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■ Die Welt der Pfeifen ■ Zu Gast bei Peter G. Schuhknecht■ Faszination Drehorgelbau: Hans R. Schmid
SFMMJournalAusgabe Nr. 131 • April 2018
echanischer usik
chweizer reunde
Schrift: Bernhard Modern Std, Roman
Überarbeitete Variante, eingemittet4. Juli 2011
PostadresseAndré GinestaSeestrasse 356, 8708 MännedorfTel. +41 (0)44 920 38 57
RedaktionUrsula BürgisserIm Junkholz 42, 4303 KaiseraugstTel. +41 (0)61 813 15 30E-Mail : [email protected]
Redaktions- und Anzeigenschluss28.2.; 30.6.; 30.10.
DruckGutenberg Druck AG Sagenriet 78853 Lachen SZTel. +41 (0)55 451 28 11 E-Mail : [email protected]
WebmasterPeter X. BürgisserE-Mail: [email protected]
InseratePrivatinserate für Mitglieder : gratis
Geschäftsinserate : Rückseite: CHF 250.00(ganzes Jahr = 3 Ausgaben CHF 700.00)1 Seite : CHF 180.001/2 Seite : CHF 100.001/4 Seite : CHF 60.00 Beilagen : CHF 180.00
Jährliche MitgliederbeiträgeEinzelmitglieder CHF 70.00Doppelmitglieder CHF 90.00
IMPRESSUM
PräsidentAndré GinestaSeestrasse 356, 8708 MännedorfTel. +41 (0)44 920 38 57E-Mail : [email protected]
VizepräsidentMax GautschiErlenweg 1, 5503 SchafisheimTel. +41 (0)62 891 96 07E-Mail : [email protected]
AktuarPeter BothSteinmaurstrasse 15, 8173 NeerachTel. +41 (0) 44 850 30 90E-Mail: [email protected]
KassiererinBarbara BürglerZehntenstrasse 31, 8800 ThalwilTel. +41 (0)44 720 78 09E-Mail : [email protected]
Adressverwaltung/ReisenMarkus BürglerZehntenstrasse 31, 8800 ThalwilTel. +41 (0)44 720 78 09Natel : +41 (0)79 297 01 33E-Mail : [email protected]
Internationale Kontakte / JournalRaphael LüthiHauptstrasse 10 D-79183 Waldkirch-KollnauTel. +49 (0)7681 493 70 27E-Mail : [email protected]
VORSTAND
www.sfmm.ch E-Mail : [email protected]
echanischer usik
chweizer reunde
Schrift: Bernhard Modern Std, Roman
Überarbeitete Variante, eingemittet4. Juli 2011
BANK-VERBINDUNG
Schweizer Freunde Mechanischer Musik 8708 MännedorfPostcheckkonto: 85-667192-3IBAN : CH28 0900 0000 8566 7192 3BIC : POFICHBEXXX
Titelbild: Offenes Glockenspiel. Blick in das Werk einer Schwarzwälder Glockenspieluhr (ohne Schild), um 1800. Als Erbauer kommen die Uhrmacher Wehrle, Hummel oder Scherzinger in Frage (siehe Artikel auf Seite 6)
Inhaltsverzeichnis
Vorstandsliste mit Impressum 2
Editorial 4
Worte des Präsidenten 5
Besuch im Forellenhof 6
Faszination Drehorgelbau: Hans R. Schmid 8
Die Top-Six in der Hitparade der Drehorgelwagen 11
Die Welt der Pfeifen 12
«Wahnsinn oder Leidenschaft und Faszination» 22
Eine Kostbarkeit: österreichische Portaluhr mit Spielwerk und «lebendem Bild» 27
Jahrmarktorgel Modell 109 der Firma Gebrüder Bruder, Waldkirch 28
Zu Gast bei Peter G. Schuhknecht 32
Termine 2018 und wiederkehrende Anlässe 42
Arrangieren und Herstellen von Notenrollen für Drehorgeln:
20er Tonstufen 26er Tonstufen 28er Tonstufen 31er Tonstufen 33er Tonstufen 35er Tonstufen
Die Notenrollen werden von Hand gezeichnet und manuell auf Spezialfolie gestanzt. Gerne erfülle ich Ihnen auch Ihre Wunschmelodie. Bitte fordern Sie unverbindlich meine Noten- rollenverzeichnisse an oder rufen Sie diese im Internet ab.
Zur platzsparenden Aufbewahrung werden die Notenrollen in einer runden Kunststoffdose verpackt. Die Notenrollen können auf Spulen mit Innensechskant, Aussensechskant, durchgehendem Loch oder auch ohne Spule geliefert werden.
Linzgaustr. 8, D-88630 Pfullendorf, Tel. 07552/5343, Fax 07552/4788 E-Mail: [email protected] www.drehorgel-edihofmann.com
JournalSFMM Nr. 131
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Editorial
Liebe Leserinnen und Leser
Das neue Jahr ist schon in vollem Gange. Trotzdem dürfen wir Sie mit der vorliegen-den Nummer nochmals kurz in die Weih-nachtszeit zurückführen – und zwar in die Weihnachtsausstellung im Forellenhof. Das Titelbild stammt aus besagter Ausstel-lung und gibt einen Vorgeschmack auf die «Delikatessen», die Sie im Artikel von Jo-hanna und Roland Suter entdecken wer-den. Eine Augenweide!
Jacqueline und Peter Both berichten in einer weiteren Episode von den Freuden und Leiden im Sammlerleben. Es gesche-hen eben nicht immer nur erfreuliche Dinge: Pleiten, Pech und Pannen gehören auch dazu – aber lesen Sie selbst.
A propos Sammler: Ich möchte Ihnen das Studium des beiligenden Flyers zum ersten Open-House-Anlass des SFMM wärmstens empfehlen – und sich dann auch anzumel-den! Es verspricht ein spannender Tag zu werden!
Raphael Lüthi stellt uns eine besondere Chilbi-Orgel vor. Es ist faszinierend mitzu-verfolgen, wie sich die Hülle des Instru-ments ständig verändert hat. Eine kleine Zeitreise!
Der Fachartikel von Edi Niederberger widmet sich einem wichtigen Bestandteil zahlreicher mechanischer Musikinstru-mente: der Pfeife. Mir war nicht bewusst,
wie viele unterschiedliche Pfeifen es über-haupt gibt. Ein lesenswerter Artikel für alle Fachleute und jene, die es noch wer-den wollen.
Sie sehen, die Bandbreite der Artikel ist wieder sehr gross. Das Redaktionsteam freut sich, dass wir Ihnen eine abwechs-lungsreiche Nummer präsentieren können. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre des neuen Journals.
Ursula BürgisserRedaktorin
Im Blick auf das bevorstehende Jubi-läum des SFMM DRINGEND gesucht:Unterlagen, Informationen und Bilder zur Gründung des Vereins und zu den ersten Treffen in Lichtensteig, Arosa, Bern und Thun.Wer für die Dokumentation etwas aus-leihen könnte, wende sich bitte an:Ueli Temperli, Schürrain 101, 5637 Geltwil, Tel. 079 501 46 76, E-Mail: [email protected]
Zum Voraus ganz herzlichen Dank!
Wir suchen
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Worte des Präsidenten
Wieder einmal hatten wir einen Winter, der seinen Namen verdiente! Für uns Sammler und Orgelspieler war es die Gelegenheit, unsere Instrumente zu pflegen, zu reparieren und zu reinigen.
Aber wir konnten die langen Abendstunden auch nutzen, um mehr zu erfahren über die mechanische Musik, sei dies über die doch sehr reichhaltige Fachliteratur oder bei Gesprächen mit Kollegen.Auch dürften wir die Zeit genutzt haben, vermehrt unsere Instrumente zu spielen.
Eine gute Gelegenheit, viel mechanische Musik zu hören, bietet die kommende Generalversammlung, zu der ich alle herzlich
einladen möchte. Wer noch nicht in Dürnten war, wird staunen über das grosse Angebot an Instrumenten, die hier zu hören sind.
Der Vorstand und ich freuen sich, viele Mitglieder begrüssen zu dürfen und gemeinsam einen harmonischen, musikalischen Tag zu erleben!
Euer PräsidentAndré Ginesta
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EN Das Klang– Maschinen Museum in Dürnten
beeindruckt durch seine umfassende Sammlung von mechanischen Musikinstrumenten.
Schauen Sie rein und lassen Sie sich verzaubern…
[email protected]: Katrin Liscioch 055 260 17 17
ÖFFNUNGSZEITEN:
Mittwoch 13:30 – 17:00 Uhr
Sa | So 11:00 – 17:00 Uhr
FÜHRUNGEN:
Mittwoch 14:00 | 15:30 Uhr
Sa | So 12:00 | 14:00 | 15:30
Uhr
Im Gedenken
Wir verabschieden uns von:
Marianne BruderTochter von Gustav Bruder, des Arrangeurs und Musikzeichners aus der Bruder Dynastie. (Gebrüder Bruder). Geboren am 28. Januar 1929, gestorben am 9. Februar 2018.
Walter WürglerLangjähriges Vereinsmitglied und Vertreter von Deleika in der SchweizGeboren 12. September 1938, gestorben am 16. Februar 2018.
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Schwarzwald-Forellen – fein, feiner, am FINEsten
Ein weihnachtliches Erlebnis – im Waldhotel Forellenhof in Baden-Baden, zusammen mit der Firma Fine ART Restorations in Waldkirch
�� Text und Bilder: Johanna Suter-Egli und Roland Suter
Die meisten Feinschmecker mögen sie, die Forellen aus dem – oder noch lieber – im Schwarzwald. Wunderbar zubereitet und liebevoll serviert werden sie im Wald
hotel Forellenhof in BadenBaden (Ortsteil Gaisbach) – mmh fein!
Bereits zum zweiten Mal können sie auf noch feinere ART genossen werden. Als Weihnachtsausstellung präsentiert Raphael Lüthi während einiger Wochen seine «Leckerbissen» – mechanische Musikinstrumente vom finesten, in den Räumen des Hotels. Eine reich geschmückte Weihnachtswelt mit grosser Krippe sorgt für festliche Stimmung.
Die Hotelanlage, die als Drehort der SWRFernsehserie «Forellenhof» schon in den Sechzigerjahren bekannt geworden war, ist der ideale Rahmen für die akustischen und optischen Delikatessen. Sie
Eine grosse Ouverturen-Musikdose verlangt nach andächtig-geduldigen Zuhörern !
Am Eingang erwartet die kleine 111er die Besucher
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passen hervorragend in das sorgfältig renovierte Haus. Es wurde 2015 neu eröffnet und wird von einer jungen Familie betrieben. Es bietet alles, drinnen und draussen, was das Herz begehrt.
Nicht nur die befristet ausgestellten Musikdosen, Plattenspieler und Drehorgeln
erfreuen Augen und Ohren, auch eine ansehnliche Sammlung von Schwarzwälder Spiel und Flötenuhren ist im Haus verteilt zu bewundern. Alles ist beschriftet und dokumentiert und der Hotelier führt seine Schätze mit Begeisterung vor. Unsere Reise nach BadenBaden hat sich in jeder Beziehung gelohnt. Zuerst haben wir uns mit feinem Essen gestärkt, uns dann Musik der finesten ART von Raphael spielen lassen, und uns zum Schluss mit frischen – bestimmt feineren als anderswo – Kuchen verwöhnen lassen.
Herzlichen Dank für den schönen Tag und die Gastfreundschaft an Raphael Lüthi und ans HotelTeam. Wir kommen wieder!
