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Aus der Klinik für Anästhesiologie der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Direktor: Prof. Dr. Dr. h.c. J. Schüttler
Vergleichende Untersuchung der EEG-Spektren von Isofluran, Desfluran und Sevofluran in äquipotenter Dosierung in der Ratte
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde
der Medizinischen Fakultät
der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
vorgelegt von
Markus Obendorfer
aus Neumarkt i. d. Oberpfalz
Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
Dekan: Prof. Dr. Dr. h.c. J. Schüttler
Referent: Priv.-Doz. Dr. Ch. Jeleazcov
Korreferent: Prof. Dr. Dr. H. Schwilden
Tag der mündlichen Prüfung: 24. Oktober 2012
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung ........................................................................................... 1
1. Hintergrund und Ziele .................................................................................. 1
2. Datengewinnung und Methoden .................................................................. 1
3. Ergebnisse und Beobachtungen ................................................................. 2
4. Schlussfolgerung ......................................................................................... 2
Abstract ............................................................................................................. 3
1. Background and goals ................................................................................. 3
2. Methods ....................................................................................................... 3
3. Results and observations ............................................................................ 4
4. Conclusions ................................................................................................. 4
Einleitung........................................................................................................... 5
1. Pharmakologische Eigenschaften der Inhalationsanästhetika Isofluran,
Desfluran und Sevofluran ................................................................................ 5
2. Quantifizierung der Narkosetiefe durch EEG-Analyse ................................. 6
Material und Methoden ..................................................................................... 8
1. Datengewinnung ......................................................................................... 8
2. Aufzeichnung und Digitalisierung der EEGs ................................................ 8
3. Datenvorverarbeitung .................................................................................. 9
4. Berechnung der Powerspektren .................................................................. 9
5. Clusteranalyse ........................................................................................... 10
6. Vergleich der typischen Spektren .............................................................. 11
Ergebnisse....................................................................................................... 13
1. Darstellung der Ergebnisse der Cluster-Analyse, der linearen Regression
und der Restspektren .................................................................................... 15
1.1. Wachzustand ...................................................................................... 15
1.2. Narkosestufe 0.4 MAC ........................................................................ 19
1.3. Narkosestufe 0.7 MAC ........................................................................ 22
1.4. Narkosestufe 0.9 MAC ........................................................................ 25
1.5. Narkosestufe 1.1 MAC ........................................................................ 27
1.6. Narkosestufe 1.3 MAC ........................................................................ 30
1.7. Narkosestufe 1.5 MAC ........................................................................ 32
2. Objektivierung der optischen Beobachtungen ........................................... 36
2.1. Chi-Quadrat-Test ................................................................................ 36
2.2. Vergleich der Steigungen der typischen Powerspektren ..................... 36
Diskussion ....................................................................................................... 38
1. Bearbeitung der Fragestellung .................................................................. 38
2. Ergebnisse der Clusterung im Wachzustand ............................................. 39
3. Ergebnisse der Clusterung während Narkose ........................................... 40
4. Probleme der Analyse von EEG-Signalen ................................................. 42
5. Zusammenfassung und Ausblick ............................................................... 42
Literaturverzeichnis ........................................................................................ 44
Danksagung .................................................................................................... 46
1
Zusammenfassung
1. Hintergrund und Ziele
Inhalationsanästhetika finden eine breite Anwendung in der Anästhesie. Als
Indikator ihrer Wirkung am Effektororgan Gehirn und zur Abschätzung der
Narkosetiefe werden im Rahmen des perioperativen Narkose-Monitorings
Veränderungen im Elektroencephalogramm (EEG) herangezogen. Neben
spezifischen EEG-Mustern (Spike waves, Burst suppression) eignen sich
spektrale Parameter (Medianfrequenz, spektrale Eckfrequenz), die sich aus den
Powerspektren ableiten lassen, oder auch die approximate Entropie. In einer früheren Untersuchung zeigte die Pharmakodynamik der
Inhalationsanästhetika Isofluran, Desfluran und Sevofluran keine Unterschiede
bezüglich der Medianfrequenz im EEG in der Ratte. Allerdings können gleiche
Medianfrequenzen aus unterschiedlichen Powerspektren resultieren. Ziel dieser
Arbeit war zu untersuchen, ob sich in den EEG-Spektren von Isofluran,
Desfluran und Sevofluran in äquipotenter Dosierung in der Ratte Unterschiede
finden lassen, die durch Mono-Parameter nicht erfasst werden.
2. Datengewinnung und Methoden
In drei Versuchseinheiten wurden 10 Ratten in randomisierter Reihenfolge in
einem cross-over Studiendesign mit den Inhalationsanästhetika Isofluran,
Desfluran und Sevofluran in stufenweise ansteigender Konzentration von 0.4
bis 1.5 MAC narkotisiert und dabei epidural ein Elektroencephalogramm (EEG)
abgeleitet. Für jede Konzentrationsstufe wurden die aus Epochen von 8 s
Länge berechneten EEG-Powerspektren normiert, logarithmiert und mittels
Clusteranalyse klassifiziert. Jedes Clusterzentroid wurde als ein typisches
Powerspektrum für die entsprechende Konzentrationsstufe des untersuchten
Inhalationsanästhetikums betrachtet. Die so bestimmten typischen
Powerspektren unterschiedlicher Inhalationsanästhetika äquipotenter Dosierung
wurden zunächst visuell auf Ähnlichkeit untersucht. Weiterhin wurde versucht,
diese subjektive Zuordnung mit statistischen Methoden zu objektivieren.
2
3. Ergebnisse und Beobachtungen
Im Wachzustand fanden sich zwei Zustände mit unterschiedlichem EEG-
Muster. Die Anzahl der Cluster pro Konzentrationsstufe und Substanz war auf
maximal drei beschränkt. In jeder Konzentrationsstufe ließen sich die typischen
Spektren der unterschiedlichen Anästhetika visuell zu Gruppen ähnlichen Typs
zusammenfassen. Innerhalb jeder MAC-Stufe wurde mindestens ein
substanzunabhängiger Cluster-Typ gefunden. Die Anzahl an
substanzübergreifenden Spektrentypen betrug eins für 1.3 MAC, zwei für 0.7,
0.9, 1.1 und 1.5 MAC, und drei für 0.4 MAC. Der statistische Vergleich zeigte
zwar substanzspezifisch signifikante Unterschiede bei allerdings visuell sehr
ähnlichen Spektren innerhalb eines Typs.
4. Schlussfolgerung
In jeder untersuchten Konzentrationsstufe gab es mindestens ein, meistens
aber zwei substanzübergreifende Spektrentypen. Spektren gleichen Typs
zeigten substanzspezifisch zwar statistisch signifikante Unterschiede, die
jedoch sehr geringfügig waren und daher wenig relevant zu sein scheinen.
Somit ist die Reduktion der komplexen EEG-Information auf einen Mono-
Parameter zur Abschätzung der Narkosetiefe unter Isofluran, Desfluran und
Sevofluran anscheinend mit keinem relevanten Informationsverlust verbunden.
3
Abstract
1. Background and goals Inhaled anaesthetics are widely used in anaesthesia. Changes in the
electroencephalogram (EEG) during anesthesia are used to indicate the effects
on their effector organ, i.e. the brain, and to assess anaesthetic depth. Specific
EEG patterns (spike waves, burst suppression) as well as parameters derived
from the power spectrum (median frequency, spectral edge frequency) and
entropy parameters have been proven to be suitable to quantify the EEG effect.
In a former study in rats, the pharmacodynamics of isoflurane, desflurane and
sevoflurane showed no differences with respect to the median frequency of the
EEG. However, identical median frequencies can result from different power
spectra. The goal of this work was to investigate whether at equipotent
concentrations in rats there are differences in the EEG spectra of isoflurane,
desflurane and sevoflurane, which cannot be assessed by monoparameters.
