träger von Arbeitsförderungsmaßnahmen)

wirksam werden.

Im weiteren wird geregelt, dass die beteiligten Institutionen bei der praktischen Umset-

zung der Modellvorhaben die erforderlichen Sozialdaten ihrer Klientel erheben, verarbei-

ten und nutzen können; die ursprünglich im Gesetzentwurf enthaltene Möglichkeit des

Austausches der Sozialdaten ist somit also ausdrücklich wieder zurückgenommen wor-

den. Darüberhinaus besteht eine Verpflichtung, zum Zwecke einer Evaluation und einer

bundesweiten Bewertung mit den zuständigen Ämtern, Behörden und Stellen zusammen-

zuarbeiten. Außerhalb der geförderten Modellvorhaben kann das BMA im Ausnahmefall

nach einem entsprechenden Einverständnis der Bundesanstalt für Arbeit und der zustän-

digen obersten Landesbehörde weitere kooperationsbereite Arbeitsämter und Sozialhilfe-

träger in den Geltungsbereich der Experimentierklauseln aufnehmen, soweit sie die

formal-rechtlichen Bedingungen dieses Gesetzes erfüllen und in die Auswertung einbe-

zogen werden.

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3. Die Strategie des 'aktivierenden' Sozialstaats als ideologischer undkonzeptioneller Kontext des MoZArT-Programms

3.1 Der polit-ökonomische Hintergrund der Strategie des 'aktivierendenSozialstaats'

Die strikte Integrationsorientierung bildet das zentrale Element der aktuellen Diskussionen

über die Zukunft der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Ihr entspricht das von der Neuen

Sozialdemokratie entscheidend geprägte und propagierte gesellschaftliche Konzept des

'aktivierenden Sozialstaates', welches dem Kontrastbild eines bloß 'verwaltenden Sozial-

staates' herkömmlicher Prägung diskursiv gegenübergestellt wird, und auf das sich auch

das hier zu untersuchende MoZArT-Programm paradigmatisch beruft.

Den ökonomischen und sozialen Hintergrund dieses 'neuen' Konzeptes, das im öffent-

lichen und wissenschaftlichen Diskurs nicht selten von einem moralisierenden und stigma-

tisierenden Subtext untersetzt wird, bildet der steile Anstieg und die Verfestigung derMassenerwerbslosigkeit seit den 1980er Jahren. Massive rationalisierungsinduzierte

Produktivitätssteigerung bei gleichzeitiger Akkumulations- und Wachstumsschwäche, so-

wie ein tiefgreifender Strukturwandel in vielen Regionen und Wirtschaftsbranchen haben

zu einer millionenfachen Freisetzung lebendiger menschlicher Arbeitskraft geführt. Mit

dem Anschluss und dem wirtschaftlichen Niedergang der neuen Bundesländer haben

sich die damit verknüpften gesellschaftlichen Probleme noch einmal potenziert. Vor die-

sem Hintergrund und der Intensivierung der internationalen Konkurrenzverhältnisse ('Glo-

balisierung'), sowie einem allgemeinen politischen Hegemoniewechsel zugunsten einer

eher angebotsorientierten Wirtschafts-, Geld- und Fiskalpolitik, verschoben sich die ge-

sellschaftlichen Kräfte- und Verteilungsverhältnisse sukzessive zuungunsten der von

Lohnarbeit Abhängigen und ihren gewerkschaftlichen Interessenvertretungen.

Eine der gesellschaftspolitischen Folgen dieses Prozesses war, dass die finanziellen und

rechtlichen Spielräume für eine Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, die für eine so-

ziale Bewältigung der enormen Problemdimensionen unweigerlich notwendig gewesen

wären, nicht erweitert, sondern - gemessen am Problemumfang - sogar eher verringert

worden sind. Mit der einseitigen Abwälzung der Folgelasten der deutschen Einheit auf die

Sozialversicherungssysteme, sowie mit der zunehmenden Kommunalisierung derdurch Arbeitslosigkeit verursachten Belastungen und Verantwortlichkeiten wurde

diese Art der Problembewältigung in den 1990er Jahren geradezu zum politischen Pro-

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gramm der herrschenden Neoliberalen in der Bundesrepublik Deutschland gemacht.6 Das

Resultat war und ist nicht nur eine stetig wachsende Erwerbslosigkeit, sondern auch eine

Verfestigung der sogenannten Struktur- und Langzeitarbeitslosigkeit, vor allem in den be-

sonderen Problemregionen wie den Großstädten, den Regionen mit ökonomischer Mono-

struktur sowie weite Teile der neuen Bundesländer.

3.2 Der 'aktivierende Sozialstaat' in der Gesamtstrategie der NeuenSozialdemokratie7

Während sich die konservativen Neoliberalen weitgehend mit einem bloßen Management

der sozialen und politischen Folgen dieser Entwicklungen abfanden, wollten die nunmehr

seit den späten 1990er Jahren regierenden Neuen Sozialdemokraten und ihre grün-alter-

nativen Bündnispartner eine andere (bzw. 'bessere') Form des politischen Umgangs mit

dem Problem Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit entwickeln und umsetzen. Sie ver-

sprachen, die Arbeitslosigkeit insgesamt zu senken, die entsprechenden Reformmaß-

nahmen einzuleiten und propagierten fortan den 'aktivierenden Sozialstaat' als Ausdruckeines gesellschaftspolitischen Dritten Weges der Neuen Sozialdemokratie. Mit der

Entwicklung dieses gesellschaftspolitischen Konzeptes, der sich in vielfältiger Weise vom

alten konservativen Sozialstaat abheben und ein neues Verhältnis zwischen dem er-

werbslosen Bürger und dem helfenden Staat begründen sollte, knüpfte die Neue Sozial-

demokratie dabei durchaus auch an programmatische, strategische und kulturelle Tradi-

tionslinien und Vorstellungen der alten Sozialdemokratie an: Das Problem Arbeitslosigkeit

wird hiernach einerseits als ein schwerwiegendes individuelles Problem des Arbeits-losen interpretiert, welches notwendigerweise mit gesellschaftlicher Ausgrenzung, der

Verhinderung von Selbstbestimmung und einem Abbau von Selbstbewußtsein verbunden

sei. Für den (Sozial-) Staat erwächst hieraus die Pflicht, aktiv zu werden und dem Er-

werbslosen ein arbeitsmarktpolitisches Integrationsangebot zu unterbreiten, um ihm damit

eine reale Chance auf seine soziale (Re-)Inklusion in die (Arbeits-)Gesellschaft zu er-

öffnen. Andererseits stelle sich Arbeitslosigkeit jedoch auch als ein Problem für die Ge-sellschaft und ihre sozialen und ökonomischen Fundamente und Strukturen dar, da diese

vor allem finanziell unter der Last der fälligen Sozialtransfereinkommen und dem Verlust

von lohnbezogenen Steuer- und Abgabeeinnahmen zu leiden haben. Daraus wird nun für

den Erwerbslosen wiederum eine komplementär zu seinen sozialen Rechten – gemeint ist

6 Siehe dazu auch: Bernd Reissert,: "Arbeitslosigkeit, Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfebelastung der Kommunen".

Aus: Heinrich Mäding, Rüdiger Voigt (Hrsg.): Kommunalfinanzen im Umbruch. Opladen 1998. Seite 201 – 213.

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hiermit insbesondere der Bezug von Transferleistungen - sich beziehende Pflicht abgelei-

tet, die ihm vom Staat eröffneten Integrationsangebote auch unbedingt wahrzunehmen,

also in diesem Sinne ebenfalls aktiv zu werden.

Auf der konzeptionellen Ebene wird dieses Konzept des 'aktivierenden Sozialstaats' mit

dem sozialpolitischen Leitbild des 'Förderns und Forderns' verküpft: Der Staat gewährt

dem erwerbsfähigen Leistungsbezieher nur dann die von ihm benötigte Hilfe, wenn dieser

im Gegenzug bereit ist, seine Arbeitskraft zur schnellstmöglichen Überwindung der Hilfe-

bedürftigkeit einzusetzen. Je nach der Radikalität in der praktischen Umsetzung dieses

Ansatzes verwandelt sich damit die Reduzierung und Vermeidung von Hilfebedürftigkeit

von einem erstrebenswerten sozialpolitischen Ziel in ein zentrales arbeitsmarkt- und be-

schäftigungspolitisches Instrument zur 'Aktivierung' des Erwerbslosen. Andere sozial-

politische Ziele, die ein emanzipatorisches Sozialstaatskonzept auszeichnen würden, wie

die tatsächliche Lösung individueller Konflikt- und Problemlagen (z.B. Verschuldung,

Suchtprobleme, Konflikte mit der Familie, Nachbarn, Institutionen oder anderen,

psychische Probleme etc.), die Verhinderung von systematischer Dequalifizierung, Ab-

hängigkeit und sozialer Degradierung, die Transparenz des Verwaltungshandelns, mehr

Bürgernähe und demokratische Mit- bzw. Selbstbestimmung der Betroffenen, sowie Ak-

zeptanz und Freiwilligkeit der Angebote, werden im Konzept des 'aktivierenden Sozial-

staates' zwar teilweise ideologisch aufgegriffen, aber nur selten - und wenn, dann auf eine

eingliederungsfunktionale Dimension verkürzt - konzeptionell untersetzt, geschweige denn

praktisch implementiert.8 Hinter der von den Protagonisten dieser Politik häufig bedienten

Phrase, wonach der erwerbslose Mensch in den Mittelpunkt des aktivierenden Sozial-

staats rücke, steht meistens keine emanzipatorische Subjektorientierung. Vielmehr han-

delt es sich dabei nicht selten um eine knallharte Androhung von umfassender Kontrolle,

Entmündigung und Repression!

Ideologisch lebt die Aktivierungsstrategie und das mit ihr verbundene Leitbild vom 'För-

dern und Fordern' vor allem von drei wesentlichen Grundannahmen:

Zum ersten von der Vorstellung, dass eine gesellschaftliche (Re-)Inklusion – verstanden

als Aufhebung individueller Isolation und Ausgrenzung - letztlich nur durch eine Aufnahme

von (irgendeiner) Erwerbsarbeit zu erreichen wäre. Diese Sichtweise ist keineswegs neu,

7 Siehe dazu auch: Daniel Kreuz: "Vom Sozialstaat zum Wettbewerbsstaat: Zur neoliberalen Systemveränderung in

Deutschland". Erstellt im März 2002, entnommen den 'tacheles'-Seiten im Internet unter:http://www.tacheles.wtal.de/harry/view.sp?ID=6C im März 2002.

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sondern knüpft an ein weitverbreitetes arbeitsethisches Grundverständnis von der sozial-

integrativen und moralischen Funktion von Arbeit an, bei dem der kapitalismustypische

Zwang zum Verkauf der eigenen Arbeitskraft in eine soziale Tugend umgedeutet wird. Sie

ist nur scheinbar emanzipatorisch, da sie vollständig ausblendet, dass es nicht allein der

Umstand des 'Nicht-Arbeitens' ist, der die Arbeitslosen mit gesellschaftlicher Ausgrenzung

bedroht. Es ist vielmehr die moralische Überzeichnung von 'Arbeit als reiner Selbst-zweck', die weitgehende Individualisierung der sozialen Ursachen und Folgen der

Freisetzung bzw. Nichtaufnahme aus bzw. in den kapitalistischen Produktionsprozess,

sowie der darauf fußende repressive, paternalistische und prekarisierende Umgangdes Sozialstaates mit den Freigesetzten bzw. Nichtaufgenommenen, der die Erwerbs-

losen ideologisch stigmatisiert und sozial exkludiert. Bei entsprechenden Angeboten und

sozialen Schutz- und Unterstützungsleistungen hätten viele Erwerbslose auch in arbeits-

losen Lebensphasen Sinnvolleres zu tun, als sich permanent mit den verschiedensten

Funktionselementen der Sozialbürokratie zu befassen.

Zum zweiten wird die Aktivierungsstrategie mit der gesellschaftspolitischen Basiskonzep-

tion der 'Chancengerechtigkeit' verwoben. Chancengerechtigkeit suggeriert, dass es tat-

sächlich für alle Arbeitslosen auch eine entsprechende Anzahl an akzeptablen Erwerbs-

arbeitsplätzen gäbe, dass also auch jeder eine Arbeit bekommen könne, der wirklich ar-

beiten wolle. Der 'moderne' Sozialstaat müsse sich deshalb auch nicht mehr um ein mög-

lichst hohes Maß an 'Gleichheit im Ergebnis', also zum Beispiel um die Schaffung einer

höchstmöglichen Anzahl akzeptabler Arbeitsplätze oder Qualifizierungsangeboten sorgen.

Seine wichtigste Funktion bestehe vielmehr darin, ein hohes Maß an Chancengleichheitim Konkurrenzkampf um die (besseren) Erwerbsmöglichkeiten herzustellen, die der

freie Markt schon aus sich selbst hervorbringen werde. Damit wird im Grunde genommen

die Problemsicht, wonach es eben gerade deshalb Massenarbeitslosigkeit gibt, weil nicht

genügend akzeptable Erwerbsarbeitsplätze für alle Arbeitslosen zur Verfügung stehen,

ideologisch ebenso entsorgt wie der Anspruch, durch eine entsprechende staatliche Poli-

tik dafür zu sorgen, dass auch tatsächlich für alle Arbeitslosen ein Angebot an existenz-

sichernden und zumutbaren Erwerbsarbeitsplätzen und an entsprechenden Qualifi-

zierungsangeboten zur Verfügung steht. Somit muss Arbeitslosigkeit und sozialer Abstieg

dann auch nicht mehr als soziales Problem begriffen werden, dass auf ökonomische und

soziale Veränderungen in dieser Gesellschaft zurückzuführen ist; sie wird vielmehr in ein

individuelles Motivationsproblem umgedeutet, bei dem es letztlich nur um die Bereitschaft

8 Zur angeblich notwendigen Unterordnung anderer sozialpolitischer Ziele unter das Prinzip der Vermeidung oder

Reduzierung von Hilfebedürftigkeit siehe Frank Frick: "Zur Diskussion um die Reform von Arbeitslosen- und Sozialhilfe."Arbeitspapier für die Tagung der Bertelsmann-Stiftung vom 6./7. März 2002 in Köln. Seite 3.

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der Betroffenen zum Konkurrenzkampf um die als existent unterstellten, inhaltlich jedoch

nicht genauer bestimmten oder politisch regulierten 'Chancen' geht.

Zum dritten konstruiert die Formel des 'Fördern und Fordern' eine Beziehung von Rech-ten und Pflichten des Hilfebeziehers, welches an ein gängiges Gerechtigkeitsver-ständnis anknüpft, dass auf der Vorstellung vertragsförmiger Äquivalentenaus-tausche unter Freien und Gleichen beruht. Unter den Tisch fällt dabei jedoch, dass sich

mit dem erwerbslosen Hilfeempfänger und dem sozialstaatlich verfaßten Gemeinwesen

nun nicht wirklich zwei Vertragsparteien gegenüberstehen, die unter freien und gleichen

Bedingungen Abmachungen über Leistungen und Gegenleistungen treffen können. Viel-

mehr handelt es sich um ein strukturell hierarchisches Verhältnis zwischen einem in

seiner Existenz bedrohten Individuum, dass unter den Bedingungen eines faktischen

Mangels an akzeptablen Erwerbsarbeitsplätzen auf dem Arbeitsmarkt mit anderen Er-

werbslosen um die freien Plätze konkurriert, und einem keineswegs in seiner Existenz be-

drohten Sozialstaatsapparat, der gegenüber den arbeitslosen Lohnabhängigen im Rah-

men der politischen Regulation des Arbeitsmarktes jenes ökonomische Prinzip exekutiert,

welches für das Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital idealtypischerweise konstituierend

ist: Nämlich den schlichten sozialen Zwang des 'doppelt freien' Lohnarbeiters, seine

Arbeitskraft zu den aktuellen Bedingungen des Arbeitsmarktes verkaufen zu müssen.

3.3 From welfare to workfare: Die Re-Kommodifizierung der Arbeitskraft

Nun war der Bezug von Sozialleistungen seit jeher mit einer grundsätzlichen Pflicht zur

Arbeitssuche verknüpft, die politische Ökonomie des Sozialstaates hat insofern die po-

litische Ökonomie des kapitalistischen Arbeitsmarktes für die überwiegende Mehrheit nie-

mals aufgehoben, sondern nur eingeschränkt bzw. abgemildert. Dennoch besteht der

wohl entscheidende, qualitative Bruch des 'aktivierenden' Sozialstaatsmodells zum her-

kömmlichen sozialdemokratischen Verständnis von Sozialstaatlichkeit vor allem darin,

dass der Bezug von sozialen Transferleistungen nicht mehr länger als erstrangigeinzustufendes soziales Grundrecht auf eine menschenwürdige Existenz im Falledes individuellen Eintretens eines gesellschaftlichen Risikos angesehen und prak-tiziert werden soll. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines solchen Grundrechtes

zöge danach erst in einem zweiten, also nachrangigen und zumutbaren Schritt die Einlei-

tung von Maßnahmen zur Überwindung der zugrunde liegenden Hilfebedürftigkeit nach

sich. Stattdessen soll von nun an die Hilfegewährung selbst - zumindestens bei

festgestellter Erwerbsfähigkeit - von Beginn an, unter allen Umständen und zu fast jeder

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Bedingung an die Bereitschaft zur aktiven arbeitsbezogenen Gegenleistung gebunden

werden. Mit der Transformation des Sozialstaates vom welfare state der Nachkriegszeit

zum workfare state der Zukunft wird der in langen sozialen und politischen Kämpfen er-

rungene, minimale strukturelle 'Ausgleich' des Hilfebedürftigen gegenüber der Sozial-

bürokratie wieder 'aufgefressen', werden die Bedingungen für erwerbslose und be-

schäftigte Lohnabhängige auf dem freien Arbeitsmarkt verschärft.

Denn unter den standortpolitisch diktierten Bedingungen knapper öffentlicher Haushalte

werden die unterbreiteten Angebote der Sozialstaatsinstitutionen, seien es nun tatsächlich

akzeptable Arbeitsplätze, extra geschaffene Arbeitsgelegenheiten, Trainings-, Qualifi-

zierungs- oder andere Maßnahmen, in jedem Fall und pauschal als zu ergreifende 'Chan-

ce' betrachtet und bezeichnet. Wenn ein solches konkretes Arbeits- oder Maßnahmean-

gebot dann nicht abgelehnt werden kann, ohne den teilweisen oder absoluten Entzug der

Unterstützungsleistungen zu riskieren, bleibt von der vermeintlichen 'Chance' nur noch

der Zwang zur Arbeit unter jeder Bedingung übrig. Ideologisch wird das häufig mit der Be-

hauptung verbrämt, wonach jede Arbeit besser sei, als keine. Unter den Bedingungen

eines strukturellen Mangels an sozialversicherungspflichtigen Normalarbeitsplätzen auf

dem ersten Arbeitsmarkt in Millionengrößenordnung, knapp gehaltener öffentlicher Haus-

halte und einer standortpolitisch ausgerichteten Wirtschafts-, Fiskal- und Geldpolitik be-

deutet das für viele Betroffene einen faktisch-materiellen Zwang zum Eingehen vonprekären und häufig nicht-existenzsichernden Beschäftigungsverhältnissen im Be-reich des privaten und öffentlich geförderten Niedriglohnsektors.

Unter der 'rot-grünen' Bundesregierung politisch und wissenschaftlich vor allem durch die

Benchmarking-Gruppe des 'Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit' ge-

powert, ist eben jener Niedriglohnsektor wiederum zum zentralen Projekt neoliberalerBeschäftigungspolitik geworden.9 Es basiert auf der Vorstellung, wonach vor allem die

Langzeitarbeitslosen kaum noch in qualifizierte Arbeitsverhältnisse integriert werden

könnten, da letztere erstens in einem absehbaren Zeitraum nicht in ausreichendem Maße

vorhanden sein werden und da zweitens auch die Vermittlungsfähigkeit der Langzeit-

erwerbslosen häufig durch eine Reihe von einschränkenden Handicaps (fehlende oder

veraltete Qualifikationen, soziale, psychische und physische Probleme etc.) beeinträchtigt

sei. Nicht zuletzt die Langzeitarbeitslosigkeit selber wird dabei als ein zentrales

Eingliederungshemmnis geradezu propagiert; eine Sichtweise, bei der reale und ver-

9 Siehe dazu: Gerhard Fels, Rolf Heinze, Heide Pfarr, Wolfgang Streek (Berichterstatter): Bericht der Wissenschaftlergruppe

der Arbeitsgruppe Benchmarking über Möglichkeiten zur Verbesserung der Beschäftigungschancen gering qualifizierterArbeitnehmer. (Online-Version). Berlin, November 1999.

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meintliche eingliederungshemmende Auswirkungen einer langen Erwerbslosigkeitpauschal als Stigma gegen die Arbeitslosen ins Feld geführt werden, um ihre päda-

gogisierend-repressive Behandlung und offizielle soziale Degradierung politisch zu legiti-

mieren.

Polit-ökonomisch folgt die 'Lösung' Niedriglohnsektor im Grundsatz den wirtschaftstheo-retischen Modellvorstellungen der Neoklassik, wonach sich jedes Angebot eine pass-

ende Nachfrage schaffe und es von daher keine freiwillige Arbeitslosigkeit geben könne.

Sozialstaatliche Mindeststandards, die vor Dequalifizierung, nicht-existenzsichernden Be-

schäftigungsverhältnissen ('working poor') und Armut schützen sollen, werden dabei nur

als potentielle Hindernisse und 'Sozialstaatsfallen'10 begriffen, die auf ein absolutes Mi-

nimum reduziert und durch eine systematische und 'aktivierende' Kombination von 'An-reiz und Zwang' ersetzt werden müßten. Die Rückführung der Arbeitskraft auf ihren

Warencharakter ('Re-Kommodifizierung') ist also nach diesen Vorstellungen der entschei-

dende Schlüssel zur Ausweitung der Beschäftigung im Niedriglohnsektor; sie soll das

wohlfahrtsstaatliche System mit den Grundlagen der politischen Ökonomie eines größer

werdenden, prekären Arbeitsmarktsegmentes harmonisieren. Dazu werden auch die fi-

nanziellen und institutionellen Verhältnisse zwischen den verschiedenen Ebenen, Be-

reichen und Instrumenten der staatlichen Regulation neu geordnet, werden aktive und

passive Arbeitsmarktpolitik, sozialstaatliche Existenzsicherung und Beschäftigungspolitik

in einer veränderten Art und Weise aufeinander bezogen.

Zugleich bedeutet diese Orientierung auf einen Niedriglohnsektor jedoch auch, dass sich

die Neue Sozialdemokratie und ihre neoliberalen Gesinnungsäquivalente offensichtlich

von der Vorstellung verabschiedet haben, dass real existierende Defizite und Probleme

der Langzeitarbeitslosen, die mit dem gesamtwirtschaftlichen Strukturwandel nun einmal

notwendig verbunden sind, tatsächlich überwunden werden müßten. Qualifizierende,

wieter- und berufsbildende Maßnahmen, möglichst verknüpft mit sinnvollen, existenz-

sichernden und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, die nun ein-

mal etwas mehr Geld kosten, wird es unter den Bedingungen knapp gehaltener öffent-

licher Haushalte in der notwendigen Größenordnung nicht geben. Vielmehr geraten die

bereits bestehenden, dem entsprechenden Angebote zunehmend unter politischen und

fiskalischen Druck; so werden schon seit längerem ausgerechnet diejenigen Teile der

10 Zur Kritik dieser Positionen siehe: Dr. Gerhard Bäcker: "Anreizinkompatibilitäten: Niedriglöhne – Sozialhilfe und die

Persistenz hoher Anspruchslöhne." Entnommen aus: Jürgen Schrupp, Heike Solga (Hrsg.): Niedrig entlohnt = niedrigqualifiziert? Chancen und Risiken eines Niedriglohnsektors in Deutschland. Dokumentation der Tagungsbeiträge auf CD-ROM. Berlin 2000. Sowie: Dr. Johannes Steffen: "Alcatraz. Gefangen im Sozialstaat." Aus: Claus Schäfer (Hrsg.):Geringere Löhne – mehr Beschäftigung? Niedriglohn-Politik. Hamburg 2000. Seite 114 – 143.

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aktiven Arbeitsmarktpolitik, die Qualifizierungs- und Beschäftigungselemente auf einem

noch vergleichsweise hohem Niveau miteinander verbinden (z.B. ABM, SAM), wissen-

schaftlich und politisch als wirkungslos und uneffizient diskreditiert. Einzig entscheidend

für den zukünftigen Einsatz im gering qualifizierten Niedriglohnsektor bleibt somit die dazu

passende – und insofern 'passgenaue' - Wiederherstellung von individueller 'Vermitt-lungsfähigkeit' und um die im großen Maßstab herzustellen, konzentriert man das we-

nige Geld für die 'schwierigeren' Fälle des Arbeitslosenheeres lieber auf die relativ billigen

Gewöhnungsmaßnahmen, wie sie schon heute im Rahmen der Hilfe zur Arbeit angewen-

det werden.

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4. Die Probleme der heutigen Arbeitsmarktpolitik und die aktuelle Debatteum die Zukunft der Arbeitslosen- und Sozialhilfesysteme

4.1 Die sukzessive Segmentierung der Arbeitslosigkeit

Eines der zentralen Probleme der heutigen Arbeitsmarktpolitik besteht darin, dass es in

den letzten Jahrzehnten zu einer systematischen Abspaltung eines großen Teils derArbeitslosen aus dem Bereich der öffentlichen Arbeitsförderung nach dem SGB III

(früher Arbeitsförderungsgesetz) gekommen ist. Die sukzessive Abschaffung der 'ori-

ginären Arbeitslosenhilfe', die jährliche Pauschalkürzung der Arbeitslosenhilfe um drei

Prozentpunkte, die zunehmende Beschneidung des Zugangs zu Maßnahmen der aktiven

Arbeitsförderung der Arbeitsämter für bestimmte Erwerbslosengruppen, aber auch die ge-

ringe Entwicklung der Löhne, die die Bemessungsgrundlage für die Lohnersatzleistungen

bilden, haben vor allem bei der steigenden Anzahl von Langzeitarbeitslosen zu einem re-lativ sinkenden Niveau der Unterstützungsleistungen nach dem SGB III geführt.

Gleichzeitig leidet das System der passiven und aktiven Arbeitsförderung seit jeher unter

dem grundsätzlichen Konstruktionsfehler, dass es keine soziale Mindestsicherungkennt. Deshalb kann es einerseits nicht vor einem Absinken der vorrangigen Unterstüt-

zungsleistungen unter das sozio-kulturelle Existenzminimum schützen; andererseits eröff-

net es arbeitslosen Menschen, die sich vollkommen ohne vorherige sozialversicherungs-

pflichtige Erwerbsbiographie auf dem Arbeitsmarkt bewegen, fast keine Zugangsmöglich-

keiten zu den 'besseren' Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik.11

Resultat dieser Entwicklung war und ist, dass viele arbeitslos gemeldete Menschen mit

und ohne Leistungsanspruch nach dem SGB III, ergänzend bzw. vollständig auf denBezug von Sozialhilfe angewiesen sind: Das Statistische Bundesamt ging für das Jahr

1998 von ca. 424.000 arbeitslosen Sozialhilfeempfängern ohne Leistungen, und ca.

285.000 arbeitslosen Sozialhilfeempfängern mit Leistungen nach dem SGB III aus. Zu-

sammengenommen sind also mindestens 700.000 Arbeitslose auf die kommunalen Leis-

tungen nach dem BSHG angewiesen.12

11 Mit der Abschaffung der originären Arbeitslosenhilfe wurde dieses Problem vor allem auf Kosten von Frauen und jungen

Menschen weiter verschärft.12 Die Zahlen müssen überprüft werden, es kursieren verschiedene Angaben durch die Debatte. Meine Quelle: Dr. Bruno

Kaltenborn: Datensammlung zu Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Zusammenstellung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung.Bonn 2002.

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4.2 Die Diskussion um die Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe

Vor dem Hintergrund dieser Probleme, der damit verbundenen 'Kommunalisierung' derArbeitslosigkeit und ihrer Bewältigung, dem fiskalischen Druck knapper öffentlicher

Haushalte sowie der sozialpolitischen Aktivierungsstrategie geriet in den letzten Jahren

auch immer stärker die Rolle und Ausgestaltung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe

in den Mittelpunkt der politischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzungen. Insbe-

sondere die formale Tatsache, dass es sich bei beiden Unterstützungsleistungen um

steuerfinanzierte und bedürftigkeitsabhängige Sozialtransfers handelt, hat dabei die For-

derung nach ihrer Zusammenlegung zu einer einheitlichen und kommunal verwaltetenGrundsicherungsleistung weiter gestärkt. Eine Kontextualisierung des laufenden

MoZArT–Programmes bliebe von daher unvollständig, wenn sie nicht auch auf die aktuel-

len Diskussionen um die Zukunft von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bzw. die Abschaffung

der Arbeitslosenhilfe durch ihre Überführung in eine reformierte Sozialhilfe einginge. Im-

merhin wird die Möglichkeit der Zusammenführung beider Hilfesysteme in der offiziellen

Programmbeschreibung des Bundesarbeitsministerium ausdrücklich als mögliche Re-formoption erwähnt. Und auch der Beschluss der 77. Arbeits- und Sozialministerkon-

ferenz vom Oktober 200013 enthält eine eindeutige Aufforderung an den Bundesminister

für Arbeit und Sozialordnung, mit den laufenden Modellversuchen die Erfolgsbedingungen

für eine Zusammenführung beider Leistungssysteme zu einem einheitlichen System staat-

licher Armutsvermeidung und –bekämpfung zu erproben.

Neben den großen Unternehmerverbänden (BDA, BDI) treten mit Ausnahme der PDS in-

zwischen alle im Bundestag vertretenen Parteien für eine Zusammenführung der beiden

Hilfesysteme auf kommunaler Ebene ein. Bei CDU/CSU und F.D.P. ist trotz einiger Differ-

enzen im Detail die grundsätzliche Bereitschaft zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe seit

längerem originärer Programmbestandteil, in den jüngsten Debatten zur Familienpolitik

verplanen die Konservativen die daraus resultierenden Einsparungen bereits für ihr soge-

nanntes Familiengeld. Bündnis90/DIE GRÜNEN haben die Zusammenführung von Ar-

beitslosenhilfe und Sozialhilfe in eine kommunal anzusiedelnde 'Soziale Grundsicherung'

in ihrem neuen Parteiprogramm 'Grüne 2020' als Reformprojekt festgehalten. Die SPD

befindet sich noch in der Streit- und Klärungsphase, möchte offiziell zunächst die diversen

Modellversuche abwarten, und insbesondere die Vertreter des Bundesministerium für

Arbeit und Sozialordnung sowie des Arbeitnehmerflügel der 'formerly known as Arbeiter-

partei' versuchen, die Debatten um die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zumindestens

13 Konferenz der Arbeits- und Sozialminister: Konzertierte Aktion zur Überwindung von Sozialhilfebedürftigkeit. Beschluss

der 77. ASMK am 25./26. Oktober 2000 in Kiel. Abschrift des Protokollauszuges.

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zu 'bremsen'. Doch ihre führenden Repräsentanten in Bundesregierung und Sozialbüro-

kratie, allen voran Bundeskanzler Gerhard Schröder und der neue Präsident der Bundes-

anstalt für Arbeit Florian Gerster, haben sich bereits mehrfach und öffentlich auf eine Zu-

sammenlegung beider Leistungssysteme in der nächsten Legislaturperiode festgelegt. Im

Rahmen der laufenden Diskussionen um die Reform der Bundesanstalt für Arbeit und des

förderalen Finanz- und Lastenausgleichs lassen sie momentan in den diversen Fachzir-

keln und Kommissionen an entsprechenden Konzepten und Organisationsmodellem bas-

teln.14

Differenzierte Auffassungen gibt es unter den dominierenden Befürwortern einer Zusam-

menlegung beider Unterstützungsleistungen lediglich über den konkreten Weg der ge-

planten Transformation. Insbesondere die Frage, ob die Arbeitslosenhilfe einfach abge-

schafft oder zukünftig auf ein bis zwei Jahre befristet werden solle, sowie nach der Ausge-

staltung der zukünftigen Sozialhilfe – wahlweise auch Soziale Grundsicherung oder Ein-

gliederungsgeld genannt - ist Gegenstand der laufenden Debatten. Klar ist jedoch, dass

sich alle Befürworter eine deutliche Kostenreduzierung von einer Zusammenlegung erhof-

fen und dass dies im wesentlichen durch eine Reduzierung der entsprechenden Sozial-

transferansprüche durch Nivellierung in Richtung Sozialhilfeniveau erreicht werden soll.