Kling, Glöckchen, klingelingeling …
Vorführeffekt oder Tropfen Öl verklemmt? Die «Mira Grand» hatte kurzzeitig ihren Dienst quittiert …
Glückliche Gesichter: Hotelier Oliver Vetter mit Raphael Lüthi
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Faszination Drehorgelbau
�� Text: Ursula und Peter X. Bürgisser�� Bilder: Edi Niederberger
Sein gewinnendes Lächeln ist sein Markenzeichen. Seine Herzlichkeit und seine zugängliche Art machen aus ihm einen gerne gesehenen Gast an zahlreichen Drehorgeltreffen, wo er ab und zu mit seiner 45er Eigenbau aufspielt. Die
Rede ist von Hans Rudolf Schmid, also Hans und nicht HansRuedi, wie er oft genannt wird. Um herauszufinden, wie er dazu gekommen ist, selbst eine Drehorgel zu bauen, besuchen Ursula und Peter X. Bürgisser mit Edi Niederberger Hans in seiner Schreinerei in Villmergen. Dort werden wir bereits mit offenen Armen er
wartet. Seine Frau Rosmarie hat frische Gipfeli besorgt und bewirtet uns mit köstlich duftendem Kaffee. Man merkt sofort, hier ist ein eingespieltes Team am Werk. Ihre zwei Kinder, Stephan und Sibylle, sind schon lange erwachsen und die zwei Enkel, Ramona und Andrin, sind auch bereits 13 und 15. Die Schreinerei wird heute von Sohn Stephan geführt. Sieben Personen arbeiten im Betrieb, der dank der hohen fachlichen Kompetenz der Angestellten auch sehr individuelle Kundenwünsche erfüllen kann. Hans ist zwar pensioniert, hat sich aber im Untergeschoss eine Ecke eingerichtet, wo er fast jeden Tag anzutreffen ist. Um zu verstehen, wie Hans zur Drehorgel gekommen ist, müssen wir etwas in seine berufliche Geschichte eintauchen. Geboren am 5. April 1947 in Gipf Oberfrick beginnt er in den 60erJahren eine Lehre als Schreiner in Aarau, bildet sich dann in Bern an der Fachschule weiter, wo er mit verschiedenen anderen Berufen und Künstlern in Kontakt kommt, und wird schliesslich Schreinermeister. Als er die Schreinerei in Villmergen übernehmen kann, werden dort noch vorwiegend Klavierstühle hergestellt, welche in die grossen Musikhäuser wie Jecklin und Musik Hug geliefert werden. Bei einer solchen Auslieferung sieht Hans eine Drehorgel von Theo Heiniger und sagt sich: «So etwas möchte ich auch einmal bauen!»
Zeit dafür findet er allerdings erst viel später. Seine Orgel entsteht in den Jahren 1998–2003.
Aufwendig, aber sehr effizient: Stechersystem
Präzise Arbeit bringt höchste Qualität.
Der 45er Eigenbau – ein Meisterstück.
Hans Rudolf Schmid, auf Anhieb sympathisch!
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Entstanden ist eine NotenbandDrehorgel mit 45 Tonstufen, mit 8 Registern, davon 5 schaltbar, und 106 Pfeifen.
Hans hat selbst Trompete gespielt, nicht etwa Orgel, wie man meinen könnte. Alles, was er über Drehorgelbau weiss, hat er sich selbst erarbeitet. Aber er betont, dass man als Laie unbedingt Hilfe benötigt. Beispiel: Ein Labium fräsen, das ist eine heikle An
gelegenheit. Und natürlich braucht man die entsprechenden Einrichtungen. Aber wie immer gilt: Aus Erfahrung wird man klug!
«In meiner Orgel stecken viele Stunden Freundschaft!» Die Pläne für die Orgel von Hans stammen von Hans Burkhard. Thomas Welti hat die Messingpfeifen gemacht. Alle sonstigen Metallteile hat Otto Gloor hergestellt. Das Intonieren der Pfeifen hat Hans zusammen mit Thomas Welti besorgt. Das Gehäuse besteht aus Sperrholz mit Nussbaumfurnier von einem Baum, der in Villmergen gestanden hat. Die Front ist aus Ahorn massiv mit Nussbaumfurnier. Leider verzieht sich die Rückwand leicht, das würde er heute anders lösen. Enttäuscht ist er deswegen nicht und meint lachend: «Das Holz gewinnt immer. Holz arbeitet Tag und Nacht, der Schreiner nur am Tag …!»
Becherlänge und konischer Winkel beeinflussen den Klang.
Loch in der Notenrolle auf Loch im Gleitblock lässt das Rundbälgchen schrumpfen. So strömt Wind zum Keilbalg, der mit dem Stecher das Kanzellenventil öffnet.
Disposition:
Melodie3 Register: Cello, Violine, Piccolo, einzeln schaltbar1 Register: Zauberflöte, schaltbar
Gegenmelodie1 Register: Trompete, schaltbar1 Register: Bourdon
Begleitung1 Register: Gedackte, schaltbar1 Register: Gedackte Oktave,
BassGedackte mit Oktave C, D, G
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Die grosse Orgel ist super vom klanglichen Aspekt her, aber schwierig zu stimmen und vom Gewicht her nicht zu unterschätzen. Bevor man eine Drehorgel baut, muss man sich also gut damit befassen, was man am Schluss eigentlich haben möchte: Grösse? Einsatz? Mittel? Zudem muss man sich darauf einstellen, dass man SEHR viel Geduld und Zeit mit SEHR vielen kleinen Teilen benötigen wird. Es braucht viel Fleiss und Hingabe.
Hans hat bisher nur eine Drehorgel gebaut, ist jetzt aber daran, eine zweite zu konstruieren. Zudem repariert er Orgeln und leitet die Vertretung von Deleika in der Schweiz. Hans freut es, dass es eigentlich keine schlechten Drehorgeln mehr gibt. Aber viele Spieler wissen nicht viel über ihr Instrument. Deshalb engagiert er sich auch im Schweizer Drehorgelclub: Dieses Jahr findet ein Workshop in seiner Schreinerei zum Thema «Bau und Intonation einer Pfeife» statt.
Bei der Führung durch die Schreinerei wird klar, wie sehr Hans den Werkstoff Holz liebt und schätzt – es ist seine Berufung. Seine kleine Arbeitsecke zeigt, wie viel System und Ordnung es beim Orgelbau braucht. In zahlreichen kleinen Kistchen lagern die unzähligen Teilchen, die er für die Reparaturen an Drehorgeln benötigt.
Was fasziniert Hans am Drehorgelbau? Das Handwerkliche, feine, präzise Arbeiten. Am Abend sitzt er oft in der Werkstatt und werkelt vor sich hin: «Ich kann nicht gut fernsehen. Ich muss etwas machen mit meinen Händen. Die Arbeit an den feinen Teilen hat für mich etwas Meditatives.
Man muss sich wirklich hingeben und in die Aufgabe versenken.»
Das Redaktionsteam bedankt sich bei Hans für den schönen Tag und wünscht ihm gutes Gelingen für die neue Orgel.
Als Generalvertretung hat Hans Rudolf Schmid besondere Tarife.
Da hat ein Bastler die Ventile mit Hochdruck gereinigt!
Die eigene Schreinerei als optimale Basis
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Die Seite des Hum-or-glers
Die Top-Six in der Hitparade der DrehorgelwagenDie Saison steht vor der Tür! Ist der Service gemacht? Sind die flügelmuttrige Scheibenbremse bzw. die fusspedalte Speichenbremse oder der altbewährte Doppelkeil überprüft? Sollte jemand auf den Fotos seinen eigenen Wagen schön, den Kommentar dazu aber völlig daneben finden, bitte ich um interaktive Toleranz. Die Fotos hat mir der PromiPhotograph Eduard K. Niederberger zur Verfügung gestellt – Danke!
Der Sekuritäre: Dieser robuste Markenwagen mit selbstfettenden Achsen verfügt über binär verstellbare Sicherheitsgurten und ist als einziger mit dem spritzwasserfesten AirBag auf der Fahrerseite ausgerüstet. Die vorstehenden Frontfedern auf der Konventionalachse sind unfallopferabweisend und kurvenfreundlicher Aufprallschutz. Verdeckte Blinker erleichtern spontanes Abbiegen, ebenso die substantivische Neigetechnik. Das Modell ist auch in zimtblau erhältlich.
Der Patriotische: Im Waldkircher MehrzweckWagen findet auch ein DrehorgelBaby inkl. Gebrauchtwindelpaketen bequem Platz. Eine automatische Heckklappe (hier nicht sichtbar) sorgt für sorgenfreie Entsorgung. Die ledergefasste Federbefestigung erübrigt den Einsatz der Wasserwaage. Mit höhenverstellbarer Lenkstange! Die fragil wirkenden vollgummibereiften Sommerräder laufen einheitlich spurtreu. Die abgebildete Ölabscheiderschale ist im Lieferumfang enthalten.
Der Kletterer: Der überweite Achsenabstand macht zweistufiges Treppensteigen zum Vergnügen. Die leicht geschwungene Vorderradaufhängung verhindert ein ergozentriertes Ausscheren bei Glatteis. Dank intelligenter Splintensicherung benötigt ein Radwechsel nur Sekunden. Die antikgebürstete Platte mit den stossgedämpften Endnocken ruht auf formgestalteten KnopfEichenleisten. Eine hirschtalggefettete Walzenschublade ist im Basismodell nicht inbegriffen.
Der Sprinter: Die verstellbare Aufhängung in chromatischem Büffelleder optimiert mit angenehmer Schaukelbewegung den Neigewinkel auch in eckigen Kurven. Mit schwerer Orgel erreicht der windschlüpfrige Wagen bergab bis 70 km/h, innerhalb der europäischen Abgasnorm. Der abschraubbare Lenker garantiert eine steuerfreie Tempofahrt. Elegant wirken die geometrisch verklügelten Speichen. Die weite Abstellöffnung führt zum stereoartigen Musikgenuss der Bodenpfeifen.
Der Verkehrspotente: Dieses Modell für professionellen Einsatz besticht durch seine simplifizierende Einfachheit: Selbst Kleinstunterführungen können mit minimalisiertem Reifendruck passiert werden. Die ferrariroten Räder mit der starren Senkrechtbefestigung machen ihn zu einem echten Renner unter den Hybridantrieben mit wasserabweisendem Tempomat. Das rostfreie Rohr rechts leitet Münzspenden diebstahlsicher direkt ins Wageninnere. Die Gurte ist auf Länge klebbar.
Der Ganzjährige: Vorne aufgummierte Sommerreifen und hinten profilneurotische Winterräder ermöglichen durch ihre technisch raffinierte Überlappung ein stufenfreies Rückwärtsfahren. Die sensoranimierte Spiralfederung motiviert dank integrierter Heizung auch im Herbst einmaligen Fahrspass auf Kopfsteinpflaster. Der zweistufige Oberbau ist auch in zertifiziertem Tropenholz subskribierbar. Die Ablagefläche oben erlaubt das knitterfreie Archivieren wichtiger Unterlagen.
Euer Humorgler (Name der Redaktion bekannt)
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�� Text und Fotos: Edi Niederberger�� Zeichnungen: Dr. H. Jüttemann
Was ist ein GavioliBart? Warum pfeift eine oben verschlossene Pfeife eine Oktav tiefer? Was ist eine Zauberflöte? Oder eine Zungenpfeife? Solche Fachausdrücke kommen in den Artikeln des SFMMJournals immer wieder vor, werden aber kaum erklärt. Deshalb soll hier dieser Missstand ein Stück weit behoben werden.
Von der ChilbiOrgel bis zur Serinette, vom mächtigen Orchestrion bis zur Kuckucksuhr aus dem Schwarzwald, von der Drehorgel bis zur winzigen Singvogeldose – überall pfeifen Pfeifen.
Die folgende Übersicht gibt einen Einblick in die mannigfaltige Welt der tönenden Vierkant und RundRohre, der vibrierenden Zungen und verstärkenden Becher, also in die Vielfalt der Register. Als Regis-ter bezeichnet man eine Pfeifenreihe unterschiedlicher Tonstufen / Tonhöhen mit einer durchgehend gleichen Klangfarbe. Diese Pfeifenreihen lassen sich bei grösseren Instrumenten einzeln oder im Verbund (z.B. über einen als «Registerschleife» bezeichneten Schieber) dazu oder wegschalten. Mit der Auswahl und der Menge der eingeschalteten Register kann man so die Klangfarbe und auch die Lautstärke an den grösseren Orgeln variieren.
Die Klangfarbe eines Registers entsteht durch die Konstruktion der einzelnen Pfeifen, durch die sog. «Mensuration» und schliesslich auch durch die «Intonation». Das sind völlig unabhängige Arbeits
schritte während der Planung, dem Bau und der klanglichen Bearbeitung einer Orgel, die genauestens aufeinander abgestimmt sein müssen und im Optimalfall zu einem perfekten Ergebnis (nach den Wünschen des Orgelbauers) führen.
Physikalisch betrachtet besteht der «Pfeifenklang» nicht nur aus einem Ton je Pfeife (d.h. 1 Frequenz) sondern aus einer ganzen Reihe von Teiltönen unterschiedlicher Frequenz, nämlich dem Grundton (meist der Lauteste von allen) und der harmonischen Obertonreihe, bestehend aus Oktaven, Quinten, Terzen, Septimen usw. Diese Obertöne nehmen wir als solche meist gar nicht wahr. Je nach deren Stärke und Ausprägung empfinden wir jedoch den Klang einer Pfeife als eher scharf, spitz, angenehm, stumpf oder gar hohl. Kurz: Der Obertongehalt jedes Pfeifentones ist also entscheidend für dessen Klangfarbe.
Die Fußzahl ( ‚ ) hinter der Registerbezeichnung (z.B. Gedeckt 8’) zeigt dem (Dreh) Organisten, in welcher Tonhöhe er gerade musiziert. Im Gegensatz zum Klavier ist es auf einer Orgel in der Regel möglich, auf einer Taste (oder Tonstufe) unterschiedliche Tonhöhen erklingen zu lassen. Sogar gleichzeitig!
