32
1 Kärnten ist auch Koroška INFORMATIONSBROSCHÜRE

Brošura/Broschüre “Kärnten ist auch Koroška”

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Informationsbroschüre

Citation preview

11

Kärnten ist auch Koroška

INFORMATIONSBROSCHÜRE

2

BKA Gefördert aus Mitteln

der Volksgruppenförderung

3

INHALTSVERZEICHNIS

1. Editorial ....................................................................................

2. SiEdlungSgEbiEt ........................................................................

3. gESchichtlichEr ÜbErblick .....................................................

4. SchulSyStEm ..............................................................................

5. dEr öStErrEichiSchE StaatSvErtrag .....................................

6. öh ...............................................................................................

7. SpurEnSuchE ..............................................................................

7.1. innEnStadt ........................................................................

7.2. umliEgEndE StadttEilE ...................................................

7.3. SlowEniSchE SpurEn in klagEnfurt ............................

8. klEinEr SprachfÜhrEr..............................................................

8.1. SlowEniSch: EinE SlawiSchE SprachE .........................

8.2. gESchichtE dEr SprachE ................................................

8.3. SlowEniSch-dEutSchE SprachkontaktE in kärntEn ..

8.4. ErStE SchrittE :) ...........................................................

9. wEitErfÜhrEndE litEratur ......................................................

45589

1112122024262626272829

4

1. EditorialKlagenfurt (slow. Celovec) ist das wichtigste politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der kärntnerslowenischen Minderheit. Dennoch sind bei einem Stadtrundgang nur ver-einzelt Hinweise auf Aktivitäten der Kärntner SlowenInnen zu finden – und auch nur, wenn man bewusst darauf achtet. Oberflächliche und einseitige Medienberichte bestimmen die öffentliche Wahrnehmung dieser Volksgruppe. Häufig kursieren Halbwahrheiten, die Vorurteile und Ängste bei der Mehrheitsbevölkerung schüren. Viele Menschen haben zwar schon von der slowenischen Minderheit in Kärnten/Koroška gehört, aber dennoch ist sie ihnen weitgehend unbekannt.

Der Klub slowenischer Studentinnen und Studenten in Kärnten (Klub slovenskih študentk in študentov na Koroškem, KSŠŠK) hat sich mit dieser Broschüre zum Ziel gesetzt, die wichtigsten Informationen über die slowenische Volksgruppe sachlich und prägnant zu vermitteln, um eine möglichst objektive Meinungsbildung zu dieser Thematik zu fördern. In diesem Sinne wünschen wir eine anregende Lektüre!

Sebastjan Trampusch Eva Wohlfarter

Vorsitzender des KSŠŠK Stv. Vorsitzende des KSŠŠK

5

2. Siedlungsgebiet Die slowenische Minderheit in Österreich ist autochthon, das heißt sie ist seit Jahrhunderten auf dem Gebiet der heutigen Bundesländer Kärnten/Koroška und Steiermark/Štajerska ansässig. Das Siedlungsgebiet der Kärntner SlowenInnen erstreckt sich über die drei Südkärntner Täler Gailtal/Zila, Rosental/Rož und Jauntal/Podjuna; viele leben auch in und rund um die Kärntner Landeshauptstadt Klagenfurt/Celovec.

3. Geschichtlicher ÜberblickSlawische Stämme besiedelten im Zuge der Völkerwanderung im 6. Jahrhundert n. Chr. das Gebiet des heutigen Kärntens und gründeten um 630 das Fürstentum Karantanien. Ab 750 ließen sich auch Bajuwaren in Karantanien nieder. 788 wurde Karantanien unter Karl dem Großen ein Teil des Fränkischen Reiches und verlor nach 150 Jahren seine Autonomie. Das nunmehrige Fürstentum Kärnten wurde in das Reichsgebiet des Deutschen Reiches integriert und 976 zu einem selbstständigen Herzogtum ernannt. Im Jahr 1335, im Hochmittelalter, eroberten schließlich die Habsburger das Gebiet. Bauernaufstände und Türkeneinfälle prägten die kommenden Jahrhunderte; von nationalen Spannungen war noch nichts zu spüren. Während der absolutistischen Herrschaft wehrten sich Slowenisch- wie Deutschsprachige gegen die Niederdrückung ihrer gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Entwicklung. Dennoch gewann die deutsche Sprache als Vermittlungs-, Verwaltungs- und Amtssprache vor allem bei der städtischen Bevölkerung an Bedeutung. Die größeren Zentren des Landes

6

wurden gegen Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend deutschsprachig, auch der Adel sprach größtenteils Deutsch. Die ländliche, bäuerlich geprägte Bevölkerung blieb jedoch slawisch und machte um 1880 etwa ein Drittel der Kärntner Gesamtbevölkerung aus. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand im „Vielvölkerstaat“ der Habsburgermonarchie der Wunsch nach Gleichberechtigung der slawischen Bevölkerung. Die einzelnen Völker begannen sich mit Verweis auf Herkunft, Sprache, Kultur und Geschichte voneinander abzugrenzen. Im Jahr 1872 begann in Kärnten etwa der Konflikt um die Verwendung der slowenischen Schriftsprache.

