348 Bericht fiber die Mai-Sitzung.

Nach einer kurzen Wfirdigung der neuerdings eingegangenen Litteratur durch Herrn Re ichenow bespricht Herr Bringer einige in der Monatsschrift des Vereins zum Schutze der Vogel- welt erschienene Arbeiten. Es erhebt sich eine Diskussion riber die Miiglichkeit, ob Schwalben w~ihrend des Winters in Kuh- stiillen genfigend Nahrung ffir ihr Fortkommen zu finden ver- miigen.

Herr R e i c h e n o w spricht alsdann in ausfrihrlichem Vor- trage fiber die biologischen Beobachtungen, welche Herr Dr. F I e ck in Sridwest-hfrika gemacht hat. Die Erfahrungen des Reisenden werden im Journal veriiffentlicht werden.

Herr B f inger erwRhnt, daCs er noch am 1. April ein ein- zelnes Gimpelweibchen in der Klein-Machnower Forst bei Berlin beobachtet habe, welches sich an den WeidenkRtzchen gritlich that.

S c h l u s s de r Si tzung.

Matschie . Reiohenow.

Bericht fiber die Mai-Sitzung. Anwesend die Herren: R e i c h e n o w , Matsch ie , Cabanis

jun. , Th ie l e , G r u n a c k , yon Treskow, M r i l l e r - L i e b e n - walde, Bringer , RSr ig , Dr. RSr ig , Schalow, D e d i t i u s , F reese , P a s c a l , N a u w e r c k , Heck, Wa l t e r und J. yon M a d a r a s z (Budapest).

Von Ehrenmitgliedern: Herr MSbius. Als Gast: Herr Prof. Dr. Mri l lenhoff (Berlin). Vorsitzender: Herr MSbius. Schriftf.: Herr Matschie . Herr Re i chenow setzt die hnwesend'en in Kenntnis yon

dem Tode des Herrn Oberforstrat J u d e i c h in Tharand, welcher die dortige Forstakademie in unserer Gesellschaft als Mitglied vertrat.

Neu eingetreten sind als Mitglieder die Herren Dr. Riirig und Wal te r , beide aus Berlin.

Herr R e i c h e n o w referiert fiber die neu erschienene ernitho- logische Litteratur, ebenso Herr B r inger , welcher namentlich auf eine in der Zeitschrift zum Schutze der Vogelwelt veriiffentliehte Mitteflung fiber die Vertilgung yon Miniermottenraupen in einer Liirchenkultur dutch Leinfinken hinweist.

Bedcht ilber die ~Iai-Sitzung. 349

Perr Prof. M~l lenhof f spricht hierauf iiber das F l i e g e n de r V~gel ohne F l i i ge l s ch l ag :

Der Flug ohne Fliigelschlag erfolgt in vier verschiedenen Formen. - - Am h~ufigsten wird das Glei ten angewandt. Der Vogel gewinnt zun~chst durch kr~ftige Fliigelschl~ge eine be- deutende Geschwindigkeit und nutzt dann die dadurch erlangte lebendige Kraft aus, indem er gr~sere oder kleinere 8trecken horizontal vorw~rts oder auch stefl aufw~rts gleitet (z. B. Turm- schwalben und Falken, die yon unten nach oben emporschiersen). Das u der StofsvSgel, sich aus der HShe herabzust~irzen und, wenn sie ihre Beute verfehlen, vermSge der durch den Sturz erlangten lebendigen Kraft emporzusteigen~ geh~rt ebenfalls hierher.

W~hrend zum Oleiten kein Wind erforderlich ist, werden beim Schweben, beim Segeln and beim Kreisen LuftstrSmungen benutzt.

Das Schweben besteht in einem regungslosen Verharren des Tieres iiber einem Punkte der Erdoberfl~che (z. B. l~I~wen an der Kiiste yon He|goland). Es erkl~rt sich durch das Ab- prallen des Windes yon den steilen Felsw~nden.

