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P.b.b. 02Z031105M, Verlagspostamt: 3002 Purkersdorf, Erscheinungsort: 3003 Gablitz Indexed in EMBASE/Excerpta Medica Krause & Pachernegg GmbH Verlag für Medizin und Wirtschaft A-3003 Gablitz www.kup.at/kardiologie www.forum-rhythmologie.at Forum Rhythmologie Homepage: www .kup.at/kardiolog ie www .forum-rhythmolog ie.at Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche Bedrohliche Herzrhythmusstörungen - Aktuelle Behandlungsempfehlungen aus der notfallmedizinischen Praxis Hackl M, Moser M Journal für Kardiologie - Austrian Journal of Cardiology 2013; 20 (Supplementum A - Forum Rhythmologie), 12-20

Bedrohliche Herzrhythmusstörungen - Aktuelle ... · Ist der Patient aufgrund der Tachykardie in einem klinisch in- stabilen Zustand (Definition siehe oben), so muss eine umge- hende

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P . b . b . 0 2 Z 0 3 1 1 0 5 M , V e r l a g s p o s t a m t : 3 0 0 2 P u r k e r s d o r f , E r s c h e i n u n g s o r t : 3 0 0 3 G a b l i t z

Indexed in EMBASE/Excerpta Medica

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Bedrohliche Herzrhythmusstörungen

- Aktuelle Behandlungsempfehlungen

aus der notfallmedizinischen Praxis

Hackl M, Moser M

Journal für Kardiologie - Austrian

Journal of Cardiology 2013; 20

(Supplementum A - Forum

Rhythmologie), 12-20

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12 J KARDIOL 2013; 20 (Suppl A, Forum Rhythmologie)

Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörungen

Bedrohliche Herzrhythmusstörungen – AktuelleBehandlungsempfehlungen aus der notfall-

medizinischen PraxisM. Hackl1, M. Moser2

Kurzfassung: Einleitung: Sowohl in der inner-als auch außerklinischen Akutbehandlung vonHerzrhythmusstörungen müssen zeitnahe unter-schiedliche, zum Teil lebensrettende Therapie-strategien eingeschlagen werden.

Methoden: Die Übersichtsarbeit beruht aufden aktuellen Therapieempfehlungen des Euro-pean Resuscitation Council und der AmericanHeart Association aus dem Jahr 2010, sowie ei-ner selektiven Literaturauswahl der Autoren.

Diskussion: Primär muss in stabile und insta-bile Rhythmusstörungen differenziert werden.

Bei instabiler Klinik ist bei Tachykardien dieelektrische Defibrillation/Kardioversion, bei Bra-dykardien die Atropin- und Katecholamingabebzw. die transkutane oder transvenöse Schritt-macherstimulierung indiziert (neben Basic- undAdvanced-Life-Supportmaßnahmen).

Die Therapie der Wahl bei stabilen Rhythmo-pathien ist die Antiarrhythmikagabe. Mittels 12-Kanal-EKG wird in rhythmische und arrhythmi-

sche, Schmal- und Breitkomplextachykardien so-wie in Bradykardien unterschieden.

Wegen der zunehmenden Häufigkeit wird aufdie spezielle Problematik von deviceversorgtenPatienten eingegangen. Auch die therapeuti-schen Möglichkeiten bei schwangeren Patient-innen werden abgehandelt.

Schlüsselwörter: Herzrhythmusstörungen,Akuttherapie, Kardioversion, Antiarrhythmika

Abstract: Emergency Treatment of CardiacArrhythmia. Introduction: The frequent in-andoutside-hospital management of acute arrhyth-mias requires a quick decision between differentlifesaving treatments.

Methods: Review based on the 2010 recom-mendations oft the European ResuscitationCouncil and the 2010 Guideline oft the AmericanHeart Association on the treatment of cardiac ar-rhythmia, and a selective literature review.

Einleitung

Bei Herzrhythmusstörungen handelt es sich um ein sowohlaußer- als auch innerklinisch häufig auftretendes Problem.Das Bild der klinischen Manifestation reicht von als harmlosempfundenen Palpitationen bis hin zum letalen Herzkreis-laufstillstand.

In Europa erleiden jährlich etwa 250.000 Menschen einenplötzlichen Herztod. Ursächlich findet sich in 80–90 % einetachykarde Rhythmusstörung. Etwa 25 % aller NA-Einsätzebetreffen Patienten mit kardialen Erkrankungen.

Diese Prozentsätze bestätigen sich auch am Patientenkollek-tiv der Zentralen Notfallambulanz (ZNA) des KlinikumsKlagenfurt a. W.

In den 2010 überarbeiteten Empfehlungen für „Basic LifeSupport“ (BLS) sowie „Advanced Cardiac Life Support“(ACLS) des European Recuscitation Council (ERC) [1, 2]sind genaue, evidenzbasierte Behandlungsabfolgen aufgelis-tet (Abb. 1, 2).

Discussion: The key determinant is hemo-dynamic stability.

In a hemodynamic unstable patient caused bytachycardia, immediate defibrillation or cardio-version is indicated. The use of atropine andcatecholamines or the electrical stimmulation ofthe heart by means of pacemaker is the treat-ment of choice in case of bradyarrhythmias.

An antiarrhythmic drug is the first line treat-ment in hemodynamic stable patients. A differ-entiation between rhythmic and arrhytmic, supra-ventricular and ventricular tachycardia and alsobradyarrhythmia must be made by a 12 channelECG.

The management of patients with devices andpregnant women is also discussed. J Kardiol2013; 20 (Suppl A, Forum Rhythmologie): 12–20.

