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BAW Aktuell Das Info-Magazin der Bundesanstalt für Wasserbau Ausgabe 02/2016 Im Gespräch mit Benno Lenkeit, Leiter des Referats Schiffstechnik Panorama Langzeitprüfungen von Beschichtungsstoffen in der Natur Notizen Neue Präzisions- Triaxialprüfstände im geotechnischen Labor Topthema Marinehafen Wilhelmshaven – Ersatz der Kajen im Neuen Vorhafen

BA Aktuell - Infozentrum Wasserbau (IZW) · 2016-07-18 · BA Aktuell Das Info-Magazin der Bundesanstalt für Wasserbau Ausgabe 02/2016 Im Gespräch mit Benno Lenkeit, Leiter des

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BAWAktuellDas Info-Magazin der Bundesanstalt für Wasserbau Ausgabe 02/2016

Im Gespräch mitBenno Lenkeit, Leiter des Referats Schiffstechnik

Panorama Langzeitprüfungen von Beschichtungsstoffen in der Natur

NotizenNeue Präzisions- Triaxialprüfstände im geotechnischen Labor

Topthema

Marinehafen Wilhelmshaven – Ersatz der Kajen im

Neuen Vorhafen

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Inhalt

Editorial 3

Notizen 4

Im Fokus 6 Marinehafen Wilhelmshaven – Ersatz der Kajen im Neuen Vorhafen

Panorama 9

Im Gespräch mit ... 12 Benno Lenkeit, Leiter des Referats Schiffstechnik

Kalender 14

Inhalt Editorial

Prof. Dr.-Ing. Christoph HeinzelmannLeiter der Bundesanstalt für Wasserbau

Impressum

Herausgeber (im Eigenverlag):

Bundesanstalt für Wasserbau (BAW)

Kußmaulstraße 17, 76187 Karlsruhe

Postfach 21 02 53, 76152 Karlsruhe

Telefon: +49 (0) 721 9726-0

Telefax: +49 (0) 721 9726-4540

E-Mail: [email protected], www.baw.de

Soweit nicht anders angegeben, liegen alle Bildrechte bei der BAW.

Übersetzung, Nachdruck oder sonstige Vervielfältigung – auch auszugsweise – ist nur

mit Genehmigung des Herausgebers gestattet.

ISSN 2192-3078 © BAW Juli 2016

Liebe Leserin, lieber Leser,

der im März von Bundesverkehrsminister Dobrindt im Entwurf vorgestellte Bundesverkehrswegeplan 2030 enthält eine Vielzahl anspruchsvoller Projekte an den Bundeswasserstraßen im Binnen- und Küsten-bereich. Allein die Ausgaben für die geplanten Was-serstraßenprojekte belaufen sich auf 24,5 Mrd. Euro. Davon entfallen etwa zwei Drittel auf Erhaltungs- und Ersatzinvestitionen. Dieser Investitionsschwerpunkt unterstreicht die von Minister Dobrindt ausgegebene Marschroute, wonach Erhaltung und Ersatz Vorrang vor Aus- und Neubau haben.

In unserer Funktion als technisch-wissenschaftlicher Berater und Gutachter für die Wasser-straßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sind wir für die bevorstehenden Aufgaben gut gerüstet. Wichtigster Erfolgsfaktor für unsere erfolgreiche Arbeit ist das hochqualifizierte, erfahrene und motivierte Personal. Als attraktiver Arbeitgeber gelingt es uns auch in einem für den öffentlichen Dienst oftmals schwierigen Umfeld, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit ihren individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften das Team bestmöglich ergänzen, für die BAW zu gewinnen.

Für unsere wissenschaftsbasierten Dienstleistungen haben wir in den letzten Jahren auch deshalb große Fortschritte erzielt, weil wir unsere Forschungsaktivitäten deutlich ausbauen konnten. Rund 100 laufende Forschungsvorhaben mit starkem Praxisbezug bringen dies zum Ausdruck; etwa 20 davon münden in nächster Zeit in erfolgreich abgeschlossene Promotionen. In diesem Kontext spielt auch der kontinuierliche Ausbau von Kooperationen mit anderen Forschungseinrichtungen eine wichtige Rolle. Hierzu zählen Untersuchungs- aufträge, die wir an Universitäten und Hochschulen vergeben, der Austausch von wissenschaft-lichem Personal, gemeinsam betreute Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten, Lehraufträge an Universitäten und Hochschulen sowie gemeinsame wissenschaftliche Veranstaltungen.

Nicht zuletzt hat auch die infrastrukturelle Ausstattung eine große Bedeutung für den Erfolg der BAW. Diese Ausstattung, die bereits im Rahmen der Evaluierung durch den Wissenschaftsrat im Jahr 2008 als exzellent bezeichnet wurde, konnten wir zuletzt nochmals modernisieren sowie ergänzen und ausbauen.

In diesem positiven Umfeld sehen wir den Herausforderungen, die der Bundesverkehrs-wegeplan 2030 für die BAW mit sich bringen wird, mit großer Zuversicht entgegen.

Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen

2 3BAWAktuell 02/2016 BAWAktuell 02/2016

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Das Karlsruher Institut für Technologie

(KIT), als Technische Universität des Lan-

des Baden-Württemberg und nationales

Forschungszentrum in der Helmholtz-

Gemeinschaft, veranstaltet jedes Jahr im

Mai eine große Karrieremesse. An drei

Tagen dreht sich alles um die Themen

„Berufseinstieg & Karriere“. Direkt auf

dem Campusgelände wird Studierenden,

Promovierenden und Alumni die Mög-

Rennen um die besten Köpfe – die BAW auf der KIT-Karrieremesse 2016

lichkeit geboten, interessante Arbeitge-

ber kennen zu lernen und Kontakte zu

Unternehmen zu knüpfen.

Erstmalig war in diesem Jahr auch die

BAW als potentieller Arbeitgeber mit

einem Messestand und einem Vortrag

dort vertreten.

Zahlreiche Standbesucher informierten

sich über die vielfältigen Aufgabenge-

biete und Karrieremöglichkeiten in der

BAW. Es wurden interessante Gespräche

geführt, Kontakte geknüpft und in Form

eines Vortrages spannende Einblicke

in die Arbeitsbereiche der einzelnen

Fachabteilungen geboten.

