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Landesarchiv NRW – Staatsarchiv Münster
Titel
„... als wäre er mit einem Mädchen im Busch gewesen.“Brüchtenregister: Genealogie im Staatsarchiv
Vortrag und Führung von Dr. Thomas Reich
20. Oktober 2005
Vorherige Seite:! Herzogtum Westfalen, Landesarchiv Nr 945, fol. 23V-23R: Kellerei Arnsberg
(Gerechtigkeiten, pars 4): Bericht der Brüchten.! Minden-Ravensberg, Verordnungen Nr. 192 [Bestellsign: Msc. VII 2402 Bd 4], fol.
306ff.: Allgemeine Verordnung für das Fürstenthum Minden und die Grafschaft Ravensberg, wie die Brüchtengerichte gehalten und die Uebertreter der Landes- und Policeygesetze zu bestrafen; nebst einem Anhange von denen zum Brüchtengerichte gehörigen Contraventionsfällen; de dato Berlin, den 27. Julii 1772.
Schlagen 1 Mark
Blome, das der Herman Sluter geslagen,geven I m. VII ß.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 41´.
Beischlaf 4 Mark
Lampen szonne, das der Fischer Borius dochter beslapen, geven IIII m. VI ß.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 44.
Beischlaf 4 Mark
Albertt tho Gesteln knecht, das derAnnen, Olrichs dochter beslapenn,
geven IIII m. VI ß.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 44.
Schlagen 1 Mark
Jurgen Knicken, das der Thonies Forstersgeslagen, geven
I m. X ß. VI d.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 42.
Schlagen ohne Brüchtbetrag
Jergen Ocken frauw clagt vber Jurgen Holscherdas er ihr habe zwey locher in den kopff
geschlagen, vnd ein Yaudt vnd Schandthoerengeschloldten. Ist auch in Niemeyers hauß geschehen.
StAMS, Domkapitel Paderborn, Akten Nr. 27.7 (von 1629), Bl. 2.Brüchtenzettel über domkapitularische Pflichtige zu Atteln, Etteln und Henglarn. 1628-1630
Schlagen und Gewalt 31 Mark
Hermelings szonne, das der zum Liplinge einen geslagen unnd sunst
zu mhermaillen gewaldt gethain, geven XXXI m. VI ß.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 42.
Beischlaf 4 Mark
Johan des Holtgreven scheper, das der Stropen dochter beslapen, geven IIII m. VI ß.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 44.
Graben verwerfen und sich widersetzen 78 Mark
Die junge Meiger tho Bocklo, das der etzlige verbeder versetten unnd
einen graven moidtwillichlichen uffgeworpen unnd sich hir nach
deme Nienhuiß weigerlich gehalten, geven LXXVIII m. IX ß.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 48´.
Beischlaf 4 Mark
Der wanne macher, das der Lambertt Kerstings dochter beslapen,
geven IIII m. VI ß.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 44.
Beischlaf 3 Mark
Der Wecker tho Borch, das der des Weckers dochter beslapen, geven III m. II ß.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 44.
Illegale Ehe 4 Mark
Kalber Tigs, das der seine frouwen ane vurwissendt meins gnetigenn hern zur ehe
genomen, geven IIII m. VI ß.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 44´.
Inzucht 23 Mark
Kipshagen, dat der bej seiner modd(er)ngeslapen unnd der ein kindt gemacht,
geven XXIII m. VII ß.
StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 48´.
Aufruhr gegen den Rat zu Salzkotten 83 Mark
Qwackert der uß deme rathe [zu Salzkotten] gewiesett gewesen unnd wedder ingesatzt
sein wulle, dardurch in der gemeine schir ein uffroir gegen den raidt
enstanden unnd der radt vom raidt-huiß weichen mussen, zw
bruche geven LXXXIII m. II ß.StAMS, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Nr. 1040 (von 1562), Bl. 40-52’ , hier 51´.
Brüchtenregister
Brüchten als Alltagserscheinung
Brüchtenregister sind dieBildzeitung der Archivalien.
Brüchtenregister
„Anna Katharin Cramer hat Johann Becker bezichtigt, als wäre er mit einem Mädchen im Busch gewesen, ist eine arme Frau – 6 Mark.“
(Aus einem Brüchtenregister des westfälischen Amtes Medebach, 1712)
Brüchtenregister
Überblick
1. Definition von „Brüchten“2. Brüchtendelikte3. Brüchtenstrafen4. Juristischer Kontext5. Brüchtenverfahren6. Kodifizierung als Teil des Landesherrschaft7. Erscheinungsformen von Brüchtenregistern8. Brüchtenregister als genealogische Quelle9. Archivische Quellen10. Literatur
Brüchtenregister
1. Definition von „Brüchten“
" Strafe in weniger bedeutsamen Fällen an die öffentliche Gewalt.
" Vor 1500: Brüchte wird auch Brüche genannt (friesisch brekma, mittelniederdeutsch broke, brake, breke, mittelhochdeutsch brüche).
" Begriff „Brüchte“ wird nur auf mindere Strafen angewendet.
