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T. Dietz F. Wagner Das akute Nierenversagen in der Kardiochirurgie Teil III: Prävention, Kosten, Perspektiven Z Herz- Thorax- Gefäßchir 17:91–95 (2003) DOI 10.1007/s00398-003-0383-3 HTG 383 KARDIOCHIRURGISCHE INTENSIVMEDIZIN Eingegangen: 22. Januar 2003 Akzeptiert: 28. Februar 2003 Dr. Thomas Dietz ( ) ) Facharzt für Innere Medizin Nephrologie/Rettungsmedizin Bochumer Str. 15 10555 Berlin, Germany PD Dr. Frank Wagner Deutsches Herzzentrum Berlin Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie Augustenburger Platz 1 13353 Berlin, Germany Acute renal failure in cardiac surgery Part III: prevention, costs, perspectives n Schlüsselwörter Akutes Nierenversagen – Kardiochirurgische Intensivmedizin n Key words Acute renal failure – cardiosurgical intensive care Prävention des akuten Nierenversagens Eine Vielzahl von Faktoren wurden als mögliche, prädiktive Parameter für ein drohendes, akutes Nieren- versagen (ANV) nach kardiochi- rurgischen Eingriffen untersucht, und zum Teil auch gesichert (1–8). Unabhängig davon wurde und wird versucht mittels verschiede- ner Therapieschemata die Inzi- denz des ANV nach Kardiochirur- gie zu senken. Trotz vielfältiger Ansätze wie der intraoperativen Gabe von Furosemid, Theophyllin, Dopamin oder Mannitol, um nur einige zu nennen, gibt es bisher kein zufriedenstellendes Regime zur Prävention des ANV nach (Kardio)chirurgie (9–12). Betrach- tet man jedoch die in Teil I unter Klinik des ANV aufgeführten Risi- kofaktoren, so finden sich im Um- kehrschluss bei den präoperativ aufgeführten neun Parametern kaum Beeinflussbare, voraus- gesetzt die linksventrikuläre Funk- tion (LVEF <35%) ist bereits unter adäquater Herzinsuffizienzthera- pie so niedrig. Ist dies nicht der Fall, so sind bei einer elektiven Operation alle Maßnahmen der Herzinsuffizienztherapie ange- zeigt, um die linksventrikuläre Funktion (LVEF) effektiv zu ver- bessern, da eine eingeschränkte linksventrikuläre Funktion mit niedriger LVEF heute als der höchste Risikofaktor für die Ent- wicklung eines postoperativen ANV angesehen wird. (Das diesem Streben Grenzen gesetzt sind und die OP-Indikation nicht selten letztlich zur Verbesserung der LVEF mit gestellt wird ist dem Au- torenteam bewusst.) Da sich präoperativ wenig An- griffsmöglichkeiten bieten, muss intraoperativ versucht werden, die Risikofaktoren gering zu halten. Auch hier finden sich kaum be- einflussbare Parameter – so dass der pathophysiologisch häufigsten Genese, nämlich dem verminder- ten zirkulierenden Blutvolumen, größere Aufmerksamkeit – in be- zug auf die Verhinderung eines postoperativen ANV – geschenkt werden sollte (13, 14). Bisher existieren hierzu nur theoretische Modelle, so dass eine generelle Empfehlung einen höheren intra-/ frühpostoperativen Hämoglobin- wert anzustreben, nicht abgege- ben werden kann. Angesichts mangelnder An- griffspunkte lässt sich verein- fachend feststellen: Ein guter und schneller Kardio- chirurg ist immer noch die beste Prävention zur Verhinderung eines postoperativen ANV! Eine dramatische Entwicklung könnte sich bei der Auswahl der Patienten, die zur OP akzeptiert werden, anbahnen: Am besten lässt sich natürlich die Inzidenz

Das akute Nierenversagen in der Kardiochirurgie

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T. DietzF. Wagner

Das akute Nierenversagenin der Kardiochirurgie

Teil III: Prävention, Kosten, Perspektiven

Z Herz- Thorax- Gefäßchir 17:91–95 (2003)DOI 10.1007/s00398-003-0383-3

HT

G383

KARDIOCHIRURGISCHE INTENSIVMEDIZIN

Eingegangen: 22. Januar 2003Akzeptiert: 28. Februar 2003

Dr. Thomas Dietz ())Facharzt für Innere MedizinNephrologie/RettungsmedizinBochumer Str. 1510555 Berlin, Germany

