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Die Integration geringqualifizierter Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt Die Arbeitsmärkte entwickelter Staaten haben in den letzten Jahrzehnten tief gehende Veränderungen durchlaufen. Der technische Fortschritt in Verbindung mit neuen betrieblichen Organisationsformen hat dabei nicht nur einen Wandel der sektoralen Wirtschaftsstruktur ausgelöst, sondern wirkt zudem qualifikationsverzerrend auf die Nachfrage nach Arbeitskräften. Während die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeit- skräften ungebrochen ist, verstärken qualifikatorische Defizite Geringqualifizierter einen Nach- fragerückgang und erschweren die Integration dieser Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt. Das Interesse an den Wirkungen dieses qualifikatorischen Strukturwandels nimmt in Theorie und Praxis uneingeschränkt zu, insbesondere zeigt eine zunehmende Anzahl von Studien mit räumlicher Betrachtungsweise regionale Unterschiede der Arbeitsmarktintegration gering- quaifizierter Arbeitskräfte in Deutschland. Als signifikante Erfolgsfaktoren werden u.a. an prominenter Stelle in der ‚Europa 2020 Strategie‘ Anstrengungen subsumiert, die die Beschäfti- gungsfähigkeit von Arbeitskräften erhöhen: Schulische und betriebliche Lernformen der Aus- und Weiterbildung. Methodisches Vorgehen In der Wirtschaftsgeographie mangelt es an einem prozessualen Verständnis be- trieblichen Lernens. Konzepte wie das Lokalisierte Lernen und Lernende Regionen heben die Bedeutung von Lernprozessen hervor, ohne dabei konkrete Mechanismen dieser Prozesse präsentieren zu können. Regionale Einflüsse werden oft als ‚untraded dependencies‘ kon- struiert, verbleiben in ihrer Quantität und Qualität jedoch nicht selten unklar. Für die Analyse betrieblicher Lernprozesse wurden daher Daten auf individueller Ebene der Beschäftigten in vier Unternehmen im Landkreis Cloppenburg erhoben. Die Auswahl der Betriebe ist an ein vorangegangenes DFG-Projekt über die regionale Dimension des qualifikatorischen Struktur- wandels angelehnt und gewährleistet hinsichtlich der Branchen- und Qualifikationsstruktur für den Landkreis typische Unternehmenseigenschaften. Auf die erhobenen Daten werden Methoden sozialer Netzwerkanalyse und Strukturgleichungsmodellierung angewendet, um betriebliche und re- gionale Einflussfaktoren auf Lernprozesse der befragten Beschäftigten zu analysieren. 293 29 1 1 28 Bremen Oldenburg Delmenhorst Bad Zwischenahn Cloppenburg Edewecht Friesoythe Ganderkesee Leer Lohne (Oldenburg) Osterholz-Scharmbeck Papenburg Rastede Syke Vechta Westerstede Weyhe Apen Barßel Bassum Damme Diepholz Dinklage Emstek Garrel Bösel Großenkneten Haselünne Hatten Hude (Oldenburg) Lilien Löningen Ostrhauderfehn Quakenbrück Rahden Rhauderfehn Ritterhude Saterland Schwanewede Stemwede Sulingen Twistringen Wardenburg Westoverledingen Wiefelstede Wildeshausen 0 10 20 km Schleswig- Holstein Hamburg Nieder- sachsen Bremen Nordrhein- Westfalen Hessen Rheinland- Pfalz Baden- Württemberg Bayern Saarland Berlin Brandenburg Mecklenburg- Vorpommern Sachsen Sachsen- Anhalt Thüringen Österreich Tschechien Deutschland Schweiz Frank- reich Dänemark Polen Nieder- lande Belgien 0 100 km Der Landkreis Cloppenburg im Oldenburger Münsterland: Untersuchungs- region mit Untersuchungseinheiten Quelle: Eigene Darstellung, Kartographie: Meike Stüve, 2011 Weitere Informationen unter www.wigeo.uni-hannover.de in der Rubrik Forschung Informelles Lernen am Arbeitsplatz im Verarbeitenden Gewerbe Quelle: Catherine Yeulet, 2008 ems01 ems02 ems03 ems04 ems05 ems06 ems07 ems08 ems09 ems10 ems11 ems12 ems13 ems14 ems15 ems16 ems17 ems18 ems19 ems20 ems21 ems22 ems23 ems24 ems25 ems26 ems27 ems28 ems29 ems30 ems31 ems32 ems33 ems34 ems37 ems38 ems40 ems41 ems42 ems47 ems56 ems57 ems58 ems59 ems60 ems61 ems62 ems63 ems64 ems65 ems66 ems67 ems68 ems69 ems70 ems71 ems72 ems73 ems74 ems75 ems76 ems77 ems78 ems79 ems80 ems81 ems82 ems83 ems84 ems85 ems86 ems87 ems88 Betweeness Centrality Betriebsbereiche Produktion Versand & Lager Verwaltung Materialwirtschaft Range: 1.161 0 100 Netzwerkstrukturen von Lernbeziehungen zwischen Be- schäftigten eines Betriebes im Verarbeitenden Gewerbe Quelle: Eigene Darstellung von Claudius Schiller, 2011 Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie Betriebliches Lernen in räumlicher Perspektive - Analyse der Einflussfaktoren auf Lernprozesse in KMU ländlicher Regionen Projektlaufzeit: 2009 - 2012 Team: Prof. Dr. Javier Revilla Diez, Dipl.-Geogr. Claudius Schiller Zielsetzung des Forschungsprojekts Betriebliches Lernen erfreut sich als Antwort auf die quali- fikatorischen Herausforderungen der Berufs- und Abeits- welt großer Beliebtheit. Das so genannte Lebenslange Ler- nen umschreibt die Notwendigkeit, dass sich Arbeitskräfte nachhaltig und intrinsisch motiviert an die beruflichen Anforderungen der Wissensgesell- schaft anpassen. Insbesondere für geringqualifizierte Arbeitskräfte stellt die berufliche (Nach-) Qualifizierung oftmals die einzige und letzte Möglichkeit dar, formale Bildungsdefizite auszugleichen und so ihre Beschäftigungs- fähigkeit zu erlangen und zu erhalten. Vor dem Hintergrund dieser gestiegenen Bedeutung des Lernens für die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitskräften und als Bestandteil regional- wirtschaftlicher Entwicklungsprozesse zielt das Forschungsprojekt darauf ab, Determinanten erfolgreichen betrieblichen Lernens zu identifizieren. Während einerseits betriebsinterne Einflussfaktoren als bedeutsam zu er- warten sind, wird besonderes Augenmerk auf den Nachweis von Einflüssen des regionalen Umfelds gelenkt. Zentraler Baustein ist dabei ein netzwerk- theoretisches Verständnis von regionalen betrieblichen Verflechtungs- beziehungen. Förderung: Eigenfinanzierung

