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EDITORIAL ZfCM | Controlling & Management 56. Jg. 2012, H.2 85 Jürgen Weber Controlling & IT Die IT-Infrastruktur besitzt für das Controlling schon seit langem eine zentrale Be- deutung. Neben den Controllern bestimmt die IT als zweite zentrale Ressource die Leistungsfähigkeit des Controllings maßgeblich. Die IT war in der Vergangenheit auch für die Entwicklungssprünge im Controlling prägend. Dies begann schon vor Jahrzehnten mit der Automatisierung der häufig manuell betriebenen Kostenrech- nung. In der zweiten Entwicklungswelle in den 1970er- und 1980er-Jahren wurden dann Individuallösungen von Standardsoftware abgelöst. Wieder wurden in erheb- lichem Maße Kapazitäten der Controller freigesetzt. Sie nutzten diese, um den Managern echte Führungsunterstützung über das reine Zahlenliefern hinaus anzu- bieten. Bei kleinen Unternehmen reichen heute häufig Excel-Lösungen auf Basis der Finanzbuchhaltung aus. In Großunternehmen können die Controller auf eine sehr komfortable, umfassend systemgestützte Informationsversorgung als absoluter Standard zurückgreifen. Business Intelligence (BI)-Konzepte bieten die Möglichkeit, die vorhandenen Informationen nach den unterschiedlichsten Facetten auszu- werten. Aus Jahres- und Quartalabrechnungen sind nun systematische Monats- berichte mit vielfältigen Analysemöglichkeiten geworden. Eine noch größere Aktualität der Daten findet man nur selten. Vorreiter sind hier prozessorientierte Branchen, wie der Handel oder die Logistik. Hier besteht aufgrund des Geschäftsmodels ein virulenter Bedarf, täglich, ja stündlich über die wichtigsten Prozess- und Ergebnisdaten informiert zu sein. Für die traditionelle Überwachung von im Wesentlichen gleichbleibenden Geschäften war dies nicht erforderlich. Wenn aber Beschaffungs- und Absatzpreise stark volatil werden, wenn die Konkurrenz tem- poräre Vorteile reaktionsschnell ausnutzt, sind auch in bislang „ruhigen“ Geschäften kurzfristige Entscheidungen erforderlich, für die die Intuition der Manager nicht im- mer ausreicht. Einen Bedarf, schneller zu werden, gibt es auch in Richtung Budgetie- rung und Budgetkontrolle. Die Krise lieferte hier leidvolle Erfahrung. (Deutlich) Schneller neu planen zu können, hätte vielen Unternehmen sehr geholfen. An dieser Stelle steht die nächste Welle der IT-Entwicklung vor der Tür: Seit kurzem werden mächtige Instrumente angeboten, die auf der sog. „in memory“-Technologie basieren. Hierbei handelt es sich um einen Datenbankansatz, der durch eine neuar- tige Anordnung von Daten die schnelle Analyse großer Datenmengen ermöglicht. Analysen, die vorher Stunden kosteten, gehen jetzt in Sekunden. Der Umweg der Datenverdichtung, wie er für traditionelle BI-Konzepte gilt, ist nicht mehr erforderlich; die komplexen Rohdaten können benutzt werden. Neuplanungen werden davon ebenso profitieren wie Forecasts und ganz neue Formen sehr zeitnaher Entschei- dungsunterstützung. Auf diese Entwicklung sind derzeit die wenigsten Controller vorbereitet. Entspre- chendes Engagement ist gefordert! Sich mit neuen Technologien intensiv zu beschäf- tigen, ist noch aus einem weiteren Grund sehr anzuraten: Sprünge in der Schnellig- keit der Datenverarbeitung sind nur eine Facette der neuen IT-Welt. Insbesondere die neuen Endgeräte („Tablets“) werden erhebliche Veränderungen auslösen, da sie das Informationsverhalten der Manager grundlegend beeinflussen. Zu erwarten ist ein Umbruch ähnlicher Größenordnung, wie er durch Blackberries hinsichtlich des Medi- ums E-Mail oder durch das iPhone bezogen auf mobile Internetnutzung stattgefun- den hat. Controller sollten bei der Gestaltung dieses Umbruchs schon aus Eigennutz ganz intensiv involviert sein: Könnte es nicht sein, dass die Manager in Zukunft die bisher von den Controllern gelieferten Informationen am Tablet selbst abrufen und zusammenstellen und die Controller damit partiell arbeitslos werden? Jürgen Weber DOI: 10.1365/s12176-012-0118-y