Im Ersten Weltkrieg eskalierte die Situation: SlowenInnen wurden aufgrund vermuteter „Staatsfeindlichkeit“ verhaftet und verfolgt. 1918 besetzte die Armee des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen (des SHS-Staates) Teile von Südkärnten und verkündete Besitzansprüche – im „Kärntner Abwehrkampf“ wurde versucht, die besetzten Gebiete freizukämpfen, bis es zu einem Waffenstillstand kam. Im Friedensvertrag von Saint-Germain wurde eine Volksabstimmung für den 10. Oktober 1920 festgelegt, bei der circa 59 % für den Verbleib bei Österreich stimmten. Auch viele Kärntner SlowenInnen stimmten dafür, was u. a. mit den sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bindungen zu erklären ist. (Der 10. Oktober ist bis heute der Kärntner Landesfeiertag, bei dem das „freie und ungeteilte“ Kärnten hochgehalten wird.)Jene, die nicht für Österreich gestimmt hatten, sollten „bekehrt“ werden: „Nur ein Menschenalter haben wir Zeit, diese Verführten zum Kärntnertum zurückzuführen“, sprach der damalige Landesverweser Arthur Lemisch. Viele wurden auch verhaftet, versetzt oder zur Flucht gezwungen; der slowenischsprachige Unterricht und das kulturelle Leben wurden massiv eingeschränkt, zweisprachige Aufschriften wurden entfernt. 1927 verfasste der Kärntner Landeshistoriker Martin Wutte die „Windischentheorie“. Mit pseudowissenschaftlichen Methoden kam er zu der Erkenntnis, dass Kärntner SlowenInnen in zwei Gruppen eingeteilt werden können. Er unterschied zwischen den „Windischen“, die „heimattreu“ und „assimilierbereit“ seien, und den „Nationalslowenen“, die als „Heimatverräter“ diffamiert wurden. 1938 wurde Österreich an Deutschland angeschlossen. Damit begann ein systematischer Prozess der Durchsetzung des „Deutschtums“ in Kärnten. Die slowenische Sprache wurde verboten – „Der Kärntner spricht Deutsch!“ –, in der Schule wurde der slowenische Unterricht eingestellt, slowenische Vereine wurden aufgelöst. Kärntner SlowenInnen wurden massiv diskriminiert und bedroht, verhaftet, vertrieben, deportiert und schließlich ermordet. Nach einer Phase der Resignation folgte jedoch Widerstand gegen

7

das nationalsozialistische Regime: Viele schlossen sich den PartisanInnen an, einer antifaschistischen Widerstandsbewegung. Die PartisanInnen waren eine streng organisierte Gruppe, die ausgehend von Jugoslawien (unter der Leitung von Josip Broz Tito) gegen das nationalsozialistische Regime kämpfte. Sie waren die gewichtigste militärisch organisierte Widerstandsbewegung in Österreich. Gleich nach der Befreiung vom NS-Regime im Jahr 1945 erkannte die provisorische Kärntner Landesregierung die Leistungen der WiderstandskämpferInnen zwar an, doch bald darauf wurden die ehemaligen PartisanInnen erneut als „Staatsverräter“ und „Banditen“ bezeichnet. 1949 gab Jugoslawien seine Gebietsforderungen in Südkärnten auf; als Ausgleich dazu wurde im Staatsvertrag von 1955 der Artikel 7 für den Minderheitenschutz in Österreich eingerichtet. Trotzdem kam es in den folgenden Jahrzehnten zu zahlreichen Ereignissen, die den Bestand der Minderheit direkt oder indirekt angriffen:

· 1958 wurde das obligatorische zweisprachige Schulsystem abgeschafft, und Eltern mussten von da an ihre Kinder aktiv zum slowenischsprachigen Unterricht anmelden.

· 1972 wurden 205 zweisprachige Ortstafeln in Südkärnten aufgestellt, die deutschnational gesinnte KärntnerInnen unter den Augen der Exekutive abmontierten.

· Vor der Wahl 1979 wurden die Wahlkreise neu aufgeteilt, sodass kärntnerslowenischen VertreterInnen der Einzug in den Landtag massiv erschwert wurde.

· 1994 wurde ein Bombenanschlag auf die zweisprachige Volksschule in Klagenfurt verübt.

Die emotionalisierende Politik und die Diskriminierungserfahrungen im Alltag leisteten noch zusätzlich einen Beitrag zur Herabwürdigung der slowenischen Minderheit, sodass sich in Folge immer weniger Menschen als Angehörige der slowenischen Volksgruppe deklarieren.

8

4. SchulsystemDas Schulsystem ist – wie kaum ein anderer Bereich – wesentlich für den Erhalt und die Weiterentwicklung einer Minderheit. Die Bedeutung der Schule wurde früh erkannt und von minderheitenfeindlicher Seite gezielt als Assimilierungsinstrument eingesetzt.Im Jahr 1872 wurde die zweisprachige utraquistische Schule in Kärnten eingeführt – „utraquistisch“ bedeutete, dass die slowenische Sprache so lange als „Hilfsmittel“ verwendet wurde, bis die Kinder Deutsch gelernt hatten. Zwischen 1939 und 1941 wurde aber auch diese Form des zweisprachigen Unterrichts abgeschafft: Die Germanisierungspolitik des NS-Regimes drang selbst in die entlegensten Schulen vor. Zusätzlich wurden sogenannte „Grenzlandkindergärten“ eingerichtet, in denen die Kinder schon früh mit nationalsozialistischem Gedankengut indoktriniert werden sollten. Als „Wiedergutmachung“ wurde ab 1945 der zweisprachige Schulunterricht für alle Kinder in Südkärnten obligatorisch. 1957 wurde dann das einsprachige „Bundesgymnasium für Slowenen“ in Klagenfurt errichtet. Ein Jahr später, 1958, gab es massive Protestaktionen gegen das zweisprachige Schulsystem, die von den wiedergegründeten deutschnationalen Vereinen ausgingen. In einem neuen Minderheitenschulgesetz wurde beschlossen, dass Kinder von nun an für den zweisprachigen Unterricht extra angemeldet werden müssen – eine nicht zu unterschätzende Barriere. Aus Furcht vor gesellschaftlicher Ausgrenzung sank die Zahl jener Eltern, die ihre Kinder dafür anmeldeten, rasant. Ab 1988 wurden die slowenischsprachigen Kinder größtenteils getrennt von den deutschsprachigen unterrichtet. Auch danach sprachen sich Politiker noch gegen zweisprachige Schulen aus: Das Recht auf eine öffentliche zweisprachige Volksschule in Klagenfurt musste erst beim Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden und wurde schließlich 1991 durchgesetzt.

9

5. Der österreichische StaatsvertragDie slowenische Volksgruppe in Kärnten ist eine der sechs anerkannten autochthonen Minderheiten in Österreich und hat neben der rechtlichen Gleichstellung mit der Mehrheitsbevölkerung auch eine Reihe von spezifischen Rechten, die den Minderheiten in Österreich gewährleistet werden, um den Anspruch auf Gleichberechtigung zu erfüllen.

Bereits im Staatsvertrag von Saint-Germain 1919 ist eine „rechtliche und faktische“ Gleichbehandlungspflicht ohne Rücksicht auf Sprache, Rasse oder Religion festgehalten.