Der Kammerton a’ wird heute mit einer Frequenz von etwa 440 Hz angegeben (Die Zahl der Schwingungen pro Minute wird mit Hertz = Hz bezeichnet.). Dies entspricht der Tonhöhe, welche durch ein Klavier wiedergegeben wird und auch in der Orgel der «Grundreihe», dem sogenannten 8-Fuss-Register (8’).
Da die Orgelbauer in ihrer Denkweise stets Jahrhunderte hinterherhinken, handelt es sich hierbei um ein Mass aus einer Zeit, als Längen noch in Fuss und Zoll gemessen wurden. Es bezieht sich auf die klingende Pfeifenlänge der offenen Lippenpfeife auf der Taste «C». Das grosse «C» einer offenen Pfeifenreihe (z. B. Violine 8’) ist demnach etwa 8 Fuss, also ca. 240 cm lang. Die Sifflöte 1’ auf der gleichen Taste / Tonstufe
Pfeifen machen «Kuckuck»!
Pfeife des Singvogels in der Dose
Pfeife, Pfeife, Pfeife, Pfeife, Pfeife, Pfeife
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«C» ist hingegen nur etwa 30 cm lang und klingt entsprechend viel höher, nämlich genau um 3 Oktaven.
In unseren Instrumenten finden wir Register mit den unterschiedlichsten Bezeichnungen. Hier einige Beispiele und zum besseren Verständnis deren absolute Frequenz auf der Taste / Tonstufe a’:
Contrabass 16’ a’ = 220 HzGedeckt 8’ a’ = 440 HzPiccolo 4’ a’ = 880 HzQuinte 2 2/3’ a’ = 1318 Hz*Superoktave 2’ a’ = 1760 HzTerz 1 3/5’ a’ = 2217 Hz*Sifflöte 1’ a’ = 3520 Hz.(* entspricht temperierter Stimmung, Näherungswert!)
Kurz: Die Grundreihe wird 8’ genannt, ein 4’Register klingt eine Oktave höher und ein 16’ eine Oktave tiefer.
Den 8’ in Bass und Begleitung bezeichnet man als Bordun (= Bourdon), manchmal auch das ganze 8’Register. Die Melodie-töne, vor allem als höhere Lage, vergleichbar mit dem Sopran, sind der Diskant. Oft werden die Bässe mit einer zusätzlichen OktavPfeife unterstützt.
Dass vielleicht die eine oder andere Information fehlt (u.a. die Spreizung, das Innenlabium und der Kernstich, die vox humana), etwas zu knapp oder zu wenig wissenschaftlich ist (ich verzichte z.B. auf die physikgerechte Darstellung der Tonerzeugung), möge man verzeihen. Man könnte dicke Bücher schreiben über dieses Thema!
Die beiden Hauptkategorien sind die Lip-penpfeifen (= Labialpfeifen) und die Zungenpfeifen (= Lingualpfeifen).
LippenpfeifenDer durch die Kernspalte gebündelte Orgelwind (das Windblatt) streicht über die Kante der Oberlippe (= Oberlabium) und kommt in eine Schwingung, die den Ton hervorbringt. Das System ist das gleiche, wie wenn man schräg über eine offene Flaschenmündung bläst.
Die Masse einer Pfeife werden durch die Mensur festgelegt, eine tabellenartige
(nicht proportional verlaufende!) Kurve mit den Fixpunkten für jede Tonstufe.
Pfeifen mit kreisrundem Querschnitt sind meist aus einer ZinnBleilegierung (ausgenommen die Zauberflöte, s.u.). Für Holzpfeifen, mit rechteckigem oder quadratischem Querschnitt, verwendet man astreines Tannenholz. Der Kern und bei kleineren Pfeifen der Deckel sind meist aus Obstbaumholz, ebenfalls der Vorschlag, der mit einer Papiereinlage aufgeleimt wird, damit man ihn bei Bedarf wieder ablösen kann.
Die Holzpfeife soll innen ausgeleimt sein, was die Dichtigkeit garantiert und den Klang verbessert. Dazu füllt man die ganze Pfeife mit dünnflüssigem Leim und lässt diesen dann ausfliessen. Schliesslich erscheinen die Wände wie glasiert.
Man unterscheidet zwischen der offenen Lippenpfeife und der oben verschlossenen, der gedeckten Lippenpfeife.
Die offene LippenpfeifeDiese Pfeifenart ist in fast jeder Orgel zu finden. Je nach Mensur und weiteren Variablen der Pfeife ergibt sich ein anderer Klang.
Querschnitt durch die offene Lippenpfeife, mit Stimmblech
Querschnitt durch die Gedeckte
Seltene Violinopan35(!) Claves, 1892Cocchi, Bacig. & Graff.,1979 von G. Baciga-lupo überholt,2017 von Raphael Lüthi revidiert und intoniert,Geweke-Walze.Preis verhandelbar.
Edi NiederbergerTel. 061 921 48 64E-Mail: [email protected]
ZU VERKAUFEN
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Der PrinzipalDer Prinzipal ist eine Pfeife mittlerer Mensur. Bei den Kirchenorgeln ist es das Hauptregister und steht oft vorne im Orgelprospekt. Die sog. Mixtur (eine Kombination von 8’, 4’ und 2’Registern pro Ton) besteht immer aus Prinzipalen.
Die FlöteDiese Pfeife ist mit weiterer Mensur gebaut. Je grösser der Querschnitt ist, umso kräftiger wird der Klang.
Die überblasende FlöteBei der überblasenden Flöte fällt der Grundton weg und an dessen Stelle tritt die Oktave. Ein Überblasloch kurz vor der Pfeifenmitte erleichtert das Überblasen.
Die SpitzflöteBei dieser Pfeife ist die Obertonreihe sehr ausgeprägt. Sie wirkt deshalb hell, aber nicht schrill. Die Pfeife ist nicht, wie die anderen Lippenpfeifen, zylindrisch, sondern verjüngt sich nach oben. Sie wird meist überblasen.
Die QuinteWie der Name besagt, tönt diese Pfeife eine Quinte höher als der Tonwert angibt. Das ergibt, als Mixtur zusammen mit einem 8’, 4’ und 2’Register, einen reichen etwas nasalen Klang und schafft ein schönes ForteSpiel. Bei modernen Orgeln findet man sie sogar als zuschaltbares Register in Zungenorgeln (Orgel mit durch-schlagenden Zungen, also ohne Pfeifen).
Die Streicherstimme (Violine oder Cello)Die ViolinPfeife erzeugt als 8’ oder 4’ einen streicherartigen Klang, der mehr oder weniger einer Geige ähnelt. Sie ist sehr schlank, mit dicker Wandung, hat
Prinzipal im Prospekt eines Welte Cottage II
Die Flöte als Melodieregister
Die konische Spitzflöte
Das Quintregister für die Mixtur
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meist einen quadratischen Querschnitt und klingt sehr obertönig, bisweilen recht scharf. Bei grösseren Pfeifen spricht man von Cello.
Vor allem bei Orchestrien ist der Klang kaum mehr von echten Streichern zu unterscheiden. Typisch ist der sog. Gavioli-Bart (= Streichbart). Dieses aussen an der Pfeife aufgeschraubte schräge Messingplättchen hat seine Unterkante nahe an der Kernspalte und verhindert ein Überblasen. Der Name stammt von Anselmo Gavioli, der das System um 1875 patentieren liess. Die CelloPfeifen haben manchmal auch Rollbärte, kleine Walzen vor dem Auf-schnitt.
Im Berliner Orgelbau wird die Violine kombiniert mit der Zauberflöte (s.u.). Diese Orgel bezeichnet man mit Violino-pan. In grösseren Instrumenten steht häufig die ViolinPfeife mehrfach besetzt und erklingt zusammen mit anderen Registern.
Die gedeckte Lippenpfeife (= Gedeckte)Die Gedeckte ist oben mit einem verschiebbaren Spund verschlossen. Deshalb stösst die Tonsäule am Spund an und kehrt zurück zum Ausgangspunkt. Eine doppelt lange Tonsäule ergibt immer die Oktave in der Tonhöhe. Die Position des Spundes lässt sich auch während des Spielens durch Steuerung verändern, wie man es bei Singvogeldosen und käfigen findet. In
Orchest rien ergibt dies als sog. Lotosflöte einen ganz besonderen Effekt, indem der Ton zum nächsten kurz «schleift».
Die ZwillingspfeifeZwei Gedeckte stehen auf demselben Pfei-fenfuss und haben meist eine gemeinsame Rückwand, sind aber ab Kern je eine ganze Pfeife. Die Zwillingspfeife trifft man oft im Prospekt (d.h. vorne in der 1. Reihe) von modernen Drehorgeln, denn so lässt sich sehr einfach die heute beliebte Schwebung (s. im Kapitel «Stimmen») erzielen.
Violinpfeife mit Gavioli-Bart
Gedeckte auf einer Flötenuhr
Zwillingspfeifen im Prospekt
Violinopan-Orgel
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Die Doppellabiumpfeife (= Okarina)Im Gegensatz zur Zwillingspfeife hat sie nur 1 Pfeifenkörper. Dieser wird aber auf beiden gegenüberliegenden Seiten aufgeschnitten und hat auch beidseitig eine Kernspalte und einen Vorschlag. Sie tritt erst nach 1920 auf und klingt ähnlich der aus Italien kommenden Okarina. Diese ist ein birnenförmiges meist tönernes Gefäss mit Löchern und gleicht mit ihrem weichen Klang einer Blockflöte.
Die ZauberflöteDie Zauberflöte wird, wie eine Panflöte, schräg angeblasen. Sie hat einen sehr markanten Klang, dies auch dank der Obertönigkeit in der Quinte, und erinnert an eine Lokomotivpfeife. Zudem liegt ihre Tonhöhe in dem für das menschliche Ohr empfindlichen Bereich von 2000 bis 4000 Hz.
Im Block (im Querschnitt dreieckig) ist das zylindrische Pfeifenrohr eingelassen. Unten am Block liegen vorne das Labi-umplättchen und hinten der Keil, der zusammen mit dem Vorschlag, hier auch als Frosch bezeichnet, den Winkel des Anblasens festlegt. Die Kernspalte wird in den Frosch gefeilt.
Die Rohre sind aus Bambus oder aus Messing, hin und wieder aus durchbohrter Buche u.a. Der Spund ist ganz im Innern des Rohres, das durch die sog. Eichel oben dekorativ verschlossen wird.
Diese Pfeife steht immer vorne im Orgel-prospekt, sei es als Melodieregister über die ganze Orgelbreite (die Panflöte), sei es im Mittelfeld (mit kleineren Pfeifen, sog. Piccolos) als Verzierung der Melodie. Ist es das Melodieregister, wird die Orgel als Harmonipan bezeichnet.
ZungenpfeifenDer Wind bringt im Stiefel ein dünnes Metallplättchen (die aufschlagende Zunge) ins Schwingen, das auf der seitlich offenen Kehle aufliegt. Der Ton der Vibration
Okarina
Die schräg angeblasene Zauberflöte
Querschnitt durch die Zauberflöte
Harmonipan-Orgel
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wird durch die Nuss in den Schallbecher geleitet, der ihn verstärkt. Kehle und Zunge sind mit einem Keil in der Nuss fixiert. Mit der verschiebbaren Stimmkrücke bestimmt man die Tonhöhe (s. Bild S. 19).
Die TrompeteDie Trompete ist das häufigste Zungenregister in der mechanischen Musik. Sie spielt die Melodie, aber auch oft eine Ge-genmelodie.
Diese Pfeife hat charakteristischerweise einen konischen Becher, mit rechteckigem oder quadratischem Querschnitt, und der Stiefel ist meist mit Leder abgedeckt. Der Schallbecher ist nach unten gerichtet, bei modernen Drehorgeln aber oft nach oben (Eine schräge Platte neben der Öffnung soll dann das Gehör des Spielers schützen!).
Die KlarinetteDie Klarinette hat einen zylindrischen Be-cher, der kürzer ist als bei der Trompete. Sie wird mit Absicht oder manchmal aus Platzgründen der Trompete vorgezogen, entwickelt aber einen anderen Klang. Besonders in der hohen Lage ist die Klarinette oft durch Labiale verstärkt.
Das CornettDas Aussehen von CornettinoDrehorgeln oder Karussellorgeln ist aussergewöhnlich reizvoll: Die nach vorn gebogenen und an der Mündung breit werdenden Messing-becher sehen fantastisch aus. Der Stiefel steht direkt auf der Windlade (das Brett mit den Ventilen drin). Trotzdem haben sie sich nicht recht durchsetzen können, sind sie doch sehr temperaturempfindlich und der scharfe Ton mag nicht recht überzeugen. CornettinoOrgeln sind deshalb selten zu finden und äusserst begehrte Sammlerstücke.