Key words: cardiac arrhythmias, emergencytreatment, antiarrhythmic drugs, cardioversion

Eingelangt und angenommen am 04. März 2013.Aus der 1Abteilung für Kardiologie und der 2Abteilung für Notfallmedizin, KlinikumKlagenfurt am WörtherseeKorrespondenzadresse: EOA Dr. Michael Moser, Abteilung für Notfallmedizin,Klinikum Klagenfurt am Wörthersee, A-9020 Klagenfurt, Feschnigstraße 11;E-Mail: [email protected]

Akuter Herz-Kreislauf-Stillstand

In den aktuellen Empfehlungen für BLS des ERC findet sichnoch das klassische „A-B-C“-Vorgehen („airway, breathing,chest compressions“), während die American Heart Associa-tion (AHA) in ihren aktuellen Guidelines [3], ebenfalls von2010, bereits neueren Studien zufolge ein „C-A-B“-Vorgehenbeim nicht-beobachteten Herz-Kreislauf-Stillstand anrät. Be-gründet wird diese Empfehlung durch den Umstand, dass alsUrsache eines Herz-Kreislauf-Stillstandes im Erwachsenen-alter im überwiegenden Fall eine Herzrhythmusstörung auf-tritt, die die effektive Zirkulation bedroht. Die primäre Explo-rierung der Atemwege, wie auch die Überwindung zur Atem-spende, vergeudet Zeit und führt zur verlängerten Hypoxie.

Sobald ein Defibrillator angebracht werden kann, muss zwi-schen einem schockbaren (pulslose ventrikuläre Tachykardie[VT], Kammerflimmern [VF]) und einem nicht-schockbarenRhythmus (Asystolie, pulslose elektrische Aktivität [PEA])differenziert werden.

Die Platzierung der Paddles kann klassisch antero-lateral oderantero-posterior erfolgen, die Positionswahl sollte aber kei-neswegs zu einer zeitlichen Verzögerung der Schockabgabeführen. Weist der Patient implantierte Devices (PM, ICD,CRT) auf, sollte ein Abstand (AHA > 2,5 cm, ERC > 8 cm)eingehalten werden, da sonst Störungen der Schrittmacher-funktion (Stimulation, Sensing) oder der AED-Software(Schockabgabe) folgen können.

For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.

J KARDIOL 2013; 20 (Suppl A, Forum Rhythmologie)

Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörungen

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Generell bringen Klebepads praktische Anwendungsvorteile(größerer Abstand des Helfers zum Patienten bei der Schock-abgabe, bessere Leitfähigkeit, bessere Überwachungsmög-lichkeiten).

Zeigt sich eine pulslose VT oder ein VF, wird ein Schock mit360 Joule bei monophasischen oder 150–200 Joule bei bi-phasischen Geräten abgegeben. Die für die Rhythmusanalyseund Schockabgabe notwendige Pause („hands-off-time“) dertechnisch richtig ausgeführten Herzdruckmassage (5 cm Ein-presstiefe, Entlastung, Frequenz > 100/Minute) muss hierbeimöglichst kurz gehalten werden.

Je kürzer die Zeit bis zum Eintreffen der Hilfskräfte ist, des-to eher kann noch ein schockbarer Rhythmus angetroffenwerden. Als praktikable Regel gilt, dass die Wahrscheinlich-keit, einen defibrillierbaren Rhythmus bei der Erstdiagnos-tik anzufinden, pro Minute um etwa 10 % sinkt. Daraus kanndie Empfehlung zur flächendeckenden Ausstattung mitAutomatisierten Externen Defibrillatoren (AEDs) abgeleitetwerden.

Nach Eintreffen der Rettungskräfte erfolgt das weitere Vorge-hen mit Adrenalin- bzw. sekundär mit Amiodarongabe nachdem ALS-Algorithmus (Abb. 2).

Ist ein venöser (i. v.) Zugang nicht möglich, sollte alternativein intraossärer (i. o.) Zugang gewählt werden (ähnlichePharmakodynamik wie bei Gabe über ZVK).

Die Medikamentengabe über den Trachealtubus wird auf-grund schlechter Steuerbarkeit und bronchoalveolärer Beein-trächtigung nicht mehr empfohlen.

Reversible Ursachen (4 Hs, HITS: siehe Abb. 2) werden paral-lel evaluiert und nach Möglichkeit behoben.

Weitere bedrohliche Herzrhythmusstörungen

Bietet der Patient bei Kontakt einen aufrechten Kreislauf,muss vor weiterer Behandlung eine Differenzierung in hämo-dynamisch stabile und instabile Rhythmopathien erfolgen.

Zu beachten ist hierbei, dass auch eine primär gut tolerierteRhythmusstörung bei Vorliegen einer kardialen Grunderkran-kung nach längerer Persistenz zu einer bedrohlichen Ver-schlechterung führen kann (sowohl Tachykardie mit Frequenz> 100/min als auch Bradykardie mit Frequenzen < 60/min).Vor allem bei Frequenzen über der „physiologischen Schwel-le“ (220 – Lebensalter) ist von einer begrenzten Toleranz-dauer auszugehen.

Abbildung 1: AED. Mod nach [Koster RW, Baubin MA, Bossaert LL, et al. EuropeanResuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2010. Section 2. Adult basic lifesupport and use of automated external defibrillators. Resuscitation 2010; 81: 1277–92] mit Genehmigung von Elsevier.

Abbildung 2: ALS. Mod. nach [Deakin CD, Nolan JP, Soar J, et al. EuropeanResuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2010. Section 4. Adult advancedlife support. Resuscitation 2010; 81: 1305–52] mit Genehmigung von Elsevier.

14 J KARDIOL 2013; 20 (Suppl A, Forum Rhythmologie)

Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörungen

Als instabil gilt der klassische Schockzustand (kardiales Vor-wärtsversagen mit RRsyst < 90 mmHg, Kaltschweißigkeit,Blässe und Bewußtseinseinschränkung bzw. kardiales Rück-wärtsversagen mit Lungenödem, erhöhtem Jugularvenen-druck und Leberstauung).

CAVE: Synkopales Ereignis und Myokardischämie.

Instabile Tachykardien

Ist der Patient aufgrund der Tachykardie in einem klinisch in-stabilen Zustand (Definition siehe oben), so muss eine umge-hende elektrische Kardioversion unter aktivierter Synchroni-sierungsfunktion (R-zackengetriggert) erfolgen (Gefahr inVerzug).

Bei Breitkomplextachykardien und Vorhofflimmern beginntman monophasisch mit 200 Joule, biphasisch mit 120–150Joule und steigert bei Misserfolg die Leistung schrittweise.