Aufgrund der sehr positiven Resonanz

wird die BAW auch im kommenden Jahr

wieder mit dabei sein.

Ansprechpartnerin: Katja Perras ([email protected])

Messestand der BAW auf der KIT-Karrieremesse 2016.

Zum vierten Semester des Bachelor-Stu-

diengangs „Infrastructure Engineering“ der

Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirt-

schaft gehört die Untersuchung eines be-

stehenden Infrastrukturbauwerks im Rah-

men einer Projektarbeit. Die Idee, diese

Projektarbeit an einer trockengelegten

Schleuse durchzuführen, entstand im Zuge

der Kooperation zwischen Prof. Dr.-Ing.

J. Akkermann und dem Referat Erhaltung

und Hochbau der BAW. Im angefragten

Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA)

Heidelberg wurde die Idee sehr positiv

aufgenommen und vom dortigen Sach-

bereichsleiter 2, Jochen Bode, in allen

Belangen unterstützt. So konnten die

Studierenden am 28. April diesen Jahres

die trockengelegte und gereinigte Schleu-

se Neckarsteinach intensiv unter die Lupe

nehmen. Darüber hinaus bestand die Mög-

lichkeit, wertvolle Tipps von den vor Ort

tätigen Kollegen des WSA Heidelberg zu

bekommen. Von Seiten der Studierenden

bestanden keine Einwände, die Schleuse

wieder in Betrieb zu nehmen. Dem WSA

Heidelberg gebührt großer Dank für die

umfangreiche Unterstützung.

Ansprechpartner: Dr.-Ing. J. Bödefeld ( [email protected])

Hochschule meets Praxis

Notizen Notizen

Die vierte MASHCON-Konferenz fand

vom 23. bis 25. Mai 2016 in Hamburg

statt. Sie wurde von der BAW organisiert,

da das Hauptthema für die Wasserstra-

ßen- und Schifffahrtsverwaltung von au-

ßerordentlichem Interesse ist: Manövrie-

ren von Schiffen in flachem und seitlich

begrenztem Fahrwasser, wie es z. B. bei

Fahrt von großen Containerschiffen in

den Seehafenzufahrten der Fall ist.

102 Teilnehmer, Experten aus 19 Nationen

aus Universitäten, Forschungseinrichtun-

gen, Behörden, Schiffbauversuchsanstal-

ten, dem privatem Consultant-Bereich,

Reedereien und Lotsenvereinigungen,

diskutierten zu allen Aspekten der Re-

vierfahrt von Schiffen: zur Schiff-Sohle-,

Schiff-Bank- und Schiff-Schiff-Interaktion

sowie zu Schleusungsvorgängen und Ti-

defahrplänen. Vorgestellt und diskutiert

wurden in 35 Vorträgen Ergebnisse aus

Naturmessungen, aus Modellversuchen

sowie numerischen Simulationsmodellen.

Die wachsenden Dimensionen der Han-

delsschiffe bereiten weltweit ähnliche

Schwierigkeiten. Vorgestellt wurden

Entwicklungen von Manövriermodellen,

Verfahren zur schnellen Berechnung und

Vorhersage fahrdynamischer Größen, um

diesen Schwierigkeiten zu begegnen und

ggf. Handlungsmöglichkeiten daraus ab-

zuleiten.

Nach dem offiziellen Ende der Konferenz

haben viele Teilnehmer am Folgetag die

Möglichkeit einer Besichtigung der Ver-

suchseinrichtungen der BAW-Dienststel-

le in Hamburg wahrgenommen. Die tech-

nischen Möglichkeiten und die von der

BAW präsentierten Ergebnisse wurden

von den Teilnehmern sehr positiv bewer-

tet und bestätigen das Ansehen der BAW

in der internationalen Gemeinschaft.

Ansprechpartner: Dipl.-Geoökol. M. Kastens ([email protected])

MASHCON-Konferenz vom 23. bis 25. Mai in Hamburg

Im geotechnischen Versuchswesen liefert

der Triaxialversuch die meisten und bes-

ten Informationen über das untersuchte

Bodenmaterial hinsichtlich Festigkeit und

Verformungsverhalten. Zur Verbesserung

der Präzision der Versuchsdurchführung

und zur Erweiterung des Anwendungsbe-

reiches wurden für das geotechnische La-

bor der BAW vier neue Prüfstände errich-

tet. Sie erlauben zum einen, an bindigen

Böden hochgenaue Versuche mit belie-

bigen Spannungspfaden durchzuführen,

und zum anderen, auch Material mit höhe-

rer Festigkeit bis zum Bruch zu belasten.

Letzteres wird bei den sogenannten „ver-

änderlich festen Gesteinen“ wesentlich,

die in ihrem mechanischen Verhalten nicht

den klassischen Böden bzw. Fels zuge-

ordnet werden können. Diese stehen bei

zahlreichen Bauprojekten der Wasserstra-

ßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bun-

des im Untergrund an und sind daher auch

Thema eines Forschungsvorhabens.

Ein Triaxialprüfstand umfasst die Kompo-

nenten Belastungsrahmen für axiale Las-

ten, Druckerzeuger für Poren- und Man-

teldruck, Mess- und Regelsystem sowie

die Prüfsoftware.

Die axiale Belastungseinrichtung besteht

aus einer elektromechanischen Zentral-

spindelmaschine mit einem Spindelhub

von 100 mm und einer Maximalkraft von

100  kN. Die Traverse ist elektrisch posi-

tionierbar. Der maximal effektiv nutzbare

Prüfraum beträgt 800 mm bei einer Ma-

schinensteifigkeit von 600  kN/mm. Die

realisierbaren axialen Verformungsge-

schwindigkeiten reichen von 1  µm/h bis

zu 20  mm/min. Die Druckerzeuger sind

für Drücke bis 100 bar ausgelegt. Die re-

alisierbaren Volumenströme reichen von

10  µl/h bis 100  ml/min. Alle relevanten

Bauteile der Druckerzeuger wurden aus

Edelstahl gefertigt und lassen den Ein-

satz mineralisierter Porenwässer zu.