Am 15. Mai 1955 wurde im Belvedere der Österreichische Staatsvertrag unterschrieben, der die Grundlage der staatlichen Unabhängigkeit Österreichs bildet. Im Artikel 7 sind unter anderem Rechte auf Organisationen, Presse und Elementarunterricht in der eigenen Sprache festgelegt; die slowenische Sprache ist in bestimmten Bezirken als Amtssprache zugelassen und soll dort auch in Aufschriften topografischer Natur sichtbar sein. Außerdem ist die Tätigkeit von Organisationen, die der Minderheit ihre Rechte und Eigenschaften nehmen wollen, verboten.Im Artikel 7 ist eine Minderheitenfeststellung (oder ein bestimmter Prozentsatz) zur Erfüllung der Rechte nicht ausdrücklich vorgeschrieben, wird aber bis heute von verschiedenen politischen Seiten verlangt. Am 14. November 1976 wurde die Forderung nach einer Minderheitenzählung in Kärnten durchgesetzt, die allerdings erfolgreich boykottiert wurde – in Südkärnten deklarierten sich nur 2535 Menschen als Kärntner Slowenen, in den anderen Teilen Österreichs gaben hingegen zahlreiche Menschen im Zuge einer breiten Solidaritätsbewegung Slowenisch als ihre Muttersprache an. Spätestens seit dieser ergebnislosen und verwirrenden Zählung sind

10

Minderheitenfeststellungen umstritten, von Kärntner-slowenischen VertreterInnen werden sie von jeher abgelehnt (bei Volkszählungen wird nur nach der „Umgangssprache“ gefragt).

11

6. Österreichische Hochschülerschaft (ÖH)Seit Jahren setzt sich die ÖH (Österreichische HochschülerInnenschaft) in Klagenfurt/Celovec mit Filmabenden, Diskussionen und Infor mations-kampagnen für die Akzeptanz der slowenischen Minderheit ein. Das auffälligste Zeichen dafür sind aber die beiden zweisprachigen Ortstafeln auf dem Gelände der Alpen-Adria Universität, mit denen sich die ÖH im jahrzehntelangen Ortstafelkonflikt klar positioniert. Die Ortstafel vor dem Servicegebäude wurde im Jahr 2002 aufgestellt. Dreimal wurde sie bis jetzt gestohlen und wieder aufgestellt, die TäterInnen konnten allerdings nie ausfindig gemacht werden. Die zweite Ortstafel beim Westparkplatz wurde im Jahr 2009 feierlich enthüllt.Außerdem setzte die ÖH im Jahr 2008 einstimmig die Einführung von zweisprachigen ÖH-Logos durch, um die Zweisprachigkeit Kärntens noch mehr zu betonen und sichtbarer zu machen.

12

7. SpurensucheWie in so vielen Punkten waren sich die Historiker des Landes Kärnten auch über die Bedeutung Klagenfurts für die Kärntner Slowenen keineswegs immer einig. Während etwa Martin Wutte, Erfinder der Windischentheorie, in Klagenfurt eine seit Menschengedenken deutsche Stadt sieht, weist bei-spielsweise sein jüngerer Kollege Janko Pleterski auf den „zweisprachigen Charakter“ Klagenfurts Mitte des 19. Jahrhunderts hin. Nach Franc Merkač war Klagenfurt zu dieser Zeit der „Mittelpunkt ... slowenischen Kulturgeschehens“.Wer heute durch Klagenfurt/Celovec spaziert, wird bereits nach kürzester Zeit über Denkmäler stolpern, und es wird aufmerksamen Spaziergänger-Innen auch nicht entgehen, dass kaum eines davon die Existenz einer nicht deutschsprachigen Volksgruppe vermuten lässt. Tatsächlich gibt es kaum mehr als gut eine Handvoll slowenischer/zweisprachiger Denkmäler – und selbst die sind zumeist gut versteckt.Geht man jedoch mit offenen Augen durch die Kärntner Landeshauptstadt, wird schnell klar, dass die Volksgruppe äußerst lebendig ist. Vereine, Medien, Schulen, kirchliche, wirtschaftliche und kulturelle Institutionen – an die 70 Einrichtungen lassen sich in der Innenstadt und ihrer näheren Umgebung leicht finden und besuchen. Wir möchten zu einer Spurensuche einladen – in die Stadt, die nach Peter Wiesflecker, zumindest heute, als „Mittelpunkt des geistigen Lebens der Kärntner Slowenen“ gelten kann.

7.1. InnenstadtUnser gemeinsamer Spaziergang beginnt am Neuen Platz, wo sich im Rathaus eine Tafel befindet, die an die Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 erinnert. Mit dem dort lesbaren Text wurde drei Tage nach der Abstimmung das Ergebnis offiziell verkündet. Interessant ist der Hinweis, dass „die Stimmen von rund 10 000 slowenischsprachigen Kärntnern und Kärntnerinnen [...] ausschlaggebend für die Einheit des Landes [waren]“. Diese Tatsache hat sich im öffentlichen Bewusstsein jedoch nicht lange gehalten. Schon kurze Zeit später begann eine Politik, welche die Assimilierung der Kärntner SlowenInnen zum Ziel hatte und ihren Höhepunkt im Nationalsozialismus fand. Von den 66 000 KärntnerInnen, die sich bei der Volkszählung 1910 als SlowenInnen deklariert haben, waren 2001 noch 13 109 übrig – es hat also den Anschein, als hätte die Politik des 20. Jahrhunderts Früchte getragen.

