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470.000.000.000 EURO JAHRESUMSATZ
160.000 AUSZUBILDENDE
50.000.000 KUNDEN PRO TAG
3.000.000 BESCHÄFTIGTE
BIP
DEZEMBER 2015
Branchenreport Einzelhandel
Der Handel als Wirtschaftsfaktor
16 %
Inhalt
Einzelhandel als wichtigste Kraft der Binnenwirtschaft 4
Faire Preise für breite Einkommensschichten 7
Mega-Trend Online-Handel 10
Der Verbraucher im Mittelpunkt 12
Vielfalt und Qualität mit Verantwortung 15
WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL | 3
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit jeher gehört der Handel zu den Wirtschaftssektoren, die die wirtschaftliche und gesell-
schaftliche Entwicklung entscheidend vorantreiben. Vom Altertum über das Mittelalter bis hin
zum Beginn der Neuzeit haben Händler die Zentren der Städte belebt und geprägt. Die Leistung
der Händler entschied über den Reichtum. Der Handel hat Gewerbe sowie Manufakturen ge-
steuert und darüber entschieden, was, wo und in welchem Umfang produziert wird.
Im 20. Jahrhundert gingen dann die entscheidenden ökonomischen Impulse von der industri-
ellen Massenfertigung aus. Doch das Pendel schwingt wieder um. Der Handel hat sich eman-
zipiert und ist zum gleichberechtigten Partner der Industrie geworden. Seine Leistung zählt
wieder. Auch der Verbraucher nimmt die Leistungen des Handels wieder stärker wahr. Nach-
haltigkeit, Regionalität, Bio und Fair-Trade stehen für ein gestiegenes Bewusstsein der Verbrau-
cher und eine größere Verantwortung des Handels.
Der Einzelhandel ist wie kein anderer Wirtschaftszweig nah beim Verbraucher und prägt Le-
benswelten. Weltweite Verfügbarkeit, schnelle Lieferung und günstige Preise – unbekannt, un-
erreichbar und unbezahlbar ist heute auch angesichts des Online-Handels kaum noch etwas.
Umso wichtiger wird die Rolle des Handels, der Auswahl, Information, Beratung und damit
Orientierung in einer nahezu unendlichen Warenwelt bietet.
Neben seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung kommt dem Handel eine gesellschaftliche
Schlüsselrolle zu, da mit dem Austausch von Waren immer auch ein Transfer von Wissen und
Kultur stattfindet. Die Stadtgründung, das Transportwesen, das Geld- und Bankenwesen, die
Konsumkultur, Bildung und ein Teil des Rechtswesens gründen auch auf Ideen, Leistungen
und Notwendigkeiten des Handels. Heute prägt der Handel das Geschäft im Internet, Prozesse
in der Logistik oder im Marketing.
Der vorliegende Branchenreport soll dazu beitragen, die zentrale Rolle des Einzelhandels in
unserer heutigen Wirtschaft zu verdeutlichen.
Vorwort
Josef Sanktjohanser
Präsident
Handelsverband Deutschland (HDE)
4 | WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL
Der Einzelhandel ist mit 300.000 Unternehmen und einem Umsatz von rund 470 Milliarden Euro die drittgrößte Wirtschaftsbranche nach Industrie und Handwerk und zeichnet sich durch seine Schnittstellenfunktion zum Ver-braucher aus.
Der Einzelhandel ist die wichtigste Kraft der
Binnenwirtschaft. Wer den Handel stärkt, sorgt
für Beschäftigung, unterstützt die lokalen Wirt-
schaftsstrukturen und erhöht die Attraktivität
der Städte und Gemeinden.
Der deutsche Einzelhandel erwirtschaftet mit
seinen drei Millionen Beschäftigten einen
Jahresumsatz in Höhe von 470 Milliarden
Euro. Allein die rund 60.000 Unternehmen des
Lebensmitteleinzelhandels setzen jährlich etwa
200 Milliarden Euro um und beschäftigen rund
1,2 Millionen Personen.
Tagtäglich kaufen 50 Millionen Verbraucher im
deutschen Einzelhandel ein – im Supermarkt
und beim Gemüsehändler, im Kaufhaus und
im Internet, im Fachhandel und im Shopping-
Center.