Ansprechpartner: Dipl.-Geophys. E. Kunz ([email protected])

Neue Präzisions-Triaxialprüfstände im geotechnischen Labor

Präzisions-Triaxialprüfstände im geotechnischen Labor.

Roland Baier stellt die vielfältigen Aufgabengebiete der BAW vor.

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Im Fokus

I m Auftrag des Wasserstraßen- und

Schifffahrtsamtes Wilhelmshaven

erfolgt derzeit die Grundinstand-

setzung der Ost- und Westkaje im

Neuen Vorhafen Wilhelmshaven. Der

Neue Vorhafen bildet die Zufahrt zur

Seeschleuse, der sogenannten vierten

Einfahrt in Wilhelmshaven (Bild 1). Er

wird als tideabhängiger Marinehafen

genutzt und untersteht als Bestand-

teil des Marinestützpunkts Heppen-

ser Groden dem Bundesministerium

der Verteidigung. Es ist Deutschlands

größter Marine- und einziger NATO-

Hafen.

Die Ost- und Westkaje wurden zwischen

1960 bis 1963 im Zuge des Wiederaufbaus

der nach dem zweiten Weltkrieg weitge-

hend zerstörten vierten Einfahrt von Wil-

helmshaven neu errichtet und bestehen

aus einer rückverankerten kombinierten

Spundwand. Immer wieder war die Ka-

jenoberfläche abgesackt, weil Hinterfüll-

material durch Fehlstellen in der Spund-

wand ausgetreten war. Diese Fehlstellen

sind zum einen auf Schlosssprünge zu-

rückzuführen, als Bohlen schon während

der Rammung nicht korrekt eingerastet

waren, und zum anderen auf Durchros-

tung einzelner Spundbohlen. Die Durch-

rostung konnte auch mit einer nachträg-

lich errichteten Kathodenschutzanlage

in Kombination mit einem Korrosionsan-

strich nicht aufgehalten werden, da es

sich um landseitige Korrosion durch Bak-

terien im Boden handelt. Eine Untersu-

chung der Hinterfüllung hatte auf diese

sogenannte mikrobiell induzierte Korro-

sion hingedeutet (Binder, G.: Mikrobiell

Induzierte Korrosion an Spundwänden

aus Stahl – Strategien zur Vermeidung,

BAWBrief 1/2003).

Der rechnerische Nachweis der Standsi-

cherheit der Kajen ist nach den heutigen

Im Fokus

Marinehafen Wilhelmshaven – Ersatz der Kajen im Neuen Vorhafen

Bemessungsansätzen nicht zu erbringen,

was einen Ersatz der Spundwände erfor-

derlich macht.

Grundinstandsetzung

Der Baugrund setzt sich aus Sanden

unterschiedlicher Lagerungsdichte zu-

sammen, die von einer Kleischicht und

Auffüllungen überlagert werden. Auf der

Wasserseite steht als oberste Schicht

Schlick mit einer Mächtigkeit bis rund

5 m an (Bild 2). Hierbei zeigte sich, dass

die Füllbohlen in den Sandboden un-

terhalb des Schlicks unzureichend oder

teilweise gar nicht eingebunden waren.

Dadurch könnte weiterhin Boden unter-

halb der Füllbohlen landseitig ausgetra-

gen werden.

Für die Herleitung der Wasserdruckan-

sätze wurden zusätzlich zu den tideab-

hängigen Grundwasserstandsmessun-

gen Fahrmanöver mit einem Schlepper

durchgeführt, um auch von Schiffen her-

vorgerufene Wasserstandsänderungen

zu erfassen. Die Erddruckansätze für die

erdstatischen Berechnungen wurden

numerisch ermittelt. Aus den Simulati-

onen ergaben sich außerdem Optimie-

rungen für konstruktive Details.

Seit Oktober 2012 wird der Bau aus-

geführt. Derzeit findet der Ersatz der

Westkaje mit einer geplanten Fertig-

stellung noch 2016 statt. Der dann fol-

gende Ersatz der Ostkaje soll 2018 ab-

geschlossen sein.

Die Grundinstandsetzung der Kajen

erfolgt über eine Gesamtlänge von

2,2  km und den gegebenen Gelände-

sprung von 15 m durch eine vorgesetz-

te Uferwand in einem Abstand von 5 m

zur alten Kaje. Das Erdauflager der sta-

tisch überlasteten Wand soll möglichst

wenig beeinträchtigt werden. Die neu-

en Kajenwände bestehen aus einer

rückverankerten kombinierten Spund-

wand mit Stahlbetonüberbau. Als Ein-

bringmethode wurde von der BAW das

schwere Rammen empfohlen, um die

Risiken für die bestehende Wand infol-

ge dynamischer Einwirkungen zu mini-

mieren. Die Spundwände werden mit

einer Beschichtung und einer kathodi-

schen Korrosionsschutzanlage ausge-

bildet. Zusätzlich wird die Landseite der

Spundwände mit Hilfe einer alkalischen

Vorsatzschale (Betonschürze) gegen mi-

krobielle Korrosion geschützt (Bild 2).

Aufgrund der unzureichenden Einbindung

der Füllbohlen und der statischen Über-

lastung war zunächst der Fuß der alten

Wand durch den Austausch des Schlicks

„Der rechnerische Nachweis der Standsicherheit der Kajen

ist nach den heutigen Bemessungsansätzen nicht zu erbringen,

was einen Ersatz der Spundwände erforderlich macht.“

Bild 2: Schematische Darstellung der Kaje vor und nach der Grundinstandsetzung.

Bild 1: Neuer Vorhafen Wilhelmshaven mit Blick auf die Seeschleuse (vierte Einfahrt).

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und die Vorschüttung einer Sandberme

zu sichern. Der Schlick wurde mit einem

Wasserinjektionsgerät entfernt und auf-

gewirbeltes Material im Verdrängungs-

verfahren durch eingebrachten Sand

ersetzt. Das passierte zu günstigen Ti-

dewasserständen abschnittsweise, um

eine weitere Gefährdung der alten Ka-

jenwand zu vermeiden.