BetrieblichesLerneninräumlicherPerspektive- … · 2015-06-04 · ems18 ems20 ems19 ems21 ems22 ems23 ems24 ems25 ems26 ems27 ems28 ems29 ems30 ems31 ems32 ems33 ems34 e ems37 ems38

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Die Integration geringqualifizierter Arbeitskräfte in denArbeitsmarkt

Die Arbeitsmärkte entwickelter Staaten haben in den letzten Jahrzehnten tief

gehende Veränderungen durchlaufen. Der technische Fortschritt in Verbindung

mit neuen betrieblichen Organisationsformen hat dabei nicht nur einen Wandel

der sektoralen Wirtschaftsstruktur ausgelöst, sondern wirkt zudem qualifikationsverzerrend auf

die Nachfrage nach Arbeitskräften. Während die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeit-

skräften ungebrochen ist, verstärken qualifikatorische Defizite Geringqualifizierter einen Nach-

fragerückgang und erschweren die Integration dieser Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt.

Das Interesse an den Wirkungen dieses qualifikatorischen Strukturwandels nimmt in Theorie

und Praxis uneingeschränkt zu, insbesondere zeigt eine zunehmende Anzahl von Studien mit

räumlicher Betrachtungsweise regionale Unterschiede der Arbeitsmarktintegration gering-

quaifizierter Arbeitskräfte in Deutschland. Als signifikante Erfolgsfaktoren werden u.a. an

prominenter Stelle in der ‚Europa 2020 Strategie‘ Anstrengungen subsumiert, die die Beschäfti-

gungsfähigkeit von Arbeitskräften erhöhen: Schulische und betriebliche Lernformen der Aus-

und Weiterbildung.