Verwunderlich ist die große Einigkeit im arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Grundsatz da-

bei keineswegs, wenn man sich die beschäftigungspolitischen Konzeptionen der hegemo-

nialen politischen und wissenschaftlichen Akteure ('Aktivierung' für den Niedriglohnsektor)

und deren Korrespondenz mit den ökonomischen Interessen der Arbeitgeber (Lohn-

spreizung, Absenkung des gesamten Lohnniveaus, insbesondere in den unteren Lohn-

gruppen) vergegenwärtigt. Mit den fiskalischen Restriktionen, denen der Bundeshaushalt

durch die Politik der Haushaltskonsolidierung unter dem politisch gewollten Druck der

Euro-Stabilitätskriterien ausgesetzt ist, verbindet sich für die Bundespolitik als weiteres

Reformmotiv der lange gehegte Wunsch, die finanziellen Belastungen, die aufgrund der

Zunahme und Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit durch die Arbeitslosenhilfe verur-

sacht werden, deutlich zu reduzieren. Eine Zusammenführung brächte zumindestens auf

der Ebene der Transferleistungen Einsparungen in Milliardenhöhe, da die zugrundege-

14 Siehe dazu: Gerhard Schröder: "Bundesanstalt fürArbeit wird umgebaut. Zweistufenplan der Bundesregierung." Beitrag

zur Pressekonferenz vom 22. Februar 2002 in Berlin. Dokumentiert in: Soziale Sicherheit 2/2002. Danach soll die nachdem "Vermittlungsskandal" der Bundesanstalt für Arbeit von der Bundesregierung eingesetzte Kommission "ModerneDienstleistungen am Arbeitsmarkt" – nach ihrem Vorsitzenden auch "Hartz – Kommission" genannt - bis Mitte August2002 erste Vorschläge für ein Organisationsmodell erarbeiten und vorlegen, mit dem eine Zusammenführung der passivenund aktiven Leistungs- und Arbeitsförderungsstrukturen der bisherigen Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfesysteme imRahmen eines 'onestop-center' realisiert werden kann. Den gesamten arbeitsmarktpolitischen und –organisatorischenReformprozess - hin zu einer 'modernen Arbeitsmarktdienstleistung' – beabsichtigt die Bundesregierung bis spätestensEnde 2004 abzuschließen. Zum aktuellen Diskussionstand der Bundestagsparteien siehe auch: DER SPIEGEL vom 8.April 2002.

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legten Bedürftigkeitskriterien und die allgemeinen Bezugsbedingungen dann eher denen

der heutigen Sozialhilfe entsprechen dürften.

Hinzu kommt auch ein ordnungspolitisches Interesse an einer generellen Neuordnung

der Arbeitsmarktpolitik: Der Bund und die Bundesanstalt für Arbeit könnten durch eine

schnellere, konsequentere und systematischere Herabstufung der eher schwierigen Er-

werbslosensegmente (Langzeitarbeitslose, Unqualifizierte) denjenigen Teil der Arbeitslo-

sen auf die Kommunen abschieben, deren Eingliederung in die besseren, dynamischen

und qualifizierten Teilarbeitsmärkte der zukünftigen Kern- und Schlüsselbranchen, -be-

reiche und –positionen von ihnen aus strukturellen und/oder fiskalischen Gründen weit-

gehend ausgeschlossen wird. Im Gegenzug könnten die Kommunen, deren institutionelle

Interessenvertretungen sich bislang aus primär fiskalischen - wohlgemerkt: nicht aus

sozialpolitischen - Gründen mehrheitlich gegen die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe aus-

gesprochen haben, unter der Bedingung eines weitgehend unumstrittenen finanziellen

Ausgleichs durchaus mit einer Hebung ihrer institutionellen Rolle in der Sozial- und Ar-

beitsmarktpolitik leben. Strukturstärkere und problemärmere Regionen könnten von einem

bereits diskutierten System der Globalmittelzuweisungen als 'Integrationsanreiz' für eine

zukünftige kommunale Sozial- und Arbeitsverwaltung möglicherweise sogar profitieren;

und zwar umso mehr, je konsequenter sich bei der bevorstehenden Neuordnung des för-

deralen Finanz- und Lastenausgleichs die Prinzipien des sogenannten Wettbewerbsför-deralismus durchsetzen können. Das Nachsehen hätten dann höchstwahrscheinlich die

Regionen mit den größten sozialen Problemen und den engsten finanziellen Spielräu-

men.15 Doch auch ihren Interessen könnte insoweit entgegengekommen werden, als mit

einem allgemeinen Downgrading der Leistungsniveaus und Zumutbarkeitskriterien bei

Struktur- und Langzeitsarbeitslosen sowie einem gleichzeitigen Ausbau des - meist kom-

munal angesiedelten – privaten und öffentlich geförderten Niedriglohnsektors auch hier

die Möglichkeiten einer Teilkompensation von kommunalen Finanzengpässen durch kom-

plementäre Einsparungen bei anderen kommunalen Ausgaben eröffnet würde.

4.3 Bestehende Probleme der momentanen Arbeitsmarktpolitik und ihrepolitisch interessierte Ausdeutung in den laufenden Diskussionen

Die Plausibilität der Argumente, die von den Befürwortern einer Zusammenlegung beider

Leistungssysteme ins Feld geführt werden, speist sich nicht selten aus tatsächlichen Un-

15 Siehe auch: Bernd Reissert: "Arbeitslosen- und Sozialhilfe: Verschmelzung würde Kommunen finanziell belasten." Aus:

der städtetag 1/2002.

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zulänglichkeiten der bestehenden Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Sie greifen real

existierende Problemlagen auf, und wollen diese dann aber in einer politisch kritisierbaren

Richtung auflösen. Ohne an dieser Stelle ausführlich auf sämtliche Argumente und Ge-

genargumente eingehen zu können, möchte ich mich im folgenden doch auf einige Pro-

bleme beziehen, die nicht nur für die Diskussion um eine Zusammenlegung beider Hilfe-

systeme, sondern auch für die Frage der Kooperation beider Leistungsträger, und damit

für das MoZArT-Programm, von Bedeutung sind. Denn beide Diskussionsebenen sind in-

sofern miteinander verwoben, als eine Verschiebung von bisherigen Arbeitslosenhilfe-

empfängern in den Leistungs- und Verwaltungsbereich der Sozialhilfe nur im Rahmen ei-

ner generellen Reform der kommunalen Arbeitsförderung, d.h. insbesondere ihrer finan-

ziellen, rechtlichen und institutionellen Grundlagen, auch praktisch realisiert werden

könnte.

Ein zentraler Kritikpunkt an der bestehenden 'Parallelstruktur' von Sozial- und Arbeitslo-

senhilfe bezieht sich auf die ungleiche leistungsrechtliche und arbeitsmarktpolitischeBehandlung der Leistungsbezieher, die doch häufig mit einer gleichen oder ähnlichen

Problemlage konfrontiert seien. Die bestehenden Unterschiede zwischen den beidenLeistungssystemen, so zum Beispiel bei der im Verhältnis zur Geldleistung vorrangigen

Hilfe zur Selbsthilfe (öffentliche Arbeitsförderung der Arbeitsämter und der Hilfe zur Ar-

beit durch Sozialämter), bezüglich der Zumutbarkeitsregelungen im Hinblick auf die An-

nahme angebotener Arbeit, der Anspruchsvoraussetzungen der Geldleistung (unter-

schiedliche Bedürftigkeitskriterien) oder der Höhe der Geldleistungen (unterschiedliches

Bedarfsnivieau), werden - unter weitgehender Ausblendung der sachlichen Gründe, die

historisch zu einer Entwicklung von zwei unterschiedlichen Leistungssystemen geführt ha-

ben - nicht nur als strukturell eingliederungshemmend, sondern aus der Perspektive der

jeweils betroffenen Erwerbslosen auch als ungerecht interpretiert. Während den Arbeits-

losenhilfeempfängern die relativ guten arbeitsmarktpolitischen Leistungen, Instrumente

und Kompetenzen der Arbeitsämter zur Verfügung stünden, müßten sich die Sozialhilfe-

bezieher mit den Schlechteren nach dem BSHG abfinden. Vor allem im Hinblick auf die

Langzeitarbeitslosen in den beiden Hilfesystemen sei diese Ungleichbehandlung bei den

aktiven und passiven Leistungsdimensionen kaum gerechtfertigt; und in der Tat wäre eine

Überführung der Arbeitslosen in einen gemeinsamen Bereich passiver und aktiver

Arbeitsmarktpolitik unter Gerechtigkeitsaspekten durchaus erstrebenswert. Jedoch: Nur

eine entsprechende Angleichung der Zumutbarkeits-, Bedarfs- und Bedürftigkeitskriterien

auf dem Niveau des SGB III, und nicht des BSHG wäre aus linker Perspektive sozial-

und arbeitsmarktpolitisch vernünftig und akzeptabel. Im Rahmen einer progressiven Ko-

operation von Sozial- und Arbeitämtern sollte deshalb zumindest eine großzügigere Öff-

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nung des SGB III für arbeitslose Sozialhilfeempfänger durchgesetzt werden; ein poli-

tischer Ansatz, der auch von einigen Projekten im Rahmen des MoZArT-Programms ge-

testet werden soll.

Die dominanten Diskurslinien in der laufenden Debatte verlaufen jedoch genau in die ent-

gegengesetzte politische Richtung: Das Argument der Ungleichbehandlung der Leis-

tungsbezieher beider Systeme wird von den meisten Befürwortern einer Zusammenfüh-

rung auf kommunaler Sozialhilfeebene ausschließlich gegen die heutigen Arbeitslosenhil-

febezieher ausgedeutet. Das politische Kalkül besteht darin, dass der sich zuspitzende

fiskalische Druck auf kommunaler Ebene mit Hilfe der 'aktivierenden' Instrumente des

BSHG zukünftig auch an diejenigen Arbeitslosen weitergegeben werden kann, die gegen-

wärtig noch durch die Förderungs-, Leistungs- und Zumutbarkeitsregeln des SGB III ge-

schützt werden. Dem Zwang, auch niedrig entlohnte und dequalifizierende Beschäf-

tigungsverhältnisse im halb-öffentlichen und privaten, meist kommunal verankerten oder/

und als gemeinnützig geförderten Sektor ('Modell Bürgerarbeit') akzeptieren zu müssen,

nur um den Anspruch auf eine materielle Existenzsicherung nicht zu verwirken, wären

dann nicht nur die heutigen erwerbslosen Sozialhilfeempfänger, sondern auch die bishe-

rigen Arbeitslosenhilfeempfänger ausgesetzt.

Doch nicht nur die unterschiedliche Behandlung der Leistungsbezieher, sondern auch die

Funktionsweise einer faktisch existierenden Parallelstruktur von kommunaler und allge-

meiner Arbeitsförderung ist Gegenstand der Kritik: Häufig komme es zwischen diesen bei-

den Ebenen lediglich zu Problem- bzw. Kostenverlagerungen, bei denen das eigent-

liche Ziel der Erwerbsintegration gar nicht mehr im Mittelpunkt der Arbeitsförderungs-

maßnahmen stehe. Vor allem die Kommunen versuchten dabei, ihre fiskalischen Belas-

tungen durch eine spezifische Ausgestaltung ihrer Hilfe zur Arbeit – Programme zu redu-

zieren, indem sie die Möglichkeiten einer vom Sozialamt geförderten, sozialversiche-

rungspflichtigen Beschäftigung von erwerbslosen Sozialhilfeempfängern nutzen, um letz-

tere nach einem Jahr in den Leistungs- und Verwaltungsbereich der Bundesanstalt für Ar-

beit zu transferieren. Mit der Zusammenlegung des betroffenen Klientels, so wird argu-

mentiert, könnte nun diesem 'konkurrierenden' Gegeneinander der beiden Gebietskörper-

schaften entgegengesteuert, der für die Betroffenen wenig hilfreiche 'Verschiebebahn-hof' geschlossen werden. Und tatsächlich hat in den letzten Jahren die zunehmende

Kommunalisierung der strukturellen (Langzeit-)Arbeitslosigkeit und der mit ihr vor allem in

strukturschwachen Regionen und Ballungszentren verbundenen kumulativen Folge-pro-

bleme die fiskalischen Spielräume von immer mehr Kommunen so stark eingeschränkt,

dass sie in einer solchen, taktischen Hilfe zur Arbeit – Politik häufig einen realistischen

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und zumindestens kurz- bis mittelfristig wirksamen Ausweg aus ihrer notorischen Haus-

haltskrise sehen konnten. Die eigentliche Ursache für diese Politik der Verschiebung ist

gerade deshalb jedoch gar nicht die häufig beklagte 'institutionelle Konkurrenz' zwischen

Sozial- und Arbeitsämtern, sondern vielmehr die unzureichende Absicherung von Arbeits-

losen im vorgelagerten System der Arbeitslosenversicherung16 und eine zugleich betrie-

bene 'Aussteuerung' aus der Arbeitsförderung nach dem SGB III in die kommunal finan-

zierte Sozialhilfe. Erst diese Problemverlagerung auf die unterste förderale Sozialverwal-

tungsebene hat dazu geführt, dass ausgerechnet die Kommunen mit den größten Arbeits-

losigkeitsproblemen einen immer größeren Anteil ihrer Kommunalhaushalte für passive

Sozialhilfeleistungen ausgeben müssen und deshalb gleichzeitig immer weniger Mittel für

öffentliche Investitionen als mögliche Quellen regulärer, existenzsichernder Erwerbsarbeit

zur Verfügung haben.17 In dem 'Verschiebebahnhof' - Argument der Befürworter einer

Überführung der Arbeitslosenhilfe in die Sozialhilfe wird jedoch bereits vorweg unterstellt,

dass die weitere Kommunalisierung der 'Bewältigung' struktureller (Langzeit-)Ar-beitslosigkeit, die ja in den vergangenen zwei Jahrzehnten systematisch betrieben wor-

den ist, auch in Zukunft eine regional- und arbeitsmarktpolitisch sinnvolle und beschäfti-

gungs- und sozialpolitisch erstrebenswerte Option darstellt. Erst durch die Setzung einer

solchen politischen Grundsatzentscheidung erscheint das 'Konkurrieren' zweier Institutio-

nen (bundesweit bzw. regional bezogene Arbeitsämter, kommunal gebundene Sozialäm-

ter) als die eigentliche Ursache des Verschiebeproblems. Und erst auf diese Weise kann

das bisherige 'Problem-Management' der Kommunen mit der eigentlichen Problemur-

sache, nämlich der Kommunalisierung von struktureller Langzeitarbeitslosigkeit, ver-

tauscht, und mit der vollständigen Überführung dieser 'Problemgruppen' in die (billigere)

kommunale Arbeitsmarktpolitik 'modernisierter' Sozialämter die eigentliche Problemur-

sache als die einzig mögliche 'Problemlösung' angedient werden.

Im laufenden MoZArT-Programm rückt dabei eine Arbeitslosengruppe in den Mittelpunkt

der Untersuchungen, die von der Doppelstruktur der beiden Sicherungssysteme beson-

ders hart betroffen ist: Es handelt sich dabei um die bereits erwähnten 'Aufstocker', die

sowohl Leistungen des Arbeitsamtes als auch ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt be-

ziehen, und deshalb mit doppelten Antrags-, Verwaltungs- und Überprüfungswegen kon-

frontiert sind. Sie werden nicht zu unrecht als Opfer einer fehlenden Abstimmung

zwischen den Ämtern bezeichnet, die sich jeweils auf ihre Kernklientel konzentrieren und

die Verantwortung für die Betreuung und Eingliederung der übrigen Erwerbslosengruppen

16 Dies gilt insbesondere für den Teil der steuerfinanzierten Arbeitslosenhilfe.17 Siehe Bernd Reissert: "Arbeitslosen- und Sozialhilfe: Verschmelzung würde Kommunen finanziell belasten." Aus: der

städtetag 1/2002.

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dem jeweils anderen Amt zuschieben würden. Zudem wird häufig kritisiert, dass ihre dop-

pelte Verwaltung und das unkoordinierte und –abgestimmte Nebeneinander der beiden

Bürokratien mit ihren jeweiligen arbeitsmarktpolitischen Instrumentarien und Maßnahmen

nur mit unnötigen Mehrkosten verbunden und insofern nicht nur uneffektiv, sondern auch

uneffizient sei. Mit der Zusammenführung der beiden Leistungssysteme seien die Proble-

me der 'Aufstocker' am besten zu lösen, argumentieren deshalb die Befürworter einer Ab-

schaffung der Arbeitslosenhilfe. Doch anstatt den grundlegenden Systemfehler der

Kommunalisierung von arbeitslosigkeitsbedingten Belastungen zu beheben, in dem das

System der vorgelagerten Arbeitslosenversicherung durch Einführung einer systeminhä-

renten Grundsicherung armutsfest und aussteuerungsresistent gemacht wird, laufen sol-

che politischen Konzeptionen darauf hinaus, das bestehende Problem auf Kosten der Be-

troffenen und der Kommunen zu lösen: In der Konsequenz würde diese Art der Zusam-

menlegung nämlich für die heutigen 'Aufstocker' bedeuten, dass sie und alle anderen Ar-

beitslosen, deren Arbeitslosengeldanspruch abgelaufen ist - so sie je einen erwerben

konnten – vollständig in den Leistungs- und Förderungsbereich der kommunalen Sozial-

hilfe abgeschoben würden.

4.4 Die Kooperation der Arbeits- und Sozialämtern als mögliche Vorstufe einerZusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe

Als stichhaltige Argumente für eine Zusammenlegung der beiden Hilfesysteme auf dem

Niveau der kommunalen Sozialhilfe taugen die benannten Kritikpunkte kaum, zumal sie

auf die entscheidende Frage, wieso eine solche institutionelle Reform zu einem deutlichen

Mehr an existenzsichernden und sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen führen sol-

le, keine plausiblen Antworten zu geben vermögen. Was mit einer weiteren Kommunali-

sierung des gesamtgesellschaftlichen Problems Arbeitslosigkeit droht, ist eine Vertiefungder bestehenden sozialen und ökonomischen Verwerfungen zwischen und inner-halb der Regionen. Mit einer partiellen oder vollständigen Abschaffung der Arbeitslosen-

hilfe würden noch mehr Erwerbslose aus dem 'besseren' leistungsrechtlichen und arbeits-

marktpolitischen Bereich des SGB III in das deutlich schlechtere System der Sozialhilfe

fallen. Die weitere Spaltung des Arbeitsmarktes und der Arbeitsmarktpolitik in einen

öffentlichen Bereich der Arbeitsämter für die Arbeitslosen 'erster Klasse' und in einen

kommunalen Bereich für den traurigen Rest, sowie ein sozialer Abstieg für viele der bis-

herigen Arbeitslosenhilfebezieher wären ihre unmittelbare Folge.

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Die derzeitig noch erprobten Kooperationsmaßnahmen von Arbeitsverwaltung und Sozial-

ämtern in Form von gemeinsamen Leistungs-, Betreuungs- und Vermittlungszentren, so-

wie die verschiedenen Maßnahmen zur 'Modernisierung' der kommunalen Sozialverwal-

tungen und Leistungspolitiken18 werden von durchaus unterschiedlichen politischen Moti-

ven und Interessen getragen. Der oben beschriebene, weitgehende Konsens der dominie-

renden politischen Entscheidungsträger in der Frage der Zusammenlegung beider Hilfe-

systeme läßt jedoch die Prognose zu, dass nicht wenige der beteiligten Protagonisten

auch in den laufenden Modellversuchen des MoZArT-Programms lediglich notwendige

organisatorische Vor- und Begleitstufen einer sukzessiven Abschaffung der Ar-beitslosenhilfe bzw. ihrer Zusammenlegung mit der Sozialhilfe auf dem Niveau des so-

zialen Existenzminimums sehen. Wer jedoch tatsächlich strukturelle, soziale und arbeits-

marktpolitische Probleme lösen will und dabei einen würdevollen und sozial gerechten

Umgang mit den Arbeitslosen anstrebt, der muss neue Wege in der Sozial- und Arbeits-

marktpolitik beschreiten und darf die Ursachen der heutigen Probleme nicht mit ihren Lö-

sungen verwechseln.

18 Auf die parallel stattfindende Diskussionen um eine Reform der Sozialhilfe (Stichwort: weitgehende Pauschalierung der

Leistungen, diverse Lohnkosten-Zuschussprogramme etc.) soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Sie sindaber für das umfassende Verständnis der laufenden Debatten und Reformvorschläge, sowie für die Entwicklung einereigenen sozialpolitischen Gesamtstrategie von hoher Bedeutung. Einen guten Überblick über die verschiedenenStandpunkte gibt: Deutscher Bundestag: Zusammenstellung der Materialien zur Öffentlichen Anhörung des Ausschuss fürArbeit und Sozialordnung am 28. Januar 2002 in Berlin, Ausschussdrucksache 14/2050. Berlin, Januar 2002.

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5. Die Positionen der PDS zur Zukunft der Arbeitslosen- und Sozialhilfe undzu einer möglichen Reform der Leistungs- und Förderungssysteme

5.1 Reformbedarf wird nicht verleugnet oder ignoriert - auf die Reforminhaltekommt es an!

Die PDS hat sich in der laufenden Debatte bislang sehr eindeutig gegen eine Abschaffung

der Arbeitslosenhilfe und deren Überführung in die kommunal verwaltete Sozialhilfe

ausgesprochen. Diese ablehnende Haltung war vor allem sozial- und regionalpolitisch

motiviert und mit einer generellen Kritik an der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen

Ausrichtung entsprechender Reformvorhaben verknüpft. Real existierende Defizite undUnzulänglichkeiten, die das bestehende mehrstufige System aus kommunaler und

bundesrechtlicher Sicherung und Arbeitsförderung für die Betroffenen und die beteiligten

Institutionen mit sich bringt, wurden deshalb jedoch nicht einfach verleugnet oderignoriert. Entscheidend war, ist und bleibt die politische Richtung, in der die real

existierenden Pro-bleme aufgelöst werden sollen.19

Die PDS hält dabei generell am Prinzip der Dualität von Sozialhilfe nach dem BSHG und

Arbeitslosenunterstützung nach dem SGB III (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe) fest,

möchte beide Systeme aber so reformieren, dass sie wieder auf ihre tatsächlichen und ur-

sprünglichen Funktionen - denen sie jeweils am besten gerecht werden können –

zurückgeführt werden. Auf der Leistungsebene bedeutet das insbesondere, dass durch

die Einführung einer Grundsicherungsfunktion im System derArbeitslosenunterstützung nach dem SGB III alle Arbeitslosen, die bislang vollständig

oder ergänzend auf die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen waren, vom

zusätzlichen Gang in die Sozialämter befreit werden könnten. Zugleich könnten diese

Personen auf diesem Weg auch direkt in den qualifizierenden Bereich der aktiven

Arbeitsförderung nach dem SGB III gelangen und ihre entsprechenden Rechtsansprüche

auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung effektiver und erfolgversprechender

durchsetzen. Der Grundsatz entsprechender Reformvorschläge der PDS lautet:Arbeitslose, Auszubildende und Unterbeschäftigte gehören in den

19 Als Beleg für diese Auffassung sei an dieser Stelle auf einen Diskussionsbeitrag des Berliner Wirtschaftssenators Gregor

Gysi (PDS) hingewiesen, der in einem Interview mit der FRANKFURTER RUNDSCHAU vom 11. April diesen Jahres einealternative Form der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe in eine gemeinsame Leistung anregte. Konkretschlug Gysi vor, eine Grundsicherungskomponente (Bedarfsprinzip) mit einem Zuschlag zu kombinieren, der sich amletzten Lohn bzw. Gehalt orientiert (Lohnersatzprinzip). Zusätzlich könnten dann noch im Rahmen eines BonussystemsZuschläge für selbständige Bemühungen bei der Arbeitssuche gezahlt werden (Anreizprinzip). Eine weitere Absenkungdes bestehenden Leistungsniveaus oder eine Verschärfung des Drucks auf Arbeitslose lehnte er dagegen als zusätzlicheBestrafung von sowieso schon benachteiligten Menschen ab.

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Zuständigkeitsbereich des Arbeitsamtes und nicht in den der kommunalenSozialhilfeverwaltung!

Zugleich muss der Reform auf der Leistungsebene eine Reform auf der Struktur-,Verwaltungs- und Organisationsebene unmittelbar folgen, im Idealfall gingen beide

Reformdimensionen unmittelbar miteinander einher. Denn mit einer bloßen Rückführung

der vielen sozialhilfeempfangenden Arbeitslosen in den Bereich der Arbeitsämter wären

mitnichten alle bestehenden arbeitsmarktpolitischen Probleme einer strukturellenArbeitslosigkeit zu lösen, die ja zu einem nicht unwesentlichen Teil gerade auch das

Ergebnis jahrelang praktizierter Abschiebung in das kommunale System der

Armutsverwaltung sind. Gemeint sind damit vor allem die Folgen fehlender,

unzureichender, veralteter oder entwerteter Qualifikationen aufgrund eines mangelhaften

und sehr restriktiven Grundbildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungssystems,

Verschuldungs- und Suchtprobleme, familiäre Probleme und Konflikte, aber auch soziale

und sozial-psychologische Probleme wie Resignation, Versagensängste,

Kommunikationsbarrieren, Verdrängung von poten-tiellen Konfliktsituationen oder

Verbindlichkeiten als individuelle Verarbeitungsformen ei-ner repressiven,

paternalistischen, stigmatisierenden und ausgrenzenden Umgangsweise des

Sozialstaates mit dem gesellschaftlichen Problem Arbeitslosigkeit. Institutioneller

Ansatzpunkt für eine entsprechende Reform wäre hierbei vor allem die Bundesanstaltfür Arbeit, deren rechtliche und strukturelle Arbeitsgrundlagen, sowie deren

Kooperationsfähigkeit und –praxis mit den kommunalen Sozialverwaltungen. Die

Bundestagsfraktion der PDS hat in diesem Zusammenhang den Vorschlag entwickelt,

unterhalb der Ebene der bestehenden Arbeitsämter ein kommunal zuständiges

Bürgeramt für Arbeit als neue Verwaltungsebene zu etablieren.

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5.2 Eckpunkte für ein kommunales Bürgeramt für Arbeit für alle Arbeitslosen20

Ein solches Bürgeramt für Arbeit sollte ausschließlich auf der Grundlage desArbeitslosenstatus seiner Klientel als front-office sowohl für die finanziellen Leistungen

nach dem SGB III und - soweit nicht durch die Einführung einer Grundsicherung im SGB

III überflüssig gemacht - gegebenenfalls ergänzend nach dem BSHG, als auch für die

aktive Arbeitsförderung zuständig sein. Damit könnten für Arbeitslose, die nach dem

bisherigen Arbeitsförderungsrecht keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB III

haben, unnötige Doppelwege und –verwaltungsprozedere vermieden und der

Gesamtunterstützungsbetrag aus einer Hand ausgezahlt werden. Zugleich würden

somit alle Arbeitslosen auch auf der selben gesetzlichen Grundlage durch eineInstitution beraten und in Arbeit und/oder Qualifikation vermittelt. Die Beseitigungdes gegenseitigen Ausschlusses von Förderinstrumenten nach dem SGB III unddem BSHG, sowie die Aufhebung bestehender Kooperations- und Koordinationsgrenzen

zwischen den bestehenden kommunalen und öffentlichen Ebenen der

Beschäftigungsförderung und Arbeitsmarktpolitik könnte eine sinnvolle Zusammenführung

von bestehenden und zukünftigen fi-nanziellen und förderungsrechtlichen Möglichkeiten

eröffnen. Neben einer Zusammenführung von Ressourcen, die bereits in den

bestehenden Systemen für unmittelbare Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung

stehen, gehört dazu auch die Option einer Integration dieser Politikfelder in regionaleEntwicklungsstrategien (Cluster-Politik), zum Beispiel durch die gezielte Verkopplung

von regionaler Wirtschaftsförderung mit einer entsprechenden Qualifizierungs- und

Beschäftigungspolitik.

Personell müssten die Bürgerämter für Arbeit im wesentlichen aus bereits bestehenden

Personalbeständen der Bundesanstalt für Arbeit (insbesondere durch Nutzung der

heutigen Nebenstellen, sowie durch Personalumschichtungen innerhalb der BA), und der

kommunalen Sozialhilfeabteilungen 'Hilfe zur Arbeit' und 'Hilfe zum Lebensunterhalt',

gegebenenfalls auch durch Neueinstellungen der Bundesanstalt für Arbeit

zusammengesetzt werden. Die Gesamtausstattung sollte in jedem Fall so erfolgen, dass

eine seriöse Wahrnehmung der Beratungs- und Förderungsfunktion durch das Bürgeramt

überhaupt möglich wird, dass also vor allem das quantitative Verhältnis von Betreuern

20 Siehe Horst Kahrs: "Vorschlag für eine Stellungnahme und Position der PDS." Aus: Arbeitslosenhilfe in die Sozialhilfe

auflösen oder die Arbeitslosen wieder aus der Sozialhilfe holen? Dossier zur aktuellen Diskussion. Berlin, September2001.

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und Vermittlern einerseits und arbeitslosen Klienten andererseits ein tatsächliches

Eingehen auf den individuellen Fall realistisch werden lässt.21

5.3 Die kritische, aber konstruktive Haltung der PDS zum MoZArT-Programm

Das laufende MoZArT–Programm wird von der PDS – Bundestagsfraktion - gerade auch

vor dem Hintergrund eigener Reformansätze – kritisch begleitet. Anlass zur Kritik gibt

dabei vor allem der diskursiv-strategische Hintergrund des 'aktivierenden'

Sozialstaatskonzepts, sowie der praktisch-programmatische Gesamtrahmen (Abschaffung

oder weitere Einschränkung der Arbeitslosenhilfe bzw. Zusammenführung von

Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe in eine reformierte Sozialhilfe), in dem dieses Programm

von den dominanten politischen Akteuren angesiedelt wird. Allerdings bleibt dennoch

festzustellen, dass die MoZArT – Projekte bei aller Grundsatzkritik am Gesamtansatz im

Einzelnen durchaus von unterschiedlichen Interessen und Intentionen getragen werden

und deshalb eine detailliertere Untersuchung von verschiedenen Umsetzungspraktiken

des Kooperationsauftrages an teilnehmende Sozial- und Arbeitsämter durchaus lohnt. Ziel

einer solchen – zum momentanen Zeitpunkt allerdings nur sehr begrenzt aussagefähigen

- Untersuchung wäre es herauszufinden, unter welchen institutionellen, rechtlichen und

sonstigen Bedingungen eine verstärkte Kooperation von Sozial- und Arbeitsämtern bzw.

eine Integration eines Teils ihrer Funktionen, zu einer politisch akzeptablen

Weiterentwicklung der bestehenden Sicherungs- und Förderungssysteme führen könnte.

Bei der Bewertung des Gesamtprogramms bzw. einzelner Modell-Projekte von MoZArT

geht die PDS dabei von folgenden zwei Hauptprämissen aus: Erstens darf es sich dabei

nicht nur um eine 'Verbesserung' der bestehenden Verwaltungsstrukturen handeln, die

zuvörderst eine bloße Effizienzsteigerung bei der Verwaltung von Arbeitslosigkeit zum Ziel

hat, wie es zum Beispiel im Rah-men 'interkommunaler Benchmarkings' bereits praktiziert

wird. Vielmehr muss es um eine reale Verbesserungen der Situation von Arbeitslosengehen, und zwar sowohl in Bezug auf die individuelle Betreuung und Vermittlung, als auch

in Bezug auf die Inanspruchnahme von sozialstaatlichen Leistungsansprüchen, die

Wahrnehmung sozialer Rechte und die Einhaltung von sozialpolitischen Mindeststandards

(Sozialversicherungspflichtigkeit, Tarifbindung etc.). Zweitens müssen die Projekte so

konzipiert und implementiert werden, dass eine aktive Beteiligung von Arbeitslosen und

ihrer politischen und sozialen Interessenvertretungen möglich und auch gezielt angestrebt

wird. Nur durch eine solche auf politische Partizipation und gesellschaftliche

21 Die Bundestagsfraktion der PDS schlägt einen entsprechenden Betreuungsschlüssel von 50 : 1 als durchschnittliche

Zielgröße einer entsprechenden Reform vor.

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Demokratisierung angelegte Vorgehensweise kann einer paternalistischen und/oder

repressiven Auslegung der eröffneten Experimentierklauseln und Spielräume wirksam

entgegengetreten werden. Nur so können aus betroffenen Objekten sozialstaatlichen

Verwaltungshandelns letztendlich auch tatsächlich beteiligte politische Subjekte werden.