Ganz in der Nähe befinden sich zwei weitere Hinweise auf das slowenische Leben in Klagenfurt. Zum einen befindet sich am Neuen Platz im Haus

13

mit der Nummer 7 das Büro der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen und Sloweninnen/Skupnost koroških Slovencev in Slovenk. Zum anderen erinnert an der Hauswand in der Paradeisergasse Ecke Karfreitstraße eine vom P.E.N.-Club Österreich aufgestellte Tafel an den Aufenthalt des slowenischen Nationaldichters France Prešeren in Klagenfurt/Celovec. Die goldene Aufschrift findet sich auf einer schlichten roten Marmorplatte und ist in deutscher und slowenischer Sprache gehalten. France Prešeren wurde am 3. Dezember 1800 in Vrba/Slowenien geboren. Nach dem Schulbesuch studierte er Rechtswissenschaften in Wien. Hier entdeckte er seine Leidenschaft für Poesie und lernte Anton von Auersperg (Anastasius Grün), Jernej Kopitar und Matija Čop, die als Dichter, Sprach- und Literaturwissenschaftler aus der Geschichte der slowenischen Sprache nicht wegzudenken sind, kennen. 1832 übersiedelte er nach Klagenfurt, wo er die Advokatenprüfung ablegte, bei der er fast durchgefallen wäre. Zu dieser Zeit lernte er auch Anton Martin Slomšek und Urban Jarnik kennen, die sich beide große Verdienste um die Förderung der slowenischen Kultur in Kärnten erwarben. France Prešeren gilt heute als Nationaldichter der Slowenen. Er schrieb nicht nur die spätere slowenische Nationalhymne, sondern neben slowenischen auch zahlreiche deutsche Gedichte und Sonette. Der Todestag des Dichters, der 8. Februar 1849, ist heute Nationalfeiertag in Slowenien.

Ein Stück weiter südlich befindet sich der Domplatz mit der Domkirche der Diözese Gurk. Interessant ist für uns das Innere der Kirche, wo sich in einer Seitenkapelle links zwei Gedenktafeln befinden. Die rechte erinnert an den von Papst Johannes Paul II. 1999 seliggesprochenen Anton Martin Slomšek.

14

Slomšek wurde 1800 im slowenischen Ponikva geboren und im Alter von 24 Jahren in Klagenfurt zum Priester geweiht. Der Geistliche bemühte sich sein Leben lang um die Förderung des Slowenischen. Er betätigte sich als Dichter und Schriftsteller, verfasste religiös-pädagogische Bücher für Kinder und Jugendliche, arbeitete bei der Schaffung zweisprachiger Schulen in Kärnten und der Steiermark mit, gab zu diesem Zweck Schulbücher heraus und begründete den „St. Hermagoras-Bücherverein“ sowie die „Bruderschaft der heiligen Slavenapostel Kyrillios und Methodios“. Die Gleichwertigkeit der deutschen und slowenischen Sprache war ideologische Grundlage seines Handelns. Slomšek starb am 24. September 1862 in Maribor in Slowenien.Spannend ist auch die zweite Tafel. In goldenen Lettern findet sich auf einer massiven schwarzen Platte der Satz „Zum Gedenken an jene Frauen und Männer aus der Diözese Gurk, die im 20. Jahrhundert das Martyrium erlitten haben.“ Es folgen die Namen der Märtyrer sowie ein Bibelzitat, das sowohl auf Deutsch als auch auf Slowenisch abgefasst ist. Nun stellt sich natürlich die Frage: Wer sind diese Menschen und was hat sie zu Märtyrern gemacht? Ein wenig Recherche klärt auf: Es handelt sich um Kärntner Opfer des Nationalsozialismus – unter ihnen auch mehrere Kärntner Slowenen, die alle, mit Ausnahme von Vinko Poljanec, der unter nach wie vor ungeklärten Umständen im August 1938 ums Leben kam, während oder kurz nach ihrer „Haft“ im Konzentrationslager ihr Leben ließen. Es ist natürlich schön, dass es sogar in Kärnten öffentliche Denkmäler für Nazi-Opfer gibt, wünschenswert wäre jedoch eine weniger kryptische Umschreibung der Tatsache, dass diese Menschen von einem der verbrecherischsten Regimes des 20. Jahrhunderts ermordet wurden. Farbe bekennen und die Täter nach Jahren des In-Schutz-Nehmens beim Namen nennen, würde diesem Land sowie der katholischen Kirche gut tun.

15

Gleich um die Ecke befindet sich in der Paulitschgasse in den ehemaligen Räumlichkeiten der Buchhandlung Drava das Bücher-, Informations- und Kulturzentrum Haček. Das Zentrum bietet neben einem umfangreichen Angebot an slowenischen, zweisprachigen sowie deutschsprachigen Büchern auch die Möglichkeit, sich über Einrichtungen und Aktivitäten der Kärntner Slowenen sowie über kulturelle und touristische Angebote im angrenzenden Alpen-Adria-Raum zu informieren. Außerdem gibt es regelmäßig Veranstaltungen zu Themen, die die Volksgruppe betreffen.

Wenn man von der Buchhandlung Haček in Richtung 10.-Oktober-Straße weitergeht, befindet sich rechts in der Spengergasse der neue Klubraum der Slowenischen Jugendorganisationen / Slovenske mladinske organizacije (SMO). In diesem Verband sind der Klub Slowenischer Studentinnen und Studenten in Kärnten/Klub slovenskih študentk in študentov (KSŠŠK), der Slowenische Schülerverband/Koroška dijaška zveza (KDZ), die Junge Einheitsliste/Mlada Enotna Lista (Mlada EL) und die Katholische Jugend/Katoliška Mladina organisiert. In den im Dezember 2010 eröffneten Räumlichkeiten finden regelmäßig Veranstaltungen statt, die Bandbreite reicht von Konzerten über Filmabende bis hin zu Diskussionen und offenen Abenden. Der Klub ist täglich nachmittags geöffnet, Donnerstags finden stets studentisch-gesellschaftliche Abende statt. Herzlich willkommen sind alle, die Lust und Interesse haben.

Im angrenzenden Haus befindet sich die Zentrale des Verbandes Zveza-Bank, dem verschiedene Genossenschaften (Kredit,- Waren- und Viehzuchtgenossenschaften) und die Posojilnica-Bank, die aus früher eigenständigen lokalen Kreditgenossenschaften hervorging, angehören. Der Verband ist Mitglied der Österreichischen Raiffeisenorganisation.

