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PRAXIS | ARTIKEL ZfCM | Controlling & Management 56. Jg. 2012, H.2 105 Während 1943 noch ein Volumen von fünf Computern für den zukünftigen weltweiten Markt vorhergesagt wurde (vgl. Lindner 2011), kauften Unterneh- men und Privatpersonen im Jahr 2010 über 13,7 Millionen Computer (vgl. BIT- KOM). Diese unfassbar schnelle Entwick- lung der IT hatte und hat auch einen er- heblichen Einfluss auf organisationale Ab- läufe. So entstand in den letzten Jahren nicht nur eine Vorstandsposition für Technologie, der sog. Chief Information Officer (CIO), sondern die Rolle des CIO hat sich bereits wieder vom reinen „Tech- niker“ zur strategischen Führungskraft gewandelt (vgl. IBM Studie 2011). Zudem steuert die IT-Infrastruktur mittlerweile Produktivitätsgewinne bei und der Um- satz wird bei einer steigenden Zahl von Unternehmen immer stärker über den Vertrieb von Produkten und Dienstleis- tungen über das Internet bzw. durch IT- basierte Dienstleistungen erwirtschaftet (vgl. Kurzlechner 2010). Sind diese Ent- wicklungen per se schon beeindruckend, so ist die Veränderungsgeschwindigkeit der IT noch eindrucksvoller. Dementspre- chend verwundert es nicht, dass IT zu einem der wichtigsten Faktoren geworden ist, um Unternehmen durch wirtschaft- lich schwierige Zeiten zu steuern. 83 % der CIOs deutscher Unternehmen bezeich- nen Business Intelligence und Datenana- lyse als ihre wichtigsten Aufgaben, um die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unterneh- mens zu verbessern (vgl. IBM Studie 2011). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass sich auch das Controlling mit entspre- chenden Veränderungen auseinanderset- zen muss. Zwar kommt traditionell IT- basierten Informationssystemen im Con- trolling eine hohe Bedeutung zu, allerdings werden die Entwicklungen speziell für das Controlling immer vielfältiger. Ange- fangen mit der ersten großen Welle von Kostenrechnungssoftware in den 1980er- Jahren, gefolgt von der zunehmenden Ver- breitung von Individual- und Standard- software, bis hin zum Ausbau zu ganzen ERP-Systemen mit ihrer Vielzahl an kom- fortablen Auswertungen wie beispielswei- se Online Analytical Processing (OLAP). Entsprechende Innovationen waren stets mit einer erheblichen Arbeitsersparnis für Controller verknüpft. Die freigewordenen Kapazitäten konnten Controller nutzen, Jürgen Weber/Erik Strauß/Sabine Spittler Controlling & IT: Wie Trends und Herausforderungen der IT die Controllingfunktion verändern Autoren Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber ist Direktor des Instituts für Manage- ment und Controlling (IMC) an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Controlling und Manage- ment (ZfCM). Neben der Mitgliedschaft in mehreren wissenschaftlichen Kom- missionen und Verbänden übt er wis- senschaftliche Beiratsfunktionen im ICV (Controlling) und in der BVL (Logistik) sowie in der CTcon (Beratung) aus. Dr. Erik Strauß ist Juniorprofessor am Institut für Ma- nagement und Controlling (IMC), WHU – Otto Beisheim School of Management, Burgplatz 2, 56179 Vallendar, E-Mail: [email protected] Sabine Spittler M.Sc., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Management und Con- trolling (IMC), WHU – Otto Beisheim School of Management, Burgplatz 2, 56179 Vallendar, E-Mail: Sabine.Spittler @whu.edu Das Thema „Informationssysteme“ und die Bedeutung von IT-basierten Infor- mationssystemen im Controlling weist in den nächsten fünf Jahren eine sehr starke Bedeutungszunahme auf und wird die Ausgestaltung der Controlling- funktion maßgeblich verändern. Wesentliche Trends in der IT (d. h. Self- Service Auswertung, Mobilität, Echtzeit- verarbeitung und Cloud Computing) können erst dann realisiert werden, wenn aktuelle Herausforderungen in der IT (d. h. Datenintegration, Standar- disierung, Rechtemanagement und Sys- temintegration) adressiert wurden. Die gegenwärtigen Trends und He- rausforderungen in der IT verändern die Anforderungen an Controller, deren Rollen und Aufgabenbereiche und deren Interaktion mit den jeweiligen Mana- gern. Unsere empirischen Ergebnisse zeigen, dass wesentliche Controllingtätigkeiten, insbesondere die Informationsverdich- tung, zukünftig stark durch IT-Systeme erfolgen. Die sich hieraus ergebenden Herausforderungen bei der Qualitätssi- cherung der Daten und dem Anstieg der Informationsmenge werden Controller fordern und dadurch die Realisierung von möglichen Effizienzsteigerungspo- tenzialen, die mit dem Einsatz von IT-Sys- temen einhergehen, verlangsamen.