2. Methods
Ten rats were anaesthetized with increasing concentrations (0.4 MAC to 1.5
MAC) of isoflurane, desflurane and sevoflurane in a randomized crossover
design. Simultaneously, an epidural EEG was recorded. Normalized and log-
transformed power spectra were estimated from EEG epochs of 8 sec duration
for each concentration and classified by cluster analysis. Each cluster centroid
was regarded as a typical power spectrum for the corresponding concentration
of the investigated inhaled anaesthetic. The typical power spectra of the
different inhaled anaesthetics at equipotent concentrations were visually
analysed for similarity. Additionally, it was tried to objectify this subjective
allocation by using statistical methods.
4
3. Results and observations
Two states differing in the pattern of the EEG were found in the awake state.
The number of clusters per concentration and substance did not exceed three
clusters. For each concentration, the typical spectra of the three anaesthetics
could be visually classified to groups of similar types. Within each MAC level at
least one substance-independent cluster type was found. The number of
spectra types which were independent from the substance was one for 1.3
MAC, two for 0.7, 0.9, 1.1 and 1.5 MAC and three for 0.4 MAC. Although
spectra of the same type were visually very similar, the statistical comparison
showed significant differences.
4. Conclusions For each concentration at least one, mostly two substance-independent types of
spectra were found. Spectra of the same type showed statistically significant
differences; however, these differences were very slight and seemed to have
little relevance. Therefore, the reduction of the complex EEG information when
using a monoparameter to assess the anaesthetic depth under isoflurane,
desflurane and sevoflurane seems not to be accompanied with a relevant loss
of information.
5
Einleitung
1. Pharmakologische Eigenschaften der Inhalationsanästhetika Isofluran,
Desfluran und Sevofluran
Inhalationsanästhetika haben seit vielen Jahren ihren festen Platz in der
Anästhesie. Unterteilt werden sie in anorganische Gase (Lachgas, Xenon),
(halogenierte) Kohlenwasserstoffe (Chloroform, Halothan) und (halogenierte)
Äther [2]. Zu letzterer zählen die Substanzen Desfluran, Isofluran (beide sind
halogenierte Methylethylether [5] [6]) und Sevofluran (siebenfach fluorierter
Methylisopropylether [7]). Als Dämpfe von volatilen Flüssigkeiten mit niedrigen
Siedepunkten werden sie mittels Verdampfer dem Einatemgemisch zugeführt
und über die Lunge aufgenommen. Desfluran besitzt mit 0.42 den niedrigsten
Blut-Gas-Koeffizienten [25], flutet damit schneller an als Sevofluran (Blut-Gas-
Koeffizient 0.63) und Isofluran (Blut-Gas-Koeffizient 1.4) und besitzt damit die
beste Steuerbarkeit [4] [22] [24].
Die Elimination der Substanzen erfolgt überwiegend durch Abatmung über die
Lungen. Nur etwa 0.02% von Desfluran, 0.2% von Isofluran und 3-5% von
Sevofluran werden hepatisch metabolisiert [4] [5] [6] [7] [24].
Ihre pharmakodynamischen Wirkungen beruhen nach neuen Erkenntnissen auf
einer Verlängerung der Aktivität inhibitorischer postsynaptischer Ionen-Kanäle,
insbesondere von GABAA- und Glycin-Rezeptoren, sowie einer Hemmung
exzitatorischer synaptischer Ionen-Kanäle (n-Ach-Rezeptoren, Serotonin-und
Glutamatrezeptoren) [2] [24]. Auf diese Weise bewirken sie im zentralen
Nervensystem einen Verlust des Bewusstseins (=Hypnose) und des
Schmerzempfindens (=Analgesie), eine Aufhebung der Willkürmotorik
(=Areflexie) sowie eine Verminderung autonomer Reflexe (=autonome
Areflexie). Diese Effekte sind dosisabhängig und differieren in ihrer Ausprägung
zwischen den verschiedenen Inhalationsanästhetika. So wirkt Isofluran
ausgeprägt hypnotisch, aber nur schwach [22] bzw. erst nach
Bewusstseinsverlust analgetisch [12]. Desfluran besitzt im Vergleich die
niedrigste narkotische Potenz [22]. Allen gemeinsam ist eine mäßige
Muskelrelaxation [22].
Daneben beeinflussen die Narkosegase auch das Herzkreislauf-System und
das respiratorische System, so dass ein kontinuierliches Monitoring der
6
Vitalparameter (Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, endtidales CO2,
EKG u.a.) unerlässlich ist [2].
2. Quantifizierung der Narkosetiefe durch EEG-Analyse
Um den hohen Anforderungen an eine Narkose (Hypnose, Analgesie, Amnesie,
autonome Areflexie und Areflexie) Genüge zu leisten, müssen die Pharmaka in
einer optimalen, während des Eingriffs durchaus variablen Dosierung appliziert
werden. Dabei steht die Narkosetiefe im Zentrum des Interesses. Während eine
zu flache Narkose das Risiko des ungewollten Erwachens („awareness“) erhöht
und oben genannte Kriterien nicht erfüllt, ist eine zu tiefe Narkose mit einer
erhöhten Rate an Nebenwirkungen und höherem Kostenaufwand verbunden
[11]. Als Surrogatparameter der Narkosetiefe werden im Rahmen des
Monitorings einerseits klinische Zeichen (darunter Vitalparameter,
Augenbewegungen, autonome Reaktionen) herangezogen, die allerdings keine
sichere Quantifizierung der hypnotischen Komponente erlauben [18].
Andererseits können anästhesieassoziierte Veränderungen im perioperativ
abgeleiteten Elektroencephalogramm (EEG) als Indikator der „anesthetic depth“
gesehen werden [15] [21]. Dabei liegt das Augenmerk zum einen auf dem
Auftreten spezifischer EEG-Muster, darunter spike waves oder burst
suppression, wie sie in höheren Konzentrationen von Iso-, Des- und Sevofluran
auftreten [16] [4] [9].
Zum anderen wird das EEG neben der Amplitudenanalyse („time domain
methods“) vor allem mittels Frequenzanalyse („frequency domain methods“)
charakterisiert [15]. Dabei wird das EEG als Überlagerung sinusförmiger Wellen
unterschiedlicher Frequenz, Amplitude und Phase betrachtet. Aus der
Frequenzverteilung der Amplitudenquadrate (Powerspektrum) werden
üblicherweise Mono-Parameter wie die spektrale Eckfrequenz (95% Quantil)
oder die Medianfrequenz (50% Quantil) abgeleitet. Wie sich in mehreren
früheren Studien zeigte, eignen sich beide Parameter zum perioperativen
Monitoring der Narkosetiefe [15] [9] [21].
Mit der Reduktion der komplexen Information des EEGs auf eine Größe ist
jedoch auch ein Informationsverlust verbunden. So können z.B. gleiche
Medianfrequenzen (MEF) aus sehr unterschiedlichen Powerspektren resultieren
7
(Abb.1), so dass mögliche Unterschiede zwischen den Spektren maskiert
werden.
Ziel dieser Arbeit war zu untersuchen, ob sich in den Powerspektren von
Isofluran, Desfluran und Sevofluran, deren Pharmakodynamik bezüglich der
Medianfrequenz im Ratten-EEG sich in einer früheren Untersuchung [9] nicht
unterschied, in äquipotenter Dosierung in der Ratte Unterschiede finden lassen,
die durch Mono-Parameter nicht erfasst werden.
Abb.1 Beispielhafte Darstellung verschiedener Powerspektren mit gleicher Median-frequenz (MEF)
0
0,01
0,02
0,03
0,04
0,05
0 10 20 30 40Frequenz (Hz)
Pow
er
MEF=20 Hz
0
0,01
0,02
0,03
0,04
0,05
0 10 20 30 40Frequenz (Hz)
Pow
er
MEF=20 Hz
0
0,01
0,02
0,03
0,04
0,05
0 10 20 30 40Frequenz (Hz)
Pow
er
MEF=20 Hz
8
Material und Methoden
1. Datengewinnung Grundlage dieser Arbeit waren die Elektroencephalogramme, die im Rahmen
einer umfangreichen Studie [9] von zehn ausgewachsenen männlichen
Sprague-Dawley Ratten epidural abgeleitet wurden.