Bei Vorhofflattern und paroxysmalen supraventrikulären Ta-chykardien (SVT) sollte mit niedrigerer Leistung (biphasisch70–100 Joule, monophasisch 100 Joule) begonnen werden.Bleiben die elektrischen Versuche frustran, kann nach 300 mgAmiodaron über 10–20 min i. v. ein neuerlicher Kardioversi-onsversuch durchgeführt werden. Weitere 900 mg Amiodaronkönnen folgend über 24 h per Perfusor verabreicht werden(max. Tagesdosis 1200 mg). Kalium und Magnesium solltenhochnormal eingestellt sein.

Sofern es der Zustand des Patienten zulässt, ist zuvor eineSedoanalgesie mit einer möglichst kreislaufschonenden,antagonisierbaren bzw. kurzwirksamen Medikamentenkom-bination (z. B. 2–5 mg Midazolam, 0,05–0,1 mg Fentanyl i.v./Antidote: Flumazenil, Naloxon oder Midazolam in Kombina-tion mit Etomidat 5–20 mg [kurz wirksam, nicht atemdepres-siv, aber nicht antagonisierbar]) einzuleiten.

Propofol ist zwar aufgrund der kurzen Habwertszeit prinzipi-ell gut steuerbar, jedoch kardiodepressiv und wird daher indieser Indikation nicht empfohlen.

Stabile Tachykardien

Diese Rhythmopathien sind die Domäne der medikamentösenTherapie. Es sollte prinzipiell erst nach Ableitung eines quali-tativ gut interpretierbaren 12-Kanal-EKGs interveniert wer-den. Die hinreichende Dokumentation ist v. a. für die Folge-therapie von großer Wichtigkeit.

Die Differenzierung zwischen Bedarfstachykardie und Rhyth-mopathie steht am Anfang.

Eine Sinustachykardie (bzw. Beschleunigung eines bestehen-denVorhofflimmerns) kann etwa durch psychische Agitation,Schmerzen, Fieber, Anämie, Exsikkose, Hyperthyreose, Herz-insuffizienz, Myokarditis, Perikarderguss, Pulmonalarterien-embolie, Schwangerschaft, Grand-mal-Anfall oder Pharmaka(z. B. durch Katecholaminwirkung) auftreten.

Abbildung 3: Tachykardie mit Puls. Mod. nach [Deakin CD, Nolan JP, Soar J, et al. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2010. Section 4. Adultadvanced life support. Resuscitation 2010; 81: 1305–52] mit Genehmigung von Elsevier.

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Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörungen

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Eine „frequenzsenkende EKG-Kosmetik“ darf in diesem Falldie Behebung der Ursache nicht ersetzen!

Prinzipiell sollten MEHR als 2 parenterale Antiarrhyth-mika aufgrund Kumulation bzw. Potenzierung diverserproarrhythmogener Nebenwirkungen KEINESFALLS un-mittelbar miteinander kombiniert werden!

Anhand der QRS-Komplexbreite (Grenze < 120 ms) wird inBreitkomplex- und Schmalkomplextachykardien differen-ziert. In beiden Algorithmusschenkeln unterteilt man zu-sätzlich noch in regelmäßige und unregelmäßige QRS-Ab-folge (Abb. 3).

SchmalkomplextachykardienSchmalkomplextachykardien (< 120 ms) nehmen ihren Ur-sprung im Vorhof und der Klappenebene bzw. dem darin loka-lisierten Reizleitungssystem (AV-Knoten, HIS-Bündel). Elek-trophysiologisches Korrelat sind i. d. R. Reentrymechanis-men oder Depolarisationen von alternativen Foci.

Regelmäßige Schmalkomplextachykardien1. Vorhofflattern (Vorhoffrequenz typisch: 240–350/min, oft

2:1 übergeleitet, d. h. Kammerfrequenz 120–170/min)2. AV-Reentrytachykardie (AVRT), wie z. B. orthodrome

AV-Reentry-Tachykardie (WPW-Syndrom)3. AV-Knoten-Reentrytachykardie (AVNRT)4. Permanente junktionale Reentry-Tachykardie5. Fokale atriale Tachykardie

Therapie/DiagnostikabfolgeVoraussetzung ist ein 12-Kanal-EKG in guter Qualität mitlaufender Ableitung.1. Vagusmanöver: Über Stimulierung des Parasympathikus

versucht man, den Sinusknoten bzw. die Überleitung imAV-Knoten zu bremsen: z. B. Valsalva-Manöver (Press-versuch), kaltes Wasser rasch trinken, Tauchversuch inEiswasser

2 Karotisdruck: Vorher Auskultieren (Stenose?), einseitigmit 2 Fingern über 5–10 sec kreisend komprimieren.

3. Adenosingabe: Rasche Gabe im Bolus (!) über stamm-nahen, großlumigen Venflon. Mit 20 ml NaCl 0,9 % zü-gig oder im Schuss laufender Hintergrundinfusion spü-len [4].

Dosierung: 6 mg–12 mg–12 mg (Pause ca. 60 sec). ZuvorAufklärung über die zu erwartende mitunter unangenehme Ne-benwirkung: „Jetzt wird Ihnen kurz die Luft wegbleiben …“CAVE: Kontraindikation: Asthma; Antidot: Theophyllin.

Bei erfolgreicher Terminierung der Tachykardie durch eineder genannten Maßnahmen ist in erster Linie von einer meistharmlosen SVT mit Reentry-Mechanismus auszugehen.

Bei Rezidiv neuerliche Adenosingabe oder alternativ Verapa-mil, Diltiazem, Betablocker anwenden. Im Intervall ist eineelektrophysiologische Untersuchung (EPU) mit konsekutiverAblation zu erwägen.

CAVE: Adenosin kann bei WPW-Syndrom (Hinweis: Delta-Welle im EKG) Kammerflimmern auslösen (Mechanismus:

keine Hemmung auf das akzessorische Bündel und Induktioneines Vorhofflimmerns).

Weitere alternative Medikamente zur Frequenzkontrolle undKonversion sind beim Herzgesunden Propafenon, Flecainid,Ajmalin, Sotalol sowie Amiodaron. Letzteres kann auch beistruktureller Herzerkrankung eingesetzt werden.