PD Dr. Frank WagnerDeutsches Herzzentrum BerlinHerz-, Thorax- und GefäßchirurgieAugustenburger Platz 113353 Berlin, Germany

Acute renal failure in cardiac surgeryPart III: prevention, costs,perspectives

n SchlüsselwörterAkutes Nierenversagen –KardiochirurgischeIntensivmedizin

n Key words Acute renal failure –cardiosurgical intensive care

Präventiondes akuten NierenversagensEine Vielzahl von Faktoren wurdenals mögliche, prädiktive Parameterfür ein drohendes, akutes Nieren-versagen (ANV) nach kardiochi-rurgischen Eingriffen untersucht,und zum Teil auch gesichert (1–8).Unabhängig davon wurde undwird versucht mittels verschiede-ner Therapieschemata die Inzi-denz des ANV nach Kardiochirur-gie zu senken. Trotz vielfältigerAnsätze wie der intraoperativenGabe von Furosemid, Theophyllin,Dopamin oder Mannitol, um nureinige zu nennen, gibt es bisherkein zufriedenstellendes Regimezur Prävention des ANV nach(Kardio)chirurgie (9–12). Betrach-tet man jedoch die in Teil I unterKlinik des ANV aufgeführten Risi-kofaktoren, so finden sich im Um-kehrschluss bei den präoperativaufgeführten neun Parameternkaum Beeinflussbare, voraus-gesetzt die linksventrikuläre Funk-tion (LVEF <35%) ist bereits unteradäquater Herzinsuffizienzthera-pie so niedrig. Ist dies nicht derFall, so sind bei einer elektivenOperation alle Maßnahmen derHerzinsuffizienztherapie ange-zeigt, um die linksventrikuläreFunktion (LVEF) effektiv zu ver-bessern, da eine eingeschränktelinksventrikuläre Funktion mitniedriger LVEF heute als der

höchste Risikofaktor für die Ent-wicklung eines postoperativenANV angesehen wird. (Das diesemStreben Grenzen gesetzt sind unddie OP-Indikation nicht seltenletztlich zur Verbesserung derLVEF mit gestellt wird ist dem Au-torenteam bewusst.)

Da sich präoperativ wenig An-griffsmöglichkeiten bieten, mussintraoperativ versucht werden, dieRisikofaktoren gering zu halten.Auch hier finden sich kaum be-einflussbare Parameter – so dassder pathophysiologisch häufigstenGenese, nämlich dem verminder-ten zirkulierenden Blutvolumen,größere Aufmerksamkeit – in be-zug auf die Verhinderung einespostoperativen ANV – geschenktwerden sollte (13, 14). Bisherexistieren hierzu nur theoretischeModelle, so dass eine generelleEmpfehlung einen höheren intra-/frühpostoperativen Hämoglobin-wert anzustreben, nicht abgege-ben werden kann.

Angesichts mangelnder An-griffspunkte lässt sich verein-fachend feststellen:

Ein guter und schneller Kardio-chirurg ist immer noch die bestePrävention zur Verhinderung einespostoperativen ANV!

Eine dramatische Entwicklungkönnte sich bei der Auswahl derPatienten, die zur OP akzeptiertwerden, anbahnen: Am bestenlässt sich natürlich die Inzidenz

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des postoperativen ANV nachKardiochirurgie durch eine ent-sprechende Auswahl des Patien-tenkollektivs senken. Bei der nunfolgenden Diskussion über dieanfallenden Kosten beim ANV istdies angesichts der aktuellen me-dizinisch-politischen Entwicklungweniger absurd als es den An-schein hat.

Zusammenfassend gibt es bis-lang keine gesicherten Kriterienzur Verhinderung eines ANVnach Kardiochirurgie – wohl aberviele prädiktive Risikofaktoren.