In drei Versuchseinheiten wurden die Tiere in randomisierter Reihenfolge in
einem cross-over Studiendesign mit den Inhalationsanästhetika Isofluran,
Desfluran und Sevofluran in stufenweise ansteigender Konzentration
narkotisiert.
Dabei entsprachen die pro Stufe substanzabhängig gewählten Konzentrationen
in etwa demselben MAC-Wert. Definitionsgemäß meint 1 MAC die minimale
alveoläre Konzentration, bei der 50% der Versuchstiere auf einen definierten
Schmerzreiz nicht mehr reagieren [14]. In Ratten beträgt der MAC-Wert 1.4
Vol% für Isofluran, 2.4 Vol% für Sevofluran und 7.7 Vol% für Desfluran [17] [13].
Jede Versuchseinheit bestand aus sechs Narkosestufen, entsprechend 0.4, 0.7,
0.9, 1.1, 1.3 und 1.5 MAC mit einer Dauer von jeweils 20 min. Gegen Ende
dieser Zeit konnte ein steady state, also eine Annäherung der Konzentration am
Wirkort Gehirn an die inspiratorische Konzentration, angenommen werden.
2. Aufzeichnung und Digitalisierung der EEGs
Aufgezeichnet wurden die Hirnströme beginnend einige Zeit vor
Versuchsbeginn bis über das Ende der Narkosen hinaus mittels eines
kabellosen Funk-Systems. Die Ableitung von maximal 4 EEG-Signalen erfolgte
mittels Stahlschrauben frontal und okzipital auf beiden Hemisphären. Das
digitalisierte EEG-Signal (Auflösung: 16 Bit, Abtastrate: 128 Hz, Hochpass: 0.5
Hz, Tiefpass: 70 Hz, 50 Hz Netzfilter) wurde auf der Festplatte eines
Notebookrechners gespeichert. Da es keine relevanten Unterschiede zwischen
den einzelnen Ableitungen gab, wurde für die weitere Analyse das EEG-Signal
der linken frontalen Ableitung verwendet.
9
3. Datenvorverarbeitung
Die EEG-Analyse erfolgte an EEG-Abschnitten mit einer Epochenlänge von
jeweils 8 s mit 1024 Daten. Bei dieser Epochenlänge beträgt die
Frequenzauflösung 1/8 Hz. Damit können auch niedrige Frequenzen <2 Hz, die
während tiefer Anästhesie dominieren, hinreichend genau erfasst werden.
Längere Epochen würden zwar die Frequenzauflösung erhöhen, gleichzeitig
stiege aber auch die Wahrscheinlichkeit von Artefakten innerhalb einer Epoche.
Außerdem würden plötzliche Veränderungen im EEG bei zu langen Epochen
nicht korrekt erfasst. Da ein steady-state zwischen Inspirationskonzentration
und Konzentration am Wirkort frühestens 10 min nach Beginn einer
Konzentrationsstufe angenommen werden konnte, wurden zur
Charakterisierung des EEGs die letzten 10 min (=75 Epochen) der jeweiligen
Konzentrationsstufe verwendet. Für das Wach-EEG wurden die letzten 20 min
(=150 Epochen) vor Versuchsbeginn herangezogen, da in dieser Phase mehr
Epochen durch Artefakte gestört waren. Die zu einer Konzentrationsstufe eines
Anästhetikums gehörenden EEG-Epochen aller Tiere wurden zu einem EEG-
Datensatz zusammengefasst, der als charakteristisch für die jeweilige
Dosierung betrachtet wurde.
4. Berechnung der Powerspektren
Jedes EEG-Signal kann als Überlagerung einer Vielzahl sinusförmiger Wellen
unterschiedlicher Frequenz, Amplitude und Phase betrachtet werden.
Das Powerspektrum ist die Verteilungsdichte des Quadrats der Amplitude für
die im Signal enthaltenen Frequenzen. In unserem Fall erfolgte die Bestimmung
der Powerspektren mittels Fast-Fourier-Transformation von jeweils 210=1024
Daten. Bei einer Abtastrate von 128 Hz und einer Epochenlänge von 8 s
besteht das diskrete Powerspektrum aus 512 Werten („Frequency bins“) im
Bereich von 0 bis 64 Hz mit einer Auflösung von 0.125 Hz. Für die weitere
Analyse wurde der Bereich von 0.5 bis 48 Hz verwendet (381 frequency bins),
da frühere Untersuchungen zeigten, dass darin die für den hypnotischen Effekt
relevanten Anteile zu finden sind, während die Frequenzen <0.5 Hz und >48 Hz
10
dagegen häufig artefaktbehaftet sind [20]. Da die EEG-Amplituden von Tier zu
Tier unterschiedlich waren, wurden zum Zwecke der Vergleichbarkeit die für
jedes EEG epochenweise berechneten Powerspektren dergestalt normiert,
dass die Fläche unter dem Spektrum 1 betrug. Schließlich wurden die so
normierten Spektren logarithmiert, da sich ein Powerspektrum typischerweise
über mehrere Dekaden erstreckt und bei untransformierten Daten die
dominanten Partien des Spektrums in der Clusteranalyse übergewichtet
würden.
5. Clusteranalyse
Die Fragestellung dieser Arbeit lautete, ob sich die Powerspektren
verschiedener Anästhetika bei äquipotenter Dosierung unterscheiden. Da ein
Vergleich der Spektren einzelner Epochen sicherlich nicht sinnvoll wäre, wurde
versucht mittels Cluster-Analyse die für jede Konzentrationsstufe typischen
Spektren zu ermitteln, und anschließend diese typischen Spektren miteinander
zu vergleichen. Die Clusteranalyse ist eine multivariate Methode um in großen
Datenmengen Gruppen (Cluster) von Objekten zu finden, deren Eigenschaften
oder Eigenschaftsausprägungen bestimmte Ähnlichkeiten aufweisen. Ein
Datensatz, der in Cluster gruppiert werden sollte, bestand in unserem Fall aus
jeweils 75 bzw. 150 Zeilen oder „records“ pro Tier (den einzelnen Epochen
einer Konzentrationsstufe) und 381 Spalten oder „Variablen“ (den einzelnen
„frequency bins“).
Die Ähnlichkeit von Objekten wird mittels eines spezifischen Distanzmaßes
definiert. In der von uns benutzten sog. „Two-Step“ Clusteranalyse in SPSS ist
für einen Datensatz, der aus J Clustern besteht, das Distanzmaß
)log(22)(1
NLJdJBICJ
jj
mit )log(1
2221
L
kjkkjj Nd
definiert [10].
11
N ist dabei die Gesamtzahl an „records“ (z.B. 750 für Isofluran), L ist die Anzahl
an Variablen (in unserem Fall die Anzahl an „frequency bins“=381), k2 ist die
Varianz von Variable k im gesamten Datensatz, jk2 ist die Varianz von Variable
k im Cluster j, und Nj ist die Anzahl an „records“ im Cluster j.
In der „Two Step“ Clusteranalyse werden sukzessive Datensätze zu Clustern
zusammengefasst, bis die optimale Clusterung erreicht ist. Dabei wird sowohl
die BIC-Änderung )1()()( JBICJBICJdBIC zwischen zwei Clusterungen
mit J bzw. J+1 Clustern berücksichtigt als auch das Verhältnis der BIC-
Änderungen )1()()(1 dBIC
JdBICJR sowie der kleinste Abstand zwischen zwei
Clustern.
Die sog. Clusterzentroide, die sich durch Mittelung aller zu einem Cluster
gehörigen Datensätze ergeben, wurden als typische Powerspektren für diese
Dosierung betrachtet.
6. Vergleich der typischen Spektren
Anhand der halblogarithmischen Darstellung der Spektren der Clusterzentroide
wurden für jede Narkosestufe optisch ähnliche einem Cluster-Typus
zugeordnet. Zur Vervollständigung erfolgte auch die Auswertung der
Clusterzentroide im Wachzustand.