Noch vor der Rammung der neuen

Spundwand wurden verrohrte Räu-

mungsbohrungen in der Spundwand-

trasse ausgeführt, weil Hindernisse im

Baugrund erkundet worden waren. Dazu

gehörten Steine und Trümmerreste von

den Sprengungen der Seeschleuse nach

dem Zweiten Weltkrieg. Das war nötig,

um die Spundwandelemente lagegenau

einzubringen und um Schlosssprünge zu

vermeiden. Um solche möglichen Fehl-

stellen im Neubau besser zu erfassen,

wurden zusätzlich Schlossdetektoren an

die Tragbohlen angebracht.

Auf der Wasserseite wurden die rund

30 m langen Tragbohlen von einer Hubin-

sel gerammt (Bild 3). Wegen Schäden an

den Schlossverbindungen sowie der Kor-

rosionsbeschichtung musste ein Teil der

Trag- und Füllbohlen bereits während der

Ausführung gezogen und nach anschlie-

ßender Sanierung wieder eingebaut wer-

den. Zum Nachweis der Tragfähigkeit der

Tragbohlen wurden dynamische Probe-

belastungen an vier Standorten der West-

kaje durchgeführt.

Die Kajenwand wurde durch Verpress-

mörtelpfähle rückverankert, die aus ei-

nem Stahlrammpfahl mit einem unten

aufgeschweißten keilförmigen Pfahl-

schuh bestehen. Die Umhüllung des

Stahlträgers mit Zementsuspension

erhöht die äußere Tragfähigkeit und

schützt vor mikrobiell induzierter Korro-

sion. Die Bemessungsgrundlagen der

Pfähle wurden durch vorgezogene Pro-

bebelastungen an drei Standorten land-

seitig entlang der Westkaje überprüft.

Hierbei konnten die charakteristischen

Bruchwerte für die Mantelreibung aus

dem BAW-Baugrundgutachten bestä-

tigt werden. Zusätzlich wurden an vier

Standorten jeweils zwei Bauwerkspfähle

statisch beprobt.

Nach dem Anschluss der Schrägpfähle

erfolgte die Sandverfüllung zwischen

alter und neuer Wand und der Bau der

Betonschürze. Die abschließende Bau-

phase beinhaltet nun den Abbruch des

vorhandenen Kajenholms und die Her-

stellung des neuen Stahlbetonüberbaus

einschließlich Oberflächenbefestigung

und Kajenausrüstung.

Ausblick

Im Anschluss an die Grundinstandset-

zung der Ost- und Westkajen ist eine

Sanierung des Ostmolenkopfes geplant.

Am Ostmolenkopf zeigen sich Verschie-

bungen der Konstruktion und Versackun-

gen der Hinterfüllung. Um die Standsi-

cherheit und die Nutzungsmöglichkeiten

der Ostmole bewerten zu können, wur-

den von der BAW erste numerische Be-

rechnungen (2-D und 3-D) durchgeführt

(Bild 4). Aufgrund der komplexen Rand-

bedingungen hinsichtlich Bauzustand,

Strömungsbedingungen und Baugrund-

aufbau werden die 3-D Modellierungen

fortentwickelt, um Versagensmechanis-

men zutreffender erfassen und entspre-

chende Sanierungsmaßnahmen unter

den exponierten Bedingungen planen

zu können.

Ansprechpartner: Dipl.-Ing. U. Matthiesen ([email protected])

Im Fokus

Bild 3: Rammung der Tragbohlen mit Hilfe doppelter Rammführung.

Bild 4: 3-D Modellierung Ostmolenkopf.

BauMaGs – eine Software für die Wasserstraßenunterhaltung

Anfang Februar 2016 wurde das IT-Sys-

tem BauMaGs (Erfassung von Baumaß-

nahmen und Maßnahmen zur Geschie-

besteuerung) für den Anwenderkreis

zur produktiven Nutzung freigegeben.

BauMaGs bietet die Möglichkeit, alle

im Zuge der Unterhaltung und Geschie-

bebewirtschaftung bewegten Mengen

sowie die dazugehörigen Materialeigen-

schaften in einer zentralen Datenhaltung

zu erfassen und zu verwalten.

Das übergeordnete Objekt „Baumaß-

nahme“ ermöglicht die Erfassung von

allgemeinen Verwaltungsdaten. Diesem

können beliebig viele Objekte „Bauaus-

führung“ zugeordnet werden, über die

die im Rahmen der Maßnahme bewegten

Mengen dokumentiert werden. In einem

Kartenfenster wird die Lage der aktuell

geöffneten Bauausführung oder Bau-

maßnahme visualisiert (Bild 1).

Werden Materialmengen innerhalb des

Gewässers umgelagert, so werden die

„Wege der Baggermengen“ über die au-

tomatische oder interaktive Verknüpfung

von Entnahme- und Zugabe-Bauausfüh-

rung beschrieben (Bild 2).

Die umfassende Dokumentation der an-

thropogenen Eingriffe in den Geschiebe-

haushalt ermöglicht den Nachweis der

durchgeführten Maßnahmen und liefert

die Basis, um das durchgeführte Geschie-

bemanagement zu analysieren und Opti-

mierungspotenzial zu erkennen.

BauMaGs befindet sich noch in der

Einführungsphase und mit der Produk-

tivsetzung des Verfahrens wurde ein

wichtiger Meilenstein erreicht. In den

Binnenbereichen der Generaldirektion

Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS)

wird BauMaGs zukünftig flächende-

ckend eingesetzt werden. Hier wurden

bereits Schulungen der BauMaGs-Erfas-

ser durchgeführt, weitere Schulungen

sind in Planung.

Als WSV-IT-Verfahren erfolgen der Be-

trieb und die technische Betreuung von

BauMaGs durch das Informationstechnik-

zentrum Bund (ITZBund) in Ilmenau, die

fachliche Verfahrensbetreuung liegt bei

der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW)

in Karlsruhe.

Bild 1: Kartendarstel-lung einer Bau-ausführung.

Bild 2: Schematische Darstellung einer Umlagerungsbaggerung mit Zugabe an zwei ver- schiedenen Stellen.