Innenleben der Zungenpfeife
Trompeten-Orgel
Messing-Klarinetten
Attraktive Cornettino
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Die TromboneDie Becher sind länger als bei der Trompete (bis 4 m), und auf den Kehlen, dort wo die Zunge aufschlägt, liegt ein dünnes Leder. Der Klang ist sehr grundtönig und trägt bei den ChilbiOrgeln zu einem schönen Tutti bei. Die Trombone wird auch als Posaune, als Tuba oder als Bombardon bezeichnet.
Intonieren«Intonieren» wird in der Musizierpraxis oft mit «Stimmen» gleichgesetzt. Für ein Pfeifenwerk hat «Intonation» jedoch eine ganz andere Bedeutung. Durch die Intonation wird die Klangfarbe (u.a. der Anteil an Obertönen), die Lautstärke und die Ansprache (= wie schnell entwickelt die Pfeife den Ton) einer Pfeife bestimmt, nicht aber die Tonhöhe. Die Intonation ist das Wichtigste für ein schön klingendes Instrument und erfordert viel Geduld und Ausdauer! Hier sei ausnahmsweise Ignaz Blasius Bruder wörtlich zitiert (S. 37): «Dass Jntonieren ist die Haubtsache allem anderen: Wenn die ganze orgel in der Möglich Besten Arbeit geferdiget sein würde, und die sprache den Pfeifen würde nicht aufs Beste sein, so würde auch die ganze orgel für nichts gehalten werden.»Folgende Komponenten haben bei den Lippenpfeifen einen Einfluss:
• die Mensur: Wird der Querschnitt vergrössert, hört man weniger Obertöne. Der Klang nähert sich einer Blockflöte und wirkt voluminös. Mensurtabellen werden oft als Firmengeheimnis gehütet, sind sie doch durch aufwändiges
Pröbeln und immer wieder genauestes Hinhören stetig verbessert worden. Die Unterschiede zwischen einzelnen Firmen sind deshalb oft gross.
• der Winddruck: Der Winddruck ist je nach Instrument sehr verschieden. Bei einer Flötenuhr kann es nur 15 mm Wassersäule (= WS) sein, während bis zu 250 mm WS bei einer ChilbiOrgel vorkommen. Zum Vergleich: Eine Kirchenorgel arbeitet mit 50–90 mm WS.
• die Windmenge: Der Innendurchmesser des Fussloches lässt eine bestimmte Menge Wind durch. Das optimale Verhältnis zwischen dem Einstromloch und der Kernspaltenweite ist wichtig.
• die Kernspalte: Kernspalten sind bei Drehorgeln in der mittleren Tonlage etwa 0,8 mm weit. Eine enge Kernspalte braucht nicht nur weniger Wind, sondern ergibt auch ein stabileres Windblatt. Sie reagiert aber empfindlicher auf Schwankungen der Luftfeuchtigkeit. Die Weite der Spalte bestimmt die Lautstärke. Die Kante muss auf Kern und Vorschlagsseite scharf sein (Ignaz Bruder schleift sie am Vorschlag sogar mit Bimsstein.).
• der Aufschnitt: Er soll möglichst niedrig sein, wenn die Obertöne deutlich hörbar sein sollen. Schneidet man den Aufschnitt höher, wird die Pfeife grundtöniger und weicher (bis sie nicht mehr anspricht).
• das Oberlabium: Je breiter das Labium ist, umso kräftiger wird der Ton. Wird das Oberlabium leicht nach oben rund ausgeschnitten, so spricht die Pfeife sanfter an.
• die Stellung des Vorschlags: Durch die Höhe des Vorschlags gegenüber dem Kern wird das Ansprechen der Pfeife reguliert.
• Mit Seitenbärten wird die Pfeife schneller und flötiger, eine Gedeckte wird dunkler. Die Ansprache wird verbessert und die Lautstärke erhöht.
• Das Ausleimen der Pfeife: Je besser die Pfeife ausgeleimt ist, umso glockiger wird der Klang. Die Oberfläche sollte möglichst glatt sein. Natürlich muss die Pfeife 100prozentig dicht sein.
• die Stellung der Pfeife: Wenn die Frequenzdifferenz zur Nachbarpfeife zu klein ist, spricht die Pfeife schlechter an, da die Nachbarpfeife Schallenergie abzieht.
Die Trombone
Harmonipan von Frati & Co.33 Claves, Walze mit 8 Stücken, um 1885ohne Wagen. Die Orgel wurde restauriert. Restaurierungsbericht liegt vor.VP: Fr. 6500.–
Verkäufer:Peter X. BürgisserKaiseraugstTel. 079 320 55 31E-Mail: info@ drehorgel-schweiz.ch
ZU VERKAUFEN
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Bei den Zungenpfeifen sind neben Winddruck und Windmenge massgebend:• die Zunge: Die Eigenfrequenz der
Zunge lässt nur einen kleinen Stimmbereich zu (höchstens 2 Ganztöne). Sie soll vorne etwa eine Spielkartendicke aufstehen (= Aufwurf). Steht sie zu hoch auf, spricht die Pfeife spät an, ist sie zu niedrig, so klingt die Pfeife schlecht. Als Material wird gehämmertes Messing oder Phosphorbronze empfohlen.
• der Querschnitt, die Länge und die Form der Kehle und die Grösse der Öffnung.
• die Grösse und Abdeckung des Stiefels: Eine Ledermembran als Abschluss verbessert die Ansprache.
• die Form des Bechers: Während man beim zylindrischen Becher nur die Obertöne 3,5,7 usw. hört, sind beim konischen alle Obertöne vorhanden.
• die Becherlänge: Wird der Becher leicht verkürzt, wird der Ton heller und kräftiger.
Sowohl gedeckte Pfeifen wie auch die konischen Schallbecher von Zungenpfeifen lassen sich problemlos mehrmals um 90° kröpfen, d.h. «knicken». Offene Pfeifen kröpft man mit Vorteil mit mehrmaligem 45°Winkel. Das Kröpfen geschieht immer aus Platzgründen. So sind längere Basspfeifen unten an der Drehorgel möglich, als das Instrument breit ist.
StimmenDie meisten Pfeifen haben eine Stimmvorrichtung, was das Stimmen eigentlich erleichtern würde. Trotzdem hört man oft Pfeifen, die dringend gestimmt werden
müssten. Vor allem Zungenpfeifen oder Pfeifen, die direkter Sonnenbestrahlung ausgesetzt sind, neigen zum verstimmt sein. Wärme ist ein wichtiger Faktor. Bei 1° Erwärmung einer Lippenpfeife (indem man sie z.B. mit dem Mund anbläst) klingt sie bereits 0,8 Hz höher.
Die Präzision der Stimmung hängt aber nicht nur von der momentanen Raumtemperatur ab, sondern wird auch durch den Winddruck stark beeinflusst. Der Magazinbalg dient nicht nur dazu, den Druck zu bestimmen, sondern auch die durch das Arbeiten der Schöpfbälge entstehende Stössigkeit des Windes zu mindern. Trotzdem entstehen ständig kleine Differenzen im Druck (Kirchenorgeln haben einen sehr konstanten Winddruck, was das Stimmen erleichtert). Vor allem bei kleineren Drehorgeln ist das ein Problem. Hat man die kleinste Pfeife bei prall gefülltem Magazinbalg gestimmt, kann sich die Tonhöhe massiv ändern, sobald später im selben Moment ganz viele Pfeifen ebenfalls Wind benötigen. Je tiefer der Winddruck ist, umso tiefer tönt die Pfeife.
Was oft zu wenig beachtet wird, ist der Einfluss des geschlossenen Orgeldeckels, eines tuchbespannten Fensters vor den Pfeifen oder einer Bodenplatte. Präzis Stimmen heisst deshalb Einbezug dieser Faktoren.
Bei den Offenen Labialpfeifen legt man die Tonhöhe fest, indem man den Winkel des Stimmblechs verändert und so die Pfeife etwas «zudeckt». Je mehr sie «zugedeckt» wird, umso tiefer tönt sie.
Im Innern des Stiefels
Auf der Unterseite des Werkes einer reich dekorierten Singvogel-dose ist dieses Label.Wer kann mir Informa-tionen darüber geben? Danke!
Peter RohrerTel. 078 683 48 95E-Mail: [email protected]
WER KENNT DAS ?
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Schwierig wird es, wenn die Pfeife auf Tonhöhe geschnitten ist. Da hilft nur etwas Kürzen (oft genügt schon das nach innen Abschrägen auf einer Pfeifenseite) oder zum tiefer Stimmen das Aufkleben eines Lederdreiecks.
Die Gedeckten sind sehr problemlos zu stimmen. Indem man den Spund verschiebt, ändert die Tonlänge und damit die Tonhöhe.
Die Zungenpfeifen stimmt man durch Schieben der Stimmkrücke. Je weiter die Stimmkrücke die Zunge niederdrückt, d.h. je kürzer der frei schwingende Teil der Zunge ist, umso schneller schwingt sie und tönt deshalb umso höher. Sie schlägt dann plötzlich in die obere Oktave um.
Bei Orgeln mit wenigen Tönen kann man die Intervalle rein stimmen. Deshalb klingen kleine Instrumente oft fantastisch schön. Sobald mehrere Tonarten möglich sind, muss man auf temperierte oder mitteltönige Stimmungen ausweichen, wobei es auch hier eine Unzahl von Varianten gibt.
Das erste Register wird gerne mit Hilfe eines Stimmgeräts gestimmt. Bei alten Drehorgeln wird die ganze Orgel nach der Tonhöhe der grössten Basspfeife gestimmt. Diese ist manchmal sogar fest verschlossen. Was der Tonwert auf der Klaviatur angibt, ist dabei völlig unwichtig, während die Intervalle nach oben natürlich
eingehalten werden müssen. Weitere Pfeifen auf der gleichen Tonhöhe stimmt man am besten nach Gehör. Dabei kann man einige Cents abweichen und erhält damit die sog. Schwebung, wofür sich vor allem zwei gleichartige Pfeifenreihen eignen. Man hört dabei sehr gut das Tempo der Wellen und wird die tieferen Töne etwas langsamer und die höheren leicht schneller schweben lassen.
SchlussbemerkungenIch hoffe, dass ich einiges an Wissenswertem vermitteln konnte. Ergänzungen oder Korrekturen nehme ich jederzeit gern entgegen (EMail: info@drehorgelwerkstatt.ch).
Ich danke Herrn Raphael Lüthi für die sehr tatkräftige und hilfreiche fachliche Unterstützung und Herrn Dr. H. Jüttemann dafür, dass er dem SFMMJournal seine hervorragenden Zeichnungen der verschiedenen Pfeifen zur Verfügung gestellt hat.
LiteraturhinweiseBormann, Karl: Heimorgelbau, Verlag Merseburger, Berlin 1972
Bormann, Karl: Orgel und Spieluhrenbau, kommentierte Aufzeichnungen des Ignaz Bruder (1829), Sanssouci Verlag, Zürich 1968
Bruder, Ignaz Blasius: Handbuch der Orgelbaukunst, aus der Urhandschrift übertragen von Hermann Brommer, Verlag Waldkircher Orgelstiftung 2006
Dom Bedos: Die Kunst des Orgelbauers, dt. Übersetzung von Chr. Glatter, Hrsg.: R. Rensch, OrgelbauFachverlag Iso Information, D7128 Laufen am Neckar 1977
Goebel, Joseph: Theorie und Praxis des Orgelpfeifenklanges, Verlag Das Musikinstrument, Frankfurt am Main 1967
Jarofke, Dr. Dietmar (Hrsg.): Der Leierkasten, ein Wahrzeichen Berlins, Verlag Wort & BildSpecials, Berlin 1991
Jüttemann, Dr. Herbert: Waldkircher Dreh und Jahrmarktorgeln, Waldkircher Verlag 1993
Gekröpfte Bodenpfeifen (u.a. 3 Bässe mit Oktave)
21Orgelbau Raffin GmbH AbigstrAsse 9 | D-88662 Überlingen
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«Wahnsinn oder Leidenschaft und Faszination» Episode Sechs:
�� Jacqueline und Peter Both�� Fotos: Jacqueline Both
«Nicht nur sammeln, sondern auch aus-stellen …»: Ein «Sammlerleben» besteht nicht nur darin, möglichst viele Instrumente zu sammeln. Immer wieder steht man vor der Frage: Wie soll man seine Schätze klug aufbewahren und wie will man sie präsentieren? Diese Problematik beschäftigt viele Sammler, deshalb ist für uns die Kontaktpflege mit Gleichgesinnten im In und Ausland ein grosses Anliegen. Und so verbringen wir einmal im Jahr einen Teil unserer Ferien am internatio
nalen Meeting der «Musical Box Society International» (MBSI) in den USA. Als langjährige Teilnehmer dieser Meetings möchten wir allen, die davon keine Kenntnis haben, einen kleinen Einblick ermöglichen, denn es ist immer wieder spannend zu lesen und zu sehen, was andere Vereine auf der Welt ihren Mitgliedern bieten.