" Strafgelder in geringer Höhe. " Von den Brüchtengeldern erhält der Landesherr ein
bis zwei Drittel, der Richter ein Drittel. " Strafhöhe unterschiedlich." Hauptzeitspanne: in Ämterrechnungen 1550 – 1800.
# Brüchten = Strafen auf unterster Ebene
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
1.a. Abgrenzung der Brüch(t)e von der Buße
" „Buße“: nur Leistung an den Verletzten." „Brüche“: Leistung an die öffentliche Hand. " Zeitliche Veränderungen und Unterscheidung je
nach Rechtskreis. " Volksrechte des fränkischen Stammes:
Gesamtbuße (compositio), so u.a. in Westfalen. " Manchmal Teilung nach Quoten, so auch die
westfälischen und hamburgischen Rechte: Kläger, Richter und Stadt nehmen gleiche Teile.
# Brüche ist an Gerichtsherrn zu zahlen
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
1.a. Abgrenzung der Brüch(t)e von der Buße
" Buße ist Wergeld (Totschlagsbuße) oder Buße im engeren Sinne.
" In Westfalen wird im 11. Jh. ein Wergeld erwähnt (Vita Meinwerci), das später als Brüche wiederkehrt (Dortmunder Stadtbuch, um 1350).
" Bußen im engeren Sinne: Kränkungsbußen – sie sollen die Beleidigung wieder gut machen.
" Bei Bußen für Körperverletzungen auch Funktion als Schmerzensgeld.
" Buße oftmals zugleich Schadensersatz." In jüngeren Quellen stehen hierauf meist Leibes-
oder Lebensstrafen.
# Bußen: zunächst Wiedergutmachung
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
1.a. Abgrenzung der Brüch(t)e von der Buße
" Wo nur von der Brüche und nicht von der Buße die Rede ist, kann es sich um Fälle handeln, wo gar keine Privatperson verletzt ist.
" z.B. bei Ungehorsam gegen ein richterliches Gebot.
# Mitunter nur Brüche, keine Buße
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Bsp. Sachsenspiegel: Bußsystem
Der Sachsenspiegel: BußsystemDer Beklagte zahlt dem obsiegenden Kläger Buße oder Wergeld, dem Richter das Gewette
Aus: Hinckeldey, Ch. / Schild, Wolfgang, Justiz in alter Zeit (= Schriftenreihe des mittelalterlichen Kriminalmuseums Rothenburg ob der Tauber 6), Rothenburg o.d.T. 21984, nach S. 64. [7 J 30]
Bsp. Sachsenspiegel: Rechtsordnung
Der SachsenspiegelDie Abbildung zeigt die von Gott hergeleitete mittelalterliche Rechtsordnung: • Papst und Kaiser als Lehnsleute Gottes; • geistliche und weltliche Gerichtsbarkeit: • das bischöfliche Sendgericht, • das Grafending, • das Schultheißending.
Aus: Hinckeldey, Ch. / Schild, Wolfgang, Justiz in alter Zeit (= Schriftenreihe des mittelalterlichen Kriminalmuseums Rothenburg ob der Tauber 6), Rothenburg o.d.T. 21984, nach S. 64. [7 J 30]
Brüchtenregister
1.b. Der Brüch(t)enbegriff und sein Gebrauch
" Brüche des Mittelalters: aus der Verschmelzung des fränkischen Friedensgeldes mit dem bannus hervorgegangen.
" Im allgemeinen die Züge des alten Friedensgeldes." Die Leistung an die öffentliche Gewalt hat jetzt ganz
den Charakter einer Strafe angenommen (pena oder Brüche)# hoheitlicher Strafanspruch verdrängt Sühne.
# Brüche wird ausschließlich zur Strafe
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
1.b. Der Brüch(t)enbegriff und sein Gebrauch
" Friesisches Stammesgebiet: Friedensgeld (fretho, ferd, mnd. vrede).
" In den übrigen Gebieten neue Bezeichnungen, vor allem: Bann (pena, mnd. mhd. pene).
" Bruch, Brüche, Brüchte (fries. brekma, mnd. broke, brake, breke, mhd. brüche, später bruch oder brüchte) heißt die Zahlung an die öffentliche Gewalt besonders im Nordwesten, weil sie die Strafe für den Bruch der Rechtsordnung darstellt.
" Mitunter wird die Brüche mit demselben Namen benannt, wie das betreffende Vergehen.
" Im ostfälisch-thüringischen Quellenkreis heißt die Zahlung an die öffentliche Gewalt vielfach Wette, weil sie durch Wettvertrag versprochen wurde.
# „Brüche“ wandelt sich zur „Brüchte“
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
2. Brüchtendelikte
Brüchtenfälligkeit erstreckt sich über
" Beleidigung / Schmähen" Körperverletzung, Gewalt und Schlägerei" Blutrunst (Verwundungen und Totschlag)" Betrug" Steuerhinterziehung" Diebstahl" Sorgloser Umgang mit Feuer" Holz- und Feldschäden" Abpflügen der Äcker
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
2. Brüchtendelikte
Brüchtenfälligkeit erstreckt sich weiterhin über
" Exzesse und Blutrunst im Walde" Exzesse bei Prozessionen" Exzesse auf den Tiggen in den Dörfern" Widersetzlichkeit gegen Anordnungen des Landesherren
und des Stadtrates" Außerehelichen Beischlaf und Schwängerung" Unerlaubten Handel (typische Strafe für Juden)
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
3. Brüchtenstrafen
" Mögliche Strafen bei Brüchtenverfahren:• Geldbußen• Freiheitsentzug von einigen Tagen• Seltener „Dorenkasten“, also Ausstellung des
Delinquenten in einem drehbaren Gitterkasten auf dem Marktplatz [z.B. in Werl]
" Passauer Recht von 1225: Zahl der Schläge entspricht der Zahl der verwirkten Brüchepfennige.