Um die augenscheinliche Ähnlichkeit der Spektren zu objektivieren, wurde mit
den Daten zweier Cluster-Zentroide eines gemeinsamen Cluster-Typs ein Chi-
Quadrat-Test durchgeführt [1]. Dazu wurde die Testgröße X2 wie folgt
berechnet:
2
1 2
1
1
21
2 log11 N
i i
i
dd fGfG
nnX
Dabei bezeichnen 1dn und 2dn die Anzahl der Powerspektren im jeweiligen
Cluster, G1(fi) und G2(fi) sind die zu vergleichenden Clusterzentroide, d.h. die
12
typischen Powerspektren bestehend aus N „frequency bins“ im
Frequenzbereich f1,…fN
Da die Größe X2 einer 2 Verteilung mit N Freiheitsgraden folgt, kann damit ein
Test auf Gleichheit der Powerspektren durchgeführt werden. Die Nullhypothese
G1(f)=G2(f) wird mit der Irrtumswahrscheinlichkeit p verworfen, wenn X2> 2N,p.
Bei Betrachtung der logarithmierten Spektren fiel bei vielen Cluster-Typen im
Frequenzbereich zwischen 10 und 45 Hz ein annähernd linearer Verlauf auf.
Zur Charakterisierung wurde daher eine lineare Regression der logarithmierten
Powerspektren in diesem Frequenzbereich durchgeführt und die Steigungen
der Regressionsgeraden miteinander verglichen. Zwei Steigungen S1 und S2
mit den Standardfehlern SE(S1) und SE(S2) wurden als signifikant
unterschiedlich bezeichnet, wenn sich ihre 95% Konfidenzintervalle
S1±1.96*SE(S1) und S2±1.96*SE(S2) nicht überlappten.
13
Ergebnisse
Während mit Isofluran wie geplant 10 Versuche durchgeführt wurden, konnten
wegen technischer Probleme mit Desfluran lediglich 7 und mit Sevofluran 9
Versuche durchgeführt werden. Für Isofluran umfasste das Wach-EEG daher
1500 Epochen, für Desfluran 1050 Epochen und für Sevofluran 1350 Epochen.
In den Narkosephasen betrug die Gesamtepochenzahl entsprechend für
Isofluran 750 Epochen, für Desfluran 525 Epochen und für Sevofluran 675
Epochen.
Abb. 2 zeigt ein Beispiel einer „two-step“ Clusterung für die Dosierung
Desfluran 0.7 MAC (525 records). Dabei ergab sich als optimale Clusterung
eine Zerlegung in 2 Cluster mit 234 bzw. 291 records.
Abb.2 Two-Step-Clusterung für Desfluran bei 0.7 MAC
14
Die Zentroide dieser beiden Cluster sind die typischen Powerspektren dieser
Dosierung (Abb.3). Die zugehörigen Regressionsgeraden für den
Frequenzbereich 10 – 45 Hz sind exemplarisch in Abb. 4 dargestellt.
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Desfluran Cluster 1(n=234)Desfluran Cluster 2(n=291)
Abb.3 Zentroide der typischen EEG-Powerspektren für Desfluran bei 0.7 MAC
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er Desfluran Cluster 1Desfluran Cluster 2
Abb.4 Regressionsgeraden über den Bereich 10-45 Hz durch die Zentroide der
Desfluran-Cluster bei 0.7 MAC
15
Im Folgenden sind diese Clusterzentroide innerhalb einer Narkosestufe für
jedes Inhalationsanästhetikum in nummerierter Reihenfolge graphisch
dargestellt, wobei auf der Abszisse die Frequenzen in einem Bereich von 0 bis
48 Hz und auf der Ordinate der Logarithmus der relativen Power aufgetragen
sind.
Die Steigungen der Geraden im Frequenzbereich von 10 bis 45 Hz mit
zugehörigem Konfidenzintervall sind tabellarisch aufgeführt. Die Restspektren
die sich aus der Differenz der Datenwerte des Cluster-Zentroids und der
Regressionsgeraden ergeben, sind für die einzelnen Narkosestufen gezeigt.
1. Darstellung der Ergebnisse der Cluster-Analyse, der linearen Regression und der Restspektren
1.1. Wachzustand
Im Wachzustand lieferte die Clusteranalyse für jede Substanz drei Cluster.
Dabei konnten zwei Cluster-Zentroide von Sevofluran und je ein Zentroid von
Des- u Isofluran einem optisch ähnlichen Muster zugeordnet werden (Abb.5).
Bei diesem weisen die typischen Powerspektren dominante Frequenzen bei ca.
2 und 6 Hz sowie eine kleine Zacke bei ca. 40 Hz auf.
Lediglich in den höheren Frequenzen fallen die Spektren des Desfluran-
Clusters und eines Sevofluran-Clusters steiler ab. Nach 45 Hz kommt der
Netzfilter zu tragen. Die Steigungen mit dem 95%-Konfidenzintervall und die y-
Achsenabschnitte für den Frequenzbereich 10 - 45 Hz wurden in Tabelle 1
dargestellt; die Restspektren, die sich aus der Differenz der Originalspektren
und der Regressionsgeraden ergeben, sind in Abb.6 gezeigt.
16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Iso 2 (n=694)Sevo 1 (n=366)Des 3 (n=611)Sevo 2 (n=627)
Abb.5 Cluster-Zentroide (Typ 1) der EEG-Powerspektren im Wachzustand
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Isofluran Cluster 2 -0,0618 [-0,0628; -0,0609] -6,1
Sevofluran Cluster 1 -0,0626 [-0,064; -0,0613] -6,2
Desfluran Cluster 3 -0,08 [-0,084; -0,0787] -5,9
Sevofluran Cluster 2 -0,0935 [-0,0955; -0,0915] -5,8
Tabelle 1 Parameter der Regressionsgeraden zum Cluster-Typ 1 im Wachzustand
-2,5
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
1,5
2
2,5
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
IsofluranSevofluran1DesfluranSevofluran2
Abb.6: Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-geraden für den Wachzustand (Typ 1)
17
Daneben fand sich substanzunabhängig ein weiterer Cluster-Typ. Dieser
zeichnet sich durch einen angedeuteten Doppelgipfel in niedrigen Frequenzen
und einem steileren Abfall in höheren Frequenzen aus (Abb.7).
Je ein Cluster von Isofluran und Desfluran stellten Artefakte dar (Abb.9).
Gekennzeichnet durch hohe Anteile in niedrigen Frequenzen wird für Isofluran
mit einer Ausnahme in allen Narkosestufen ein derartiges Artefakt-Cluster
gefunden. Zurückzuführen ist dies durch eine Signalstörung bei einer Ratte
während der Testung mit Isofluran.
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Iso3 (n=659)Sevo3 (n=357)Des1 (n=410)
Abb.7 Cluster-Zentroide (Typ 2) der typischen EEG-Powerspektren im Wachzustand
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Isofluran Cluster 3 -0,1174 [-0,1202;-0,01145] -5,4
Sevofluran Cluster 3 -0,1365 [-0,1400;-0,1330] -4,9
Desfluran Cluster 1 -0,1332 [-0,1364; -0,1300] -5,1
Tabelle 2 Parameter der Regressionsgeraden zum Cluster-Typ 2 im Wachzustand
18
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
1,5
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
erIsofluranSevofluranDesfluran
Abb.8 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-
geraden für den Wachzustand (Typ 2)
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er Des2 (n=29)Iso1 (n=147)
Abb.9 Cluster-Zentroide der typischen Artefakt-EEG-Powerspektren im Wachzustand
19
1.2. Narkosestufe 0.4 MAC
In der ersten Narkosestufe wurden für Desfluran und Sevofluran je drei und für
Isofluran zwei Cluster ermittelt.
Diese konnten drei, optisch verschiedenen Typen zugeordnet werden.