Vorweg eine kurze Information zur MBSI:Die MBSI hat 11 Chapters verteilt auf das ganze Land und ein Chapter in Japan. Diese Chapters planen und organisieren unabhängig übers Jahr Anlässe und Zusammenkünfte für ihre Mitglieder. Einmal pro Jahr wird ein «Annual Meeting» durchgeführt, immer in einem anderen Staat und einer anderen Stadt, organisiert durch das jeweilige dort ansässige Chapter. Diese «Annual Meetings» sind in erster Linie ein gesellschaftlicher Anlass, dienen aber auch dazu, dass sich die Vorstandsmitglieder der verschiedenen Chapters zusammenfinden,
Haus von Arnold Chase
Ausstellungsraum
Jacqueline und Peter Both mit Ueli Temperli vor Fredys Hupfeld Helios
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um zu informieren und gemeinsam zu diskutieren. Doch es bleibt bei weitem nicht bei dieser «trockenen Materie». Es werden immer einige interessante Besuche für die
Mitglieder angeboten, bei denen man die Exponate sehen und hören kann und auch Eindrücke erhält, wie die Instrumente ausgestellt werden.
Ausstellungsraum mit Spielautomaten
American Treasure Tour / Ein Sammelsurium:
Eingang
Ein Teil der Ausstellungsräume A-T Tour
Man findet ein buntes Sammelsurium
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Das letzte Hauptmeeting, also das 68. Annual Meeting der MBSI, fand vom 29.8.– 3.9.2017 in Whippany, New Jersey (USA), statt. Organisiert wurde es durch das East Coast Chapter.
Auf dem Programm standen Besuche bei Arnold Chase (Chase Collection), American Treasure Tour / Neilson Collection / MBSI Collection, The Stickley Museum at Craftmans Farms und dem Morris Museum (Guinness Collection). Die Fahrten zu den jeweiligen Orten wurden mit Bussen organisiert. Es ist wirklich erstaunlich, wie viele unglaubliche Instrumente und sonstige Objekte es zu sehen gab – und die Art und Weise, wie sie ausgestellt werden, ist sehr beeindruckend. Das gesellschaftliche Leben kam auch nicht zu kurz, da die Abendessen zur freien Verfügung standen. Jedes Jahr werden verschiedene Workshops angeboten, die von Mitgliedern des MBSI präsentiert werden – natürlich alles in Zusammenhang mit unserem Hobby. Es gibt einen «Awards Lunch», ein gemeinsames Mittagessen, an dem Menschen, welche sich in irgendeiner Weise für die mechanische Musik verdient gemacht haben, geehrt werden und eine Auszeichnung erhalten.
Der Samstag ist der «Haupttag» der ganzen Woche. Nach dem gemeinsamen Frühstück findet das eigentliche «Annual Meeting» (GV) statt. Hier werden, so wie bei uns auch, die Geschäfte des vergangenen und die Ziele des neuen Jahres dargelegt, diskutiert und abgestimmt, sowie Wahlen durchgeführt. Am Nachmittag findet jeweils ein Markt statt, an dem Mitglieder Instrumente, Platten, Bücher und vieles mehr verkaufen können. Der Samstagabend, also der letzte gemeinsame Abend, findet dann in stilvollem Rahmen statt, an dem auch immer für Unterhaltung gesorgt wird. Am Sonntag gibt es die Möglichkeit, «Open Houses» zu besuchen. Hier bieten Mitglieder der MBSI Interessierten die Möglichkeit, ihre privaten Sammlungen zu besichtigen, zu bestaunen und zu hören. Wie jedes Jahr waren es spannende und interessante Tage, an denen auch genügend Zeit blieb, um sich mit Freunden zusammenzusetzen, sich zu unterhalten und Spass zu haben.
Dabei kann man so allerhand erleben, und davon handelt die Geschichte unserer Perroquette.
Am Samstagnachmittag fand auch im 2017 der obligate MBSI Markt statt. Da entdeckte Ueli Temperli, der die Sommerferien mit uns verbrachte, bei einem Verkäufer eine französische Perroquette. Peter und ich beschlossen, dieses gut erhaltene Instrument zu kaufen. Unsere Ferienreise war nach dem Meeting zwar noch nicht zu Ende, weil wir noch einige Freunde besuchten, aber im Auto liess sich die Perroquette problemlos transportieren. Am Tag der Rückreise stellte sich dann die Frage, ob wir die Perroquette als Handgepäck mitnehmen oder aufgeben wollten. Wir beschlossen, sie als Handgepäck zu transportieren. Gesagt, getan: Gepäck aus dem Auto raus – und schon gab es einen Knall: Die Perroquette, in eine Tasche gepackt, fiel mitsamt dem Koffer, auf den sie gestellt worden war, zu Boden. Und ja, sie hat Schaden erlitten. Soweit wir sehen konnten, nichts Dramatisches, aber eben, sie war teilweise beschädigt. Zum Glück hatten weder Ueli noch ich die Verantwortung für den Perroquette – Transport übernommen, aber Peter, der sich dementsprechend ärgerte … Doch das war noch nicht das Ende
Neilson Collection / MBSI Collection, The Stickley Museum at Craftmans Farms und dem Morris Museum (Guinness Collection)
Mr. Guinness
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der Geschichte. Nachdem wir die Koffer aufgegeben hatten, begaben wir uns zum Sicherheitscheck. Jetzt sollte das Drama erst richtig losgehen: Die Perroquette wurde nicht als Handgepäck zugelassen. Begründung: Mit den Walzen könnte man jemanden verletzen, bedrohen oder sonst was tun … Die Beamtin hat sich selbst damit gekratzt … (Die Gedanken sind hier frei …). Ebenso wurde ein Drogentest an den Walzen durchgeführt... (Auch hier sind die Gedanken frei...) Langer Rede kurzer Sinn: Peter wurde zurückgebracht in die Abflughalle und musste dort einen zusätzlichen Koffer kaufen, um die Perroquette aufgeben zu können. Am Schalter musste die Beamtin sich ein Lachen verkneifen und der Beamte am Sicherheitscheck konnte sich eine humorige Bemerkung gegenüber Peter nicht verkneifen und fragte ihn: «Sie gehen wohl gerne mehrmals durch die Sicherheitskontrolle!» Nach dieser etwas länger dauernden Kontrolle mussten wir zuerst unsere Nerven beruhigen und unseren «Frust» bei einem guten, kühlen Glas Weisswein loswerden. Was für eine Geschichte! Zum Glück kam
es zu keinen weiteren «Zwischenfällen» mehr auf der Rückreise und wir konnten, nach einem ruhigen Flug, unser Gepäck inklusive Perroquette in Zürich entgegen nehmen.
«Zum Schluss»: Die unglaublichen Dimensionen von privaten Ausstellungen, die wir schon mehrmals in den USA erlebt haben, beeindruckt immer wieder – nicht allein durch die Grösse, sondern auch die Art der Präsentation. Auch wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir unsere Instrumente am besten ausstellen können. Eine Herausforderung, denn der Raum, in dem unsere meisten Instrumente ausgestellt sind, liegt im zweiten Stock, und das grosse, ausladende Dach, das an der Seite gerade 50 cm über dem Fussboden endet, lässt nur wenig Raum für handelsübliche Gestelle. Doch unser Freund und findiger Tüftler mit eigenem Geschäft, Stutz – Holzbau, Winkel, hat uns aus dieser kniffligen Situation geholfen. Entstanden sind Möbel, auf denen auf zwei ausziehbaren Etagen die Musikdosen ausgestellt und in der
Zur französische Perroquette Die Perroquette in typischer Mirecourtbauweise ist eine einfache mechanische Handdrehorgel, eine grössere Serinette. Sie hat drei Register mit je 10 Tönen, die schaltbar sind: 30 Pfeifen, so ergibt sich ein volles Klangbild mit Forte und Piano. Unsere Perroquette hat 3 Walzen mit insgesamt 24 Musikstücken. Eine der Walzen hat 4 längere Musikstücke. Mit einer Handkurbel wird die Walze in Bewegung gebracht und auch der Blasbalg betätigt. Die ersten Perroquetten wurden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebaut. Ein Zentrum für den Bau solcher Handdrehorgeln (Perro
quetten, Serinetten etc.) war Mirecourt auf der lothringischen Seite der Vogesen, südlich von Nancy.
Ursprünglich wurden diese Handdrehorgeln dazu gebraucht, in Käfigen gehaltenen Singvögeln Melodien beizubringen. Im 19. Jahrhundert wurden dann die Handdrehorgeln, unabhängig von ihrem ursprünglichen Zweck, häufig in bürgerlichen Salons als Unterhaltungsinstrumente oder als Kinderspielzeug angetroffen. Sie verloren an Bedeutung, als die ersten Phonographen aufkamen.
Walzenund von obenPerroquette von vorne
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darunterliegenden Schublade Metallplatten oder Bücher verstaut werden können. Jedes einzelne Möbel ist zudem mit Rollen versehen, so dass das Verschieben jederzeit möglich und leicht zu handhaben ist.
Auch die grösseren und grossen Instrumente, welche keinen eigenen Unterbau haben, stehen auf solchen Möbeln, die mit Schubladen und Rollen versehen sind. So lässt sich der Raum je nach Wunsch ohne Probleme umgestalten und unsere Gäste und wir haben genügend Platz, die Instrumente auch zu sehen und nicht nur zu hören.
Es grüssen, Jacqueline und Peter Both
Restauration an der Perroquette: Raphael Lüthi
Möbel mit zwei Auszügen
Schubladen
Möbel auch für Instrumente,
die keinen Unterbau haben
Erster AuszugMöbel in Dachschräge Zweiter Auszug
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�� Text und Bilder: Raphael Lüthi
Österreichische Portaluhr mit bemalten Säulen und PerlmuttApplikationen. Diorama mit floralen Motiven und Teich in der Bekrönung. 8Tage Uhr mit Schlag auf zwei Tonfedern und Auslösung von Spielwerk und Automat. Bewegtes Bild (Oel auf Blech) mit animiertem Flusslauf, Wasserrad, Feuer, Schmied und Jäger. 2MelodienSpielwerk der Firma «Slawik & Preisz ler in Prag» mit 82 Tonzungen.
Kaufvertrag im Instrument eingeschrieben, datiert «...verkauft den 6t. Juli (1)839. Privatsammlung.
Eine Kostbarkeit: österreichische Portaluhr mit Spielwerk und «lebendem Bild»
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Das besondere Instrument
Jahrmarktorgel Modell 109 der Firma Gebrüder Bruder, Waldkirch
�� Text und Bilder: Raphael Lüthi
Allgemeines zu Gebr. Bruder und den «Airophon-Notenrollenorgeln»Die 1864 gegründete Waldkircher Orgelfabrik Gebrüder Bruder OHG war in den 1920erJahren eines der weltweit führenden Unternehmen im Bereich der Herstellung von grossen Schausteller und Jahrmarktorgeln. Als eine der ersten europäischen Fabriken der Branche entwickelte Gebr. Bruder um 1923 mit dem kombinierten Saug und DruckwindsteuerungsSystem «Airophon» eine eigene Notenrollensteuerung für grosse Jahrmarktorgeln.
Die Hauptvorteile der Rollen gegenüber den Kartonnoten liegen insbesondere im kleineren Platzbedarf, dem geringeren Gewicht, geringeren Notenpreis und dem einfachen Handling. Wohl aufgrund der schwierigen klimatischen Situation auf den Chilbiplätzen (trocken feucht kalt warm), der unzureichenden Papierqualität und den rauhen Einsatzbedingungen im Alltagsbetrieb auf der Chilbi hatte man davor den unverwüstlichrobusten Faltkarton als Steuerungsmedium dem fragilen Papier für die Steuerung der dort verwendeten Orgeln vorgezogen.
Nach 1923 wurden durch Gebr. Bruder nicht nur zahlreiche Instrumente mit NotenrollenSteuerung neu gebaut; das sehr zuverlässige und bedienungsfreundliche «AirophonSystem» wurde in den späten
Der typische Notenrollen-Spielapparat «Airophon» der Orgelfabrik Gebr. Bruder / Waldkirch. Foto: Stefan Fleck
Die Rückseite des Orgelkastens: Gut sichtbar der zusätzliche Vakuumbalg für die Steuerung (unter dem Orgeldach hängend), darunter das Pfeifenwerk der sog. «dreifachen Mixtur». Foto: Stefan Fleck
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1920er und ‚30er Jahren auch in viele ältere Orgeln nachträglich eingebaut (auch Walzenorgeln!). Ebenfalls liess die Kundschaft Instrumente anderer Fabrikate durch Gebrüder Bruder auf Notenrollen umbauen. Dies bescherte der Firma auch in der schlechten Zeit nach 1929 (als Verstärkeranlage und Lautsprecher bereits weite Verbreitung fanden) noch ein erhebliches Auftragsvolumen. Unter den Auftraggebern in dieser späten Zeit finden sich auffallend viele Schweizer Kunden, die ihre Instrumente entweder umbauen oder neu mit Notenrollensteuerung anfertigen liessen.