Einzelhandel als wichtigste Kraft der Binnenwirtschaft
WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL | 5
Wirtschaftliche Leistung des Einzelhandels 2014
Der europäische Handelssektor erzielt mit 3,8
Millionen Einzelhandelsunternehmen einen
Jahresumsatz von 2.700 Milliarden Euro.
500 Millionen Verbraucher in der EU nehmen
die Leistungen des Handels in Anspruch.
Quelle: Statistisches Bundesamt; HDE-Berechnung
16 Prozent
Anteil am BiP
300.000 Unternehmen
160.000 Auszubildende
+200 Prozent
Online-Umsatz
2005-2015
3.000.000 Beschäftigte
50.000.000 Kunden täglich
Der Einzelhandel
470.000.000.000 EURO
Jahresumsatz
Bruttoinlandsprodukt 2.903,8 Mrd. Euro
Privater Konsum 1.604,3 Mrd. Euro Anteil am BIP: 55,3 %
Einzelhandelsumsatz 459,9 Mrd. Euro Anteil am BIP: 15,8 %
6 | WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL
Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Einzel-
handels aber geht über die Zahl der Arbeits- und
Ausbildungsplätze sowie die Wertschöpfung
des Einzelhandels im engeren Sinne deutlich
hinaus. Die Leistungen des Einzelhandels
strahlen auch auf andere Wirtschaftszweige ab,
da die Branche in einen komplexen Wertschöp-
fungsprozess eingebunden ist. Der Einzelhandel
selbst realisiert eine Wertschöpfung von
76 Milliarden Euro. Über die Einbindung in
vor- und nachgelagerte Wirtschaftsstufen
summiert sich die Wertschöpfungsleistung des
Einzelhandels auf 180 Milliarden Euro.
Quelle: IFH nach Handelsstatistik, Umsatzsteuerstatistik, Input- Outoutrechnung, Produktionsstatistik, Brancheninformationssystem der IFH Köln
Einzelhandelsinduzierte Wertschöpfung 2014 – in Mio. EUR
Einzelhandel Erzeuger/ Hersteller
Großhandel Dienstleistungen
76.050
180 Mrd. EUR
Durch den Einzelhandel angestoßene Wertschöpfung auf
anderen Wirtschaftsstufen
36.629
22.073
45.946
LogistikbrancheÜbrige unternehmensnahe
Dienste
Medien/ Werbeagenturen
Immobilien- wirtschaft
FinanzdienstleisterVerbraucher
Einzelhandel
Großhandel
Produktion (auch Eigenmarken)
Erzeuger
WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL | 7
Der private Konsum entwickelte sich 2013 mit
einem Plus von preisbereinigt 1,8 Prozent und
2014 mit +2,1 Prozent stärker als in den Vor-
jahren. Damit leistet er einen wichtigen Beitrag
zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und
hat gerade in Zeiten eines konjunkturellen
Abschwungs die Lage stabilisiert.
Mit einem Anteil von rund 55 Prozent am
Brutto-inlandsprodukt ist der Konsum die
wichtigste binnenwirtschaftliche Größe.
Ihn nachhaltig zu stärken, sollte daher stets
Priorität haben. Dazu zählt vor allem die Schaf-
fung eines stabilen Umfelds.
Mit einem gestiegenen Konsumoptimismus
der Deutschen traten auch Kritiker auf den
Plan, die der Auffassung sind, die Menschen
würden ihr Leben zu stark am Konsum ausrich-
ten. Nüchtern betrachtet hält die Geschichte
vom Konsumboom einer Überprüfung
nicht stand. Wenngleich eine etwas stärkere
Binnennachfrage gesamtwirtschaftlich
durchaus wünschenswert wäre, erleben wir
auf lange Sicht nur schwache Steigerungsraten.
Der private Konsum entwickelt sich deutlich
unter der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
Parallel hierzu schrumpft der Anteil des Einzel-
handels am privaten Konsum kontinuierlich.
Dies ist angesichts gewisser Sättigungstenden-
zen und hoher Ausstattungsgrade der Haus-
halte vielleicht nicht weiter verwunderlich.
Es hat jedoch erheblichen Einfluss auch auf
andere Bereiche wie Produktion und Import.
Was der Kunde nicht nachfragt und der Einzel-
handel nicht verkauft, das braucht die Industrie
auch nicht herzustellen. Daneben ist und bleibt
der Handel als zentraler Bestandteil der Binnen-
wirtschaft trotz Technikeinsatz und Rationali-
sierung ein arbeitsintensiver Wirtschaftszweig.