Die Zentroide der Powerspektren des ersten Typs ähneln mit dem Doppelgipfel
und der Zacke bei 40 Hz im Spektrum von Sevofluran dem Cluster-Typ 1 im
Wachzustand (Abb.10, 11). Ein weiterer Typ erinnert an den Cluster-Typ 2 im
Wachzustand, wobei hier die Dominanz im Bereich unter 10 Hz ausgeprägter
ist (Abb.12). Der dritte Cluster-Typ ist durch einen Peak zwischen 1 Hz und 2
Hz und einen steilen Verlauf der Spektren gekennzeichnet (Abb.14). Ein Cluster
von Isofluran war wiederum artefaktbegründet (nicht dargestellt).
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Sevo 3 (n=259)Des 3 (n=151)
Abb.10 Cluster-Zentroide (Typ 1) der typischen EEG-Powerspektren bei 0.4 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Sevofluran Cluster 3 -0,0477 [-0,0490;-0,0465] -6,3
Desfluran Cluster 3 -0,059 [-0,0607; -0,0573] -5,9
Tabelle 3 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 1 bei 0.4 MAC
20
-2,5
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
1,5
2
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Sevofluran
Desfluran
Abb.11 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-
geraden für den Cluster-Typ 1 bei 0.4 MAC
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Iso 1 (n=708)Sevo 2 (n=276)Des 1 (n=230)
Abb.12 Cluster-Zentroide (Typ 2) der typischen EEG-Powerspektren bei 0.4 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Isofluran Cluster 1 -0,0781 [-0,0795; -0,0767] -6,1
Sevofluran Cluster 2 -0,092 [-0,0942; -0,0898] -5,6
Desfluran Cluster 1 -0,0814 [-0,0833; -0,0796] -6,1
Tabelle 4 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 2 bei 0.4 MAC
21
-2,5
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
1,5
2
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Desfluran1
Isofluran1
Sevofluran2
Abb.13 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-
geraden für den Cluster-Typ 2 bei 0.4 MAC
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Sevo 1 (n=140) Des 2 (n=144)
Abb.14 Cluster-Zentroide (Typ 3) der typischen EEG-Powerspektren bei 0.4 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Sevofluran Cluster 1 -0,0978 [-0,1006; -0,0950] -6,4
Desfluran Cluster 2 -0,1017 [-0,1039; -0,0994] -6,4
Tabelle 5 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 3 bei 0.4 MAC
22
-2
-1
0
1
2
3
4
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Sevofluran
Desfluran
Abb.15 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-
geraden für den Cluster-Typ 3 bei 0.4 MAC
1.3. Narkosestufe 0.7 MAC
Bei 0.7 MAC ergab die Clusterung für Isofluran drei und für Des -und
Sevofluran zwei Cluster, aus denen – das Artefakt-Muster für Isofluran
ausgenommen – zwei Cluster-Typen abgeleitet werden konnten, die bei allen
Anästhetika zu finden waren. Die Spektren des Typ 1 zeigen zwei dominante
Frequenzen mit Peaks bei etwa 1.5 und 4.5 Hz. Auch hier findet sich eine kleine
Zacke bei 40 Hz (Abb.16). Der andere Cluster-Typ ähnelt in seinem Verlauf an
den dritten Cluster-Typ in der 0.4 MAC-Stufe. Auch hier ist ein Peak um die 1.5
Hz mit anschließendem steilen Verlauf der Spektren zu finden (Abb.18).
23
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Iso 3 (n=342)
Sevo 1 (n=425)
Des 1 (n=234)
Abb.16 Cluster-Zentroide (Typ 1) der typischen EEG-Powerspektren bei 0.7 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Isofluran Cluster 3 -0,0761 [-0,0772; -0,0750] -5,6
Sevofluran Cluster 1 -0,0795 [-0,0804; -0,0786] -5,7
Desfluran Cluster 1 -0,0834 [-0,0846; -0,0821] -5,6
Tabelle 6 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 1 bei 0.7 MAC
-2,5
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
1,5
2
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Isofluran
Sevofluran
Desfluran
Abb.17 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-geraden für den Cluster-Typ 1 bei 0.7 MAC
24
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er Iso 2 (n=364)
Des 2 (n=291)
Sevo 2 (n=250)
Abb.18 Cluster-Zentroide (Typ 2) der typischen EEG-Powerspektren des bei 0.7 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Isofluran Cluster 2 -0,1025 [-0,1035; -0,1014] -5,95
Desfluran Cluster 2 -0,1028 [-0,1041; -0,1016] -6,2
Sevofluran Cluster 2 -0,0964 [-0,0979; -0,0950] -6,4
Tabelle 7 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 2 bei 0.7 MAC
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
IsofluranDesfluranSevofluran
Abb.19 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-geraden für den Cluster-Typ 2 bei 0.7 MAC
25
1.4. Narkosestufe 0.9 MAC
Unter einer Narkose mit 0.9 MAC lieferte die Clusterung für Isofluran und
Sevofluran je zwei und für Desfluran ein Cluster. Interessanterweise wurden die
sicher vorhandenen Artefakte unter Isofluran nicht als eigenes Cluster erkannt.
Es ließen sich visuell zwei Typen von Clustern unterscheiden. Die typischen
Powerspektren des einen Typs zeigen einen Doppelgipfel zwischen 1 Hz und 5
Hz, wobei der zweite Peak im Cluster-Zentroid von Isofluran deutlicher
ausgeprägt ist als im Spektrum von Sevofluran (Abb.20). Ein weiterer Cluster-
Typ war bei allen Inhalationsanästhetika zu finden, wobei sich im
Frequenzbereich unter 10 Hz Unterschiede im Verlauf der Powerspektren
zeigten: Während bei Iso- und Sevofluran die Frequenz um 1.5 Hz dominiert, ist
im Spektrum von Desfluran zusätzlich eine leichter Peak bei ca. 3 Hz sichtbar.
Über den gesamten Frequenzbereich scheinen sich die typischen Spektren von
Iso- und Sevofluran nur gering zu unterscheiden (Abb.22).
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er Iso 2 (n=129)Sevo 1 (n=365)
Abb.20 Cluster-Zentroide (Typ 1) der typischen EEG-Powerspektren bei 0.9 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Isofluran Cluster 2 -0,0788 [-0,0803; -0,0773] -5,4
Sevofluran Cluster 1 -0,0903 [-0,0912; -0,0894] -5,3
Tabelle 8 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 1 bei 0.9 MAC
26
-2,5
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
1,5
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
erIsofluran
Sevofluran
Abb.21 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-geraden für den Cluster-Typ 1 bei 0.9 MAC
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Iso 1 (n=621)Des 1 (n=525)Sevo 2 (n=310)
Abb.22 Cluster-Zentroide (Typ 2) der typischen EEG-Powerspektren bei 0.9 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Isofluran Cluster 1 -0,1121 [-0,1129; -0,1113] -5,4
Desfluran Cluster 1 -0,1121 [-0,1131; -0,1112] -5,4
Sevofluran Cluster 2 -0,1148 [-0,1160; -0,1136] -5,6
Tabelle 9 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 2 bei 0.9 MAC
27
-2,5
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
1,5
2
2,5
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
erIsofluranDesfluranSevofluran
Abb.23 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-geraden für den Cluster-Typ 2 bei 0.9 MAC
1.5. Narkosestufe 1.1 MAC
Aus der Clusterung ergaben sich bei einer Konzentration von 1.1 MAC drei
Cluster für Isofluran und je zwei für Des- und Sevofluran.
Optisch fielen zwei Muster auf, die bei allen Anästhetika zu finden waren. Diese
unterscheiden sich überwiegend in der Steigung der typischen Powerspektren
im Frequenzbereich > 5 Hz. In den niedrigen Frequenzen ist das Bild der
Zentroide auch innerhalb eines Cluster-Typs uneinheitlich. So zeigt das
Spektrum von Desfluran im ersten Typ zwei dominante Frequenzen, während
bei den Spektren von Iso- und Sevofluran nur eine Frequenz dominiert und die
Spektren anschließend abfallen (Abb.24). Beim zweiten Typ scheinen sich die
Spektren mehr zu ähneln (Abb.26). Für Isofluran wurde wiederum ein Artefakt-
Cluster gefunden.