Bei Instabilität und drohendem Kreislaufversagen wird„state of the art“ immer die elektrische Therapie zur An-wendung gebracht!

Unregelmäßige Schmalkomplextachykardien1. Vorhofflimmern, Tachyarrhythmia absoluta: Vorhoffre-

quenz über 350/min2. Unregelmäßig übergeleitetes Vorhofflattern: Wechselnd

2:1, 3:1, 4:1 übergeleitet bei AV-Block II° (Schutzblock)3. Multifokale atriale Tachykardie

Vorhofflimmern/-flattern [5]Vor Festlegung der unterschiedlichen Behandlungsstrategienvon Vorhofflimmern/-flattern sollten wichtige Fragen geklärtwerden:1. Ziel: Rhythmuskontrolle oder Frequenzkontrolle?2. Onset innerhalb der letzten 48 Stunden?3. Vorbestehende suffiziente Antikoagulation?4. Symptome/Leidensdruck?5. Auslösendes Moment: PAE, Myokardinfarkt, Hypertonie,

Dekompensation, valvulär, Alkohol, „Holiday Heart Syn-drome“ o. ä.?

6. Strukturelle Herzerkrankung – manifeste Herzinsuffizi-enz?

Bedingt durch rasche/ungeordnete Vorhofkontraktionenkommt es zu turbulenten Strömungen. Bei Bestehen über48 Stunden können diese Turbulenzen zu Thrombenbildungführen (Prädilektionsstelle linkes Vorhofohr).

Das Risiko für einen zerebralen Insult ist bis auf das 5-Facheerhöht. Zur Primär- wie auch Sekundärprophylaxe sollte nachRisikostratifizierung mittels CHA

²DS

²-VASc- und HAS-

BLED-Score eine orale Antikoagulation indiziert werden.Auch nach Durchführung einer (elektrischen aber auch medi-kamentösen) Kardioversion kann es in einem Zeitraum bis zu4 Wochen danach zu kardioembolischen Ereignissen kom-men. Daher ist eine Behandlung mit Vitamin-K-Antagonistenoder Dabigatran für mindestens weitere 4 Wochen erforder-lich (Anm.: für weitere, aktuell am Markt erhältliche, neueOAK gibt es in Bezug auf die Kardioversion derzeit keineausreichenden Daten).

Bei erfolgreicher Kardioversion innerhalb von 48 Stundennach Beginn des Vorhofflimmerns gibt es in der Literatur kei-ne eindeutigen Empfehlungen für eine nachfolgende Anti-koagulation. Die Autoren empfehlen allerdings eine OAK beiCHADS-VASc ≥ 1 für zumindest 4 Wochen – danach eineRe-Evaluierung mit 24-h-EKG für die Entscheidungsfindungbezüglich Fortsetzung der OAK.

Bei Beginn des Vorhofflimmerns innerhalb von 48 Stundenkann umgehend ein medikamentöser oder elektrischer Kar-

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Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörungen

dioversionsversuch durchgeführt werden. Die Auswahl derMedikation ist von bestimmten Faktoren abhängig. Bei derEntscheidung zur elektrischen Kardioversion ist das Risikodurch eine Kurznarkose/Sedoanalgesie zu bedenken.

Liegt der Beginn des Vorhofflimmerns über 48 Stunden zurück,sollte entweder über 3 Wochen ein Coumarin (INR 2,0–3,0)oder 3 Wochen lang 2× täglich Dabigatran verabreicht werden.Danach kann eine medikamentöse oder elektrische Kardiover-sion ohne erhöhtes Kardioembolie-Risiko durchgeführt werden.

Alternativ kann nach Ausschluss von linkskardialen Throm-ben mittels transösophagealer Echokardiographie (TEE) un-ter adäquater Heparinisierung unabhängig vom Onset-Zeit-punkt kardiovertiert werden.

Ein Kardioversionsversuch ist bei dilatiertem linken Vorhof(> 50 mm), Dauer über 12 Monate, deutlich eingeschränkteEF, höhergradige Mitralinsuffizienz, Reduktion der Spitzen-flussgeschwindigkeit im LAA < 25 cm/sec oder bereits frus-tranem elektrischem Kardioversionsversuch wenig erfolgver-sprechend.

Eine Verbesserung der Kardioversionswahrscheinlichkeit istdurch Vorbehandlung mit z. B. Amiodaron möglich.

Eine erfolgreiche Kardioversion von Vorhofflimmern bringtzwar eine verbesserte Leistungsfähigkeit des Patienten imSinusrhythmus, jedoch keine Vorteile in der Mortalität; es tre-ten sogar vermehrte Krankenhausaufnahmen auf [6–8].

Medikamentöse KardioversionBei fehlender struktureller Herzerkrankung: Propafenon,Flecainid (auch als „Pill in the Pocket“-Prinzip nutzbar)

Bei fehlender oder geringer Herzerkrankung: Ibutilid unterMonitorbedingungen (QTc, TdP!), Vernakalant (KI: frischerMI, Herzinsuffizienz NYHA ≥ III, AS schwer, QT 440 ms,i. v. Vorbehandlung mit Klasse-III-Antiarrhythmika i. v. in-nerhalb 4 h)

Bei reduzierter EF/Herzinsuffizienz: Amiodaron

Digoxin, Sotalol, Verapamil sowie Betablocker werden füreine Kardioversion aufgrund ihres geringen Konversions-potenzials nicht empfohlen!

Durchführung einer elektrischen KardioversionNach entsprechender standardisierter Aufklärung des Patien-ten Kalium und evt. Magnesium auf hochnormale Werte an-heben, Patches antero-posterior anbringen, adäquate Sedo-analgesie applizieren. Den Defibrillator R-zackengetriggertmit biphasisch/monophasisch 150–200 Joule auslösen. Fallsfrustran, 2. Versuch mit max. Energie durchführen (250/360Joule).

CAVE: Bei Entscheidung für eine Frequenzkontrolle als Be-handlungsstrategie können bei guter Herzfunktion Kalzium-antagonisten, Betablocker und Digitalis eingesetzt werden,bei manifester Herzinsuffizienz sollte auf Kalziumantagonis-ten verzichtet werden.