Bild 3: Rollenauswahl bei einem BauMaGs- Nutzer mit Erfasser- und Auswerterech-ten für mehrere Ämter.

Weitere Informationen zu BauMaGs sind

im WSV-Intranet verfügbar, dort kann

auch ein Newsletter abonniert werden,

der über Neuerungen und Aktuelles zum

Betrieb von BauMaGs informiert.

Ansprechpartner: Dipl.-Ing. M. Möhling ([email protected])

Panorama

8 9BAWAktuell 02/2016 BAWAktuell 02/2016

Page 6: BA Aktuell - Infozentrum Wasserbau (IZW) · 2016-07-18 · BA Aktuell Das Info-Magazin der Bundesanstalt für Wasserbau Ausgabe 02/2016 Im Gespräch mit Benno Lenkeit, Leiter des

Panorama

Workshop zur integralen Modellierung von Oberflächen- und Grundwasser

Vom 19. bis zum 20. April 2016 fand in der

BAW, Dienststelle Hamburg, ein Workshop

zum Thema „Recent Advances in Coupled

Surface-Subsurface Modelling“ statt. Im

Rahmen der Veranstaltung wurden von

Herrn Prof. Casulli (Universität Trient) zwei

Vorträge zu den Themen „A conservative

semi-implicit method for coupled surface-

subsurface flows in regional scale“ und

„Solving Richards equation in mixed form“

gehalten. Zwischen diesen fanden Diskus-

sionen in einer kleineren Expertengruppe

statt. Daran haben Mitarbeiter der beiden

BAW-Dienststellen Hamburg und Karlsru-

he sowie Herr Prof. A. Malcherek (UniBW

München) und Em. Prof. G. Stelling (Stelling

Hydraulics) teilgenommen (siehe Bild).

In der BAW werden zur Simulation von

Oberflächenwasser (OW) und Grundwas-

ser (GW) verschiedene Modellverfahren

eingesetzt (u. a. TELEMAC, UnTRIM, FE-

FLOW, MODFLOW). Bislang werden die

Oberflächen- und die Grundwasserströ-

mung unabhängig voneinander berech-

net. Gelegentlich werden die Ergebnisse

des einen Modells als Randwerte für das

andere Modell benutzt, um z. B. den Ein-

fluss einer Vertiefung der Fahrrinne auf das

Grundwasser zu untersuchen. Eine derar-

tige sequentielle Vorgehensweise bildet

allerdings nur die (unidirektionalen) Einwir-

kungen des einen Wasserkörpers auf den

anderen ab und stellt keine „echte Kopp-

lung“ im Sinne von Wechselwirkungen dar.

Eine Kopplung setzt entweder eine inte-

grale Lösung des (Gesamt-) Gleichungssys-

tems für die ober- und die unterirdische

Strömung oder einen iterativen Algorith-

mus zur Berechnung des Austausches zwi-

schen den beiden Wasserkörpern voraus.

Das von Herrn Prof. Casulli entwickelte

mathematische Verfahren UnTRIM3 erlaubt

erstmals eine integrale (ganzheitliche) Si-

mulation der Strömungsprozesse im OW

und GW. Austauschprozesse zwischen OW

und GW werden dabei quasi automatisch

korrekt berücksichtigt, unabhängig von

ihrer Größenordnung und Bedeutung. Un-

TRIM3 eignet sich für reine OW-, reine GW-

und gekoppelte OW-GW-Anwendungen.

Die Eignung von UnTRIM3 für Fragestel-

lungen der BAW soll weitergehend eva-

luiert werden. Neben einer mathematisch

konsistenten Lösung der grundlegenden

Gleichungen für OW und GW können sich

daraus mittelfristig auch Effizienzgewinne

durch vereinheitlichte Methoden, Daten und

Metadaten in den verschiedenen Abteilun-

gen und Referaten der BAW ergeben.

Ansprechpartner: Dr.-Ing. G. Lang ([email protected])

Teilnehmer des Work- shops „Recent Ad-vances in Coupled Surface-Subsurface Modelling“ bei der BAW Dienststelle Hamburg.

Panorama

Untersuchung einer Probeplatte.

Langzeitprüfungen von Beschichtungsstoffen in der Natur

(Ostsee, Kiel), salinares Binnenwasser

(Weser, Windheim) und Süßwasser (Mo-

sel, Trier). Die Resultate, z. B. der Unter-

rostung an künstlichen Verletzungen, ist

dabei ein wesentliches Qualitätskrite-

rium. Gewöhnlich schneiden dabei Be-

schichtungssysteme mit zinkstaubgefüll-

ter Grundbeschichtung am besten ab, da

sie gegenüber korrosiven Prozessen den

größten Widerstand aufbieten können.

Die Ergebnisse der Serie 2008 - 2013

(bzw. auch 2005 - 2010) weisen nun

auch zum ersten Mal auf deutliche Un-

terschiede zwischen den Ergebnissen

der Labortest- und der Langzeitausla-

gerungsverfahren hin: Die nach den

Labortestverfahren ausgesprochenen

(bedingten) Zulassungen konnten nach

fünfjähriger Auslagerung der Prüfplat-

ten in der Natur, wegen den hohen Un-

terrostungswerten, nicht immer bestätigt

werden. Diese Unterschiede sind dem

Umstand geschuldet, dass die nunmehr

vermehrt angebotenen Einschichtsyste-

me (ohne Grundbeschichtung) die (zeitlich

relativ kurzen) Labortestverfahren bestan-

Stahl, welcher dem Wasser oder der At-

mosphäre ausgesetzt wird, ist instabil und

unterliegt der natürlichen Zersetzung,

Korrosion bzw. Rosten genannt. Daher

werden Beschichtungsstoffe, üblicher-

weise aus Polymeren, zum Korrosions-

schutz im Stahlhoch- wie im Stahlwasser-

bau eingesetzt. Die Eignungsprüfungen

von Beschichtungsstoffen erfolgen im

Allgemeinen im Labor. Dabei können je-

doch nicht alle „Einsatzbedingungen"

nachgestellt werden, weshalb von der

Bundesanstalt für Wasserbau (BAW)

Langzeitauslagerungen unter „Feldbe-

dingungen" durchgeführt werden. Zudem

ist das Langzeitauslagerungsverhalten

Teil der Zulassungsprüfung. Auch in den

relevanten nationalen wie internationa-

len Regelwerken zur Korrosionsschutz-

prüfung wird explizit auf die Notwendig-

keit von Naturauslagerungsversuchen

hingewiesen (siehe DIN EN ISO 12944).

