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Bionik ist eine junge Wissenschaft an der Schnittstelle
zwischen Biologie und Technik, die unsere Erkennt-
nisse über die funktionellen Leistungen der Organis-
men und das technologische Wissen zusammenführt. Die
Grundidee ist, vom „Einfallsreichtum“ der Natur zu lernen
und sie als Vorbild für die Technik zu nutzen. Bei der Bionik,
einem Begriff, der 1960 erstmals auftauchte, steht das „Ler-
nen der Technik von der Natur“ im Vordergrund. Daneben
existiert aber auch eine andere Zielrichtung – nämlich biolo-
gische Strukturen und Leistungen aus einer ingenieurmäßi-
gen Perspektive besser zu verstehen. Dies veranlasste Werner
Nachtigall, den Nestor dieser Wissenschaft in Deutschland,
zwischen Bionik und Technischer Biologie zu unterscheiden
[1,2]. Im internationalen Sprachgebrauch wird hingegen zu-
nehmend von „Biomimetik“ gesprochen (siehe Kasten).
Mit dem Begriff „Bionik“ wurde bewusst gemacht, was in-
tuitiv längst Praxis war: Erfindungen des Menschen wurden
sicherlich von Anfang an durch die Natur angeregt. Vom Be-
ginn des ersten Werkzeuggebrauchs in der Altsteinzeit durch
frühe Vertreter der Gattung Homo (H. rudolfensis, H. habilis)
vor über 2 Millionen Jahren bis zum Einsetzen der techni-
schen Evolution vor ca. 10 000 Jahren lebten die Menschen
in starker Abhängigkeit von ihrer Umwelt. Während dieser
Phase nutzten die Menschen wenig veränderte und prozess-
technisch kaum bearbeitete natürliche Materialien und
Strukturen wie Stein, Holz, Knochen, Geweihe und Zähne.
Dieser Zeitraum kann als eine Phase der „Low-Tech-Bionik“
bezeichnet werden.
Mit den verbesserten Bearbeitungs- und Produktionsme-
thoden, die den Beginn des technischen Zeitalters charakte-
risieren, kam es zu einer immer stärkeren Abkoppelung tech-
nischer Entwicklungen von der Natur. Gerade Linien und
Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004 177
Ü B E R S I C H T .
Bionik, Biomimetik Ein interdisziplinäres Forschungsgebiet mit Zukunftspotential
An der Schnittstelle zwischen Biologie und Technik hat sich seit den 60er Jahren eine neue
Wissenschaft etabliert, die an uralte Traditionen anknüpfen kann und mit Leonardo da Vinci,
Galileo Galilei und D’Arcy Thompson berühmte Vorgänger hat. Heute befinden wir uns in der
Phase der „High-Tech-Bionik“, zu der die Material- und Ingenieurwissenschaften, die Physik
und die Biologie Entscheidendes beitragen. Anhand von Beispielen wird die Bandbreite
aktueller bionischer Forschung vorgestellt.
Thomas Speck, Freiburg, Christoph Neinhuis, Dresden
Abb. 1. Wiesenbocksbart (Tragopogon pratensis) als Vorbild für dieKonstruktion eines Fallschirms. – a. Makroaufnahme des Fruchtstandes.[Photo P. Leins]. – b. Skizzen von Sir G. Cayley. Aus [1]
a
b
Übersicht
rechte Winkel begannen, die in der Natur vorherrschenden
abgerundeten, gebogenen Strukturen abzulösen, da es durch
sie einfacher wurde, bestimmte Gegenstände und Bauten
mit gewünschten, möglichst identischen Eigenschaften her-
zustellen. Zudem ermöglichten sie es später, relativ einfache
Berechnungen im Bau- und Konstruktionsbereich vorzuneh-
men. Anstelle der in der Natur weit verbreiteten flexiblen und
weichen Gebilde schuf die Technik steife und starre Kon-
struktionen. Mit der Erfindung des Rades schließlich, das
kein Vorbild in der Natur hatte (die Bakteriengeißel als rotie-
rende Radstruktur wurde erst im 20. Jhdt. entdeckt), eröffne-
ten sich nie dagewesene Möglichkeiten für die Fortbewegung
und den Transport [3].
Ein entscheidender Technologiesprung war die Gewin-
nung und Nutzung von Metallen. Metalle, die in natürlichen
Konstrukten fast nicht vorkommen, wurden aufgrund ihrer
leichten Bearbeitbarkeit zu den wichtigsten technischen
Materialien, die in der Bronzezeit (in Mitteleuropa ca. 2200–
800 v. Chr.) und Eisenzeit (ca. 800 v. Chr. bis Zeitenwende) die
kulturelle und technische Entwicklung des Menschen we-
sentlich beeinflussten. In der Phase der Industrialisierung
wurde die Kenntnis der Metallverarbeitung eine Schlüssel-
technologie für die Entwicklung von Dampfmaschinen und
Verbrennungsmotoren, die bei hohen Temperaturen arbei-
ten. Auch dies war ein weiterer entscheidender Schritt einer
„Emanzipation“ von der Natur, denn die hocheffizienten
Energiegewinnungsprozesse der organismischen Welt laufen
bei normaler Umgebungstemperatur ab.
Diese wenigen Meilensteine verdeutlichen, wie es zu einer
fortschreitenden Entkopplung der technischen Entwicklung
von der natürlichen Umwelt gekommen ist, was auch neue
und andere Umweltbezüge einschließt. Da die Menschheit
aber trotz aller Fortschritte in die Umwelt eingebunden
bleibt, hat dies zu großen ökologischen Problemen geführt.
Die in den letzten Jahren systematisch einsetzende bioni-
sche/biomimetische Forschung kann als „High-Tech-Bionik“
bezeichnet werden. Sie versucht gezielt, biologische Vorgän-
ge, Strukturen und Funktionsweisen quantitativ zu erfassen
und in technische Anwendungen umzusetzen. Es sei betont,
dass auch die moderne „High-Tech-Bionik“ per se nicht zu
umweltverträglichen Produkten führen muss und kein All-
heilmittel für ökologische Probleme darstellt. Zumindest in
einigen Bereichen vermag sie aber, Alternativen zu bieten
und Produkte mit einer verbesserten Ökobilanz zu liefern.
Vorläufer und Pioniere der BionikLeonardo da Vinci (1452–1519) wird häufig als der histori-
sche Begründer der Bionik bezeichnet. In einer seiner be-
kanntesten Arbeiten hat er beispielsweise die Formverände-
rung von Vogelflügeln (Handschwingen beim Abschlag ge-
spreizt, beim Aufschlag sich überdeckend zusammengelegt)
funktionell analysiert [4, 5]. Ausgehend von diesen Beobach-
tungen und Analysen versuchte er, Schlagflügel für den
menschlichen Flug zu konstruieren, die jedoch aufgrund
biophysikalischer Randbedingungen nicht funktionieren
konnten (die Masse eines Menschen ist im Bezug auf seine
Muskelleistung viel zu groß). Erst eine Entkopplung der beim
Vogelflügel vorhandenen Doppelfunktion, durch die mit ei-
ner Struktur Auf- und Vortrieb erzeugt wird, in starre, dem
Auftrieb dienende Tragflächen und einen den Vortrieb erzeu-
genden Motor brachte vor nunmehr 100 Jahren den Durch-
bruch bei technischen Fluggeräten [6, 7]. Die große Zahl der
erfolglosen Versuche, den Vogelflug zu kopieren, stellt einen
eindrucksvollen Beleg dar für die Grenzen, die einer direkten
Kopie von der Natur in die Technik gesetzt sind (dennoch
scheint es prinzipiell möglich, einen menschlichen Schwin-
genflug zu realisieren; vgl. NR 2/2003, S. 65).
Der italienische Arzt und Mathematiker Giovanni Alfonso
Borelli (1608–1679) hat die technisch-experimentelle Analyse
der Fortbewegungsvorgänge von Tieren begründet, während
Sir George Cayley (1773–1857) biomimetische Methoden bei
der Konstruktion sich selbst stabilisierender Flugmodelle
und Fallschirme verwendete. Hierbei diente ihm die Feder-
flugfrucht des Wiesenbocksbarts (Tragopogon pratensis) als
Vorlage zur Konstruktion eines Fallschirms mit tief liegen-
dem Schwerpunkt und nach außen hochgezogener Trag-
fläche (Abb. 1). Auch Galileo Galilei (1564–1642) hat sich in
seinen Discorsi e dimonstrazioni matematiche von 1637 mit
dem mechanischen Aufbau von Pflanzen im Vergleich zu
technischen Konstruktionen beschäftigt [8, 9]; so zum Bei-
spiel mit der unter Belastung durch das Eigengewicht er-
reichbaren Maximalhöhe von Bäumen und Bauwerken.
Außerdem hat er am Beispiel des Getreidehalms und des
Schafts der Vogelfeder beschrieben, dass eine erhöhte Biege-
178 Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004
B I O N I K , B I O M I M E T I K , T E C H N I S C H E B I O L O G I E .