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Während 1943 noch ein Volumen von fünf Computern für den zukünftigen weltweiten Markt vorhergesagt wurde (vgl. Lindner 2011), kauften Unterneh-men und Privatpersonen im Jahr 2010 über 13,7 Millionen Computer (vgl. BIT-KOM). Diese unfassbar schnelle Entwick-lung der IT hatte und hat auch einen er-heblichen Einfluss auf organisationale Ab-läufe. So entstand in den letzten Jahren nicht nur eine Vorstandsposition für Technologie, der sog. Chief Information Officer (CIO), sondern die Rolle des CIO hat sich bereits wieder vom reinen „Tech-niker“ zur strategischen Führungskraft gewandelt (vgl. IBM Studie 2011). Zudem steuert die IT-Infrastruktur mittlerweile Produktivitätsgewinne bei und der Um-satz wird bei einer steigenden Zahl von Unternehmen immer stärker über den Vertrieb von Produkten und Dienstleis-tungen über das Internet bzw. durch IT-basierte Dienstleistungen erwirtschaftet (vgl. Kurzlechner 2010). Sind diese Ent-wicklungen per se schon beeindruckend, so ist die Veränderungsgeschwindigkeit der IT noch eindrucksvoller. Dementspre-chend verwundert es nicht, dass IT zu einem der wichtigsten Faktoren geworden ist, um Unternehmen durch wirtschaft-lich schwierige Zeiten zu steuern. 83 % der CIOs deutscher Unternehmen bezeich-nen Business Intelligence und Datenana-lyse als ihre wichtigsten Aufgaben, um die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unterneh-mens zu verbessern (vgl. IBM Studie 2011).

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass sich auch das Controlling mit entspre-chenden Veränderungen auseinanderset-zen muss. Zwar kommt traditionell IT- basierten Informationssystemen im Con-trolling eine hohe Bedeutung zu, allerdings werden die Entwicklungen speziell für das Controlling immer vielfältiger. Ange-fangen mit der ersten großen Welle von

Kostenrechnungssoftware in den 1980er- Jahren, gefolgt von der zunehmenden Ver-breitung von Individual- und Stan dard-software, bis hin zum Ausbau zu ganzen ERP-Systemen mit ihrer Vielzahl an kom-fortablen Auswertungen wie beispielswei-se Online Analytical Processing (OLAP). Entsprechende Innovationen waren stets mit einer erheblichen Arbeitsersparnis für Controller verknüpft. Die freigewordenen Kapazitäten konnten Controller nutzen,

Jürgen Weber/Erik Strauß/Sabine Spittler

Controlling & IT: Wie Trends und Herausforderungen der IT die Controllingfunktion verändern

Autoren

Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber

ist Direktor des Instituts für Manage-ment und Controlling (IMC) an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Controlling und Manage-ment (ZfCM). Neben der Mitgliedschaft in mehreren wissenschaftlichen Kom-missionen und Verbänden übt er wis-senschaftliche Beiratsfunktionen im ICV (Controlling) und in der BVL (Logistik) sowie in der CTcon (Beratung) aus.

Dr. Erik Straußist Juniorprofessor am Institut für Ma-nagement und Controlling (IMC), WHU – Otto Beisheim School of Management, Burgplatz 2, 56179 Vallendar, E-Mail: [email protected]

Sabine SpittlerM.Sc., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Management und Con-trolling (IMC), WHU – Otto Beisheim School of Management, Burgplatz 2, 56179 Vallendar, E-Mail: Sabine.Spittler @whu.edu

■ Das Thema „Informationssysteme“ und die Bedeutung von IT-basierten Infor-mationssystemen im Controlling weist in den nächsten fünf Jahren eine sehr starke Bedeutungszunahme auf und wird die Ausgestaltung der Controlling-funktion maßgeblich verändern. ■ Wesentliche Trends in der IT (d. h. Self-