Viele Rolleninstrumente des Modells No. 107 (52 Tonstufen) und des 1927 entwickelten kleinen Universalmodells No.111 (38–43 Tonstufen), auf das besonders
Disposition und Tonumfang
Bassbereich, E / F / G / A / H / c° / d°, 7 TöneGedeckt 8’Cello 4’Bombardon 8’ c° + d° als 16’ (C + D) / Zuschaltbar durch Register «Forte»
Begleitungsbereich, e° – chrom. – d’ , 11 TöneGedeckt 8’Cello 8’Mixtur 3f. 4’ + 2 2/3’ + 2 Zuschaltbar durch Register «Forte»
Melodiebereich, d#’ – chrom. – d³ / e³ / f³, 26 TöneGedeckt 8’Violine 2f. 8’Mixtur 3f. 4’ + 2 2/3’ + 2’ Zuschaltbar durch Register «Forte»Trompete 8’ 9 Töne d#’ – h’ (Weiterführung Nebenwerk), zuschaltbar
Nebenwerk, f° – chrom. – d’, 10 TöneTrompete 8’
Schaltungen, selbsthaltend, 4 Spuren (weitere Spuren sind bei dieser Orgel ohne Funktion)– Forte (Mixturen & Bombardon an)– Hohe Trompete (d#’ – h’) an– Piano (Auslöser / Alle automatischen Register ab)– Zurück (automatischer Rollenrücklauf)
Schlagzeug, 3 Spuren (Weitere Spuren sind bei dieser Orgel ohne Funktion)Grosse Trommel und BeckenTriangelKleine Trommel mit Repetiersteuerung
61 Spuren / Claves in Funktion, 251 Holzpfeifen (225 Labiale, 26 Zungenstimmen)Die Skala versteht sich klingend
Ein Blick ins Pfeifenwerk bei abgenommener Fassade. Foto: Stefan Fleck
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häufig auch ältere Instrumente umgebaut wurden, fanden so den Weg auf die Schweizer Chilbiplätze. Weitaus seltener kam das grössere Modell 109 dort vor. Mindestens drei dieser Instrumente waren jedoch nachweislich in der Westschweiz unterwegs.
Das Modell 109 der Waldkircher Orgelfabrik Gebr. BruderIm Jahre 1925 wurde das Modell 109 von Gebr. Bruder als erste eigentliche NotenrollenOrgel neu entwickelt. Die grossen Rollen mit einer Papierbreite von 305 mm steuern insgesamt 66 mögliche Tonstufen und Schaltfunktionen. Wieviele Instrumente insgesamt vom Modell 109 zwischen 1925 und 1937 gebaut, oder auf diese Skala umgebaut worden sind, lässt sich wohl nicht mehr ermitteln. Heute sind dem Verfasser acht Instrumente bekannt, die auf der Skala Gebr Bruder No. 109 spielen, davon fünf Originalorgeln und drei von Fa. Gebr. Bruder später um
gebaute Instrumente. Während die Skala eine Vielzahl von möglichen Registerschaltungen, Schlagzeug und anderen Effekten (u.a. Glockenspiel, PiccoloFlöte, Paukenwirbel, Castagnetten, Triangel, Schwellwerk) vorsieht, ist bislang kein einziges Exemplar mit «Vollausstattung» bekannt.
Das hier näher betrachtete Instrument mit der Fabrikationsnummer 5352 wurde vermutlich 1926 in Waldkirch hergestellt und mit einer rund drei Meter langen, geschmackvollen olympischen Tempelfassade nach einem Entwurf des Bildhauers Joseph Dopp ausgestattet. Den aktiven Teil ihres Daseins verbrachte die Orgel im Osten Deutschlands, wo sie für einen Schausteller mit Namen Meyer in Halle an der Saale ihren Dienst verrichtet haben soll. Leider wurde offenbar sehr früh das oberste Teil der Fassade zurechtgestutzt, damit die Orgel in den Transportwagen ohne Hebedach passte, wodurch die Front
Hör mein Lied, Elisabeth
Welches Wunschlied soll´s denn sein?
DrehorgelliederstanzereiWinfried KleinSti ft sring 13 · 84424 IsenTel.: +49 8083 32 23 099Fax: +49 8083 32 24 292Mobil: 0172 - 85 54 315E-Mail: [email protected]
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Mit Drehorgelei von A-Zbefassen sich Winfried und Elisabeth.
Arrangieren und auch Stanzen besorgen wir im Ganzen.
Wir orgeln und werkeln für Alte und Kinder,ob ohne oder mit Zylinder.
«Olympische Tempelfront» nach einem Entwurf von Josef Dopp, 1926. Werksfoto der Firma Gebrüder Bruder. Archivbild: Paul Fleck Söhne Orgelbau.
Die Orgel mit «angepasster Fassade» um 1955 in Ostdeutschland. Bildquelle: Ueli Temperli
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ihrer ursprünglich ausgewogenen Proportion beraubt wurde. In den 1950erJahren wurde die Fassade mit einer Beleuchtung ausgestattet und das NotenrollenRepertoire der Orgel wurde mit damals aktuellen Schlagern erweitert, welche von Giovanni Bacigalupo und Louis Reusch aus OstBerlin extra arrangiert und gezeichnet wurden. 1970 gelangte das Instrument in den Besitz des Hamburger Spediteurs und Drehorgelfabrikanten Curt Baum, der es gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Jens Eskebjerg revidierte (nach den damaligen Gesichtspunkten). Auf der bereits sehr entstellten Front brachte Baum weitere 6 Engel an. Nach dieser Instandsetzung spielte das Instrument wieder wirklich gut, sodass es auch für Schallplattenaufnahmen zur damals von Curt Baum produzierten, zwanzigteiligen Serie «DrehorgelSouvenirs» herangezogen wurde. Zu hören ist die Orgel dort als «65er Gebr. Bruder» auf den Folgen 7, 9 und 17. Für diese Schallplattenaufnahmen liess Curt Baum durch den hochbetagten Giovanni (Hannes) Bacigalupo im Jahre 1971 nochmals zwei Rollen für die Orgel anfertigen. Diese enthalten – nebst aktuellen Schlagern der frühen 70er Jahre – auch einige Eigenkompositionen von G. Bacigalupo, z.B. den «OlympiaMarsch» oder «Gruß an Hamburg». Nach dem Tode von Curt Baum 1984 blieb die Orgel noch viele Jahre in Familienbesitz und wurde dann in den 90er Jahren vom Drehorgelsammler Siegfried Bruhns aus Grünenplan erworben. Siegfried hütete dieses schöne Instrument wie einen Schatz und nur wenige Auserwählte bekamen die Gelegenheit, seine «grosse Bruder» anzuschauen, oder gar zu hören. Die Orgel blieb weitestgehend im Verborgenen und es wurden kaum öffentliche Auftritte damit absolviert. Es ist ein grosser Verdienst der Familie Bruhns, dass die Orgel dadurch im Zustand von 1970 über weitere zwei Jahrzehnte bestehen konnte und von wertmindernden Veränderungen verschont geblieben ist. Im Dezember 2017 erfolgte nun ein erneuter Eigentumswechsel. Der neue Besitzer möchte das Instrument in den kommenden Monaten wieder in seinen optischen Ursprungszustand versetzen lassen und am Orgelwerk werden im Moment notwendige Restaurierungsarbeiten ausgeführt, sodass die Orgel auch musikalisch wieder hohen Ansprüchen gerecht
werden kann. Das Notenrepertoire wird, vorwiegend durch Originalbearbeitungen des Waldkircher Musikzeichners Gustav Bruder, erweitert. Eine offizielle Vorstellung der im alten Glanz wiedererstehenden «109er» ist bei der diesjährigen Herbstveranstaltung «Waldkircher Tage der Jahrmarktorgel» vom 19. bis 21. Oktober 2018 (s. Terminkalender) geplant.
Die Orgelfassade im aktuellen Zustand, vor der Rekonstruktion fehlender Teile. Bild: Fine ART Restorations-Raphael Lüthi
Zustand der Fassade ab 1970 bei Curt Baum, mit Engeln und farbiger Beleuchtung.
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Zu Gast bei Peter G. Schuhknecht
«Und dann merkt man, die Stimmung hat sich plötzlich verändert.»
�� Text: Ueli Temperli�� Bilder: Edi Niederberger
Peter, ich behaupte, du hast schon sehr viel gesehen und erlebt!Ja, vor allem mit der Sammelleidenschaft.
Wie bist du zur mechanischen Musik ge-kommen?Ich hatte einen Freund, dessen Grossmutter ein Symphonion besass – heute weiss ich, was das ist – und damit haben wir oft gespielt. Es war immer dieselbe Polka, die ich heute noch im Ohr habe, weil sie bekannt ist: «Unsre Oma hat kein Geld, unser Opa hat kein Geld, hat kein Geld …» Dann lief lange nichts in Sachen mechanischer Musik. Erst viel später fand diese Geschichte dann eine Fortsetzung. Zwischenzeitlich wuchs ich heran und wurde Fernsehmeister. Als ich eines Tages auf der Suche nach einem TrichterGrammophon war, stellte ich mir die entscheidende Frage: Vor dem Grammophon gab es den Phonographen, aber davor muss es noch etwas gegeben haben, nur was? Ein AntiquitätenHändler bot mir einen «Phonographen mit Blechplatten in Holzkiste mit Blechplatten» an, was es definitiv nicht gibt. Wir stritten uns deshalb, aber schliesslich bin ich dann Besitzer dieser Spieluhr geworden. Und da erinnerte ich mich plötzlich an die Spieluhr meines Freundes. Sollte es noch mehr dieser Instrumente geben? Um das herauszufinden, annoncierte ich in der Zeitung unter Angabe meiner privaten Telefonnummer – das war in den 70erJahren – und wurde überrascht vom grossen Echo. Meine Frau meinte, dass ich das nicht mehr machen dürfe, so viele Leute meldeten sich! Da bot mir beispielsweise jemand eine grosse Standuhr an für nur 1000 Mark und ich sagte zu ihm: «Sie sind verrückt!», und habe ihm den Hörer aufgelegt. Ich habe erst später begriffen, dass ich der Verrückte war! Zuerst habe ich also nur gekauft, was billig war, und reparierte es, oft mehr schlecht als recht. Später habe ich jemanden gefunden, der mir alles richtig repariert hat. Bald
schon kamen Freunde und fragten: «Hast du auch Drehorgeln?», und so ging es mit der Drehorgel los. Dieser Bazillus hat mich dann ganz «gefressen».