Bionik, Biomimetik (zusammengesetzt aus „Biologie“ und „Tech-nik“ bzw. „mimesis“ = Nachahmung): Umsetzung der Erkenntnisseaus der biologischen Forschung in technische Anwendungen. DerBegriff bionics wurde vermutlich 1960 von J. E. Steele geprägt, wo-bei bereits bei ihm das „Lernen der Technik von der Natur“ im Vor-dergrund stand. Der im internationalen Sprachgebrauch üblichereBegriff „Biomimetik“ (engl. biomimetics) entspricht im Wesentli-chen dem deutschen Bionik (engl. bionics) und findet auch imdeutschsprachigen Raum zunehmend Verbreitung. Bionik bestehtin den seltensten Fällen darin, natürliche Funktionsstrukturen di-rekt in technische Konstruktionen zu übertragen. In aller Regelhandelt es sich um ein über mehrere Abstraktions- und Modifika-tionsprozesse laufendes kreatives Umsetzen in die Technik, alsoum ein durch die Natur angeregtes „Neuerfinden“. Technische Biologie: Erforschung des Form-Struktur-Funktions-Zusammenhangs lebender Organismen unter der Verwendungphysikalischer und technischer Methoden. Dieser Begriff wurdevon Werner Nachtigall als komplementärer Begriff zur Bionik ein-geführt. Während es in der Bionik um einen (Erkenntnis-)Transfervon der Biologie in die Technik geht, findet in der Technischen Bio-logie ein (Methoden-)Transfer aus Physik und Technik in die biolo-gische Forschung statt. Ursprünglich wurde anstelle von „Techni-scher Biologie“ teilweise auch der Begriff „Biotechnik“ verwendet.Dieser ist als „Biotechnologie“ heute jedoch eindeutig mit mikro-und molekularbiologischen sowie biochemischen Inhalten belegtund sollte nur noch in diesem Sinne verwendet werden.
Speck, Neinhuis: Bionik, Biomimetik – Ein interdisziplinäres Forschungsgebiet mit Zukunftspotential
steifigkeit durch periphere Materialanordnung erreicht wird.
Im deutschsprachigen Raum war es vor allem Raoul Heinrich
Francé (1874–1943), der zu Beginn des letzten Jahrhunderts
den Gedanken des „Von der Natur lernen“ in einer Vielzahl
populärwissenschaftlicher Schriften einer breiten Öffentlich-
keit bekannt machte [10, 11]. Wie manch anderer seiner Zeit-
genossen hielt er es für möglich, die Konstruktionsprinzipien
der Natur naiv kopieren zu können. Bei seinen Betrachtun-
gen zur Übertragung in technische Anwendungen fehlten in
der Regel die Einbeziehung grundlegender funktioneller
Überlegungen und Dimensionsanalysen sowie quantitative
Untersuchungen von Struktur und Funktionsweise der „bio-
logischen Modelle“. Auch Alf Gießler hat bereits in seinem
1939 erschienenen, leider von nationalsozialistischer Ideolo-
gie getrübten Buch Biotechnik die Natur auf mögliche Anre-
gungen für technische Entwicklungen hin untersucht [12, 2].
Von den zu Beginn des 20. Jahrhunderts wirkenden For-
schern muss vor allem D’Arcy Wentworth Thompson (1860–
1948) Erwähnung finden. Er war der wohl wichtigste Vertre-
ter einer Forschungsrichtung, die man heute im Grenzgebiet
zwischen mathematischer, technischer und theoretischer
Biologie ansiedeln würde [13]. Thompson beschrieb in seinem
1917 erschienenen Werk On Growth and Form die physika-
lischen und mathematischen Aspekte einer Vielzahl von bio-
logischen Strukturen und (Formbildungs-)Prozessen in gera-
dezu genialer Weise [14]. Er vermied jedoch jegliche Kausal-
analyse und verzichtete zudem auf experimentelle Untersu-
chungen. Neben Überlegungen zum Zusammenhang von
Form, Struktur und mechanischer Effektivität bei Knochen,
Skelettkonstruktionen und Pflanzenachsen, hat sich Thomp-
son vor allem mit der mathematischen Beschreibung der
Form(bildung) bei Pflanzen und Tieren auseinander gesetzt.
Eine seiner bekanntesten Überlegungen zeigt, wie man
durch Cartesische Transformationen Formen ineinander
überführen und somit deren „Form-Verwandtschaft“ auf-
decken kann (Abb. 2).
Versuche, Lebewesen und ihre Funktionen mit physika-
lisch-technischen Methoden zu analysieren (Technische
Biologie) und andererseits „Lösungsvorschläge“ der Natur in
die Technik zu übertragen (Bionik/Biomimetik), blieben al-
lerdings bis in die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts auf
vereinzelte Ansätze beschränkt und kamen nicht zu einer
breiten Anwendung.
Facetten der BionikWerner Nachtigall hat 1992 eine Unterteilung der Bionik
vorgeschlagen, die deutlich macht, wie viele Aspekte in diesem
Forschungsfeld zusammentreffen [15]. Sämtliche Teilgebiete
lassen sich problemlos an bereits etablierte Fachrichtungen
der Biologie, der Ingenieurwissenschaften und Physik an-
schließen und können diese einerseits ergänzen, andererseits
aber auch in neue Richtungen weiterführen [vgl. 1, 2, 16]. Zwi-
schen einigen dieser Teilbereiche gibt es fließende Übergänge.
1. Historische Bionik: Geschichte und Entwicklung bioni-
scher Forschung aus verschiedenen Teilgebieten der Technik
und der Biologie.
2. Strukturbionik: Untersuchung biologischer Materialien,
Strukturen und Formbildungsprozesse (z. B. komplexe, hie-
rarchisch aufgebaute Verbundmaterialien, pneumatische
Strukturen, Membranstrukturen) auf Anwendungsmöglich-
keiten in der Technik.
3. Baubionik: Nutzung organischer, gut recyclebarer Bau-
materialien (z. B. Stroh in Tonbacksteinen zur Stabilisierung
und als Wärme- und Schalldämmung) sowie Konstruktion
temporärer technischer Leichtbauwerke (z. B. Seil-, Schalen-
und Membranenkonstruktionen), basierend auf Anregungen
von natürlichen Leichtbaukonstruktionen.
4. Klima- und Energiebionik: Energieeinsparung und
Wohnkomfort durch passive Lüftung, Kühlung und Heizung
in Anlehnung an Tierbauten.
5. Konstruktionsbionik: Analyse der Konstruktionselemen-
te und Funktionsmechanismen der meist multifunktionellen
natürlichen Konstruktionen; Vergleich mit analogen techni-
schen Konstruktionen und Untersuchung von Anwendungs-
möglichkeiten bionisch inspirierter Konstruktionen in der
Technik.
6. Bewegungsbionik: Untersuchung von schwimmenden
und fliegenden Tieren in Hinblick auf ihre Strömungsanpas-
sungen an das äußere Milieu (Wasser, Luft), ihrer Antriebs-
mechanismen und deren mechanischen Wirkungsgrade mit
dem Ziel der Verbesserung technischer Konstruktionen; Be-
wegungsanalyse des Laufens von Tieren mit unterschiedli-
cher Beinzahl als Grundlage für den Bau von „Laufmaschi-
nen“.
Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004 179
Abb. 2. Beispiele Sir D’Arcy Thompsons zur Generierung der Form mit-einander verwandter Fischarten durch Cartesische Transformationen.Aus [14]
Übersicht
7. Gerätebionik: Entwicklung technisch einsetzbarer Ma-
schinen und Geräte, basierend auf Vorbildern aus der Natur
(z. B. Pumpen, Bohrer, hydraulische oder pneumatische Ma-
schinen, Förder- und Abbausysteme).
8. Anthropobionik: Optimierung von Mensch-Maschine-
Interaktionen, z. B. durch ergonomische Gestaltung von Be-
dienungsoberflächen entsprechend der sensorischen und
motorischen Gewohnheiten der Menschen; Erhöhung der
Effizienz muskelbetriebener Fortbewegungsmittel (z. B.
Fahrräder, Inlineskater oder Langlaufski); Verbesserungen in
der Robotik (z. B. bei der Greifarmsteuerung durch Analysen
der Beinbewegungen von Arthropoden).
9. Sensorbionik: Entwicklung hochsensibler Sensor-, Or-
tungs- und Orientierungssysteme durch Umsetzung von
Konstruktionsprinzipien biologischer Sensoren, die für eine
Vielzahl chemischer und physikalischer Reize bekannt sind.
Mögliche Anwendungen sind Abstands-Kontroll-Systeme für
Autos und verschiedenartige codierte Öffnungssysteme für
Sicherheitsräume und schlüssellose Autos.
10. Neurobionik: Weiterentwicklung von Informationsver-
arbeitung und Steuerung (z. B. durch intelligente Schaltun-
gen, die Verschaltung von Parallelrechnern und Neuronale
Schaltkreise), ausgehend von Anregungen aus dem Bereich
der Neurobiologie und biologischen Kybernetik. Beispiel:
Neuronale Netze zur Steuerung von Industrieanlagen (vgl.
NR 2/2003, S. 74).
11. Verfahrensbionik: Analyse von Steuerung und Ablauf
komplexer biologischer Prozesse und Untersuchung der
Übertragungsmöglichkeit in die Technik; Beispiele: Entwick-
lung einer Wasserstofftechnologie nach dem Vorbild der Pho-
tosynthese (dieses Beispiel lässt sich auch der Biotechnologie
zuordnen), die Übertragung des (fast) vollständigen Recyc-
lings in die industrielle Produktion, sowie ökologische Um-
satzforschung und kybernetische Prozesssteuerung bei kom-
plexen industriellen Vorhaben.