International verfügbar sind derartige

Untersuchungen und deren Resultate je-

doch nicht. Naturauslagerungen wurden

von der BAW bereits in den 50er Jahren

durchgeführt, Mit ihren Resultaten wur-

de die Vorauswahl und Entwicklung von

Beschichtungsstoffen für den Stahlwas-

serbau maßgeblich beeinflusst. In den

letzten Dekaden wurden diese Untersu-

chungen (Thema u. a.: Umweltfreundliche

Beschichtungsstoffe, Zulassungsprüfung)

mit Auslagerungskampagnen in den Jah-

ren 1992 - 1997, 1997 - 2002, 2003 - 2008,

2005 - 2010 sowie 2008 - 2013 konsequent

weitergeführt.

Die BAW testet die Korrosionsschutzsys-

teme mittels beschichteter Probeplatten

grundsätzlich an vier Lokalitäten (früher

sechs) mit unterschiedlichen Gewäs-

sertypen. Hier sind aufzuzählen: Meer-

wasser (Nordsee, Büsum), Brackwasser

den hatten und nun zur Auslagerungs-

prüfung vorgelegt worden sind. Hierbei

konnten sie durchwegs die vorgegebenen

Grenzwerte der Unterrostung nicht einhal-

ten. Auf Grund der vorliegenden Auswer-

tung (Langzeitauslagerungsversuche von

Beschichtungssystemen für den Stahl-

wasserbau 2008 - 2013; A39510210413)

kann geschlossen werden, dass die

Beschleunigungsfaktoren der Labortest-

verfahren nicht ausreichen, um den Na-

turauslagerungen gerecht zu werden.

Daher muss zukünftig für die „kritischen“

Systeme eine komplette Zulassungsprü-

fung, einschließlich der fünfjährigen Lang-

zeitauslagerung, vorliegen, damit eine

Eignungsbeurteilung für den Einsatz im

Meerwasserbereich erfolgen kann. Mög-

licherweise kann das Zulassungsverfah-

ren dennoch abgekürzt werden, indem

nach zwei Jahren eine (zerstörungsfreie)

Zwischenprüfung durch die Auswertung

der Blasenbildung an der künstlichen

Verletzung vorgenommen wird.

Ansprechpartner: Dr. rer. nat. G. Binder ([email protected])

Schon gewusst?

Polymer

Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen, dass sich

in unserem Bericht über Beschichtungs-

stoffe ein Fremdwort eingeschlichen hat,

das nicht jedem geläufig sein dürfte. Das

Wort Polymer stammt aus dem Griechi-

schen und bedeutet „viele Teile“. Bei den

Polymeren handelt es sich um Riesenmo-

leküle, welche durch millionenfache Anei-

nanderreihung von an sich kleinen Einzel-

molekülen (den Monomeren) entstanden

sind. Polymere besitzen durch ihre gigan-

tische Molekülstruktur viele interessante

Eigenschaften und sind aufgrund ihrer

Vielfältigkeit als Werkstoffe aus der moder-

nen Technik und dem heutigen Leben nicht

mehr wegzudenken. So finden sie als Poly-

urethane in Korrosionsschutzbeschichtun-

gen für den Schiffs-, Brücken- und Stahl-

wasserbau, als Polypropylen in Rohren,

Seilen und Geotextilien, in Polyacrylsäure

als Betonzusatzstoff und als Elastomere

wie Polychloropren in Schleusendichtun-

gen und als Konstruktionswerkstoff für

Schlauchwehre breite Verwendung.

Auch in der Natur sind Polymere von enor-

mer Bedeutung. Letztlich bilden sie die

Grundlage für jegliches Leben auf unse-

rer Erde. Sie stellen in Form von Polysac-

chariden (Zellulose) das Strukturelement

in Pflanzen und als Polypeptide (Eiweiße)

das Baumaterial für die Tiere und den Men-

schen zur Verfügung. Auch bei der Des-

oxyribonucleinsäure (DNS), dem Träger

der Erbinformation aller Lebewesen, han-

delt es sich um ein polymeres Molekül.

Daher finden die Erkenntnisse der Poly-

merchemie nicht nur in die Materialwis-

senschaften, die Kunststoffverarbeitung

und die Bautechnik Eingang, sondern be-

leben auch die Arzneimittelforschung und

die moderne Medizin.

Ansprechpartner: Dipl.-Ing. R. Baier ([email protected])

11BAWAktuell 02/201610 BAWAktuell 02/2016

Page 7: BA Aktuell - Infozentrum Wasserbau (IZW) · 2016-07-18 · BA Aktuell Das Info-Magazin der Bundesanstalt für Wasserbau Ausgabe 02/2016 Im Gespräch mit Benno Lenkeit, Leiter des

land zu finden sind, ist der Reiseaufwand für die Projektbeteiligten

enorm hoch.

BAWAktuell: Wer sind Ihre gegenwärtigen Kunden und an

welchen Projekten arbeiten Sie derzeit?

Benno Lenkeit: Seit dem Jahr 2009 ist das Referat ein wesentlicher

Akteur im Erneuerungsprogramm der Deutschen Forschungsflot-

te des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Derzeit

arbeiten wir am Ersatz des Polarforschungs- und Versorgungs-

schiffes POLARSTERN. Für dieses Vorhaben werden momentan

Angebote bei den Werften eingeholt. Daneben arbeiten wir aktu-

ell im Auftrage des Bundesministeriums für Ernährung und Land-

wirtschaft am Ersatz des Fischereiforschungsschiffes WALTHER

HERWIG III sowie für das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hy-

drographie (BSH) am Neubau der ATAIR sowie für die WSV an den

Neubauten der Mehrzweckschiffe MELLUM und SCHARHÖRN.