Controlling & IT

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EDITORIAL

ZfCM | Controlling & Management 56. Jg. 2012, H.2 85

Jürgen Weber

Controlling & IT

Die IT-Infrastruktur besitzt für das Controlling schon seit langem eine zentrale Be-deutung. Neben den Controllern bestimmt die IT als zweite zentrale Ressource die Leistungsfähigkeit des Controllings maßgeblich. Die IT war in der Vergangenheit auch für die Entwicklungssprünge im Controlling prägend. Dies begann schon vor Jahrzehnten mit der Automatisierung der häufig manuell betriebenen Kostenrech-nung. In der zweiten Entwicklungswelle in den 1970er- und 1980er-Jahren wurden dann Individuallösungen von Standardsoftware abgelöst. Wieder wurden in erheb-lichem Maße Kapazitäten der Controller freigesetzt. Sie nutzten diese, um den Managern echte Führungsunterstützung über das reine Zahlenliefern hinaus anzu-bieten. Bei kleinen Unternehmen reichen heute häufig Excel-Lösungen auf Basis der Finanzbuchhaltung aus. In Großunternehmen können die Controller auf eine sehr komfortable, umfassend systemgestützte Informationsversorgung als absoluter Standard zurückgreifen. Business Intelligence (BI)-Konzepte bieten die Möglichkeit, die vorhandenen Informationen nach den unterschiedlichsten Facetten auszu-werten. Aus Jahres- und Quartalabrechnungen sind nun systematische Monats-berichte mit vielfältigen Analysemöglichkeiten geworden.

Eine noch größere Aktualität der Daten findet man nur selten. Vorreiter sind hier prozessorientierte Branchen, wie der Handel oder die Logistik. Hier besteht aufgrund des Geschäftsmodels ein virulenter Bedarf, täglich, ja stündlich über die wichtigsten Prozess- und Ergebnisdaten informiert zu sein. Für die traditionelle Überwachung von im Wesentlichen gleichbleibenden Geschäften war dies nicht erforderlich. Wenn aber Beschaffungs- und Absatzpreise stark volatil werden, wenn die Konkurrenz tem-poräre Vorteile reaktionsschnell ausnutzt, sind auch in bislang „ruhigen“ Geschäften kurzfristige Entscheidungen erforderlich, für die die Intuition der Manager nicht im-mer ausreicht. Einen Bedarf, schneller zu werden, gibt es auch in Richtung Budgetie-rung und Budgetkontrolle. Die Krise lieferte hier leidvolle Erfahrung. (Deutlich) Schneller neu planen zu können, hätte vielen Unternehmen sehr geholfen.

An dieser Stelle steht die nächste Welle der IT-Entwicklung vor der Tür: Seit kurzem werden mächtige Instrumente angeboten, die auf der sog. „in memory“-Technologie basieren. Hierbei handelt es sich um einen Datenbankansatz, der durch eine neuar-tige Anordnung von Daten die schnelle Analyse großer Datenmengen ermöglicht. Analysen, die vorher Stunden kosteten, gehen jetzt in Sekunden. Der Umweg der Datenverdichtung, wie er für traditionelle BI-Konzepte gilt, ist nicht mehr erforderlich; die komplexen Rohdaten können benutzt werden. Neuplanungen werden davon ebenso profitieren wie Forecasts und ganz neue Formen sehr zeitnaher Entschei-dungsunterstützung.

Auf diese Entwicklung sind derzeit die wenigsten Controller vorbereitet. Entspre-chendes Engagement ist gefordert! Sich mit neuen Technologien intensiv zu beschäf-tigen, ist noch aus einem weiteren Grund sehr anzuraten: Sprünge in der Schnellig-keit der Datenverarbeitung sind nur eine Facette der neuen IT-Welt. Insbesondere die neuen Endgeräte („Tablets“) werden erhebliche Veränderungen auslösen, da sie das Informationsverhalten der Manager grundlegend beeinflussen. Zu erwarten ist ein Umbruch ähnlicher Größenordnung, wie er durch Blackberries hinsichtlich des Medi-ums E-Mail oder durch das iPhone bezogen auf mobile Internetnutzung stattgefun-den hat. Controller sollten bei der Gestaltung dieses Umbruchs schon aus Eigennutz ganz intensiv involviert sein: Könnte es nicht sein, dass die Manager in Zukunft die bisher von den Controllern gelieferten Informationen am Tablet selbst abrufen und zusammenstellen und die Controller damit partiell arbeitslos werden?

Jürgen Weber

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