12. Evolutionsbionik: Nutzung biologischer Evolutions-
strategien in der Technik für die Optimierung komplexer
technischer Systeme und Verfahren (vor allem solcher, die
rechnerisch (noch) nicht simulierbar sind).
Nach ihrem Arbeitsgebiet gefragt, würden sich indes nicht
alle Wissenschaftler, die in einem der oben genannten Gebie-
ten tätig sind, als Bioniker oder „biomimetisch orientierte“
Forscher bezeichnen. Dies gilt insbesondere für den Bereich
der Neurobionik, aber auch für weite Teilbereiche der An-
thropo-, Sensor- und Verfahrensbionik. Hierin zeigen sich
zum einen die großen Chancen des interdisziplinären Ansat-
zes der Bionik, bestehende Forschungsrichtungen weiter-
führend zu ergänzen, andererseits aber auch die große Ge-
fahr der Beliebigkeit, nach dem Motto „alles ist irgendwie
Bionik“. Aus diesem Grund wird im Folgenden versucht,
Grenzen und Möglichkeiten der Bionik aufzuzeigen und das
Arbeitsgebiet am Beispiel einiger typischer Forschungspro-
jekte und technischer Anwendungen in seiner ganzen Breite,
aber auch klaren Umgrenzung zu definieren.
Möglichkeiten und Grenzen der BionikBevor einige Anwendungsmöglichkeiten der Bionik vorge-
stellt werden, sollen mögliche Missverständnisse aus-
geräumt werden:
1. Traditionelles ingenieurmäßiges Konstruieren wird
auch weiterhin die Grundlage technischer Entwicklungen
bleiben; Bionik kann und soll diese Vorgehensweise nicht er-
setzen.
2. Bionik soll anregen – wo es möglich und sinnvoll er-
scheint – technische Neuentwicklungen an der Natur abzu-
gleichen, um so die vielfältigen in der Natur verwirklichten
Lösungen als Ideenreservoir zur Optimierung technischer
Materialien und Konstrukte zu nutzen.
3. In der Technik wurden oftmals ohne jegliche Vorkennt-
nis der Natur Problemlösungen entwickelt, die in ihrer Funk-
tion natürlichen Gebilden oder Organen mit ähnlichen Auf-
gaben verblüffend ähneln. Diese a posteriori festgestellten
Analogien beschränken sich jedoch häufig auf Aussehen und
Funktion, während Materialien, Strukturen und interne
Funktionsweise sich meist grundlegend unterscheiden. Bei-
spiele für solche Analogien sind: (1) aus dem Bereich der Me-
chanik Vielzweck-Taschenmesser (mit ihrem Verstau- und
Ausklapp-Prinzip) und die multifunktionellen Beine von
Stutzkäfern (Histeridae) sowie technische Saugnäpfe und
die Saugnäpfe an den Vorderbeinen des Gelbrandkäfers (Dy-
tiscus marginalis) (Abb. 3); (2) aus dem Bereich der Sensorik
das Ultraschall-Echo-Ortungssystem der Delphine und die
in der Medizin verwendete Ultraschall-Sonographie, ferner
das als Wärmedetektor funktionierende Grubenorgan der
Grubenottern und technische Infrarot-Ortungssysteme.
180 Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004
Abb. 3. Von den natürlichen Vorbildern nicht beeinflusste Analogent-wicklungen der Technik. – a. Vielzwecktaschenmesser (mit Verstau-und Ausklapp-Prinzip). – b. Multifunktionelles Bein eines Stutzkäfers(Histeridae). – c. Saugnäpfe einer Seifenschale. – d. Saugnäpfe an denVorderbeinen eines männlichen Gelbrandkäfers. [Photos W. Nachtigall]
a b
c d
Speck, Neinhuis: Bionik, Biomimetik – Ein interdisziplinäres Forschungsgebiet mit Zukunftspotential
Wie bereits angedeutet, darf man nicht erwarten, dass die
Bionik prinzipiell die „natürlichere“, „umweltverträglichere“
Variante der Technik darstellt. Außerdem kann die Bionik –
wie jede Wissenschaft – auch missbraucht werden. Diese
Ambivalenz zeigt sich beispielsweise an den „Micro Air
Vehicles“ (MAV), „intelligente Kleinstflugobjekte“, die mit
Hilfe bionischer Methoden entwickelt werden. Sie können
vielfältigen zivilen Zwecken dienen (etwa im Brandschutz
oder bei der Überwachung von Vulkanen), aber auch eine
neue Dimension in kriegerische Auseinandersetzungen brin-
gen.
Ausgewählte Beispiele bionischer/biomimetischer ForschungFormoptimierung nach dem Muster wachsender Bäume
und Knochen
Ausgehend von Beobachtungen der (Wuchs-)Form von
Bäumen und anderer mechanisch stark belasteter natürli-
cher Strukturen wie Knochen hat sich Claus Mattheck vom
Institut für Materialforschung des Forschungszentrums
Karlsruhe mit den Gesetzmäßigkeiten ihrer Formgebung be-
schäftigt [17, 18]. Er konnte nachweisen, dass Strukturen bei
minimalem Materialeinsatz den Festigkeitsanforderungen
genügen, wenn auf ihrer Oberfläche überall gleiche Span-
nungen herrschen. Die Hypothese der konstanten Spannun-
gen wurde bereits 1893 von dem Förster K. Metzger für Fich-
tenstämme formuliert [19]. Eine solche „Bauvorschrift“ führt
dazu, dass bei Bäumen, Knochen, Zähnen und Krallen unter
sparsamstem Materialeinsatz maximal belastbare Strukturen
entstehen und lokale Schwachstellen vermieden werden
(Abb. 4). Basierend auf seinen Untersuchungen an natürli-
chen Strukturen hat Claus Mattheck eine Reihe Computer-
unterstützter Methoden zur Gestaltoptimierung technischer
Bauteile entwickelt [20, 21, 13], die seit mehr als einem Jahr-
zehnt erfolgreich in der Industrie eingesetzt werden:
Bei der Computer-gestützten Optimierung (Computer Ai-
ded Optimisation: CAO-Verfahren) wird das in der Wachs-
tumszone (Kambium) erfolgende sekundäre Dickenwachs-
tum von Bäumen simuliert. Hierbei wird an die hochbelaste-
ten Außenbereiche technischer Bauteile so lange Material
angelagert, bis eine mechanisch optimierte Form mit kons-
tanter Oberflächenspannung entstanden ist.
Beim SKO-Verfahren (Soft Kill Option) hingegen wird nach
dem Vorbild der Knochen-abbauenden Zellen (Osteoclasten)
Material von unterbelasteten Stellen (im Innen- und Außen-
bereich) des im Computer simulierten Bauteils entfernt
(Abb. 5a). Für sich genommen führt das SKO-Verfahren zu
Leichtbau-Strukturen, die allerdings Spannungsspitzen an
der Oberfläche haben können. Mit dem CAO-Verfahren hin-
gegen erhält man Strukturen ohne derartige Spannungsspit-
zen und mit hoher Dauerfestigkeit, aber ohne Gewichtsopti-
mierung. Eine Kombination beider Verfahren ermöglicht es,
die Vorteile zu vereinen, so dass im Ergebnis hochbelastbare
form- und gewichtsoptimierte Strukturen entstehen. Auf die-
se Weise konstruierte man bereits Leichtmetall-Autofelgen
mit 26% Gewichtsersparnis (Abb. 5b) und orthopädische
Schrauben mit 20fach höherer Lebensdauer (eingesetzt z. B.
bei Rückgratoperationen) und minimierter Bruchgefahr.
Mattheck entwickelte außerdem das CAIO-Verfahren
(Computer Aided Internal Optimisation), mit dem der Faser-
verlauf in Faserverbundwerkstoffen entlang der Kraftlinien
kerbspannungsmindernd optimiert werden kann, wodurch
die Gefahr der Rissbildung vermindert wird.
Optimierung von Flug- und Schwimmkörpern
nach dem Vorbild schwimmender Wirbeltiere
Eine andere Art der Formoptimierung wurde bereits in
den 60er Jahren von Heinrich Hertel (TU Berlin) für Flugzeu-
ge gefordert. Er regte die Konstruktion spindelförmiger La-
minarrümpfe für Flugzeuge an, an denen die Luft über weite
Bereiche des Rumpfes bis zur weit hinten liegenden dicksten
Stelle in der Grenzschicht laminar bleibt. Hierdurch kann der
Gesamtwiderstand stark verringert werden. Ausgehend von
Untersuchungen spindelförmiger Körper, die sich konver-
gent bei schnell schwimmenden Fischen (z. B. Thunfisch,
Schwertfisch), Delphinen und anderen Walen evolviert ha-
ben, war Hertel zur Überzeugung gelangt, dass Flugzeuge
mit einem ähnlichen spindelförmigen Rumpf einen geringe-
ren Luftwiderstand haben als solche mit herkömmlichem zy-
lindrischem Rumpf [22]. Neuere Untersuchungen von Rudolf
Bannasch (TU Berlin/EvoLogics GmbH Berlin) an Pinguinen
Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004 181
Abb. 4. Natürliche Gestaltoptimierung führt bei Baumgabeln (Zwie-seln) zu einer günstigen Spannungsverteilung und zu Formen ohneKerbspannung. Die v. Mises-Spannung ist ein relatives Maß für dieSpannungsverteilung. Aus [18]
Übersicht
führten zu vergleichbaren Spindelformen, die selbst bei tur-
bulenter Umströmung einen sehr geringen Strömungswider-
stand besitzen [23, 24]. Besonders interessant ist, dass der
Rumpf beim schnellen Unterwasser-„Flug“ der Pinguine na-
hezu starr bleibt, während es bei Fischen hingegen zu ausge-
prägten seitlichen und bei Säugetieren zu starken vertikalen
Bewegungen der Wirbelsäule kommt. Das Vorhandensein ei-
nes beim Schwimmen starren Rumpfs bei den Pinguinen er-
leichtert eine Übertragung auf technische Strömungskörper.