Kostendes akuten Nierenversagens

Entgegen den Gepflogenheiten inangloamerikanischen Veröffentli-chungen die Kosten für ein Ver-fahren zu benennen (15, 19), istdies in Deutschland weiterhineher unüblich. Wir halten diesfür wenig sinnvoll! Vielmehrmuss den Kostenträgern dieProblematik und der mittlerweiletägliche, auf den Stationsalltagübertragene Kostendruck, demder Behandler ausgesetzt ist, klar-gemacht werden. Unabhängig da-von kann Kostentransparenz, ausunserer Sicht, für alle Beteiligtenaber auch einen bewussteren Um-gang mit den Dingen bewirkenund Handlungsantrieb für Verän-derungen bzw. Problemerkennungund -fokussierung sein.

Bisher erschöpfen sich die po-litischen Entscheidungsträger lei-der in der Perseveration bekann-ter Phrasen, die – vollinhaltlichidentisch – jedem Bürger allzeitdie bestmögliche Behandlung ga-rantieren. Das dies kurz- bis mit-telfristig angesichts immer stärke-rer Kürzungen nicht mehr finan-zierbar sein wird, kann nur„Halbwissenden“ entgehen: Einkurzer Ausflug in die Kosten des„Chronikerprogramms“ der Dia-lysepatienten in Deutschland of-fenbart diese Misere: 0,075% aller

Patienten benötigen für ihre le-bensnotwendige Behandlung 3,3%des Gesundheitsetats. Angesichtsstetig steigender Dialysepatienten-zahlen in Deutschland wurde hiereine einfache Regelung gefunden:Eine bundeseinheitliche Pauschaleregelt die Dialyseversorgung, un-abhängig davon, ob der Patientzwei- oder viermal pro Woche andie Dialyse angeschlossen werdenmuss; auch regionale Besonder-heiten werden nicht berücksich-tigt (16). Allen Beteiligten dürfteklar sein, dass dies nur der Be-ginn einer entsprechenden Ent-wicklung sein dürfte, wobei irri-tierenderweise immer mehr Men-schen ohne direkten Patienten-kontakt immer mehr Verordnun-gen schaffen – seltenst rein alt-ruistisch. Nachdem für die ambu-lante chronische Dialysebehand-lung diese Verordnungen geschaf-fen wurden, wird aktuell dieVergütung im Rahmen der DRG’sfür die stationäre Dialyse geplant.Auch hier ist nichts Gutes zu er-warten, d.h. tritt ein ANV nachKardiochirurgie auf, so dürftendie notwendigen Behandlungskos-ten vermutlich nicht extra geltendgemacht werden können. Trotzdieser gesundheitspolitischen Ent-wicklungen liegt es an uns, nachden Bestmöglichen – unter denderzeitigen Bedingungen nochbezahlbaren – Lösungen für dieuns anvertrauten Patienten zu su-chen.

Im angloamerikanischenSchrifttum werden die Kosten fürein ANV je nach Therapieform[continuous renal replacementtherapy (CRRT) vs. intermittenthemodialysis (IHD)] für die CRRTmit rund 3500–5100 Can $ proWoche angegeben, für die IHDmit rund 1400 Can $ pro Woche(17). Mehta berechnete Kostenvon rund 4000 US $ für die CVVHund 3100 US $ für die IHD beimANV, wobei dies die kompletten„per patient treatment costs“ wa-ren (18). In beiden Studien wur-den Patienten mit ANV – nicht

nur nach Kardiochirurgie – be-handelt. Unstrittig ist, dass ein Pa-tient im instabilen Stadium – sieheauch Teil II – primär mittels CRRTbehandelt werden sollte. Trotzdemsind etwaige Einsparmöglichkeitenbei den hohen Kosten für die ex-trakorporale Therapie Gegenstandzum Teil scharfer Diskussionenund verschiedener Untersuchun-gen (19, 20).

Vergleicht man die Kosten fürdie IHD mit denen für die CRRT,so wird auch in Deutschland,selbst bei täglicher Hämodialyse,diese kostengünstiger sein. Cave:Gerne werden bei externen Be-rechnungen durch Anbieterfirmendie anteiligen Personalkosten ver-gessen. Weder eine Hämodia-lysemaschine, noch ein Hämofil-trationsgerät rüsten sich selbstauf und ab. Auch die notwendi-gen Shaldonkatheter bei Initiie-rung einer extrakorporalen The-rapie müssen kostenseitig jeweilsmit berücksichtigt werden.