28
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Sevo 2 (n=390)Iso 2 (n=260)Des 1 (n=274)
Abb.24 Cluster-Zentroide (Typ 1) der typischen EEG-Powerspektren bei 1.1 MAC
Cluster-Typ 1 Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Sevofluran Cluster 2 -0,1254 [-0,1262; -0,1245] -4,9762
Isofluran Cluster 2 -0,1293 [-0,1305; -0,1282] -5,1243
Desfluran Cluster 1 -0,1264 [-0,1276; -0,1251] -5,3012
Tabelle 10 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 1 bei 1.1 MAC
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
1,5
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
SevofluranIsofluranDesfluran
Abb.25 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-geraden für den Cluster-Typ 1 bei 1.1 MAC
29
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Sevo1 (n=285)Iso1 (n=418)Des2 (n=251)
Abb.26 Cluster-Zentroide (Typ 2) der typischen EEG-Powerspektren bei 1.1 MAC
Cluster-Typ 2 Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Sevofluran Cluster 1 -0,0966 [-0,0976; -0,0957] -5,0
Isofluran Cluster 1 -0,1115 [-0,1124; -0,1106] -4,9
Desfluran Cluster 2 -0,1089 [-0,1100;-0,1079] -5,0
Tabelle 11 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 2 bei 1.1 MAC
-2,5
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
SevofluranIsofluranDesfluran
Abb.27 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-geraden für den Cluster-Typ 2 bei 1.1 MAC
30
1.6. Narkosestufe 1.3 MAC
In der vorletzten Narkosestufe konnten die 750 logarithmierten Spektren von
Isofluran auf drei und die 525 Desfluran- bzw. 675 Sevofluran-Spektren auf je
zwei Cluster verteilt werden. Nach graphischer Darstellung der Cluster-
Zentroide der typischen EEG-Powerspektren fand sich bei allen Substanzen ein
Cluster mit einem annähernd linearen Verlauf (Abb.28). Dabei zeigen die
Spektren von Isofluran und Desfluran einen minimalen Peak bei 40 Hz. Im
niederfrequenten Bereich besteht der Unterschied darin, dass im typischen
Powerspektrum von Desfluran keine Frequenz dominiert.
Für Iso- und Desfuran existierte ein Artefakt-Spektrum. Die übrigen Cluster von
Isofluran und Sevofluran konnten keinem gemeinsamen Cluster-Typus
zugeordnet werden.
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Des 1 (n=499)
Iso 2 (n=600)
Sevo 2 (n=372)
Abb.28 Zentroide der typischen EEG-Powerspektren des Cluster-Typs bei 1.3 MAC
Cluster-Typ 1 Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Desfluran Cluster 1 -0,1140 [-0,1148; -0,1132] -4,8
Isofluran Cluster 2 -0,1311 [-0,1318; -0,1303] -4,5
Sevofluran Cluster 2 -0,1332 [-0,1342; -0,1323] -4,6
Tabelle 12 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ bei 1.3 MAC
31
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er DesfluranIsofluranSevofluran
Abb.29 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-geraden für den Cluster-Typ bei 1.3 MAC
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er Sevo 1 (n=303)
Abb.30 Zentroid des typischen EEG-Powerspektrums von Sevofluran bei 1.3 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Sevofluran Cluster 1 -0,1029 [-0,1038; -0,1020] -4,8
Tabelle 13 Parameter der Regressionsgerade von Sevofluran bei 1.3 MAC
32
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Iso 1 (n=73)
Abb.31 Zentroid des typischen EEG-Powerspektrums von Isofluran bei 1.3 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Isofluran Cluster 1 -0,0578 [-0,0599; -0,0557] -5,6
Tabelle 14 Parameter der Regressionsgerade von Isofluran bei 1.3 MAC
1.7. Narkosestufe 1.5 MAC
In der höchsten Dosierung ergab die Clusteranalyse für Isofluran drei und für
die anderen Anästhetikaje zwei Cluster. Aus diesen konnten zwei Cluster-
Typen abgeleitet werden, wobei ein Typ nicht bei Isofluran zu finden war
(Abb.33).
Der Unterschied zwischen den Typen besteht im Wesentlichen in der Steigung
der typischen Powerspektren. Alle Zentroide beider Typen mit Ausnahme des
Sevofluran-Spektrums im Typ 2 weisen einen kleinen Peak bei 40 Hz auf.
Für Isofluran wurde neben einem Artefakt-Cluster ein weiteres gefunden, das
jedoch keinem Cluster-Typ zugeteilt werden konnte.
33
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Sevo 2 (n=284)Des 1 (n=318)
Abb.32 Cluster-Zentroide (Typ 1) der typischen EEG-Powerspektren bei 1.5 MAC
Cluster-Typ 1 Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Sevofluran Cluster 2 -0,0948 -4,8
Desfluran Cluster 1 -0,1127 -4,6
Tabelle 15 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 1 bei 1.5 MAC
-2,5
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er SevofluranDesfluran
Abb.33 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-
geraden für den Cluster-Typ 1 bei 1.5 MAC
34
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Iso 3 (n=531)Sevo 1 (n=391)Des 2 (n=207)
Abb.34 Cluster-Zentroide (Typ 2) der typischen EEG-Powerspektren bei 1.5 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Isofluran Cluster 3 -0,1377 [-0,1388; -0,1366] -4,3
Sevofluran Cluster 1 -0,135 [-0,1359; -0,1342] -4,4
Desfluran Cluster 2 -0,1361 [-0,1374; -0,1348] -4,7
Tabelle 16 Parameter der Regressionsgeraden für den Cluster-Typ 2 bei 1.5 MAC
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
0 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
IsofluranSevofluranDesfluran
Abb.35 Rest-Spektren aus der Differenz der Originalspektren und der Regressions-
geraden für den Cluster-Typ 2 bei 1.5 MAC
35
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Iso 2 (n=143)
Abb.36 Cluster-Zentroid des typischen EEG-Powerspektrums von Isofluran (Cluster 2) bei 1.5 MAC
Cluster Steigung
[Konfidenzintervall] y-Achsenabschnitt
Isofluran Cluster 2 -0,0428 [-0,0443; -0,0413] -6,2
Tabelle 17 Parameter der Regressionsgerade eines weiteren Isofluran-Clusters bei 1.5 MAC
36
2. Objektivierung der optischen Beobachtungen
2.1. Chi-Quadrat-Test
Zum Vergleich zweier Clusterzentroide eines gemeinsamen Cluster-Typs wurde
ein Chi-Quadrat-Test durchgeführt.
Wegen der großen Anzahl an Spektren in einem Cluster ergaben sich jedoch
stets hohe X2-Werte, so dass die Nullhypothese G1(f)=G2(f) mit der
Irrtumswahrscheinlichkeit p wegen der Überschreitung des kritischen Werts
(X2> 2N,p ) zu verwerfen war.
Somit wurde selbst für optisch annähernd gleiche Cluster immer eine
signifikante Verschiedenheit gefunden. Beispielhaft sei dies anhand der
Datensätze von Desfluran und Sevofluran des Cluster-Typ 2 in der
Narkosestufe 0.7 MAC gezeigt (Abb.37). Die Testgröße betrug in diesem Fall
X2=1444.6 und war damit erheblich größer als der kritische Wert 2381,0.05=427.5
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
00 10 20 30 40 50
Frequenz (Hz)
log
Pow
er
Des 2 (n=291)
Sevo 2 (n=250)
Abb. 37 Cluster-Zentroide (Typ 2) der typischen EEG-Powerspektren von Desfluran
und Sevofluran bei 0.7 MAC
2.2. Vergleich der Steigungen der typischen Powerspektren
Bei Betrachtung der Spektren fiel bei vielen Cluster-Typen im Frequenzbereich
zwischen 10 und 40 Hz ein annähernd linearer Verlauf der Powerspektren auf.