Er beschäftigt drei Millionen Personen, Tendenz
leicht steigend.
Anteil Einzelhandelsumsatz* an privaten Konsumausgaben 2000–2014 in Prozent
* Einzelhandel ohne Kfz-Handel, Kraft- und Brennstoffe sowie Apotheken
Quelle: Statistisches Bundesamt; HDE-Berechnungen
35,8
2000
35,0
2001
34,1
2002
33,0
2003
33,2
2004
32,9
2005
32,3
2006
31,5
2007
31,1
2008
30,1
2009
29,8
2010
29,2
2011
29,0 28,6 28,6
2012 2013 2014
8 | WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL
Faire Preise für breite Einkommensschichten
Der Einzelhandel leistet nicht nur einen wich- tigen Beitrag für unsere Volkswirtschaft, sondern sorgt mit seinem harten Wettbewerb auch für ein attraktives Preisniveau für alle Einkommensschichten. Damit trägt die Branche zur Stabilität der Verbraucherpreise insgesamt bei.
Preiserhöhungen auf der Erzeugerseite werden
regelmäßig nicht in vollem Umfang an die Ver-
braucher weitergegeben. Der Handel, insbeson-
dere der Lebensmitteleinzelhandel übernimmt
eine Ausgleichsfunktion und wirkt tendenziell
preisdämpfend.
Die Entwicklung der Lebensmittelpreise steht
im besonderen Fokus der Öffentlichkeit. Seit
einigen Jahren kommt es hier zu signifikanten
Preissteigerungen. Die Ursachen hierfür sind
vielfältig.
Neben Faktoren von außen sorgt auch die
Entwicklung in Richtung Frische und Qualität
dafür, dass die Verbraucher häufiger als noch
vor einigen Jahren bereit waren, etwa für Bio,
Fairtrade oder Regionalität einen (etwas) höhe-
ren Preis zu zahlen.
114
112
110
108
106
104
102
100
WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL | 9
Nachhaltiger Konsum ist insofern ein weiterer,
wenn auch kein wesentlicher Grund dafür,
dass seit einigen Jahren deutliche Preissteige-
rungen bei Nahrungsmitteln zu beobachten
sind. Zwischen 2013 und 2014 verteuerten sich
Lebensmittel um 11 Prozent, natürlich bei einer
starken Differenzierung nach Produkten. Nicht
alles wurde und wird teurer.
Neben dem allgemeinen Trend ist eine zuneh-
mende Volatilität der Preise zu beobachten.
Preisschwankungen werden häufiger und
heftiger. Dies gilt vor allem für konjunktur-
reagible Produkte wie Kakao, oder Kaffee.
Daneben sorgten Einflüsse auf der Nachfra-
geseite für ein stärkeres Auf und Ab der Preise
für Fleisch, Obst und Gemüse.
Insbesondere die steigende Nachfrage aus
den Schwellenländern treibt die Preise für
zahlreiche Produkte. Ursache sind etwa verän-
derte Ernährungsgewohnheiten und steigender
Wohlstand in bevölkerungsreichen Ländern wie
China, Indien oder Indonesien. Als weitere
Ursache sind zyklische Schwankungen, Wetter-
ereignisse und steigende Energiekosten zu
sehen.
Preisentwicklung in Deutschland, 24 Monate
Index; 2010=100
114
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100
Nahrungsmittelpreise Verbraucherpreise Einzelhandelspreise
Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
2013 2015
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mär Apr
2014
105,5
105,6 106,1 106,1 106,1 105,9
106,5 105,9
106,4 106,7
106,5 106,4
106,7 107 107 107 106,7 106,7 106,7
105,6
106,5
107 107
111,1
111,5 111,2
110,3
109,9 110,1
110,4
112,1
112,9
112,7
112,3
112
111,6
111,5 111,3
110,6
110,9 110,9
110,4 110,8
111,4
112,3
112,2
113,2
105,5
105,4 104,9
104,7
105,5 105,7 105,7 105,7
105,3 105,6
106,2 106,1 106 105,8
105,5 105,5
106,3 106,1 105,9
105,4
104,4
105,1
106,2
106,6
100
102
104
106
108
110
112
114
106,1
Quelle: Statistisches Bundesamt
10 | WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL
Auch auf der Angebotsseite treiben einige Fak-
toren die Preise. Viel diskutiert wird hier über
die Verwendung landwirtschaftlicher Flächen
für die Produktion von Biokraftstoffen. Daneben
werden an die Verfügbarkeit von Nahrungs-
mitteln neben den quantitativen immer diffe-
renziertere qualitative Anforderungen gestellt,
etwa in Form von Standards, die Qualitäts- und
Sicherheitskriterien gewährleisten sollen.