Überträgt man die Daten derbeiden vermutlich relevantestenStudien zum ANV der letztenJahre (7, 35), so lässt sich folgen-des für den klinischen Alltag ab-leiten:

Wenn CRRT, dann Substitutionmit 35 mL/kg/h; wenn Hämodia-lyse, dann tägliche Hämodialysebei Intensivpatienten mit akutemNierenversagen.

Neben dem klinischen End-punkt der Mortalitätsabsenkung,der in beiden Studien mit Signifi-kanzniveau erreicht wurde, wurdein der Studie von Schiffl et al. beitäglicher Hämodialyse darüberhinaus eine ebenfalls signifikanteVerkürzung der Dauer des ANVnachgewiesen: So fand sich beizweitägiger Hämodialyse eineDauer für das ANV von 16±6 Ta-gen, während bei täglicher Hämo-dialyse die Dauer der ANV-Episo-de lediglich 9±2 Tage betrug.

Ein alle zwei Tage hämodia-lysierter Patient erhält somit imMittel 8 Dialysen in 16 Tagen,während die tägliche Hämodia-

92 Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Band 17, Heft 2 (2003)© Steinkopff Verlag 2003

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lyse in 9 Tagen zu 9 Dialysebe-handlungen führt. Das ist im Mit-tel eine Hämodialyse mehr, dafürist der Patient aber ein Wochefrüher aus dem Stadium des aku-ten, extrakorporal behandlungs-pflichtigen ANV heraus.

Abgesehen von den ethischenGesichtspunkten in Bezug auf pri-märes und sekundäres Outcome,findet sich – auch wenn natürlichkeine unmittelbare Umsetzungdieser Ergebnisse in den klini-schen kardiochirurgischen Alltagmöglich ist – angesichts der Pau-schalenregelung bei der Finanzie-rung der Krankenhausleistungen,eine potentielle Möglichkeit, In-tensivbetten für OP-Kapazitätenfrüher bereitstellen zu können.Welche kardiochirurgische Abtei-lung in Deutschland hat mangelsIntensivbettkapazitäten noch kei-ne Operation aus dem Routine-programm absagen müssen?

Perspektiven

Die Mortalität des ANV nach Kar-diochirurgie ist mit im Mittel40–50% weiterhin inakzeptabelhoch. In den letzten 30 Jahren hatsich durch die Einführung der ex-trakorporalen Verfahren beimakuten Nierenversagen die Morta-lität nur marginal verändert; viel-mehr ist es zu einer Veränderungder Mortalitätsursachen gekom-men (21). Von den Überlebendenbleibt allerdings nur ein sehrgeringer Teil (10–15%) chronischdialysepflichtig.

Wünschenswert wäre demnachdie weitestgehende Verhinderungdes ANV nach Kardiochirurgie.Hier gibt es bisher kein validesKonzept; beispielsweise wird aktu-ell wieder beim ANV generell vorder Gabe von Diuretika gewarnt,da diese das ANV verschlimmernkönnten (22). Betrachtet man diedazu vorgelegte Studie genauer,so offenbaren sich die Problemein der Aufrechterhaltung einer

derartigen Konklusion: Es handeltsich um eine retrospektive Kohor-tenstudie, zudem ergab sich dasRisiko für eine höhere Mortalitätunter Diuretika u.a. durch denim Einzelfall doch notwendig wer-denden Einsatz eines extrakorpo-ralen Verfahrens, welches dann zuspät gewählt worden war (23). Un-abhängig davon gibt es Berichteüber Fälle von ANV nach der Gabevon Mannitol (24, 25).

An dieser Stelle soll auf eineWeisheit von Paracelsus verwie-sen werden: Alles ist nichts undnichts ist alles – die Dosis macht,ob ein Ding ein Gift ist. In allenFällen handelte es sich um „high-dose-Gaben“ über einen längerenZeitraum ohne adäquat einsetzen-de Diurese.