37
Zur Charakterisierung wurde daher eine lineare Regression der logarithmierten
Powerspektren in diesem Frequenzbereich durchgeführt und die Steigungen
der Regressionsgeraden miteinander verglichen (Tabelle 18). Dabei wurden
zwei Steigungen S1 und S2 mit den Standardfehlern SE(S1) und SE(S2) als
signifikant unterschiedlich bezeichnet, wenn sich ihre 95% Konfidenzintervalle
S1±1.96*SE(S1) und S2±1.96*SE(S2) nicht überlappten. Auch hier ergaben sich
wegen der sehr kleinen Standardfehler überwiegend signifikante Unterschiede.
Narkosestufe Cluster verglichene Steigungen Beurteilung Cluster-Typ 1 Des3 - Sevo3 signifikant unterschiedlich Iso1 - Des1 signifikant unterschiedlich 0.4 MAC Cluster-Typ 2 Iso1 - Sevo2 signifikant unterschiedlich Des1 - Sevo2 signifikant unterschiedlich Cluster-Typ 3 Des2 - Sevo1 kein signifikanter Unterschied Iso3 - Des1 signifikant unterschiedlich Cluster-Typ1 Iso3 - Sevo1 signifikant unterschiedlich Des1 - Sevo1 signifikant unterschiedlich 0.7 MAC Iso2 - Des2 kein signifikanter Unterschied Cluster-Typ 2 Iso2 - Sevo2 signifikant unterschiedlich Des2 - Sevo2 signifikant unterschiedlich Cluster-Typ 1 Iso2 - Sevo1 signifikant unterschiedlich 0.9 MAC Iso1 - Des1 kein signifikanter Unterschied Cluster-Typ 2 Iso1 - Sevo2 signifikant unterschiedlich Des1 - Sevo2 signifikant unterschiedlich Iso2 - Des1 signifikant unterschiedlich Cluster-Typ 1 Iso2 - Sevo2 signifikant unterschiedlich Des1 - Sevo2 kein signifikanter Unterschied 1.1 MAC Iso1 - Des2 signifikant unterschiedlich Cluster-Typ 2 Iso1 - Sevo1 signifikant unterschiedlich Des2 - Sevo1 signifikant unterschiedlich Iso2 - Des1 signifikant unterschiedlich 1.3 MAC Cluster-Typ 1 Iso2 - Sevo2 signifikant unterschiedlich Des1 - Sevo2 signifikant unterschiedlich Cluster-Typ 1 Des1 - Sevo2 signifikant unterschiedlich 1.5 MAC Iso3 - Des2 kein signifikanter Unterschied Cluster-Typ 2 Iso3 - Sevo1 signifikant unterschiedlich Des2 - Sevo1 kein signifikanter Unterschied Tabelle 18 Vergleich der Steigungen der Regressionsgeraden der verschiedenen Cluster-Typen
38
Diskussion
In einer früheren Untersuchung zeigte die Pharmakodynamik der
Inhalationsanästhetika Isofluran, Desfluran und Sevofluran im EEG der Ratte
keine Unterschiede bezüglich der Medianfrequenz [9]. Da aber gleiche
Medianfrequenzen aus sehr unterschiedlichen Powerspektren resultieren
können (siehe Abb.1, S.12), werden durch die Reduktion der EEG-Information
auf eine Größe substanzspezifische Unterschiede möglicherweise maskiert.
Daher war das Ziel dieser Arbeit zu untersuchen, ob sich in den Powerspektren
dieser drei Substanzen in äquipotenter Dosierung in der Ratte Unterschiede
finden lassen, die durch abgeleitete Monoparameter nicht erfasst werden.
1. Bearbeitung der Fragestellung
Bisher wurde eine derartige Fragestellung in keiner früheren Arbeit
abgehandelt. Für den Vergleich von Powerspektren liegt deshalb kein
etabliertes Vorgehen vor. Da es sicherlich nicht sinnvoll wäre, jedes
Powerspektrum einer EEG-Epoche einzeln zwischen den Testsubstanzen zu
vergleichen, wurden in dieser Arbeit mittels Clusterung jeweils typische
Powerspektren für eine Substanz in einer Konzentrationsstufe ermittelt und
diese zunächst visuell auf Ähnlichkeiten untersucht. Eine Objektivierung wurde
mit statistischen Mitteln versucht. Die große Anzahl an Powerspektren pro
Clusterzentroid bedingte jedoch eine hohe Sensitivität des Chi-Quadrat-Tests,
sodass auch augenscheinlich fast identische Powerspektren sich als statistisch
signifikant unterschiedlich erwiesen. Auch der Vergleich der Steigungen der
Regressionsgeraden der Cluster-Zentroide ergab statistisch signifikante
Unterschiede bei sehr ähnlichen Spektren, da die Standardfehler der
Regressionsgeraden sehr klein waren. Die visuelle Untersuchung der Spektren
war daher der statistischen darin überlegen, relevante Unterschiede bzw.
Ähnlichkeiten zu erkennen.
39
2. Ergebnisse der Clusterung im Wachzustand
Vor jeder der drei Versuchseinheiten wurden unter identischen
Ausgangsbedingungen EEGs abgeleitet. Nach der Clusterung der
Powerspektren im Wachzustand konnten zwei Cluster-Typen unterschieden
werden. Dementsprechend fanden sich zwei Zustände mit unterschiedlichen
EEG-Mustern, die in Abb. 38 und 39 exemplarisch gezeigt sind. Ob diese
Unterschiede durch biologisch verschiedene Zustände (Fressen, Bewegungen
oder stilles Sitzen) zustande kommen, bleibt unklar. Wie sich in einer früheren
Arbeit zeigte, können bei bestimmten Rattenarten sogenannte „Absence-
Epilepsien“ beobachtet werden, die sich im EEG als typische spike-and-wave-
discharges (SWDs) (7-11 Hz, 1-45 s Länge, 200-1000µV Amplitude) darstellen
[23]. Das Auftreten und die Anzahl dieser epileptiformen EEG-Veränderungen
korrelierten dabei positiv mit dem Alter der Ratten. Aus dem Gewicht der in
dieser Arbeit verwendeten männlichen Sprague-Dawley-Ratten (509 g +/- 62 g)
kann auf ein ungefähres Alter von 100-165 Tagen geschlossen werden [26].
Damit läge die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Absencen bei bis zu 80
Prozent. Allerdings handelte es sich hier um eine andere Rattenart als in der
Studie von Tenney [23].
Innerhalb einzelner Epochen der Wach-EEGs konnten zwar Veränderungen in
der Frequenz und Amplitude beobachtet werden (Abb. 40), eine sichere
Identifikation von SWDs konnte jedoch nicht erfolgen, ebenso wenig eine
Zuordnung SWD- ähnlicher EEG-Muster nur zu einem der beiden Cluster-
Typen. Da die Absencen typischerweise von wiederholten, kurzzeitigen
Veränderungen im Verhalten der Ratten begleitet sind, müsste zur genauen
Klärung eine videogestützte EEG-Analyse durchgeführt werden.
Wachzustand 1
-100
0
100
µV
Abb.38 EEG-Muster zum Wachzustand 1
40
Wachzustand 2
-200
0
200
µV
Abb.39 EEG-Muster zum Wachzustand 2
-400
0
400
µV
Abb.40 exemplarische Darstellung einer EEG-Epoche mit kurzzeitiger Änderung im Muster
3. Ergebnisse der Clusterung während Narkose
Mit Ausnahme von Desfluran bei 0.9 MAC konnten für die Testsubstanzen in
allen Konzentrationen mindestens zwei Cluster und damit mindestens zwei
typische Powerspektren gefunden werden. Die maximale Anzahl pro Substanz
und MAC-Stufe betrug drei.
Dies lässt darauf schließen, dass sich die Ratten unter der Narkose in
verschiedenen „Zuständen“ befanden. Die Überprüfung der Narkosetiefe durch
klinische Parameter (Reaktion auf Schmerzreiz, Schreckreaktion auf ein lautes
akustisches Signal), wie sie in jeder MAC-Stufe zweimal durchgeführt wurde [9],
ist dabei nicht als alleinige Ursache der unterschiedlichen EEG-Spektren
auszumachen, da auch im pränarkotischen EEG und in den hohen
Konzentrationen substanzunabhängig mehrere Cluster ermittelt werden
konnten.