BAWAktuell: Was ist bei den aktuellen Projekten besonders

herausfordernd?

Benno Lenkeit: Die Projekte unterscheiden sich stark voneinander,

weil sie sehr spezifische Anforderungen besitzen. Bei der POLAR-

STERN etwa müssen wir das extreme Klima (tropisch und arktisch)

berücksichtigen, da das Schiff, sowohl zum Zwecke der Wissen-

schaft als auch zur Versorgung der Antarktisstation Neumayer III,

zwischen der Arktis und der Antarktis pendeln wird. Gleichzeitig

gilt es, alle Anforderungen aus Sicht der Wissenschaft und für

einen zuverlässigen, umweltfreundlichen und effizienten Schiffs-

betrieb zu erfüllen. Manche Themen betreffen auch alle Projekte

gleichermaßen: Wir reduzieren beispielsweise fortlaufend die Um-

weltbelastungen und besonders die Abgasemissionen. Wir über-

prüfen dafür gemeinsam mit unseren Kunden die technischen

Möglichkeiten am Markt und wägen deren Auswirkungen auf

das Projekt ab, um für die Realisierung die beste Entscheidung zu

treffen. Oft sind dabei erprobte und etablierte Lösungen noch gar

nicht verfügbar und müssen einzeln- oder neu entwickelt werden.

Bei der ATAIR werden wir für den Betreiber (BSH) einen Teil der

Energieerzeugung mit Liquid Natural Gas (LNG) realisieren. Diese

umweltfreundliche Lösung macht aus heutiger Sicht Abgasnach-

behandlungen unnötig, ist für die Flotte der Bundesressorts aller-

dings Neuland und eine Herausforderung für uns alle.

BAWAktuell: Wo sehen Sie das Referat Schiffstechnik im Jahr

2025?

Benno Lenkeit: Ich wünsche mir, dass wir bis dahin die geplante

Erneuerung der Deutschen Forschungsflotte abgeschlossen ha-

ben. Das betrifft die Neubauten von POLARSTERN sowie METEOR/

POSEIDON. Mit Blick auf die Flotte des BMVI wünsche ich mir,

dass wir nach der ATAIR mindestens einen weiteren Neubau für

das BSH erfolgreich abwickeln konnten. Für die zu erwartenden,

umfangreichen Ersatzinvestitionen der WSV wollen wir eine fes-

te Säule darstellen. Daneben hoffe ich, dass wir auch Zeit haben

werden, uns mit anderen Fachbehörden und den vielseitigen

Partnern und Betreibern stärker auszutauschen, um Lerneffekte

für alle Seiten zu erzielen.

BAWAktuell: Worauf blicken Sie besonders gern zurück, und was

wären die für Sie wichtigen Punkte, mindestens weitere 13 Jahre

im Referat Schiffstechnik tätig zu sein?

Benno Lenkeit: Es erfüllt meine Kolleginnen und Kollegen mit Stolz,

wenn wir in den Medien von Projekten lesen oder hören, an de-

nen wir mitgewirkt haben. Zuletzt gab es in einer Reihe von Berich-

ten über das neue Tiefseeforschungsschiff SONNE viele positive

Stimmen. Gleiches gilt für die in den letzten Jahren entwickelten

und erfolgreich in Fahrt befindlichen Mehrzweckschiffe NEUWERK

und ARKONA für die Havarievorsorge in Nord- und Ostsee. Für

den Lotsenversetzdienst in der Nordsee haben wir die erfolgrei-

che Einführung der SWATH-Technologie (Small Waterplane Area

Twin Hull) begleitet. Durch diese Bauart, bestehend aus getauch-

ten Schwimmkörpern und schmalen Stützen mit geringen Wasser-

linienflächen, auf denen die Aufbauten angeordnet sind, treten

deutlich geringere Vertikalbeschleunigungen im Seegang auf.

Insgesamt ist es für mich wichtig, dass wir weiterhin gemeinsam

an unseren Zielen arbeiten und uns fortlaufend weiterentwickeln.

Über unsere Zukunft und Ausrichtung für die Zeit nach dem Erneu-

erungsprogramm der Deutschen Forschungsflotte müssen wir uns

bereits heute Gedanken machen. Dabei wird eine gut strukturierte

und aufeinander abgestimmte Arbeitsweise, u. a. mit den künfti-

gen Fachstellen der WSV ein wichtiger Baustein sein.

BAWAktuell: Herr Lenkeit, wir bedanken uns für das Gespräch.

Kontakt: [email protected]

gen wir über qualifiziertes Personal für alle relevanten Fachrich-

tungen, wie Schiffbau, Maschinenbau, Elektro- und Nachrichten-

technik. Zusätzlich besitzen wir ein qualifiziert besetztes und gut

ausgestattetes Konstruktionsbüro. Dadurch ist es eine besondere

Stärke unseres Referats, gemeinsam mit den Betreibern und Nut-

zern der Schiffe eine auf ihre Bedürfnisse angepasste Lösung zu

entwickeln, auch wenn deren Anforderungen vielfältig und oftmals

sehr speziell sind. Für diese Aufgabe spielen über viele Jahre ge-

sammelte Parameter und Daten eine wichtige Rolle sowie positive

und auch negative Erfahrungen aus verschiedensten Projekten.

BAWAktuell: Was zeichnet Ihre Arbeit gegenüber anderen

Referaten der BAW aus?

Benno Lenkeit: Wir sind von Beginn an mit einem Projektteam

für den Kunden und für die ausführende Werft der zentrale An-

sprechpartner in allen Belangen des Vorhabens. Damit sind wir

unmittelbar in das operative Geschäft während Konstruktion und

Bau durch die Werft involviert. Verglichen mit den Bauaktivitä-

ten seitens der WSV erfüllen wir somit die Rolle eines Baubevoll-

mächtigten gegenüber dem Auftragnehmer, mit allen Rechten,

aber auch umfangreichen Pflichten. Neben dem Schiffsentwurf

ist vor allem die Bauaufsicht wichtig und besonders zeitintensiv.