# Brüchtenstrafe meist Geldzahlung
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
Deutsches Recht $ Römisches Recht
" Strafrecht im Spätmittelalter: vom germanisch-fränkischen Kompositionensystem (Ausgleich durch Sühnegeldleistungen) zum sog. Blutstrafrecht.
" Frühe Neuzeit: erheblicher Fortschritt bei Rezeption des römischen und kanonischen Rechts.# z.B. Münsteraner Hof- und Landgerichtsordnung von 1571.
" Gerichtsprotokolle: häufig Bezugnahme der Prozeßbeteiligten auf das „gemeine Recht“ (ius commune).
# FrNZ: von der Sühne zum Blutgericht
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
Gerichts-Gemengelage im Westfalen des Alten Reichs
" Gerichte und Lokalverwaltungen entziehen sich häufig erfolgreich der landesherrlichen Kontrolle.
" Untergliederung der Fürstbistümer: Ämter als kleine und kleinste Verwaltungs- und Gerichtseinheiten, (Go-) Gerichte und Kirchspiele.
" Unmenge kleinerer Gerichte." Neben Go-, Frei- und Stadtgerichten im gleichen
Gerichtsbezirk noch Hofes-, Bauern-, Marken- oder Holzgerichte.
" Ämterverwaltung durch Drosten: Lokalverwaltung und untere Gerichtsbarkeit.
" Drosten setzen Richter ein. " Drosten setzen auch Vögte ein als Verwalter der
Kirchspiele und als Polizeiorgan.
# Gemengelage konkurrierender Gerichte
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
Gerichts-Gemengelage im Westfalen des Alten Reichs
" Landgerichtsordnung 1571 des Fürstbistums Münster # Abstellen formaler Mißstände # Ordnung des Gerichtsverfahrens.
" Dritter Teil dieser Gerichtsordnung behandelt Lokalgerichte wie Holz-, Brüchten- und Markengerichte usw.
" Allerdings starke Widerstände gegen Reform, oft Rückgriff auf althergebrachten Gebrauch.
# Landgerichtsordnung nur Teilerfolg
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
Gerichts-Gemengelage im Westfalen des Alten Reichs
Städtische Gerichtsbarkeit. " Stadt Rüthen: Ratsgericht an erster Stelle. " Es wird von Bürgermeister und Rat ausgeübt; als
Protokollführer fungiert der Stadtsekretär und als Vollziehungsbeamter der Rats- oder Stadtdiener.
" Gegenstände: Erb- und Sterbefällen, Injurien- und Gewaltsachen, Immissionen innerhalb der Stadt, Kriminaluntersuchungen und mit gewissen Brüchtensachen.
" Von jeder Brüchtenstrafe hat der Rat die Erkenntnis, Anschlag und Erhebung. Der Rat setzt auch die Höhe der Brüchten fest.
# Städtische Brüchten beim Ratsgericht
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren" Bis zum 16. Jh. bleiben Gerichtsverhandlungen
unterer Gerichte mündlich." Bei Brüchtenverfahren ist die Anlage der
Fallprotokolle in der Grundstruktur fast immer gleich: Kläger – Beklagter – Klage – Abwägung – Urteil.
" Als Beispiele für den westfälischen Raum seien landesherrliche Edikte Kurkölns und Minden-Ravensbergs genannt, die das Brüchten-Verfahren eingehend regeln:
• Chur-Coellnische Bruechten-Ordnung De Anno 1616.
• Allgemeine Verordnung für das Fürstenthum Minden und die Grafschaft Ravensberg, wie die Brüchtengerichte gehalten und die Uebertreter der Landes- und Policeygesetze zu bestrafen, 1772.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
# Brüchtenordnungen regeln Strafverfahren
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
Beispielhaft wird im Folgenden das Brüchtenverfahren mit seinen Beteiligten anhand des kurkölnischen Westfalens vorgestellt.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
1. Ausführung festgelegter Strafen durch die kurkölnischen Beamten.
2. Aufzeichnung strafwürdiger Fälle durch Gerichtsschreiber.
Bsp. Jahrgericht zu Wewelsberg (Holzbrüchten)
[Fbm PB Hofkammer 2868]
Ein Beispiel eines Brüchtenprotokolls ist das Protokoll über die auf dem
Jahrgericht zu Wewelsberg (hier Holzbrüchten im Fürstbistum
Paderborn) verhängten Brüchten [Fbm PB Hofkammer 2868]
Sträcker auf den Mennschen Höfen abendts vor aller Heiligen 8. Heisters gehauen, behufsBinde stämpels, welche er nach Lipstadt gefahren,und dieselbe außer dem dorff auf dem West-felde, und in den wiesen verstochen, damit ichdieselbe nicht antreffen könne – damnum 2 RtlMulcta.
