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Heft 6. CHEMISCHE REVUE. 130 Wie aus der Tabelle hervorgeht, sinkt das spez. Gewicht der technischen Naphthensauren mit steigendem Siedepunkt, d. h. mit der Molekulargrosse. Hierzu konnte man rnit Recht die Bemerkung machen, dass das spez. Gewicht der technischen Naphthensauren deswegen so schnell abnimmt, weil dieselben Unverseifbares, d. h. Mineralole, enthalten. Nimmt man aber die Viskositaten und Jodzahlen in Betracht, so bleibt diese Bemerkung nur teilweise bestehen, kann aber weder eine Erklarung furden sehr hohen Viskositatszuwachs noch auch fur die steigenden Jodzahlen geben, denn erwahnte Eigenschaften der entsprechenden Mineralole sind relativ klein. Der Viskositatszuwachs muss somit auf eine steigende Molekulargrosse der im technischen Produkte vorhandenen reinen Naphthensauren deuten. Das spez. Gewicht der reinen hoch- molekularen Naphthensauren muss also mit steigender Molekulargrosse sinken, d. h. bei ge- nugend grosser Molekulargrosse sich den der ent- sprechenden Mineralole nahern. Die in den am hochsten siedenden technischen Naphthensauren, wie uberhaupt in den durch Ausziehen mit Na.- Lauge erhaltenen Naphthensauren, gefundenen Jodzahlen, deuten auf Gegenwart von ungesattig ten Kohlenwasserstoffen hin. Die verhaltnismassig niedrige Saurezahl, die mit ziemlich hoherfodzah1 und hohern Viskositatsgrad bei diesen Naphthen- sauren korrespondiert, deutet wohl darauf hin, dass Naphthensauren hier nicht, wenigstens nicht uberwiegend, im freien Zustande vor- handen sind, sondern irgendwelche Verbin- dungen von mehr oder weniger kompliziertem Charakter mit vorlaufig unbekannten ungesat- tigten Kohlenwasserstoffenl) bilden. Hierdurch 1) Wahrscheinlich Terpenen. erklart sich auch die ausserordentliche Schwierig- keit, reine hochmolekulare Naphthensauren aus den Schmieroldestillaten zu isolieren. Die Ver- suche, reine hochmoIekulare Naphthensauren aus den Schmierolfraktionen durch Ausziehen mit alkoholischem Kali zu gewinnen, hat nicht zu befriedigenden Resultaten gefuhrt. Ebenso durfte die Methode, erwahnte technische Naphthensauren in Metylester oder dgl. zu uberfuhren, ohne gewisse Massnahrnen kaum zur Isolierung reiner Naphthensauren fuhren, wenn auch diese Arbeitsweise bei den niedriger siedenden Naphthensauren sich gut bewahrt hat. Hierzu durfte die Ursache der obengenannte komplizierte Charakter erwahnter Naphthen- saurekomplexe sein. Hiermit ist aber nicht gesagt, dass es nicht gelingen kann, die hoch- molekularen Naphthensauren aus den Schmier- olfraktionen zu isolieren, nur muss der experi- mentelle Weg ein geeigneter sein. Was nun die Isolierung hochmolekularer Naphthensauren anbelangt, so sei in diesem Zu- sammenhang folgendes erwahnt. Aus gewohn- lichen Maschinenollaugenabfallen gelang es, eine ziemlich reine Naphthensaure mit spez. Gewicht 0,9470 bei 19,8O/15O, Saurezahl 169,7, Jodzahl ‘234 (Hubl-Waller) zu isolieren. Diese Naphthen- saure gab bei der fraktionierten Destillation ca. 13 O,’o Eikosinaphthensaure (Go Hsa 0s) und 63 O/o Eikosipentanaphthensaure (Cas Has Os), die in reinem Zustande erhalten und analysiert wurden. Die diesbezuglichen experimentellen Arbeiten werden an anderer Stelle veroffentlicht. Hiermit ist das oben Gesagte, was spez. Gewicht, Molekulargrosse usw. der hochmolekularen Naphthensauren anbetrifft, zur Evidenz bewiesen worden. Aus der Seifenindustrie. Ing. Chem. Oskar Steiner. Das DSeifensiedena hat heute fur den alteren, noch handwerksmassig ausgebildeten Seifensieder nur mehr wenig Reiz. Nicht, dass seineFertigkeiten durch die neueren Arbeitsmethoden entbehrlich geworden waren, oder dass er aus konservativem Festhalten am Althergebrachten Neuerungen mit Misstrauen begegnete. Das Seifensieden geht ihm heute vie1 zu leicht und zu rasch und er kann nicht die Ueberzeugung gewinnen, dass man bei dem schnellen Arbeiten ebenso Bgutec Seifen bekommen sol1 wie fruher, da er vom friihen Morgen bis zum spaten Abend am Kessel stehen musste. Dafur sind heute seine Zeit und seine Krafte anderweitig in Anspruch genommen. Zunachst kann er nicht mehr wie fruher mit einer gewissen Gleichrnassigkeit der Rohstoffe rechnen. Seit der Talg und die pflanzlichen Fette, insbesondere Palmkern- und Kokosol, fur den Seifenfabrikanten zu teuer geworden sind, wird es ihm immer schwieriger, den richtigen und preiswerten Ersatz dafir zu finden. Die Produkte, die der Seifenindustrie heute als solcher Ersatz zu Gebote stehen, sind zweierlei Art: 1. Fette, welche durch chemische Ver- anderung von fliissigen Oelen oder halb- weichen Fetten hergestellt werden;