Der PDS ist bei der begleitenden Beobachtung und Bewertung des MoZArT-Programms

stets bewusst, dass eine verbesserte Kooperation von Sozial- und Arbeitsämtern

keineswegs von selbst zu einem Zuwachs an Arbeitsplätzen, geschweige denn zu

'vollbeschäftigungsähnlichen' Zuständen auf dem Arbeitsmarkt führen wird. Gerade weil

wir einer unbedingten Erwerbsintegration 'um jeden Preis' ablehnend gegenüberstehen,

sind wir uns also der beschäftigungspolitischen Begrenztheit aktiver Arbeitsmarktpolitik

bewusst. Wir verzichten deshalb ausdrücklich auch darauf, sinnlosen Rankings, die

meistens auf der Grundlage nicht hinterfragbarer, intransparenter und/oder politisch

fragwürdiger Quantifizierungen, Kosten-Nutzen-Analysen und Korrelationsmutmaßungen

entstehen, eine über-geordnete Bedeutung beizumessen. Stattdessen ziehen wir es vor,

unsere Hauptprämissen in Form von uns politisch besonders wichtigen und/oder als

relevant eingeschätzten qualitativen Kriterien zu konkretisieren und daran anknüpfend

auch zu einer umfassenden und qualitativen Beschreibung und Bewertung zu gelangen.

Der sozial- und arbeitsmarktpolitische Mindestmaßstab, an dem das gesamte

MoZArT–Programm gemessen werden muss, besteht in der simplen Forderung, dass die

Ko-operation der beiden Systeme nicht in Richtung einer Verschiebung der

Arbeitslosenhilfe in die Sozialhilfe, sondern in genau umgekehrter Richtung zu erfolgen

hat. Eben so, wie es im Reformgrundsatz der PDS angelegt ist: Arbeitslose,

Auszubildende und Unterbeschäftigte gehören in den Zuständigkeitsbereich des

Arbeitsamtes und nicht in den einer kommunalen Sozialhilfeverwaltung! Diesem

Grundsatz sowie den Hauptprämissen und Reformvorstellungen folgend, hat die PDS

erste Kriterien und Position zu den Grundzügen und praktischen Formen eines von ihr

unterstützten Modellversuchs skizziert. Sie bil-den im großen und ganzen auch die

vorläufige Orientierungshilfe für die nachfolgenden Ausführungen22:

22 Die Kriterien sind zusammengefasst worden in: Horst Kahrs: "Vorschlag für eine Stellungnahme und Position der PDS."

Aus: Arbeitslosenhilfe in die Sozialhilfe auflösen oder die Arbeitslosen wieder aus der Sozialhilfe holen? Dossier zuraktuellen Diskussion. Berlin, September 2001.

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1. Schritte zur „Leistung aus einer Hand“:

! Beratungspflicht zu Sozialhilfe-Recht in den Arbeitsämtern/Leistungsabteilungen,

wenn angesichts der Leistungshöhe und des Familienstandes laufende oder

einmalige Sozialhilfe-Bedürftigkeit zu vermuten ist. Bereithaltung von Informationen

über Sozialhilfe, Formulare zur Selbstberechnung, Antragsformulare,

AnsprechpartnerInnen usw.

! Gemeinsame Fortbildung/gegenseitige Aufklärung über Tätigkeit von Arbeitsamts-

und SozialamtsmitarbeiterInnen.

! Zumindest für Arbeitslose, die nur Sozialhilfe erhalten: Integrierte Beratung und

Erarbeitung eines individuellen „Hilfe-Plans“ durch Abteilung „Hilfe zur Arbeit“ und

Berufsberatung/Arbeitsvermittlung; Ermittlung des Qualifizierungsbedarfs und –

potentials, Betreuungs- und Verfügbarkeitsfragen. Ausgangspunkt: Was wollen Sie?

2. Konkrete Verbesserungen – Wege in die Arbeit:

! Prinzip der freiwilligen Teilnahme für alle Arbeitslosen im Modellversuch-Bezirk: Erfolg

schafft Teilnahme.

! Zwischen den beteiligten Ämtern sollten konkrete Vereinbarungen getroffen werden:

- Definierte/quotierte Öffnung der SGB III – Fördermittel für SozialhilfebezieherInnen,

- Zusammenführung von SAM-OfW und §§ 18f. BSHG-Fördermittel zu einem

„Kombi-Lohnkostenzuschuss“,

- Kein Einsatz der Mittel außerhalb des Modellversuch-Bezirks.

! Erarbeitung von den örtlichen Gegebenheiten angepassten einheitlichen

Zumutbarkeitsregeln für den Modellversuch. Die Zumutbarkeitsregeln dürfen

allerdings nicht hinter die Standards des SGB III zurückfallen.

! Zusammenarbeit/Informationsaustausch bei Stellenangeboten, Vereinbarungen zum

„vorrangigen Angebot“.

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! Einbindung der Arbeitsfördermittel in Leitbilder regionaler Entwicklung/ qualitative

Ziele/ Zusammenarbeit mit anderen Ämtern/ regionalen Akteuren.

! Angebot „unterstützender Hilfe“ bei Arbeitssuche und Arbeitsaufnahme.

! Tarifvertraglich vereinbarte Einkommen für teilnehmende Arbeitslose.

3. Demokratisierung:

! Bildung eines „gemeinsamen Ausschusses“ für den Modellversuch für Streitfragen,

Beschwerden u.a., Zusammensetzung in Anlehnung an Verwaltungsausschuss

Arbeitsamt und „Widerspruchsausschuss“ Sozialamt unter ausdrücklicher

Einbeziehung von zu legitimierenden ErwerbslosenvertreterInnen.

! Entwicklung von an die örtlichen Arbeitsmarktbedingungen und –akteure

rückgebundenen Zumutbarkeitskriterien für den Modellversuch.

! Gewährleistung von Datenschutz: Kontrolle des Daten-Informationsaustausch durch

Betroffene.

! Gestaltung der Beziehung Arbeitslose – Mitarbeiter in Richtung Vertragscharakter.

! Einbeziehung Dritter: Teile des Modellversuchs können Dritten übertragen werden.

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6. Der vorläufige Stand der begleitenden Beobachtung und Beschreibungdes MoZArT-Programms

6.1 Grundsätzliche Bemerkungen zum Inhalt und zur Vorgehensweise

Die folgende Beschreibung des MoZArT-Programms erfolgt in drei Teilschritten: In einem

ersten Schritt gebe ich einen groben Überblick über die formale Anlage der Modell-Pro-jekte, also über ihre regionale Verteilung, ihren aktuellen sozialen Problemhintergrund so-

wie ihre institutionelle Verankerung. In einem zweiten Schritt gebe ich einen

ausführlicheren und kommentierenden Überblick über das ganze Spektrum derangekündigten und/ oder praktizierten Maßnahmen, Instrumentarien, Konzepte etc.,

deren Anwendung vom Gesetzgeber eröffnet bzw. angestrebt wurden. Im Rahmen dieser

Darstellung werde ich mich an den drei großen Analyse-Clustern der PDS–

Bundestagsfraktion (Leistungen aus einer Hand, Wege in Arbeit, Demokratisierung des

Sozialstaats) orientieren, ohne da-bei jedoch deren weiterer thematischer Untergliederung

zu folgen. Generell werde ich in diesem Abschnitt jedoch bis auf sehr wenige Ausnahmen

darauf verzichten, auf konkrete Einzelbeispiele einzugehen, da ich im Rahmen dervorliegenden Ausführungen zunächst einmal nur den Anspruch erhebe, allgemeineund einführende Grundlagen und Kriterien für eine spätere Bewertung desGesamtprogramms sowie ausgewählter Einzelprojekte von MoZArT zu formulieren.

Dafür möchte ich mich im Schlussteil noch einmal einigen ausgewähltenEinzelprojekten und Maßnahmen zuwenden, die mir vor dem Hintergrund der aktuellen

Debatte um die 'Aktivierungsstrategie' und meiner vorausgehenden allgemeinen

Ausführungen besonders aufgefallen sind und zu denen ich bereits über eine größere

Menge an näheren bzw. aufschlussreicheren Informationen und Daten verfüge.

Vorausschickend sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die verschiedenen

Modellversuche im Rahmen des bundesweiten MoZArT-Programms einen zum Teil sehrunterschiedlichen sachlichen, formalen und umfänglichen Charakter aufweisen, und

sich insofern auch nur sehr schwierig einer standardisierten 'Kriterienpalette' unterziehen

lassen. Eine entsprechend umfassende Betrachtungsweise der in jedem Einzelfall zu-

grundeliegenden Kooperationsbeziehungen zwischen Sozial- und Arbeitsamt bedürfte zu-

dem einer außerordentlich hohen Forschungsaktivität und wäre auch sicherlich erst nach

einem gewissen zeitlichen Abstand nach Maßnahmebeginn und auf der Daten- und

Informationsgrundlage der offiziellen Evalution wirklich aussageergiebig. Im Rahmen

meines zweimonatigen Praktikums und angesichts der Dynamik der aktuellen Debatten

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um die Reform der Arbeitsförderung und der verschiedenen sozialen Leistungssysteme

war eine solche Herangehensweise jedoch schlicht und einfach unrealistisch. Um

dennoch ei-nen systematischen Überblick über sämtliche Einzelprojekte von MoZArT zu

bekommen, sei an dieser Stelle auf den von mir anhand der offiziellen

Selbstdarstellungen erstellten Programmüberblick im Anhang verwiesen. Dieser

orientiert sich an den formalen Kriterien des Bundesministerium für Arbeit und

Sozialordnung, fasst die wesentlichen Inhalte der bislang angelaufenen

Kooperationsmodelle zusammen und enthält eine grobe und sehr unvollständige

Gesamteinschätzung vor dem Hintergrund der politischen und sachlichen Analyse-

Clustern, Kriterien und Optionen der PDS - Bundestagsfraktion.

6.2 Die formale, soziale und regionale Anlage des MoZArT-Programm

Entsprechend den Förderungsbedingungen durften Arbeitsämter, Träger der Sozialhilfe

sowie gemeinsam von ihnen beauftragte Dritte einen Antrag auf Aufnahme in das

MoZArT-Programm stellen. Nach Abgaben der gsub GmbH als Projektträger von MoZArT

sind nach Bekanntwerden der Förderungsmöglichkeit über 80 Anträge eingegangen, von

denen schließlich 30 ausgewählt wurden, die dann im Zeitraum von Januar bis Oktober

2001 mit ihrer jeweiligen Projekt-Arbeit begannen. Von diesen 30 bislang genehmigten

Anträgen sind 13 von Arbeitsämtern, 16 von Trägern der Sozialhilfe (Sozialämter und –

dezernate, Bezirksämter, Landkreise) und einer von beiden Institutionen gemeinsam

gestellt worden.23 Ein 'gemeinsam beauftragter Dritter' ist demnach als Antragsteller noch

nicht erfolgreich gewesen, ob bislang überhaupt ein entsprechender Antrag vorgelegen

hat, entzieht sich meiner Kenntnis. In nicht wenigen Fällen konnte aufgrund der offiziellen

Projektbeschreibungen und/oder durch entsprechende Recherchen festgestellt werden,

dass es sich bei den MoZArT-Projekten nicht um vollkommen neue Ansätze der

Zusammenarbeit von kommunaler Sozialverwaltung und den ortsansässigen

Arbeitsämtern handelt, sondern dass an bereits bestehendeKooperationsvereinbarungen und –praxen angeknüpft wird. Zur Entwicklung einer

realistischen Vorstellung über den Stellenwert des MoZArT-Programms gehört also auch

die Kenntnis, dass die Anzahl der tatsächlich existierenden Kooperationsbeziehungen, die

in ihrer sachlichen und organisatorischen Ausgestaltung und Tiefe durchaus sehr

verschieden sind, die Anzahl der im Rahmen von MoZArT geförderten Modellprojekte um

23 Siehe Michael Reher: "Zur Kooperation von Arbeits- und Sozialämtern – die MoZArT – Modellprojekte" Referat anlässlich

der Tagung 'Integration in den Arbeitsmarkt verbessern – Kooperation von Arbeits- und Sozialamt und/oder Reform vonArbeitslosen- und Sozialhilfe?', veranstaltet von der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Bertelsmann-Stiftung am 22. Januar2002 in Berlin.

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ein Vielfaches übersteigt. Vor allem der im März 1998 von der Bundesanstalt für Arbeit

und der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände herausgegebene

'Leitfaden für Sozialhilfeträger und Arbeitsämter zur beruflichen Eingliederung

Arbeitsloser'24, in dem die bis dato bereits bestandenen Möglichkeiten einer engeren

Zusammenarbeit bei der Integration von arbeitslosen und –fähigen Sozialhilfeempfängern

zusammengefasst wurden, sowie die Verabschiedung des Gesetzes zur Verbesserung

der Zusammenarbeit von Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe im November 2000

hatten dabei eine nicht unwesentliche Initialwirkung für die beteiligten Kommunen und

Arbeitsämter.25

Unter dem Gesichtspunkt einer möglichst ausgewogenen regionalen Verteilung kann fest-

gehalten werden, dass das MoZArT-Programm bislang in sämtlichen Bundesländernmit mindestens einem Modellprojekt vertreten ist, wobei sich die überwiegende Anzahl der

Projekte in Nord-, West- und Ostdeutschland befindet und lediglich jeweils ein Projekt in

den süddeutschen Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg angesiedelt ist.

Siedlungsbedingte Besonderheiten sind im großen und ganzen durch die Einbeziehung

regionaler Zusammenhänge mit unterschiedlichem sozial-räumlichen Charakter

(Großstädte, mittelgroße Städte, Kleinstädte, Landkreise als kommunale Verbände, die

auch kleinere Gemeinden einschließen) berücksichtigt worden.

Die in den Projektbeschreibungen jeweils angegebenen sozialpolitischen Rahmendatenweisen bei über der Hälfte der beteiligten Kommunen auf eine durchschnittliche bis sehr

hohe Sozialhilfedichte und bei fast allen Modell-Projekten auf eine durchschnittliche bis

sehr hohe Arbeitslosenquote hin. Lediglich in drei beteiligten Kommunen ist der

Problemdruck unterdurchschnittlich oder sogar kaum vorhanden, dies betrifft

insbesondere die beiden süddeutschen Modellprojekte in Baden-Württemberg und

Bayern. Diese sozialpolitische Einordnung ergibt sich jedenfalls dann, wenn man die

jeweils angegebenen Ar-beitslosen- und Sozialhilfequoten der beteiligten Kommunen mit

den durchschnittlichen Werten für die gesamte Bundesrepublik Deutschland vergleicht.

24 Bundesanstalt für Arbeit, Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Hrsg.): "Leitfaden für Sozialhilfeträger

und Arbeitsämter zur beruflichen Eingliederung Arbeitsloser." Aktualisierte Fassung des Leitfadens vom März 1998. In:Informationen für die Beratungs- und Vermittlungsdienste – ibv 05/01. Nürnberg, Januar 2001. Seite 235 – 260.

25 Aus der Stellungnahme der Bundesanstalt für Arbeit anlässlich der Öffentliche Anhörung des Bundestagsausschusses fürArbeit und Sozialordnung am 28. Januar 2002 in Berlin lässt sich entnehmen, dass es nach einer Umfrage bei denLandesarbeitsämtern Anfang Dezember 2001 insgesamt 190 schriftliche Kooperationsverträge zwischen Arbeitsämternund Sozialhilfeträgern gab, wobei davon 97 Vereinbarungen seit Einfügung der entsprechenden Kooperationsregelungenin das SGB III und das BSHG zustande gekommen sind. Zur statistischen Einordnung: Es gibt bundesweit insgesamt 181Arbeitsämter und 440 Landkreise und kreisfreie Städte als kommunale Träger der Sozialhilfe, wobei für die Arbeitsämterdie Möglichkeit besteht, mit mehreren kommunalen Sozialhilfeträgern in ihrem regionalen Zuständigkeitsbereichgleichzeitig separate Kooperationsabkommen zu schließen. Quelle: Deutscher Bundestag: Zusammenstellung derMaterialien zur Öffentlichen Anhörung des Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung am 28. Januar 2002 in Berlin,Ausschussdrucksache 14/2050. Berlin, Januar 2002.

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39

Allerdings ist ein solcher Vergleich zumindestens in Bezug auf die Sozialhilfedichte

methodisch nicht sonderlich sauber, da aus den offiziellen Angaben der in MoZArT

involvierten Kommunen nicht eindeutig hervorgeht, ob es sich bei der zugrundegelegten

Anzahl der Sozialhilfeempfänger nur um die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger handelt

oder ob in dieser Zahl auch die nicht-erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger (z.B.

minderjährige Familienangehörige, Rentner, Erwerbsunfähige etc.) erfasst sind. Je nach

dem kommt man zu sehr weit auseinanderklaffenden Vergleichsangaben beim

prozentualen Verhältnis von Sozialhilfeempfängern zu Erwerbspersonen und zu einer

entsprechenden Unsicherheit bei der komparativen Verortung der beteiligten

Kommunen.26 Hinzu kommt die generelle Problematik eines einheitlichen

Vergleichsmaßstabs für Ost- und Westdeutschland, da hier - bei allen sozial- und

beschäftigungspolitischen Parallelen - nach wie vor entscheidende strukturelle

Divergenzen in den regionalen ökonomischen Grundstrukturen bestehen.

6.3 Schritte zur 'Leistung aus einer Hand'

a.) Einrichtung gemeinsamer AnlaufstellenZunächst einmal kann festgehalten werden, dass es in mehr als der Hälfte der

Modellprojekte zur Einrichtung gemeinsamer Anlaufstellen in Form von kommunalen

Clearingstellen, Job-Centern, Leistungszentren etc. gekommen ist bzw. dass die

Einrichtung einer solchen Stelle für die nähere Zukunft geplant wird. Allerdings variieren

die konkreten Formen und Kompentenzen dieser Stellen erheblich: So besteht in

mindestens einem Fall (Rottweil) die gemeinsame Stelle darin, dass alle arbeitslosen

Sozialhilfeantragsteller direkt zum Arbeitsamt geschickt werden, und die Entgegennahme

von Anträgen für diese Gruppe der Sozialhilfeempfänger zukünftig dort erfolgt. Damit

wurde in diesem Fall das arbeitsmarktpolitische Konzept einer gemeinsamenAnlaufstelle für alle Arbeitslosen mit dem Prinzip 'alle Leistungen aus einer Hand'

verknüpft. Die Bearbeitung und Überprüfung der Sozialhilfeanträge erfolgt in diesem Fall

zwar trotzdem durch die kommunale Sozialverwaltung ('back-office'), aber die

26 Anzahl der Erwerbstätigen (bundesweit, April 1999): 40.509.000 Personen; Arbeitslosenquote (bundesweit, 1999): 9,9

Prozent; Anzahl der Sozialhilfeempfänger (bundesweit, 1998): 2.903.000 Personen; Anteil aller Sozialhilfeempfängeran Anzahl der Erwerbspersonen (bundesweit, 1999): 7,2 Prozent; Anzahl der erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger(als Netto-Arbeitskräftepotential der 18 – 59jährigen, bundesweit, 1998): 949.000 Personen, Anteil der erwerbsfähigenSozialhilfeempfänger an Anzahl der Erwerbspersonen (bundesweit, EP: 1999, SE: 1998): 2,3 Prozent. Generellbleibt einschränkend festzuhalten, dass die statistischen Sozialhilfeangaben häufig nur auf Schätzungen beruhen undaufgrund unterschiedlicher Definitionen in verschiedenen Statistiken auch voneinander abweichen können. Quellen:Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch 2000 für die Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden 2000.Sowie: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung: Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- undReichtumsbericht der Bundesregierung. Bonn 2001.

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Antragsannahme, Überprüfung und Auszahlung erfordert für den Klienten keine doppelten

Wege mehr ('front-office').

In den meisten der anderen Fälle wurden neue und separate Anlaufstellen eingerichtet,

die sich entsprechend der Grundkonzeption des MoZArT-Programms im wesentlichen auf

die Gruppe der arbeitslosen Sozialhilfeempfänger mit und ohne Leistungsansprüchen

nach dem SGB III beziehen. Der primäre Zweck dieser gemeinsamen Verwaltungsstellen

besteht in der Regel in der zügigen Erwerbsintegration der Hilfebezieher, häufig bleiben

sie deshalb auf die Durchführung von entsprechenden Maßnahmen der aktiven

Arbeitsförderung (Eignungsuntersuchung, Berufsberatung, Vermittlung in Arbeit,

Ausbildung, Praktika, Trainings- und Qualifizierungsprogramme) auf der Grundlage von

SGB III und BSHG beschränkt, auch wenn eine zukünftige Einbeziehung passiver

Leistungsfunktionen (Entgegennahme von Anträgen nach SGB III und BSHG, Auszahlung

von Leistungen) in vielen Modellprojekten angestrebt wird oder sich bereits konzeptionell

und organisatorisch in Planung bzw. Test befindet.

Aus Gründen der Überschau- und Umsetzbarkeit musste der Zugang zu den neu

geschaffenen Anlaufstellen in einigen Fällen zeitweise oder dauerhaft auf bestimmte

Zielgruppen (Jugendliche, 'Aufstocker' etc.) oder auf eine bestimmte Klientenanzahl

begrenzt werden. Dies implizierte, dass nicht immer ein direkter Zugang des Klienten zur

Anlaufstelle möglich war bzw. ist, sondern nur nach einer entsprechenden Überweisung

durch eines der beiden beteiligten Ämter bestand bzw. besteht.

Die praktische Umsetzung der gemeinsamen Anlaufstellen wurde auf verschiedene

Weise vollzogen: In einigen Fällen bestand die 'Integration' der beiden Ämter lediglich im

Bezug einer unmittelbar benachbarten Liegenschaft, was die räumliche Entfernung

zwischen den Ämtern für deren Mitarbeiter sowie für die Arbeitslose mit vollständigem

oder ergänzendem Sozialhilfebezug zwar auf ein Minimum reduzierte, konzeptionell

jedoch nicht allzuviel mit einer 'integrierten' Hilfeleistung und Förderung zu tun hat. Die

weitergehenden und häufigeren Kooperationsformen bestehen darin, dass Mitarbeiterbeider Ämter in einer gemeinsamen Verwaltungseinheit tatsächlichzusammenarbeiten. Dies erfolgt dann entweder durch eine räumliche und

organisatorische Konzentration der verschiedenen, jedoch noch separierten

Leistungsfunktionen beider Ämter, die durch einen zuständigen Sachbearbeiter bzw.

Case-Manager (i.d.R. vom Sozialamt) eingeschaltet, kombiniert und gesteuert werden.

Bei dieser Variante werden in einigen Fällen auch noch ergänzende Fall-Konferenzendurchgeführt, bei denen der zuständige Case-Mana-ger mit seinen Kollegen vom

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Arbeitsamt, von der HzA - Abteilung des Sozialamtes sowie gegebenenfalls mit weiteren

Dritten (z.B. Jugendamt, Suchtberatung etc.) auf der Grundlage der vorhandenen

Kenntnisse der einzelnen Akteure kooperativ die notwendigen Maßnahmen für den

Einzelfall abspricht. In einigen Fällen kommt es sogar zu einer direkten Zusammenlegung

von Mitarbeitern des Sozialamtes und des Arbeitsamtes in gemein-samenBüroeinheiten. Auf diese Weise können sich beide Ämter von Beginn an gemein-sam mit

dem einzelnen Klienten befassen, ihre jeweiligen Leistungsangebote, Kompetenzen und

Informationen unmittelbar in den Beratungs- und Hilfeprozess einbringen und schließlich

auch einen 'integrierten' Hilfe- und Eingliederungsprozess entwickeln, vereinbaren und

steuern.

b.) Fortbildung und Aufklärung der beteiligten AmtsmitarbeiterAls ein wesentlicher Aspekt der intensivierten Zusammenarbeit zwischen den beteiligten

Ämtern wird in den meisten Modellprojekten die Notwendigkeit der gegenseitigen

Aufklärung, sowie der gemeinsamen Fortbildung und Motivation ihrer beteiligten

Mitarbeiter betont. Grundlegend sind hierbei häufig die unterschiedlichen Erfahrungen mit

den jeweiligen Stammklienten, die voneinander abweichenden spezifischen

Problemwahrnehmungen, Umgangsweisen, Verwaltungsstrukturen, Arbeitskulturen aber

auch ganz praktische wechselseitige Informationsdefizite durch unterschiedliche

Rechtsgrundlagen, technische Infrastrukturen, Fallzahlen etc. Insofern bestand ein

Aufklärungs- und Harmonisierungsbe-darf, dem auch in den meisten Modellprojekten, in

denen es auf eine direkte Zusammenarbeit von Mitarbeiter beider Ämter hinauslief, in der

einen oder anderen Weise nachgegangen wurde. Methodisch und organisatorisch wurde

dabei auf gegenseitige Hospitationen, gemeinsame Fortbildungsseminare, Supervisionen,

Workshops, Coachings durch externe und interne Experten, future- und kick off –

Konferenzen, sowie auf regelmäßige Informations- und Konsultationstreffen auf

Leitungsebene oder Fall – Konferenzen auf Mitarbeiterebene zurückgegriffen.

Inhaltlich lassen sich die Austauschprozesse grob in zwei Ebenen differenzieren: Die

erste Ebene bildet meistens die mentale Motivation der beteiligten Mitarbeiter, die vor

al-lem aus einer Aufarbeitung gegenseitiger Vorurteile, dem Abbau vonAmtskonkurrenzen sowie der allgemeinen und persönlichen Vertrauensbildung

zwischen den Mitarbeitern beider Ämter besteht. Einher geht dieses Motivationsmoment

meistens mit einer gemeinsamen Zielprojektion, bei der die beteiligten Mitarbeiter von

Sozial- und Arbeits-amt auf das gemeinsame Primärziel beider Ämter, nämlich die

möglichst effektive und nachhaltige Eingliederung der arbeitsfähigen Hilfebezieher - in der

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Regel Sozialhilfeempfänger mit und ohne Leistungsansprüche nach dem SGB III – in den

ersten Arbeitsmarkt, 'eingeschworen' werden. Durch das gemeinsame Arbeitsziel und die

integrierte Vorgehensweise sollen dabei insbesondere Strategien des gegenseitigen

Problemzuschiebens weitestgehend abgestellt werden. Als zweite Ebene des

gegenseitigen Austausches werden die notwendigerweise vorhandenen, fachlichen und

organisatorischen Informationsdefizite auf beiden Seiten behoben, die in der Regel aus

den unterschiedlichen Verwaltungsabläufen und -strukturen, Klientel- und

Problemhintergründen sowie den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen resultieren. Eng

damit verknüpft ist auch das wechselseitige Erlernen des Zugriff auf elektronische und

sonstige Informationssysteme wie das Stellensystem der Bundesanstalt für Arbeit, die

Projekte- und Maßnahmelisten beider Äm-ter oder aber auch die Sozialdaten der

arbeitslosen Klienten. Soweit dies aus den diversen Projektbeschreibungen überhaupt

ersichtlich sein kann, lässt sich der Prozess des gegenseitigen Austauschs

zusammenfassend als eine arbeitsorganisatorische Notwendigkeit beschreiben, bei der

es sicherlich auch um die Erprobung der Reformbereitschaft und –möglichkeiten im

Hinblick auf eine zukünftige Leistungs- und Verwaltungsreform im Bereich der

Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe geht.

c.) Case-Management und EingliederungspläneAls eine besondere Innovation wird von den meisten Modellprojekte des MoZArT-Pro-

gramms die Einführung bzw. Erprobung des bereits erwähnten Case-Managements als

einer besonders intensiven und umfassenden Form der Betreuungs- und

Vermittlungstätigkeit im Sinne einer 'Hilfe und Förderung aus einer Hand'herausgestellt. Hierbei stehen vor allem zwei Aspekte im Mittelpunkt entsprechender

Vorgehensweisen:

Zum einen wird das quantitative Verhältnis von Betreuern/Vermittlern und Klientenso verändert, dass eine qualitativ sinnvolle, umfassende und erfolgreiche Betreuung,

Bearbeitung und Vermittlung des jeweiligen Einzelfalls überhaupt erst realistisch

gewährleistet werden kann. Meistens wird das durch Umschichtungen vom Bereich der

'sichernden Hilfe' zum Bereich der 'aktivierenden Hilfe' innerhalb der bestehenden

Personalbestände der Ämter erreicht, so dass die Verbesserung der Betreuer/Klienten-

Relation für die erwerbsfähigen Hilfeempfänger nicht selten mit einer leichten

Verschlechterung bei der Betreuer/Klienten-Relation im Bereich der nicht-erwerbsfähigen

Hilfeempfänger einhergeht. Zum anderen wird das Case-Management in den meisten

Fällen mit der Erstellung von in-dividuellen Hilfe-, Integrations-, Ausweg- und

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Eingliederungsplänen und deren Überführung in verbindliche Vereinbarungen zwischen

dem 'Case-Manager' als Vertreter des Amtes und dem einzelnen Klienten verbunden.

Diese Eingliederungsvereinbarungen sind im wesentlichen auf das Ziel einer

schnellstmöglichen und nachhaltigen Vermittlung ausgerichtet und fixieren in der Regel

detailliert diejenigen notwendigen Schritte, die von Seiten des Amtes/Case-Managers und

von Seiten des Hilfeempfängers als für die Erreichung dieses Ziels notwendig erachtet

werden. Festgehalten werden dabei vor allem die Pflichten des Klienten, sich an

'aktivierenden' Trainings-, Weiterbildungs-, Beschäftigungs- oder Motivationsmaßnahmen

zu beteiligen, sich ernsthaft um eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu bemühen

und auf diese Weise seine 'aktive' Eingliederungsbereitschaft zu manifestieren. Im

Umkehrschluss verpflichtet sich das Amt bzw. der Case-Manager als konkreter

Ansprechpartner des Klienten, sich um eine Bereitstellung entsprechender Förderungs-

und Arbeitsangebote zu kümmern. Darüberhinaus werden in den

Eingliederungsvereinbarungen aber auch die Sanktionen gegenüber den Klienten

vereinbart, wenn dieser seinen Pflichten nicht nachkommt. Um das vereinbarte Ziel der

Eingliederung auch in Fällen mit besonders intensivem Betreuungsbedarf durchzusetzen,

werden im Rahmen des umfassenden Case-Managements auch schon mal Hausbesuche

beim Klienten oder eine Begleitung des Hilfeempfängers zu Vorstellungsgesprächen bei

Arbeitsangeboten vorgenommen, zumindestens soweit dies den Ämtern personell und

zeitlich möglich ist.

Begründet wird diese Form der individuellen Vereinbarung zwischen Amt und Klient vor

allem damit, dass auf eine solche Weise ein höheres Maß an Verbindlichkeit undVerlässlichkeit für beide Seiten hergestellt und zugleich ein höheres Maß anindividueller Passgenauigkeit in Bezug auf die zeitlichen und sachlichen Dimensionen

des Eingliederungs- und Hilfeprozesses gewährleistet werden kann. Dies sei nicht zuletzt

auch eine notwendige Bedingung dafür, dass die aufgewendeten finanziellen und

personellen Ressourcen der Ämter effizienter als bislang eingesetzt werden könnten. Eine

besonders weitgehende Version des Case-Managements, die von vielen Modell-Projekten

im Sinne der Kooperation von Sozial- und Arbeitsämtern zumindestens ansatzsweise

umgesetzt wird oder werden soll, besteht darin, dass sich im Falle eines arbeitslosen

Sozialhilfeempfängers oder Arbeitslosenhilfeempfängers mit ergänzendem

Sozialhilfebezug nur noch eine Amtsperson um den gesamten Hilfe- und

Eingliederungsprozess kümmert und dabei auch auf sämtliche Maßnahmen, Instrumente

und Rechtsgrundlagen beider Leistungssysteme (BSHG, SGB III) zurückgreifen kann.

Konflikte entstehen in diesen Fällen jedoch im-mer wieder an den Punkten, in denen sich

die beiden Leistungssysteme tendenziell gegenseitig widersprechen oder ausschließen,

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vor allem gilt dies für die unterschiedlichen Zumutbarkeitsregelungen und die daran

gekoppelten Sanktionsinstrumente nach dem SGB III und dem BSHG. So wird zum

Beispiel von einigen Mitarbeitern der an MoZArT beteiligten Ämter die Möglichkeit des

phasenweisen Sozialhilfebezuges durch Arbeitslose kritisiert, die vom Arbeitsamt mit

einer Sperrzeit belegt wurden, weil sie unzulässigerweise ein zumutbares Arbeitsangebot

abgelehnt haben.