Bsp. Jahrgericht zu Wewelsberg (Holzbrüchten)
Ein Beispiel eines Brüchtenprotokolls ist das Protokoll über die auf dem Jahrgericht zu
Wewelsberg (hier Holzbrüchten im Fürstbistum Paderborn) verhängten Brüchten
[Fbm PB Hofkammer 2868]
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
1. Ausführung festgelegter Strafen durch die kurkölnischen Beamten.
2. Aufzeichnung strafwürdiger Fälle durch Gerichtsschreiber.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
3. Aufzeichnung strafwürdiger Fälle durch Kanzlei und Kammer.
4. Jährlicher Bericht an die Rechenkammer.
Beispiel nicht gelieferter Brüchtenlisten im Fürstbistum Paderborn Ende des 18. Jh.
[Fbm MS Landrentei 77]
Bsp. Einnahmen der Landrentei Münster 1750
Jahres-Landrenteirechnung
des Fürstbistums Münster von 1750
[Fürstbistum Münster Landrentei Nr. 77]
Bsp. Einnahmen der Landrentei Münster 1750
Beispiel nicht gelieferter Brüchtenlisten im Fürstbistum Paderborn Ende des 18. Jh.
[Fbm MS Landrentei 77]
Beispiel nicht gelieferter Brüchtenlisten im Fürstbistum Paderborn Ende des 18. Jh.
[Fbm PB Hofkammer 2856]
Bsp. nicht gelieferter Brüchtenlisten
Beispigel
BrüchtenlFürstbistu
Paderborn Ende des 18. Jh.
[FürstbistuPaderborn
Hofkamme
el nicht ieferter
isten im m
m
r 2856]
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
1. Ausführung festgelegter Strafen durch die kurkölnischen Beamten.
2. Aufzeichnung strafwürdiger Fälle durch Gerichtsschreiber.
3. Aufzeichnung strafwürdiger Fälle durch Kanzlei und Kammer.
4. Jährlicher Bericht an die Rechenkammer.5. Eintreiben der Strafgelder.6. Strafverhängung durch den Brüchtmeister bei
kleinen Verbrechen.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
7. Verhältnismäßigkeit der Strafe.8. Möglichkeit des ordentlichen Rechtsweges.9. Kaution oder Haft.
Bsp. Einsperren durch Häscher
Einlieferung in das Gefängnis. Im Innern des Strafturmes ein Gefangener, der rückwärts
herausblickt und sich die Haare rauft. Ein Leidensgefährte
überschreitet die Schwelle, gefolgt von zwei Häschern, die ihn mit Fußtritt und Fausthieb in das
Gefängnis treiben. (Soester Nequambuch, 14. Jh.)
aus: Hinckeldey, Ch. / Schild, Wolfgang, Justiz in alter Zeit
(= Schriftenreihe des mittelalterlichen Kriminalmuseums
Rothenburg ob der Tauber 6), Rothenburg o.d.T. 21984, nach S.
208. [7 J 30]
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
10. Anklage vor dem Richter.1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Abb. Gerichtsverhandlung mit Verhandlung leichterer Straftaten, die durch Geldstrafe an das Gericht oder Geldbuße an den Verletzten gesühnt werden. In der Mitte der Vogt und die beiden Gerichtsverwalter des Rates. Der Kläger ist an der Hand verletzt worden, hinter ihm zwei Zeugen.(Hamburger Stadtrecht von 1497)
aus: Hinckeldey, Ch. / Schild, Wolfgang, Justiz in alter Zeit
(= Schriftenreihe des mittelalterlichen Kriminalmuseums Rothenburg ob der Tauber 6), Rothenburg o.d.T. 21984,
nach S. 112. [7 J 30]
Geldstrafe
Abb. Stadtgericht HerfordVerhandlung vor dem Herforder
Stadtgericht. Hinter dem Tisch mit dem Kruzifix und dem Schwert der Richter und
die Schöffen, vor dem Tisch die streitenden Parteien und der Gerichtsschreiber.
(Miniatur aus dem Herforder Rechtsbuch, um 1375. Stadtarchiv Herford)
aus: Hinckeldey, Ch. / Schild, Wolfgang, Justiz in alter Zeit (= Schriftenreihe des
mittelalterlichen Kriminalmuseums Rothenburg ob der Tauber 6), Rothenburg
o.d.T. 21984, nach S. 112. [7 J 30]
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
10. Anklage vor dem Richter.11. Beweismittel und Verteidigungsmöglichkeit.12. Einsichtnahme des Beklagten in die Beweismittel.13. Vereinfachtes Rechtsverfahren.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Bsp. Vereinfachtes Rechtsverfahren
Chur-Coellnische Bruechten-Ordnung De Anno 1616 u.v.m., in: Vollstaendige Sammlung deren die
Verfassung des Hohen Erzstifts Cöln betreffender Stucken, mit denen benachbahrten Hohen Landes-
Herrschaften geschlossener Concordaten und Vertraegen, dan in Regal- und Cameral-Sachen, in Justiz- , Policey- und Militair-Weesen vor und nach
ergangener Verordnungen, und Edicten. Aus gnaedigstem Befehl Ihrer Churfuerstlichen Gnaden zu Cölln Maximiliani Friederici zusammen getragen, und zum Druck befoerdert [durch den Geheimen Rat von
Kempis], 2 Bde., Köln 1772 / 1773, S. 245-263.