Wir prüfen und geben Ausführungsunterlagen frei und begleiten

die komplette Fertigung. Dazu kommen Erprobungen, Probefahr-

ten und die Abnahme des Wasserfahrzeugs einschließlich seiner

Rechnungslegung. Da die Werften und die global agierenden Zu-

lieferfirmen meist an deutschen Küsten und im europäischen Aus-

BAWAktuell: Herr Lenkeit, was waren Ihre Beweggründe, sich vor

13 Jahren auf die Referatsleitung K4 (Schiffstechnik) zu bewerben?

Benno Lenkeit: Damals hatte ich bereits neun Jahre Erfahrung

mit Planung und Bau von Wasserfahrzeugen. Zumeist handelte es

sich um Arbeitsschiffe für die Wasserstraßen- und Schifffahrtsver-

waltung des Bundes (WSV). Es erschien mir sehr reizvoll, meinen

Aufgabenbereich zu erweitern und mich stärker auch auf Spezial-

schiffe der WSV sowie die anderer Bundesressorts zu fokussieren.

BAWAktuell: Worin bestehen die Kernaufgaben des Referats

Schiffstechnik der BAW?

Benno Lenkeit: Beim Bau neuer Schiffe sind wir verantwortlich von

der ersten Idee über das anschließende Entwurfs-, Planungs- und

Vergabeverfahren, über die Bauabwicklung bis zur erfolgreichen

Übergabe des neuen Schiffes an den Betreiber. Zudem beraten

wir als Teil der „BAW-Familie“ das Bundesministerium für Ver-

kehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und seine nachgeordneten

Dienststellen rund um die Schiffstechnik. Wenn im Geschäftsbe-

reich des BMVI über neue oder zu ersetzende Groß-, Spezial- und

Sonderfahrzeuge diskutiert wird, spielen wir eine entscheidende

Rolle. Sie besteht darin, uns mit den jeweiligen Betreibern dieser

Schiffe, wie etwa den Wasserstraßen- und Schifffahrtsämtern, um

Planung und Realisierung ihrer Neubauvorhaben zu kümmern.

BAWAktuell: Welche Kompetenzen besitzt das Referat für diese

Aufgaben?

Benno Lenkeit: Für Entwurf, Planung und Bau von Schiffen verfü-

Im Gespräch mit ... Im Gespräch mit ...

Benno LenkeitLeiter des Referats Schiffstechnik

„Wir reduzieren beispielsweise fortlaufend die Umwelt-

belastungen und besonders die Abgasemissionen.“

Benno Lenkeit

12 13BAWAktuell 02/2016 BAWAktuell 02/2016

Page 8: BA Aktuell - Infozentrum Wasserbau (IZW) · 2016-07-18 · BA Aktuell Das Info-Magazin der Bundesanstalt für Wasserbau Ausgabe 02/2016 Im Gespräch mit Benno Lenkeit, Leiter des

Kalender

In den 25 Jahren seit der Wiedervereini-

gung wurden viele neue Wasserfahrzeuge

für die Wasserstraßen- und Schifffahrts-

verwaltung des Bundes (WSV) in Dienst

gestellt. Die Erfahrungen mit diesen neuen

Fahrzeugen sind für den SNEM-Bereich

von großer Bedeutung für zukünftige

Beschaffungen und gehen in die Überle-

gungen der WSV-Arbeitsgruppe „Verein-

heitlichung und Standardisierung von Was-

serfahrzeugen in der WSV“ ein. Welche

Tendenzen sind erkennbar und wohin geht

die Reise? Diese Fragen und weitere sollen

im diesjährigen Fachkolloquium diskutiert,

Erfahrungen aus bisherigen Schiffsneu-

bauten ausgetauscht und Aktuelles zur

Standardisierung von Wasserfahrzeugen

in der WSV vorgestellt werden.

15. September 2016, 10:00 Uhr – 16:15 Uhr, Hamburg

Schiffbautechnisches Kolloquium – Erfahrungen aus bisherigen Schiffsneubauten und Standardisierung von Wasserfahrzeugen in der WSV

29. September 2016, 13:00 Uhr – 17:00 Uhr, Hamburg

Dämme und Deiche

Kalender

Kalender

Veranstaltungen im September 2016

15 / 09 Schiffbautechnisches Kolloquium Hamburg „Erfahrungen aus bisherigen Schiffsneubauten und Standardisierung von Wasserfahrzeugen in der WSV“

29 / 09 BAW-Kolloquium Hamburg „Dämme und Deiche“

Veranstaltungen im Oktober 2016

04 – 05 / 10 BAW-Kolloquium Karlsruhe „Verkehrswasserbauliche Untersuchungen am Rhein“

05 – 06 / 10 BAW-Aussprachetag Trier „Baustoffe“ Hinweis: WSV-interne Veranstaltung

25 – 26 / 10 BAW-Kolloquium Karlsruhe „Instandhaltung von Wasserbauwerken“

Veranstaltungen im Dezember 2016

01 / 12 BAW-Kolloquium Karlsruhe „Natürliche, künstliche und virtuelle Stoffe in der Geotechnik“

Das Gesamtprogramm der BAW-Kolloquien 2016 finden Sie unter www.baw.de

Als Streckenbauwerke schützen Dämme

und Deiche tiefer liegendes Hinterland

vor Überschwemmungen und wirken

gleichzeitig als Begrenzung für Bun-

deswasserstraßen und Gewässer. Am

Beispiel aktueller und herausragender

Projekte aus dem Binnen- und Küsten-

bereich werden die spezifischen Her-

ausforderungen von der Planung und

Bemessung bis hin zum Bau sowie der

Zustandsbeurteilung dargelegt. Wissen-

schaftliche und grundsätzliche Betrach-

tungen werden hierbei einbezogen.

14 15BAWAktuell 02/2016 BAWAktuell 02/2016

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Kußmaulstraße 17 · 76187 KarlsruheTel. +49 (0) 721 97 26-0 · Fax +49 (0) 721 97 26-45 40 www.baw.de

Wedeler Landstraße 157 · 22559 HamburgTel. +49 (0) 40 81 908-0 · Fax +49 (0) 40 81 908-373