Die konzeptionelle Entwicklung und Begründung des Konzepts Case-Management beruht

in den meisten Fällen auf einer weitverbreiteten Illusion, die Massen- und

Langzeitarbeitslosigkeit habe ihre wesentliche Ursache in den Problemen der

individuellen Betreuung und Vermittlung der Arbeitslosen durch die Sozial- und

Arbeitsverwaltungen. In vielen wissenschaftlichen Studien, die sich auf der Grundlage von

– unter wissenschaftstheoretischen Gesichtspunkten eher zweifelhaften - Kosten-Nutzen-

Kalkulationen und –Ver-gleichen mit der Wirksamkeit der gängigen

arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Instrumente auseinandersetzen, wird diese

Illusion genährt, in dem die Vermittlungs- und Beratungsleistungen gegenüber anderen

Tätigkeiten und Instrumenten als besonders ef-fektive und effiziente Integrationsmittel

herausgehoben werden.27 Der eigentliche politische Hintergrund dieser 'Fehldeutung'

besteht jedoch darin, dass sie in den laufenden Re-formdebatten unmittelbar an die

Strategie des 'aktivierenden Sozialstaats' anschlußfähig ist. Eine Sozial- und

Arbeitsmarktpolitik, die das gesamtgesellschaftliche Problem Massen- und

Langzeitarbeitslosigkeit sowohl von der Schuld- als auch von Lösungsfrage her

weitgehend individualisiert, wird in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen geschoben,

um auf eine wirkliche Beschäftigungspolitik, die schon wegen ihrer enormen fiskalischen

Kosten notwendigerweise mit einer drastischen Umverteilungspolitik von 'oben nach

unten' verbunden sein müsste, ebenso verzichten zu können, wie auf eine Abkehr von der

derzeitig praktizierten, ausgabenseitig reduzierten Politik der Haushaltskonsolidierung und

Lohn(neben)kostensenkung.

Allerdings zeigt nicht nur die Praxis der MoZArT-Projekte, dass die konkrete

Implementierung des Konzeptes 'Case-Management' durchaus mit unterschiedlichenVorstellungen, Interessen und Intentionen verknüpft wird, und dass es deshalb

schwierig bis unmöglich sein dürfte, hier zu einer pauschalen Bewertung zu gelangen:

Zunächst einmal kann die Tatsache, dass sich der arbeitslose Hilfeempfänger nicht mehr

27 Beispielhaft: Gerhard Fels, Rolf Heinze u.a.: Aktivierung der Arbeitsmarktpolitik. Thesen der Benchmarking-Gruppe.

Angesiedelt im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit. Berlin, April 2001. Oder: Kröger, Martin; van

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einem anonymen Amt mit einer Vielzahl von aufgesplitteten Zuständigkeitsbereichen

(Leistungsbeantragung- und überprüfung, Vermittlung, Beratung usw.), sondern einem

festen und für alle Akteure verbindlichen Ansprechpartner gegenübertritt, von den

Betroffenen durchaus positiv und vertrauensbildend aufgenommen werden. Die

erfolgreiche Vermittlung des Eindrucks, der Klient werde von den zuständigen

Amtsmitarbeitern nun nicht mehr länger nur als eine Aktennummer in der

Massenabfertigung verwaltet, sondern mit einem gewissen Aufwand an Zeit und

Aufmerksamkeit in seiner gesamten sozialen Lebenssituation ernst genommen,

verstanden und behandelt, kann durchaus eine sozial-psychologischeStabilisierungswirkung haben und insofern die Eingliederungschancen im Einzelfallerhöhen. Andererseits verbinden die meisten Ämter, die das Case-Management

einführen, neben den 'gut gemeinten' jedoch auch noch andere Interessen und

Intentionen mit dieser umfassenden Betreuungsstrategie: So kann eine intensivierte und

'ganzheitliche' Be-treuung durchaus als Perfektionierung von sozialer Kontrolle undRepression und da-mit als eine Methode zur Abschreckung von (potentiellen)

Hilfeempfängern konzipiert und umgesetzt werden, mit der auch bislang praktizierte

Strategien von Hilfeempfängern, die auf einem erfahrungsbasierten, informierten und

selbstbewussten Umgang mit behördeninternen Verwaltungsabläufen und deren

Rechtsgrundlagen beruhten, wirksamer eingeschränkt oder durchkreuzt werden sollen.

Gerechtfertigt wird diese Dimension des Case-Managements von den beteiligten Ämtern

häufig mit einem wirksameren Vorgehen ge-gen 'sozial-betrügerische' Aktivitäten wie

Schwarzarbeit, unrechtmäßigem Leistungsbezug oder 'Drückebergerei'. Allerdings bleibt

bei dieser Argumentation weitgehend offen, wo die Grenze zwischen notwendiger Hilfe

und Begleitung einerseits und Willkür und Schnüffellei andererseits verläuft. Case-

Management wird also insbesondere dann zum Problem, wenn der Klient keinerlei

Möglichkeiten mehr hat, bestimmten Verhaltensweisen des Case-Managers oder von ihm

angeordneten Maßnahmen verbindlich zu widersprechen bzw. sie wegen Einmischung in

seine Privatsphäre oder Verletzung seiner Menschenwürde zu unterbinden. Vor allem der

Mangel an demokratischer Mitbestimmung und Selbstbestimmung scheint mir also

hier das zentrale Problem mit mittelbaren und unmittelbaren materiellen Folgen für die

Betroffenen zu sein.

Für die Hilfe- und Eingliederungspläne, die im Rahmen der meisten Modell-Projekte als

Eingliederungsinstrumente des Case-Managements angewendet werden und die durch

das JOB-AQTIV-Gesetz im Rahmen der aktiven Arbeitsförderung inzwischen sogar

Suntum, Ulrich: Mit aktiver Arbeitsmarktpolitik aus der Beschäftigungsmisere? Ansätze und Erfahrungen in

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schon obligatorisch geworden sind, gilt ähnliches. Genau genommen handelt es sich bei

ihnen um die praktische Versinnbildlichung des Grundkonzepts 'Fördern undFordern', mit dem die politische Strategie des 'aktivierenden' Sozialstaates durchgesetzt

wer-den soll. Die Wechselseitigkeit der vertragsähnlichen Vereinbarungen suggeriert

zumindestens oberflächlich, dass es hierbei um einen 'fairen' Austausch von Rechten und

Pflichten unter gleichberechtigten und freien Partnern geht. Ausgeblendet bleibt bei dieser

Betrachtungsweise jedoch, dass sich in diesem Fall keineswegs zwei Partner

gegenüberstehen, die in ihrer Entscheidungsfindung und Interessendurchsetzung frei und

gleichberechtigt sind, sondern dass wir es mit einer klaren Machtasymmetrie zuungunsten

des individuellen Hilfeempfänger zu tun haben, der eben keine eigenen Sanktionsmittelge-gen das Amt in der Hand hat. Ebenso werden die Rechte und Pflichten sowie die

Konse-quenzen bei 'Vertragsbruch' nicht beliebig von Beteiligten festgelegt,sondern sind im wesentlichen bereits durch das fiskalisch erzwungene Ziel einer

möglichst effizienten Eingliederung durch das zuständige Amt bzw. durch den

gesetzlichen Sanktionsrahmen des BSHG oder des SGB III vorgegeben. Hinzu kommt,

dass besondere Ansprüche an ein mögliches Qualifikations- und/oder

Beschäftigungsangebot und –niveau durch das Amt im Rahmen eines

Eingliederungsplanes in den aller meisten Fällen schon aus finanziellen Gründen kaum

vereinbart werden können. Vor allem bei größeren Klientenmengen wird der stetig

postulierte Anspruch größerer 'Passgenauigkeit' der Hilfe- und Fördermaßnahmen relativ

schnell seine Grenzen in einer weitgehenden Standardisierung vonEingliederungsstrategien mit jeweils spezifischen Problemhintergründen und einer

daraus abgeleiteten überschaubaren Palette von Vereinbarungsschemata finden. Die in

den meisten Fällen angebotenen Möglichkeiten einer flexiblen Einbeziehung von

Jugendämtern, Sozialen Diensten etc. in die individuelle Eingliederungsplanung werden

dabei von vielen Modellprojekten als wichtige zusätzliche Komponenten einer

individuellen Problem-bearbeitung hervorgehoben und sie sind zweifellos sozialpolitisch

vernünftig und begrüßenswert. Allerdings ist sie in vielen Fällen auch durchaus eine

zwingende arbeitsmarktpolitische Notwendigkeit, also eher ein Beitrag zur effektiveren

Einsetzung der notorisch knappen finanziellen Mittel und insofern auch nicht sonderlich

spektakulär oder gar ein Faustpfand in der Hand des Klienten bei der Aushandlung seiner

Eingliederungsvereinbarung.

Festgehalten werden muss, dass das Case-Management-Verfahren und die daran

anknüpfenden Eingliederungspläne bezüglich ihrer Arbeitsmarkteffekte häufig mit einer

Großbritannien, Dänemark, Schweden und Deutschland. Gütersloh 1999.

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unrealistischen Erwartungshaltung überfrachtet werden. Verwechselt wird dabei die

Ver-besserung der individuellen Eingliederungs- und Vermittlungschancen als durchaus

erwünschte sozial- und arbeitsmarktpolitische Wirkung mit der beschäftigungspolitischen

Zielsetzung einer Überwindung der Langzeitarbeitslosigkeit durch massenhafte

Integration in sozialversicherungspflichtige und existenzsichernde Arbeitsplätze. Letztere

werden jedoch in der notwendigen Größenordnung nicht durch die umfassende soziale

Betreuung des Klienten oder die bloße 'Verbesserung' oder Effektivierung der

Vermittlungstätigkeit kommunaler Ämter quasi aus sich selbst heraus erzeugt, sondern

müssten Gegenstand und Ziel einer umfassenden und integrierten Wirtschafts-, Regional-

und Beschäftigungspolitik auf EU-, Bundes- und Regionalebene sein. Solange diese

Arbeitsplätze jedoch nicht existieren, sondern nur der öffentlich geförderte oder private

Niedriglohnsektor auf kommunaler Ebene als Ausweg aus der Abhängigkeit von

sozialstaatlichen Hilfeleistungen angeboten wird, bleibt eben auch die demokratische bzw.

machtsymmetrische 'Vertragskonstellation' zwischen dem Amt und dem hilfebedürftigen

Klienten eher eine politisch interessierte Illusion zum Zwecke der Verbreitung von mehr

Akzeptanz unter den Klienten und in der Öffentlichkeit. Und ob dann die mit dem Case-

Management verbundene 'ganzheitliche' Betreuung eher kontrollierende, repressive,

entmündigende und abschreckende, oder aber eher überwiegend stabilisierende,

fördernde, selbstbestimmende und verständnisorientierte Züge annimmt, hängt

letztendlich von deren konkreter Umsetzung in der Amtspraxis, den beteiligten Akteuren

und ihren Interessen, Intentionen und Einstellungen sowie deren rechtlichen, finanziellen

und faktischen Spielräumen ab. Ohne einen detaillierten Einblick in die Situationen vor Ort

zu haben, kann diese ambivalente Einschätzung auch auf die verschiedensten

Einzelprojekte des MoZArT-Programmes übertragen werden.

d.) Beratung und Überprüfung von möglichen Leistungsansprüchen aus einer HandNoch ein weiteres Problem wird durch die Zusammenführung von passiven und aktiven

Leistungsfunktionen in der Hand einer gemeinsamen Behörde von Arbeits- und Sozialamt

nur scheinbar gelöst, nämlich dass der umfassenden Beratung und Information überdas passive Leistungsrecht selber. Das zugrundeliegende Problem der

Unterausschöpfung insbesondere von ergänzenden Sozialhilfeansprüchen, dass auch im

aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung erwähnt wurde, ist nämlich

in Wirklichkeit nur eines der Klienten, nicht jedoch der beteiligten Ämter und der

dahinterstehenden öffentlichen Haushalte. Die nahestehende Option einer selbständigenÜberprüfung möglicher ergänzender Sozialhilfeansprüche durch die Ämter wird

jedenfalls nur in sehr wenigen Projektbeschreibungen erwähnt, und wie die tatsächliche

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Praxis der beteiligten Ämter diesbezüglich aussieht, entzieht sich momentan meiner

Kenntnis. Zumindes-tens in den Modellprojekten, in denen eine komplette Abwicklung von

Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeleistungen aus einer Hand erprobt werden soll, müssten

jedoch entsprechende Mindestberatungs- und Vorhaltungsbemühungen erfolgen. Eine

Idee, an der in einigen Fällen noch konzeptionell und organisatorisch gearbeitet wird,

besteht nun darin, ein gemeinsames Antragsformular für mögliche Doppelbezieherals pragmatische Umsetzung des Konzeptes einer sozialen Grundsicherung in der

Arbeitslosenunterstützung - nach dem Vorbild der jüngsten Rentenreform - zu entwickeln.

Konkrete Ergebnisse dieser Bemühungen stehen meines Wissens nach hierbei jedoch

noch aus; vor allem mögliche datenschutzrechtliche Einwände, sowie das Problem des

erheblichen Gesamtumfangs der in den Anträgen abgefragten Informationen müssten bei

der praktischen Um-setzung eines gemeinsamen Antragsformulars berücksichtigt werden.

Das größte Hindernis einer umfassenden Beratungsleistung seitens des Sozialamtes oder

einer gemeinsam betriebenen Leistungs- und Förderungsstelle besteht jedoch in jedem

Fall in der generellen 'Leistungs-Vermeidungsstrategie', die viele Ämter auch im

Rahmen des MoZArT-Programms durchsetzen wollen. Den zentralen Hintergrund bildet

dabei die Kongruenz des fiskalpolitischen Interesses der Kommunen, die

Sozialhilfeausgaben kurz- bis mittelfristig zu reduzieren, und der arbeitsmarkt- und

beschäftigungspolitischen Strategie, den Druck auf die arbeitslosen Leistungsempfänger

noch mehr zu erhöhen. An-statt die Hilfebedürftigen umfassend über mögliche

Leistungsansprüche aufzuklären, entsprechende Antragsformulare bereitzuhalten und

entgegenzunehmen, wird in vielen Fällen von Beginn an ganz gezielt auf eine totale

Verhinderung von passivem Leistungsbezug hingearbeitet. Vor allem jungen Menschen

bzw. Neuzugängen werden dabei unter Bezugnahme auf die gesetzlichen

Mitwirkungspflichten von Sozialhilfebeziehern sofort Niedriglohnpraktika bei Bildungs- und

Beschäftigungsträgern oder Jobs in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen

angeboten, noch bevor sie überhaupt einen Sozialhilfeantrag stellen können. Darüber

hinaus sind bereits Fälle bekannt geworden, in denen das Amt den Klienten einfach nur

Listen mit den Telefonnummern lokal ansässiger Zeitarbeitsfirmen als mögliche Quellen

von Erwerbsarbeit vorgelegt hatte, und sich im Gegenzug mit dem Hinweis auf den

Vorrang der Existenzsicherung durch eigene Erwerbsarbeit weigerte, Sozialhilfeanträge

überhaupt anzunehmen.28

28 Zur Kritik an diesem Ansatz siehe auch: Dr. Helga Spindler: "Vorrang für den Nachrang statt Hilfe zum Lebensunterhalt?"

Erstellt im November 2001, veröffentlicht auf den 'tacheles'-Seiten im Internet unter:http://www.tacheles.wtal.de/harry/view.sp?ID=51 im März 2002.

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Durch eine solche Praxis der systematischen Umkehr des Verhältnisses vonHilfeleistung durch das Amt und Mitwirkungspflicht durch den Hilfeempfänger, die

auch im Rahmen von laufenden Modell-Versuchen in unterschiedlicher Intensität erprobt

wird, wird der sozialpolitische Anspruch einer umfassenden und im selbstbestimmbaren

Interesse des Klienten liegenden Beratung völlig aus der Reformperspektive

ausgeblendet. Wer uninformierten Hilfebedürftigen Angebote unterbreitet, die sie nicht

ablehnen können, der betreibt eine regelrechte Desinformations- undErpressungspolitik und zerstört für die formal arbeitsfähigen unter denHilfebedürftigen faktisch und systematisch den Rechtsanspruch auf Sozialhilfe. Es

stellt sich angesichts der dominanten Hauptstoßrichtung der laufenden Reformvorhaben

und dem systemimmanenten Interessengegensatz von Amt und Hilfebedürftigen deshalb

generell die Frage, ob eine umfassende Beratungs- und Aufklärungstätigkeit überhaupt

durch ein Amt gewährleistet werden kann oder ob dies nicht zumindestens ergänzend auf

eine andere Weise sichergestellt werden muss. Dem rechtlichen und sachlichen

Informationsvorsprung der Experten in den Ämtern dürfte jedenfalls nur durch eine

stärkere 'Professionalisierung' von externen Beratungsleistungen für Arbeitslose und

Sozialhilfeempfänger beizukommen sein. Mit einem politisch ernsthaft forcierten und

finanziell entsprechend unterstützen Ausbau der Förderung von selbstverwaltetenArbeitslosen- und Sozialzentren mit eigenen professionellen Beratungsleistungen,Sozialanwälten oder ähnlichen Projekten könnte dabei durchaus an eine

zivilgesellschaftlich-kommunitaristische Konzepte der Neuen Sozialdemokratie

angeschlossen werden; er sollte deshalb in ein umfassendes sozialpolitisches

Reformkonzept unbedingt mit einfließen.29

6.4 Konkrete Verbesserungen – Wege in Arbeit

a.) Einbeziehung von externen Beschäftigungs- und BildungsträgernVon der Möglichkeit einer Einbeziehung externer Dritter in den aktiven

Eingliederungsprozess wird in relativ vielen Modell-Projekten Gebrauch gemacht, wobei

vor allem die verschiedensten regional oder/und kommunal angesiedelten

Beschäftigungs-, (Aus)Bil-dungs- und Qualifizierungsträger des 2. und 3.

Arbeitsmarktes eine herausragende Rolle dabei spielen. Aufgrund der Begrenztheit der

Nachfrage nach Arbeitskräften auf dem ersten Arbeitsmarkt bilden diese häufig schon seit

längerer Zeit eine außerordentlich wichtige Grundlage für die Gewährleistung

29 Siehe dazu auch: SoVD - Sozialverband Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen: Stellungnahme zum Projekt

"Sozialagenturen – Hilfe aus einer Hand" des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Qualifikation und Technologie NRW.

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'arbeitsfördernder' Maßnahmen der Sozial- und Arbeitsämter. Ihre zentrale Funktion

besteht vor allem darin, durch möglichst arbeitsmarktnahe Beschäftigung und

Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen deren subjektive Beschäftigungsfähigkeit und

objektiven Beschäftigungschancen zu steigern, und dabei durch Rückgriff auf lokale

Netzwerkstrukturen für ihr Klientel zugleich auch zusätzliche und 'passgenaue'

Beschäftigungsnischen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erschließen.

Im Rahmen der MoZArT-Projekte wurden insbesondere diejenigen Träger in der

Vordergrund gestellt, die sich in ihrer Eingliederungsarbeit auf bestimmte Zielgruppen

(Langzeitarbeitslose, jugendliche Erwerbslose, Erwerbslose mit mehrfachen Handicaps

u.ä.) spezialisieren und dazu neben den gemeinnützigen und zusätzlichen

Beschäftigungsmöglichkeiten auch eine sozialpädagogische und –psychologische

Betreuung der Arbeitslosen, sowie integrierte Ausbildungs-, Motivations-, Trainings- und

Qualifizierungsmodule anbieten. Die konkrete Umsetzung der Eingliederungsarbeit durch

die Träger erfolgt in der Regel nach einer entsprechenden Überweisung der Klienten

durch das Amt (Sozialamt, gemeinsame Stelle von Arbeits- und Sozialamt etc.). Die

betreuten Arbeitslosen schließen mit dem Träger befristete Arbeitsverträge ab und

werden anschließend von diesem entweder in eigenen Arbeitsmaßnahmen (Werkstätten

o.ä.) beschäftigt oder an andere lokal ansässige öffentliche, öffentlich-rechtliche,

gemeinnützige oder privatwirtschaftliche Institutionen, Vereine oder Unternehmen

ausgeliehen (öffentlich-rechtliche bzw. gemeinnütziger Arbeitnehmerbeleihung). Die

Entgelthöhe der in der Regel sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse

liegt häufig nur knapp oberhalb des Eckregel-satzes der Sozialhilfe. Die Möglichkeit einer

eigenen Auswahl des konkreten Einsatzortes durch den Klienten wird zwar formal

eingeräumt, ist aber aufgrund der Limitierung der je-weils zur Verfügung stehenden

Arbeitsplätze und Betätigungsfelder in der Regel faktisch stark eingeschränkt.

Der Status der meisten involvierten Beschäftigungs- und Bildungsträger ist öffentlich-

rechtlich bzw. gemeinnützig, in einigen Fällen haben die Träger aber auch einen

privatrechtlichen Status und arbeiten gewinnorientiert. Viele dieser Träger sind bereits seit

Jahren Kooperationspartner der kommunalen Sozialverwaltungen, nicht wenige von ihnen

sind sogar von den Kommunen oder regionalen Kommunalverbänden selbst in Form von

gemeinnützigen Gesellschaften mit der Intention gegründet worden, die diversen

Beschäftigungsprogramme im Rahmen der Hilfe zur Arbeit ('Arbeit statt Sozialhilfe' etc.)

praktisch umzusetzen. Insofern ist die Einbeziehung von Beschäftigungs- und

Düsseldorf, Mai 2001.

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Bildungsträgern auch keine Besonderheit der MoZArT-Programme, sondern spiegelt in

seinem verstärktem Ausmaß eher die zunehmende Tendenz zur Auslagerung von bislang

kommunalen Aufgaben und Funktionen in den halb-öffentlichen und privaten

Niedriglohnsektor wieder.

b.) Einschaltung von externen VermittlungsagenturenEine besondere Form der Involvierung von Dritten durch die kooperierenden Sozial- und

Arbeitsämter besteht in der verstärkten und gemeinsamen Einschaltung von externenVermittlungsinstanzen für das Klientel der arbeitslosen Sozialhilfeempfänger mit und

ohne Leistungsanspruch nach dem SGB III. Auf der Grundlage von entsprechenden

Kooperations- und Leistungsverträgen erhalten die beauftragten Instanzen für die

eingliederungsrelevanten Maßnahmen ein entsprechendes Honorar von den beteiligten

Ämtern und kümmern sich parallel zu den durchzuführenden arbeitsfördernden

Maßnahmen selbstständig um eine Integration der ihnen zugewiesenen Hilfeempfänger in

Beschäftigungsverhältnisse des ersten Arbeitsmarktes. Hintergrund der Auslagerung der

Eingliederungsarbeit ist häufig die schlichte personelle und zeitliche Überforderung der

Ämter wegen der hohen Klientenzahlen. Von den externen Anbietern verspricht man sich

zudem eine engere Anbindung an den kommunalen Arbeitsmarkt und eine daraus

resultierende Effektivitätssteigerung bei der Erschließung von noch vorhandenen

Erwerbsmöglichkeiten, insbesondere bei kleineren und mittleren Unternehmen in

einfachen, anlernbaren Tätigkeitsfeldern. Vielen dieser Unternehmen sei eine

eigenständige Personalpolitik zu aufwendig bzw. zu teuer; werde ihnen jedoch ein Teil der

damit verbundenen Verwaltungs- und Betreuungslasten und -kosten durch die von den

Ämtern bezahlten Vermittlungs- und Eingliederungsdienstleister – vor und nach der

Arbeitsaufnahme der Vermittelten - abgenommen, so könnten die noch unerschlossenen

Beschäftigungsreserven stärker ausgeschöpft werden.

Um eine möglichst effiziente Eingliederungsarbeit zu fördern und die 'künstliche'

Verlängerung von Betreuungsmaßnahmen durch eine pauschale Aufwandsentschädigung

der Vermittlungsdienstleister zu vermeiden, wird im Rahmen einiger Modellprojekte

erprobt, inwieweit bei der Vergabe von Aufträgen von der herkömmlichen 'Input- bzw.

maßnahmeorientierten Steuerung' auf eine 'Output- bzw. ergebnisorientierteSteuerung'30 übergegangen werden kann. Auf diese Weise soll auf lokaler und regionaler

30 Siehe dazu auch: Bertelsmann Stiftung, Bundesanstalt für Arbeit, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städtetag,

Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.): Handbuch zur Kooperation von Arbeitsämter und Kommunen. Gemeinsamfür die Integration in den Arbeitsmarkt. Texte, Beispiele, Materialien. Gütersloh 2001.

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Ebene eine Art Benchmarking bzw. Ranking der verschiedenen Anbieter durchgesetzt

werden, die zukünftig nicht mehr nach der Anzahl der ihnen zugewiesenen Klienten,

sondern nur noch nach der Anzahl ihrer erfolgreichen Vermittlungsfälle bezahlt würden.

Nachhaltigkeit und Prozess-Qualität der Eingliederungsmaßnahmen und

Vermittlungstätigkeiten werden in diesem Zusammenhang zwar von allen Beteiligten als

wichtige Parameter dieser Vorgehensweise beschworen, eine entsprechende

konzeptionelle und praktische Umsetzung dieses Anspruchs bleibt jedoch außerordentlich

schwammig und unscharf: Was als qualitativ akzeptabler und nachhaltiger

Integrationserfolg in den Arbeitsmarkt angesehen wird, bleibt letztlich der

Interpretationsmacht der herrschenden Meinung und der beteiligten Akteure überlassen,

die sich eher an den offiziellen Statistiken der Sozial- und Arbeitämter, als an der

konkreten sozialen Lebens- und Arbeitsrealitäten der Betroffenen orientieren. Vor dem

Hintergrund knapp gehaltener kommunaler Haushalte und der schwierigen Situation auf

dem ersten Arbeitsmarkt können so auch nicht-existenzsichernde

Beschäftigungsverhältnisse im öffentlich-rechtlichen und privatwirtschaftlichen

Niedriglohnsektor als Erfolge verkauft werden, wenn sie mit oder ohne staatliche

Zuschüsse wenigstens ein Jahr lang als sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten

aufrechterhalten werden können. Dies gilt zumal dann, wenn die Politik des 'aktivierenden'

Sozialstaats im Niedriglohnsektor sowieso schon seit längerem das zentrale

beschäftigungspolitische Vehikel für die Überwindung von Langzeitarbeitslosigkeit verortet

hat und nicht gerade wenige Projekteträger, Vermittlungsanbieter und Sozialverwaltungen

im Rahmen der MoZArT-Projekte die besondere Erfolgsträchtigkeit ihrer Maßnahmen mit

dem Verweis auf massive Einsparungen bei den jährlichen kommunalen Ausgaben für die

Sozialhilfe nachzuweisen versuchen.

Bedienen sich die Kommunen der in der laufenden Fachdiskussion häufig erwähnten

Option wirksamer Sanktionsmittel gegen erfolglose Vermittlungsträger, die von

Konventionalstrafen bis hin zur vollständigen Beendigung der Vertragsbeziehungen

reichen können, so dürfte sich dieser Trend zukünftig sogar noch verstärken. Die damit

verbundene Vorstellung eines freien Wettbewerbs unter den Anbietern negiert die

Situation auf dem ersten Arbeitsmarkt und die daraus resultierenden realen Möglichkeiten

der beauftragten Instanzen. Sie orientiert sich jenseits aller Diskussionen um 'Prozess-

Qualität' an werbewirksam aufbereiteten, 'operationalisierbaren', also mess- und

abrechenbaren Vermittlungsquoten, verengt die 'Qualitätssicherung' damit auf die Suche

nach einer quantitativ bestimmbaren 'best practise' und verhält sich gegenüber den

tatsächlichen qualitativen Merkmalen der Anbietertätigkeit weitgehend gleichgültig.

Schließlich sind die meisten der als Vermittler tätigen Bildungs- und Beschäftigungsträger

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existenziell auf die öffentlichen Aufträge der kommunalen Sozialverwaltungen angewiesen

und unterliegen damit faktisch schon heute oftmals dem Zwang, von eigenen

emanzipatorischen, sozialarbeiterischen oder sonstigen Ansprüchen an eine

sozialverträgliche und akzeptable Sozial- und Integrationsarbeit abzusehen und

stattdessen möglichst schnell und effizient in die sich ihnen bietenden

Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln. Sollten in Zukunft die kommerziellenVermittlungsdienste, wie insbesondere die privaten und gewinnorientierten Zeitarbeitsfir-

men, vermehrt als Konkurrenten der freien und gemeinwohlorientierten Trägerlandschaft

auftreten, so dürfte der damit verbundene ökonomische Druck noch stärker die Tätigkeit

der Eingliederungs- und Vermittlungsdienstleister dominieren.31

c.) Ausbau, Auslagerung und Professionalisierung von vorgeschalteten Eingangs-und Eignungsuntersuchungen

Um die Effektivität der Eingliederungs- und Vermittlungstätigkeiten zu erhöhen und ein hö-

heres Maß an 'Passgenauigkeit' bei der individuellen Bestimmung von Maßnahmen und

Beschäftigungsangeboten zu erreichen, wird am Anfang der Betreuungstätigkeit häufig

eine Eingangs- und Eignungsuntersuchung der Klienten durchgeführt. Bei dieser

Untersuchung sollen die Arbeits- und Leistungsbereitschaft, formale und faktische

Qualifikationen und Fähigkeiten, soziale Kompentenzen, aber auch die sozialen und

sonstigen Probleme des Arbeitslosen, sowie dessen eigene Vorstellungen und Wünsche

erfasst und auf diese Weise die individuellen Chancenpotentiale auf dem Arbeitsmarkt

- unabhängig vom formal-rechtlichen Leistungsanspruch - ausgelotet werden. Ergebnis

dieses Verfahrens soll die Beschreibung eines individuellen Klientenprofils als notwendige

Grundlage für die Erstellung eines realistischen Hilfe- und Eingliederungsplan sein.

Zugleich sollen damit die Arbeitswilligkeit und –fähigkeit der Hilfeempfänger getestet und

besonders 'schwierige' soziale Fälle vor dem Einstieg in die weitere Arbeitsförderung

aussortiert werden. In jedem Fall besteht eine wesentliche, integrale Funktion dieses

'Profilings' darin, die Ansprüche des Arbeitslosen an ein zukünftig angestrebtes

Arbeitsverhältnis mit der Wirklichkeit des Arbeitsmarktes, sowie seinen qualifikatorischen

und sozialen Ausgangspositionen zu konfrontieren und sie gegebenenfalls auf ein

'realistisches' Maß zurückzuführen.

31 Siehe dazu auch: Hans-Peter Klös: "Zeitarbeit: Sprungbrett für Arbeitslose". In: Mitbestimmung – Magazin der Hans

Böckler Stiftung, Heft 9/2000. Seite 38 - 41. Sowie: Hartmut Seifert: "Leiharbeit: allmählich hoffähig?" In Mitbestimmung –Magazin der Hans Böckler Stiftung, Heft 9/2000. Seite 38 – 41.

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Im Rahmen einer Verbesserung der individuellen Förderungstätigkeit ist eine

vorausgehende Abklärung über vorhandene Fähigkeiten, Qualifikationen, Probleme und

Defizite zwischen Klient und Amt sicherlich sehr sinnvoll. Problematisch wird diese Art von

'Profiling' allerdings, wenn sie den Klienten auf ein passives Untersuchungsobjektreduziert, dass weder Einfluss auf den Ablauf, die Kategorien und Kriterien, sowie auf die

Schlussfolgerungen hat, die mit dem Verfahren verbunden sind, noch den Ergebnissen in

irgendeiner Weise wirksam widersprechen kann. Insbesondere das ein- oder mehrmalige

Durchlaufen von prüfungsähnlichen Test- und Bewertungssituationen sowie das Abrufen

von abstrakter Leistungsbereitschaft und gesellschaftlichen Normvorstellungen über den

Sinn von Arbeit, Ordnung, Disziplin etc. sind als Grundlage eines Klientenprofils wenig

hilfreich, da sie den Klienten nicht nur als grundsätzlich entwicklungsresistent

voraussetzen und stigmatisieren, sondern häufig auch dazu geeignet sind, die persönliche

Integrität der Betroffenen und grundlegende Persönlichkeitsrechte in Frage zu stellen.

Zudem sind solche Verfahren im Sinne einer größeren individuellen 'Passgenauigkeit' der

Förderung nur dann sinnvoll und akzeptabel, wenn mit ihnen im Falle eines

entsprechenden Be-darfs zugleich auch eine realistische Qualifizierungsperspektive

verbunden ist, letztlich also auch die entsprechenden finanziellen Förderungsressourcen

zur Verfügung stehen. Vor dem Hintergrund knapper öffentlicher Mittel steht jedoch eher

zu befürchten, dass das 'Profiling' in vielen Fällen von Langzeitarbeitslosigkeit

ausschließlich dazu genutzt werden wird, um vorhandene Erwerbsbiografien,

Qualifikationen und Fähigkeiten im Sinne eines 'down-gradings' zu entwerten und so die

Erreichung des Ziels einer individuellen 'Passgenauigkeit' als eine Anpassung derAnsprüche des Erwerbslosen an ein niedrigeres Qualifikations-, Sicherungs- undLohnniveau zu vollziehen. Letztlich ginge es bei einem solchen 'Profiling' lediglich darum,

die leichteren Vermittlungsfälle noch schneller in den Arbeitsmarkt zu pressen, und die

schwierigeren und damit potentiell teureren Fälle weitgehend aus der besseren aktiven

Arbeitsförderung 'herauszusteuern' (z.B: durch Überführung in eine rentenähnliche

'sichernde Hilfe').