# 13 S 42
Chur-Coellnische Bruechten-Ordnung De Anno 1616 u.v.m., in: Vollstaendige Sammlung deren die Verfassung des Hohen Erzstifts Cöln betreffender Stucken, mit denen benachbahrten Hohen Landes-Herrschaften
geschlossener Concordaten und Vertraegen, dan in Regal- und Cameral-Sachen, in Justiz- , Policey- und Militair-Weesen vor und nach ergangener Verordnungen, und Edicten. Aus gnaedigstem Befehl Ihrer Churfuerstlichen
Gnaden zu Cölln Maximiliani Friederici zusammen getragen, und zum Druck befoerdert [durch den Geheimen Rat von Kempis], 2 Bde., Köln 1772 / 1773, S. 245-263. [13 S 42]
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
10. Anklage vor dem Richter.11. Beweismittel und Verteidigungsmöglichkeit.12. Einsichtnahme des Beklagten in die Beweismittel.13. Vereinfachtes Rechtsverfahren.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
14. Zulässigkeit der Appellation.15. Keine Appellation bei Leibesstrafen.16. Unverzüglicher Appellationsprozeß.17. Zweifel an der Strafbarkeit oder an den Beweisen.18. Kontumazialverfahren.
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
19. Übergriffe auf Amtspersonen.20. Maßvolle Strafen.21. Abtrennung von anderen Strafverfahren.22. Freies Geleit.23. Güterkonfiskation bei Flucht.24. Visitationsreisen des Brüchtenmeisters.25. Dreifache Brüchtenzettel.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
Mißstände nach dem 30-jährigen Krieg" Nach dem 30-jährigen Krieg vermehrt Beschwerden
über unordentliche Brüchtenverfahren." Verzeichnisse der brüchtmäßigen Verbrechen
werden nicht jährlich eingeschickt." Verschiedenen Orts werden jahrelang gar keine
Brüchenverhöre durchgeführt." Kurkölnische Verordnung von 1687: Protokolle sind
jährlich am St. Bartholomä Tag unter Nennung der Straftaten und der Verbrecher abzuliefern.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
Ein solcher Bericht über Juden-Brüchten stammt aus der Feder von Mathias von
Westerholt, der 1598 im Münsteraner Amt Ahaus, Herrlichkeit Lembeck, einen ohne
Geleit Handel treibenden Juden aus Gemen mit einer Brüchte von nicht
weniger als 800 Reichstalern bestraft.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Bsp. Judenbrüchen im Amt Ahaus - Karte
StAMS, Fürstbistum Münster Landesarchiv Akten Nr. 413.
Bsp. Judenbrüchen im Amt Ahaus - Text
StAMS, Fürstbistum Münster Landesarchiv Akten Nr. 413.
StAMS, Fürstbistum
Münster Landesarchiv Akten Nr. 413.
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
Mißstände nach dem 30-jährigen Krieg" 1738 ermahnt Erzbischof zu Köln seine Richter
erneut zur jährlichen Ablieferung der Brüchtenprotokolle an St. Bartholomä bei der Hofkammer.
" Inzwischen wird die Strafe bei Zuwiderhandlung auf 10 Goldgulden angesetzt.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Folgende Seite: Vollstaendige Sammlung deren die Verfassung des Hohen Erzstifts Cöln betreffender Stucken, mit denen benachbahrten Hohen Landes-Herrschaften geschlossener Concordaten und Vertraegen, dan in Regal- und
Cameral-Sachen, in Justiz- , Policey- und Militair-Weesen vor und nach ergangener Verordnungen, und Edicten. Aus gnaedigstem Befehl Ihrer
Churfuerstlichen Gnaden zu Cölln Maximiliani Friederici zusammen getragen, und zum Druck befoerdert [durch den Geheimen Rat von Kempis], 2 Bde.,
Köln 1772 / 1773, S. 254, Stück 110.
Bsp. Strafen gegen Richter
Brüchtenregister
5. Brüchtenverfahren
Mißstände nach dem 30-jährigen Krieg" 1738 ermahnt Erzbischof zu Köln seine Richter
erneut zur jährlichen Ablieferung der Brüchtenprotokolle an St. Bartholomä bei der Hofkammer.
" Inzwischen setzt die Strafe bei Zuwiderhandlung auf 10 Goldgulden an.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
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7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
" 1745 Strafe beträgt inzwischen für die ungehorsamen Richter 25 Goldgulden.
" Mitunter jahrelanger Rückstand." 1744 Erzbischof droht allen Widerspenstigen mit
Ungnade." 1749 Strafe um weitere 50 Goldgulden erhöht,
falls die Jahresprotokolle nicht die Geständnisse der Brüchtfälligen enthalten.