Aus der Seifenindustrie

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Page 1: Aus der Seifenindustrie

Heft 6. CHEMISCHE REVUE. 130

Wie aus der Tabelle hervorgeht, sinkt das spez. Gewicht der technischen Naphthensauren mit steigendem Siedepunkt, d. h. mit der Molekulargrosse. Hierzu konnte man rnit Recht die Bemerkung machen, dass das spez. Gewicht der technischen Naphthensauren deswegen so schnell abnimmt, weil dieselben Unverseifbares, d. h. Mineralole, enthalten. Nimmt man aber die Viskositaten und Jodzahlen in Betracht, so bleibt diese Bemerkung nur teilweise bestehen, kann aber weder eine Erklarung furden sehr hohen Viskositatszuwachs noch auch fur die steigenden Jodzahlen geben, denn erwahnte Eigenschaften der entsprechenden Mineralole sind relativ klein. Der Viskositatszuwachs muss somit auf eine steigende Molekulargrosse der im technischen Produkte vorhandenen reinen Naphthensauren deuten. Das spez. Gewicht der reinen hoch- molekularen Naphthensauren muss also mit steigender Molekulargrosse sinken, d. h. bei ge- nugend grosser Molekulargrosse sich den der ent- sprechenden Mineralole nahern. Die in den am hochsten siedenden technischen Naphthensauren, wie uberhaupt in den durch Ausziehen mit Na.- Lauge erhaltenen Naphthensauren, gefundenen Jodzahlen, deuten auf Gegenwart von ungesattig ten Kohlenwasserstoffen hin. Die verhaltnismassig niedrige Saurezahl, die mit ziemlich hoherfodzah1 und hohern Viskositatsgrad bei diesen Naphthen- sauren korrespondiert, deutet wohl darauf hin, dass Naphthensauren hier nicht, ’ wenigstens nicht uberwiegend, im freien Zustande vor- handen sind, sondern irgendwelche Verbin- dungen von mehr oder weniger kompliziertem Charakter mit vorlaufig unbekannten ungesat- tigten Kohlenwasserstoffenl) bilden. Hierdurch

1) Wahrscheinlich Terpenen.

erklart sich auch die ausserordentliche Schwierig- keit, reine hochmolekulare Naphthensauren aus den Schmieroldestillaten zu isolieren. Die Ver- suche, reine hochmoIekulare Naphthensauren aus den Schmierolfraktionen durch Ausziehen mit alkoholischem Kali zu gewinnen, hat nicht zu befriedigenden Resultaten gefuhrt. Ebenso durfte die Methode, erwahnte technische Naphthensauren in Metylester oder dgl. zu uberfuhren, ohne gewisse Massnahrnen kaum zur Isolierung reiner Naphthensauren fuhren, wenn auch diese Arbeitsweise bei den niedriger siedenden Naphthensauren sich gut bewahrt hat. Hierzu durfte die Ursache der obengenannte komplizierte Charakter erwahnter Naphthen- saurekomplexe sein. Hiermit ist aber nicht gesagt, dass es nicht gelingen kann, die hoch- molekularen Naphthensauren aus den Schmier- olfraktionen zu isolieren, nur muss der experi- mentelle Weg ein geeigneter sein.