In allen Narkosestufen konnten einzelne Cluster-Zentroide der drei
Inhalationsanästhetika mindestens einem visuell ähnlichen Cluster-Typ
zugeordnet werden. Insgesamt fielen drei Cluster-Typen auf: Während ein Typ
durch zwei dominierende Frequenzen im unteren Frequenzbereich
gekennzeichnet war, dominierte bei einem anderen Typ nur eine Frequenz.
41
Ein weiteres Muster, das bei 0.4 MAC auftrat, zeigte keine deutliche Präferenz
für eine Frequenz. Ab 1.1 MAC verringerten sich die Unterschiede zwischen
den gefundenen Cluster-Typen bezüglich der Frequenzdominanz im unteren
Frequenzbereich, lediglich die Steigungen der Regressionsgeraden durch die
Cluster-Zentroide differierten zwischen den Typen.
Bei 0.4 MAC existierten zwischen Desfluran und Sevofluran augenscheinlich
keine Unterschiede. Bei beiden Anästhetika waren alle drei Clustertypen zu
finden, wobei sich jeweils der Verlauf der Spektren sehr ähnlich zeigte. Für
Isofluran gab es bei 0.4 MAC nur ein artefaktfreies typisches Spektrum, das
sich ebenfalls bei Desfluran und Sevofluran zeigte (Abb.12, Typ2) so dass
dieser Clustertyp als substanzunabhängig anzusehen ist.
In der Narkosestufe 0.7 MAC zeigten sich zwei Muster, die
substanzunabhängig auftraten. Somit bestehen hier zwischen den
Narkosegasen keine relevanten Unterschiede in den Powerspektren.
Bei 0.9 MAC konnte ein substanzunabhängiger Cluster-Typ ausgemacht
werden. Diesem gehörten alle logarithmierten Spektren von Desfluran an. Auf
den zweiten Cluster-Typ fielen die restlichen Spektren von Sevofluran und
Isofluran.
Unter einer Narkose mit 1.1 MAC wurden zwei Cluster-Typen unabhängig von
der Substanz gefunden.
In den Stufen 1.3 und 1.5 MAC fand sich je ein substanzunabhängiges Muster
(Cluster-Typ MAC 1.3, Abb.28 bzw. Cluster-Typ 2 1.5 MAC, Abb.34); bei 1.3
MAC konnten je ein Cluster von Isofluran und Sevofluran keinem gemeinsamen
Muster zugeteilt werden. In der höchsten Konzentrationsstufe zeigte sich ein
weiterer Cluster-Typ, der nur bei Sevofluran und Desfluran zu finden war.
Sowohl pränarkotisch als auch in den Mac-Stufen wies eine Großzahl der
Spektren einen Peak bei ca. 40 Hz auf, der auch in den Rest-Spektren deutlich
zu erkennen war. Die Ursache hierfür ist unklar.
Eine weiterführende Frage, die sich nun stellt, ist, ob verschiedene Anästhetika
einer Substanzgruppe oder gar unterschiedlicher Substanzklassen, die zu
gleichen EEG-Parametern führen, entsprechend der sogenannten
„Unitaritätstheorie der Narkose“ den gleichen pharmakodynamischen
Wirkmechanismus besitzen. Unter den vielen, in der Anästhesie verwendeten
42
Anästhetika ist die Pharmakodynamik einiger Substanzen bis heute nicht
vollständig geklärt. Während man früher den Hauptwirkmechanismus der
Narkosegase entsprechend der Meyer-Overton-Regel in den Interaktionen mit
den Lipidstrukturen der Zellmembranen sah („lipid theory“) , konnte in den
1970ern durch Franks und Lieb gezeigt werden, dass Zellmembranproteine als
Zielstrukturen fungieren [8]. Erst in den letzen Jahren wurde der aktivierende
und hemmende Einfluss von Narkosegasen auf synaptische Ionenkanäle
bekannt [24]. Allerdings wurde in mehreren Studien gezeigt, dass verschiedene
pharmakologische Effekte durch unterschiedliche Angriffspunkte und
Mechanismen ausgelöst werden, was nicht mit einer Unitarität der Anästhetika
vereinbar ist [3]. Vielmehr ist derzeit wohl von komplexen Effekten und
vielfältigen Mechanismen auszugehen. Aus den Ergebnissen dieser Arbeit ist
zu sagen, dass zwischen den Substanzen Desfluran, Sevofluran und Isofluran
trotz substanzspezifischer Unterschiede in der Ausprägung ihrer Effekte
aufgrund der allenfalls geringen Unterschiede in den EEG-Spektren ein gleicher
Wirkort und sehr ähnlicher Wirkmechanismus zumindest für den EEG-Effekt
vermutet werden kann.
4. Probleme der Analyse von EEG-Signalen
Die Analyse der EEG-Signale mittels FFT-Analyse setzt stationäre Signale
voraus. Allerdings treten im EEG bei höheren Konzentrationen der
Narkosegase nichtstationäre Muster, wie Spikes und burst suppression auf, so
dass die Spektralanalyse nur von begrenzter Aussagekraft ist [9].
Eine Clusteranalyse des Phasenspektrums wurde ebenfalls versucht war aber
nicht erfolgreich, da die Phasenspektren zwar im Einzelfall bei Auftreten von
Burst-Suppression oder Spikes Abweichungen von einer Zufallsverteilung
aufwiesen, nicht aber in der Population.
5. Zusammenfassung und Ausblick
Im Wachzustand fanden wir zwei Zustände mit unterschiedlichem EEG-Muster.
In jeder Narkosestufe konnte mindestens ein substanzunabhängiger Cluster-
Typ gefunden werden.
43
Insgesamt scheinen die Unterschiede in den EEG-Spektren von Isofluran,
Desfluran und Sevofluran in der Ratte trotz statistischer Signifikanz nicht
relevant zu sein. Für Fragestellungen wie diese bedarf es der Entwicklung eines
geeigneten statistischen Tests, der selbst bei einer großen Anzahl von
Powerspektren eine angemessene, relevante Sensitivität besitzt.
Für die Substanzen Isofluran, Desfluran und Sevofluran, bei denen die
Pharmakodynamik keine Unterschiede in der Medianfrequenz im Ratten-EEG
zeigte, ist die Reduktion der EEG-Information auf diesen Mono-Parameter zur
Einschätzung des Narkosezustands anscheinend mit keinem relevanten
Informationsverlust verbunden. Die Verwendung solcher Monoparameter zur
Quantifizierung des EEG-Effekts und zur Überwachung der Narkose ist daher
gerechtfertigt.
.
44
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46
Danksagung
Ich danke meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dr. H. Schwilden für die
freundliche Überlassung des Dissertationsthemas. Durch seinen fundierten
Unterricht im Rahmen eines Wahlfachs im Vorfeld dieser Arbeit weckte er mein
Interesse an der Thematik und schuf die hierfür notwendige theoretische Basis.
Als fachlich kompetenter Berater für Fragen und Diskussionen stand er mir
stets zur Verfügung.
Besonderer Dank gilt Herrn Dr. H. Ihmsen für seine großartige Betreuung und
sein fortwährendes Engagement, das er dieser Arbeit entgegenbrachte. Seinem
großen Fachwissen und seiner Erfahrung auf dem Gebiet des
wissenschaftlichen Arbeitens ist es zu verdanken, dass diese Arbeit in der
vorliegenden Form entstehen konnte. Ich danke ihm herzlich für seine
Hilfsbereitschaft bei der Ausarbeitung und Umsetzung dieser Arbeit.
Zuletzt möchte ich meinen Eltern danken, die mich in jeder Hinsicht
unterstützten und mir die universitäre Ausbildung und so das Erstellen dieser
Arbeit ermöglichten.