Preisentwicklung in Deutschland 2007–2014
Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent Verbraucherpreise
Einzelhandelspreise (ohne Kfz-Handel)
Nahrungsmittelpreise (inkl. alkoholfreie Getränke)
Quelle: Statistisches Bundesamt
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
1,10,8
1,2
2,1
1,6
2,8
2,0 2,1
3,4
1,5 1,4
3,9
0,90,6
1,0
2,31,9
3,9
2,7
6,0
0,3
-0,2
-1,3
2,6
7,0
6,0
5,0
4,0
3,0
2,0
1,0
0,0
-1,0
-2,0
WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL | 11
Mega-Trend Online-Handel
Auf den Wettbewerb und die Preise wirkt sich auch der Boom des Online-Handels aus. Der Umsatz im Online-Handel verdreifachte sich in den letzten zehn Jahren in einem insgesamt weitgehend stagnierenden Gesamtmarkt.
Mit der Entwicklung des Internethandels
vollzieht sich seit Mitte der 90er Jahre nicht
nur ein neues Kapitel des Wandels im Han-
del. Vielmehr steht der Internethandel für die
Globalisierung der Absatz- und Beschaffungs-
wege sowie grenz- und medienübergreifende
Einkaufsmöglichkeiten der Verbraucher.
Der Einzelhandel löst sich damit weiter als
bisher aus seiner lokalen Identität und Ver-
ankerung.
Die Möglichkeit für Kunden, Waren und Dienst-
leistungen über das Internet zu bestellen,
führt zu einer nachhaltigen Veränderung der
Strukturen des traditionellen Einzelhandels.
Das diesbezügliche Entwicklungspotenzial geht
dabei über die bereits etablierten Formen des
Fernabsatzhandels hinaus.
Dieser Impuls belebt das Geschäft und sorgt
für neue Vertriebschancen. Insbesondere auch
die mit dem Internet verbundene Transparenz
von Angeboten und Preisen hat weit reichende
Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen
Verbraucher, Handel und Industrie.
12 | WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL
Der Kunde, der heute im Geschäft mit seinem
Handy den Barcode eines Produkts zum Preis-
vergleich scannt, anschließend den Händler
damit konfrontiert, verhandelt, kauft oder doch
das Geschäft verlässt, um online zu ordern, ist
keine Ausnahme mehr.
Der Online-Anteil am gesamten Einzelhandels-
umsatz liegt heute bei gut neun Prozent, in
online-affinen Warengruppen wie Elektronik,
Bücher oder Medien im zweistelligen Bereich.
Damit verbunden sind Auswirkungen auf
die bestehenden Angebotsformen sowie auf
die Branchen- oder Standortstrukturen. Der
Top-Trend lautet dabei Multi-Channel-Handel.
Tempo und Ausmaß der Veränderungen durch
den Online-Handel zeugen von der Dynamik
des Einzelhandels. Das Leitmotiv vom Handel
im Wandel ist aktueller denn je.
E-Commerce (B2C) 1999–2015 in Mrd. Euro
Angaben für Nonfood, FMCG, Entertainment, Tickets, Downloads, Reisen (ohne Urlaubsreisen)
Quelle: HDE: GfK; HDE-Prognose 2015; ohne Umsatzsteuer
200220001999
1,12,3
4,6
7,5
10,212,1
13,815,7
17,819,7
21,8
2001 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
23,9
2010 2011 2012 2013 2014 2015
26,3
31,3
34,7
37,1
41,7
WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL | 13
Der Verbraucher im Mittelpunkt
Der Handel trägt wesentlich zur Senkung der Transaktionskosten sowohl auf Hersteller-, als auch auf Verbraucherseite bei. Der damit verbundene Nutzen resultiert vor allem aus der Sortimentsbündelung des Handels zum Vorteil der Kunden und der Vertriebsleistung des Han-dels zum Vorteil der Hersteller.