Was nun die Isolierung hochmolekularer Naphthensauren anbelangt, so sei in diesem Zu- sammenhang folgendes erwahnt. Aus gewohn- lichen Maschinenollaugenabfallen gelang es, eine ziemlich reine Naphthensaure mit spez. Gewicht 0,9470 bei 19,8O/15O, Saurezahl 169,7, Jodzahl ‘234 (Hubl-Waller) zu isolieren. Diese Naphthen- saure gab bei der fraktionierten Destillation ca. 13 O,’o Eikosinaphthensaure ( G o Hsa 0 s ) und 63 O/o Eikosipentanaphthensaure (Cas Has Os), die in reinem Zustande erhalten und analysiert wurden. Die diesbezuglichen experimentellen Arbeiten werden an anderer Stelle veroffentlicht. Hiermit ist das oben Gesagte, was spez. Gewicht, Molekulargrosse usw. der hochmolekularen Naphthensauren anbetrifft, zur Evidenz bewiesen worden.

Aus der Seifenindustrie. Ing. Chem. Oskar S t e i n e r .

Das DSeifensiedena hat heute fur den alteren, noch handwerksmassig ausgebildeten Seifensieder nur mehr wenig Reiz. Nicht, dass seineFertigkeiten durch die neueren Arbeitsmethoden entbehrlich geworden waren, oder dass er aus konservativem Festhalten am Althergebrachten Neuerungen mit Misstrauen begegnete. Das Seifensieden geht ihm heute vie1 zu leicht und zu rasch und er kann nicht die Ueberzeugung gewinnen, dass man bei dem schnellen Arbeiten ebenso Bgutec Seifen bekommen sol1 wie fruher, da er vom friihen Morgen bis zum spaten Abend am Kessel stehen musste. Dafur sind heute seine Zeit und seine Krafte anderweitig in Anspruch

genommen. Zunachst kann er nicht mehr wie fruher mit einer gewissen Gleichrnassigkeit der Rohstoffe rechnen. Seit der Talg und die pflanzlichen Fette, insbesondere Palmkern- und Kokosol, fur den Seifenfabrikanten zu teuer geworden sind, wird es ihm immer schwieriger, den richtigen und preiswerten Ersatz dafir zu finden.

Die Produkte, die der Seifenindustrie heute als solcher Ersatz zu Gebote stehen, sind zweierlei Art:

1. Fette, welche durch chemische Ver- anderung von fliissigen Oelen oder halb- weichen Fetten hergestellt werden;

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2. Fette, welche die Produkte der Destil- lation von Fettruckstanden oder minder- wertigen Abfallfetten darstellen.

Zu der ersten Kategorie gehoren zunachst die ~ h y d r i e r t e n c Fette. Sie haben in der Seifenindustrie vielfach Aufnahme gefunden und werden, wenn auch nur als kleiner Teil des Fettansatzes, zur Herstellung von Kernseifen, Toiletteseifen und weissen Schmierseifen ange- wandt. Die an sie gekniipften Hoffnungen haben sie freilich bither nicht voll zu erfullen vermocht. Einerseits weil der Preis der geharteten Fette noch nicht darnach angetan ist, dem Seifen- fabrikantrn einen gro-sercn Nutzen zu sichern, andererseits weil sie den Seifen einen gewissen, nicht gerade angenehmen Geruch verleihen und deren Schaumvermogen und Waschkraft nur gering ist. Dem ist ja allerdings in gewissem Masse durch Anwendung entsprechend gemischter Fettansatze abzuhelfen. Zur Erzielung einer gut schaumenden Seife miissen deshalb neben den geharteten Oelen solche Oele zur Anwendung kommen, deren Seifen eine grosse Quellungs- geschwindigkeit haben. Als solche werden bis jetzt Palmkern- und Kokosol gebraucht, welche bei der jetzigen Konjunktur allerdings den Ge- stehungspreis der Seife erheblich erhohen.