Service Auswertung, Mobilität, Echtzeit-verarbeitung und Cloud Computing) können erst dann realisiert werden, wenn aktuelle Herausforderungen in der IT (d. h. Datenintegration, Standar-disierung, Rechtemanagement und Sys-temintegration) adressiert wurden. ■ Die gegenwärtigen Trends und He-

rausforderungen in der IT verändern die Anforderungen an Controller, deren Rollen und Aufgabenbereiche und deren Interaktion mit den jeweiligen Mana-gern. ■ Unsere empirischen Ergebnisse zeigen,

dass wesentliche Controllingtätigkeiten, insbesondere die Informationsverdich-tung, zukünftig stark durch IT-Systeme erfolgen. Die sich hieraus ergebenden Herausforderungen bei der Qualitätssi-cherung der Daten und dem Anstieg der Informationsmenge werden Controller fordern und dadurch die Realisierung von möglichen Effizienzsteigerungspo-tenzialen, die mit dem Einsatz von IT-Sys-temen einhergehen, verlangsamen.

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um weg von der reinen Zahlenbereitstel-lung hin zur Zahlenkommunikation ge-genüber dem Management zu kommen. Die IT-gestützten Informationen waren nicht nur leichter verfügbar, sondern viel-fach auch von einer höheren Qualität. Häufige Voraussetzung dafür war der Er-werb neuer Fähigkeiten durch die Con-troller. Sie mussten vielfach die notwendi-gen IT-Kenntnisse erst aufbauen; viele von ihnen haben sich so im Laufe der Zeit zu „SAP-Experten“ entwickelt. Somit wurde die Rolle des Controllers durch die Verän-derungen in und der stärkeren Orientie-rung an der IT erheblich beeinflusst. Wäh-rend diese Trends in Summe eine Mög-lichkeit für die Controller darstellten, ihre Position im Unternehmen zu stärken, scheinen neue Trends in der IT die Bedeu-tung des Controllers vor allem für die Un-ternehmensberichterstattung zu gefähr-den. Aktuelle Trends wie beispielsweise Echtzeitverarbeitung oder Self-Service-Auswertung durch das Management kön-nen erhebliche Implikationen für das typi-sche Aufgabengebiet des Controllers ha-ben. Controller entsprechend auf neue IT-Trends aufmerksam zu machen und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, ist Ziel des vorliegenden Artikels.

Der Artikel baut dafür auf den Ergeb-nissen einer Delphi-Studie des Instituts für Management und Controlling (IMC) auf, welche sich mit den Zukunftsthemen des Controllings befasst (vgl. Weber et al. 2012). Zusätzlich werden diese Erkennt-nisse durch konzeptionelle und inter-viewbasierte Daten aus insgesamt sechs Interviews mit Experten aus Unterneh-mensberatung, Forschung und Personal-management ergänzt. Mit Hilfe der qua-litativen Erhebung konnten wichtige Themen für die weitere Analyse iden ti-fiziert werden. Das inhaltliche Konzept der Untersuchung wird durch Abbildung 1 illustriert.

Veränderungen in der IT

Wie bereits erläutert, weisen IT-basierte In-formationssysteme eine beeindruckende Veränderungsgeschwindigkeit auf und ge-winnen weiterhin stark an Bedeutung. Ge-genwärtig sind auf diesem Gebiet vor allem die vier Trends Self-Service Auswertung, Mobilität, Echtzeitverarbeitung und Cloud Computing erkennbar, die auf dem zu er-wartenden technischen Fortschritt in der IT basieren. Unternehmen haben diese

Trends aber nur – wenn überhaupt – sehr begrenzt aufgegriffen und in ihre un-ternehmerische Praxis integriert. Ein we-sentlicher Grund für die limitierte Umset-zung liegt in der Menge der notwendigen Voraussetzungen, die als Basis für die Ver-wirklichung der Trends in den Unterneh-men erfüllt sein müssen. Im Folgenden werden diese Trends und die entsprechen-den Herausforderungen vorgestellt.