Abgüsse der Körper verschiedener Pinguinarten führten bei
realitätsnaher turbulenter Umströmung zu sehr niedrigen
Widerstandsbeiwerten; an einem Zwergpinguin-Modell er-
gab sich ein Widerstandsbeiwert von lediglich 0,025 (Abb. 6).
Mit einem künstlichen Rotationsköper, der basierend auf
den gemittelten Werten der Pinguinabgüsse hergestellt wur-
de, konnte der Widerstandsbeiwert sogar bis auf 0,016 ge-
senkt werden. Dieser Wert ist fast 20-mal niedriger als der Wi-
derstandsbeiwert bei Automobilen, die mit Werten von 0,3
als strömungsgünstig gelten.
Bei lebenden Pinguinen dürfte durch die feinstrukturierte
Oberfläche des Gefieders der Strömungswiderstand sogar
noch geringer sein (ein ähnliches Prinzip findet sich bei
Haien, s. u.). Mögliche Anwendungsbereiche dieser bionisch
inspirierten Formgebung sind Großraumflugzeuge und Un-
terwasserfahrzeuge, bei denen eine optimierte Spindelform
bei erhöhtem Fassungsvermögen zu einer deutlichen Reduk-
tion des Treibstoffverbrauchs führen könnte.
Haihaut und Ribletfolien
Ende der 70er Jahre stellte der Tübinger Wirbeltierpalä-
ontologe Wolf-Ernst Reif fest, dass die zwischen 0,15 und
0,5 mm großen Schuppen rezenter und fossiler Haie feinste
Längsriefen und -rippen besitzen, die in Strömungsrichtung
verlaufen und der Kontur des Haikörpers entlangziehen
(Abb. 7a,b) [25, 26]. Im Anschluss an diese aus der biologisch-
paläontologischen Grundlagenforschung stammenden Er-
kenntnis konnte in Zusammenarbeit mit Dietrich W. Be-
chert von der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und
Raumfahrt (Berlin) gezeigt werden, dass diese Oberflächen-
strukturen den Strömungswiderstand durch Reduktion der
Wandreibung deutlich verringern [27–29]. Nach diesem Vor-
bild wurden verschiedenartige technische Rillen- und
Schuppenstrukturen hergestellt und die mit ihnen erzielbare
Reduktion der Wandreibung experimentell bestimmt; maxi-
mal wurde dadurch 10% Reibungsverminderung erreicht.
Zusätzlich zu starren Rillenstrukturen wurden auch beweg-
liche, den Haischuppen nachempfundene Plättchen unter-
sucht, die mit Oberflächenrillen versehen waren (Abb. 7c).
Von diesen beweglichen Plättchen verspricht man sich ne-
ben einer Reibungsverminderung zusätzlich eine energe-
tisch günstige verzögerte Ablösung des strömenden Medi-
ums.
Die möglichen technischen Anwendungen der als auf-
klebbare Ribletfolie hergestellten künstlichen Haihaut sind
vielfältig. So ist an die Verkleidung von Flugzeugen und ande-
rer schneller Transportmittel (z. B. Transrapid) zu denken.
Bei ersten Versuchen Anfang der 90er Jahre mit einem A 320-
Airbus zeigte sich, dass eine Verkleidung mit Ribletfolien eine
Verminderung der Wandreibung um 6% bewirken kann. Eine
solche Reibungsreduktion könnte abhängig von Flugzeug-
typ und Einsatzdauer zu einer Einsparung von mindestens
60 bis 200 Tonnen Kerosin pro Flugzeug und Jahr führen, was
ökonomisch und vor allem ökologisch durchaus bedeutsam
wäre.
Ferner könnte man Gaspipelines und Gasturbinen mit
Ribletfolie auskleiden. In neuerer Zeit wurden auch die
Schwimmanzüge von Hochleistungsschwimmern durch das
Aufbringen solcher Strukturen reibungsvermindernd opti-
miert.
182 Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004
Abb. 5. Schematischer Ablauf eines Designvorgangs zur Bauteilopti-mierung. – a. Am Anfang steht ein grober Designentwurf mit einzuhal-tenden Randbedingungen (Lagerung, Kraftangriff, Maximalgröße).Durch das SKO-Verfahren entsteht eine Leichtbaukonstruktion mitmöglichen oberflächlichen Spannungsspitzen. Durch das CAO-Verfah-ren werden die Spannungsspitzen beseitigt, aber es kann wieder zu ei-ner Gewichtszunahme kommen. Aus [18]. – b. Spannungsverteilung ineiner durch Anwendung von SKO- und CAO-Verfahren form- und ge-wichtsoptimierten Leichtmetallfelge. Bei gleichem Material und gleicherFestigkeit wurde eine Gewichtsreduktion von 26% erreicht, obwohl nurdie Speichenbereiche optimiert wurden. [Adam Opel AG]
a
b
Speck, Neinhuis: Bionik, Biomimetik – Ein interdisziplinäres Forschungsgebiet mit Zukunftspotential
Laufmaschinen
Tiere, die mit mehreren Beinpaaren laufen, können sich –
im Gegensatz zu auf Rädern rollenden Fahrzeugen – auch in
unwegsamem, extrem steilem Gelände fortbewegen. In der
bionischen Robotik geht es um die Konstruktion technischer
Laufapparate, deren Mechanik und Bewegungssteuerung
sich an laufenden Tieren (vorzugsweise Insekten) orientiert.
Als hervorragendes Studienobjekt hat sich die trockenen
Zweigen täuschend ähnlich sehende Stabheuschrecke
(Carausius morosus) erwiesen (Abb. 8a).
Die Zoologen Gernot Wendler und Hans Scharstein (Uni-
versität Köln) sowie Holk Cruse (Universität Bielefeld) haben
die Fortbewegung der Stabheuschrecke analysiert und be-
schrieben [30, 31]. Bei schneller Bewegung haben stets drei
der sechs Beine einen festen Halt, wenn die anderen drei ei-
nen Schritt machen. Hierbei bilden ein Vorder- und Hinter-
bein einer Körperseite zusammen mit dem mittleren Bein der
anderen Körperseite ein „stabiles Dreibein“. Für die techni-
sche Umsetzung ist interessant, dass die Steuerung der Beine
dezentral abläuft, d. h. jedes Bein verfügt über eine unabhän-
gige, steuernde Nervenzelle. Die Nervenzellen sind miteinan-
der vernetzt und generieren so das Gesamtmuster der Bewe-
gung. Angeregt durch diese und ähnliche Untersuchungen
wurden in den Arbeitsgruppen von Rüdiger Dillmann (Tech-
nische Universität Karlsruhe) und Friedrich Pfeiffer (Techni-
sche Universität München) nach dem Prinzip neuronaler
Netzwerke dezentrale Steuerkonzepte für sechsbeinige Lauf-
maschinen entwickelt [31]. Ein Beispiel ist die 1993 von Stefan
Cordes (Karlsruhe) gebaute Maschine LAURON (LAUfender
ROboter Neuronal gesteuert; Abb. 8b). Es handelt sich um ei-
ne Leichtbaukonstruktion, die sich durch Elektromotoren
autark bewegen kann. Zur Kontrolle der modular gesteuerten
Bewegungsabläufe verfügt LAURON über 150 Sensoren. Die
Einsatzmöglichkeiten solcher Laufroboter sind vielfältig.
Außer für Einsätze in der Land- und Forstwirtschaft eignen sie
sich vor allem für gefährliche Missionen, insbesondere War-
tungsarbeiten in Kernkraftwerken und Katastrophengebie-
ten, aber auch für die Erforschung fremder Planeten [7, 32].
Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004 183
Abb. 6. Wirbeltierrumpf als Vorbild für einen widerstandsarmen Strö-mungskörper. – a. Eselspinguin (Pygoscelis papua) mit strömungsgüns-tigem, spindelförmigem Rumpf. – b. Künstlicher Rotationskörper mit ex-trem strömungsgünstigen Eigenschaften, der aus den gemittelten Datenvon Abgüssen der Pinguinkörper entwickelt wurde. Aus [64]. – c. Mo-dell eines nicht realisierten Verkehrsflugzeugs mit spindelförmigem La-minarrumpf. [a, c: K. Luginsland, Landesmuseum für Technik und Arbeit,Mannheim]
a
b
c
Abb. 7. Widerstandsmindernde Oberflächenstrukturen. – a. Schuppen-rillenmuster bei einem Jungtier des Milbert-Hais (Carcharhinus milberti),das dem Strömungsrichtungsmuster in der Grenzschicht gleicht. Aus [2]. –b. Rillen- und Riefenstruktur auf den Hautschuppen eines adulten Samt-hais (Carcharhinus falciformis) als Beispiel für natürliche Riblets. [Photo W.E. Reif]. – c. Modell einer künstlichen Ribletstruktur mit beweglichenSchuppen. [K. Luginsland, Landesmuseum für Technik und Arbeit,Mannheim]
a
b
c
Übersicht
Selbstreinigende Oberflächen: Der Lotus-Effekt
Eines der bekanntesten Beispiele bionischer Forschung ist
die von dem Botaniker Wilhelm Barthlott entdeckte Selbst-
reinigungsfähigkeit vieler Pflanzen. Mitte der 70er Jahre hatte
er festgestellt, dass die Oberflächen unbenetzbarer, also wasser-
abstoßender Pflanzenblätter nur selten verschmutzt sind.