Breitkomplextachykardien

Regelmäßige Breitkomplextachykardie (BkTc)

Ventrikuläre Tachykardie (VT)In ca. 70–80 % der Fälle ist bei einer regelmäßigen BkTc voneiner ventrikulären Tachykardie auszugehen [9]. Bestehen er-worbene Prädispositionen wie das Vorhandensein einer Myo-kardinfarktnarbe oder einer nicht-ischämischen Kardio-myopathie mit EF < 35 %, beträgt die Wahrscheinlichkeit füreine VT sogar > 95 %. Auch angeborene Reizleitungsstö-rungen des Herzens (Long-QT-Syndrom, Short-QT-Syn-drom, Brugada-Syndrom, katecholaminerge polymorpheKammertachykardie [CPVT], arrhythmogene rechtsventriku-läre Dysplasie [ARVD], idiopathische linksventrikuläreTachykardie [ILVT], idiopathische rechtsventrikuläre Tachy-kardie [IRVT] wie z. B. die rechtsventrikuläre Ausflusstrakt-Tachykardie [RVOT-Tachykardie]), Überdosierung von Digi-talis oder anderen Antiarrhythmika sowie auch Elektrolyt-störungen können zu VT führen.

Elektrophysiologische Korrelate für die VT sind Reentry, ab-norme Automatie und getriggerte Aktivität auf Basis früheroder später Nachdepolarisationen.

Bestehen schon seit mehr als 3 Jahren anfallsweise Tachykar-dien ohne zugrundeliegende Herzstrukturerkrankung, einehereditäre elektrische Herzerkrankung oder liegt ein bekann-tes WPW-Syndrom vor, verbirgt sich praktisch nie eine VThinter der Breitkomplextachykardie.

Eine spezifische Anamnese (Herzerkrankungen, Rhythmus-störungen, Medikamente) sowie eine Blutgasanalyse solltedemzufolge durchgeführt werden.

Danach wird nach den typischen EKG Merkmalen einer VTgefahndet. Diese sind eine AV-Dissoziation, Capture Beats,Fusionsschläge, eine QRS-Komplex-Konkordanz von V1–V6, QRS-Breite > 140 ms, unterschiedliche QRS-Morpholo-gie als im Ruhe-EKG, eine initiale R-Welle in aVR, Frequen-zen von 100–200/min, Josephson-Zeichen (Knotung/Ker-

Tabelle 1: Typische EKG-Merkmale einer VT

AV-Dissoziation P-Wellen unabhängig von Kammer-komplexen

QRS-Komplex-Konkordanz Über gesamter Brustwand positiveoder negative Kammerkomplexe

Unterschiedliche QRS- als im Ruhe-EKGMorphologie

Capture Beats Interponierte reguläre, schmaleQRS-Komplexe

Fusionsschläge Verschmelzung von regulären undventrikulären QRS-Komplexen

QRS-Breite QRS-Breite 140 ms und auchdeutlich mehr

Josephson-Zeichen Knotung/Kerbung im absteigendenSchenkel der S-Zacke

Brugada-Zeichen Zeit von Spitze der R-Zacke bis Talder S-Zacke > 70 ms

J KARDIOL 2013; 20 (Suppl A, Forum Rhythmologie)

Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörungen

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bung im absteigenden Schenkel der S-Zacke) sowie Brugada-Zeichen (Zeit von Spitze der R-Zacke bis Tal der S-Zacke> 70 ms) (Tab. 1).

Wenn keine widersprechende Erklärung zu evaluieren ist,so ist jede regelmäßige Breitkomplextachykardie als ven-trikuläre Tachykardie zu behandeln!

Es besteht eine Kontraindikation für Adenosin, Verapamilund Digitalis. Reversible Ursachen sollten nach Möglich-keit begleittherapeutisch behoben werden!

Bei guter Linksventrikelfunktion kann ein Therapieversuchmit 300 mg Amiodaron über 10–20 min durchgeführt werden.

Als verlässliche Alternative können auch 50 mg Ajmalin über10–20 min i. v. verabreicht werden. Ajmalin ist das Mittel derWahl bei vorbekanntem WPW-Syndrom und wirkt auch beiSVT mit bestehendem Schenkelblock. Trotz guter Wirksam-keit wird Ajmalin in den aktuellen ERC-Guidelines nicht an-geführt.

Bei schlechter bzw. unbekannter Linksventrikelfunktion kannein Therapieversuch mit 300 mg Amiodaron über 10–20 mindurchgeführt werden, gefolgt von einer weiteren Aufsätti-gung bis 1200 mg über 24 h.

Vor Aufsättigung mit Amiodaron sollte bei Erwägung einerEPU Rücksprache mit einem Kardiologen/Rhythmologen er-folgen, denn die weitere Abklärung und Therapiemöglichkei-ten im Rahmen der EPU werden durch die Amiodaronwir-kung auch längerfristig beeinträchtigt.

Lidocain wurde aufgrund besserer Wirksamkeit von Amioda-ron und Ajmalin in seiner Bedeutung in unserem klinischenAlltag verdrängt (übliche Gabe 1–1,5 mg/kg, kontraindiziertbei manifester Herzinsuffizienz und Myokardinfarkt).

Sollten bei fehlender Wirksamkeit der medikamentösenTherapie Zeichen der Instabilität auftreten, so ist auchhier die goldene Regel: Umgehend eine elektrische Kar-dioversion unter Sedoanalgesie durchführen!

Breitkomplextachykardie bei supraventrikulärer Tachykardie(SVT)Vorbestehende akzessorische Leitungsbahn z. B. WPW: Beiorthodromer AV-Reentry-Tachykardie (schmaler QRS-Kom-plex, retrogrades P → Therapie wie AVNRT).

Bei antidromer AV-Reentry-Tachykardie (breiter QRS-Kom-plex → Ajmalin, Amiodaron):– Vorbestehender Schenkelblock (Behandlung gemäß zu-

grundeliegender SVT)

Tabelle 2: Ausgewählte Medikamente zur Behandlung von Tachykardien.