Self-Service Auswertung, Mobilität, Echtzeitverarbeitung und Cloud Computing zeichnen sich als wesentliche Trends in der IT ab.Self-Service Auswertung ist ein Ansatz zur Datenanalyse, der Business-Anwendern den direkten Zugriff auf und die Arbeit mit Unternehmensinformationen ohne die Be-teiligung der IT- oder Con trollingabteilung ermöglicht. Durch die eingesparten Kapa-zitäten im Controlling ist eine Fokussie-rung auf die Verbesserung der IT-Sys teme möglich. Die Idee ist, dass Manager mit Hilfe einer komfortablen und leicht zu be-dienenden Software die Informations-abfragen selber durchführen können.

Mobilität bezeichnet eine Entwicklung, welche die Verteilung von Daten und In-formationen auf mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablet PCs ermöglicht. Voraussetzung dafür ist eine flächende-ckende Verfügbarkeit von mobilen Breit-bandinternetzugängen. Als die wichtigs-ten Funktionen von mobilen Business Intelligence (BI) Anwendungen wurden Dashboards, Diagramme/Berichte, Alarm und Key Performance Indikatoren identi-fiziert. Eine Studie zur Verbreitung von mobilen Anwendungen von MicroStra-

tegy (Befragung ihrer Geschäftskontakte) verdeutlicht die steigende Bedeutung: Demnach werden 83 % aller Befragten mobile Anwendungen nutzen oder prüfen derzeit eine Nutzung. Des Weiteren haben zwischen Juni und Dezember bereits 6 % weniger Unternehmen angegeben, keine mobilen Anwendungen zu nutzen oder genutzt zu haben als dies noch im Vorjahr der Fall war (23 % im Juni 2010, 17 % im Dezember 2010). Die Studie kommt au-ßerdem zu dem Ergebnis, dass BI die An-wendung ist, an der die meisten Unter-nehmen für mobile Nutzung interessiert sind (62 %). Im Ergebnis wird erwartet, dass neue Endgeräte wie beispielsweise Tablet PCs und Smartphones zu einem verän derten Informationsabfrageverhal-ten der Ma nager und entsprechend zu neuen Anforderungen an die Bereitstel-lung der Informationen führen.

Echtzeitverarbeitung („Information at the Speed of Thought“) bedeutet die Be-reitstellung großer Informationsmengen in Echtzeit und damit eine Beschleunigung langwieriger Rechenprozesse wie beispiels-weise Szenarioanalysen. Durch den zu erwartenden technologischen Fortschritt wird eine beschleunigte Analyse von Daten durch die Nutzung spezieller Hardware ermöglicht. Wenn früher für Lagerbe-standsanalysen noch Tage notwendig waren, reichen nun wenige Sekunden, um die entsprechende Information zu erhalten. Informationen, die in Echtzeit vorliegen, ermöglichen schnellere Entscheidungen. Diese Entwicklung hat so bspw. Einfluss auf die Logistik und das Controlling, da Business Cases und Forecasts schneller berechnet werden können.

Abb. 1 | Veränderungen der IT-Unterstützung im Controlling

Veränderungen in der IT Implikationen für das Controlling

Herausforderungen• Datenintegration• Standardisierung • Rechtemanagement • Systemintegration

Trends• Self-Service Auswertung• Mobilität• Echtzeitverarbeitung• Cloud Computing

Herausforderungen

Veränderung der:• Anforderungen an Controller• Rolle der Controller• Interaktion mit den Managern

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Cloud Computing ist ein Modell für einen allgegenwärtigen, bequemen On-Demand Netzwerk Zugriff auf einen ge-meinsamen Pool von konfigurierbaren IT-Ressourcen (Rechenleistung, Software, Da-ten). Dieser On-Demand Zugriff kann schnell und mit minimalem Management-aufwand bzw. mit geringer Interaktion mit dem Dienstleister bereitgestellt werden.

Die Umsetzung dieser Trends hängt in hohem Maße von der erfolgreichen Bewäl-tigung der aktuellen Herausforderungen in der IT ab. Welche genau dies sind, wird im nun folgenden Abschnitt verdeutlicht.