Diese Beobachtung ergab sich im Rahmen einer repräsenta-
tiven Untersuchung mikroskopisch kleiner Oberflächen-
strukturen hinsichtlich ihrer Eignung für die systematische
Einteilung von Pflanzen [33]. Diese Eigenschaft zeigt sich bei
vielen Pflanzen, die mit feinen Wachsstrukturen bedeckt
sind, besonders eindrucksvoll jedoch bei der Indischen Lotos-
blume (Nelumbo nucifera), dem Symbol der Reinheit in asia-
tischen Religionen. Die strukturelle Grundlage des Selbstrei-
nigungseffektes ist die Kombination aus wasserabweisen-
dem (hydrophobem) Material (Pflanzenwachse) und einer
geeigneten Mikro- und/oder Nanostruktur [34]. Im Fall der
Lotospflanze handelt es sich bei der Strukturierung um eine
Kombination aus einer mikroskopisch fein genoppten Blatt-
oberfläche, deren Struktur durch die 20 bis 50 µm großen
Zellen der Epidermis bestimmt wird, und aus Wachskristal-
len im Größenbereich von 0,5–3 µm (Abb. 9a,b). Auf den un-
benetzbaren, fein genoppten Blattoberflächen ziehen sich
die Wassertropfen in kugeliger Form zusammen und rollen
bei geringsten Erschütterungen und/oder kleinsten Neigungs-
winkeln rückstandsfrei ab (Abb. 9c). Wegen der geringen
Kontaktfläche auf der rauhen Oberfläche bleiben auch
Schmutzpartikel schlecht auf dem Blatt haften. Rollt ein
Tropfen über die Oberfläche, so nimmt er dabei die
Schmutzpartikel auf und entfernt sie beim Ablaufen von der
Blattoberfläche (Abb. 9d). Auf glatten Oberflächen verlaufen
die Wassertropfen und „kriechen“ über die Schmutzpartikel
hinweg, ohne den Schmutz mitzunehmen. 1987 griff Wil-
helm Barthlott die Beobachtung wieder auf, und es gelang
ihm, zusammen mit seinem Mitarbeiter Christoph Neinhuis,
die physikalisch-chemische Basis des „Lotus-Effekts“ im
Detail zu entschlüsseln, seine Bedeutung für die Biologie zu
verstehen und eine nach diesem Prinzip funktionierende
künstliche Schmutz abweisende Oberfläche herzustellen [35,
36]. In Kooperation mit verschiedenen Industriepartnern
184 Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004
Abb. 8. Insekt als biologisches Vorbild für die Entwicklung dezentralgesteuerter Laufmaschinen. – a. Die Gemeine Stabheuschrecke (Carau-sius morosus). [Photo H. Scharstein]. – b. LAURON II, die zweite Gene-ration eines nach dem Vorbild der Stabheuschrecke konstruiertenLaufroboters. [Photo K. Luginsland, Landesmuseum für Technik und Arbeit,Mannheim]
a
b
Abb. 9. Lotus-Effekt. – a. Ein Blatt derLotosblume (Nelumbo nucifera) nachKontamination mit dem Farbstoff Sudan III.Selbst dieser hartnäckige Farbstoff wirddurch einfaches Besprühen mit Wasser inwenigen Sekunden vollständig vom Blattentfernt. – b. Rasterelektronenmikroskopi-sche Aufnahme der Blattoberfläche. Deutlicherkennbar ist die doppelte Strukturierung ausEpidermispapillen und feinen Wachs-kristallen. – c. Aufgrund der wasser-abweisenden Chemie der Wachse und derRauhigkeit der Oberfläche kugelt sich einWassertropfen vollständig ab und haftetpraktisch nicht am Blatt. – d. Funktionsweiseder Selbstreinigung durch den Lotus-Effekt:Die glatte Oberfläche (links) wird von denWassertropfen benetzt, und die Schmutzparti-kel werden nur verschoben, wenn die Tropfenüber sie hinwegkriechen. Auf der rauhen, feingenoppten Oberfläche (rechts) haften
Schmutzpartikel schlecht, werden von den abperlenden Wassertropfen aufgenommen und von der Oberfläche abgewaschen. Aus [35]
a c
b d
Speck, Neinhuis: Bionik, Biomimetik – Ein interdisziplinäres Forschungsgebiet mit Zukunftspotential
werden seit 1994 Schmutz abweisende, selbstreinigende
Lacke, Farben und andere Oberflächenbeschichtungen pro-
duziert, die weitreichende Anwendungsmöglichkeiten besit-
zen (siehe: www.lotus-effekt.de). Dieses Beispiel zeigt ein-
drucksvoll, dass reine Grundlagenforschung zu hochgradig
anwendungsrelevanten Ergebnissen führen kann.
Strukturoptimierte Naturfaser-Verbundmaterialien
Seit Mitte der 80er Jahre beschäftigen sich an der Univer-
sität Freiburg der Biologe Thomas Speck und der Biophysiker
Hanns-Christof Spatz mit quantitativen Analysen der me-
chanischen Eigenschaften pflanzlicher Achsen und ihrer
strukturellen Hintergründe [37–40]. Ihre Untersuchungen
zeigten, dass pflanzliche Achsen hochkomplexe Verbundma-
terialien darstellen, die auf mindestens fünf hierarchischen
Ebenen als Verbundstrukturen interpretiert werden können
(Abb. 10). Im Laufe der Evolution haben sich die mechani-
schen Eigenschaften pflanzlicher Achsen an die jeweils herr-
schenden Umweltbedingungen angepasst [41], wobei Verän-
derungen auf allen hierarchischen Ebenen möglich sind.
Darüber hinaus ermöglichen diese Strukturebenen auch ei-
ne „Feinabstimmung“ der mechanischen Eigenschaften im
Verlauf der Individualentwicklung (Ontogenie) einer Pflanze
[42]. Die komplexe Struktur pflanzlicher Achsen führt zu
Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004 185
Abb. 10. Fünf Strukturebenen pflanzlicherAchsen am Beispiel eines Koniferenstammesund einer Koniferentracheide. IntegraleEbene: Eine pflanzliche Achse besteht ausverschiedenen Geweben mit unterschied-lichen mechanischen Eigenschaften undFunktionen. Makroskopische Ebene: Dieeinzelnen Gewebe bestehen typischerweiseaus mehreren Zellarten mit verschiedenenFunktionen und mechanischen Eigenschaf-ten. Mikroskopische Ebene: Die mechanischrelevante Zell(wand)struktur kann z. B. beiTracheiden durch die Form und Anordnungder Verstärkungsleisten bzw. Tüpfel variiertwerden. Ultrastrukturelle Ebene: Ultra-struktureller Zellwandaufbau, z. B. beiTracheiden Anordnung und Winkel derZellulosemikrofibrillen in den verschiedenenWandschichten. Biochemische Ebene: Bio-chemischer Aufbau der Zellwand, z. B. beiTracheiden Mengenverhältnis und Zusam-mensetzung von Cellulose, Hemicellulosen,Pektinen und Lignin (Polysaccharid-verhältnisse, Monomerenzusammensetzungdes Lignins). Aus [41]
Abb. 11. Pfahlrohr als Ideengeber. –a. Bestand des Pfahlrohrs (Arundo donax) imBotanischen Garten der Universität Freiburg.[Photo T. Speck]. – b., c. Schwingungs-verhalten und Schwingungsdämpfung einesArundo donax-Halms mit (b) und ohne Blätter(c) gemessen in einer Höhe von 2,5 m überdem Boden. In beiden Fällen ist eine starkeDämpfung der Schwingung zu erkennen. Die beim unbeblätterten Halm (c) im Wesent-lichen auf die Materialeigenschaften zurück-zuführende Schwingungsdämpfung beträgtca. 25% pro Schwingung. Blau: gemesseneKurve; rot: mathematisch simulierte Kurve füreine exponentiell gedämpfte Schwingung;gestrichelt: Hüllkurve für eine exponentielleDämpfung. Aus [46]
Übersicht
technisch interessanten mechanischen Eigenschaften, wie
zum Beispiel der Fähigkeit zur Schwingungsdämpfung, die
von Olga Speck (Universität Freiburg) am Pfahlrohr (Arundo
donax) untersucht wurde (Abb. 11) [43–46].
Für die Herstellung biomimetisch inspirierter technischer
Materialien sind vor allem drei Eigenschaften pflanzlicher
Achsen, die hierbei als „Ideengeber“ dienen, von Interesse:
1. Hervorragende Energiedämpfungseigenschaften pflanz-
licher Achsen (wie z. B. von Bambus, Pfahlrohr und alten
Lianenachsen),
2. Scherspannungsarme Verbindungen zwischen weichen
und harten Geweben durch komplexe Verzahnung zwischen
festigenden Geweben und Grundgewebe sowie durch gradu-
elle Steifigkeitsübergänge zwischen Fasern und Matrix
(Grundgewebe) (Abb. 12) [39, 47] und
3. Mechanisch „gutmütiges“ Bruchverhalten durch lokale
„Vorversagensereignisse“, die zu neuen stabilen Konfigura-
tionen führen und das endgültige Materialversagen „hinaus-
zögern“ (Abb. 13a) [48].