Medikament Klasse Indikation Dosierung CAVE(Vaughan-Williams)

Ajmalin Ic, Natriumkanalblocker WPW 1 Ampulle à 50 mg HWZ 30–60 min, CMP,Tachykardien langsam i.v. QT-Syndrom, AV-Block

Propafenon Ic, Natriumkanalblocker VHFL 450–600 mg p. o. KHK, CMP, LVH, „pill in thepocket“

Flecainid Ic, Natriumkanalblocker VHFL 200–300 mg p. o. KHK, CMP, LVH, „pill in thepocket“

Esmolol II, Betablocker Tachykardien 1 mg/kg Bolus oder HWZ 5–8 min, Hypotonie,Perfusor lt. Schema AV-Block II°–III°, SA-Block

Metoprolol II, Betablocker Tachykardien 1–2 Amp. à 5 mg HWZ 3–5 h; siehe Esmolollangsam i.v.

Sotalol II und III SVT, VT, WPW, 2.Wahl 1/2 Amp. à 40 mg i. v. HWZ 5–12 h; siehe unter Beta-bis max. 80 mg blocker

Amiodaron III, Kaliumkanalblocker Tachykardien, 300 mg i.v., insges. HWZ 14–107 Tage, QTC-Zeit,(I, II, IV Wirkung) Reanimation 1200 mg/24 h Hyperthyreose, AV-Block II°–III°,

Weitere Nebenwirkungen!

Ibutilid III, Kaliumkanalblocker Vorhofflimmern, -flattern 1 Amp. à 10 ml (870 mcg) QTc, TdP, CMP, AV-Block II°–III°,über 10 min. i.v. SSS

Verapamil IV, Kalziumkanalblocker SVT 1 Amp. à 5 mg HWZ 4–9 h, AV-Block II°–III°,langsam i. v. SA-Block, WPW, Hypotonie,

CMP, Betablocker

Adenosin* Purinnucleotid, Reduktion SVT 6 mg–12 mg–12 mg HWZ 5–10 sec, Asystolie,Sinusknotenaktivität, rasch i. v. Hypotonie, Asthma, WPW,AV-Block AV-Block, SSS, Carbamezepin,

Dipyramidol

Digoxin* Glykoside, steigern SVT 0,2 mg–0,6 mg i. v. HWZ 47,5 h, bei Intoxikationintrazelluläres Kalzium Antidot

* Nicht berücksichtigt in Einteilung nach Vaughan-Williams

18 J KARDIOL 2013; 20 (Suppl A, Forum Rhythmologie)

Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörungen

– Funktioneller Schenkelblock („Ermüdungsblock“, z. B.bei Ergometrie)

– Gleichzeitig bestehender STEMI (Betablocker, STEMI-Guidelines)

Unregelmäßige Breitkomplextachykardie1. Vorhofflimmern mit Schenkelblock2. Vorhofflimmern mit aberrierender Überleitung („FBI“-

Tachykardie, „fast broad irregular“)3. Polymorphe VT

Vorhofflimmern mit Schenkelblock wird nach eindeutigerDiagnostik wie herkömmliches Vorhofflimmern behandelt.

Bei Vorhofflimmern mit vorbekannter aberrierender Über-leitung (z. B. WPW-Syndrom) zeigt sich das Bild einer FBI-Tachykardie. Bei Frequenzen bis > 300/min ist der Patient i. d.R. instabil und muss reanimiert/defibrilliert werden.

Bei stabilem Kreislauf erfolgt die Gabe von Ajmalin oderAmiodaron (CAVE: kann ungünstig wirken, da die AV-Über-leitungsverzögerung vor Terminierung des Vorhofflimmernseintritt!)

Es besteht eine absolute Kontraindikation für Adenosin, Digi-talis, Betablocker, Kalziumantagonist (Verapamil, Diltiazem).Diese Medikamente verzögern die Überleitung im AV-Kno-

ten, der durch seine kompetitive, dekrementale Wirkung dieFrequenz reduziert. Bei Gabe der genannten Medikamentedroht die ungebremste Überleitung über die akzessorischeBahn mit Auslösen von Kammerflimmern (= Präexzitations-phänomen).

Die typische Delta-Welle kann bei entsprechend hochfre-quenter Tachykardie fehlen, was die Diagnose entsprechenderschwert. Eine spezifische Anamnese oder Sichtung vorhan-dener Arztbriefe hilft hierbei oft weiter.

Bei polymorphen Kammertachykardien wird nach QT-Zeitdifferenziert:– Ohne QT-Verlängerung im tachykardiefreien Intervall

(z. B. Ischämische oder dilatative Kardiomyopathie):Amiodaron, alternativ Betablocker, Elektrolytausgleich,Therapie der Myokardischämie, Ausschluss medikamen-tös toxischer Effekte (z. B. Digitalis).

– Mit QT-Verlängerung oder unbekanntem QT-Status:„Torsades-de-pointes“, hochdosiert Magnesium (2 g über10 min. i. v.), Betablocker, bei Onset aus Bradykardieheraus Overpacing mittels Schrittmacher (p = 100/min)mit zusätzlicher Betablocker-Gabe erwägen (kann „Slow-fast“-Mechanismus verhindern).

Medikamente mit QT-Verlängerungspotenzial finden sichin den Gruppen der Neuroleptika, Antidepressiva, Anti-emetika, Betamimetika, Antibiotika (Makrolide, Chinolone,Trimethroprim/Sulfamethoxazol), Virustatika, Antihelmin-tika, Antimykotika, Katecholamine sowie Antiarrhythmikaselbst (Liste unter www.qtsyndrome.ch, www.qtdrugs.org)(Tab. 2).

BradykardienBradykarde Rhythmusstörungen sind generell selten lebens-bedrohlich, abhängig von Nebenerkrankungen (z. B. Carotis-interna-Stenose) werden sie ab Frequenzen < 40/min odervereinzelten Pausen über 3 sec symptomatisch. Ähnlich derTachykardien finden sich als Zeichen der hämodynamischenWirksamkeit Schockzustände, Synkopen, myokardiale Ischä-mien und Manifestationen einer Herzinsuffizienz.

Ursächlich finden sich Störungen im Reizleitungssystem.