Wie alt warst du zu der Zeit?25 oder 26 vielleicht. Ich hörte immer wieder, im Schwarzwald soll es Drehorgeln geben. So machten wir Urlaub im Schwarzwald und zogen von AntiquitätenHändler zu AntiquitätenHändler. Ich hatte ja noch keine Ahnung von der Materie. Sobald ich sagte, ich suche eine Drehorgel, wurde gemauert. Ich merkte, die wissen etwas, wollten aber nichts sagen. So musste ich mir eine andere Taktik zulegen und fuhr zu einem AntiquitätenHändler nach Freiburg. Dort gab ich vor, bereits eine Drehorgel zu besitzen und fragte, ob er auch eine habe und wenn ja, was er mir anbieten könne. Er meinte, er hätte keine, es gebe aber in der Gegend einen Sammler, den Vanselow. Puff, so hatte ich einen Namen! In der nächsten Telefonzelle suchte ich Vanselow in Waldkirch und rief ihn an: Ich war herzlich willkommen! Er zeigte mir alle möglichen Drehorgeln, aber vor allem wollte er mir seine eigenen verkaufen. Er hatte eine Bacigalupo und er meinte, das sei ein älterer Herr, von dem könne ich bestimmt keine bekommen. 4 Wochen später machten wir einen Betriebsausflug in den Harz und da stand an
Schloss Maierhofen, sein Wohnsitz 2003 –2018
Peter G. Schuhknecht, fröhlich und humorvoll
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der Kegelbahn eine Drehorgel. Ich konnte es fast nicht fassen, aber es war eine Bacigalupo. Genau die, die man angeblich nicht bekommen konnte! Umgehend wandte ich mich an den Besitzer der Kegelbahn, stellte mich vor und sagte: «Ich habe die selbe Drehorgel und würde mich freuen, wenn ich Ihre einmal spielen dürfte!» Nach dem Spielen schaute ich in die Orgel hinein und fand ein Etikett: Curt Baum, Hamburg. Das konnte ja kein Zufall sein. Gleich am nächsten Tag rief ich Curt Baum an. Er meinte freundlich: «Kommen Sie vorbei, ich habe hier eine Orgel, die der Werner von Braun gekauft, aber noch nicht abgeholt hat. Die können Sie sich anhören.» Die Orgel hat Werner von Braun schliesslich nicht bekommen. Es wurde meine! Das war ein wichtiger Kauf, denn über diese Orgel lernte ich Werner von Braun kennen, der mich in der Zeit von Apollo 13 sogar nach Miami eingeladen hatte! Es war eine schöne Zeit. Curt Baum hatte wundervolle Orgeln, u.a. eine 38er Ruth, ein 80er Bruder und kleinere Orgeln. Ich
war oft bei ihm. So wuchs eine herzliche Freundschaft. Über Curt kam ich auch mit Hannes Bacigalupo zusammen. Damals stand noch die Mauer, es herrschte kalter Krieg. Um ihn zu besuchen, flog ich jeweils nach WestBerlin und fuhr mit einem Mietwagen durch die Schikane der Grenzkontrolle hinüber in den Osten zur SchönhauserAllee. Wenn wir zusammen arbeiteten, zeigte er mir, wie man was machen muss. Wir führten intensive Gespräche und er gab mir viele historische Kataloge. Leider starb Hannes nur einige Zeit später. Ich war mit Jens Carlson, Ursula Blohmeier, Latschen Paule und der Familie am Grabe. So haben wir ihn beerdigt.Ich habe dann Orgelbauer animiert, Drehorgeln zu bauen. Es entstanden die Kontakte zu Raffin, Tiedemann, Hofbauer und Eickhoff in Hannover. Das war eine wundervolle, fruchtbare Zeit. Ich konnte mich im Arrangieren austoben und Hofbauer baute die Orgeln, die dazu passten. So zog das immer weitere Kreise. In der Folge gründete ich auch einige Vereine.
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Welche hast du gegründet?Die Musikhistorische Gesellschaft für selbstspielende Instrumente in Deutschland, dann war ich Gründungsmitglied der GSM und des Gavioli Clubs in Holland. In den meistens Clubs bin ich noch, jedoch nur noch zahlendes Mitglied.
Du bist auch der Urvater aller Drehorgel-treffen! Hannover zum Beispiel, wann hat das begonnen, 1976 oder 1977?
Berlin war zuerst. Im Prinzip hatte Berlin jetzt sein 40. Jubiläum. Mit Unterstützung des Axel Springer Verlages, dem Zirkus Busch Roland und eigentlich von allen Zeitungen wurde die Drehorgel ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückgeholt und gefeiert. Die Berliner Zeitung schrieb damals «Der Kénig der Drehorgel ist in Berlin», und damit prägte sie eine Bezeichnung, die mir lange anhaften sollte. (lachend) Ich erhielt oft Briefe mit der Anrede «an unseren König».
Du bist einmal ganz spontan mit ein paar Orgelspielern nach Berlin gefahren. Da müssen sich sehr emotionale Szenen ab-gespielt haben. Du hast ja ein Kulturgut zurückgebracht, das vergessen war.Über den Drehorgelspieler rümpfte man immer etwas die Nase. Das gilt auch für die Kirmesorgel. Man sagte, dass die Kirchenorgel sich ekle vor dem «Strassenmädchen». Wir aber liebten die Drehorgel und wollten sie wieder zurück auf die Strasse bringen. So buchten wir einen Flug. British Airways hatte uns erlaubt, die Maschine selbst zu beladen. So durften wir unsere Drehorgeln eigenhändig verstauen. Das wäre heute nicht mehr denkbar. Wir stiegen hinten ein und die Stewardessen waren ganz erschrocken, dass da plötzlich 7 verkleidete Männer vor ihnen standen. In Berlin erwartete uns Herr Dehmerich, auch Orgelbesitzer. Er hatte einen LKW
1985 trifft Peter G. Schuhknecht den bekannten Drehorgelspieler «Latschen-Paule» aus Ostberlin.
1978: Er war der 1. Vorsitzende der musik-historischen Gesellschaft für selbstspielende Instrumente in Deutschland e.V.
Zusammen mit Carl Frei in Waldkirch vor der soeben fertiggestellten 89er Gavioli-Orgel (1979).
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mit HubLadefläche besorgt. So transportierten wir die Orgeln zum Wasserklops an der GedächtnisKirche. Da angekommen erwartete uns ein Blitzlichtgewitter von
der Presse. Die prügelten sich beinahe um die besten Plätze! Wir spielten vorwiegend vor dem Café Kranzler, 7 Orgeln im Halbkreis. Die Menschen tanzten und sangen.
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Der Jäger …Fast hätte es Peter G. Schuhknecht erwischt!
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Ein unvergessliches, wunderbares Erlebnis! Abends legten wir das Geld aus unseren Klingelbeuteln zusammen und sagten: «Wenn es heute schlecht gelaufen ist, dann schlafen wir in der Jugendherberge.» Aber wir konnten immer im Kempinski übernachten! Damals gab es noch einen Portier an der Türe. Er öffnete uns die Türe und wir fuhren mit unseren Orgeln ins Kempinski. Unglaublich! Aus diesem Ausflug mit Freunden entwickelte sich nach und nach das heutige Treffen in Berlin. An einem gewissen Punkt bat ich dann Richard Wolf, die Organisation zu übernehmen, da er ja von Berlin und vor Ort war.
Du hast aber dann das legendäre Treffen in Hannover organisiert!
Ich habe damals ganz bewusst das Treffen mit dem Schützhausfest zusammengelegt. So hatten wir immer ein Rahmenprogramm. Rund 100 Spieler nahmen teil: Sie präsentierten grosse Kirmesorgeln und kleine Drehorgeln. Wir genossen grosses Wohlwollen bei der Kaufmannschaft. Das bedeutete aber auch wahnsinnig viel Arbeit im Vorfeld, und wer jemals ein Treffen organisiert hat, weiss, dass es im Grunde ein undankbarer Job ist. Ich bezog immer auch die Presse und das Fernsehen ein. So bekamen wir genügend Aufmerksamkeit.Bei mir war das Sammeln der Drehorgeln nie im Vordergrund, obwohl ich ja sehr viele hatte, sondern ich wollte den Drehorgelspielern helfen. Darunter hatte es viele Bedürftige. Diesen wollte ich eine Lobby geben. Als bedürftiger Strassenmusikant wurde man überall weggejagt. Man musste sich immer zuerst beim Ordnungsamt melden und den Gewerbeschein stempeln lassen, dann bekam man ganz unsympathische Auflagen und wusste am Ende gar nicht mehr, wo man eigentlich spielen sollte. Durch unsere Gesellschaft konnten wir den Spielern helfen. Wir sammelten oft für soziale Zwecke. Das kam immer gut an.
Das muss ja eine unglaubliche Zeit ge-wesen sein. Du hast viele Menschen, die mit Drehorgeln zu tun hatten und sich nicht kannten, zusammengebracht – und alle mit historischen Instrumenten! Da
… und der Philosoph
Ueli Temperli führt das Interview, begleitet von Sina Hildebrand, Gotthard Arnold und Peter Rohrer.
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sind bestimmt Freundschaften entstan-den, die bis heute Bestand haben.Jawohl. Zudem gab es auch etliche internationale Gruppen. Wir hatten aus Amerika bis zu 80 Gästen, die am Festival teilnahmen. Umgekehrt war auch ich eingeladen. Durch mein Hobby habe ich die ganze Welt bereist: Indien, Myanmar, Thailand und China, selbst Südafrika, Amerika und Mexico, wo es noch viele Drehorgelspieler gibt. Es war wunderschön. Aber es ist auch heute noch eine spannende Zeit. Man hatte damals damit angefangen, dass vermehrt neue Orgeln gebaut wurden, weil es wieder gefragt war: Raffin, Curt Baum und Hofbauer etc.
War das eine gute Entwicklung?Ganz klar. Es war ja so, dass die alten Orgeln unerschwinglich teuer waren. Mit den neuen Orgeln konnte sich auch der einfache Mann ein Instrument leisten.
Da wir auch jüngere Mitglieder haben, könntest du uns erzählen, was eine alte Orgel damals gekostet hat.
Eine seltene Drehorgel mit Perlmutter-Intarsien
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Ich habe immer Verbindungen aufgebaut zu den Schaustellern und Strassenmusikanten. In Hamburg waren die Siefkes und Gluschkes bekannt. Gluschke hatte einen Affen, den Amigo. Den habe ich jetzt ausgestopft hier im Haus. Alfons Gluschke hatte grosse Probleme mit den Behörden. Der Affe war so dressiert, dass er von hinten den Damen auf den Rücken sprang und an den Busen fasste. Da johlte das Publikum natürlich. Auch kletterte er flink die Wasserrinne hoch und holte sich das Geld. Für Alfons war der Amigo alles. Auf jeden Fall lud mich Alfons eines Tages zu sich ein: «Komm doch bei mir vorbei und dann gehen wir ins Schlafzimmer.» – «Auweia!», dachte ich, «Jetzt ist das auch noch so einer …» Aber die Orgeln reizten mich und ich ging ihn besuchen. Alfons und seine Frau Betti standen am Fenster und erwarteten mich schon voll Vorfreude. Zuerst gab es Hühnersuppe, danach gingen wir ins Schlafzimmer. Wo andere Leute einen Schrank haben, hatte Alfons eine Wand voll nur mit Drehorgeln, schätzungsweise 15 Stück. Unter anderem auch die 45er Bacigalupo Notenorgel, die wir dann mit Hofbauer nachgebaut haben. Die wollte ich unbedingt kaufen. Darauf meinte Alfons entschieden: «Nein, das ist mein Kind!» So bin ich einige Male nach Hamburg gepilgert, um mit Alfons zu verhandeln. Das Problem war nicht das Geld, sondern seine Entschiedenheit: Er wollte sie einfach nicht hergeben. Schliesslich schlug Betti ihm mit der Faust ins Genick, dass er in die PiccoloPfeifen knallte, weil er die Orgel für so viel Geld nicht hergeben wollte. Danach meinte er: «Jetzt kannst du sie haben!» So konnte ich die 45er endlich kaufen, hatte aber nicht damit gerechnet, dass es an diesen Tag klappen würde. Deshalb hatte ich kein Geld dabei. Ich offerierte einen Check, was die beiden auf gar keinen Fall wollten. Ich musste ihnen erklären, wie man einen Check einlöst. Jedenfalls dauerte das Annehmen des Checks länger als der Kauf der Orgel. Danach lud ich die Orgel in den Kofferraum und fuhr glücklich nach Hause. Daheim wollte ich die Orgel gleich spielen, aber plötzlich blockierte sie. Ich schaute hinein und sah, dass in der Rolle 1000MarkScheine aufgerollt waren. Alfons hatte sie so vor seiner Frau Betti versteckt, das aber schlichtweg vergessen. Die ganzen Rollen waren voll
mit 1000MarkScheinen! Ich hätte ihm das Geld auch wiedergebracht, musste ich aber nicht. Am nächsten Morgen erblickte ich im Eingang meiner Firma eine Frau und fragte erstaunt: «Betti, was machst du denn hier?» – «Ich komme den Check einlösen.» Das war Betti! Ich sagte ihr: «Du hast Glück, ich kann dir auch gleich noch das Geld geben, das ich in der Orgel gefunden habe!» Alfons war nachher sauer, dass ich ihr das Geld gegeben hatte. Soviel zum Kauf meiner 45er NotenbandOrgel (Anmerkung von Ueli Temperli: Den Kaufpreis hat Peter Schuhknecht sich nicht entlocken lassen!)
Du hast einige Fachbücher geschrieben.Ganz stolz bin ich auf mein SingvogelBuch für mechanische Vögel. Ich hatte für Guido Reuge die SingvogelautomatenFabrik Eschle in Triberg im Schwarzwald gekauft. Guido veredelte diese Werke, vor allem die Vögelchen, die waren recht einfach. So kam diese Fabrik zu Reuge
Früher stand er quicklebendig auf der Orgel!
Mechanische Musik in allen Bereichen
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nach SainteCroix. Das war für mich der Beginn der nächsten Leidenschaft. Guido und ich haben uns fantastisch verstanden. Ich schrieb für seine Spieluhren viele Arrangements, meist für die grossen. Wenn ich in die Fabrik kam und fragte, wie viele Stifte die Walze habe, fragte Guido immer zurück: «Ihr oder unser Arrangement?» Bei mir waren es immer 30% mehr.