Brüchtenregister
5. BrüchtenverfahrenAufteilung der Brüchten-Zuständigkeit
zwischen Landesherr und Städten" Beschwerden hinsichtlich des Brüchtenwesens in
der kölnischen Stadt Recklinghausen führen 1750 zur genauen Festlegung des Brüchtenverfahrens.
" Entgegen dem Edikt von 1577 zieht Kurköln die städtischen Bürger bei fast allen Delikten vor die kurfürstliche Brüchten-Kommission.
" Beamte beanspruchen die halben Brüchtengelder." Edikt von 1750: Ladungen vor Gericht durch
städischen Bürgermeister und gleichzeitig durch kurfürstlichen Richter.
" Stadt stellt die beiden Bischof- und Quaden-Türme samt zweier Wacht-Stuben für die Land-Schützen.
" Stadtrat soll die Brüchten ansetzen und vollständig für sich behalten, außer bei Kriminalfällen.
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2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
5. BrüchtenverfahrenEmpfänger der Strafzahlungen" Mittelalter: die Brüch(t)e fällt an den Inhaber der
gräflichen Gerichtsbarkeit. " In hohen und niederen Gerichtsherrschaften
empfängt Gerichtsherr die Brüchte; häufig Anteil an Beamte des Landesherrn oder des Gerichtsherrn.
" Stadt oder Schöffenkolleg erhalten häufig Brüchte. " Unabhängige Dorfgemeinden und Mark-
genossenschaften: Brüchte an Genossenschaft. " In den abhängigen Dörfern und Marken Brüchte an
die Herrschaft oder deren Beamten. " Öffentliches Stadtgericht: Brüchte an die Stadt.
" Domkapitel Münster beispielsweise erhält 5 Prozent der Brüchtensumme.
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5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Bsp. Heberegister Domk.MSDas Domkapitel
Münster erhält laut Heberegister der Domkellnerei zu Beginn des 19.
Jahrhunderts aus seinen Gogerichten
Bakenfeld (Baakenfeld), Meest,
Senden und Telgte ein Zwanzigstel, also 5
Prozent der Brüchtensumme, wobei immer die
Angaben des Vorjahres veranschlagt
werden.
[Domkapitel Münster Domkellnerei Nr. 1872,
pag. 1094-1097]
Bsp. Heberegister Domk.MS
Brüchtenregister6. Frühneuzeitliche Kodifizierung
als Teil der Landesherrschaft " Frühe Neuzeit: Fiskalisierung des Strafrechts." Gerichtsbarkeit wird zu nutzbarem Hoheitsrecht." Aus finanziellem Interesse werden die zahlreichen
angedrohten peinlichen Strafen überwiegend nur noch an armen Leuten vollstreckt.
" Städte und Territorien erlassen Policeyordnungen# immer mit Geldstrafen bewehrt# meist ausgedrückt in Pfunden (5,6 Pfund ≃ 1 fl.)# Geldstrafen i.d.R. 10, 20, 30 oder mehr Pfund führen zu immensen Einnahmen.
" Wende: Carolina kennt nur noch peinliche Strafen." Im Bereich des territorialen und städtischen Policey-
und Ordnungsrechtes bleibt die Geldstrafe wegen ihrer großen finanziellen Bedeutung erhalten.
# Landesherrschaft braucht Strafzahlungen
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4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
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8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
Policeyordnungen
" Begriff „Policey“: von der weltlichen Obrigkeit zu handhabende gute Ordnung.
" Die Obrigkeit sorgt für Zucht, Ordnung und Sicherheit im privaten wie im öffentlichen Leben.
" Die Policey-Ordnung für das Erzstift Köln von 1595 enthält im § 37 „Von Brüchten“ folgendes: Die Brüchten sollen von den Amtsleuten so festgesetzt werden, wie sie es vor Gott dem Allmächtigen und dem Erzbischof und Kurfürsten zu verantworten wissen. Scotti, J. J., Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in dem vormaligen Churfürstenthum Cöln (im rheinischen Erzstifte Cöln, im Herzogthum Westphalen und im Veste Recklinghausen) über Gegenstaende der Landeshoheit, Verfassung, Verwaltung und Rechtspflege ergangen sind : vom Jahre 1463 bis zum Eintritt der Königl. Preußischen Regierungen im Jahre 1816 zusammengetragen und hrsg. von J[ohann] J[osef] Scotti; Nebent.: Churkoelnische, westphaelische und Recklinghausen'sche Landes-Verordnungen, Bd. 1. [A IV, 60; WE 754/1]
# Policeyordnungen stellen Strafforderungen
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8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Bsp. Policeyordnung Lübbecke 1645
Msc VII 2807 A, fol. 12ff.
Die Präambel einer Policeyordnung der Stadt Lübbecke von 1645 schildert, daß
die bestehende Policeyordnung von 1620 nicht beachtet
wird.