Ist der Sinusknoten betroffen, zeigen sich ein Sick-Sinus-Syndrom (SSS) mit SA-Blöcken/Sinusarrest, paroxysmalesVorhofflimmern mit präautomatischen Pausen beim Um-

Abbildung 4: Bradykardie. Mod. nach [Deakin CD, Nolan JP, Soar J, et al. EuropeanResuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2010. Section 4. Adult advancedlife support. Resuscitation 2010; 81: 1305–52] mit Genehmigung von Elsevier.

Tabelle 3: Ursachen einer Bradykardie

Ischämie v. a. Hinterwandinfarkt (Sinuskno-tenarterie zu 70 % RCA, 30% LCX)

Pharmakologisch-toxisch Betablocker, Digitalis, Amiodaron,Kalziumantagonisten

Metabolisch Hyperkaliämie

Entzündlich Myokarditis (Borreliose, Sarkoidose),Endokarditis

Neurologisch Insult, Enzephalitis

Schrittmacherversagen EOL, Perforation, Kabeldefekte

J KARDIOL 2013; 20 (Suppl A, Forum Rhythmologie)

Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörungen

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springen in den Sinusrhythmus oder bradykardes Vorhofflim-mern.

Liegt die Störung auf Höhe des AV-Knotens und HIS-Bün-dels, zeigen sich AV-Blöcke.

Als Differentialdiagnose findet sich die Sinusbradykardie beiSportlern durch erhöhten Vagotonus.

Je weiter distal im Reizleitungssystem die Störung liegt, destobreiter wird der QRS-Komplex, desto langsamer wird die Fre-quenz und desto höher das potenzielle Asystolierisiko.

Die Ursachen der Störungen können primärer und auch se-kundärer Natur sein. Sekundäre Auslöser sind nach Häufig-keit angeführt die Ischämie, pharmakologisch-toxische Ein-wirkungen, metabolische Störungen, entzündliche und neuro-logische Störungen oder Schrittmacherversagen (Tab. 3).

Die Therapie der Bradykardie erfolgt systematisiert dem Bra-dykardie-Algorithmus entsprechend (siehe Abb. 4).

Befindet sich der Patient in einem instabilen Zustand, wirdprimär 0,5 mg Atropin i. v. verabreicht.

Erwähnenswert ist, dass Atropin bei einem AV-Block-II°-Mobitz aufgrund der Gefahr des Überganges in einen höherenBlock nicht empfohlen wird. Bei AV-Block-III° ist keine fre-quenzsteigernde Wirkung zu erwarten, es kann aber durchparadoxe Wirkung zu einer weiteren Frequenzsenkung führen(d. h. keine Gabe bei infrahissärem Leitungsblock).

Am transplantierten (= denervierten) Herzen zeigt Atropinebenfalls keine Wirkung. Bei einem akuten Myokardinfarktkann Atropin durch seine frequenzsteigernde Wirkung zurAggravierung der Ischämie führen.

Zeigt sich keine stabilisierende Wirkung, werden Überbrückungs-maßnahmen getroffen. Atropin kann in 3–5 minütigen Boli bisinsgesamt 3 mg (= 6 Ampullen à 0,5 mg) verabreicht werden.

Adrenalin oder Isoprenalin können alternativ bei Nicht-An-sprechen angewendet werden.

Als alternative Pharmaka werden in den Guidelines Amino-phyllin, Dopamin, Glykopyrrolat empfohlen – wir präferierenin dieser Indikation das v. a. Beta1-selektiv wirkende Dobut-amin.

Glukagon kann als Antidot bei Betablocker- oder Kalzium-antagonistenüberdosierung zur Anwendung kommen. Überden Glukagonrezeptor wird intrazellulär cAMP erhöht unddamit die bradykardisierende Wirkung dieser Medikamenteaufgehoben.

Bei nachgewiesener Digitalisintoxikation als Auslöser fürBradykardien kann ein spezifisches, allerdings auch kostenin-tensives Antidot (DigiFab®) verabreicht werden.

Ist der Patient medikamentös nicht hämodynamisch stabili-sierbar, erfolgt die Anlage eines transvenösen Schrittmachers(vorzugsweise rechte Vena jugularis interna, die rechte Venasubclavia sollte für die Implantation für den permanentenSchrittmacher geschont werden).

Bis zur Anlage kann als Überbrückungsmaßnahme ein trans-kutaner Schrittmacher notwendig sein. Die Patches werdenantero- (negativer Pol) posterior (positiver Pol) aufgeklebt,als Stimulierungsfrequenz wird initial > 60/min gewählt, mit10–20 mA begonnen und die Stromstärke solange erhöht, bis einQRS-Komplex sichtbar und Pulse tastbar sind (bis 100 mA).Auf eine adäquate Sedoanalgesie sollte nicht vergessen werden!

Droht die Gefahr der Asystolie trotz stabiler Hämodynamik(Z. n. kürzlicher Asystolie, AV-Block-II°-Mobitz, AV-Block-III°, Pausen über 3 sec), werden ebenfalls Überbrückungs-maßnahmen getroffen (Tab. 4).

Besondere Situationen

Devices und RhythmusstörungenDevices wie Herzschrittmacher und ICD werden aufgrund derlängeren Lebenserwartung herzkranker Patienten sowieGuideline-konformer primär- und sekundärprophylaktischerImplantation zunehmend bei extramuralen und auch inner-klinischen Rhythmusstörungen angetroffen. Neben beein-trächtigter Bewertbarkeit des EKGs können Aggregate auchper se Rhythmopathien hervorrufen.