Basierend auf den Strukturvorgaben der Natur werden in
Zusammenarbeit mit dem Institut für Textil- und Verfahrens-
technik (ITV) Denkendorf und industriellen Partnern derzeit
Energie absorbierende Faserverbundmaterialien mit Gradi-
entenstruktur konstruiert, die gleichzeitig hohe Steifigkeit
und Festigkeit zeigen (Abb. 13b) [49, 50]. Die Einsatzmöglich-
keiten solcher stoßdämpfenden strukturoptimierten Gradi-
enten-Faserverbundmaterialien sind vielfältig und reichen
von Sportgeräten über Fahrzeugpanzerungen bis hin zu un-
terschiedlichen Leichtbau-Trägerstrukturen.
Bei der Herstellung von strukturoptimierten Faserver-
bundmaterialien können sowohl technische Fasern (Glasfa-
sern, Karbonfasern) als auch natürliche Fasern, wie Flachs
oder Hanf verwendet werden. Neben den teilweise hervorra-
genden mechanischen Eigenschaften hat die Verwendung
von Pflanzenfasern weitere Vorteile, die sie vor allem hin-
sichtlich der Ökobilanz interessant machen:
1. Geringes Eigengewicht (trockene Pflanzenfasern sind
etwa um einen Faktor 3 leichter als Glasfasern);
2. Gute biologische Abbaubarkeit (auch bei Verbundstof-
fen, da die Kunststoffmatrix in kleine, leichter abbaubare
Partikel zerlegt wird);
3. Möglichkeit einer rückstandsfreien thermischen Ver-
wertung von Naturfaserverbundstoffen mit hohem Naturfa-
seranteil;
4. CO2-Neutralität (nachwachsender Rohstoff).
Zwei weitere biomimetische Projekte, die ebenfalls seit
2002 im Rahmen des Kompetenznetzes „Pflanzen als Ideen-
geber für die Entwicklung biomimetischer Materialien und
Technologien“ bearbeitet werden, beschäftigen sich mit
„Smart Materials mit variabler Steifigkeit und Selbstrepara-
turmechanismen“ sowie mit „Technischen Textilien für den
Flüssigkeitsferntransport“ [50]. Im Rahmen des ersten Pro-
jekts wird in der Freiburger Arbeitsgruppe von T. Speck in Zu-
sammenarbeit mit der Schweizer Firma prospective con-
cepts ag versucht, selbstreparierende technische Membra-
nen zu entwickeln. Vorbild sind schnelle Selbstreparaturme-
chanismen in Pflanzen, mit denen mechanische Schäden der
Sprossachse, wie sie durch Wachstumsprozesse oder äußere
Einflüsse entstehen können, kompensiert werden [51]. Diese
Membranen sollen unter anderem in ultraleichten luftdruck-
stabilisierten Pneusystemen, die nach dem Tensairity-Kon-
zept zusätzlich durch Druckstäbe und Zugseile versteift sind,
verwendet werden. Tensairity-Strukturen können in ver-
schiedenen Bereichen wie z. B. für mobile Brücken oder bei
temporären Bauwerken eingesetzt werden [52].
186 Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004
Abb. 12. Strukturvon Pflanzen-achsen. – a., b.Graduelle Über-gänge von Strukturund mechanischenEigenschaften inder Halmwand undim Rhizom desPfahlrohrs (Arundodonax). – a. Sche-matischer Quer-schnitt durch dieHalmwand einesStengelinternodi-ums. Deutlich istder kontinuierlicheÜbergang zwi-schen äußeremSklerenchymringund dem lignifi-zierten Paren-chymgewebe zuerkennen. Vonaußen nach innenverringert sich dieAnzahl der vonverholzten Skle-renchymscheidenbegleiteten Leit-bündel kontinuier-lich, während dieGröße der Zellendes parenchymati-schen Grundgewe-bes zunimmt undgleichzeitig ihreWanddicke und ihrLignifizierungsgradabnehmen. Hier-durch kommt es zu
einer kontinuierlichen Abnahme der Steifigkeit der Halmwand vonaußen nach innen. Aus [48]. – b. Querschnitt durch ein Internodiumdes Rhizoms, die lignifizierten Gewebe sind durch Phloroglucin-Salz-säure rot angefärbt. Zwischen den stark lignifizierten Sklerenchym-scheiden der Leitbündel und dem nicht verholzten Speicherparenchymist ein kontinuierlicher Übergang von Zellgröße, Wanddicke undVerholzungsgrad zu erkennen. Aus [46]. – c. Querschnitt durch einebiege- und torsionsflexible Achse der tropischen Liane Condylocarponguianense, die eine hohe Energieabsorptionsfähigkeit besitzt. Auffälligsind die mächtigen parenchymatischen Holzstrahlen des sternförmigeingebuchteten flexiblen Holzes und die Vielzahl großlumiger Tracheen,die aufgrund der inneren Struktur ihrer Wände zudem einen sehrsicheren und effizienten Wassertransport ermöglichen. Aus [41]
a
b
c
Speck, Neinhuis: Bionik, Biomimetik – Ein interdisziplinäres Forschungsgebiet mit Zukunftspotential
Im zweiten Forschungsprojekt, das von Volker Mosbrug-
ger und Anita Roth-Nebelsick (Universität Tübingen) koordi-
niert wird, sollen nach dem Vorbild pflanzlicher Wassertrans-
portsysteme (insbesondere Lianen, Abb. 12c) – in Zusam-
menarbeit mit dem ITV Denkendorf neuartige technische
Textilien aus Hohlfasern für den Ferntransport von nieder-
viskösen Flüssigkeiten entwickelt werden [53]. In den mikro-
skopischen Hohlfasern dieser „Textilmatten“ sollen Flüssig-
keiten sicher (Embolievermeidung und Emboliereparatur
durch spezielle Strukturierung der inneren Oberfläche der
Hohlfasern) und bedarfsgesteuert über große Distanzen
transportiert werden. Mögliche Einsatzbereiche sind wasser-
sparende Bewässerungssysteme und schonende Entwässe-
rungssysteme, aber auch der Bekleidungsbereich.
Klimatechnik nach dem Vorbild Natur
Erhebliche – und tendentiell steigende – Mengen an Ener-
gie werden in den hoch technisierten Ländern für die Klima-
technik aufgewendet. Hier verspricht die Nutzung einfacher
physikalischer Prinzipien ein erhebliches Einsparpotential.
Vorbild kann das Belüftungssystem der Bauten des Prärie-
hundes (Cynomis ludovicianus) sein, das in den 70er Jahren
von Wissenschaftlern um den amerikanischen Zoologen und
Biophysiker Steven Vogel entdeckt wurde [3, 54].
Sie zeigten, dass Präriehunde ihre unterirdischen Bauten
mit zwei unterschiedlich hoch gelegenen Eingängen anlegen.
Einer liegt an der Spitze eines steilwandigen Kegels aus Aus-
hubmaterial, der andere hingegen auf einer flachen Kuppel.
Wenn ein Wind über den Bau weht, wird durch diesen
Höhenunterschied eine Druckdifferenz hervorgerufen, die
unabhängig von der Windrichtung eine immer in einer Rich-
tung durch den Bau ziehende Luftströmung erzeugt. Somit
lüften Präriehunde unter Ausnutzung des Bernoulli-Prinzips
(eine Druckdifferenz bewirkt eine entsprechende ausglei-
chende Strömung) durch letztlich von der Sonne induzierte
Windbewegungen ihren Bau, der ohne Lüftung unbewohn-
bar wäre. Ein auf Temperaturunterschieden beruhendes
Belüftungssystem hat bereits Mitte der 50er Jahre der
Schweizer Biologe M. Lüscher bei Termitenbauten entdeckt
[55]. Hierbei strömt die Luft, angetrieben durch das Wärme-
gefälle zwischen (warmer) Bauoberseite und den (kühlen)
unterirdischen Bereichen, in einem geschlossenen Röhren-
system durch den Bau nach oben und direkt unterhalb der
Bauoberfläche wieder nach unten. Da die Wände der Termi-
tenbauten aus porösem Material bestehen, kann Kohlendio-
xid aus dem Bau heraus diffundieren, während Sauerstoff
hinein diffundiert. Interessanterweise gibt es Parallelen in
der traditionellen vorderasiatischen Architektur zur Belüf-
tung von Gebäuden, die erst in neuerer Zeit gewürdigt werden.
Ein weiteres Phänomen, welches ebenfalls für Fragen der
Gebäudeklimatisierung interessant ist, wurde von dem Berli-
ner Physikochemiker Helmuth Tributsch und Mitarbeitern
beim Eisbären (Ursus maritimus) entdeckt. Beim Eisbärfell
leiten die weißen Haare die einfallende Licht- und Wärme-
strahlung ähnlich wie Lichtleiter nach unten zur dunklen
Hautoberfläche, die sie absorbiert. Dies führt in Zusammen-
spiel mit den im dicken Fell eingeschlossenen, isolierenden
Lufträumen zu einem Wärmegewinn [2, 56]. 1996 haben Wer-
ner Nachtigall und sein Mitarbeiter G. Rummel (Universität
Saarbrücken) ein Niedrigenergiehaus konzipiert, welches
das Lüftungsprinzip der Termitenbauten (passive Porenlüf-
tung) und das beim Eisbärfell verwirklichte Prinzip der
transparenten Wärmedämmung nutzt [57].