Wie die Konsumgüterwirtschaft über alternative
Absatzwege verfügt, so verfügt der Konsument
über eine breite Auswahl an alternativen Ein-
kaufsmöglichkeiten insbesondere auch für Gü-
ter des täglichen Bedarfs. Je nach „Einkaufstyp“,
das heißt Einkaufssituation und individuellen
Präferenzen, wählt der Verbraucher seine Ein-
kaufsstätten aus. Die einzelnen Vertriebsfor-
mate stehen dabei in Konkurrenz zueinander.
Die Verbraucher nehmen jeweils mehrere
Einkaufsstätten in Anspruch. 36 Prozent der
Verbraucher nutzen neben den Formaten des
Lebensmitteleinzelhandels gelegentlich auch
den Lebensmittelfachhandel, 28 Prozent den
Wochenmarkt und 14 Prozent kleinere Nahver-
sorgungsgeschäfte als Einkaufsstätte.
Die Kunden prägen über ihre individuellen
Anforderungen das Sortiment des Handels mit.
Dies stärkt die Ausgangsposition auch für klei-
nere und mittelständische Hersteller von Mar-
kenprodukten. Auch Produkte vergleichsweise
kleiner Unternehmen werden von zahlreichen
Kunden im Sortiment erwartet. Als Reaktion auf
nicht vorhandene Marken sind zahlreiche Kun-
den bereit, das Geschäft zu wechseln.
Die Verbraucher üben durch ihre Anforderun-
gen an das Sortiment einen starken Druck auf
den Handel aus, das Angebot entsprechend zu
gestalten. Dies gilt auch für das Vorhandensein
konkreter Herstellermarken. Die Hersteller er-
langen durch die Konsumentenanforderungen
in Teilen des Sortimentes eine gute Ausgangs-
situation für Verhandlungen.
14 | WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL
Der Handel bündelt die Produkte der Lieferan-
ten zu einem bedarfsorientierten Sortiment
und trifft eine Vorauswahl für den Kunden
und die Vielfalt der Bedürfnisse. Dabei gilt es,
verschiedene Käufertypen zu bedienen und
die individuellen Bedürfnisse hinsichtlich
Produkten, Marken und Qualitäten sowie
die differenzierten Kaufmotive, also Anlass,
Stimmung oder Gelegenheiten abzubilden.
Der Handel verschafft durch die hohe Ein-
kaufsstättendichte den flächendeckenden
Zugang zu Produkten. Rund 6.200 Verbrau-
chermärkte, 15.500 Discounter und 13.000
Supermärkte, darunter 10.000 selbstständige
Kaufleute, repräsentieren im deutschen
Lebensmitteleinzelhandel ein flächendecken-
des, vielfältiges Vertriebsnetz.
Auch die Ladenöffnungszeiten sind ein
Attraktivitätsfaktor des Einzelhandels. Der
Lebensmitteleinzelhandel weist laut HDE-
Umfrage mit durchschnittlich rund 63 Stun-
den die längsten Wochenöffnungszeiten auf.
Spitzenreiter ist der Lebensmittel-Supermarkt
mit 70 Stunden. Daneben bieten vor allem
die Warenhäuser ihren Kunden mit über 58
Stunden einen weiten zeitlichen Rahmen für
den Einkauf.
Die Mehrzahl der Unternehmen öffnet zwi-
schen 51 und 55 Stunden (26 Prozent).
16 bzw. 19 Prozent öffnen zwischen 56 und
60 Stunden bzw. mehr als 60 Stunden.
Standortbezogen sind in den Innenstädten
und Einkaufszentren erwartungsgemäß die
längsten durchschnittlichen Wochenöff-
nungszeiten anzutreffen.
Dabei steht der Konsum für ein grundlegen-
des, zutiefst individuelles Bedürfnis der Men-
schen. Konsumiert wird nicht nur im Sinne
von Ersatz- oder Versorgungskäufen, also
Güter, die wir elementar benötigen wie etwa
Wohnung, Möbel, Nahrungsmittel. Konsum
dient auch dem Ausdruck von Persönlichkeit
in einer freiheitlichen Gesellschaft und dem
Austausch und der Kommunikation mit ande-
ren Menschen. Sich etwas leisten zu können,
ist auch Zeichen von Lebensqualität.
Im Lebensmitteleinzelhandel steht der Kauf
hochwertiger Produkte für Genuss und kann
gleichzeitig Ziele der Nachhaltigkeit unter-
stützen. Im Bereich elektronischer Artikel
werden mit dem Kauf neuer Produkte auch
Ziele wie Energieeffizienz verbunden.