Wichtige, zu bearbeitende Herausforde-rungen als Basis für die Verwirklichung der Trends in der IT sind Datenintegration, Standardisierung, Rechtemanagement und Systemintegration.Datenintegration bezeichnet die Anstren-gung, Informationen nur einmal zu spei-chern. Die Parallelexistenz verschiedener Datenquellen soll damit abgeschafft wer-den. Gegenwärtig haben Funktionsberei-che häufig die Freiheit zu entscheiden, wel-ches IT-System sie verwenden. Hierdurch kommt es zu Konstellationen, in denen in-nerhalb eines Unternehmens verschiedene IT-Systeme betrieben werden. Schnittstel-lenprobleme zwischen diesen Systemen können die Datenqualität verringern, die Datenaufbereitung verkomplizieren und Ressourcen binden. Durch die Implemen-tierung eines einheitlichen IT-Systems können sich solche Probleme vermeiden lassen.

Standardisierung bedeutet die einheit-liche Definition relevanter Daten und Kennzahlen als wesentliche Vorausset-zung zur Sicherstellung der Vergleichbar-keit berichteter Informationen. So muss zum Beispiel ein unternehmensweites Verständnis des Wortes „Produktivität“ existieren, um sicherzustellen, dass die hierzu von verschiedenen Geschäftsberei-

chen kommunizierten Daten auch tat-sächlich vergleichbar sind.

Rechtemanagement erfordert die Verwal-tung von Definitions-, Schreib- und Lese-rechten in Bezug auf Datenbanken zur Ver-meidung von unabgestimmten Eingriffen in die Datenbasis mit der Folge verringer-ter Datenqualität. Eine klare Abgrenzung, wer Daten im System einfügen und verän-dern darf, ist daher für eine belastbare Da-tenqualität von zentraler Bedeutung.

Systemintegration verlangt die Imple-mentierung einer unternehmensweiten IT-Infrastruktur, die keine abweichenden, funktionsbereichsspezifischen Informa-tionssysteme erlaubt. Funktionsbereiche entscheiden heute oft selbstständig, wel-che Systeme und Daten sie verwenden. Deshalb existieren parallel zu den in den Controllingsystemen enthaltenen Daten weitere von den Funktionsbereichen gesammelte und verwendete Daten- und Prozess-Performance-Indikatoren. Dem-entsprechend ist es notwendig, eine verläss-liche, konsistente Datenbasis als Grundlage für weitere Analysen zu schaffen. Eine Ver-besserung der Datenqualität könnte mög-licherweise bereits durch die Integration von Prozess-Performance- Indikatoren der Funktionsbereiche in das zentrale IT-Sys-tem erreicht werden.

Implikationen

Die Bearbeitung der Herausforderungen so-wie die Verwirklichung der Trends spielen sich aufgrund des hohen Inter aktionsgrades zwischen IT und anderen organisationalen Bereichen nicht nur innerhalb der IT-Abtei-lung ab, sondern haben auch Auswirkungen für benach barte Funktionen und Themen-felder. Besonders hervorzuheben an der Schnittstelle zwischen IT und Controlling sind in diesem Zusammenhang die Impli-kationen für die Ausgestaltung der Con-

trollingfunktion, für die Rolle der einzelnen Controller sowie für die Gestaltung der Führungsinformationssysteme.

Trends und Herausforderungen in der IT verändern die Anforderungen an Con-troller, deren Rollen und Aufgabenbe rei-che sowie deren Interaktion mit den jeweiligen Managern. Die bestehenden Herausforderungen in der IT, insbesondere in Kombination mit den dort beobachtbaren Trends, stellen hohe Anforderungen an die Controller und können deren Profil stark beeinflussen und verändern. So werden sich die Anfor-derungen an das Controlling inhaltlich verändern, wenn Manager zukünftig stär-ker in die Informationsaufbereitung in-volviert werden. Ebenso wird sich die Zu-sammenarbeit zwischen Controlling- und IT-Abteilungen im Unternehmen verän-dern. Fraglich ist, wer für die Datener-hebung verantwortlich ist – Controller, IT-Fachabteilungen oder die dezentralen Ge-schäftseinheiten? Außerdem stellt sich die Frage, welche IT-Kenntnisse die Controller zukünftig benötigen werden und wie sie diese erwerben können.