Eine gewisse Perspektive eroffnet da das Verfahren von Leimdorfer'), welches darauf beruht, dass die Alkalisalze von oxydierten, polymerisierten Halogen oder Saureradikale ent- haltenden Fetten sich gegenuber Elektrolyten ebenso verhalten wie die Seifen von Palmkern- und Kokosol. Diese Verbindungen sollen, Seifen aus gewohnlichenFetten zugesetzt , deren Schaum- kraft bedeutend erhohen. Das ist ja auch, wenn man z. B. die Eigenschaften des Turkisch- rotols betrachtet, ohne weiteres einleuchtend.

Die jiingste Errungenschaft in der Be- schaffung neuer Fettarten durfte die Erfindung von Herzmann*) sein. Dieselbe beruht auf einer Kondensation von Oxyfettsauren mit Tri- methylamin, bewirkt durch Einwirkenlassen des Letzteren auf Chloroxyfettsauren bzw. Schwefel- saureester von Oxyfettsauren usw. Wenn sich die Mitteilungen des Erfinders auch nur teil- weise bestatigea sollten und sich der Preis des

'1 D. R. P. 250164. ') D. P. A. H 54542.

neuen Produktes in der Tat in angemessenen Grenzen halten sollte, dann wiirde bald die Seifenbereitung in neue Bahnen gelenkt werden, denn die Seifen dieser Kondensationsprodukte sollen nicht nur sehr fest und geruchlos sein (auch bei Tran als Ausgangsstoff) sondern auch sehr gut schaumen,

Als ein weiteres Ersatzmittel fur die natiir- lichen Fette stehen uns die aus Abfallfetten und Fettruckstanden durch Spaltung, Acidifikation und Destillation gewonnenen Fettsauren zu Ge- bote. Diese bieten ohne Zweifel eine sehr weit begrenzte Anwendungsmoglichkeit. Sehr erheb- liche wirtschaftliche Vorteile bringen sie aller- dings nur denjenigen Seifenbetrieben, die die obigen Prozesse selbst durchfuhren, und zwar insbesondere mit Riicksicht auf den Glyzerin- gewinn. Durch Trennung der Fettsauren in die fliissigen und festen Anteile ergeben sich, speziell fur die Industrie der nordlichen Lander, die Rohstoffe fur weiche und harte Seifen.

Das Bild der Rohstoffbeschaffung ware nicht vollstandig, wurde an dieser Stelle nicht auch der Versuche gedacht, den Geruch der Trane zu beseitigen. Patentierte und nicht geschutzte Verfahren gibt es dafur genugend, zum Teil fuhren sie auch zu wirklich guten Ergebnissen, zum grossen Teil aber nur zu einer Geruchs- verbesserung. Die wichtigste Seite dieser Frage ist auch wieder die wirtschaftliche. Die helleren Sorten von Tran sind heute zu teuer als dass ihre Behandlung zwecks Geruchsbeseitigung lohnend genug ware. .Die dunklen Trane da- gegen konnen in der Seifenindustrie nur eine ganz beschrankte Anwendung finden.

Damit komme ich auf die Farbe zu sprechen, die bei den Seifen neben Festigkeit und Wasch- kraft eine ziemlich grosse Rolle spielt. An sich und fur den Waschprozess ist ja die Farbe der Seife gewiss belanglos, und wurde das kon- sumierende Publikum weniger Wert auf eine helle Farbung der Seife legen, dann ware die Rohstoffversorgung fur die Seifenindustrie er- heblich leichter. Die ganze oben geschilderte Situation wurde sich anders gestalten, wenn es gelange, ein wirklich gutes, kraftig wirkendes, keine Nebengeruche hervorrufendes Bleichmittel - fur Fette oder fur Seifen - ausfindig zu machen. Das bleibt m. E. immer noch eines der Probleme der Zukunft.