Konsumentenbefragungen 2011 und 2015 in Prozent
Kunden erwarten Rund-um-Die-Uhr-Versorgung durch lange Öffnungszeiten und ein dichtes Ladennetz*
Quelle: IFH, bevölkerungsrepräsentative Befragung 2015, 977 ≤ n ≤ 1.529
*dargestellt sind Top-Nennungen („trifft voll und ganz zu” und „trifft eher zu”)
Ich finde immer ein Geschäft, das ich gut erreichen kann.
Lebensmittelgeschäfte haben ihre Öffnungszeiten in den letzten Jahren stark verbessert.
Immer wenn ich Lebensmittel einkaufen möchte, hat ein Geschäft in meiner Nähe geöffnet.
82
84
8079
7475
2015
2011
WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL | 15
Konsumentenbefragungen 2011 und 2015 in Prozent
Kunden erwarten Rund-um-Die-Uhr-Versorgung durch lange Öffnungszeiten und ein dichtes Ladennetz*
Vielfalt und Qualität mit Verantwortung
Der Kunde bestimmt, was im Einzelhandel in den Regalen steht und jeder Kunde ist anders. Die Verbraucher beeinflussen maßgeblich die Sortimentsgestaltung – sowohl in der Breite als auch in der Tiefe: Ob Bio, Fair Trade, untere oder obere Preisklasse, Handelsmarke oder Marke, regionales, deutsches oder ausländi-sches Produkt.
Neben dem Angebot vieler verschiedener
Warengruppen erwarten die Kunden auch
mehrere Sorten. Dabei hat aber jeder andere
Ansprüche und bevorzugt verschiedene
Marken und Sorten.
Als Folge dessen muss der Einzelhandel
alle nachgefragten Sorten vorhalten, um die
Wünsche seiner Kunden optimal erfüllen zu
können. Fazit: Die Kundennachfrage ist stets
die oberste Richtschnur!
Dem Einzelhandel kommt hinsichtlich des
Sortimentsumfangs eine Bündelungsfunk-
tion zu: Am deutschen Markt ist derzeit
rund eine Million Artikel gelistet. Jedes Jahr
kommen 120.000 neue Artikel auf den Markt.
Jedoch nur fünf bis zehn Prozent der Pro-
dukteinführungen können sich etablieren.
Trotz dieser starken Ausfallquote von über
90 Prozent kommen und bleiben jedes Jahr
etwa 10.000 neue Artikel in den Regalen der
Supermärkte, Discounter und Warenhäuser.
16 | WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL
Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Handels-
partner, da Obst und Gemüse zu den wich-
tigsten Produktgruppen gehören. Aus Sicht
des Einzelhandels ist es daher entscheidend,
den Landwirtschaftssektor zu stärken, um
wettbewerbsfähige Geschäftspartner auf der
Produktionsseite zu schaffen.
Gerade im Bereich der Frischeprodukte
kommt der Großteil aus heimischer Produk-
tion. Die Kundennähe ist nicht zuletzt für die
Qualität der Waren wichtig.
Dies reduziert die Vertriebskosten für die
Hersteller und erleichtert den Verbrauchern
die Beschaffung zahlreicher Produkte an
einem Ort. Darin liegt eine der zentralen
Leistungen des Handels für unsere Volks-
wirtschaft. Entsprechend der Nachfrage der
Kunden umfasst dies dank des funktionie-
renden Wettbewerbs günstige Produkte und
ein vielfältiges und nachhaltiges Sortiment
mit einer großen Auswahl an Bio-, Öko-,
und Fair Trade-Produkten. Der Handel treibt
damit auch Innovationen voran – zur Steige-
rung des Kundennutzens und zur Eigenpro-
filierung.
Quelle: AMI auf Basis von GfK, Nielsen, Klaus Braun; ab 2010 neue Berechnungsgrundlage; BÖLW
Bio-Lebensmittel – Umsatz in Deutschland 2000–2014 in Milliarden Euro
8,00
7,00
6,00
5,00
4,00
3,00
2,00
1,00
0,002007200520042003200220012000
2,10
2,703,00 3,10
3,50
3,90
4,60
5,30
5,85 5,806,02
6,59
7,04
7,55
7,91
2006 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL | 17
Die Eigenmarken des Handels haben den Be-
weis angetreten, dass Qualität auch im Preisein-
stiegssegment möglich ist. Das Angebot ist vom
Konsumenten gewünscht und stellt für den
Einzelhandel mit seinen knappen Margen auch
unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine
sinnvolle Ergänzung des Produktportfolios dar.