Die beschriebenen Trends fordern Verän-derungen der Kompetenzen, zukünf tigen Aufgaben und Funktionen von Controllern. Diese werden unter Umständen eine Anpas-sung des aktuell vorherrschenden Rollen-bilds der Controllingfunktion mit sich brin-gen. Interessante Möglich keiten künftiger Betätigungsfelder für den Controller sind die Beteiligung an Themen wie Sicherung der Qualität bei der Datenerhebung und/oder -aufbereitung sowie die Wahrneh-mung einer IT-/Systemverwalterrolle. Da-rüber hinaus ergibt sich die Frage, wie Con-troller sicherstellen können, dass sie zu den systemseitig erfolgenden Analysen „ange-hört“ werden. Neben den veränderten An-forderungen an die Kompetenzen der Con-troller ist es ebenso wichtig, dass Controller

Abb. 2 | Automatisierung der zukünftigen Informationsbereitstellung durch Informationssysteme

Informationsverdichtung

Informationsverarbeitung und -präsentation

Informationsfilterung

10 % 43 % 47 %

14 % 48 % 38 %

17 % 49 % 34 %

Zustimmung

gering

moderat

stark

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einen Weg finden, Managern das notwendi-ge Controlling wissen zu vermitteln, da ein Großteil der zukünftigen Datenanalysen möglicherweise direkt von den Managern vorgenommen werden könnte. Somit wird adressaten gerechte Wissensvermittlung auch in Zukunft immer bedeutsamer.

Dies steht in direktem Zusammenhang mit der Interaktion zwischen Managern und Controllern generell: Aufgrund des Trends Cloud Computing, der zunehmen-den Selbstständigkeit der Manager in Be-zug auf Datenanalysen und der daher reduzierten Interaktionshäufigkeit mit den Controllern, müssen sich letztere mit einer veränderten Kundenorientierung beschäf-tigen. Wenn das Bereitstellen von Analysen nicht mehr im Vordergrund steht, da die Empfänger die Systeme selbst „bedienen“ können, stellt sich die Frage, wie eine zu-künftige Kundenorientierung des Control-lings gestaltet sein könnte.

Empirische Erkenntnisse zur Entwicklung der Schnittstelle zwischen Controlling und IT

Die empirische Studie zu den Zukunftsthe-men im Controlling, an welcher von Juni bis August 2011 insgesamt 448 Responden-ten teilnahmen (Weber et al. 2012), hatte die Identifikation wesentlicher Zukunfts-trends für das Controlling zum Gegen-stand. Insgesamt konnten zehn Zukunfts-themen identifiziert werden, wobei das Thema „Informationssysteme“ in den nächsten fünf Jahren die stärkste Bedeu-tungszunahme aufweist. Die befragten Manager und Controller sehen dieses The-ma einheitlich mit einem Mittelwert von 5,6 und einer relativ geringen Standard-abweichung von lediglich 1,2 (beides auf ei-ner 7er-Likert-Skala gemessen) als zukünf-tig bedeutend an. Die zukünftige Bedeu-tung Informationssystemen wird sowohl

von externen Einflussfaktoren als auch von internen Faktoren getrieben. So sehen bei-spielsweise Unternehmen, die sich stark an internationalen Vorbildern orientieren, ei-ne besonders hohe Bedeutung von Infor-mationssystemen in den nächsten fünf Jah-ren. Neben Internationalität ist auch Kri-senbetroffenheit ein wichtiger Treiber für die zunehmende Bedeutung von Informa-tionssystemen: Die Antizipation einer be-sonders starken Zunahme der Bedeutung des Themas Informationssysteme ist be-sonders ausgeprägt bei Unternehmen mit einer hohen Krisenbetroffenheit. Abgese-hen von diesen externen Faktoren beein-flussen auch verschiedene interne Faktoren die zukünftig steigende Bedeutung des Themas. So werden sich Controller zu-künftig stärker in neue technische Mög-lichkeiten einarbeiten müssen, um den scheinbar steigenden Ansprüchen der Unternehmensleitung nach höherer Ge-schwindigkeit bei gleichzeitig verbesserter Qualität der Controllingprodukte gerecht werden zu können.

Besonders die Informationsverdichtung wird zukünftig stark durch IT-Systeme erfolgen.Ein wichtiger Teilaspekt des Themas Infor-mationssysteme ist die Automatisierung der zukünftigen Informationsbereitstellung; hierbei zeichnet sich ein besonders hoher Bedeutungszuwachs bei der Informations-verdichtung, -verarbeitung, -präsentation und -filterung ab (vgl. Abbildung 2).