16

Das slowenische Genossenschaftswesen besteht seit dem 19. Jahrhundert. Die erste Gründung, österreichweit eine der ersten, erfolgte 1872 in St. Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu. Die Genossenschaften nahmen eine zunehmend wichtige Position ein, da sie neben der Förderung ihrer Mitglieder auch großen Einfluss auf das politische, soziale und kulturelle Leben hatten. Nach dem Ersten Weltkrieg musste ein neuer Verband organisiert werden, da die Verbindung zum früheren Sitz in Ljubljana durch die neue Grenze gekappt worden war. Die Neuorganisation wurde vonseiten der Mehrheitsbevölkerung behindert, konnte aber – wenn auch nur in geringem Ausmaß – zu wirtschaftlicher Unabhängigkeit der kärntnerslowenischen Bevölkerung beitragen. Mit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Jugoslawien wurde auch die bis dahin aus Rücksicht auf die deutschen Volksgruppen im südslawischen Königreich zurückhaltendere Politik der Nationalsozialisten gegenüber den Kärntner Slowenen rigider. Für die slowenischen Vereine bedeutete dies das Ende, die Genossenschaften wurden aufgelöst oder unter deutsche Verwaltung gestellt. Wie schon nach dem Ersten Weltkrieg versuchte die Volksgruppe auch nach 1945 wieder, das Genossenschaftswesen möglichst schnell wieder aufzubauen, was erneut behindert wurde. Als Letztes – zahlreiche kulturelle, soziale und politische Organisationen waren zu dieser Zeit schon aktiv – wurden die slowenischen Genossenschaften im Feber 1949 wieder legalisiert. Nun musste um Rückerstattung des Vermögens, das im Zuge der Vernichtung des slowenischen Genossenschaftswesens in Kärnten nach dem Anschluss verlorengegangen war, gekämpft werden. Der Schaden durch verspätete Wiedergutmachung war enorm.Nun bietet sich die Café-Bar Pavlvs für eine kleine Erfrischung an. Der beliebte Treffpunkt vieler Klagenfurter in der 10.-Oktober-Straße ist

17

tagsüber eine Bar mit angenehmer Atmosphäre und Musik, zur Stärkung gibt es auch kleine Snacks. Abends geht hier bei Partys immer wieder die Post ab, etwa wenn der beliebte DJ Jurij zu Balkan-Sounds das Tanzbein schwingen lässt.

Folgt man nun erholt der 10.-Oktober-Straße Richtung Süden, findet sich kurz nach der Kreuzung mit der Paulitschgasse auf der linken Seite die Dr.-Hornböck-Gasse. Hornböck, Angehöriger der slowenischen Volksgruppe und Geistlicher, wirkte nach dem Zweiten Weltkrieg und bemühte sich vor allem um den Wiederaufbau des Hermagoras-Vereins/Mohorjeva družba.Das Vereinshaus der Hermagoras/Mohorjeva befindet sich im Anschluss an diese Gasse. Der Verein Hermagoras/Mohorjeva družba ist die älteste eigenständige Institution der Kärntner SlowenInnen und betreibt einen Verlag, eine Buchhandlung, eine private Volksschule, einen Hort und ein Schülerheim. Die Geschichte des Vereins reicht 160 Jahre zurück. Im Jahr 1851 wurde der Verein von Fürstbischof Anton Martin Slomšek und den Professoren Andrej Einspieler und Anton Janežič gegründet. Ideologische Grundlage war und ist der katholische Glauben, und auch die Tätigkeitsbereiche sind sind im Großen und Ganzen die gleichen geblieben. Dazu zählen Pflege und Verbreitung der slowenischen Sprache und Kultur, das Knüpfen von Kontakten zu SlowenInnen jenseits der österreichischen Grenzen sowie das Bemühen um ein friedliches Zusammenleben der Volksgruppen in Kärnten. Nach dem Ersten Weltkrieg musste der Verein seine Tätigkeiten in Klagenfurt für beinahe zehn Jahre aussetzen, und mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten wurde er erneut verboten. 1947 wurde das Eigentum rückgestellt, doch 1955 konnte der Verein seine Arbeit wieder zur Gänze aufnehmen. Große Verdienste um den Neuaufbau erwarb sich dabei der

18

schon erwähnte Dr. Janko Hornböck. In dieser Zeit wurden eine Druckerei, eine Buchhandlung, ein Schülerheim und ein Studentenheim in Wien gegründet. Der Verein ist heute auch Teilhaber bei zahlreichen Firmen und Gesellschaften und innerhalb der slowenischen Minderheit Kärntens einer der größten Arbeitgeber. Neben den „hauseigenen“ Institutionen finden auch zahlreiche andere Organisationen Platz im seit mehr als hundert Jahren bestehenden Vereinshaus. Dazu zählen das slowenische Seelsorgeamt der Diözese Gurk/Dušnopastirski urad Krške škofije, die Katholische Aktion/Katoliška akcija, die slowenische Kirchenzeitung „Nedelja”, der Christliche Kulturverband/Koroška krščanska zveza, das Slowenische Volkskundeinstitut Urban Jarnik/Slovenski narodopisni inštitut Urban Jarnik, der Kindergarten „Naš otrok“, der Rat der Kärntner Slowenen/Narodni svet koroških Slovencev, die Slowenische Einheitsliste/Koroška enotna lista, die Gemeinschaft der Südkärntner Bauern/Skupnost južnokoroških kmetov sowie der Slowenische Wirtschaftsverband/Slovenska gospodarska zveza. Im Haus finden sich einige Werke heimischer Künstler. Neben Bildern von Gustav Januš und Rudi Benetik wird vor allem Valentin Oman viel Platz gewidmet. Die Omanstiftung etwa hat hier ihren Sitz. Neben zahlreichen Bildern und Skulpturen, die im ganzen Haus zu sehen sind, erinnern im Eingangsbereich – vom Viktringer Ring kommend – drei Stelen mit einer Aufschrift in beiden Landessprachen an die Opfer von Krieg und Gewalt. Vor dem Haus stehen zwei Stahlskulpturen von Prof. Günther Domenig, der mit den auf Deutsch und Slowenisch beschrifteten Platten an die Volksabstimmung des Jahres 1920 erinnern will.