Flusskrebsauge und Röntgenastronomie
Mitte der 1970er Jahre entdeckten unabhängig voneinan-
der zuerst der Zoologe Klaus Vogt (damals Stuttgart, heute
Universität Freiburg) und kurze Zeit später M. F. Land (Uni-
versity of Sussex, England) das Funktionsprinzip der Kom-
plexaugen von Flusskrebsen (Orconectes, Astacus [58–60]).
Das Flusskrebsauge ist wie die Komplexaugen aller Glie-
derfüßer aus vielen kegelförmigen Einzelaugen (Ommati-
dien) zusammengesetzt. Im Gegensatz zu den als getrennte
Linsensysteme wirkenden, sechseckigen Ommatidien der
Insekten bilden die quadratischen Ommatidien der Fluss-
krebse in ihrer Gesamtheit eine Art facettierte Spiegellinse
(Abb. 14a, b). Hierdurch entsteht ein Auge mit großem Seh-
feld (etwa 90°), großer Lichtstärke und hoher Bildschärfe. Die
einfallenden Lichtstrahlen werden durch Spiegelung an den
Randflächen der quadratkegelförmigen Ommatidien auf die
darunter liegenden Sinneszellen geleitet. Entscheidend ist
Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004 187
Abb. 13. Stabi-lität von natür-lichen undkünstlichen Faser-verbundmaterialien.– a. Knickversuchmit einem Interno-dium des Pfahl-rohrs (Arundodonax) aus demmittleren Halm-bereich. Die Pfeilemarkieren daserste Vor-versagensereignisund den Punktendgültigen Halm-versagens. Nachjedem der bis zu10 kleinen Vorver-sagensereignissestabilisiert sich derHalm wieder undtoleriert bei weiteransteigendem
Biegemoment eine zunehmende Krümmung, bis es zum nächstenVorversagensereignis kommt. Hierdurch kann die durch die Pflanzetolerierbare Krümmung um bis zu 300% erhöht werden. Aus [48]. – b. Im Labormaßstab hergestelltes strukturoptimiertes Naturfasermate-rial mit hervorragendem Energieabsorptionsvermögen und gutmütigemBruchverhalten. Bei diesem biomimetisch inspirierten Material wurdenGewebe aus Pflanzenfasern in mehreren Schichten in Polyurethan-schaum eingebettet. Aus [50]
a
b
Übersicht
nun, dass nicht alle Randflächen verspiegelt sind. Hierdurch
kann es zu einer Bildverstärkung kommen, da parallel einfal-
lende Strahlen von verschiedenen Ommatidien auf dieselben
Sinneszellen gelenkt werden.
Angeregt durch diese biophysikalischen Arbeiten begann
Roger Angel vom Stewart-Observatorium (Tuscon, USA), Plä-
ne für ein neuartiges, auf dem Prinzip des Krebsauges basie-
rendes Weitwinkel-Röntgenteleskop zu entwickeln. Die zu-
vor bekannten Röntgenteleskope basierten auf Röntgen-
Kleinwinkelstreuung an Metalloberflächen (Röntgenstrahlen
können nicht durch Linsen fokussiert werden) und konnten
nur einen Himmelsausschnitt von etwa 1° gleichzeitig abbil-
den. Mit dem neuartigen Weitwinkel-Röntgenteleskop, bei
dem Millionen feinster, halbkugelig angeordneter Bleiglas-
röhrchen die einfallenden Röntgenstrahlen total reflektieren
und fokussieren, kann man dagegen ein Viertel des Himmels
gleichzeitig beobachten (Abb. 14c). In einer Versuchsversion
wird ein solches Weitwinkel-Röntgenteleskop bereits auf einem
Forschungs-Satelliten erprobt. Nach Abschluss dieser Test-
phase ist der Start eines größeren, verbesserten Modells ge-
plant.
Ganz andere Anwendungen ergeben sich, wenn man das
beschriebene Prinzip umkehrt und Röntgenstrahlen einer im
Brennpunkt befindlichen Röntgenquelle parallel ausrichtet.
Ein solcher Röntgenkollimator ist beispielsweise für feinste
Ätzvorgänge auf Mikro-Chips von großem Interesse.
Evolutionsstrategien für Optimierungsaufgaben
Ingo Rechenberg und Hans-Paul Schwefel haben in den
1960er Jahren an der FU Berlin erstmals Evolutionsstrategien
bei der Konstruktion technischer Produkte erfolgreich ange-
wendet [61, 62]. Die Idee ist, komplexe, theoretisch (noch)
nicht beschreibbare technische Konstrukte durch zufällige
Änderungen (analog biologischer Mutation) und/oder Neu-
kombinationen von Bauelementen (analog der biologischen
Rekombination) zu verändern und die neu entstandenen
Konstrukte auf ihre Effizienz zu testen. Die Konstrukte mit
verbesserter Effizienz bilden die Basis weiterer „evolutionä-
rer“ Veränderungen, während alle anderen, weniger effizien-
ten ausgeschieden werden (analog der biologischen Selekti-
on).
Eines der ersten eindrucksvollen Ergebnisse ist die von
Hans-Paul Schwefel 1968 vorgestellte Optimierung einer
Zweiphasen-Überschalldüse, wie sie zur Stromerzeugung in
Satelliten vorgesehen war. Ausgangspunkt der Optimierung
war eine konventionell geformte Düse mit 55% Wirkungs-
grad, die in 20 Sektoren zerlegt wurde. Durch zufällige Neu-
kombination dieser Sektoren und anschließendem Test der
Effizienz konnte über 44 Zwischenstufen eine unkonventi-
onell geformte, aber optimierte Endform mit fast 80% Wir-
kungsgrad gefunden werden. Erst Jahre später gelang es, die
Form dieser optimierten Düse auch theoretisch zu verstehen
(Abb. 15).
Heute ist die durch die zunehmende Rechenleistung von
Computern immer leistungsfähiger gewordene Evolutions-
strategie eine etablierte Methode, die in vielen Bereichen der
industriellen Konstruktion zum Einsatz kommt. Darüber
hinaus kann sie auch zur Qualitäts-, Kosten- und Herstel-
lungsoptimierung von Mischungsverhältnissen z. B. bei Kaf-
fee, Farben oder Klebstoffen verwendet werden (Arbeiten
von Michael Herdy, Firma INPRO,Berlin).
Evolutionäre Strategien werden auch auf dem Sektor der molekularbio-
logisch-pharmakologischen Forschung verfolgt. Ein Beispiel sind die
„Evolutionsmaschinen“, wie sie erstmals im Labor von Manfred Eigen
(Max-Planck-Institut für Biophysik, Göttingen) im großen Stil eingesetzt
wurden. Ziel ist es, aus einer Vielfalt von Molekülen (RNA, Peptide,
Proteine) über einen schrittweise erfolgenden Selektions- und Muta-
tionsprozess Moleküle zu generieren, die hinsichtlich Größe, sterischer
Struktur, Bindungsfähigkeit und ähnlicher gewünschter Eigenschaften
optimiert sind.
188 Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004
Abb. 14. Flusskrebsauge als Vorbild fürRöntgenoptik. – a. Prinzip des Strahlengangsdurch ein quadratkegeliges Ommatidium desKrebsauges. Aus [2]. – b. Prinzip derFunktionsweise des Krebsauges, das sichdurch eine konzentrische Schar virtuellspiegelnder, sich durchdringender Kegel-mäntel um jede Raumrichtung beschreibenlässt. Aus [59]. – c. Strahlengang beimRöntgenkollimator (Pfeil nach rechts) und beider Röntgenfokussierung (Pfeil nach links).Aus [59]
a
c
b
Speck, Neinhuis: Bionik, Biomimetik – Ein interdisziplinäres Forschungsgebiet mit Zukunftspotential
Biologische und technische Konstruktionen – ein Vergleich
Lebewesen unterliegen seit vielen hundert Millionen Jah-
ren den Prozessen der Mutation, Rekombination und Selekti-
on, die zu einer Vielzahl erstaunlicher Anpassungen an die
jeweiligen Umweltbedingungen führten. Berücksichtigt man
den großen Zeitraum (seit der Entstehung der ersten Lebe-
wesen ungefähr 3,8 Milliarden Jahre), so ist es nicht überra-
schend, dass sich in der belebten Natur für viele Problemstel-
lungen hervorragende Lösungen finden. Die „Qualität biolo-
gischer Lösungen“ ist noch bemerkenswerter, wenn man
bedenkt, dass biologische Strukturen in der Regel nicht nur
auf eine Funktion, sondern auf zwei oder mehrere Funkti-
onen hin optimiert wurden. Oberirdische, aufrechte Pflan-
zenachsen müssen beispielsweise nicht nur eine ausreichen-
de mechanische Stabilität besitzen, sondern auch Wasser
und Assimilate leiten, Speicherfunktionen erfüllen und unter
Umständen Photosynthesefunktion ausüben. Biologische
Strukturen sind also stets unter dem Aspekt der Mehrfakto-
renoptimierung zu betrachten. Lebewesen müssen zudem in
gewissem Umfang auf umweltbedingte Änderungen der me-
chanischen Belastungen reagieren und mechanische Schä-
den selbst reparieren (z. B. Knochenbrüche, Schäden an
Stämmen und Ästen). Eine weitere Besonderheit ist, dass Le-
bewesen Glieder einer kontinuierlichen Generationenreihe
sind, sie bringen also ein phylogenetisches Erbe mit, das den
Rahmen für weitere Evolutionsschritte absteckt. Sie besitzen
dabei einerseits Anpassungsmöglichkeiten (organismische
Lizenzen), andererseits aber auch Anpassungsgrenzen (orga-
nismische Limitierungen). Lebewesen insgesamt wie auch
ihre Teile (Organe, Gewebe, Zellen, Zellorganelle) sind dem-
nach „phylogenetisch vorgeprägte, multifunktionelle“ Gebil-
de. Erst im komplexen Zusammenspiel der einzelnen Teile
werden die vielfältigen Prozesse ermöglicht, die wir „Leben“
nennen. Eine Eigenheit biologischer Konstrukte ist außer-
dem ihre begrenzte Nutzungsdauer. Spätestens nach dem
Lebensende des Organismus werden sie in den natürlichen
Stoffkreislauf einbezogen; sie sind in aller Regel rasch und
vollständig abbau- und recyclebar.