Für knapp die Hälfte aller Teilnehmer wird die Bedeutung der Automatisierung der Informationssysteme besonders in Bezug auf die Informationsverdichtung zu-nehmen: Während heute die Infor ma tio-nen noch von Controllern selbst verdichtet werden, gehen die meisten unserer Stu-dien teilnehmer also von einem zuneh-mend automatischen Ablauf dieser Tätig-keit in den nächsten fünf Jahren aus. Ein

weiterer wichtiger Aspekt bei dem immer-hin 38 % der Teilnehmer eine starke Bedeu-tungszunahme antizipieren, ist die Infor-mationsverarbeitung und -präsentation. Bei der Bedeutung von Automatisierung im Bereich der Informationsfilterung se-hen deutlich über die Hälfte der Teilneh-mer lediglich einen geringen (17 %) bzw. moderaten Anstieg (49 %). Eine mögliche Erklärung für dieses Er gebnis sind häufige Abweichungen und Unregelmäßigkeiten, welche regelmäßige Eingriffe der Control-ler erfordern und sehr gute Kenntnis des individuellen Informationsempfängers vo-raussetzen, was schlussendlich die vollstän-dige Auto matisierung der Informationsfil-terung erschwert. Es ist daher auch in Zu-kunft zu erwarten, dass die Funktion des sozial und prozessual im Unternehmen vernetzten Controllers in diesem Bereich weniger durch automatisierte Infor ma-tionssys teme ersetzt wird.

Qualitätssicherung und der Anstieg der Informationsmenge werden Controller fordern.Wie bei allen IT-Trends geht auch die Au-tomatisierung der Informationssysteme mit einigen Herausforderungen an das Control-ling einher. Laut unserer Studie sind die Qualitätssicherung der Daten sowie der Anstieg der Informationsmenge und erfor-derliche Mitarbeiterqualifikation (vgl. Ab-bildung 3) die wesentlichen Herausforde-rungen mit denen sich das Controlling auf-grund der zunehmenden Automatisierung ihrer Aufgaben konfrontiert sieht.

Wie aus Abbildung 3 hervorgeht, sieht knapp die Hälfte (47 %) der Respondenten einen starken Bedeutungszuwachs bei der Qualitätssicherung der Daten. Grund hier-für ist die Intransparenz der mehrstufigen Datenverarbeitung, die mit einer stetigen Ausweitung des automatisierten Leistungs-spektrums aufgrund von immer leistungs-fähigeren IT-Systemen einhergeht und die

Abb. 3 | Herausforderungen im Rahmen der Automatisierung

Qualitätssicherung der Daten

Anstieg der Informationsmenge

Erforderliche Mitarbeiterqualifikation

Zustimmung

gering

moderat

stark

10 % 43 % 47 %

12 % 46 % 42 %

19 % 50 % 31 %

DO

I: 10

.136

5/s1

2176

-012

-012

7-x

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die Kontrolle der ablaufenden Prozesse so-wie der dahinterliegenden Daten immer schwieriger werden lässt. Einen ähnlichen Zuwachs der Bedeutung von Informations-systemen sehen die Teilnehmer bei der Informationsmenge: Nahezu die Hälfte (42 %) der Studienteilnehmer schätzt die immer größer werdende Informations-menge als eine wesentliche Herausfor-derung für die Controllingfunktion ein. Bisher haben Controller häufig gemäß dem Credo „mehr Informationen sind per se besser“ große Informationsmengen zur Verfügung gestellt. Für die Zukunft ist je-doch zu erwarten, dass mehr Informatio-nen nicht automatisch einen Vorteil bedeu-ten. Sowohl die zunehmende Bedeutung der Qualitätssicherung der Daten als auch die zu erwartenden Veränderungen bezüg-lich der Informationsmengen werden als wesentliche Herausforderungen für die tägliche Arbeit des Controllings auch die benötigten Eigenschaften der handelnden Akteure tangieren. In diesem Zusammen-hang erwarten 31 % der Befragten eine Ver-änderung der Mitarbeiterqualifikation in der Controllingabteilung, um den durch den zukünftig stark zunehmenden Einfluss des Einsatzes neuer Informationssysteme gestiegenen Anforderungen gerecht wer-den zu können.

Effizienzsteigerungspotenziale durch den Einsatz von IT-Systemen werden noch nicht realisiert.Eine weitere interessante Erkenntnis aus der Zukunftsstudie bezieht sich auf die Realisierung von Effizienzsteigerungs-potenzialen. Früher haben technische Fortschritte in Informationssystemen ten-den ziell eine Reduktion des benötigten Ressour ceneinsatzes des Controllings mit sich gebracht. Heute scheint eine Verbesse-rung der IT Systeme nicht mehr automa-tisch zu einer Steigerung der Effizienz im Controlling zu führen (siehe Abbildung 4).

