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Bis zum 19. Jahrhundert Die seit dem 8. Jahrhundert auf dem Gebiet des heutigen Casablanca nachweisbare Siedlung Anfa war lange Zeit Hauptort des Berberreichs der Berghouta und wurde im 12. Jahrhundert von den Almohaden erobert. In den nachfolgenden Jahrhunderten entwickelte sie sich zu einem wichtigen Umschlagplatz für Getreide, gleichzeitig aber auch zu einem gefürchteten Stützpunkt für Piraten . Ab Ende des 15. Jahrhunderts versuchten die Portugiesen wiederholt, Anfa einzunehmen. 1496 wurde die Stadt von der Armee Don Ferdinands zerstört. Ein weiterer Überfall portugiesischer Truppen fand 1515 statt. 1575 wurde die Stadt von den Portugiesen besetzt und erhielt den portugiesischen Namen Casa Branca („Weißes Haus“). Nachdem ein schweres Erdbeben 1755 Casa Branca verwüstet hatte, wurde es nur wenige Jahre später unter dem arabischen Namen al-Dār al-bayḍāʾ („Weißes Haus“) vom Alaouiten -Sultan Muhammad bin Abdallah wieder aufgebaut. Er versah die Stadt mit öffentlichen Bädern, einer Medresa und einer Moschee , die seinen Namen trägt. Mitte des 19. Jahrhunderts ließen sich spanische Händler in der Stadt nieder und nannten sie spanisch Casablanca. Unter der Herrschaft von Moulay Hassan (1873–1894) zählte sie 20.000 Einwohner. 20. Jahrhundert In Casablanca waren mit Billigung des Sultans von Marokko im Jahr 1907 Arbeiten zur Verbesserung der Hafenanlagen im Gange. Die Arbeiten erstreckten sich über die Wallanlagen hinaus, nahe heran an einen moslemischen Friedhof. Durch Berichte, der Friedhof sei bei den Arbeiten entweiht worden, gerieten die benachbarten Stämme der Shawia in Aufruhr. Am 30. Juli 1907 griffen sie die europäischen Arbeiter an und töteten neun von ihnen (drei Franzosen, drei Spanier und drei Italiener), danach drangen sie in die Stadt ein und überfielen das jüdische Viertel. Flüchtlinge kamen mit einem Boot nach Tanger und überbrachten Nachrichten vom

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Page 1: casablanca

Bis zum 19. Jahrhundert

Die seit dem 8. Jahrhundert auf dem Gebiet des heutigen Casablanca nachweisbare Siedlung Anfa war lange Zeit Hauptort des Berberreichs der Berghouta und wurde im 12. Jahrhundert von den Almohaden erobert. In den nachfolgenden Jahrhunderten entwickelte sie sich zu einem wichtigen Umschlagplatz für Getreide, gleichzeitig aber auch zu einem gefürchteten Stützpunkt für Piraten.

Ab Ende des 15. Jahrhunderts versuchten die Portugiesen wiederholt, Anfa einzunehmen. 1496 wurde die Stadt von der Armee Don Ferdinands zerstört. Ein weiterer Überfall portugiesischer Truppen fand 1515 statt. 1575 wurde die Stadt von den Portugiesen besetzt und erhielt den portugiesischen Namen Casa Branca („Weißes Haus“).

Nachdem ein schweres Erdbeben 1755 Casa Branca verwüstet hatte, wurde es nur wenige Jahre später unter dem arabischen Namen al-Dār al-bayḍāʾ („Weißes Haus“) vom Alaouiten-Sultan Muhammad bin Abdallah wieder aufgebaut. Er versah die Stadt mit öffentlichen Bädern, einer Medresa und einer Moschee, die seinen Namen trägt.

Mitte des 19. Jahrhunderts ließen sich spanische Händler in der Stadt nieder und nannten sie spanisch Casablanca. Unter der Herrschaft von Moulay Hassan (1873–1894) zählte sie 20.000 Einwohner.