Die Fähigkeit, eine Eigenmarke in den Handel
zu bringen, ist kein Indiz für Marktstärke. Die
Handelsmarkenpolitik ist ein wichtiges Ele-
ment eines ganzheitlichen retail branding, bei
dem Handelsunternehmen die eigene Marke im
Wettbewerbsumfeld konkurrierender Händler
positionieren.
Handelsmarken verfügen über eine insge-
samt hohe Akzeptanz beim Verbraucher.
Grund hierfür ist das gute Preis-Leistungs-
Verhältnis. Die Qualität der Handelsmarken
wird regelmäßig auch durch unabhängige
Tests bestätigt.
Die Argumentation der Markenartikelindus-
trie, der Handel würde mit eigenen Marken
Regalfläche verknappen und seine Markt-
macht erhöhen, ist haltlos. Sie selbst trägt
mit B-Marken und zahlreichen Innovationen
dazu bei, dass die Anzahl der Produkte bei
konstanter Regalfläche stetig steigt.
Einzelhandel stärkt heimische Produzenten
Quelle: HDE-Umfrage
80 % der Frischwaren kommen aus deutscher Produktion. Vorteile: Frische, Qualität, Kundennähe
50 % bei Obst & Gemüse (starke saisonale
Schwankungen)
85 % bei Molkerei- produkten
90 % bei Fleisch/ Wurstwaren
95 % bei alkoholfreien Getränken
aus EU-Binnenmarkt sowie Nicht-EU-Importe
deutsche Produktion
80 %
18 | WIRTSCHAFTSFAKTOR EINZELHANDEL
1,0 2,0 3,0 4,01,5 2,5 3,5
Handelsmarken sind genauso gut wie Herstellermarken
• Benotung von Produktqualitäten nach Stiftung Warentest
• Handelsmarken im Mittelwert: 2,8
• Marken im Mittelwert: 2,9
Quelle: IFH Köln auf der Basis der Testergebnisse von Stiftung Warentest
Handelsmarken erfüllen für bestimmte
Konsumentenschichten eine Wohlfahrts-
funktion.
In vielen Warengruppen werden sie von den
Konsumenten als der Marke qualitativ ebenbür-
tig wahrgenommen.
Auch in Warengruppen, in denen Handels-
marken stark vertreten sind, gibt es eine große
Produktvielfalt. Handelsmarken sind auch in
Warengruppen repräsentiert, die durch Inno-
vationen geprägt sind und beeinflussen in
zunehmender Weise Trendmärkte wie Bio und
Convenience.
Fleisch, Wurst, Geflügel
Molkereiprodukte
Nahrungsfette, Öle
Feinkost, Würzen, Conv.
Eis
Tiefkühlkost
Konserven, Fertig-/Fixprodukte
Grundnahrungsmittel
Frühstück, Baby, Sonst.
Heißgetränke
Brot, Backwaren
Süß-/Dauerbackwaren
Alkoholische Getränke
Alkoholfreie Getränke
Tiernahrung
Wasch-, Putz-, Reinigungsmittel
Kosmetik, Körperpflege
Fisch
Handelsmarke
Marke
n=2.395 Bewertungsschlüssel der Prüfergebnisse: Sehr gut (0,5–1,5), Gut (1,6–2,5), Befriedigend (2,6–3,5), Ausreichend (3,6–4,5), Mangelhaft (4,6–5,5)
Herausgeber:
Handelsverband Deutschland (HDE)
Am Weidendamm 1A
10117 Berlin
Tel. 030/72 62 50-0
Fax 030/72 62 50-99
www.einzelhandel.de
Verantwortlich:
Olaf Roik
Volkswirtschaft, Konjunktur, Marktdaten
© Fotos:
Fotolia: S. 4 Dmitrijs Dmitrijevs,
S. 15 Robert Kneschke
Thinkstockphoto: S. 8 Jochen Sand,
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© Handelsverband Deutschland, Berlin 2015
Handelsverband Deutschland (HDE)
Am Weidendamm 1A10117 Berlin
Tel. 030/72 62 50-0Fax 030/72 62 50-99