Bsp. Policeyordnung Lübbecke 1645
Bsp. Policeyordnung Lübbecke 1645
Bsp. Policeyordnung Lübbecke 1645
Bsp. Policeyordnung Lübbecke 1645
Bsp. Policeyordnung Lübbecke 1645
Brüchtenregister
Beträge und Währungen bei Brüchtenstrafen " Brüchtebeträge: Festhalten am Althergebrachten." Mitunter bewußte Abänderung: Herabsetzung durch
stadtherrliches Privileg (z.B. Lippstadt)." Im allgemeinen in den Städten jedoch unter dem
Einfluß des Stadtfriedens Erhöhung der Brüchten." Brüchtenbetrag kann sich bestimmen nach
# der Stellung des Herrn oder des Beamten, # oder nach der Stellung des Richters.
" Im größten Teil Deutschlands jedoch stuft sich die Brüchte nach der Schwere des Vergehens ab.
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3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
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7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur # Brüchte ist abhängig vom Gerichtsherrn oder vom Vergehen
Brüchtenregister
Beträge und Währungen bei Brüchtenstrafen " Ursprünglich sind Brüch(t)etarife sehr einfach; ab
dem 13. Jh. starke Ausdifferenzierung." Westfälische Gerichte: im 15. Jh. zeigt die Wette
von 5 Mark (= 3 lb) die Neigung, zur allgemeinen Brüch(t)e, auch für ganz leichte Fälle, zu werden.
" Unterhalb der kleinen Wette noch eine kleinste, eine Brüch(t)e für bloße Übertretungen
" Manche Brüchten haben ursprünglich den Charakter von Lösungsgeldern.
" Städte setzen Brüchten häufig willkürlich fest." Zum Teil noch überkommene Naturalleistungen.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
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7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur # Brüchtetarife werden ausdifferenziert
Brüchtenregister
Beträge und Währungen bei Brüchtenstrafen
" Mitunter soll der Missetäter seine Buße nicht kennen.
" Größenverhältnis zwischen der Brüch(t)e und der Buße sehr verschieden.
" Fortschritt zu einer öffentlich-rechtlichen Auffassung des Strafrechts: Wegfall der Buße.
" Brüchten sind i.A. in Mark oder in Reichstalern festgesetzt. In der Stadt Rüthen z.B. werden Brüchten zu Beginn des 17. Jh. in Mark und in Reichstalern, 1614 bis 1618 in Mark, ab 1619 in Reichstalern festgesetzt.
" Mitunter werden auch Goldgulden festgesetzt.
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9. Archivische Quellen
10. Literatur# Brüchtetarife in unterschiedlicher Münze
Brüchtenregister
Sprachliche Wendungen in Brüchtenregistern
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
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7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
" Eine Abkürzung, die in den Brüchtenregistern gelegentlich vorkommt: s.v. = salva venia = man verzeihe den Ausdruck.
Brüchtenregister
8. Brüchtenregister als genealogische Quelle
" In Brüchtenregistern wird unterhalb der Ebene der Kapitalverbrechen greifbar, wie sich der Alltag von gewöhnlichen Menschen ausgestaltete.
" Zeit des 30jährigen Krieges: Verrohung von Menschen wird deutlich.
" Abhängig von Quellengattung, Territorium und Zeit werden die Namen der Missetäter und der Geschädigten sowie der Tatort und die verhängte Brüchtensumme genannt.
" Die Namenangabe variiert zwischen Vor- und Nachname, Nachname oder der Angabe namenloser Personengruppen bzw. des Verwandtschaftsgrades.
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8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
8. Brüchtenregister als genealogische Quelle
" Inhalte:% Kampf um das tägliche Brot% soziale Bezüge% soziale und wirtschaftliche Zustände% Kommunikationsformen% Geltungsstreben% religiöse Vorstellungswelt% Zügelung und Ausbruch von Aggressionen% Denken und Fühlen von Menschen in der
Frühen Neuzeit.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur# In Brüchtenregistern wird Alltag greifbar
Brüchtenregister
9. Archivische Quellen Ämterrechnungen (z.B. Fbm Paderborn, Rechnungen)" Brüchtenlisten kommen typischerweise in
landesherrlichen Ämterrechnungen (niedere Gerichtsbarkeit) vor.
" Die älteste Ämterrechnung des Staatsarchivs Münster datiert auf das Jahr 1430.
Amtsbücher" Städtische Amtsbücher erstrecken sich als Serie
oftmals über einen längeren Zeitraum." Die Amtsbücher sind nach Jahren gegliedert und
geben die Prozesse samt richterlicher Unter-suchungen und Entscheidungen in Protokollform wieder.
" Die Brüchtenregister sind hier also jahrgangsweise aufgelistet.
1. Definition von „Brüchten“
2. Brüchtendelikte
3. Brüchtenstrafen
4. Juristischer Kontext
5. Brüchtenverfahren
6. Kodifizierung
7. Erscheinungsformen
8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
9. Archivische Quellen Brüchtenordnungen" Aus landesherrlicher Sicht werden Regelungen für
geordnete Rechtsverfahren geschaffen (z.B. Minden-Ravensberg, Verordnungen – in Msc).
Policeyordnungen" Konkret werden die öffentlichen, sozialen und
wirtschaftlichen Verhältnisse in einem bestimmten Territorium angesprochen.
" Es werden bestehende Mißstände und der künftige Handlungsbedarf der öffentlichen Hand umrissen.