19

Geht man den Viktringer Ring entlang noch ein Stück nach Osten, findet man, versteckt im Haus mit der Nummer 19, das slowenische Pastoralzentrum/Slovenski pastoralni center, das im Jahr 2006 sein 20-jähriges Bestehen feierte, und die Slowenischen Schulschwestern/Šolske sestre sv. Frančiška Kristusa Kralja. Dieser Ort ist das geistliche Zentrum der Kärntner SlowenInnen; neben einer Kapelle, in der regelmäßig Messen gelesen werden, werden auch viele weitere Aktivitäten, etwa eine Bibelrunde, die „InitiativAngola“ oder Firmunterricht organisiert. In der Geschichte der Kärntner SlowenInnen spielte die Geistlichkeit – man denke an Anton Martin Slomšek oder Matija Majar-Ziljski – eine außerordentlich wichtige Rolle. Der gebildete Klerus war es, der bis 1945 in der Organisation slowenischer Strukturen, etwa von Vereinen mit kulturellen wirtschaftlichen und politischen Inhalten, tätig war. Dazu zählten beispielsweise der Katholische politische und wirtschaftliche Verein für die Slowenen in Kärnten/Katoliško politično in gospodarsko društvo za Slovence na Koroškem, der Christlich-soziale Verband/Krščansko-socialna zveza, dem zahlreiche lokale Kulturvereine angeschlossen waren, sowie der bereits erwähnte Verband Kärntner Genossenschaften/Zveza koroških zadrug.

Die christlich-konservativen Kräfte innerhalb der Volksgruppe blieben auch nach dem Zweiten Weltkrieg wichtig. So wurde Joško Tischler, zu diesem Zeitpunkt noch Vorsitzender der OF (Osvobodilna fronta za slovensko koroško/Befreiungsfront für Südkärnten), zum Mitglied in der provisorischen Landesregierung ernannt, welche unter anderem über seinen Antrag einstimmig die Schulsprachenverordnung beschloss. Nach Konflikten innerhalb der OF musste Tischler jedoch zunächst seine Funktion als Vorsitzender zurücklegen, in weiterer Folge trat er ganz aus der OF aus und gründete den Rat der Kärntner Slowenen/Narodni svet koroških Slovencev. Die sich bereits vor dem Krieg latent bemerkbare Spaltung der Volksgruppe in einen christlich-konservativen und einen linken, liberalen Flügel war somit auch in ihrer Organisationsstruktur vollzogen und hält bis heute an. Beide Gruppen – und seit Juni 2003 auch die Gemeinschaft der Kärntner Slowenen – vertreten die Volksgruppe seither in politischen Belangen nach außen.

20

7.2. Umliegende Stadtteile

Etwas westlich der Innenstadt liegt am Lendkanal in der Tarviser Straße das Haus des Zentralverbandes slowenischer Organisationen/Zveza slovenskih organizacij (ZSO). Der Zentralverband ist eine Dachorganisation für zahlreiche slowenische Organisationen mit liberaler Ausrichtung und wurde 1955 als Nachfolgeorganisation der Demokratischen Front des werktätigen Volkes/Demokratična fronta delovnega ljudstva (vorher Befreiungsfront für Südkärnten/Osvobodilna fronta za slovensko koroško) gegründet. Die Bandbreite der einzelnen Vereine reicht vom Slowenischen Schulverein, dessen Ziel die Förderung der zweisprachigen Erziehung sowie die Aus- und Weiterbildung der Kärntner SlowenInnen ist, über den Verband der ausgesiedelten Slowenen/Zveza slovenskih izseljencev, der sich um die Gleichstellung der Vertriebenen mit anderen Opfergruppen des Nationalsozialismus bemüht, bis hin zum Slowenischen Alpenverein/Slovensko planinsko društvo, dessen Haupttätigkeit in der Organisation von Ausflügen, Sportveranstaltungen, Vorträgen und Ausstellungen besteht. Der Zentralverband slowenischer Organisationen ist außerdem einer der drei Verbände (neben der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen/Skupnost koroških Slovenk in Slovencev und dem Rat der Kärntner Slowenen/Narodni svet koroških Slovencev), die die Kärntner SlowenInnen nach außen vertreten. Sein Vorsitzender Marjan Sturm ist in der zum Teil sehr umstrittenen Konsensgruppe aktiv und versucht, in der Ortstafelfrage über Gespräche zu einer Kompromisslösung zu finden.

Im Osten der Stadt befindet sich in der Mikschallee ein weiteres Zentrum der Kärntner SlowenInnen. Im Gebäude des Schülerheims „Mladinski dom“ sind zahlreiche Organisationen angesiedelt. So befinden sich hier der zweisprachige Kindergarten „Sonce“, der Hort ABCČ für Volksschulkinder, die Slowenische Musikschule, eine Sporthalle, das Slowenische wissenschaftliche Institut/Slovenski znanstveni inštitut sowie die Slowenische Studienbibliothek/Slovenska študijska knižnjica, die öffentlich zugänglich ist. Wer spezielle Literatur über und von Kärntner SlowenInnen sucht, kann hier fündig werden.

Laut Staatsvertrag aus dem Jahr 1955 haben die Angehörigen der slowenischen Volksgruppe in Kärnten (und der kroatischen Volksgruppe im Burgenland) Anspruch auf Elementarunterricht in der Muttersprache und eine „verhältnismäßige“ Zahl eigener Mittelschulen. Der Volksschulunterricht in zahlreichen Kärntner Gemeinden wird in beiden Landessprachen erteilt. In Klagenfurt kann man die öffentliche zweisprachige Rennerschule/

21

Javna dvojezična ljudska šola, das BG und BRG für Slowenen/ZG in ZRG za Slovence und die zweisprachige Bundeshandelsakademie/Dvojezična zvezna trgovska akademija besuchen. Da Bildung in der Muttersprache nicht zuletzt auch für das (Selbst-)Bewusstsein einer Volksgruppe von Bedeutung ist, war dieses Recht im letzten Jahrhundert stark umkämpft. Während nach dem Zweiten Weltkrieg flächendeckender zweisprachiger Unterricht für alle Kinder in Kärnten vorgesehen war, wurde diese Regelung 1958 gekippt. Seitdem müssen Eltern ihre Kinder zum zweisprachigen Unterricht anmelden – ein Schritt, der vielen in Anbetracht der politischen Situation nicht leicht fiel und manchmal gar nicht gelang. Als 1957 das Slowenische Gymnasium eröffnet wurde, war der Widerstand in Kärntner deutschnationalen Kreisen groß. Noch fast 20 Jahre später wurde das Gymnasium auf einer Demonstration des Heimatdienstes als „das große Gift“ bezeichnet. Diese Stimmung hat sich in der Zwischenzeit aber verändert. Während der Ortstafelstreit nach wie vor einer Lösung harrt, werden längst auch Kinder aus einsprachigen Familien in zweisprachigen Volksschulen, dem Slowenischen Gymnasium oder der zweisprachigen BHAK angemeldet, um auch die zweite Landessprache bereits in jungen Jahren zu lernen.