Aus Kosten- oder anderen Gründen erfolgt die Eingangs- und Eignungsuntersuchung in

den meisten Fällen noch durch die Ämter selbst und ist insofern ein integraler Bestandteil

des einzelfallbezogenen Case-Managements. Vor allem bei großen Klientenmengen mit

'unklarer Eingliederungsperspektive' werden allerdings immer häufiger auch externe Dritte

mit ihrer Durchführung betraut; zumindestens terminologisch lehnen sich entsprechende

Dienstleistungsanbieter hierbei häufig auch an Methoden des professionellen

Personalmanagements in der Privatwirtschaft ('Assessment-Center' o.ä.) an. Durch eine

solche Auslagerung können sich die Ämter nicht nur von einem zeit-, personal- und

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arbeitsaufwendigen Aufgabenbereich befreien, sondern vermitteln zugleich den Eindruck

von 'Neutralität' bzw. 'Objektivität' bei der Beurteilung ihrer Klienten und deren

Integrationschancen. Die Professionalität des Verfahrens und der augenscheinliche

Ausschluss des Ein-drucks von Behördenwillkür sind dabei wichtige Bedingungen für die

Erzeugung von Legitimation für ihr Amtshandeln und ihre Entscheidungen über die Art

und den Umfang der zu gewährenden Förderungs- und Hilfeleistungen. Aufschlussreich

für das Verhältnis von Klienten und Untersuchungsinstanz bleibt in jedem Fall das

pathologisierende Vokabular der Eignungsuntersuchungen ('Diagnostik', Sozial-

Anamnese etc.), welches für diesen Bereich entwickelt worden ist und das einen tiefen

Einblick in das diskursive Funktionsver-ständnis der beteiligten Sozialtechnokraten

vermittelt: Wo Arbeitslosigkeit als eine Art Krankheit aufgefasst wird, müssen ihre wahren

Ursachen auch primär in dem einzelnen, notwendig defizitären Arbeitslosen verortet

werden; und genau wie der spezialisierte und professionelle Arzt dem Kranken als

'allwissender' und entscheidender Experte gegenübertritt, legt ein solches

Grundverständnis von Arbeitslosigkeit und Arbeitslosen eine weitgehend entmündigende,

paternalistische und kontrollierende Objektbehandlung durch professionelle Dienstleister

und öffentliche oder private Entscheidungsinstanzen sehr nahe. 32

d.) Die Einbindung weiterer sozialer Dienste in den EingliederungsprozessIn den aller meisten Modell – Projekten werden neben den diversen Bildungs- und

Beschäftigungsträgern, Vermittlungs- und Profilinganbietern noch weitere Dritte in den Be-

treuungs- und Eingliederungszusammenhang einbezogen. Vor allem die Jugendämtersowie die Schuldner-, Sucht- und Konfliktberatungen der traditionellen und neuerenSozialen Dienste und Wohlfahrtsorganisationen werden bei entsprechendem Bedarf

eingeschaltet, und komplettieren damit das umfassende Case-Management-Verfahren.

Dem liegt die insbesondere die Erfahrung der beteiligten Ämter zugrunde, dass es in

vielen Fällen zunächst Probleme zu lösen oder zu lindern gilt, die einer wirksamen und

dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt entgegenstehen. Für die Klienten, die

bislang hauptsächlich von den Sozialämtern betreut wurden, müsste diese

Verfahrensweise eigentlich im großen und ganzen der herkömmlichen Praxis der

Sozialhilfe (z.B. Hilfe in be-sonderen Lebenslagen, Hilfe zur Überwindung besonderer

sozialer Schwierigkeiten u.ä.) entsprechen. Im Rahmen des MoZArT-Programms ist sie

insofern wahrscheinlich nur für diejenigen unter den Arbeitslosen wirklich neuartig und

32 Zur Problematik des 'Profiling' und seinen datenschutzrechtlichen und sozialpolitischen Folgen und Problemen im

Hamburger MoZArT-Projekt siehe auch: Stefanie Katz: "Der Modellversuch Job-Plan in Hamburg". Arbeitspapier der

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positiv, die mit entsprechenden Handicaps leben und bislang überhaupt nichts mit dem

Bereich der allgemeinen Sozial- und Jugendhilfe zu tun hatten.

e.) Die wechselseitige Ergänzung und/oder Ersetzung von arbeitsförderndenMaßnahmen, Instrumenten und Regelungen nach dem SGB III und dem BSHG

Die fachliche Zusammenarbeit der beteiligten Arbeits- und Sozialämter auf der Ebene der

wechselseitigen und/oder kombinierten Anwendung von arbeitsfördernden und

eingliederungsrelevanten Instrumenten und Maßnahmen des SGB III und des BSHG auf

arbeitslose Sozialhilfeempfänger und 'Aufstocker' bildet genau genommen den

eigentlichen Kern des gesamten MoZArT-Programms. Leider wird in den offiziellen

Verlautbarungen und veröffentlichten Publikationen, Arbeitspapieren und Statistiken zu

genau diesem Aspekt der wechselseitigen Öffnung von Instrumenten und Maßnahmen

jedoch relativ wenig Konkretes über deren Ausgestaltung, ihre quantitative Verbreitung

und ihre arbeitsfördernde Erfolgsträchtigkeit sowie ihrem jeweiligen Verhältnis zum

konkreten Leistungsstatus der einbezogenen Arbeitslosen (ausschließlich Sozial- oder

Arbeitslosenhilfebezieher, sowie 'Aufstocker') wiedergegeben. Die meisten

Projektbeschreibungen beschränken sich stattdessen auf allgemein gehaltene

Willensbekundungen bezüglich der bereits bekannten Trainings-, Qualifizierungs-,

Ausbildungs-, Umschulungs-, Fortbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen aus dem

Repertoire der aktiven Arbeitsmarktpolitik des SGB III und der Hilfe zur Arbeit; und sie

betonen dabei den Anspruch einer noch größeren individuellen 'Passgenauigkeit' bei der

Auswahl und Anwendung entsprechender Instrumente und Programme. Detaillierte

Angaben darüber, was die im Rahmen des MoZArT-Programms durchgeführten

Maßnahmen mit dem zentralen Anliegen einer wechselseitigen Anwendung von

Rechtsgrundlagen auf Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfeempfänger zu tun haben,

unterbleiben jedoch in der Regel.

Ein wesentlicher Grund dafür ist sicherlich auch die nicht ganz eindeutige Bestimmung

dessen, was im Rahmen von MoZArT eigentlich zulässig ist bzw. den verschiedenen

Arbeitslosengruppen überhaupt zugemutet werden soll und darf. Denn einerseits wurde

im zugrundeliegenden Gesetzes zur Verbesserung der Zusammenarbeit von

Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe ein politisch durchaus gewollter

Schutzmechanismus 'nach unten' eingezogen, der die einbezogenen

Leistungsbezieher vor "rechtlichen und finanziellen Nachteilen" bewahren soll. Dieser

Bürgerschaftsgruppe REGENBOGEN – Für eine neue Linke. Hamburg, August 2001. [Vielen Dank an dieser Stelle für die

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notwendige Schutzmechanismus führt insbesondere dazu, dass die Bezieher von

Leistungen nach dem SGB III – in der Praxis betrifft das vor allem die vom Gesetz

anvisierten Arbeitslosenhilfebezieher und 'Aufstocker' - nicht den regiden Zumutbarkeits-

und Sanktionsregelungen des BSHG unterworfen werden dürfen; faktisch bedeutet das

für die MoZArT-Projekte eine Einschränkung ihres Sanktionspotentials gegenüber einem

Teil ihrer Klienten, was von einigen besonders eifrigen Akteuren auch durchaus bedauert

wird. Andererseits eröffnet das Gesetz dem Arbeitsamt zugleich die grundsätzliche

Möglichkeit, an "Stelle oder zur Ergänzung von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung

auch Leistungen in entsprechender Anwendung von [...] des Bundessozialhilfegesetzes

(zu) erbringen". Welche Konsequenzen dies nun praktisch hat, und ob der vorgebaute

'Schutzmechanismus' insbesondere die Arbeitslosenhilfebezieher vor der Zumutung

von ungewollten Hilfe zur Arbeit – Maßnahmen bewahren kann, die an Stelle von

Maßnahmen nach dem SGB III durchgesetzt werden sollen, ist damit eigentlich offen

gelassen worden und dürfte auch bei den Akteuren in den beteiligten Projekten zunächst

für eine gewisse Rechtsunsicherheit gesorgt haben. Ohne über umfassend gesicherte

Kenntnisse zu verfügen, habe ich jedoch bezüglich dieser Frage den Eindruck gewonnen,

dass in der praktischen Ausgestaltung der MoZArT-Projekte aufgrund der grundsätzlichen

Nichtübertrag- und Anwendbarkeit der Sanktionsnormen des BSHG auf entsprechende

Zumutungen weitestgehend verzichtet wurde. In jedem Fall bleibt für die weitere

begleitende Beobachtung, Untersuchung und Bewertung des MoZArT-Programms jedoch

die Frage nach der Anwendung eingliederungsfördernder Instrumente des BSHG auf

Arbeitslosenhilfeempfänger weiterhin zu klären; sie erfordert eine intensive Recherche

sowie umfangreichere und aussagefähigere statistische Grundlagen zu durchgeführten

Maßnahmen (§ 17; § 19, Abs. 1 – 3; § 20, Abs. 1, Satz 1, Abs. 2) und angewandten

Zuschüssen (§ 18, Abs. 4, 5). Ein besonderes Augenmerk müsste in diesem

Zusammenhang auf die rechtliche und faktische Position der einbezogenen 'Aufstocker'gelegt werden, da diese Arbeitslosengruppe beiden leistungsrechtlichen Systemenunterworfen ist. Aus formalen und praktischen Gründen dürften Experimente, die auf

einer wechselseitigen Ergänzung und/oder Ersetzung von Maßnahmen und Instrumenten

nach dem SGB III und dem BSHG basieren und dabei auch den sonst üblichen Vorrang

der 'besseren' Leistungen, Instrumente und Zumutbarkeitskriterien des SGB III aushebeln

könnten, am ehesten an dieser Gruppe ansetzen.

Für arbeitslose Sozialhilfeempfänger, die keine Leistungsansprüche nach dem SGB III

haben, bedeuten die 'Experimentierklauseln' immerhin eine durchaus begrüßenswerte

Informationen.]

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Öffnung der - im Regelfall besseren - SGB III – Instrumente bei gleichzeitiger

Beibehaltung des Zumutbarkeits- und Sanktionsrahmens des BSHG. Theoretisch

bedeutet das für die Betroffenen, dass sie grundsätzlich einfacher in entsprechende

Qualifikations-, Aus- bzw. Weiterbildungs-, Umschulungsmaßnahmen sowie in

Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen der Arbeitsämter eingebunden

werden könnten, da die bislang vorgegebenen Maximalquoten für Arbeitslose ohne

Leistungsansprüche nach SGB III im Rahmen des MoZArT-Programms faktisch

aufgehoben worden sind. In welchem quantitativen Ausmaß nun praktisch von den so

eröffneten Spielräumen Gebrauch gemacht wurde und welche Erfolge und Misserfolge

dabei erzielt werden konnten, ließ sich aus den bislang zugänglichen Informations- und

Datenquellen jedoch nicht wirklich erschließen. Allerdings muss davon ausgegangen

werden, dass eine pauschale Aussage zu den Ergebnissen diese Übertragung von

Maßnahmen nach dem SGB III auf arbeitslose Sozialhilfeempfänger auch mit

verbesserter Datengrundlage kaum möglich sein wird, da es jenseits des konkreten

leistungsrechtlichen Status noch weitere wichtige Eingliederungshemmnisse wie zum

Beispiel das Alter der Arbeitslosen oder die bisherige Dauer der Langzeitarbeitslosigkeit

gibt, die in der freien Konkurrenz auf einem weitgehend gesättigten ersten Arbeitsmarkt

auch durch sehr gute Qualifizierungs- und Trainingsmaßnahmen und ohne weitergehende

eingliederungsfördernde Instrumente (z.B. Eingliederungszuschüsse) nur schwer zu

kompensieren sind.

Nicht wenige der MoZArT-Projekte richteten sich deshalb ausdrücklich an arbeitsloseJugendliche bzw. junge Erwachsene, wobei hierbei insbesondere das Nachholen vonSchulabschlüssen sowie die Vorbereitung bzw. Absolvierung einer beruflichenErstausbildung im Vordergrund standen. Da dabei der individuelle leistungsrechtliche

Status dieser jungen Klienten im Regelfall auch schon nach den bislang geltenden

Rechtsgrundlagen keine entscheidende Rolle spielt, können junge Sozialhilfeempfänger

auf relativ unkomplizierte Weise nicht nur in den arbeits- bzw. ausbildungsfördernden

Leistungsbereich des SGB III, sondern auch in die verschiedensten bundes- oder

landesweiten Ausbildungsprogramme eingebunden werden, die von den regionalen

Stellen der Bundesanstalt für Arbeit durchgeführt werden. Bezogen auf die Gesamtheit

aller arbeitslosen Sozialhilfeempfänger und ihrer Einbindung in den aktiven

Qualifizierungs- und Trainingsbereich des SGB III lässt sich an dieser Stelle festhalten,

dass im Rahmen einer weiteren Untersuchung des MoZArT-Programms nicht nur ein

leistungsstatusorientiertes, sondern auch ein zielgruppenspezifisches Analyse-Rasterals Beurteilungsgrundlage für das experimentelle Ausmaß und die Erfolgsträchtigkeit der

erprobten Öffnung der SGB III – Maßnahmen entwickelt werden müsste.

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Jenseits aller grundsätzlichen Probleme mit dem Versuch einer Auswertung von

modellhaften Übertragungs-Experimenten bleibt bei der umfassenden und globalen

Beobachtung des Gesamtprogramms der Eindruck zurück, dass der dominanteInteressenschwerpunkt der beteiligten Akteure in der Praxis eher auf derDurchsetzung einer effektiveren Eingliederung von Sozialhilfeempfängern unterden Bedingungen des BSHG liegt, wobei jedoch auch der regionale bzw. lokale

Problem- und Kostendruck eine entscheidende Rolle dabei spielen. So weisen die

kleineren regionalen und kommunalen Einheiten in der Regel nicht nur eine deutlich

niedrigere oder durchschnittliche Sozialhilfequoten, sondern natürlich auch eine

geringere absolute Klientenanzahl sowie eine größere Heterogenität bei den

Problemstrukturen, dem leistungsrechtlichen Hintergrund sowie den auf sie angewandten

Maßnahmen auf. Und sie können dementsprechend wesentlich einfacher und

großzügiger mit den jeweils vorteilhafteren Maßnahmen und Instrumenten der beiden

Leistungssysteme operieren und experimentieren. Dagegen wirken vor allem die

Maßnahmen in den größeren Städten, die mit vergleichsweise hohen absoluten

Klientenzahlen und Sozialhilfequoten belastet sind, meistens sehr schematisiert und nur

für relativ wenige langzeitarbeitslose Sozialhilfeempfänger wirklich innovativ und

qualifizierend. Erschwerend kommt hinzu, dass der politische Wille, die finanziellenKosten der Sozialhilfe insgesamt weiter zu reduzieren, für die beteiligten Sozialämter

nicht nur zu einem größeren Entscheidungs- und Sanktionsdruck führt, sondern

zugleich auch deren finanzielle Möglichkeiten für eine qualifizierende und umfassende

individuelle Eingliederungsarbeit deutlich einschränkt. Angesichts der vielschichtigen

Probleme, mit denen viele sozialhilfebeziehende Langzeitarbeitslose neben ihrer

Erwerbslosigkeit noch zu kämpfen haben, bleiben die im Durchschnitt teurerenarbeitsfördernden Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit deshalb immer auchmit einem höheren Risiko des Scheiterns verbunden und werden darum nicht im

Regel-, sondern nur in Ausnahmefällen auch den besagten Erwerbslosengruppen

angeboten. Für eine quantitativ ausreichende und qualitativ ebenbürtige Qualifizierungs-

und Beschäftigungsmaßnahmen der Sozialhilfeträger selber fehlen den von

Arbeitslosigkeit gebeutelten Kommunen wiederum die notwendigen finanziellen Mittel.

f.) Kombinierte Kostenübernahme als Form einer kooperativenEingliederungspolitik

Wesentlich fundiertere Aussagen als über gemeinsame Qualifikations- und

Beschäftigungsmaßnahmen lassen sich bezüglich kombinierter Trägerschaften und

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Kostenübernahmen durch Sozial- und Arbeitsämter machen; mindestens drei Ebenen

können hierbei voneinander unterscheiden werden:

Zum ersten kommt es in vielen Fällen zu einer gemeinsamen finanziellen Trägerschaft,wenn beide Ämter gemeinsam von einem bestimmten Prozessabschnitt funktional

und/oder klientelbedingt tangiert werden. Dies trifft zum Beispiel auf die gemeinsame

Einrichtung von Betreuungs- und Leistungszentren, Job-Börsen, Clearing-Stellen u.ä.,

aber auch auf die gemeinsame Beauftragung von externen Dritten zwecks Eingangs- und

Eignungsuntersuchung, Vermittlungsdienstleistungen, Stellenaquise o.ä. zu. Die fachliche

Grundlage für die kombinierte Herangehensweise in diesen Bereichen bildet die

Überlegung, dass man es im Falle der langzeitarbeitslosen Sozialhilfe- und

Arbeitslosenhilfeempfänger mit einem gemeinsamen Klientel sowie gleichen oder

ähnlichen Eingliederungsproblemen zu tun habe, und sich vor dem Hintergrund des

gemeinsamen Primärziel der möglichst effektiven und effizienten Eingliederung der

Betroffenen in den ersten (oder wenigstens zweiten) Arbeitsmarkt auch finanzielle und

zieladäquate Synergieeffekte durch die gemeinsame Unterhaltung logistischer und

informeller Strukturen, Einrichtungen, Institutionen, Netzwerke bzw. Kostenträgerschaften

erzielen lassen.

Die zweite Ebene möglicher Kombinationen bildet die Variante der

Komplementärfinanzierung von gemeinsamen arbeitsfördernden und/oder

qualifizierenden Maßnahmen. Diese wird beispielsweise häufig bei der Umsetzung von

Ausbildungs- und ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen für sozialhilfebeziehende oder

-beantragende Jugendliche angewandt, bei der das Arbeitsamt die entsprechenden Sach-

und Ausstattungskosten übernimmt, während das Sozialamt entweder die laufende Hilfe

zum Lebensunterhalt weiter zahlt, oder den Sozialhilfe (mit oder ohne Absetzbetrag) in

einen entsprechend hohen sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn umwandelt.

Ähnliche Möglichkeiten der Kombination auf dieser Ebene bestehen grundsätzlich auch

im Bereich der Qualifikations- und Beschäftigungsprogramme, sowie bei den beruflichen

Weiterbildungsmaßnahmen, die von den Arbeitsämtern primär für Arbeitslose mit

Leistungsansprüchen nach dem SGB III durchgeführt werden und die je nach Bedarf auch

über die bisherigen, niedrigen Zugangsquoten hinaus Sozialhilfeempfängern zugänglich

gemacht werden könnten. Die Sachkosten würden in diesem Fall nur einmal - und zwar

beim Arbeitsamt - anfallen, während die Sicherung des Lebensunterhaltes von

teilnehmenden Sozialhilfeempfänger weiterhin durch das Sozialamt zu tragen wären. Eine

daran angelehnte Kombinationsvariante bestünde auch in der Möglichkeiten, durch das

Arbeitsamt einen ausreichend qualifizierten Arbeitslosen im Rahmen einer ABM – Stelle

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mit der Anleitung von Sozialhilfeempfängern im Rahmen einer Qualifizierungs- oder

Trainingsmaßnahme zu betrauen. In diesem Fall könnten nicht nur finanzielle

Synergieeffekte erzielt und die arbeitsmarktpolitische Zweckmäßigkeit von

arbeitsfördernden Maßnahmen der Sozialämter optimiert werden, sondern auch verstärkt

qualifizierende Momente in die Eingliederungsarbeit der Sozialämter integriert werden.

Die dritte Kombinationsebene besteht in der Zusammenführung von finanziellen

Zuschüssen, die der direkten Eingliederung auf dem ersten Arbeitsmarkt dienen. Ein

solcher kombinierter Lohnkostenzuschuss, der in der Regel über eine Zeit von

maximal zwölf Monaten an den Arbeitgeber gezahlt wird, kann sich beispielsweise aus

Mitteln für Strukturanpassungsmaßnahmen und zur Verfügung stehenden Zuschüssen

nach § 18, Abs. 4 (kapitalisierte Sozialhilfe als Zuschuss an den Arbeitgeber)

zusammensetzen. Da bei Lohnkostenzuschüssen generell das Problem der

Mitnahmeeffekte seitens der Arbeitgeber in Rechnung gestellt werden muss, und es sich

bei der Kombination aus Mitteln des Arbeits- und des Sozialamtes um einen relativ hohen

Gesamtzuschuss handelt, sollte die Anwendung entsprechender Kombi-

Lohnkostenzuschüsse auf besonders schwer vermittelbare Fälle (z.B. ältere

Langzeitarbeitslose) beschränkt bleiben. Generell sollte er nur für Unternehmen

genehmigt werden, die über eine relativ schwache Eigenkapitaldecke verfügen,

ansonsten zu einer Ausweitung ihres Personalbestandes nicht in der Lage wären, sich an

bestimmte Mindestbedingungen (tarifliche Entlohnung, keine betriebsbedingten

Kündigungen während des Förderungszeitraumes, Mindestbeschäftigungsgarantie für

geförderte Beschäftigte nach Auslaufen der öffentlichen Förderung) halten und im Falle

einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung auch zu Schadensersatz und Konventionalstrafen

herangezogen werden können.

g.) Informations- und Datenaustausch zwischen Arbeits- und SozialämternEinen sehr hohen Stellenwert hat in vielen MoZArT-Projekten der wechselseitige

Austausch von Informationen und Daten und ein daran anknüpfender Aufbau von

elektronischen Kommunikations- und Informationsstrukturen eingenommen. Dieser

Austausch betrifft dabei im wesentlichen drei wichtige Arbeitsfelder:

Erstens geht es um einen schnellen und unbürokratischen Überblick überStellenangebote auf dem ersten Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Denn entsprechend

ihrer arbeitsmarktpolitischen Kernfunktionen haben die regionalen Arbeitsämter und ihre

lokalen Zweigstellen in der Regel einen besseren Überblick über die Situation und

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Angebote des ersten Arbeitsmarktes, verfügen über die besseren Kontakte zu großen und

mittleren Unternehmen in der Region und können durch entsprechende Strukturen und

Maßnahmen auch überregionale Vermittlungsoperationen relativ zügig umsetzen und

unterstützen. Mit dem SIS und dem ASIS kann die Bundesanstalt für Arbeit zudem auf

eigene internetfähige Datenbanken mit regionalen und überregionalen Such- und

Nachfragefunktionen zurückgreifen; eine Ressource, die grundsätzlich allen Arbeitslosen

unabhängig von ihrem leistungsrechtlichen Status zur Verfügung steht. Für eine

unkomplizierte Eingliederungsarbeit ist deshalb ein flächendeckender Anschluss der

kommunalen Sozialverwaltungen an die elektronischen Stellensuchsysteme der

Arbeitsämter unerlässlich; sie wird deshalb auch von vielen Sozialämtern im Rahmen von

MoZArT angestrebt und umgesetzt.

Zweitens geht es um den generellen Austausch von Informationen über die bestehenden

und neu zu schaffenden Trainings-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsprojekte, über

andere verfügbare Eingliederungsinstrumente (Zuschüsse etc.) sowie zu Beschäftigungs-

maßnahmen auf dem zweiten und dritten Arbeitsmarkt, d.h. insbesondere über freie

Plätze, bestehende Zugangsvoraussetzungen, mögliche Zuschüsse und Fragen der

organisatorischen Umsetzung und finanziellen Abwicklung. Der Aufbau von regionalenProjektdatenbanken33 u.ä., deren Inhalte und Funktionen von den zuständigen

Mitarbeitern der Sozial- und Arbeitsämter gleichermaßen eingesehen, bedient und

aktualisiert werden können, wird dabei als eine unabdingbare Voraussetzung für eine

effektive Umsetzung der wechselseitigen Öffnung von arbeitsfördernden Maßnahmen und

Instrumenten nach dem BSHG und dem SGB III angesehen. Zudem kann bei vernünftiger

Entwicklung und Nutzung auch die Übersichtlichkeit über das bereits vorhandene Projekt-

und Maßnahmenangebot erhöht, durch regionale Vernetzungen mit anderen Sozial- und

Arbeitsämtern unnötige Doppelangebote und Unterauslastungen vermieden, aber auch

spezifischer Angebotsmangel erkannt, und damit bei gemeinsamer Kooperation

mittelfristig eine höhere Planungseffektivität erreicht werden.

Drittens umfasst der Informationsaustausch den Transfer und Abgleich von leistungs-und vermittlungsrelevanten Angaben und Sozialdaten über die arbeitslosenHilfeempfänger zwischen den beteiligten Arbeits- und Sozialämtern. Ein solcher

systematischer Datenaustausch wird dabei im wesentlichen aus dreierlei Beweggründen

angestrebt: Zum ersten geht es darum, die bislang übliche, jedoch aus Sicht der

33 Beispiel: Matthias Steindorf: "MoZArT – Region Zwickau: Aufbau einer gemeinsamen Projektdatenbank der Arbeits- und

Sozialverwaltungen." Arbeitsberatung unter Nutzung der Selbsthilferessourcen und sozialpädagogische Begleitung".

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Betroffenen und der Behörden häufig als lästig und bürokratisch empfundene

Verdoppelung des Datenerfassungsprozedere in Arbeits- und Sozialamt zuvermeiden, soweit der Betroffene ein Klient beider Ämter ist (z.B. arbeitslos gemeldete

Sozialhilfeempfänger mit und ohne Leistungsansprüche nach dem SGB III). Zum zweiten

soll die umfassende gegenseitige Information beider Ämter den individuellen Hilfe- undEingliederungs-prozess optimieren helfen. So könnten bestimmte Informationen über

eingliederungs-hemmende Merkmale des Klienten (z.B. Verschuldung, Sucht,

Krankheiten etc.), über die das Sozialamtes in der Regel verfügt, dem Arbeitsamt bei der

Auswahl passender Maß-nahmen und Instrumente helfen. Und zum dritten wollen die

beteiligten Ämter auf diese Weise einen möglichen unrechtmäßigen Bezug vonLeistungen durch die Klienten aufspüren bzw. verhindern, in dem sie voneinander

abweichende Angaben zu Ein-kommen, Erwerbstätigkeit, Vermögen oder anderen

Bezügen aufdecken bzw. durch eine gemeinsame Datenerfassung von vornherein

verhindern.

Im Rahmen gemeinsamer Anlaufstellen für arbeitslose Sozialhilfe- und

Arbeitslosenhilfeempfänger wird dieser gewollte Daten- und Informationsaustausch - vor

allem bei größeren Klientenmengen - häufig über eine gemeinsameDatenerhebungsstelle organisiert. Seine Grenzen findet dieses Prozedere jedoch in den

allgemeinen datenschutzrechtlichen Beschränkungen, die einen Austausch von

Klientendaten und -informationen an bestimmte Auflagen knüpft, so zum Beispiel an

bestimmte datenschutzrechtliche Grundlagen, wie die Anlassbezogenheit, das

Erforderlichkeits- und Datensparsamkeitsprinzip, sowie an die ausdrückliche

Einverständniserklärung der Betroffenen. Letztere müssen dabei auch prinzipiell auf die

Alternative der herkömmlichen, also getrennten Form der Datenerhebung zurückgreifen

können und dürfen wegen einer eventuellen Einverständnisverweigerung keinerlei

Nachteile erleiden. Eine vollständige Überführung aller Klientendaten beider Ämter in eine

gemeinsame 'digitale Kundenakte', wie sie von mindestens einem der beteiligten

MoZArT-Projekte ausdrücklich angestrebt wird, bleibt aus datenschutzrechtlichen

Gründen ebenfall ausgeschlossen. Allerdings bleibt zu beobachten, inwieweit es trotzdem

zu einer 'abgespeckten' Version in Form einer gemeinsamen Datenbank zur Erfassung

aller eingliederungsrelevanten Sozialdaten kommt. Verwaltungsökonomisch wäre eine

solche Zusammenführung generell nur bei einem sehr hohen Zentralisierungsgrad der

Sozialverwaltungen überhaupt angemessen, da nur so überhaupt eine ausreichend große

Arbeitspapier, veröffentlicht auf der Fachkonferenz 'Aus Leistungsempfängern wieder Beschäftigte machen: Verzahnungvon Arbeitslosen- und Sozialhilfe' vom 17. Oktober 2001 in Berlin.

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(arbeitsfähige) Klientenanzahl zustande kommen könnte, die eine gemeinsame IT-

gestützte Aktenführung überhaupt rechtfertigen würde.34

Neben der Möglichkeit eines Austausches von kundenbezogenen Informationen und

Sozialdaten via eMail oder eigens entwickelter, gemeinsamer elektronischer Plattformen

und Netzwerke machen die zuständigen Mitarbeiter einiger MoZArT – Projekte aber auch

von den herkömmlichen Methoden des Informationsaustausches gebrauch. Diese

umfassen sämtliche Formen der mündlichen und fernmündlichen Kommunikationzwischen den Case-Managern, den leistungs-, hilfe- und eingliederungsbezogenen

Abteilungen beider Ämter, sowie den eventuell einbezogenen Dritten und werden sowohl

während der laufenden Arbeit in den gemeinsamen Clearingstellen, Leistungs- und

Vermittlungszentren, Büroeinheiten, als auch im Rahmen sogenannter Fall-Konferenzen

praktiziert.

6.5 Die Demokratisierung des Sozialstaats

Bezüglich der verschiedenen Dimensionen einer möglichen Ausweitung und Praktizierung

demokratisierender Elemente in den Hilfe- und Eingliederungsverfahren der MoZArT –

Projekte sei zunächst einmal auf entsprechende Anmerkungen in den vorherigen

Ausführungen verwiesen. Auf einige wenige, spezifische Aspekte soll jedoch der

Vollständigkeit halber noch einmal im folgenden eingegangen werden:

a.) Das Prinzip der freiwilligen Teilnahme sowie die Bedeutung und Anwendung vonZumutbarkeitskriterien

Ein wesentliches politisches Element einer idealtypisch konzipierten Reform des

bundesdeutschen Sozialstaates wäre das Prinzip der grundsätzlichen Freiwilligkeit derBeteiligung und Teilnahme auf Seiten der Arbeitslosen. Dieses Prinzip widerspräche

dabei durchaus der heute üblichen Praxis der Sozialbürokratie, denn häufig dienen

angeordnete Maßnahmen, die in den offiziellen Stellungnahmen und 'Philosophien' der

Sozial- und Arbeitsverwaltung als 'motivierend' verbrämt oder einfach nur abstrakt als

'Aktivierung' der Arbeitslosen beschrieben werden, in der konkreten Alltagswirklichkeit der

bloßen Schikanierung der Hilfeempfänger und werden von den Betroffenen auch genau

34 Zu den datenschutzrechtlichen Aspekten der Erhebung, des Austausches und des Abgleichs von personengebundenen

Daten siehe auch: Thilo Weichert: "Datenschutzrechtliche Anforderungen an die Zusammenarbeit zwischen Arbeits- undSozialamt – Eine gemeinsame digitale Kundenakte?" In: Informationen für die Beratungs- und Vermittlungsdienste – ibv05/01. Nürnberg, Januar 2001. Seite 311 – 316.

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so wahrgenommen. Arbeitslose Sozialhilfebezieher, die im Rahmen 'gemeinnütziger

zusätzlicher Arbeit' für einen Betrag knapp oberhalb der Sozialhilfe in kleinteiligen,

stupiden und häufig auch als demütigend empfundenen Beschäftigungsmaßnahmen 'auf

Trapp gehalten' werden sollen, können auf diese Weise weder arbeitsmarktpolitischsinnvoll qualifiziert, noch sozial integriert werden. Eigentliches Ziel solcher

Maßnahmen ist es deshalb, den Bezug von Sozialhilfeleistungen zu einer möglichst

unangenehmen Angelegenheit zu machen und eine entsprechende Druck- und

Abschreckungswirkung bei (potentiellen) Hilfebeziehern zu erzielen35. Die häufig von den

Ämtern beklagte Herausbildung einer Abwehrhaltung bei den Betroffenen gegenüber

solcher Art von 'Motivation' ist deshalb verständlich und zynisch zugleich. Und der

gesellschaftlichen Stigmatisierung als quasi-kriminelle 'Faulenzer', 'Drückeberger'etc. entgehen die Betroffenen durch diese Art von gemeinnütziger

Beschäftigungstherapie auch nicht; ganz im Gegenteil: Gerade durch die offizielle

Exekution des konstituierenden Arbeitszwangs im Rahmen sozialstaatlichen Handelns

wird schließlich die gesellschaftliche Norm der abstrakten Arbeitsbereitschaft als

ideologische Grundlage von Stigmatisierung und Kriminalisierung der unproduktiven

Nichtarbeiter erst erzeugt und durchgesetzt.