" Gleichzeitig werden die Untertanen in ihre sittlichen Schranken verwiesen.
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9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
9. Archivische Quellen Auswahl weiterer Quellen zum Brüchtenwesen" Brüchtenzettel." Brüchtenverzeichnisse einzelner Ämter (z.B. Hzm
Westfalen Landesarchiv)." Brüchtenprotokolle / Gerichtsprotokolle." Brüchtenberichte durch Amtsleute und Richter." Jahresrechnungen der Rentmeister (z.B. Fbm
Münster, Landrentei)." Heberegister (z.B. Domkapitel Münster,
Domkellnerei)." Akten über Streitigkeiten wegen Besitzrechten an
finanziell nutzbaren Hoheitsrechten (hier: Strafrechtspflege).
" Berichte an Hofkammer in Brüchtensachen (z.B. Fbm Paderborn, Hofkammer).
1. Definition von „Brüchten“
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9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
10. LiteraturBenkert, Adolf, Das Gogericht zum Sandwelle, Burgsteinfurt 1929. [WG 621]
Brockmann, Bernhard / Kokenge, Nikolaus, Die Geschichte des Desumgerichts im Überblick, in: Behr, Hans-Joachim u.a. (Hgg.), Das Gogericht auf dem Desum – haubbt-und ubergericht – des Oldenburger Münsterlandes, Oldenburg 2000, S. 13-44. [14 G 82]
Fascies, Bernhard, Aus einem Alt-Sendenhorster Brüchtenregister. Von Backenstreichen, bösen Schimpfworten, Hehlereien und Diebstählen, in: Heimatblätter der Glocke (1958), Nr. 80, S. 320. [D 715a]
Fohn, Werner / Deisting, Heinrich Josef, Brüchtenregister der Stadt Werl von 1597 bis 1671, in: Beiträge zur Westfälischen Familienforschung 50 (1992), 99-318. [D 606]
Führer, Anton, Amt Medebacher Brüchten-Register, Selbstverlag Mönchengladbach 1952. [WE 92]
Hachenberg, Wolfgang, Die Gogerichte des Fürstentums Münster und die Landgerichtsordnung von 1571, Münster 1997. [WG 2620]
Hinckeldey, Ch. / Schild, Wolfgang, Justiz in alter Zeit (= Schriftenreihe des mittelalterlichen Kriminalmuseums Rothenburg ob der Tauber 6), Rothenburg o.d.T. 21984. [7 J 30]
His, Rudolf, Das Strafrecht des deutschen Mittelalters, Bd. 1: Die Verbrechen und ihre Folgen im allgemeinen, Leipzig 1920. [7 H 21]
Kloosterhuis, Elisabeth, Das Gogericht auf dem Desum und die Rechtsreformen unter Fürstbischof Johann von Hoya 1571, in: Behr, Hans-Joachim u.a. (Hgg.), Das Gogericht auf dem Desum – haubbt- und ubergericht – des Oldenburger Münsterlandes, Oldenburg 2000, S. 143-161, 147. [14 G 82]
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8. Genealogischer Ertrag
9. Archivische Quellen
10. Literatur
Brüchtenregister
10. LiteraturKohn, Werner / Deisting, Heinrich Josef, Brüchtenregister der Stadt Werl von 1597 bis 1671, in: Beiträge zur Westfälischen Familienforschung 50 (1992), 99-318. [D 606]
Philippi, F., Landrechte des Münsterlandes (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, Rechtsquellen, Westfälische Landrechte, Bd. 1), Münster 1907. [A IV 15]
Scotti, J. J., Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in dem vormaligen Churfürstenthum Cöln (im rheinischen Erzstifte Cöln, im Herzogthum Westphalen und im Veste Recklinghausen) über Gegenstaende der Landeshoheit, Verfassung, Verwaltung und Rechtspflege ergangen sind: vom Jahre 1463 bis zum Eintritt der Königl. Preußischen Regierungen im Jahre 1816 zusammengetragen und hrsg. von J[ohann] J[osef] Scotti, Bd. 1, Düsseldorf 1830. [A IV, 60; WE 754/1]
Viegener, Franz, Originelle Gerichtsurteile: Brüchten, in: Heimatblätter. Organ für heimatliche Belange von Lippstadt und Umgebung 24 (1942), Nr. 9, S. 33-34. [D 850]
Viegener, Franz, Brüchten, in: Heimatblätter. Organ des Heimatbundes für den Kreis Lippstadt 6 (1924), Nr. 5, S. 20. [D 850]
Vollstaendige Sammlung deren die Verfassung des Hohen Erzstifts Cöln betreffender Stucken, mit denen benachbahrten Hohen Landes-Herrschaften geschlossener Concordaten und Vertraegen, dan in Regal- und Cameral-Sachen, in Justiz- , Policey-und Militair-Weesen vor und nach ergangener Verordnungen, und Edicten. Aus gnaedigstem Befehl Ihrer Churfuerstlichen Gnaden zu Cölln Maximiliani Friederici zusammen getragen, und zum Druck befoerdert [durch den Geheimen Rat von Kempis], 2 Bde., Köln 1772 / 1773. [13 S 42]
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10. Literatur