Schließlich muss zu guter Letzt noch die Alpen-Adria Universität Klagenfurt erwähnt werden. Zum einen findet an der Universität die wichtige Ausbildung junger LehrerInnen statt, die hier unter anderem auch Slowenisch als Unterrichtsfach studieren können. Zum anderen leistete sie bzw. leisteten zahlreiche ihrer Angehörigen mit ihrem wiederholten und klaren Auftreten und Eintreten für ein minderheitenfreundlicheres Klima im Laufe der Jahre wichtige Arbeit. In den unterschiedlichsten Disziplinen

22

setz(t)en sich WissenschaftlerInnen mit in dieser Broschüre skizzierten Problemen auseinander, versuch(t)en in ihren Lehrveranstaltungen, Generationen von Studierenden zu sensibilisieren und unterstütz(t)en die Volksgruppenvertreter öffentlich in ihren Forderungen. Dieses Bemühen wurde auch vonseiten der Minderheit wiederholt geehrt. So hat der ehemalige Rektor Prof. Günther Hödl schon 1989 den Einspieler-Preis verliehen bekommen. Dieser wird an Personen der Mehrheitsbevölkerung vergeben, die sich für ihren Einsatz um das Zusammenleben der Volksgruppen, Verständnis der Mehrheitsbevölkerung oder Anliegen und Sorgen der Kärntner SlowenInnen besondere Verdienste erworben haben. Etwa 15 Jahre später erhielt der Sprachwissenschaftler Prof. Heinz Dieter Pohl die gleiche Auszeichnung für „seine wissenschaftliche Arbeit, die sehr viel dazu beigetragen hat, den Blick auf die Kärntner Vergangenheit zu entkrampfen und die Zweisprachigkeit in allen Bereichen als etwas Selbstverständliches anzunehmen“. Auch vonseiten des Zentralverbandes und des Slowenischen Kulturverbandes gibt es regelmäßig Ehrungen. Der Rizzi-Preis wird an Personen verliehen, die „zukunftsweisende Initiativen auf dem Gebiet der interkulturellen Verständigung“ ergreifen. Preisträger waren unter anderem der bis kurz vor seinem Tod im November 2009 in Klagenfurt lehrende Historiker Karl Stuhlpfarrer und das Universitätskulturzentrum UNIKUM.Möge sich das Selbstverständnis der Universität, das der Einspieler-Preisträger von 1989 in einem Zeitungskommentar einmal folgendermaßen formulierte, auch in Zukunft so erhalten: „Indes ist für die Universität, die sich dem Engagement für die Probleme ihres Umlandes ganz verpflichtet fühlt, die Frage des friedlichen und auf gegenseitiger Toleranz beruhenden

23

Zusammenlebens der in Kärnten lebenden Volksgruppen von hoher bildungspolitischer Bedeutung. Daher hat sie ihre wissenschaftlichen Bemühungen eben auch der Lösung dabei auftretender Probleme gewidmet und als politischen Ausgangspunkt dafür eine minderheitenfreundliche Position bezogen, die nach menschlichem Ermessen dem Schwächeren in jedem Falle gebührt.“

Zahlreiche weitere größere und kleinere, mehr oder weniger versteckte Hinweise auf slowenisches Leben in Klagenfurt und Kärnten gibt es auch in den Gassen und Straßen, Schaufenstern und Läden der Stadt. Die zweisprachige Ortstafel auf dem Weg zum Haupteingang der Uni ist nur eines davon, Kärnten-Koroška-Aufkleber auf Autos und slowenische Graffitis ein paar weitere. Eine bewusste Zurschaustellung des Slowenischen führt heute nicht mehr – wie noch vor wenigen Jahrzehnten – zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. Der Umgang miteinander hat sich grundlegend verbessert und verbessert sich weiterhin. Es bleibt noch der Wunsch, dass die Politik endlich nachzieht und in Zukunft auf ein Vergiften des öffentlichen Klimas in der Hoffnung auf Wählerstimmen verzichtet.

24

7.3. Slowenische Spuren in Klagenfurt

K 34

7

6

5

21

8

25

1 Rathaus 2 Skupnost koroških Slovencev in Slovenk3 Dom4 Haček5 Zveza Bank6 Mohorjeva7 Slovenski pastoralni center8 Zveza slovenskih organizacij9 Mladinski dom10 Rennerschule11 BG, BRG, TAKK Klub (Spengergasse 7)

9

10

11

26

8. Kleiner Sprachführer

8.1. Slowenisch: eine slawische SpracheSlowenisch (slovenščina) wird von etwa zwei Millionen Menschen in der Republik Slowenien, in Teilen Südösterreichs, in Nordostitalien, in Westungarn sowie von etwa einer halben Million EmigrantInnen in Westeuropa und Übersee gesprochen. Slowenisch ist eine der fünf südslawischen Standardsprachen (neben Kroatisch, Serbisch, Makedonisch, Bulgarisch) und weist einen großen Dialektreichtum auf.

8.2. Geschichte der SpracheDie ersten bekannten schriftlichen Aufzeichnungen des Slowenischen sind stark religiös geprägt. Um das Jahr 1000 entstanden die in Latein verfassten „Freisinger Denkmäler“ (Brižinski spomeniki), in die einige Blätter mit altslowenischen Gebeten und Beichtformeln hineingelegt wurden. Andere slowenische religiöse Schriftstücke aus dem Mittelalter sind die Ratescher Handschrift (Rateški rokopis) und die Sitticher Handschrift (Stiški rokopis). Doch erst im Laufe des 16. Jahrhunderts, im Zeitalter der Reformation, kam es im slowenischsprachigen Raum zu einer vermehrten Übersetzung von biblischen und liturgischen Texten und damit zur Herausbildung einer slowenischen Schriftsprache. Der bekannteste Vertreter dieser Epoche ist Primus Truber (lat. Primus Truberus), der vor der Reformation nach Süddeutschland fliehen musste und dort um 1550 die ersten zwei gedruckten