Davon ausgehend, dass der überwiegende Teil der Erwerbslosen eine Integration in ein

zumutbares, sozialversicherungspflichtiges und unbefristetes Arbeitsverhältnis mit

branchen- und ortsüblicher bzw. tariflicher Entlohnung tatsächlich anstrebt, wäre es also

eine zentrale Aufgabe der arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitisch aktiven Instanzen,

ihre Hilfe- und Förderungsangebote in qualitativer und quantitativer Hinsicht so

auszugestalten, dass eine Beteiligung der Arbeitslosen nicht erst durch gesetzlich fixierte

Zumutbarkeits- und Sanktionsregeln erzwungen werden muss. Für die reale politische

und institutionelle Praxis – nicht nur der MoZArT-Projekte - bedeutet dies insbesondere,

dass das verfassungsmäßig garantierte Grundrecht auf ein sozio-kulturelles

Existenzminimum, welches sich materiell in der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt

sowie den ergänzenden sozialhilferechtlichen Hilfeleistungen niederschlägt, nicht

konditioniert werden dürfte. Und auch für die Transferleistungen, die leistungsrechtlich

oberhalb der Sozialhilfe angesiedelt sind (z.B. Arbeitslosenhilfe), dürfte unter den

Bedingungen eines realen Defizits an zumutbaren Arbeitsangeboten eine Konditionalität

des Leistungsbezuges nur unter politisch legitimierbaren und den Realitäten der

regionalen Teilarbeitsmärkte und der sozialen Situation der Klienten angemessenen

35 Während einer Tagung der Bertelsmann-Stiftung vom 2./3. Februar 2002 zur Reform der Sozial- und

Arbeitslosenhilfesysteme brachte ein Teilnehmer diesen Ansatz auch ziemlich treffend auf den Punkt, als er beinahewörtlich formulierte: "Die Menschen müssen regelrecht Angst davor haben, arbeitslos zu werden bzw. zu bleiben."

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Kriterien durchgesetzt werden. Angesichts des politisch gewollten, fiskalischen Drucksauf die kommunalen Sozialämter und dem weitverbreiteten beschäftigungspolitischen

Konsens einer notwendigen Erschließung von Arbeitsplatzreserven im öffentlich-

rechtlichen und privaten Niedriglohnsektor wird jedoch in sehr vielen Fällen auf eine

solche 'angebotsorientierte' Herangehensweise verzichtet und stattdessen das genaue

Gegenteil praktiziert. Und auch in keinem der laufenden MoZArT-Projekte wurde das

Prinzip der freiwilligen Teilnahme als ausdrückliches Modellmerkmal erwähnt; in vielen

Projektbeschreibungen und Pressemitteilungen wird stattdessen die Möglichkeit einer

Sanktionierung von Verweigerungshaltungen ausdrücklich hervorgehoben, sei es

als notwendiges und bedauernswertes Übel, als positiv gepriesenes Instrument zur

Aussortierung der viel beschworenen 'Drückeberger' oder eben zur gefälligen Bedienung

verbreiteter Volksvorurteile. Im Rahmen einer detaillierteren Untersuchung der einzelnen

MoZArT-Projekte müsste jedoch noch genauer der Frage nachgegangen werden,

inwieweit tatsächlich ein Teilnahmezwang ausgeübt wurde bzw. werden musste. Nach

einem ersten Gesamtüberblick lässt sich vermuten, dass es im Falle der zentralisiertenVerwaltungsverfahren, in denen sehr viele Hilfeempfänger in die Projekte einbezogen

sind und bei denen es primär um die Erprobung einer veränderten Verfahrensorganisation

geht, zu einer vergleichsweise repressiveren Vorgehensweise gegenüber

Hilfeempfängern kommt, als in den deutlich kleiner dimensionierten Projekten, in denen

es zum Beispiel 'nur' um die Erprobung eines kombinierten Eingliederungszuschusses

oder um die Teilnahme von Sozialhilfeempfängern an berufsqualifizierenden Maßnahmen

der Arbeitsämter geht, und bei denen ein nachhaltiger Erfolg der Maßnahme letztlich auch

von der motivierten subjektiven Grundeinstellung des geförderten Arbeitslosen

abhängt. In letzterem Fall würde eine repressive Vorgehensweise relativ wenig Sinn

machen und dürfte schon deshalb eher die Ausnahme sein. Generell lässt sich aber

schon relativ gesichert festhalten, dass es in keinem der Modell-Versuche zu einer

prinzipiellen Anwendung der Zumutbarkeits- und Sanktionsnormen des SGB III

gekommen ist, wenn ein ausschließlicher Sozialhilfebezug vorlag. Ebenso wenig ist eine

Entwicklung von spezifischen Zumutbarkeitsregelungen, die auf die besonderen

beschäftigungspolitischen und sozialen Probleme einer Region (z.B. in den neuen

Bundesländern oder generell in strukturschwachen oder monostrukturellen Regionen mit

hoher Arbeitslosigkeit) abgestimmt sind und womöglich unter Beteiligung von legitimierten

Erwerbslosengruppen definiert wurden, in irgendeinem Modellprojekt erwähnt worden.

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b.) Kontrolle des Informations- und Datenaustausches durch die Betroffenen36

Die zunächst im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit eines

unbeschränkten Sozialdatenaustausches ist im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens

wieder zurückgenommen worden; damit unterliegen die Projekte des MoZArT-Programms

genauso den allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen, wie alle anderen

Sozial- und Arbeitsämter auch. Entsprechend dieser Mindeststandards wird im Falle einer

Datenerhebung und –weiterleitung durch eines der beteiligten Ämter bzw. durch eine

gemeinsame Stelle von allen Projekten im Rahmen des MoZArT-Programms das Mittel

der Einverständniserklärung angewendet, womit der Kontrollauflage zumindestens formal

genüge getan wird. Interessant und aufschlussreich wäre es, im Zuge der weiteren

Beobachtung und Auswertung des MoZArT-Programms, einen statistischen Überblick

über das Ausmaß der Einverständnisverweigerung zu erhalten. Außerdem könnte in Form

von Interviews mit beteiligten Mitarbeiter und betroffenen Klienten in ausgewählten

Projekten vor Ort nachgefragt werden, inwieweit im Rahmen der gemeinsamen

Datenerfassung überhaupt eine datenschutzrechtliche und sachlich begründende

Aufklärung über den Datenaustausch stattgefunden hat.

Bezüglich der informellen Austauschkanäle via Telefongespräch, Haus- und

Bürogespräche etc., die auch ohne ausdrückliche amtliche Beauftragung und

Protokollierung auskommt und häufig mit dem Hinweis auf entsprechende

Notwendigkeiten eines 'passgenauen' Case-Managements vollzogen wird, lässt sich eine

wirksame und umfassende Sicherstellung und Überprüfung der Einhaltung von

datenschutzrechtlichen Mindestanfor-derungen, Vorschriften und Beschränkungen bei der

Weitergabe von kundenbezogenen Informationen nicht so ohne weiteres realisieren. Sie

böten jedoch ein weiteres interessantes Forschungsfeld und sind in ihrer Bedeutung nicht

zu unterschätzen, da sie auch ein Ausdruck des allgemein geäußerten Wunsches nach

mehr Flexibilität im Verwaltungs-handeln der zuständigen Amtsmitarbeiter entsprechen.

c.) Beteiligung an der Entwicklung, Durchführung und Auswertung derModellprojekte

Eine Beteiligung von Arbeitslosen- und Sozialhilfeinitiativen am Konzeptionsverfahren

oder eine regelmäßige Möglichkeit der – zumindestens symbolischen und beratenden –

Intervention ist für keines der MoZArT-Projekte ausdrücklich erwähnt worden und

entspricht in den allermeisten Fällen auch nicht der grundsätzlichen Herangehensweise

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der beteiligten Ämter. Zu Beschwerdezwecken stehen den Betroffenen damit lediglich die

bereits etablierten Verwaltungsausschüsse der beteiligten Arbeitsämter sowie die

Widerspruchsausschüsse der entsprechenden Sozialämter zur Verfügung. Inwieweit

diese von engagierten Erwerbslosen, Gruppen und Initiativen genutzt werden, um die

örtlichen und regionalen MoZArT-Projekte kritisch zu begleiten, entzieht sich jedoch

meiner Kenntnis und müsste noch einmal im Rahmen einer bundesweiten Koordinierung

für jeden Einzelfall abgeklärt werden. Die einzigen vermuteten Möglichkeiten einer

indirekten Mitsprache und Einflussnahme von Arbeitsloseninitiativen im laufenden

Verfahren scheint es im Falle der MoZArT-Projekte in Marzahn-Hellersdorf (Berlin), sowie

in Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern) zu geben. In dem einen Fall entsenden eine

Erwerbsloseninitiative, sowie Vertreter des DGB und gemeinnütziger Initiativen jeweils

einen offiziellen Vertreter in die Steuerungsgruppe des Bezirklichen

BeschäftigungsBündnis Hellersdorf-Marzahn. In dem anderen Fall arbeitet ein

Abgeordneter der Stralsunder Bürgerschaft gleichzeitig aktiv und engagiert im

Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Deutschen Arbeitslosenverbandes mit

und begleitet in diesen beiden Funktionen das dortige MoZArT -Projekt aufmerksam.

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7. Vorläufiges Fazit und Progosen zu den organisationspolitischenSchlussfolgerungen der dominierenden Protagonisten aus MoZArT

7.1 Die Herausarbeitung und Exemplifizierung von drei idealtypischenModellprojekten in MoZArT

Der Versuch einer vorläufigen Bewertung des MoZArT-Programms und eines daraus ab-

geleiteten Fazits für die weitere begleitende Beobachtung und Weiterentwicklung eigener

Ideen und Vorschläge gestaltet sich vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionsdyna-

mik und der noch sehr dürftigen Daten- und Informationslage ausgesprochen schwierig.

Dies gilt umso mehr, als die meisten Modellversuche an eine sozialpolitische Strategie der

'Aktivierung' ansetzen, deren problematischer, weil in neoliberale Metakonzeptionen ein-

gebundener Charakter den politischen Grundsätzen der PDS in großen Teilen klar wider-

spricht. Andererseits lebt oppositionelle linke Politik davon, dass sie im Rahmen der allge-

meinen Suche nach Lösungen für reale gesellschaftliche Probleme auch konkrete

Lösungsvorschläge unterbreiten kann, die zumindestens im Sinne theoretischer Alter-

nativen realisierbar wären. Im Hinblick auf die aktuellen Diskussionen um die Zukunft der

arbeitsmarktbezogenen Leistungs- und Förderungssysteme wurde dabei der sozial- und

arbeitsmarktpolitische Mindestmaßstab so definiert, dass es durch eine Reform der

Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfesysteme nicht zu einer weiteren Verschiebung von

Arbeitslosen in die kommunale Sozialhilfe kommen darf, sondern dass es vielmehr

umgekehrt zu einer Rückverlagerung aller Arbeitslosen in das Leistungs- und

Arbeitsförderungssystem des SGB III kommen muss. Für die Bewertung der laufenden

Kooperationsprojekte des MoZArT–Programms wurde diesem Grundsatz folgend einge-

fordert, dass es auch arbeitsfähigen Sozialhilfebeziehern ohne Unterschied zu anderen

Arbeitslosengruppen vom Grundsatz her möglich sein muss, an den arbeitsfördernden

Maßnahmen und Instrumenten der Arbeitsämter zu partizipieren und leistungsrechtliche

Ansprüche, die sich für sie aus dem SGB III und/oder dem BSHG ergeben, aus einer

Hand zu realisieren. Außerdem wurde vorausgesetzt, dass es für einbezogene

Arbeitslosengeld- und Arbeitslosenhilfeempfänger zu keinerlei Verschlechterungen be-

züglich der Zumutbarkeitskriterien und Sanktionsnormen kommen dürfe.

Betrachtet man nun die Gesamtheit aller Modellprojekte und vergegenwärtigt man sich

dabei die theoretisch möglichen Varianten von Kooperation zwischen Sozial- und Arbeits-

amt, sowie deren öffentliche Präsenz und politisch-strategische Bedeutung, so kristalli-

sieren sich auch unabhängig von einer noch sehr dürftigen Informations- und Daten-

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grundlage im großen und ganzen drei zentrale Modelltypen heraus, von denen mindes-

tens zwei als diskurs-dominant bezeichnet werden könnten. Die faktische Dominanz die-

ser beiden Typen wird dabei nicht nur durch die aktuelle öffentliche und medial begleitete

Diskussion um die Reform der Arbeitsförderung im allgemeinen und der Arbeitslosenhilfe

im besonderen gestützt, sondern spiegelt sich auch in entsprechenden Fachministertref-

fen, politikberatenden Fachtagungen und daran anknüpfenden publizistischen Aktivitäten

von Stiftungen, Verbänden, Gewerkschaften usw. wieder. Der dritte, eher nicht-dominante

Modelltyp ist derjenige, der vom Grundsatz her den Ansprüchen der PDS an einen Re-

form der Arbeitslosen- und Sozialhilfesysteme am nächsten kommt und sich insbesondere

durch die partielle Öffnung des SGB III und die Praktizierung des Grundsicherungsansat-

zes bei der Leistungsgewährung auszeichnet. Bei den anderen, eher dominanten Modell-

typen handelt es sich in beiden Fällen um Kooperationsbeziehungen, von denen sich die

eine in ihrer praktischen Wirksamkeit wohl am ehesten als modifizierte und erweiterte

Sozialamtsvariante beschreiben ließe, während die andere eher einem 'Mix' aus Arbeits-

und Sozialamt gleicht. Als besonders markante Beispiele für die drei Modelltypen sollen

im folgenden Abschnitt das JobCenter in Köln, das Leistungs- und Vermittlungszen-trum AHA in Berlin-Pankow sowie das MoZArt – Projekt ALFA-TEAM in Stralsund be-

schrieben werden. Während ersteres inzwischen ein wichtiger Bestandteil des medial und

informell weit über die Grenzen Kölns hinaus bekannt gewordenen 'Kölner Modells' ist,

dass im Rahmen von MoZArT und darüberhinaus von einer Reihe anderer Modellver-

suche (z.B. MoZArT-Saar, MoZArT-Neumünster, JobPlan in Hamburg) in viellerlei Hin-

sicht nachempfunden wurde, orientiert sich zweiteres eher an der Idee der Ämter-

Kooperation und stellt dabei insbesondere die Gruppe der 'Aufstocker' als verbindendes

Klientel zwischen SGB III und BSHG sowie das Case-Management in den Mittelpunkt der

gemeinsamen Betreuungs- und Vermittlungsbemühungen. Nicht zuletzt wegen ihrer rela-

tiv großzügigen Selbstdarstellungen und der vergleichsweise komfortablen Möglichkeit ei-

ner weiteren begleitenden Beobachtung eignen sich diese beiden Modellprojekte am

ehesten dazu, wahrscheinliche und mögliche Entwicklungstrends anschaulich nachzuvoll-

ziehen bzw. zu antizipieren. Das dritte Modell könnte - neben dem Versuch eines kombi-

nierten Lohnkostenzuschusses in Berlin Hellersdorf-Marzahn - als das eigentliche 'PDS –

Modell' bezeichnet werden. Inwieweit es zukünftig als Modellversuch ausgebaut werden

kann, dürfte maßgeblich von der mittel- bis langfristigen landespolitischen Entwicklung in

Mecklenburg-Vorpommern und natürlich von der konkreten Gestalt der zukünftigen bun-

despolitischen Reformen der Arbeitsförderung und des Leistungsrechts abhängen.

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a.) Das JobCenter Köln37: Zentralisierung der Sozialverwaltung und Verschärfungder 'aktivierenden' Eingliederungspolitik (Typ erweitertes Sozialamt)

Das seit Anfang April 2001 von Sozial- und Arbeitsamt betriebene, gemeinsame Lei-

stungszentrum für arbeitslose Sozialhilfebezieher mit und ohne ergänzende Leistungen

nach dem SGB III bietet seiner Klientel nach eigener Beschreibung ein schnelles und um-

fassendes Angebot zur Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt aus einer Hand. Ge-

nau genommen handelt es sich beim JobCenter Köln um eine Ausdehnung des zuvor in

der JobBörse 'Junges Köln' erprobten Eingliederungsansatzes auf die über 24jährigen

arbeitslosen Sozialhilfeempfänger. Bei diesem Ansatz geht es bereits seit 1998 primär da-

rum, neue bzw. bereits bestehende Sozialhilfeansprüche mit Hilfe von verschieden-sten Angeboten im Rahmen der Hilfe zur Arbeit zu verhindern bzw. zu beenden. Die

JobBörse 'Junges Köln' nimmt dabei neue Sozialhilfeanträge von unter 25jährigen erst gar

nicht entgegen, sondern vermittelt die Hilfebedürftigen sofort in Lehrstellen, Jobs o.ä. oder

schickt diejenigen, bei denen die soziale und berufliche Eingliederungsperspektive als 'un-

klar' eingestuft wird oder die sie schlicht wonanders nicht unterbringen kann, in die Maß-

nahme 'Sprungbrett' zu einem der darin involvierten Kölner Beschäftigungsträger. Dort er-

halten die Jugendlichen nach einer Probefrist von ca. zwei Wochen einen Vertrag, der sie

für ein sozialversicherungspflichtiges Monatsentgelt in Höhe von 706 Euro (= 1.380 DM)

brutto bei einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden zu einem sechsmonatigen Praktikum

in einem der angebotenen Tätigkeitsfelder bei gleichzeitiger sozialpädagogischer Betreu-

ung verpflichtet. Zusätzlich können die Jugendlichen beim Projektträger die Übernahme

und Zahlung der Mietkosten beantragen, die dieser dann letztlich vom Sozialamt zurück-

erstattet bekommt. Jedes Nichterscheinen oder Zuspätkommen der Jugendlichen wird mit

einer entsprechenden Kürzung der monatlichen Praktikumsvergütung geandet; wer über-

haupt nicht mehr an der Maßnahme teilnimmt und vom Praktikum wegbleibt, dem werden

auch die Mietüberweisungen gestrichen. Faktisch bedeutet dieses Vorgehen des Sozial-

amtes in der JobBörse 'Junges Köln', dass der Rechtsanspruch auf Sozialhilfe für junge

arbeitsfähige Menschen in Köln mit dem Verweis auf den Vorrang der Selbsthilfe durch

eigene Erwerbsarbeit (§ 1, Abs. 2, Satz 2 BSHG und § 2, Abs. 1 BSHG) und dem Ange-

bot eines mit 5 DM pro Arbeitsstunde vergüteten 'Zwangspraktikums' systematisch zer-

stört wird, weshalb eine Annahme von Sozialhilfeanträgen in einzelnen Fällen nur mittels

eines verwaltungsgerichtlichen Entscheides durchgesetzt werden konnte. Für das Sozial-

amt handelt es sich beim Projekt 'Sprungbrett' um eine Maßnahme der Hilfe zur Arbeit

37 Siehe dazu: Stadt Köln, Arbeitsamt Köln (Hrsg.): Informationen zum Kölner Modell: Konzepte, Materialien, Praxisberichte.

Dokumentation anlässlich der Tagung der Bertelsmann-Stiftung vom 6./7. März 2002 in Köln. Köln, März 2002. Sowie:Karl-Peter Fuß: "Wir koppeln die Leute vom Tropf ab". Interview in: Mitbestimmung – Magazin der Hans Böckler Stiftung,Heft 9/2000. Seite 24 – 26. Darüber hinaus stütze ich mich auf Gespräche mit informierten Personen vor Ort, sowie auf

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nach §§ 18ff., es übernimmt dabei die Teilnehmerkosten sowie die Kosten für den Mietzu-

schuss. Für das Arbeitsamt, welches im wesentlichen für die Maßnahmekosten (Ausstat-

tung, Betreuer etc.) zuständig ist, handelt es sich hierbei um eine Maßnahme nach § 86

SGB III (Einrichtung einer Übrungswerkstatt).

Die Vorgehensweise der JobBörse 'Junges Köln' wird in den Selbstdarstellungen der Köl-

ner Sozial- und Arbeitsamtsverwaltung ausdrücklich als konsequente und vorbildhafteUmsetzung der Strategie des 'fördern und fordern' beschrieben und der gesamten zu-

künftigen Sozialhilfe- und Arbeitsförderungspolitik auf kommunaler Ebene als paradig-matisches Leitbild vorangestellt. Die 'offensive' - teilweise aggressive – Einglieder-ungspolitik als Leistungsvermeidungsstrategie prägt demnach auch die zentralenZiele des JobCenter Köln: Zunächst einmal sollen die bestehenden Hilfen zur Überwin-

dung von Arbeitslosigkeit und Sozialhilfeabhängigkeit optimiert und dabei möglichst allen

Arbeitslosen gleiche Chancen und ein individuell zugeschnitter Zugang zu den Instru-

menten der beruflichen Förderung und Vermittlung eröffnet werden. In diesem Zu-

sammenhang soll der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt der Vorrang vor den Maß-

nahmen des zweiten Arbeitsmarktes eingeräumt werden; letzterer bliebe den Benachtei-

ligten vorbehalten. Insgesamt wird eine mittelfristige Senkung der staatlichen Transfer-

leistungen angestrebt, wobei insbesondere bei den Sozialhilfeausgaben ein Betrag in

zweistelliger Millionenhöhe eingespart werden soll. Um diese Ziele zu erreichen, erging

Mitte Juni 2001 eine Aufforderung an alle Kölner Bezirkssozialämter, nach Abschluss sei-

nes Aufbaus alle Sozialhilfebezieher (mit und ohne Leistungsansprüchen nach dem SGB

III) mit dem Merkmal 'Arbeitslosigkeit' – das sind stadtweit rund 15.000 Menschen - direkt

zum JobCenter zu schicken. Dieses befindet sich in unmittalbarer Nachbarschaft zum

städtischen Arbeitsamt und ist mit insgesamt 76 Mitarbeitern des Sozialamtes und elfMitarbeiter des Arbeitsamtes ausgestattet, wobei die Gesamtzahl der Mitarbeiter in

nächster Zeit auf fast 100 noch weiter aufgestockt werden soll. Im Rahmen von Fortbil-

dungsmaßnahmen wurden die Mitarbeiter mit den beiderseitigen Rechtsvorschriften, mit

den jeweiligen Verfahrensabläufen und organisatorischen Hintergründen sowie den spezi-

fischen sozialen und beruflichen Hintergründen der Zielgruppen vertraut gemacht. Da-

rüberhinaus sollen im Rahmen der Kooperation und mit Unterstützung der Bertelsmann-

Stiftung auch die notwendigen Modalitäten und der Umfang des Datenaustausches im

Sinne der Experimentierklausel definiert und umgesetzt werden. Auf der Grundlage von

Gesamtplänen werden die Einbindung externer Dritter, und zwar sowohl der bewährten

veröffentlichte Projektbeschreibungen, Kooperationsvereinbarungen sowie diverse Zeitungsmeldungen, die imLiterverzeichnis nicht extra aufgeführt worden sind.

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Sozialen Dienste der freien Wohlfahrtspflege als auch privatwirtschaftliche Träger, sowie

aufeinander aufbauenden Hilfemaßnahmen koordiniert und gesteuert.

Das gesamte Leistungsspektrum des JobCenter wird in Form von drei Säulen beschrie-

ben: Die erste Säule umfaßt die 'aktivierende' Arbeitsförderung, worunter vor allem die

Beratungs-, Vermittlungs- und Qualifizierungsleistungen verstanden werden. Hierunter fal-

len die Maßnahmen und Fördermöglichkeiten nach den Bestimmungen des SGB III und

des Bundessozialhilfegesetz, bei letzterem wird ausdrücklich auf die HzA-Maßnahmen

nach §§ 18 bis 20 BSHG, sowie nach § 30 BSHG hingewiesen. Die zweite Säule bildet

die Sozialberatung und Betreuung der Klienten, was je nach Bedarf die Gesundheits-,

Drogen-, Wohn-, Schuldnerberatung sowie die Beratung für psychische Kranke umfaßt.

Die dritte Säule besteht aus den leistungsrechtlichen Funktionen des Sozialamtes, also

die Leistungsbeantragung, -überprüfung und –gewährung zur Sicherung des notwendigen

Lebensunterhaltes. Aufgrund dieses Leistungsspektrums ging mit der Überführung sämt-

licher arbeitsloser Sozialhilfeempfänger auf das JobCenter deshalb auch eine Bündelungder verschiedensten internen Dienste einher, darunter vor allem der fachlich zuständi-

gen Dienststellen zur Planung und Steuerung der 'Hilfe zur Arbeit' und der 'Hilfeplanung'

des Sozialamtes, einiger Mitarbeiter der Abteilung Jugendberufshilfe der Jugendämter so-

wie des medizinischen Fachpersonals des Gesundheitsamtes. Hinzu kam die Ansied-lung von externen Dritten für spezifische Beratungsangebote im unmittelbarenräumlichen Umfeld des JobCenter.

Der Eingliederungsprozess beginnt mit der Aufnahme und Anmeldung der Klienten im

JobCenter, bei erste Daten erhoben werden. Im Anschluss daran führt der Case-Managerdes Sozialamtes eine Sozialanamnese durch, gegebenenfalls erfolgt in diesem

Zusammenhang eine direkte Überweisung zum medizinischen Fachdienst, der im

Gebäudekomplex lokalisiert ist und eventuelle gesundheitliche Beeinträchtigungen bezüg-

lich einer zukünftigen Beschäftigung unmittelbar vor Ort eruieren kann. Ebenso werden

andere eingliederungshemmende Faktoren wie Schulden, Suchtprobleme o.a. sondiert

und gegebenenfalls Hilfemaßnahmen abgesprochen. Bei Feststellung der allgemeinen

'Arbeitsmarktfähigkeit' durch den Case-Manager prüft der Arbeitsvermittler des Arbeits-amtes, der direkt im gegenüberliegenden Büro sitzt, zunächst den beruflichen Werdegang

und plant dann gemeinsam mit dem Klienten und dem Case-Manager den weiteren beruf-

lichen Eingliederungsweg. Das Ergebnis dieser Fall-Konferenz ist ein individueller Hilfe-/Eingliederungsplan, der sowohl die durchzuführenden Maßnahmen und Schritte hin zur

Eingliederung als auch die Pflichten des Klienten für alle Seiten verbindlich festhält. Bei

der Vermittlung der Klienten orientiert sich das JobCenter an den Qualitätsstandards und

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Kriterien, die von der Arbeitsverwaltung in Nordrhein-Westfalen entwickelt wurden und

sich "am Markt sowie am Kunden orientieren" würden. Dazu werden die Klienten jeweils

ihren sozialen und beruflichen Hintergründen nach entsprechenden

Eingliederungsstrategien zugeordnet, wobei je nach individueller Entwicklung eine flex-

ible Anpassung der notwendigen Aktivitäten möglich ist. Oberstes Ziel aller Maßnahmenist die Reintegration der Klienten in den ersten Arbeitsmarkt, um den Leistungsbe-zug so schnell wie möglich zu beenden. Bei nachgewiesener Verweigerung zumut-

barer Angebote machen sowohl die Arbeits- als auch die Sozialämter konsequent von den

gesetzlichen Sanktionsmöglichkeiten der Sperrung, Kürzung bzw. Einstellung von Leis-

tungen Gebrauch, und somit versucht auch nur ein verschwindend geringer Teil der Hilfe-

empfänger, sich den 'aktivierenden' Maßnahmeangeboten zu entziehen.

In einem engen Zusammenhang mit dem zentralen JobCenter Köln stehen neben der

JobBörse 'Junges Köln' auch die seit Ende der 1990er Jahre bestehenden und seit dem

sukzessive erweiterten JobBörsen in den Kölner Stadtteilen und sozialen Problem-

gebieten. Inzwischen gibt es stadtweit 24 dieser JobBörsen, wobei sowohl zielgruppen-

spezifische als auch stadtteil- und problemgebietsbezogene Einrichtungen existieren. Sie

alle werden auf der Grundlage gemeinsamer Ausstattungstandards von verschiedenen

Trägern der jeweils im Stadtteil ansässigen freien und gemeinnützigen Wohlfahrtspflege

und ebenfalls in Kooperation mit dem Arbeitsamt Köln betrieben. Die Aufgabe der

JobBörsen besteht vor allem darin, im Auftrag des Sozialamtes und/oder des Arbeits-

amtes als externer Vermittlungs- und Betreuungsdienstleister für arbeitslose Sozial-hilfeempfänger tätig zu werden, sowie Beschäftigungsmaßnahmen im Rahmen der Hilfezur Arbeit im lokalen Raum durchzuführen. Die Beauftragung beruht auf entsprechenden

Rahmen- und Leistungsvereinbarungen zwischen den jeweiligen Amtsverwaltungen

und den Trägern; diese beschreiben zum einen Auftrag und Ziel der JobBörsen und zum

anderen deren aufwands- und erfolgsbezogene Vergütung. Für die zusätzlichen Beschäf-

tigungsmaßnahmen, die vor allem mit einer struktuellen Aufwertung und Stärkung der

Stadtteile (Maßnahmen der Wohnumfeldverbesserung etc.) verknüpft werden sollen, be-

kommen die Träger die tatsächlich aufzuwendenden Mittel vollständig erstattet. Nach

Auskunft des Ratsverwaltung werden in Köln jährlich 800 bis 900 Sozialhilfeempfänger

auf der Grundlage von § 19, Abs. 2 (1. Variante) BSHG in sozialversicherungspflichtigen

und tariflich entlohnten Arbeitsverhältnissen des zweiten Arbeitsmarktes und eine nicht

genauer bestimmte Anzahl von Sozialhilfeempfängern - in Ausnahmefällen - nach der

Mehraufwandvariante (§ 19, Abs. 2 (2. Variante) BSHG) beschäftigt. Es ist deshalb zu

vermuten, dass es sich bei den HzA - Maßnahmen in den JobBörsen in der Regel um die

erstere, also bessere Variante handelt. Für eine erfolgreiche Eingliederung in den ersten

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Arbeitsmarkt erhalten die JobBörsen Fallprämien, wobei die Eingliederungsleistung neben

der Vermittlung auch eine vorausgehende Betreuung und Hilfeplanung umfaßt und nur bei

einer mindestens zwölfmonatigen Beschäftigungsdauer als erfolgreich abgeschlossen gilt.

In den Fällen, in denen eine Vermittlung zunächst nicht möglich ist, weil ein vorausgehen-

der Hilfebedarf vorliegt, müssen die JobBörsen einen detaillierten Hilfeplan erstellen; für

jeden Hilfeplanvorschlag erhalten sie ebenfalls eine Fallprämie vom Sozialamt.38

Eine besondere, bezirksübergreifende JobBörse 'Dienstleistungsberufe' ist dafür zu-

ständig, geringqualifizierte Arbeitslose in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhält-

nisse des Reinigungswesens, sowie des Hotel- und Gaststättengewerbes und des Einzel-

handels zu vermitteln. Dazu werden in ihr die entsprechenden Angebote dieses Arbeits-

marktsegments zusammengefaßt und den Arbeitslosen auch nur durch diese Einrichtung

vermittelt. Da die Löhne in diesem Beschäftigungsbereich der Anlern- bzw. Helfertätig-keiten häufig ausgesprochen niedrig sind und eine Arbeitsaufnahme somit für die meisten

Betroffenen kaum lohnt, bezuschusst das Sozialamt diese Arbeitsverhältnisse für maximal

12 Monate mit einem monatlichen 'Pluslohn' von bis zu 286,83 Euro (= 550,00 DM). Das

Zuschussprogramm basiert auf § 18, Abs. 5 BSHG und wird als Kölner Kombi-Lohn be-

zeichnet; die Annahme eines solchen 'passgenauen' Beschäftigungsangebotes ist für

Sozialhilfeempfänger verbindlich. Im Rahmen eines Vorgängerprogramms JobBörse

'Innenstadt Reinigungskräfte' wurden zuvor vom Arbeitsamt Köln aus den Mittel der

'Freien Förderung' Beschäftigungsverhältnisse für Arbeitslose mit Leistungsansprüchen

nach dem nach SGB III gefördert. Dabei wurde der Nettolohn der Beschäftigten für maxi-

mal 12 Monate mit Beträgen zwischen 500 und 2.000 DM so aufgestockt, dass die Differ-

enz zwischen ihrem alten und ihrem neuen Einkommen geschlossen werden konnte. Un-

klar bleibt allerdings bei beiden Varianten, was aus den Beschäftigten und ihren Löhnen

wird, wenn der Zuschuss nach einem Jahr - im Ausnahmefall gegebenenfalls auch nach

einem weiteren Förderungsjahr - entfällt. Klar erkennbar ist hingegen der Verlauf der zu-

grundeliegenden Eingliederungsstrategie, die zunächst aus einer relativ großzügigen För-

derung auf der Grundlage des SGB III bestand und nun auf dem deutlich niedrigeren Ni-

veau des BSHG fortgesetzt wird. In keinem anderen Programm oder Projekt im Rahmen

des 'Kölner Modells' wird der Ansatz der 'Passgenauigkeit' als zwangsweise Eingliede-rung von Geringqualifizierten in Jobs des kommunalen Niedriglohnsektors so deut-

38 Die beiden zielgruppenspezifischen JobBörsen arbeiten bezirksübergreifend; die eine bietet bei entsprechendem Bedarf

eine besonders intensive Betreuung von alleinerziehenden Frauen an (z.B. Hilfe bei der Vermittlung von Kinderbetreuungbei Anschlussqualifizierung oder (Wieder-) Einstieg in die Erwerbstätigkeit), bei der anderen – auch als 'JobProfil'bezeichnet – handelt es sich um einen 'arbeitsdiagnostischen Fachdienst', der vom Sozialamt beauftragt wurde, umspezielle berufliche Orientierungsmaßnahmen für psychisch kranke Sozialhilfeempfänger durchzuführen, wobei Menschenmit primären Suchtproblemen, geistigen Behinderungen oder hirnorganischen Erkrankungen nicht einbezogen, sondernvon JobProfil an weiterführende Instanzen für Rehabilitationsmaßnahmen o.a. vermittelt werden.