Tabelle 4: Ausgewählte Medikamente zur Behandlung von Bradykardien

Medikament Wirkung Dosierung CAVE

Atropin Parasympatholytikum, 1 Amp. à 0,5 mg bis insg. 3 mg AV-Block-II°-Mobitz, AV-Block III°, Tachykardien,sympathomimetisch Verwirrtheit, Glaukom

Adrenalin Katecholamin, stimuliert Reanimation 1 mg Erhöht Sauerstoffbedarf, maligne HRST,Bradykardie, AV-Block II°–III° Nierenversagen, Unruhe0,02–0,1 mg fraktioniert

Glykopyrolat Parasympatholytikum 1 Amp. Alternative für Atropin

Glukagon Antidot Betablocker/ 2–5 mg in 1 min i. v. Erhöht cAMP intrazellulär, HyperglykämieKalziumantagonist ggf. 5–10 mg

Digitalisantidot Antikörper gg Digoxin und TeuerDigitoxin

Aminophyllin/ Beta-Mimetikum 100–200 mg langsam i. v. Krampfauslösend bei zu rascher ApplikationTheophyllin

20 J KARDIOL 2013; 20 (Suppl A, Forum Rhythmologie)

Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörungen

Die kausale Störung, die klinische Manifestation, die Diag-nostik sowie die Behandlungsempfehlung werden in Tabelle 5zusammengefasst.

Grundsätzlich gilt, dass bei ICD-Fehlfunktion die antitachy-karde Funktion des Aggregates durch Magnetauflage deakti-viert wird, die Schrittmacherfunktion bleibt erhalten.

Schwangere Patientinnen mit RhythmusstörungenBei lebensbedrohlichen Tachykardien kann den geltendenGuidelines entsprechend eine elektrische Kardioversiondurchgeführt werden. Der Fetus befindet sich außerhalb desStromfeldes.

Bei supraventrikulären Tachykardien [10] können nebenvagalen Manövern auch Adenosin in gewohnter Dosierung,Digoxin (1. Wahl bei fetalen Tachykardien), Verapamil sowieBetablocker (vorzugsweise kurzwirksame) angewendet wer-den.

Bei Breitkomplextachykardie wird Ajmalin empfohlen.Amiodaron ist streng kontraindiziert (konnatale Fehlbil-dungen, Hypothyreose, QT-Zeit-Verlängerung). Ausnahme:therapierefraktäres Kammerflimmern.

Bei Bradykardie kann Atropin verabreicht werden, Tachykar-dien und geringe postpartale Anpassungsstörungen des Em-bryos/Neugeborenen werden beschrieben, es besteht keineTeratogenität.

Literatur:

1. Koster RW, Baubin MA, Bossaert LL, et al.Basismaßnahmen zur Wiederbelebung Er-wachsener und Verwendung automatischerexterner Defibrillatoren. Sektion 2 der Leitli-nien zur Reanimation des European Recusci-tation Council. Notfall Rettungsmed 2010; 13:523–42.

2. Deakin CD, Nolan JP, Soar J, et al. Erwei-terte Reanimationsmaßnahmen für Erwach-sene („advanced life support“). Sektion 4 derLeitlinien des European Recuscitation Council.Notfall Rettungsmed 2010; 13: 559–620.

3. Field JM, Hazinski MF, Sayre M, et al. Part1: Executive Summary of 2010 AHA Guide-lines for CPR and ECC. Circulation 2010; 122(18 Suppl 3): S640–56.

4. Camm AJ, Lip GY, De Caterina R, et al.2012 focused update of the ESC Guidelinesfor the management of atrial fibrillation: anupdate of the 2010 ESC Guidelines for themanagement of atrial fibrillation. Europace2012; 14: 1385–413.

5. Stark G. Adenosin in Diagnostik und Thera-pie von tachykarden Rhythmusstörungen. JKaridol 2010; 17 (Suppl B, Forum Rhythmolo-gie): 4–7.

6. Carlsson J, Miketic S, Winder J, et al.Randomized trial of rate-control versusrhythm-control in persistent atrial fibrillation:the strategies of treatment of atrial fibrilla-tion (STAF) study. J Am Coll Cardiol 2003; 41:1690–6.

7. (AFFIRM) Investigators. A comparison ofrate control and rhythm control in patientswith atrial fibrillation. NEJM 2002; 347:1825–33.

8. Hohnloser SH, Kuck KH, Lilienthal J. Rhythmor rate control in atrial fibrillation – pharma-cological intervention in atrial fibrillation(PIAF): a randomized trial. Lancet 2000; 356:1789–94.

9. Glaser F, Rohla M. EKG-Differentialdiag-nostik der Breit-QRS-Komplex-Tachykardien.J Kardiol 2008; 15: 218–35.

10. Sodek GH, Moritz T, Domanovits H. Deraktuelle Fall: Rhythmische Schmalkomplex-tachykardie und Schwangerschaft – Wie ma-che ich es richtig. J Kardiol 2007; 14 (SupplA, Forum Rhythmologie): 16.

Weiterführende Literatur:

Gertsch M. Das EKG, Thieme-Verlag,Stuttgart, 2005.

Dietz TG, Schubert MP. Der EKG-Knacker. DasNotfall EKG Buch. deGruyter, Berlin, 1998.

Herold V. Internistische Intensivmedizin. Herold-Verlag, Regensburg, 2011.

Furger P. Innere Quick. 3. Aufl. Thieme-Verlag,Stuttgart, 2010.

Herold G. Innere Medizin. Verlag Gerd Herold,Köln, 2013.

Tabelle 5: Durch ICD-Störung verursachte Rhythmopathien

Störung Klinik Diagnostik Behandlung

Batterieentleerung Fehlende antitachykarde Funktion, Eigenalarm, Programmier- Monitoring, externer Defibrillator, VTs, VF, Bradykardie, Synkope gerät Maßnahmen gegen Bradykardie,

Aggregatwechsel

Sondenbruch Inadäquate Schockabgabe, fehlende Widerstand steigt, Monitoring, Magnetauflage, externerreguläre antitachykarde Funktion, Programmiergerät Defibrillator, Maßnahmen gegen Brady-Bradykardie kardie, neue Sonde

Isolationsdefekt Inadäquate Schockabgabe, fehlerhaftes Widerstand sinkt, Monitoring, Magnetauflage, externerSensing, Bradykardie Programmiergerät Defibrillator, Maßnahmen gegen Brady-

kardie, neue Sonde

Undersensing Tachykardien werden nicht interveniert EKG, Programmiergerät Monitoring, externer Defibrillator, um-programmieren

Oversensing Inadäquate Schocks Programmiergerät Monitoring, Magnetauflage, externerDefibrillator, umprogrammieren

Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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