In Bezug auf die Zeitersparnis bei der In-formationsbereitstellung für die Controller sehen über 75 % der Studienteilnehmer zu-künftig lediglich ein geringes bzw. modera-tes Einsparpotenzial. Ein möglicher Grund hierfür könnten die durch eine zunehmen-de Automatisierung der IT-Systeme entste-henden Herausforderungen in Bezug auf Qualitätssicherung, Informationsmenge und Mitarbeiterqualifikation sein. Damit einher geht auch eine geringe Erwartungs-haltung bezüglich des Einsparpotenzials bei Kosten: fast die Hälfte aller Befragten (48 %) halten zukünftig nur eine geringe Kostensenkung durch die steigende Auto-matisierung der IT-Systeme für möglich. Basierend auf diesen Erkenntnissen ver-wundert es nicht, dass die Teilnehmer der Studie lediglich eine geringe (70 %) bzw. moderate (25 %) Reduktion der Control-lingabteilung erwarten. Grund hierfür ist vermutlich die Erweiterung der Aufgaben des Controllings im Bereich der Informa-tionssysteme, welche die Teilnehmer der Studie im Vergleich zum IT-Bereich und dem externen Rechnungswesen sehen.

Fazit

IT beeinflusst seit langem das Controlling. Die Art und Weise des Einflusses und ent-sprechende Anforderungen an das Con-trolling werden sich jedoch in den kom-menden Jahren stark verändern. Ausge-hend von konzeptionellen Überlegungen konnte die vorliegende Studie empirische Ergebnisse für die wichtigsten IT-Trends des Con trollings erarbeiten. Es zeigte sich, dass speziell die Informationsverdichtung zukünftig stark durch IT-Systeme erfolgen wird. Die zunehmende Automatisierung der Informationsbereitstellung durch IT-Systeme schafft eine Grundlage zur Reali-sierbarkeit von Self-Service Auswertungen. Allerdings obliegt die Filter automatisierung

aufgrund der noch aus stehenden Heraus-forderungen in der IT auch in Zukunft weniger den automatisierten Informations-systemen. Der Anstieg der zukünftigen Be-deutung der Qualitätssicherung der Daten und immer schwierigeren Kontrolle der ablaufenden Prozesse sowie der dahinter-liegenden Daten werden Controller for-dern und die Ausgestaltung der Control-lingfunktion beeinflussen. Eben so nimmt der Einsatz neuer Informationssysteme Einfluss auf die Mitarbeiterqualifikation in der Controllingabteilung.

Insgesamt verdeutlicht die Studie, dass die Schnittstelle zwischen Controlling und IT noch Effizienzsteigerungspotenziale aufweist. Controller sollten diese Chance ergreifen und sich proaktiv darauf vor-bereiten. Abgesehen von vielen Heraus-forderungen ergeben sich gleichzeitig auch viele Möglichkeiten, die eigene Rolle und Bedeutung des Controllers zu gestalten – lassen Sie diese nicht verstreichen!

Literatur 1. BundesverbandInformationswirtschaft,Tele-kommunikationundneueMedien(BITKOM)2. Kurzlechner(2010).GartnerStudiezuITTrends:DiegrößtenIT-Herausforderungen2011,http://www.cio.de/strategien/2253560/.3. IBMStudie(2011).CIOStudienreihe:Schlüssel-rolleCIO.4. Lindner(2011).Fehlprognosen:„EsgibteinenWeltmarktfürnurfünfComputer“.WeltOnline,http://www.welt.de/vermischtes/kurioses/article13786439/Es-gibt-einen-Weltmarkt-fuer-nur-fuenf-Computer.html.5. Weber,Schäffer,Goretzki,Strauß(2012),„DiezehnZukunftsthemendesControllings“,Wiley-Verlag

Abb. 4 | Veränderung des zukünftigen Ressourceneinsatzes durch den Einsatz neuer Informationssysteme

Zeitersparnis

Kostensenkung

Reduzierung der Größe der Controllingabteilung

Zustimmung

gering

moderat

stark

33 % 43 % 24 %

48 % 42 % 10 %

70 % 25 % 5%