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lich als Ziel und Methode der Beschäftigungspolitik herausgestellt, wie in dieser JobBörse

'Dienstleistungsberufe'.

Interessant im Hinblick auf die Reformen der Förderungs- und Leistungssysteme ist,

dass die JobBörsen seit März 2002 unter Bezugnahme auf den § 371a SGB III bei der

Vermittlung und Betreuung aller Leistungsempfänger beteiligt werden sollen, womit

auch ihre Finanzierungsbasis ausgeweitet werden dürfte. Bislang war das Arbeitsamt nur

über Fallprämien bei einzelnen auftragsgemäßen Vermittlungsleistungen für Arbeitslosen-

hilfebezieher (mit und ohne ergänzenden Sozialhilfebezug) an der Finanzierung der

JobBörsen beteiligt, doch mit dem Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit von

Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe kann es nun in Kooperation mit dem Träger der

Sozialhilfe gemeinsame Anlauf- und Vermittlungsstellen einrichten und unterhalten. Zu-

gleich bedeutet dies jedoch, dass es zukünftig in einer ganz neuen Größenordnung zu ei-

ner Einbeziehung von Arbeitslosenhilfeempfängern in die Hilfe- und Eingliederungs-

strukturen, die bislang auf der Basis des BSHG nur für Sozialhilfeempfänger vorgesehen

waren, kommen kann. Genauere statistische Angaben über den quantitativen Umfang

dieser Fälle, sowie Informationen über die konkete Ausgestaltung der angebotenen Ein-

gliederungs- und Hilfemaßnahmen – insbesondere den Bereich der Hilfe zur Arbeit und

die Anwendung der Zumutbarkeitsregelungen betreffend - liegen hier wegen der Kürze

der bisherigen Laufzeit noch nicht vor. Doch der Verdacht, dass hier eine Struktur etabliert

werden soll, mit der zukünftig die Überführung der arbeitslosenhilfebeziehenden Langzeit-

arbeitslosen in den Hilfe- und Förderungsbereich der Sozialhilfe organisiert werden könn-

te, wird durch entsprechende Äußerungen der beteiligten Protagonisten aus den Ämtern

sowie führender Vertreter des Landes Nordrhein-Westfalen (z.B. Landessozial- und

Arbeitsminister Schartau) ausdrücklich erhärtet: Bereits mehrfach haben diese öffentlich

betont, dass es sich beim 'Kölner Modell' mit dem JobCenter und den eingeschalteten,

'externen' JobBörsen auch um einen organisatorischen Testlauf für die geplanteZusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe handelt. Hinzu kommt, dass

die gesamte Eingliederungsstrategie zum Teil sehr aggressiv durchgezogen wird, und

ausdrücklich an das Ziel gebunden ist, die Ausgaben für kommunale Sozialleistungen

mittelfristig deutlich zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen und die unbedingte Ein-

gliederungslinie vor allem gegenüber den heute und zukünftig von Langzeitarbeitslosigkeit

Bedrohten konsequent durchzusetzen, scheinen den beteiligten Protagonisten bezüglich

der institutionellen Reform der kommunalen Sozial-, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungs-

politik vor allem zwei strategische Momente besonders wichtig zu sein:

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Zum ersten der Versuch, gegenüber den verschiedenen Arbeitslosengruppen unter-schiedliche Hilfe- und Eingliederungsstrategien zu praktizieren, um die knappen finan-

ziellen Mittel möglichst effektiv und mit anhaltender Wirkung einzusetzen und durch die

spezifische Zusammensetzung des einbezogenen Programmklientels gleichzeitig

'Erfolgsmodelle' zu generieren. Vor allem die Eingliederungsarbeit gegenüber jüngerenMenschen wird hierbei – zum Teil wird dies durch die separaten Einrichtungen erleichtert

- besonders intensiv und offensiv betrieben, um sie möglichst aus der Sozialhilfe

herauszudrängen bzw. ihnen den erstmaligen Zugang zur Sozialhilfe systematisch zu ver-

sperren, gegebenenfalls durch Abdrängung in den kommunalen Niedriglohnsektoroder in eine nicht weiter nachvollziehbare Informalität ("Aktivierung von Selbsthilfepoten-

tialen"). Immerhin weisen die Statistiken seit Einführung der JobBörse 'Junges Köln' einen

drastischen Rückgang der arbeitslosen Sozialhilfeempfängerzahlen bei den unter

25jährigen aus; allein im Zeitraum von Juni 1999 bis August 2000 konnten von den 2.965

der JobBörse 'Junges Köln' zugewiesenen Jugendlichen 1.144 Personen (38 Prozent) un-

mittelbar – also ohne Zahlung von Sozialhilfe – in den ersten Arbeitsmarkt, Ausbildung

oder andere Maßnahmen sowie weitere 305 Personen in die Trainings- und Qualifizie-

rungsmaßnahme 'Sprungbrett' (Praktikumsverträge) vermittelt werden. In 1.139 Fällen (!),

also in mehr als dem dreifachen der 'Sprungbrett'-Fälle, tauchten die Personen in der

JobBörse 'Junges Köln' oder bei den Beschäftigungsträgern jedoch gar nicht erst wieder

auf; offiziell wurde hier etwas zynisch einfach von der 'Aktivierung von Selbsthilfepoten-

tialen' gesprochen. Eine Verbleib-Statistik über die Weggebliebenen gibt es nicht, die Er-

gebnisse einer angekündigten Nachforschungsaktion, die bereits vor mehr als einem Jahr

angekündigt wurde, liegen jedenfalls noch immer nicht vor. Der Vergleich der Genehmi-

gungsquote bei den Sozialhilfeanträgen in der JobBörse 'Junges Köln' mit den ent-

sprechenden Quoten der anderen Sozialämter spricht ebenfalls eine deutliche Sprache,

sie lag bei gerade einmal 13 Prozent im Vergleich zu den allgemein üblichen 60 bis 70

Prozent. Insgesamt ging die Zahl der jugendlichen Sozialhilfebezieher in Köln innerhalb

von zwei Jahren von 5.500 auf rund 1.000 zurück, ein bundesweit einmaliges und viel-be-

stauntes Ergebnis, welches inzwischen auch zu einer mehrfachen Nachahmung des 'Köl-

ner Modells' in anderen Bundesländern geführt hat. Nicht auszuschließen ist in diesem

Zuammenhang das Kalkül der beteiligten politischen und institutionellen Entscheidungs-

träger, dass eine repressive Eingliederungspolitik gegenüber jungen Menschen auf eine

größere gesellschaftliche Akzeptanz stößt, als eine entsprechende Vorgehensweise ge-

genüber älteren Menschen und Personen mit Handicaps. Hinzu kommt, dass die jüngeren

Alterskohorten sowohl auf dem ersten Arbeitsmarkt als auch auf den informellen Arbeits-

märkten in der Regel sowieso größere Chancen haben, als die älteren Jahrgänge unter

den Leistungsbeziehern. Die Separierung der Jüngeren in der JobBörse 'Junges Köln'

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und ihre - zum Teil auch sozialpädagogisch flankierte – 'Aktivierung' wird deshalb auch zu

überdurchschnittlich hohen Eingliederungsquoten bzw. zu einem deutlicheren Rückgang

der Sozialhilfequoten unter jungen Menschen führen, was dann wiederum als Erfolg einer

generell anzuwendenden 'Aktivierungslinie' des 'fördern und fordern' verkauft und

dementsprechend auch als Vorbild für die gesamte zukünftige Eingliederungspolitik pro-

pagiert werden kann.

Das zweite entscheidende Moment, dass im Rahmen des 'Kölner Modell' durchgesetzt

wird, ist die spezifische Verknüpfung einer zentralen Anlaufstelle (JobCenter) und dezen-

traler (JobBörsen) Betreuungs- und Vermittlungsstellen: Die Zentralisierung der kommu-

nalen Arbeitslosenverwaltung ermöglicht es zunächst einmal, direkt und unmittelbar auf

alle arbeitslosen Sozialhilfeempfänger - später möglicherweise auch auf die heutigen

Arbeitslosenhilfeempfänger - zugreifen zu können, was für die einheitliche Durchsetzung

der angestrebten restriktiven Hilfe- und Eingliederungspolitik eine durchaus wichtige insti-

tutionelle Bedingung ist. Es ermöglicht der Verwaltung insbesondere, auf der Grundlage

einheitlicher Kriterien, Vorgehensweisen und Zielsetzungen, das vorrangige Hilfeprinzip

der direkten und kostensparenden Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt anzuwenden

und die möglichen 'Problemfälle' entweder in die zuständigen und angebundenen Fach-

dienste zur unmittelbaren Kontrolle und 'Reparatur' zu schicken oder an die lokalen Ver-

mittlungsdienste (JobBörsen, private Zeitarbeitsfirmen) zwecks Integration in 'Jobs' auf

dem lokalen Arbeitsmarkt vor Ort oder in die HzA-Programme des zweiten Arbeitsmarktes

weiterzuleiten. Für die Sozialverwaltung läßt sich dadurch der gesamte Hilfe- und Einglie-

derungsprozess von Beginn an effektiver kontrollieren, steuern und gegebenenfalls auch

beschleunigen, wovon sich die Protagonisten zumindestens eine Verkürzung der durch-

schnittlichen Verweildauer im Leistungsbezug pro Fall und damit auch mittelfristig eine

Einsparung von staatlichen Transfermitteln versprechen. Im Verhältnis zwischen

JobCenter bzw. Sozial- und Arbeitsamt einerseits und den dezentralen und formal in freier

Trägerschaft befindlichen JobBörsen andererseits wird die angestrebte Eingliederungs-

politik im wesentlichen durch die kommunale Ausstattungs- und Fallprämienfinanzierung

durchgesetzt. Die hierin angelegte Abhängigkeit ist in den späten 1990er Jahren auch

durch eine Neustrukturierung der öffentlichen Förderung von ABM-Stellen in der

städtischen Trägerlandschaft durch das Kölner Arbeitsamt befördert worden und soll zu-

künftig in noch höherem Maße durch die Vermittlungskonkurrenz kommerziell orientierter

Zeitarbeitsfirmen verstärkt werden.

Die Leistungsübersicht des JobCenter Köln weist für das Jahr 2001 insgesamt ca. 7.300

Zugänge und 2.340 Abgänge aus, wobei 4.900 Sozialhilfeempfänger mit der Ursache

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'Arbeitslosigkeit' registriert wurden.39 Von den Abgängen sind 1.044 Personen (45

Prozent) in Arbeit vermittelt worden, darunter 682 Fälle (65 Prozent) in den ersten Arbeits-

markt und 362 (35 Prozent) in den zweiten Arbeitsmarkt. Von den 682 Fällen, die in den

ersten Arbeitsmarkt entlassen worden sind, haben 91 Fälle (13 Prozent) eine Förderung

durch das Sozial- und/oder das Arbeitsamt erhalten. Die übrigen 1.296 Abgänge (55 Pro-

zent) des JobCenter verteilen sich auf eine breite Palette von Abgangsgründen, die von

Ausbildungen, Fortbildungen und Umschulungen über Vermögenszufluss bis hin zum

Wegzug aus Köln reichen können. Die mit Abstand wichtigsten, anderen Abgangsgründe

bilden jedoch: a.) in 482 Fällen (37,2 Prozent) fehlende Mitwirkung nach §§ 60 bis 66

SGB I, b.) in 202 Fällen (16,6 Prozent) Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bzw. Arbeitslosen-

geld, c.) in 154 Fällen (11,9 Prozent) Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen (z.B.

Wohngeld, Krankengeld etc.), d.) in 126 Fällen (9,7 Prozent) Feststellung eines fehlenden

Bedarfs nach Antragsstellung und Überprüfung, keine Auszahlung von Leistungen sowie

e.) in 124 Fällen (9,6 Prozent) Verzicht auf Sozialhilfe. Als vorläufiges Resümee kann fest-

gehalten werde, dass das Modell JobCenter bzw. das gesamte 'Kölner Modell' in den lau-

fenden und kommenden Diskussionen über die Reform des Leistungs- und Arbeitsför-

derungssystems mit Sicherheit eine große Rolle spielen wird. Es ist in seiner Anlage aus-

gesprochen groß dimensioniert, wurde mit einem relativ hohem Personal- und Kostenauf-

wand aufgebaut und wird nun von seinen Konstrukteuren und politischen Förderern offen-

siv als Vorbild und Mustermodell für die gesamte Bundesrepublik und die kommenden

Reformen der aktiven und passiven Arbeitsmarktpolitik sowie des kommunalen Sozial-

hilfesystems propagiert. Und es hat inzwischen weit über Köln und Nordrhein-Westfalen

hinaus viele Anhänger und Nachahmer gefunden.

b.) Das Leistungs- und Vermittlungszentrum AHA in Berlin-Pankow40: Verbesserungder Eingliederungsqualität bei Arbeitslosen mit ergänzendem Sozialhilfebezug(Typ Ämter-Mix)

Der Kurztitel AHA steht für 'Aktivierende Hilfe und Arbeitsvermittlung'; die Einrichtung

dieser gemeinsamen Institution von Arbeitsamt und Sozialamt in Berlin-Pankow erfolgte

im Anschluss an die Berliner Bezirksgebietsreform im Jahre 2001, bei der die drei Bezirke

Weissensee, Pankow und Prenzlauer Berg zum neuen Großbezirk Berlin-Pankow zu-

39 Die Differenz zur Gesamtzahl der Zugänge ist in der Statistik leider nicht weiter erklärt worden, möglich wären aber zum

Beispiel Neuzugänge, die zuvor nicht als arbeitslose Sozialhilfebezieher erfasst wurden, oder auch mehrfache Zugängevon Sozialhilfeempfängern, die innerhalb eines Jahres wiederholt arbeitslos geworden sind.

40 Siehe dazu: Gabriela Simon: "Absenkung auf unterstes Niveau. Die Arbeits- und Sozialämter erproben neue Wege derZusammenarbeit. Doch führende Politiker setzen auf einen Systemwechsel und wollen die Abschaffung derArbeitslosenhilfe." In: VER.DI PUBLIK 04. Ausgabe im April 2002. Seite 1, 3. Des weiteren stütze ich mich auf Gesprächemit informierten Personen vor Ort, sowie auf veröffentlichte Projektbeschreibungen, Kooperationsvereinbarungen sowiediverse Zeitungsmeldungen, die im Literverzeichnis nicht extra aufgeführt worden sind.

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sammengeschlossen wurden. Der Projektbeginn war auf den August 2001 terminiert wor-

den und die Implementierung des zuvor entwickelten Konzeptes sollte in zwei Phasen

erfolgen, beginnend im Oktober/November 2001. Das Ziel des gemeinsamen MoZArT-

Projektes in Berlin-Pankow ist die komplette Leistungsgewährung (Beratung, Be-

rechnung und Auszahlung des Leistungsanspruches, Vermittlung in Arbeit und/oder

Qualifizierung) aus einer Hand. Zielgruppe sind die sogenannten 'Aufstocker', also die

Arbeitslosenhilfeempfänger mit ergänzenden Sozialhilfeansprüchen; vorerst soll das Leis-

tungs- und Vermittlungszentrum AHA (LuV AHA) insgesamt 1.000 Klienten betreuen, die

ihm vom Sozialamt Pankow zugewiesen werden. Durch den kombinierten Einsatz vonCase-Management und Arbeitsvermittlung soll das LuV AHA in die Lage versetzt wer-

den, eine umfassende Sachbearbeitung und Eingliederungstätigkeit praktizieren, und

durch die Einbeziehung von Erkenntnissen, Diensten und Maßnahmen des Sozialamtes

somit auch die bisherige Eingliederungsarbeit des Arbeitsamtes qualitativ verbessernzu können. Letztlich verspricht man sich durch diese Vorgehensweise eine größereDauerhaftigkeit der Vermittlungen in Arbeit und Qualifizierung und daraus folgend

auch die Realisierung eines mittel- bis langfristig möglichen Einsparungspotentialsbei den Transferleistungen als Basis einer finanziellen Kompensation für die Mehraus-

gaben, die mit dem Modellvorhaben und der Intensivierung der Betreuungsarbeit

verbunden sind.

Eine sehr wichtige Grundlage für das LuV AHA bilden neben den gesetzlich fixierten Ex-

perimentierklauseln im SGB III und im BSHG auch die vorausgegangenen Erfahrungen

des früheren Sozialamtes Weißensee mit dem Verfahren des Case-Managements. Erst-

mals wurde dabei in Berlin eine vollständige Potentialanalyse im Bezirk Weißensee

durchgeführt, die einen vollständigen Überblick über die arbeitsfähigen Sozialhilfebezieher

verschaffte und somit eine generelle Sortierung des Bestandes in 'aktivierende Hilfefälle'

und 'sichernde Hilfefälle' ermöglichte. Durch Rekrutierung von Peronal aus der Berliner

Überhangliste und eine deutliche Absenkung der Fallzahlen je Betreuer (auf 70 bis 75Fälle) konnte darauf aufbauend eine Intensivierung der individuellen Betreuungs- und

Vermittlungsbemühungen im Sinne des Case-Management-Ansatzes gewährleistet wer-

den. Die Bilanz dieser Umstrukturierungsmaßnahmen hat dabei in und über Berlin hinaus

für viel Aufmerksamkeit gesorgt: Während des gesamten Zeitraumes des WeißenseerProjektes 'Modernes Sozialamt' von Anfang Juli 1999 bis Ende Juni 2001 sind insge-

samt 943 ehemalige Sozialhilfeempfänger in Arbeit vermittelt worden, davon 76 Prozent in

den ersten Arbeitsmarkt. Verglichen mit einem ansonsten üblichen Durchschnitt von 250

Vermittlungen pro Jahr ergab sich damit eine projektspezifische Steigerung der vermittel-

ten Fälle von etwa 85 Prozent. Die Anzahl der Vermittlungsabbrüche belief sich im selben

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Zeitraum auf 50 und war damit ausgesprochen gering, was die Protagonisten des Weiß-

enseer Modells vor allem auf die Qualitatssteigerung bei der individuellen Betreuung und

Vermittlung zurückführten, bei der es nicht um die möglichst schnelle Vermittlung in Be-

schäftigung, sondern auch um die Entwicklung von Selbstverantwortung und den Auf-bau von Eigenmotivation auf Seiten der Arbeitslosen geht. Letztlich konnten durch

den Vermittlungserfolg auch erhebliche Einsparungseffekte erzielt werden, mit denen

die zusätzlich eingesetzten Case-Manager ihre Arbeitsplätze quasi selbst refinanzierten.

Um einen realistischen Überblick über die Dauerhaftigkeit der geleisteten Eingliederungs-

arbeit zu erhalten, führt das Sozialamt momentan ein Monitoring durch, bei dem insge-

samt 250 Sozialhilfeempfänger interviewt werden.

Der Aufbau des LuV AHA begann mit der Einrichtung einer eigenständigen Organisa-

tionseinheit, und der Auswahl und Einsetzung der Mitarbeiter, die im Rahmen von Interes-

senbekundungsverfahren aus den Überhangbeständen der Sozialämter und dem Perso-

nalreservoir des Arbeitsamtes rekrutiert wurden. Insgesamt sind 28 Mitarbeiter in die

Arbeit des LuV AHA eingebunden, darunter 13 Case-Manager, ein Gruppenleiter, zwei

Sozialarbeiter sowie zwei Mitarbeiter des Fachbereichs Arbeit und Beschäftigung aus

dem Sozialamt, sowie ein Leistungssachbearbeiter, zwei Bürosachbearbeiter, ein Be-

arbeiter, drei Arbeitsvermittler und zwei Datenerfasser aus dem Sozialamt; wobei alle Be-

schäftigten personal- und dienstrechtlich nach wie vor an ihr Herkunftsamt angebunden

bleiben. Zusätzlich wurde für die im MoZArT-Programm vorgeschriebene Evaluierung des

LuV AHA eine halbe Stelle in den Personalplan eingestellt. Im Rahmen eines Qualifizie-

rungsplans wurden die Mitarbeiter in dem jeweils fremden Fachgebiet geschult, so dass

allen Beteiligten eine informierte Arbeit im Sinne des 'ganzheitlichen' Case-Management-

Ansatzes möglich ist und die bisherigen Erfahrungen aus der Praxis der Sozialämter auch

an die Arbeitsvermittler des Arbeitsamtes weitergegeben werden konnten. Darüberhinaus

erhielt die eigenständige Organisationseinheit LuV AHA auch eine gemeinsame Leitungund führt gemeinsame Dienstbesprechungen, Qualifizierungs-, Motivations-, Team-und Zielfindungsmaßnahmen (z.B. 'future search Konferenz', coaching, Supervisionen

etc.) durch, da nur durch entsprechend motivierte und eng zusammenarbeitende Mit-

arbeiter ein Erfolg des Projektes erreicht werden könne. Zur gemeinsamen Planung,

Steuerung sowie zum Controlling der Tätigkeit und Maßnahmen des LuV AHA werden re-

gelmäßig Planungs- und Maßnahmekonferenzen durchgeführt.

Aufgrund der Begrenztheit der Kapazitäten des Modellversuchs können nicht alle Bezie-

her von ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt in das Projekt einbezogen werden, wes-

halb auch eine direkte Zugangsmöglichkeit für arbeitslose 'Aufstocker' nicht besteht. Da

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die Bearbeitung von Anträgen auf Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe durch das LuV AHA

erst nach einer Zuweisung durch das Sozialamt möglich ist, können im Falle von

Neuzugängen auch keine entsprechenden Anträge angenommen, sondern müssen nach

wie vor erst bei den dafür jeweils zuständigen Ämtern gestellt werden. Nach der Zuwei-

sung der in Frage kommenden Klienten werden diese von den Case-Managern übernom-

men und zunächst einer Sozialanamnese unterzogen, auf die dann eine individiuelleHilfeplanung aufbauen kann. Parallel dazu werden die notwendigen Schritte für die Lei-stungsgewährung und die Vermittlungsaufgaben von AHA eingeleitet. Dem einzelnen

Case-Manager, der mit einem Betreuungsschlüssel von 75 Fällen eine deutlich bessere

Ausgangsbedingung hat als der Sachbearbeiter im traditionellen Sozialamt (130 Fälle),

stehen dazu sämtliche Vermittlungs- und Fördermöglichkeiten des Sozial- und Arbeits-

amtes zur Verfügung. Infrage kommen dabei zum Beispiel Maßnahmen der direkten

Arbeitsvermittlung, Maßnahmen der beruflichen Wiedereingliederung einschließlich Trai-

ningsmaßnahmen nach dem SGB III, beschäftigungsfördernde Maßnahmen des Sozial-

hilfeträgers oder Eingliederungsprojekte des Sozialamtes für Jungerwachsene, wobei eine

nachhaltige Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt als vorrangig betrachtet wird. Einem

über das fachliche Beratungsangebot hinausgehenden sozial-pädagogischem Bedarf

kann durch die Integration von zwei Sozialarbeiter in das LuV AHA Rechnung getragen

werden; was insbesondere für jüngere Arbeitslose von Relevanz sein dürfte.

Die Umsetzung der verschiedensten Hilfe-, Förderungs- und Leistungsangebote wird

durch die entsprechenden Mitarbeiter der Abteilungen und Fachbereiche des Sozialamtes

(FB Arbeit und Beschäftigung, Beratung und Vermittlung in gemeinnützige und zusätz-

liche Arbeit) und des Arbeitsamtes (Arbeitsvermittlung, Leistungssachbearbeitung bezüg-

lich der Arbeitslosenhilfe) nach dem Prinzip des back-office ebenso sichergestellt, wie

die internen Kostenerstattungen und Überbrückungszahlungen zwischen Arbeits- und

Sozialamt. Um die Effektivität der Arbeitsvermittlung im LuV AHA zu erhöhen, ist der

Klientenschlüssel durch den Einsatz von drei Vermittlern für 1.000 Arbeitslose von den

sonst üblichen 800 bis 1.000 Fällen auf ca. 350 Fälle reduziert worden. Die gemeinsameAuszahlung der Geldleistungen an die Klienten erfolgt seit dem Beginn der zweiten

Projektphase im März/April 2002 direkt über die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg;

die Mitarbeiter weisen dazu die errechnete ergänzende Sozialhilfeleistung im zentralen

Datenverarbeitungsverfahren der Arbeitsverwaltung an. Die zu erteilenden Bescheide ent-

halten für den Arbeitslosen eine genaue Aufschlüsselung der ihm nach den jeweiligen ge-

setzlichen Grundlagen zustehenden Beträge; mögliche Fragen und Widersprüche können

direkt beim LuV AHA als gemeinsam zuständiger Instanz geltend gemacht werden.

Datenschutzrechtliche Hindernisse, die einer gemeinsamen Berechnung und Auszah-

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lung von Geldleistungen nach den BSHG und dem SGB III entgegenstehen, werden

durch entsprechende Einwilligungserklärungen der Betroffenen ausgeräumt.

Insgesamt kann auch trotz des deutlich geringeren Informationsbestandes festgehalten

werden, dass sich das MoZArT – Projekt LuV AHA deutlich vom JobCenter Köln unter-

scheidet, obwohl es von der formalen Anlage her durchaus große Ähnlichkeiten mit die-

sem aufweist. Der wohl entscheidende Unterschied besteht vor allem in der praktischenUmsetzung der 'Aktivierungspolitik' der beteiligten Ämter: Während in Köln die

schnellstmögliche Beendigung bzw. sogar die Verhinderung des Leistungsbezuges und

eine dadurch errungene 'Verbesserung' in der Transferkostenbilanz das eigentliche Ziel

der veränderten Verwaltungsarbeit darstellt, geht es den Akteuren und Mitarbeitern im

Falle des LuV AHA offensichtlich primär um eine Verbesserung der individuellen Betreu-

ungs-, Hilfe-, Förderungs- und Vermittlungsleistungen, und damit also um eine Qualitäts-steigerung der Eingliederungsarbeit zugunsten der arbeitslosen Klienten. Nicht die

zwanghafte Einsortierung in schematisierte Eingliederungsstrategien und die Vermittlung

in Jobs um jeden Preis, sondern die tatsächliche Berücksichtigung und Behebung von in-

dividuellen Problemen, Konflikten und Qualifikationsdefiziten durch sozialarbeiterische

und zeitintensivere Betreuungsarbeit, sowie Ausbildungs-, Trainings- und Qualifikations-

maßnahmen kennzeichnen hierbei das Case-Management und die Vermittlungstätig-

keiten des LuV AHA. Hinzu kommt, dass mit der gemeinsamen Auszahlung von Arbeits-

losen- und Sozialhilfe über die Datenverarbeitungsverfahren der Bundesanstalt für Arbeit

seit März/April 2002 auch der 'kleine' Grundsicherungsansatz des 'Alle Leistungenaus einer Hand' in die Tat umgesetzt wurde, was von den meisten Betroffenen sicher-

lich als ein vorteilhafter Abbau von Ämterbürokratie wahrgenommen werden wird. Inwie-

weit sich der in Berlin-Pankow erprobte Ansatz im Rahmen einer zukünftigen Reform der

Leistungs- und Arbeitsförderungssysteme durchsetzen kann, ist allerdings schwer einzu-

schätzen. Einerseits ist das Modellprojekt in den letzten Monaten häufig Gegenstand posi-

tiver publizistischer Darstellungen geworden, wozu insbesondere auch die seit kurzem

praktizierte, gemeinsame Auszahlung der Transferleistungen als innovativer Höhepunkt

des LuV AHA beigetragen haben dürfte. Andererseits wird von den Protagonisten des

LuV AHA selbst die aktuelle Dynamik und Richtung der Diskussionen um die Reform der

Bundesanstalt für Arbeit und die mögliche Zusammenlegung von Arbeits- und Sozialhilfe

beklagt. Die Umsetzung der hierbei anvisierten Schritte, die mit einer weiteren Privati-

sierung der Arbeitsvermittlung und -förderung, einer breitangelegten Niveauabsenkung

bei den sozialen Transfer- und Förderungsleistungen sowie mit einer allgemeinen Ver-

schärfung des Eingliederungsdrucks verbunden wären, würde die momentanen Be-

mühungen der Ämter um eine intensivere Integrationsarbeit mit den einzelnen Arbeits-

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losen ebenso durchkreuzen, wie eine ausschließlich quantitative Orientierung an den

statistischen Vermittlungszahlen der Arbeits- und Sozialämter.

c.) Das ALFA-TEAM in Stralsund:41 Grundsicherungsansatz und die Rückholung derArbeitslosen mit ergänzendem Sozialhilfebezug in das Arbeitsamt. (Typerweitertes Arbeitsamt)

Das Stralsunder MoZArT-Projekt ALFA-TEAM besteht aus einer gemeinsamen Anlauf-

stelle von Arbeits- und Sozialamt, die beim Arbeitsamt angesiedelt ist und die den

Arbeitslosen mit ergänzendem Sozialhilfebezug von Beginn an Beratung, Antragstel-

lung, Vermittlung und Leistungsbezug aus einer Hand ermöglichen soll. Es basiert auf ei-

ner entsprechenden Kooperationsvereinbarung zwischen der Stadt und dem Arbeitsamt

Stralsund vom März 2001 und orientiert sich an der Rahmenvereinbarung, die zeitlich

parallel mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Verbesserung der Zusammenarbeit

von Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe zwischen dem Landesministerium für

Arbeit und Bau, dem Landesarbeitsamt, dem Städte- und Gemeindetag sowie dem Land-

kreistag von Mecklenburg-Vorpommern abgeschlossen wurde. Grundlegender Gedanke

des Kooperationsprojektes ist, dass die Vermittlung in Beschäftigung und in eine eventuell

vorher notwendige Qualifizierung primär in den Kompetenz- und Verantwortungsbereich

der Arbeitsämter fallen. Wichtigste Aufgabe der Sozialämter ist es dagegen, die notwen-

digen sozialpolitischen Rahmenbedingungen für die Arbeitssuche und -aufnahme zu

schaffen, zum Beispiel durch Schuldnerberatung, Sicherstellung der Kinderbetreuung,

Einschaltung der Jugendberufshilfe etc. Außerdem sollen sozialpolitische und –päda-gogische Beratungsleistungen von freien Trägern stärker in die Arbeit einbezogen

werden, um im Rahmen des Hilfe- und Eingliederungsprozesses auch die Interessen der

Betroffenen gegenüber den Ämtern besser vertreten zu können. Um den Ansatz des 'alle

Leistungen aus einer Hand' in die Tat umsetzen zu können, haben das Arbeitsamt und

das Sozialamt ein gemeinsames Team gebildet, welches einen gemeinsamen Antrag(für Leistungen nach dem SGB III und dem BSHG) und eine gemeinsame und einheit-liche Form der Mittelzuweisung an den Hilfeempfänger entwickeln soll.