20. Jahrhundert

In Casablanca waren mit Billigung des Sultans von Marokko im Jahr 1907 Arbeiten zur Verbesserung der Hafenanlagen im Gange. Die Arbeiten erstreckten sich über die Wallanlagen hinaus, nahe heran an einen moslemischen Friedhof. Durch Berichte, der Friedhof sei bei den Arbeiten entweiht worden, gerieten die benachbarten Stämme der Shawia in Aufruhr. Am 30. Juli 1907 griffen sie die europäischen Arbeiter an und töteten neun von ihnen (drei Franzosen, drei Spanier und drei Italiener), danach drangen sie in die Stadt ein und überfielen das jüdische Viertel. Flüchtlinge kamen mit einem Boot nach Tanger und überbrachten Nachrichten vom Massaker. Die französische Regierung entschied sich, Casablanca zu besetzen und eine starke Marine- und Heeresstreitmacht dorthin zu entsenden. Vor der Ankunft der Truppen ließ der Kommandant des Kreuzers Galilée am 5. August eine Mannschaft zum Schutz des französischen Konsulats an Land setzen. Das Vorrücken dieser Abteilung wurde verhindert, worauf die Galilée, unterstützt vom Kriegsschiff Du Chayla, die Stadt bombardierte. Zur selben Zeit erreichten Stammesangehörige Casablanca und begannen mit einer allgemeinen Plünderung der Stadt. Am 7. August wurden die eingetroffenen Truppen der Franzosen an Land gebracht und weitere Kämpfe begannen. Bis sie ihren Auftrag erfüllt hatten, war fast jeder Einwohner entweder getötet oder verwundet worden oder war geflohen. Die Zahl allein der Toten ging in die Tausende. Die europäische Kolonie hingegen war sicher. Zwar waren die Franzosen danach Herren in der Stadt, doch blieben die Shawia-Stämme weiter voll im Kampf. Zuerst unter General Drude und ab Januar 1908 unter General Amade gelang es den Franzosen, das Gebiet der aufständischen Shawia zu verkleinern. Das Expeditionskorps zählte so unversehens eine Stärke von 15.000 Mann. Bis zum Juni 1908 war der Bezirk um Casablanca befriedet, danach wurden die Streitkräfte stufenweise verringert.[3]

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Am Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung und löste Tanger als wichtigsten Hafen Marokkos ab. Casablanca wurde in der Zeit des französischen Protektorats zum Wirtschaftszentrum ausgebaut. Am 7. November 1929 war der erste Handelstag an der neu errichteten Börse.[4]

Casablanca war ein strategisch wichtiger Hafen im Zweiten Weltkrieg. 1943 fand dort ein englisch-amerikanisches Gipfeltreffen zwischen Roosevelt und Churchill statt (Casablanca-Konferenz).

Das rasche industrielle Wachstum prägt die Entwicklung Casablancas bis heute. Etwa 80 % der marokkanischen Industrie sind hier angesiedelt, ca. 60 % des Seehandels des Landes werden über den Hafen der Stadt abgewickelt. Viele bedeutende Unternehmen des Landes haben hier ihren Hauptsitz, z. B. die Cosumar.

Stadtbild

Blick vom Boulevard de Paris ins Stadtzentrum

Die Hassan-II.-Moschee ist die Hauptsehenswürdigkeit der Stadt. Sie ist – nach der al-Haram-Moschee in Mekka, der Prophetenmoschee in Medina, dem Imam-Reza-Schrein (in dem die Goharshaad-Moschee integriert ist) in Mashhad, Iran, und der Istiqlal-Moschee in Jakarta, Indonesien – die fünftgrößte Moschee der Welt und bietet Platz für 25.000 Personen. Das Minarett der 1993 fertiggestellten Moschee ist mit 210 Metern Höhe das höchste Minarett und das höchste religiöse Bauwerk.

Vier Kilometer südwestlich des Hafens erstreckt sich entlang des Boulevard de la Corniche an der Küste im Vorort Ain Diab das luxuriöse Bade- und Vergnügungsviertel. Etwas entfernt vom Meer zwischen dem Stadtzentrum und Ain Diab ist das heutige Anfa ein zentrales Villengebiet. Im dortigen Hotel Anfa fand die Casablanca-Konferenz statt.

Im Umkreis der Innenstadt zeugt ein breiter Slumgürtel (Bidonville) von der wirtschaftlichen Notlage und den sozialen Problemen der stetig wachsenden städtischen Unterschicht.

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Verkehr

Beim Hafen befindet sich der einzige Rangierbahnhof Marokkos (Roches Noires). Der südlich von Casablanca gelegene Flughafen Casablanca ist der wichtigste Flughafen Marokkos.

Im Dezember 2012 wurde die Straßenbahn Casablanca eröffnet. Die erste Linie ist 31 km lang.

Regelmäßige Veranstaltungen

Seit 1993 wird in Casablanca die Course Féminine de Casablanca veranstaltet, eine Laufveranstaltung, die nur Frauen offensteht. Mit etwa 30.000 Teilnehmerinnen ist sie mittlerweile eine der bedeutendsten Frauensportveranstaltungen weltweit. Seit 2008 findet in Casablanca auch jährlich ein Marathon statt, der Grand Marathon International de Casablanca.[5]

Wirtschaft

Casablanca ist die größte Stadt Marokkos und ist mit dem Industriegebiet Aïn Sebaâ das wirtschaftliche Zentrum des Landes. In Casablanca hat zudem die Automobil- und Lebensmittelindustrie des Landes ihren Sitz. Bekannte Unternehmen der Stadt sind zum Beispiel der Fernsehsender 2M, der Lebensmittelhersteller Bimo, das Designunternehmen Laraki Design sowie die Automobilhersteller Société Marocaine de Constructions Automobiles, CANAM und Société Automobiles Ménara.