Wenn du heute zurückschaust, ist alles weniger geworden. Es gibt noch einige Sammler, Enthusiasten, aber die jungen Menschen sind nicht mehr so zu begeis-tern. Hast du ein Rezept, wie man das än-dern könnte?Ja, die Alten sollten die Jungen mitnehmen. Das habe ich so mit meinen Kindern gemacht, die durften immer mitspielen. Das ist der erste Punkt. Zweitens sollten die etablierten, wohlhabenden Sammler ruhig einmal eine Orgel oder Spieluhr verschenken und sagen: «Wenn es dir gefällt, nehme ich dich gerne mit an eine Versamm
lung oder ein Festival.» Oder man kann auch einmal das Hotel bezahlen, damit ein junger Mensch keine Kosten hat. Dann gibt es noch einen Weg, um überhaupt andere Menschen an dieses wunderschöne Hobby heranzuführen: Ich besuchte ein von Herrn Klein organisiertes Treffen. Da waren alles neue Orgeln, aber alle Teilnehmer enthusiastisch. So springt der Funke über!
Bist du negativ eingestellt gegenüber den elektronischen Orgeln?Ich bin nie negativ eingestellt gewesen. Die Vorteile liegen auf der Hand. Man kann ein viel grösseres Repertoire spielen. Was mich bei der Elektronik auch heute noch zurückhaltend stimmt, ist die Tatsache, dass ich weiss, dass die Elektronik nicht zuverlässig ist. Ein Orgelspieler, der draussen spielt, und dessen elektronische Orgel nicht geht, aus welchen Grund auch immer, der liegt wie eine Schildkröte auf dem Rücken und kann nichts machen. Bei der herkömmlichen Orgel brauchst du ein wenig Klebeband und eine Schere und die Orgel spielt wieder. Bei der Elektronik, musst du mit deinem Problem zum Orgelbauer. Bei der rein mechanischen Drehorgel kannst du im Notfall eine Pfeife zustopfen, aber sie spielt immer noch. Die Elektronik fasziniert mich nach wie vor, aber für die Drehorgel muss sie immer zuverlässig und spielbereit sein. Das ist mein Hauptproblem.
Ein Polyphon mit Doppelkamm und Prunkgehäuse
Gleich wird der Kopf weggezaubert.
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Du hast gesagt, dass du arrangiert hast. Hast du auch sonst Beziehungen zur Musik gehabt?Ich stamme aus armen Verhältnissen, war Flüchtlingskind und habe in Berlin gelebt. Mein Vater ist im Krieg geblieben und meine Mutter mit meinem zweiten Vater aus der OstZone geflüchtet. Ich spielte aber Akkordeon. Das Deutsche Rote Kreuz organisierte jeweils Fahrten ins Blaue und da durfte ich mit, um am Abend
zu spielen. 50 Mark bekam ich für einen Abend. Das war viel Geld. Ich bekam als Lehrling für den ganzen Monat 30 Mark und nun 50 Mark für einen Abend. Das war unvorstellbar! Für 4 Wochenenden gab das 200 Mark. Ich hatte immer Geld! Zudem halfen mir die musikalischen Erfahrungen später beim Arrangieren. Ich fing mit ganz einfachen Liedern an, wie zum Beispiel «Was denkste denn, du Berliner Pflanze» etc. Anfänglich waren die Taktmasse falsch, Grunewald wurde als Foxtrott gespielt. Aber das lernt man alles mit der Zeit!
Du hattest eine atemberaubende Samm-lung, unter anderem eine 35er A.Ruth & Sohn Kirmesorgel und weitere sehr seltene Instrumente. Du hast alles nach Japan ver-kauft. Vermisst du deine Sammlung nicht?Ich habe wieder eine neue Sammlung aufgebaut. Und wenn man gute Sammlerfreunde hat, tauscht man auch ab und zu etwas aus. Von der Sammlung, die ich hatte, kannte ich jedes Musikstück. Ich wusste genau, welches Musikstück dem anderen folgt. Ich konnte es schon vorher singen. Wenn die Sammlung weg ist und man eine neue aufbaut, muss man sie erst wieder neu entdecken. Das ist doch auch etwas Schönes! Dieses Jagen nach Leidenschaften von Peter
G. Schuhknecht
Reichbefrachtete Seminar-Unterlagen
Musikalischer Empfang im Seminarraum
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Instrumenten ist schon faszinierend. Gut, es gibt Leute, die sind masslos, aber andere sind moderat, und so freut man sich, nach In strumenten zu jagen! Mir hat es in den letzten 10 Jahren besonders Spass gemacht, auch neue Orgelbauer zu unterstützen. Die alten Orgeln habe ich alle gehabt und finde sie nach wie vor wunderbar. Aber diese Orgeln sind Geschichte. Neue Orgelbauer hingegen sind die Zukunft, auch wenn sie die Geschichte und das Wissen um die alte Technik bewahren. Wenn sie anfangen, haben sie ja meist keine Kunden oder suchen nach Kunden. Vergebe ich dann einen Auftrag, weiss ich, dass ich ihnen helfen kann, weiter zu machen. Das macht mir viel mehr Spass heute.
Jetzt stehst du einmal mehr vor einem kompletten Umbruch in deinem Leben. Wenn du einen Schritt zurücktrittst und zurückschaust, was ist für dich die Quint-essenz des Erlebten?Ich habe durch dieses Hobby wundervolle Menschen kennengelernt, hochkarätige Menschen, hoch kompetente Menschen, liebevolle Menschen, erlebte Freundschaften, die ich nicht vermissen möchte, ich denke dabei an Guinness, Familie Schack, Orgelbauer wie Carl Frei oder Bacigalupo, Perlee in Amsterdam – schöne Erinnerungen! Leider habe ich auch zahlreiche Schurken kennengelernt. Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Einige traurige Erlebnisse haben mich sehr verletzt. Ich habe das wegstecken können, da ich ein positiver Mensch bin und immer vorwärts schreite! Wenn ich Bilanz ziehe, überwiegen die positiven Erlebnisse und ich durfte ein schönes harmonisches Leben führen. Das ist doch wunderbar. Wenn man einmal down ist, setzt man sich ans Klavier und spielt eine halbe Stunde traurige Lieder. Auf einmal werden die Lieder fröhlicher und dann merkt man, die Stimmung hat sich plötzlich verändert. Und zum Schluss muss ich sagen, mit meiner Drehorgel war ich immer beliebt, egal wohin ich gekommen bin. Ich habe immer sehr viel Spass gehabt.
Ich bedanke mich für die Gastfreund-schaft und das tolle Gespräch. Alles Gute!
Sonntag, 27. Mai 2018
In vielen Partnervereinigungen sind «Open Houses» ein fester Bestandteil des Vereinsjahres. Der Vorstand des SFMM möchte seinen Mitgliedern auch einen solchen Tag anbieten. Was ist ein «OpenHouseTag»? Sammler zeigen am Sonntag, 27. Mai 2018 um 10.30 Uhr und 14.00 Uhr interessierten Mitgliedern und Besuchern ihre privaten Schätze oder Reparaturwerkstätten. Sie als Besucher sind herzlich eingeladen, sich bei den entsprechenden Sammlern anzumelden. Wir sind davon überzeugt, dass ein OpenHouseAnlass die Vielfalt der mechanischen Musik aufzeigt. Interessierte werden schöne Sammlungen zu sehen und zu hören bekommen. Wer weiss, vielleicht findet unser Hobby so neue Freunde und unser Verein sogar neue Mitglieder. Das entsprechende Informationsblatt inklusive Anmeldemöglichkeit liegt bei, es ist aber auch an der GV 2018 verfügbar und natürlich auf unserer Homepage. Die Teilnehmerzahl bestimmt der Sammler je nach Platzangebot. Wir würden uns über reges Interesse sehr freuen. Peter Both, Aktuar, SFMM
Zum Abschied spielt uns das Multitalent eine Eigenkomposition.
«Open-House»
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Termine 2018Wer einen Anlass für mechanische Musik organisiert, ist dringend gebeten, Datum und Ort umgehend der Redaktion mitzu-teilen. Nur mit Ihrer Mithilfe können so Terminkollisionen vermieden werden. Danke!
22. April 39. Generalversammlung des SFMM im Klang-Maschinen MuseumEdikerstrasse 16, 8635 Dürnten, Tel. +41 (0)55 253 30 50www.klangmaschinenmuseum.ch
27. u. 28. April Tag der offenen Tür bei Orgelbau Raffin in Überlingen, jeweils von 9 bis 18 UhrSie erwartet ein buntes Unterhaltungsprogramm, sowie ganztätiger Bewirtung durch unser erfahrenes Team. Anmeldung erbeten unter: [email protected]
19. Mai Tag der offenen Tür bei Orgelbau Fuchs GmbH zum 10-jährigen Firmenjubiläum 9 bis 18 UhrWerkstattbesichtigung, gemütliches Zusammensein mit Speis und Trank und viel MusikSpeerweg 3, 8618 Oetwil am Seewww.orgelbaufuchs.ch
27. Mai 1. Open-House-Anlass des SFMMOrganisation SFMM, 10–16 UhrInfo und Durchführung: Peter BothSteinmaurstrasse 15, 8173 NeerachTel. +41 (0)44 850 30 90, EMail: [email protected]
6.–8. JuliFreitag–Sonntag
38. Internationales Drehorgelfest in BerlinOrganisation: Internationales Drehorgelfreunde e.V.Info: Christa Hohnhäuser, Mühlenfeldstrasse 35 in D13467 BerlinTel. +49 30 40 53 68 84, EMail: info@jubeljette.de
20.–22. Juli Grosses internationales Festival in Les Gets (F)Motto: La Musique Mécanique et le TempsInfo: [email protected]
2. September Drehorgelmatinée anlässlich der Lachener ChilbiInfo: www.lachnermaerkte.ch
7.–9. September 6. Internationales Drehorgelfest in Keszthely am Balaton/UngarnInfo: Hansjörg Surber, Hunyadi köz 28, HU8315 Gyenesdiás – Ungarn –Tel. +36 (0)30 602 68 68EMail: info@musikautomatenungarn.eu, Internet: www.musikautomatenungarn.eu
16. September Drehorgel-Konzert in der ref. Kirche OberentfeldenBeginn: Sonntag 17.00 UhrInfo: Ernst Suter Wolfgrubenstrasse 9, 5742 Kölliken, Tel. +41 (0)62 723 31 53EMail: [email protected]
14.–16. September SFMM – Vereinsreise nach UngarnRegion Plattensee (Balaton) und Besichtigung Budapest
30. September 36. Drehorgeltreffen in Lichtensteig mit historischen und Eigenbau-OrgelnInfo: Ueli Temperli, Schürrain 101, 5637 GeltwilTel. +41 (0)79 501 46 76EMail: [email protected]
19.–21. Oktober Waldkircher Tage der JahrmarktorgelHerbstveranstaltung mit mechanischen Musikinstrumenten: Konzerte, Führungen, Museumsnacht, Gemütlichkeit, offene Werkstätten und Privatsammlungen. Weitere Infos folgen.Organisation: Paul Fleck Söhne Orgelbau und Fine ART RestorationsRaphael Lüthi, in Zusammenarbeit mit der Stadt Waldkirch.
11. November 2. SFMM-Museumstag im Museum für Musikautomaten Seewen SO10.45 bis ca. 16 UhrMuseum für Musikautomaten, Bollhübel 1, 4206 Seewen SOInfo: Peter Both, [email protected], Tel. +41 (0)44 850 30 90
25. November 13. SFMM-Sammlerbörse für mechanische Musikinstrumente, erstmals nicht mehr bei Kakteen Gautschi, sondern im Klang-Maschinen MuseumEdikerstrasse 16, 8635 Dürnten,Tel. +41 (0)55 253 30 50, www.klangmaschinenmuseum.ch, Weitere Infos beiliegend
Wiederkehrende Anlässe
letzter Sonntag im Monat 17 Uhr
Leichte Klassik am Sonntagnachmittag im Haus der Musik – Osthaus Wichterheer, Oberhofen, bei Kurt und Ursula Matter – Freier Eintritt, Kollekte
jeden 4. Donnerstag im Monat, 19.45 Uhr
Hogg (Stammtisch) der Basler Drehorgel-Freunde im Restaurant zum RebhausRiehentorstrasse 11, in Basel, Basler DrehorgelFreunde, Postfach 64, CH4005 Basel
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Hongkong, Taiwan, Singapur: Alex Shih-Chieh Lin, (HK), Tel. (+852) 94 90 41 13 * [email protected]: Tel. (0)777 963 7317 * [email protected] · Frankreich: Pierre J. Bickart, Tel. (01) 43 33 86 71 * [email protected]
Russland: Polyguide Ltd. Moscow, Tel. (925) 740 66 03, Tel./Fax (985) 999 93 55 * [email protected]
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