Seine praktische Arbeit nahm das MoZArT-Projekt schließlich im Oktober 2001 auf, seit

dem sind insgesamt ca. 370 Personen von ALFA-TEAM betreut worden, wobei sich unter

den Klienten sehr viele Jugendliche befanden. Mit allen Personen wurden in der Regel

zwei bis vier Beratungsgespräche geführt und Wiedereingliederungspläne nach dem

SGB III vereinbart. Im Rahmen dieser Pläne konnte dabei neben der Möglichkeit einer di-

rekten Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit auch auf eine Reihe von möglichen

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Maßnahmen des SGB III zurückgegriffen werden, so zum Beispiel auf Arbeitsbeschaf-fungs- bzw. Strukturanpassungsmaßnahmen, auf Trainingsmaßnahmen nach §§

48ff. SGB III, auf Bildungsmaßnahmen nach §§ 77ff. SGB III, berufsvorbereitendeMaßnahmen nach §§ 61ff. SGB III sowie auf Maßnahmen, die in die Selbständigkeitführen usw. Ebenfalls möglich ist auch die Vermittlung in eine geförderte Beschäf-tigungsmaßnahme bei einer lokal ansässigen Beschäftigungsgesellschaft, der Stralsund

Innovation Consult GmbH (SIC GmbH), welche als Tochterunternehmen der zu 100 Pro-

zent der Stadt gehörenden Stralsunder Wohnungsbaugesellschaft (SWG) arbeitet.

Arbeitsfähigen Sozialhilfebeziehern ohne Leistungsansprüche nach dem SGB III werden

in Stralsund seit Mitte der 1990er Jahre auf der Grundlage der HzA generell Arbeitsplätze

in dieser Beschäftigungsgesellschaft angeboten. Deren vorrangige Aufgabe ist es, die

berufliche Qualifikation und Eingliederung von Arbeitslosen durch Trainings-, Bildungs-und Beschäftigungsmaßnahmen zu fördern, und dabei der kommunalen und staat-lichen Daseinsvorsorge zu dienen. Im Rahmen der eigenen Einsatzfelder42 werden

hierbei insbesondere Aktivitäten zur Verbesserung der Infrastruktur, der Umwelt und des

Wohnumfeldes in Stralsund und Umgebung entfaltet; darüberhinaus bestehen enge Ko-

operationsbeziehungen mit der Stadtverwaltung, dem Theater, der Behindertenwerkstatt,

dem Tierpark sowie verschiedensten gemeinnützigen Einrichtungen, die als Beschäf-

tigungsfelder eine größere Arbeitsmarktnähe aufweisen und die Chancen auf eine inner-

betriebliche Weiterbildung der Arbeitslosen erhöhen. Betriebspraktika werden vor allem

von jüngeren Menschen auch in kleinen und mittleren Unternehmen der Stadt und ihrer

Region abgeleistet.

Insgesamt sind in der SIC GmbH jedes Jahr über 100 Personen beschäftigt. Die Arbeits-verträge, die mit den arbeitslosen Hilfebeziehern abgeschlossen werden, machen nach

Ansicht der Gesellschaftsbetreiber nur dann Sinn, wenn sie arbeits-, sozial- und tarif-rechtlich so ausgestaltet sind, dass die Normalität des Arbeitslebens trotz genereller

Befristung gewährleistet ist. Dementsprechend überwiegt bei der Inanspruchnahme des §

19, Abs. 2 BSHG auch die Arbeitsvertragsvariante (ca. 80 Prozent) erheblich. Die

'schlechtere' Mehraufwandsvariante wird in der Regel nur dann angewendet, wenn der

Betroffene im Rahmen einer Art Probephase zuvor noch Probleme aufarbeiten und bewäl-

tigen muss, die als Resultat langanhaltender Arbeitslosigkeit betrachtet werden und die

41 Ich stütze mich bei meinen Ausführungen auf Arbeitspapiere von informierten Personen vor Ort, sowie auf veröffentlichte

Projektbeschreibungen und Kooperationsvereinbarungen, die im Literverzeichnis nicht extra aufgeführt worden sind.42 Im wesentlichen handelt es sich hierbei um die Möbelabteilung für Aquise, Reparatur und Distribution von gebrauchten

Möbeln für sozial schwache Haushalte; die Gartenbauabteilung für Pflege von Grünflächen in Pflegeheimen, Obst-,Gemüse- und Blumenanbau; sowie um die Handwerkerabteilung für Umzug- und Anpassungshilfe für soziale schwacheHaushalte, Erhaltung und Sicherung des bestehenden Wohnraumes der SWG.

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einer festen Einstellung mit Arbeitsvertrag noch entgegenstehen.43 Bei Beziehern von

Arbeitslosenhilfe – die betrifft einen Großteil der in das ALFA-TEAM-Projekt Einbezo-

genen - werden die Zumutbarkeitskriterien des SGB III generell eingehalten; eine Ein-

beziehung in HzA – Maßnahmen (Arbeitsvertragsvariante) erfolgt im Falle des ergänzen-

den Sozialhilfeanspruchs nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis bzw. aufgrund eines

entsprechenden Wunsches des Arbeitslosen, es gilt demnach also das Freiwilligkeits-prinzip. Besteht bei einem Sozialbezieher der Wunsch, eine Weiterbildung- oder Ausbil-

dungsmaßnahme zu absolvieren, so wird dem nach Absprache mit dem Sozialhilfeträger

und auf der Grundlage des § 19, Abs. 4 BSHG in der Regel durch das Arbeitsamt Rech-

nung getragen. Als problematisch gilt momentan jedoch noch die sozialpolitische und–pädagogische Betreuung und Beratung der Betroffenen, sie werden nach wie vor

lediglich an das Sozialamt verwiesen, und nicht wie ursprünglich in der Rahmenverein-

barung zur verbesserten Zusammenarbeit von Arbeits- und Sozialämtern in M-V erklärt,

an die Beratungsstellen der freien Träger. Ein gemeinsames neues Arbeitsmarktprojekt,

dass ursprünglich in der Rahmenvereinbarung zwischen dem Landearbeitsamt und den

Kommunen vereinbart wurde und dass zum Beispiel mit den Mitteln der freien Förderung

nach § 10 SGB III finanziert werden könnte, ist ebenfalls noch nicht entwickelt worden.

Als vorläufiges Fazit bleibt festzuhalten, dass das Modellprojekt ALFA-TEAM in Stralsund

im Hinblick auf den eigentlichen Kern des MoZArT-Programms noch sehr unterentwickelt

und konzeptionsarm wirkt. Dies ist insofern bedauerlich, als der hier erprobte Ansatz einer

gemeinsamen Anlaufstelle beim Arbeitsamt durchaus in eine sozial- und arbeitsmarktpoli-

tisch richtige Richtung führt, da er der Tendenz nach dem Anspruch folgt, wonach alle

Arbeitslosen zunächst einmal generell in den Tätigkeitsbereich des Arbeitsamtes gehören

und nur bei ergänzendem, nicht-transferbezogenen Bedarf auch das Sozialamt und/oder

andere soziale Betreuungs- und Beratungseinrichtungen aufsuchen sollen. Wie sich der

Modellversuch zukünftig entwickelt, bleibt abzuwarten.

7.2 Die Durchsetzung der 'Aktivierungslinie' als sozialpolitischesOrganisationsprinzip – antizipierte Schlussfolgerungen aus MoZArT

Resümiert man den bisherigen Stand der begleitenden Beobachtung des MoZArT-Pro-

gramms, so wird man an dieser Stelle selbstverständlich noch nicht zu einer

abschließenden politischen Einschätzung und Bewertung kommen können. Diese könnte

43 Darunter zählen zum Beispiel der Verlust von Zeitstrukturen, psychosomatische Leiden, Angst, Verunsicherung,

Selbstzweifel und andere Krisensituationen. Die sozialpsychologische Begleitung dieser zeitlich begrenzten

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frühestens mit dem Vorliegen der Zwischenauswertung durch die offiziellen Evaluations-

und Kommentarinstanzen (infas, gsub, BMA, 'Hartz'-Kommission) erarbeitet werden und

müsste zudem den verschiedenen Modelltypen und Experimentierformen durch fortlau-

fende detaillierte Einzelbeobachtung Rechnung tragen. Trotz dieser grundsätzlichen Ein-

schränkung soll jedoch in diesem letzten Abschnitt abschließend der 'begründet-spekula-

tive' Versuch unternommen werden, einige bereits jetzt zu erahnende Eckpunkte mög-

licher Reformvorschläge bezüglich der Kooperation von Arbeits- und Sozialämtern antizi-

pierend zusammenzufassen. Ich stütze mich dabei im wesentlichen sowohl auf die

kommentierte Darstellung der verschiedenen Kooperations- und Maßnahmeformen ge-

mäß Abschnitt 6 dieser Arbeit, als auch auf die verschiedensten Debattenbeiträge und

Arbeitspapiere, die im Rahmen von Fachtagungen von Stiftungen, Forschungsinstituten

oder parlamentarischen Fachausschüssen kommuniziert sowie in Form von Forschungs-

berichten, Handbüchern, Stellungnahmen, Leitfäden, Artikeln o.ä. von den verschieden-

sten Institutionen und Organisationen publiziert worden sind.44 Eine weitere Grundlage bil-

det der bereits erwähnte Zweistufenplan der Bundesregierung für den Umbau der Bun-

desanstalt für Arbeit und der damit verknüpften Organisationreform bei der Arbeitsför-

derung und Eingliederung von Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfängern.45 Zu beden-

ken bleibt jedoch, dass die zentralen politischen Ansatzpunkte für entsprechende Reform-

diskussionen und -vorhaben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht die

verbesserten Kooperationsmöglichkeiten der Sozial- und Arbeitsämter, sondern eher die

beiden Leistungssysteme Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe selber sein werden. Nichts-

destotrotz bietet die folgende idealtypische Skizzierung der dominierenden Organisations-

modelle auch die Möglichkeit, die eigenen leistungsrechtlichen und arbeitsmarktpoli-

tischen Reformvorschläge selbst in ein entsprechendes Organisationsmodell (Stichwort:

kommunales Bürgeramt für Arbeit) einzubetten und auf diese Weise zu realitätsnahen und

anschaulichen Gesamtkonzeptionen zu gelangen.

Der allgemeine Orientierungsmaßstab einer zukünftigen Hilfe- und Eingliederungspolitik

dürfte jenseits aller Auseinandersetzungen um die konkrete Form der künftigen Ausge-

staltung der beiden Leistungssysteme Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe in der politischen

Metastrategie des 'aktivierenden Sozialstaats' sowie in dem daran anknüpfenden Hand-

lungsprinzip des 'fordern und fördern' bestehen. Die diskursive, programmatische und

praktische Dominanz dieses herrschenden Konsenses bedeutet für die kommenden

Eingewöhnungsphase hat insbesondere zu einer deutlich niedrigeren Abbruchquote geführt.

44 Eine kleine Auswahl entsprechender Veröffentlichungen ist in das Literaturverzeichnis integriert worden und wird hiernicht weiter ausgewiesen.

45 Gerhard Schröder: "Bundesanstalt für Arbeit wird umgebaut. Zweistufenplan der Bundesregierung." Beitrag zurPressekonferenz vom 22. Februar 2002 in Berlin. Dokumentiert in: Soziale Sicherheit 2/2002. Seite 43 – 45.

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Reformen der Leistungssysteme im wesentlichen, dass sich die Bemessung der Transfer-

leistungen nicht mehr länger an den sozialpolitischen Zielen der Lebensstandard-

sicherung und Armutsvermeidung, sondern vielmehr am Ziel einer schnellstmöglichen

Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt bzw. bei vermeintlicher und realer

Erwerbsunfähigkeit an einem armutsverwaltenden Minimalsicherungsniveau orientieren

soll. Im Kontext einer angebotspolitisch ausgerichteten Arbeitsmarkt- und Beschäftigungs-

politik sowie einer ausgabenseitig ausgerichteten Politik der Haushaltskonsoliderung gibt

sich daraus die konkrete Konsequenz einer allgemeinen Absenkung des Sicherungs-

niveaus, sowie einer stärkeren Konditionalität des Transferleistungsbezugs. Für die

sozialpolitische Theorie und Praxis der Zukunft bedeutet dies eine Relativierung bis-

heriger sozialer Rechte und eine grundsätzliche Neudefinition der sozialstaatlichen 'Hilfe-

leistung' durch die Behauptung und Durchsetzung eines absoluten Vorrangs der Einglie-

derung in der ersten Arbeitsmarkt oder anderer Eingliederungsmaßnahmen bzw. eine

höchstmögliche Vermeidung des Transferleistungsbezug. Doch nicht nur in der Art und

Höhe der Transferleistungen, sondern auch in der Organisation und Ausgestaltung der

Hilfe- und Eingliederungsprozesse selbst wird diese 'Aktivierungsstrategie' im Zuge der

absehbaren Neustrukturierung der Leistungssysteme und der Arbeitsverwaltung ihren

Niederschlag finden. Die darin angelegte Konditionalität der passiven Transferleistungen,

die ja bereits heute mit dem Vorrang der Selbsthilfe im Sozialhilferecht und mit der Pflicht

zur Arbeitssuche in der Arbeitslosenversicherung besteht, soll dabei den zukünftigen

Hilfe- und Verwaltungsablauf einseitig dominieren.

Um dem Leitziel des 'aktivierenden Sozialstaats' nicht nur leistungs-, sondern auch

organisationspolitisch folgen zu können, werden die verschiedensten alten und neuen

Ideen, Vorschläge und Konzepte als politische Prämissen und Standards in die aktuellen

Reformdebatten eingeflochten. In vielen MoZArT-Projekten sowie in weiteren Modellver-

suchen werden sie ausprobiert oder bereits als fester Regelbestandteil der amtlichen

Praxis eingeführt. Einige der ursprünglich zu testenden Ansätze, wie zum Beispiel das

Case-Management oder die Vereinbarung von Eingliederungsplänen, sind dabei bereits

mit dem Job-AQTIV-Gesetz vorwegnehmend als Leistungsstandard gesetzt worden. Der

Übersicht halber sollen im folgenden noch einmal in knapper Form diejenigen

organisationspolitischen Ansatzpunkte und Anforderungen zusammengefaßt werden, auf

die man sich in der momentanen Reformdiskussion einstellen muss:

! Zusammenführung der Eingliederungsarbeit für Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfe-

empfänger in einer kommunalen Instanz (Eingliederungszentrum), unabhängig von

der Frage, ob beide Systeme zusammengelegt werden oder in modifizierter Form er-

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halten bleiben; Versuch einer klareren Trennung von arbeitsfähigen und nicht arbeits-

fähigen Hilfeempfängern deren Überführung in 'aktivierende' bzw. 'sichernde' Hilfe-

strategien

! Kontrolle und Gewährung aller aktiven und passiven Leistungen, Hilfen, Maßnahmen,

Instrumente etc. 'aus einer Hand' und durch eine Anlaufstelle; Durchsetzung des

Case-Management-Ansatzes als umfassender Betreuungsstandard

! verbesserte Möglichkeiten einer maßgeschneiderten Integrationshilfe durch gegen-seitige Öffnung der Leistungskataloge von BSHG und SGB III und Ausweitungdes freien Ermessens- und Gestaltungsspielraums für das Case-Managementdurchsetzen, also Stärkung der bestimmenden Rolle des Case-Managers im gesam-

ten Eingliederungs- und Hilfeprozess

! auch bei Aufrechterhaltung beider Hilfesysteme könnte es in einigen Bereich zu

einem Abgleich bzw. zu einer 'Harmonisierung' der gesetzlichen Grundlagenkommen, um Kostenverlagerungs- und Umgehungsstrategien zu vermeiden: einheit-

liche Definition von 'Arbeitsfähigkeit' und 'Erwerbslosigkeit' in allen Sozialgesetz-

büchern und im BSHG; Einschränkung des Rechts auf Zugang zur Sozialhilfe bei ver-

hängten Sperrzeiten durch das Arbeitsamt bzw. Ersetzung der Sperrzeitenregelung

im SGB III durch Sanktionsnormen des BSHG; Annäherung der Zumutbarkeits-

kriterien für Arbeitslosenhilfe an die entsprechenden Kriterien für Sozialhilfe, insbe-

sondere bei angebotenen HzA-Maßnahmen u.ä.; Einschränkung des Regelvorrangs

des SGB III gegenüber dem BSHG bei Doppelbeziehern, insbesondere bei 'gleich-

rangigen' eingliederungsfördernden Maßnahmen und Leistungen

! konsequente Durchsetzung eines 'Leistungsaustausches' zwischen dem einzelnen

Hilfebezieher und dem Case-Manager, Amt, Steuerzahler etc. als Grundprinzip 'for-

dern und fördern'; keine passiven Leistung mehr ohne entsprechende aktive Ge-genleistung des Hilfebedürftigen; die Eingliederungsförderung ist selbst die

wichtigste und höchste Leistung des Amtes und hat deshalb sachlich und chronolo-

gisch Vorrang vor dem Bezug von Transferleistungen, das aktive Bemühen um Inte-

gration auf Seiten des Hilfebedürftigen ist eine selbstverständliche Gegenleistung für

die Sozialtransfers

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! Schaffung von Akzeptanz für die Aktivierungslinie durch vertragsförmige oder –ähn-

liche Vereinbarungen zwischen dem Hilfebezieher und dem Amt/Case-Manager (ver-bindliche Hilfe- und Eingliederungspläne)

! Abgleich und Nivellierung von rechtsförmigen Definitionen und Kriterien von

Arbeitsloskeit, Erwerbsfähigkeit etc. in den verschiedensten Gesetzesgrundlagen (ins-

besondere Sozialgesetzbücher, BSHG), um taktische Problemverlagerungen, Kosten-

verschiebungen und individuelle Umgehungsstrategien auszuschalten

! Schaffung von effektiven finanziellen Anreizstrukturen für Leistungsempfänger und

Leistungserbringer, um Hilfebedürftigkeit schnellstmöglich durch Arbeitsaufnahme zu

beenden bzw. von vornherein zu vermeiden

! Zumindestens mittelfristige Kostenneutralität der Reformmaßnahmen; durch Syn-ergieeffekte bei der Zusammenlegung von bislang parallelen Verwaltungs- und Ein-

gliederungsstrukturen nach BSHG und SGB III; Einsparungen durch Verkürzung der

durchschnittlichen Verweildauer im Leistungsbezug aufgrund einer schnelleren 'Akti-

vierung' der Hilfeempfänger in Arbeit

Die konkrete leistungsrechtliche Gestalt der Eingliederungspolitik von Sozial- und Arbeits-

ämtern wird maßgeblich von der Entscheidung abhängen, ob die Arbeitslosenhilfe abge-

schafft bzw. mit den arbeitsfähigen Teilen der heutigen Sozialhilfebezieher in eine sozial-

hilfeähnliche Eingliederungsleistung überführt wird, oder ob das System der Arbeitslosen-

hilfe in einer modifizierten - zum Beispiel zeitlich begrenzten - Form ebenso aufrechter-

halten bleiben soll, wie die Sozialhilfe. Weitgehende Einigkeit besteht zwischen den ver-

schiedenen dominanten Reformoptionen allerdings darin, die Eingliederung von arbeits-

fähigen Personen, die nicht mehr das unmittelbar beitragssabgeleitete Arbeitslosengeld

beziehen, zukünftig in jedem Fall durch eine kommunale Instanz betreiben zu lassen und

für diesen Zweck auch einen finanziellen Ausgleich zwischen Bund und Kommunen zu

organisieren. Da es jedoch nach Ansicht aller Akteure organisatorisch unrealistisch zu

sein scheint, die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik für die bisherigen Arbeitslosen-

hilfeempfänger einfach komplett in die bestehenden HzA–Strukturen und -Programme der

kommunalen Sozialämter zu integrieren, wird in Anlehnung an diverse Modellprojekte

über die flächendeckende Einrichtung von kommunal angesiedelten 'Eingliederungszen-

tren' (Arbeitstitel) nachgedacht, die dann sowohl für die arbeitsfähigen Sozialhilfebezieher

als auch für die Arbeitslosenhilfebezieher zuständig wären. Als zentrale Funktionen dieser

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Eingliederungszentren könnten dabei in idealtypischer Weise folgende festgehalten wer-

den46:

! Individuelle Eingangsberatung und 'Profiling' (Sozialanamnese, Diagnose, Assess-

ment etc.) zur Überprüfung und Erfassung von beruflichen Qualifikationen, eigenen

Vorstellungen und Ansprüchen, sozialen Problemen und eventuellen Defiziten und

Handicaps des Arbeitslosen; Aufklärung über 'realistische' individuelle Arbeitsmarkt-

chancen; Auswahl der grundlegenden Eingliederungsstrategie; Fixierung von ver-

einbarten Schritten in individuellen Eingliederungsplänen, bei vorausgehendem

Hilfebedarf auch in Hilfeplänen

! Umfassende Betreuung der Arbeitslosen im Sinne des Case-Management-Ansatzes

mit dem Ziel der schnellstmöglichen Vermittlung in der ersten Arbeitsmarkt (vorrang-

ige Direktvermittlung) bzw. in eingliederungsfördernde Maßnahmen (Training, Qualifi-

zierung; Ausbildung, Weiterbildung, Umschulung) je nach gesetzlicher Grundlage

(BSHG, SGB III); bei Bedarf auch Überweisung an weitergehende Hilfeangeboteder Sozialämter, Sozialen Dienste u.ä. zur Beseitigung oder Abmilderung einglie-

derungshemmender Probleme; Einschaltung externer Dienste für Umsetzung einglie-

derungsfördernder Teilfunktionen (Vermittlung, Ausbildung, Hilfe zur Arbeit etc.)

! Vorhaltung von permanenten Angeboten und Strukturen, die eine eigenständige

Aktivität des Arbeitslosen fördern bzw. möglich machen können: Zugang zu elektro-

nischen Datenbanken für Stellenangebote (SIS, ASIS, Zeitarbeitsfirmen), Büros für

die Erstellung von Bewerbungsmappen, Bewerbungstrainings etc.

! Planung und Koordinierung von, sowie Kooperation mit anderen Diensten und An-bietern (z.B. Beschäftigungs- und Bildungsträger, Zeitarbeitsfirmen, Assessment-An-

bieter, externe Vermittler etc.); Erarbeitung von operationalisierbaren Zielvereinba-rungen, Quotenregelungen, Benchmarkings etc.; Ergebnisevaluation und Erfolgs-

bzw. Misserfolgsfeststellung auf der Grundlage vertraglich fixierter Ziele und Mindest-

anforderungen, sowie vergleichender Messungen

46 Vgl. auch entsprechende Modellskizzen von: Dr. Helmut Hartmann: "Organisationsmodell der Arbeitsförderung."

Kurzfassung des revidierten Entwurfs; erstellt für die Unterarbeitsgruppe 'Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe' derBertelsmann-Stiftung. 25. Februar 2002. Veröffentlicht auf der Tagung der Bertelsmann-Stiftung vom 6./7. März 2002 inKöln.

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! Entgegennahme und Auszahlung der Transferleistungen auf der Grundlage des je-

weiligen Leistungsrechts (BSHG, SGB III) durch den Case-Manager in front-office-

Strukturen

! Verwaltungsorganisatorische Abwicklung sämtlicher Personalfragen und Finanz-

ströme zwischen Bundesanstalt für Arbeit, Sozialämtern, Sozialen Diensten, externen

Vertragspartnern u.a. sowie Überprüfung von Leistungsansprüchen in back-office-

Strukturen

Die Kernfunktionen der Eingliederungszentren bestehen a.) in der umfassenden Kontrol-

le des Eingliederungsverfahrens (Eingangsberatung, Case-Management, Eingliederungs-

pläne, Abwicklung und Auszahlung von Transferleistungen, Verhängung von Sanktionen),

b.) in der modularen Einschaltung interner Ressourcen und externer Dienste je nach an-

genommenem Bedarf, c.) im Aufbau vertragsförmiger Beziehungen zu externen Dritten

auf der Grundlage formaler Rahmenstandards und operationalisierbarer Leistungsstan-

dards; d.) in der Abwicklung der eigenen verwaltungsorganisatorischen und finanzrecht-

lichen Angelegenheiten. Diese Kernfunktionen dürften bis auf wenige Ausnahmen in je-

dem Fall im unmittelbaren Amtsbereich der Eingliederungszentren verbleiben, da nur auf

diese Weise eine konsequente Durchsetzung der politischen 'Aktivierungslinie' möglich zu

sein scheint. Zudem liegen einige der aufgeführten Kernfunktionen von Gesetzes wegen

im hoheitlichen Aufgabenbereich; sie dürften also auch nur durch die öffentlichen Ein-

gliederungszentren bzw. den jeweils leistungsrechtlich zuständigen Ämtern rechtsver-

bindlich vollstreckt werden.

Teilfunktionen, die nicht in den sogenannten Kernbereich fallen oder einen hoheitlichen

Rechtscharakter aufweisen, können von den Eingliederungszentren auch auf andere, ex-terne Dienste und Anbieter übertragen werden, wobei die letztendliche Verantwortung

bei der öffentlichen Instanz verbliebe. Zu diesen Teilfunktionen gehören zum Beispiel: a.)Assessment-Verfahren bei weitergehendem Klärungsbedarf bezüglich der individuellen

Eingliederungsperspektive; b.) soziale Hilfemaßnahmen wie Schuldner-, Sucht- und

Familienberatung, Jugendhilfe etc.; c.) Trainings-, Qualifizierungs- und Betreuungsmaß-

nahmen; d.) Vermittlungsdienstleistungen; e.) Angebote und Strukturen, die eigenstän-

dige Eingliederungsaktivitäten der Arbeitslosen ermöglichen können (z.B. Internet-Café,

Praktika- und Jobbörsen mit Direktkontaktoption etc.). Als Anbieter für solche Teilfunk-

tionen kommen dabei sowohl die traditionellen und neueren Träger der freien und

gemeinnützigen Wohlfahrtspflege, die Sozialen Dienste und öffentlich-rechtliche und

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gemeinnützige Gesellschaften bzw. Vereine ohne eigene Gewinnziele, als auch private

Unternehmen mit primärem Gewinninteresse in Frage. Bei der Auswahl der externen An-

gebote und Dienstleister sollen sich die Kommunen auf der Grundlage transparent defi-

nierter und meist formaler Mindestausstattungsstandards vor allem von Kosten-Nut-zen-Kalkülen leiten lassen. Inwieweit allerdings in der kommunalen Praxis ein auf diese

Weise durchgesetztes Benchmarking tatsächlichen realisiert werden kann, dürfte we-

sentlich von der Größe der Kommune, sowie von der vorhandenen Träger- und Anbieter-

struktur abhängen. Es steht zu vermuten, dass man in der Regel auf die bereits an-

sässigen Strukturen oder aus diesen heraus entwickelte Sub- und Ergänzungsstrukturen

zurückgreifen wird, da diese häufig sowieso schon finanziell und politisch in die kommu-

nale Projektförderung einbezogen sind. Ob eine Teilfunktion überhaupt 'ausgelagert' wird,

hängt zudem auch ganz entscheidend von der konkreten Anzahl der realen und potenziel-

len Klienten ab. Bei einer kleineren Anzahl führt eine Auslagerung von bestimmten Teil-

funktionen unter Umständen sogar zu einer unnötigen Kostensteigerung, bei einer grö-

ßeren Anzahl müssen bestimmte Teilfunktionen ausgelagert werden, weil die ent-

sprechenden Kapazitäten durch die Eingliederungszentren und Ämter gar nicht perma-

nent vorgehalten werden könnten.

7.3 Weitere mögliche Schritte der begleitenden Beobachtung und Auswertungdes MoZArT - Programms

Im Rahmen dieser Arbeit konnten in der Regel nur relativ allgemeine Aussagen über das

MoZArT-Programm bzw. zu einzelnen Modellversuchen gemacht werden; auf die informa-

tions- und arbeitsorganisatorischen Gründe für diese eingeschränkte Vorgehensweise bin

ich bereits in der Einleitung eingegangen. Aufgrund des vorläufigen Charakters dieser zu-

sammenfassenden Betrachtung habe ich auch auf ein abschließendes Urteil sowie auf

eine Zusammenfassung der 'Ergebnisse' verzichtet, und stattdessen die absehbaren

Schlussfolgerungen der dominanten Akteure im Hinblick auf die organisatorisch-politische

Dimension einer zukünftigen Reform der Eingliederungsförderung für Sozialhilfe- und

Arbeitslosenhilfeempfänger im vorherigen Abschnitt idealtypisch zusammengefaßt.

Für die weitere Vorgehensweise bleibt abzuwarten, was von Seiten der amtierenden Bun-

desregierung bzw. der von ihr eingesetzten Kommission 'Moderne Dienstleistungenam Arbeitsmarkt' bis Mitte August 2002 an Vorschlägen und Konzepten vorgelegt wird

und welche politische Bedeutung diesen Zwischenergebnissen nach der Bundestagswahl

dann tatsächlich zukommt. Der erste offizielle Zwischenbericht für das MoZArT-Pro-

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gramm wurde ursprünglich für das Jahresende 2002 angekündigt, allerdings hat der ge-

samte Debattenverlauf durch den inszenierten Skandal um die Vermittlungsstatistiken der

Bundesanstalt für Arbeit und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen erheblich an Dy-

namik gewonnen. Und so kann damit gerechnet werden, dass bereits im Zusammenhang

mit der Veröffentlichung der Zwischenergebnisse der 'Hartz-Kommission' ein selektiver

Bezug auf die 'Ergebnisse' laufenden Modellversuche genommen werden wird.

Um die eigene begleitende Beobachtungsarbeit und Auswertung im Hinblick auf MoZArT

und die Reformkonzeptionen der PDS zu qualifizieren, wäre es notwendig, zumindestens

einen ausgewählten Ausschnitt aus dem gesamten Programm detaillierter zu

untersuchen, als es im Rahmen dieses Praktikums möglich war. Bei der Auswahl der zu

untersuchenden Modellprojekte empfehle ich generell der von mir in Abschnitt 7.1 gewähl-

ten Typologie (Typ erweiteres Sozialamt, Typ Ämtermix, Typ erweitertes Arbeitsamt) zu

folgen, da sich in ihr im großen und ganzen auch die Spannbreite der theoretisch vorstell-

baren Reformoptionen wiederspiegelt. Darüberhinaus sollten weitere Modellversuche

nach selektiv bestimmten Bestandteilen, z.B. Anwendung im Hinblick auf die Anwendung

eines besonderen Eingliederungsinstruments (kombinierter Lohnkostenzuschuss, gemein-

same Beauftragung externer Assessment-Zentren und Vermittlungsagenturen, Umset-

zung des Benchmarking-Prinzips etc.), untersucht werden.

Bei der weiteren Beobachtungen sollte insbesondere versucht werden, sowohl quantita-tive als auch qualitative Untersuchungsmethoden anzuwenden, um sich ein um-

fassendes und authentisches Bild vom Eingliederungsprozess zu arbeiten. Von Interesse

wären hierfür Hilfe-, Eingliederungs- und Verbleibsstatistiken, Interviews mit Beteiligten

und politisch Interessierten sowie Erkundungen vor Ort, was für einen Einzelnen aller-

dings nur sehr eingeschränkt möglich sein dürfte. Inwieweit dies im Rahmen einer wissen-

schaftlichen Begleitung parlamentarischer Arbeit überhaupt realisierbar ist, entzieht sich

momentan meiner Vorstellungskraft; in jedem Fall sollte ein entsprechendes Vorgehen in

Zusammenarbeit mit anderen politisch Interessierten (lokale und regionale Interessenver-

tretungen, Erwerbslosengruppen, lokale Fachpolitiker etc.) abgeklärt werden, um die not-wendige Arbeitsteilung zu organisieren.

Inwiefern das mit der Evaluation beauftragte Institut für angewandte Sozialforschung die

Datengrundlagen ihrer Auswertung auf Anfrage herausgibt, kann ausprobiert werden,

muss aber als relativ unwahrscheinlich angenommen werden. Teilweise können

Informationen allerdings auch durch das Erschließen und die Ausbeutung andererwissenschaftlicher und publizistischer Quellen gewonnen werden, so zum Beispiel

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aus den Berichten der vereinzelt anzutreffenden Begleitforschung durch Institute (z.B. In-

stitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der BA), Stiftungsabteilungen (z.B. Bertels-

mann-Stiftung) sowie einzelnen Verwaltungs-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern.

Hierbei kann auch durchaus über den Rahmen der geförderten MoZArT-Projekte hinaus-

gegangen werden, denn mit Ansätzen kommunaler Beschäftigungspolitik wird wegen der

weitverbreiteten Haushaltskrise und der für die Zukunft erwarteten Umstrukturierungen

häufig auch schon außerhalb der offiziellen Programme des Bundes experimentiert.

8. Literaturverzeichnis

Vorabbemerkung:

Dieses Literaturverzeichnis gibt einen Überblick über die wichtigsten und umfangreichst

Publikationen, die ich im Rahmen meiner Ausarbeitungen verwendet habe. Darüber-

hinaus stütze ich mich jedoch auch auf Positionspapiere, Selbstdarsellungen, Zeitungs-

meldungen, Pressemitteilungen, sowie auf 'graue' Literaturbestände, die ich dem Internet

oder diversen Unterlagensammlungen von Konferenzen, Fachtagungen etc. entnommen

habe.

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