Die passagere Hoffnung, dassmit dem atrial natriuretischenPeptid ein effektives Medikamentzur Verhinderung des ANV nachKardiochirurgie zur Verfügungsteht, hat sich nach anfänglicherEuphorie leider nicht bestätigt(26, 27). Zudem ist der hohePreis für einen breiten Einsatz li-mitierend. Im Deutschen Herz-zentrum Berlin wird aber weiter-hin eine begrenzte Indikation fürdas ebenfalls der Gruppe der na-triuretischen Peptide zugerech-nete Urodilatin gesehen, das rou-tinemäßig in den ersten 48 Stun-den nach orthotoper Herztrans-plantation verabreicht wird.

In einigen Studien findet sichals Konsequenz aus der Gabe vonFurosemid und/oder Mannitol derHinweis, dass hierdurch ein oli-gurisches in ein non-oligurischenANV konvertiert werden konnte(28, 29).

Allerdings konnten alle Diure-tika bisher in keiner Unter-suchung eine Mortalitätsverbes-serung aufzeigen, obgleich dasnon-oligurische ANV eine gerin-gere Mortalität aufweist als dasoligurische ANV. Lediglich diefrühe und intensive CRRT-Be-handlung beim ANV nach Kar-diochirurgie hat bisher Hinweise

auf eine günstige Beeinflussungder Mortalität – mangels Studien-größe ohne ausreichende Signifi-kanz – erbringen können (30).Der Trend ist bemerkenswerter-weise auch bei anderen Ursachendes ANV als stattgehabte Kardio-chirurgie eindeutig: Je früher eindrohendes ANV erkannt und spe-zifisch angegangen wird, umsobesser ist der Verlauf und dasOutcome. Auch für nicht-renaleIndikationen zur CRRT zeigensich Trends, die eine frühe Inter-vention propagieren (31).

Betrachtet man die Unter-suchung von Sirivella et al. dezi-dierter, so hat sich durch diesesVorgehen beim drohenden ANVein erhebliches Einsparpotentialan extrakorporalen Verfahren er-geben, indem man konsequentversucht hat, ein oligurischesANV zu verhindern. Unabhängigdavon liegt ein weitestgehend ver-nachlässigter Faktor zur Verhin-derung eines ANV – nicht nurnach Kardiochirurgie – in derstrengen Einstellung des Blut-zuckerwertes: Bei einer mittlerenBlutglucose über 150 mg/dl steigtdie Inzidenz des ANV signifikantan (32). Betrachtet man die Insu-linregime auf einer Intensivstati-on, so findet man fast nie Blut-glucosezielwerte unter 150 mg/dl.Überraschenderweise ist zudemhäufig noch eine „relative iatroge-ne Hyperalimentation“ ursächlichfür die hohen Blutglucosespiegel.Meist wird zu früh zuviel ernährt,im weiteren Verlauf wiederum istder Patient dann nicht selten un-terernährt (33).

Abschließend bleibt festzustel-len: Je früher ein drohendes ANVerkannt wird, desto eher kann spe-zifisch darauf reagiert werden, sodass letztlich durch das Aufrecht-erhalten der Diurese in einem fes-ten Zeitfenster die Anzahl der not-wendigen extrakorporalen Verfah-ren reduziert werden kann. In ei-nem großen kardiochirurgischenZentrum wie dem DeutschenHerzzentrum Berlin mit über-

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schlagenen Kosten von rund 1 Mil-lion Euro für alle extrakorporalenVerfahren pro Jahr, lassen sichmit dem von uns vorgeschlagenenFlussschema trotz intensivererund früherer Behandlung, mindes-tens 10% der Kosten für extrakor-porale Verfahren einsparen – unddies ohne Gefährdung der Patien-

ten, respektive ohne eine negativeVeränderung der Mortalität inKauf nehmen zu müssen.

Zusammenfassend bleibt fest-zuhalten, dass die Debatte um dieoptimale Therapie des ANV nochlange anhalten wird; an dieserStelle sei Claudio Ronco zitiert:„Despite the opinion of some de-

tractors, these therapies have per-mitted a significant advancementin the treatment of acute renalfailure. The upcoming controlledstudies will certainly give the fi-nal answer to the endless questi-on whether or not these therapiesare beneficial, reliable and defini-tively useful“ (34).

94 Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Band 17, Heft 2 (2003)© Steinkopff Verlag 2003

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