Methodisches Vorgehen

In derWirtschaftsgeographiemangelt es an einemprozessualen Verständnis be-

trieblichen Lernens. Konzeptewie das Lokalisierte Lernen und Lernende Regionen

heben die Bedeutung von Lernprozessen hervor, ohne dabei konkreteMechanismen dieser

Prozesse präsentieren zu können. Regionale Einflüssewerden oft als ‚untraded dependencies‘ kon-

struiert, verbleiben in ihrer Quantität undQualität jedoch nicht selten unklar.

Für die Analyse betrieblicher Lernprozessewurden daher Daten auf individueller Ebene der

Beschäftigten in vier Unternehmen im Landkreis Cloppenburg erhoben. Die Auswahl der Betriebe ist

an ein vorangegangenes DFG-Projekt über die regionale Dimension des qualifikatorischen Struktur-

wandels angelehnt und gewährleistet hinsichtlich der Branchen- undQualifikationsstruktur für den

Landkreis typischeUnternehmenseigenschaften. Auf die erhobenenDatenwerdenMethoden

sozialer Netzwerkanalyse und Strukturgleichungsmodellierung angewendet, umbetriebliche und re-

gionale Einflussfaktoren auf Lernprozesse der befragten Beschäftigten zu analysieren.

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0 100 km

Der Landkreis Cloppenburg im Oldenburger Münsterland: Untersuchungs-region mit Untersuchungseinheiten

Quelle: Eigene Darstellung, Kartographie: Meike Stüve, 2011

Weitere Informationen unter www.wigeo.uni-hannover.de in der Rubrik Forschung

Informelles Lernen am Arbeitsplatz im VerarbeitendenGewerbe

Quelle: Catherine Yeulet, 2008

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Betweeness Centrality

Betriebsbereiche

Produktion

Versand & Lager

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Materialwirtschaft

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Netzwerkstrukturen von Lernbeziehungen zwischen Be-schäftigten eines Betriebes im Verarbeitenden Gewerbe

Quelle: Eigene Darstellung von Claudius Schiller, 2011

Institut für Wirtschafts-und Kulturgeographie

Betriebliches Lernen in räumlicher Perspektive -Analyse der Einflussfaktoren auf Lernprozesse inKMU ländlicher RegionenProjektlaufzeit: 2009 - 2012Team: Prof. Dr. Javier Revilla Diez, Dipl.-Geogr. Claudius Schiller

Zielsetzung des Forschungsprojekts

Betriebliches Lernen erfreut sich als Antwort auf die quali-

fikatorischen Herausforderungen der Berufs- und Abeits-

welt großer Beliebtheit. Das so genannte Lebenslange Ler-

nen umschreibt die Notwendigkeit, dass sich Arbeitskräfte nachhaltig und

intrinsisch motiviert an die beruflichen Anforderungen der Wissensgesell-

schaft anpassen. Insbesondere für geringqualifizierte Arbeitskräfte stellt die

berufliche (Nach-) Qualifizierung oftmals die einzige und letzte Möglichkeit

dar, formale Bildungsdefizite auszugleichen und so ihre Beschäftigungs-

fähigkeit zu erlangen und zu erhalten.

Vor demHintergrund dieser gestiegenen Bedeutung des Lernens für die

Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitskräften und als Bestandteil regional-

wirtschaftlicher Entwicklungsprozesse zielt das Forschungsprojekt darauf

ab, Determinanten erfolgreichen betrieblichen Lernens zu identifizieren.

Während einerseits betriebsinterne Einflussfaktoren als bedeutsam zu er-

warten sind, wird besonderes Augenmerk auf den Nachweis von Einflüssen

des regionalen Umfelds gelenkt. Zentraler Baustein ist dabei ein netzwerk-

theoretisches Verständnis von regionalen betrieblichen Verflechtungs-

beziehungen.

Förderung: Eigenfinanzierung