27

slowenischen Bücher verfasste: das „Abecedarium“ und den „Catechismus (in der windischen Sprache)“. Weiters übersetzte er das Neue Testament und schrieb und übersetzte andere religiöse Texte. Trubar gilt als Begründer der slowenischen Schriftsprache. Ihm folgten Jurij Dalmatin, der erstmals die gesamte Bibel auf Slowenisch übersetzte, und Adam Bohorič, der die erste slowenische Grammatik verfasste. Danach folgte eine Zeit der politischen und religiösen Unruhen; erst Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Versuch, eine allgemeine slowenische Schriftsprache zu begründen, wieder aufgenommen. Im 19. Jahrhundert zeigte der slowenische „Nationaldichter“ France Prešeren, wie ausdrucksfähig und poetisch die slowenische Sprache sein kann, die jahrhundertelang als unterentwickelte „Bauernsprache“ gegolten hatte. In Folge wurden Wörterbücher und Orthografien erstellt; Slowenisch wurde in allen Lebensbereichen konsequent gepflegt und konnte sich gegenüber starken Einflüssen anderer Sprachen (etwa Deutsch und Serbokroatisch) durchsetzen.

8.3. Slowenisch-deutsche Sprachkontakte in KärntenIm zweisprachigen Gebiet Kärntens gibt es von jeher einen gegenseitigen Sprachkontakt, der beide Sprachen in Wortschatz, Syntax und Grammatik beeinflusst. Beispielsweise kommt der im Kärntner Dialekt häufig verwendete Fragepartikel „A“ („A kummst heit?“) aus dem Slowenischen. Umgekehrt gibt es auch zahlreiche Wörter deutschen Ursprungs, die in die slowenische Standard- oder Umgangssprache eingegangen sind, z. B. oltar („Altar“) oder rajžati („reisen“).

28

Kakó ti je imé?Wie heißt du?

Imenújem se ...Ich heiße ...

Kakó ti gre?Wie geht es dir?

Hvála, dóbro.Danke, gut.

Dóbrodóšli!Willkommen!

Dóber dan!Guten Tag!

Dóber večér!Guten Abend!

Na svídenje!Auf Wiedersehen!

Láhko noč!Gute Nacht!

Ja.Ja.

Ne.Nein.

A govoríš slovénsko?Sprichst du Slowenisch?

Govorím málo slovénsko.Ich spreche ein wenig Slowenisch.

Na žálost ne govorím slovénsko.Leider spreche ich kein Slowenisch.

Hóčem se učíti slovénsko.Ich will Slowenisch lernen.

Kakó se réče „Kaffee“ po slovénsko?Wie sagt man „Kaffee“ auf Slowenisch?

Dóber tek!Guten Appetit!

Na zdrávje!Prost!

A grémo na kávo?Gehen wir auf einen Kaffee?

Oprósti, a lahkó dobím čaj/sok/víno?Entschuldigung, könnte ich einen Tee/Saft/Wein bekommen?

Prinési mi éno pívo, prósim!Bring mir ein Bier, bitte!

Jaz bi kávo z mlékom, prósim!Ich hätte gerne einen Kaffee mit Milch, bitte!

Kóliko je úra?Wie spät ist es?

8.4. Erste Schritte :)Aussprache:c – wie z in Zielč – wie tsch in Rutscheh – wie ch in lachen

š – wie sch in Schulež – wie j in Journalistv – wie w in Wasserz – wie s in Rose

29

9. Weiterführende Literatur

Mirko Bogataj (22008): Ein Volk am Rand der Mitte. Die Kärntner Slowenen. Klagenfurt, Wien: kitab-Verlag

Hanns Haas, Karl Stuhlpfarrer (1977): Österreich und seine Slowenen. Wien: Löcker & Wögenstein

Andreas Moritsch (Hrsg 1995): Probleme der Geschichte und Geschichtsschreibung der Kärntner Slovenen/Problemska polja zgodovine in zgodovinopisja koroških Slovencev. Klagenfurt–Ljubljana–Wien: Hermagoras/Mohorjeva Andreas Moritsch (Hrsg. 2000): Die Kärntner Slowenen 1900-2000. Bilanz des 20. Jahrhunderts. Klagenfurt–Ljubljana–Wien: Hermagoras/Mohorjeva

Vida Obid, Mirko Messner, Andrej Leben (2002): Haiders Exerzierfeld. Kärntens SlowenInnen in der deutschen Volksgemeinschaft. Wien: Promedia

Peter Rehder (Hrsg 52006): Einführung in die slavischen Sprachen. Darmstadt: WBG, Wissenschaftliche Buchgesellschaft

Vladimir Wakounig (2008): Der heimliche Lehrplan der Minderheitenbildung. Die zweisprachige Schule in Kärnten 1945-2007. Klagenfurt: DravaAlois Wiesler (62005): Slowenisch Wort für Wort. Bielefeld: Reise Know-How Verlag

Karner, Stefan (Hg.): Kärnten und die nationale Frage. Klagenfurt 2005.

Gregorn, Gabriel; Kupper, Nadja u. a.: Sloveniš in Celovec. Klagenfurt 2009.

Rumpler, Helmut (Hg.): Kärnten. Von der deutschen Grenzmark zum österreichischen Bundesland. (Geschichte der Österreichischen Bundesländer seit 1945 Bd. 6), Wien – Köln – Weimar 1998.

Wieflecker, Peter: Klagenfurt als Sitz kultureller Institutionen der Kärntner Slowenen. In: 800 Jahre Klagenfurt, hg. v. Geschichtsverein für Kärnten, Klagenfurt 1996, S. 421-438.

30

31

Impressum

KSŠŠK - Klub slovenskih študentk in študentov na Koroškem Spengergasse 79020 Celovec/KlagenfurtE-Mail: [email protected]

RedakteurInnen: Eva Wohlfarter, Sebastjan Trampusch, Denise BranzDruck: Tiskarna Drava/Druckerei DravaPowered by: ilab crossmedia, www.ilab.at

Der Klub lädt ein! Jeden Donnerstag. Weitere Infos auf Ksssk.at oder auf facebook unter KSŠŠK - Klub slovenskih študentk in študentov na Koroškem.

3232www.ksssk.at