Ganz ebeuso wie beim Bchweben verh~lt sich die l~I~we beim Segeln , d. h. wenn sie dem vom Winde getriebenen Segel- schiffe dadurch folgt, dafs sie sich durch den vom Segel empor- steigenden Luftstrom tragen l~fst. Bowohl beim Bchweben wie auch beim 8egeln erh~lt sich das Tier auf dem aufsteigenden Windstrome in der Gleichgewichtslage, indem es kleine I)rehungen des FHigels um die Querrichtung ausfiihrt.

Das Kre i sen ist in gleichm~fsig schnellem, horizontal wehendem Winde ebensowenig m~glich, wie in ruhender Luft. Die Erkl~rung sucht Lord Raileigh in der mit wachsender H~he zunehmenden Windgeschwindigkeit; Bast~ und Langley sehen als wirksame Ursache die Pulsationen des Windes an, d. h. die in kurzen Intervallen erfolgenden Wechsel in der Windst~rke; Otto Lilienthal endlich f~hrt das Kreisen auf schwach ansteigende Luftstr~me zuriick. -- Die definitive Entscheidung, welche yon diesen drei physikalisch denkbaren Erkl~rungsarten der Widdich- keit entspricht, ist nur m~glich durch Anwendung der yon Marey vorgeschlagenen gleichzeitigen chronophotographischen Beobach- tung yon mehreren Standpunkten aus.

350 Dem Herausgeber zugesandte Schriften.

Herr Matsch ie teilt im Auftrage des Herrn Spa tz in Gabes mit, dafs derselbe neuerdings fQr Tunis nachgewiesen hat:Circaetus gallicus (in Gefangenschaft gesehen, aus tier Um- gebung der Stadt T u n i s), 2"alco peregrinus (bei Tunis erlegt ~ ad.); 1adorna casarca (im vorigen Jahre nur beobachtet), Haema- to~vus ostrilegus (in griifseren Schwiirmen auf einer Insel bei Gabes).

,,Am 14. M~irz", schreibt Herr Spatz ferner, ,,fand ich ein Gelege yon 4 Eiern des 2"alco feldeggi und an demselben Tage ein frisches Gelege yon 2 Eiern des _Neo2hron percno~vterus, am 19. Miirz ein frisches Gelege yon 5 Eiern des Corvus tingi- tanus, am 14; M~irz ein frisches, fertiges, aus Federn und Pfianzen- wolle zusammengeleimtes l~est yon Cypselus a/finis unter einer fiberh~ingenden Felsmasse. Die Eierstiicke des erlegten Weibchens waren noch nicht besonders entwickelt. Am 20. M~irz wurde ein vollkommen fiiigges Junge yon Alaemon margaritae geschossen; am 14. M/irz land ieh ein Gelege yon Ammomanes deserti."

Herr Re iehenow macht darauf~aufmerksam, dafs aus den versehiedensten Gegenden Europas l~achriehten fiber friih- zeitige Rfiekkehr der WandervSgel und frfihes Brfiten vorliegen.

Herr H e c k regt zum Schluss die Beteiligung der Gesell- schaft an einem Aufrufe zu Gunsten der Errichtung eines Bodinus- denkmals an.

MSbius. ~ a t s c h i e . Re ichenow.

Dem Herausgeber zugesandte Schrfften:

The Ibis, a Quarterly Journal of'Ornithology. (6. Ser.) u No. 22. April 1894.

Bulletin of the British Ornithologist's Club No. XV--XVIII. 1894.

The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. YoL XI. No. II. April 1894.

Ornithologisches Jahrbuch. Organ ffir das palaearktische Faunen- gebiet. Herausg. yon Y. v. Tschusi-Schmidhoffen (Hallein). Heft 1--3. 1894.

Bulletin de la Soci~t6 Philomathique de Paris. (VIII.) VI. No. 1: 1893--94.