Ganz anders verhält es sich mit den menschlichen Kon-
strukten, die im Laufe der etwa 10000 Jahre zurückreichenden
technischen Phase („kulturelle Evolution“) entwickelt wurden.
Diese sind in der Regel auf eine einzige Funktion optimiert
und müssen daher keine „Kompromiss-Struktur“ zeigen. Sie
sind zudem oft langlebig (wie z. B. der Industriemüll zeigt) und
ihre Rückführung in geoökologische Stoffkreisläufe ist in vie-
len Fällen noch nicht erprobt. Da menschliche Konstrukte
nicht integraler Teil eines funktionellen Ganzen (eben von Le-
bewesen) sind, unterliegen sie nicht dem Zwang, ständig funk-
tionieren zu müssen. Deshalb können sie rasch und zielge-
richtet auf eine bestimmte Funktion optimiert werden, wobei
die jeweils vorhandenen Ressourcen und zur Verfügung ste-
henden Materialien genutzt werden können. Aus diesem
Grunde wurden in der vergleichsweise kurzen Periode der
technischen Phase der Menschheit enorm rasche Fortschritte
gemacht, wobei alte Technologien zum Teil vollständig von
neuen abgelöst wurden (z. B. früher analoge, heute zuneh-
mend digitale Verfahren zur Aufzeichnung von Bild und Ton).
Dennoch gibt es auch hier Begrenzungen verschiedenster
Art. Viele Techniken können nicht verwirklicht werden, weil
geeignete oder preiswerte Materialien noch fehlen, andere
können noch nicht optimiert werden, weil sie aus Kosten-
gründen mit alten oder anderen Techniken noch kompatibel
sein müssen (z. B. Datenverarbeitungs- und Telekommuni-
kationssysteme).
So gibt es eine Reihe von Unterschieden, die verstehen
lassen, dass biologische Evolution und menschliche Technik
für vergleichbare Probleme zu recht unterschiedlichen Lö-
sungen gekommen sind, obwohl sie dieselbe physikalische
Umwelt teilen (gleicher Temperatur- und Feuchtigkeitsbe-
reich, gleiche Wind- und Strömungsstärken) und denselben
physikalischen Gesetzen unterliegen.
Es sollte Herausforderung und Verpflichtung sein, die in
Jahrmillionen langen Evolutionsprozessen entstandenen
biologischen Strukturen als Anregungen für moderne und
umweltverträgliche Hochtechnologie-Produkte zu nutzen.
Es ist wohl nicht vermessen, in der Technischen Biologie und
Bionik (zusammen mit der Biotechnologie) zukünftige Leit-
forschungsrichtungen innerhalb der „Leitwissenschaft Bio-
logie“ zu sehen. Voraussetzung ist, dass die politischen Rah-
menbedingungen stimmen, um die Ergebnisse der Grundla-
genforschung rasch und möglichst umfassend zur Anwen-
dung zu führen. Ermutigend sind die unübersehbaren Zei-
chen der Wertschätzung dieser Forschungsrichtung, die sich
darin zeigt, dass – in Zeiten knapper Kassen – in Deutschland
zwei Kompetenznetze eingerichtet wurden, durch welche
Forschung und Zusammenarbeit bionisch/biomimetisch ar-
beitender Wissenschaftler gefördert wird.
Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004 189
Abb. 15. Optimierung einer Zweiphasen-Überschalldüse nach dem Prinzip derEvolutionsstrategie. Ausgehend von einerkonventionell geformten Venturi-Düse (A)wurde über 44 zufällig entstandeneZwischenstufen (B) die optimierte Endform(C) gefunden. Aus [61]
Übersicht
Auf Bundesebene ist dies das vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) finanzierte „Bionik-Kompetenznetz: BIOKON“
(www.bionik.tu-berlin.de/kompetenznetz), auf Landesebene das durch
das Ministerium für Wissenschaft und Kunst des Landes Baden-
Württemberg geförderte Biomimetik-Kompetenznetz „Pflanzen als
Ideengeber für die Entwicklung biomimetischer Materialien und
Technologien“ (www.biologie.uni-freiburg.de/biomimetik). Außerdem
wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) der hoch
dotierte „Deutsche Umweltpreis“ bereits zwei Mal für Forschungen aus
dem Bereich Bionik/Biomimetik vergeben (1999 an Prof. Dr. Wilhelm
Barthlott und 2003 an Prof. Dr. Claus Mattheck). Die DBU fördert außer-
dem von 2004 an bionische Forschungen im Rahmen eines von den
Autoren dieses Artikels koordinierten Stipendienprogramms mit bis zu
10 Promotions-Stipendien.
Der enorme Wissenszuwachs bezüglich des Aufbaus und
der Funktionsweise biologischer Strukturen und ganzer Orga-
nismen sowie die technologischen Fortschritte, die in jüngster
Zeit sogar eine Bearbeitung von Werkstücken im atomaren Be-
reich möglich machen (Nanotechnik), lassen erwarten, dass
die Bionik hervorragende Zukunftschancen hat, komplexe
biologische Konstrukte mittels hoch entwickelter Steuer- und
Produktionsmethoden in technische Anwendungen umzuset-
zen.
Aktualisierte und erweiterte Fassung von T. Speck: Bionik. Lexikon der
Biologie, Band 2. Spektrum Akademischer Verlag. Heidelberg 1999.
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Prof. Dr. Thomas Speck (Jahrgang 1957) studierte Biologie in Freiburg.
1986 Diplomarbeit über ein Thema aus dem Grenzbereich Biophysik/
Paläobotanik. 1990 Promotionsarbeit über die Biomechanik von Land-
pflanzen. 1990 Hans Spemann-Preis der Fakultät für Biologie der Albert-
Ludwigs-Universität Freiburg. Seit 1994 (zusammen mit Prof. Hanns-
Christof Spatz) Leitung der „Plant Biomechanics Group Freiburg“. 1996
Habilitation, seit April 2002 Professor für Funktionelle Morphologie und
Direktor des Botanischen Gartens der Universität Freiburg. Arbeiten
u. a. zur Biomechanik und Funktionsmorphologie der Pflanzen, Evolu-
tion pflanzlicher Wuchsformen, Öko-Biomechanik von Pflanzen in tro-
pischen Regenwäldern und Bionik/Biomimetik. Engagement u. a. in der
Gesellschaft für Technische Biologie und Bionik (GTBB), im Kompetenz-
netz Biomimetik und in der Forschungsgemeinschaft Bionik-Kompe-
tenznetze e. V. (BIOKON).
Botanischer Garten der Universität Freiburg, Institut für Biologie II,
Schänzlestr. 1, 79104 Freiburg i. Br. E-Mail: [email protected]
freiburg.de
Prof. Dr. Christoph Neinhuis (Jahrgang 1962) war nach der Gesellenprü-
fung zunächst als Gärtnergehilfe tätig. 1984 begann er sein Studium der
Biologie in Bonn. 1990 Abschluss der Diplomarbeit über den Einfluss
von Tensiden auf epiculare Wachse. 1993 Promotion über die Verbrei-
tung und Charakterisierung mikroskulpturierter Oberflächen bei Pflan-
zen unter besonderer Berücksichtigung der Benetzbarkeit und Kontami-
nation. Diese Studien führten zusammen mit den Arbeiten seines
Lehrers, Prof. Dr. Wilhelm Barthlott, zur detaillierten Erforschung des
„Lotus-Effekts“, für die beide 1999 den Philipp-Morris-Forschungspreis
erhielten. Seit April 2002 Professor für Botanik an der Technischen
Universität Dresden. Forschungsschwerpunkte: Ultrastruktur epicuticu-
larer Wachse und deren Bedeutung für die Systematik, Selbstorganisa-
tionsprozesse, Lotus-Effekt, Biomechanik der pflanzlichen Cuticula,
Systematik und Phylogenie der Aristolochiaceen.
Institut für Botanik der TU Dresden, LS Botanik, Zellescher Weg 22, 01062
Dresden. E-Mail: [email protected]
Naturwissenschaftliche Rundschau | 57. Jahrgang, Heft 4, 2004 191