Auf Hellas Spuren in Ostturkistan

8/12/2019 Auf Hellas Spuren in Ostturkistan

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Manich‰ischer Kuppelbau, Ruine K, Chotscho



Tafel 9



Tafel 10



Arbeiten und Leben in Karachodscha

Endlich, am 18. November, langten wir am Orte unserer Gra‡ bungen, der alten Ruinenstadt Chotscho, heute Karachodscha, an.Diese Stadt f…hrt im Munde des Volkes auch die Namen Aps…s(Ephesus), Stadt des D‰ki‰n…s[nach dem r„mischen Kaiser Decius,

dem Christenverfolger] und IdikutschahrL Der alte chinesische Name war Kao-tschang.

Plan der alten Stadt Chotscho bei Karachodscha, nach Gr…nwedel

Der Name Dakianus-Stadt erkl‰rt sich aus dem Umst‰nde, daƒin unmittelbarer N‰he, in dem Tale vonTuyok, sich ein Heiligtumder Siebenschl‰fer befindet, welches heute noch von muhammeda-nischen Pilgern, selbst aus Arabien und Indien, besucht wird undim Rufe groƒer Heiligkeit steht. Die Sage aber ist nicht erst von



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den Muhammedanern dort hingebracht worden ˆ der Islam er‡reichte diese Gegenden erst im 13. oder 14. Jahrhundert ˆ, sonderngeht, wie ich sp‰ter zeigen werde, in buddhistische Zeiten zur…ck.

Die alte Stadt ist ein ungeheures Viereck, das etwa 1 qkm um‡faƒt, (s, Taf. 4.) Die m‰chtige alte Mauer (s. Taf. 5) ist heute nochan vielen Stellen gut erhalten. Sie hat eine H„he von ungef‰hr 20 m und ist in der von Persien nach China hinein heute noch …blichenArt aus gestampftem Lehm aufgef…hrt. Zahlreiche T…rme ˆ esstehen deren noch einige siebenzig ˆ verst‰rken diese nach obensich verj…ngende Mauer, die in ihrem unteren Teil so dick ist,daƒ ganze Zimmer anlagen, besonders in der N‰he der Tore, vonden Erbauern darin angebracht werden konnten.

Die Tor anlagen sind zerst„rt; es scheint aber jede der vier dieStadt umfassenden Mauern in der Mitte mit einem befestigten Tor versehen gewesen zu sein.

Ein f…nftes Tor befand sich anscheinend in der Nordwest-Eckeder Mauer.

Die starke Zerst„rung der Geb‰ude lieƒ die Straƒenfluchtennicht mehr deutlich erkennen. Aber zwei groƒe Hauptstraƒen, dieeine von Norden nach S…den, die andere von Osten nach Westen,schienen sich in der Mitte der Stadt gekreuzt zu haben, bei jener Ruine K, die wir als das Heiligtum der manich‰ischen K„nigeder uighurischen T…rken erkannt haben, (s. Taf. 8.) Der Stadtpland…rfte daher dem Vorbilde des r„mischen Castrum folgen.

Die Geb‰ude in der Stadt sind samt und sonders Tempel,Kl„ster, Grabm‰ler, kurz, lauter religi„se Bauten. (Taf. 4.) Es istuns nicht gelungen, einen einzigen Profanbau zu entdecken. DieArchitektur ist in allen Geb‰uden entweder iranisch (Kuppelbau)(s. Taf. 5), oder indisch (st…pa) (s. Taf. 26); chinesische Bautenkommen weder in der Oase von Turfan noch in den …brigen vonuns besuchten alten Siedlungen vorl.

Es war eine Tempelstadt und Nekropole, deren starke Be-1 Der persische Kuppelbau besteht in seiner einfachsten Form aus einem

quadratischen Unterbau, der mit einer halbkugeligen Kuppel …berdacht ist DieoffenbleibendenEcken wurden durch kleine, muschelf„rmige W„lbungen ge‡schlossen.Der indische St…pa ist meist ein Bau mit polygonalem, vielfach geglie‡

dertem Querschnitt. Er ist meist nur mit einer kleinen Kammer versehen, inwelcher Reliquienvon Heiligen, mit einigen Schriftenund Kostbarkeiten(M…nzen,Juwelen) oder aber Aschenresteder Leichen durch Brand bestatteter Vornehmer geborgen wurden.

Viele der Tempel sind eine Kombinationbeider Bauarten, nur ist der St…pahier ein einfacher rechteckiger oder quadratischer Pfeiler, vor dem eine quadra‡tische Cella mit Kuppeldach errichtet wird, von welcher ausgehend schmaleKorridore, mit Tonnengew„lbengedeckt, den Pfeiler umgeben.



Arbeiten und Leben in Karachodscha 43

festigungen in Kriegszeiten den vor den Toren in einfachen Lehm‡h‰usern wohnenden Einwohnern als Zufluchtsort dienten. DieseLehmh‰user, vermutlich H‰user derselben Art, wie sie heute noch bewohnt werden, sind spurlos verschwunden. Die heutigen Ein‡wohner, ostt…rkische Ackerb…rger, haben ihre bescheidenen Be‡hausungen zum Teil an die Auƒenseite der Stadtmauer gebaut,zum Teil verlaufen die H‰user in einer langen Straƒe. Sie bildenim ganzen drei kleine Siedlungen von zusammen etwa 1100 Herd‡st‰tten, n‰mlich Ab‰d, Ast‰na und Karachodscha.

Wir stiegen in dem Serai des Bauern Saut (S‰bit) ab, bei demschon die erste Expedition gewohnt hatte und der uns mit un-geheuchelter Freude empfing. Es war ein auƒerordentlich pfiffiger Mensch, den man nur als einen groƒen Spitzbuben bezeichnen kann,aber seine Spitzb…bereien vollf…hrte er mit solcher Grazie und so‡viel Geist, daƒ es schwer war, ihm lange zu z…rnen. Seine Familiewurde ausquartiert und uns das sch„nste Zimmer, ein Raum vonetwa 5 m im Quadrat, zugeteilt, der mit alten, in der Stadtmauer angebrachten G‰ngen und R‰umen in Verbindung stand. Hier sollten wir 11 Monate hausen, (s. Taf. 6.)

Das Verh‰ltnis zu den Eingeborenen gestaltete sich vom erstenTage an auƒerordentlich freundschaftlich, obwohl gleich nach un‡serem Eintritt ein Ungl…ck sich zugetragen hatte. Einer der S„hne

unseres Wirtes hatte n‰mlich mit einer Browning-Pistole gespieltund sich ungl…cklicherweise damit verletzt. Die Kugel durchschlugseinen linken Arm zwischen den beiden Vorderarmknochen, ohneindes ein Blutgef‰ƒ, einen Nerv oder die Knochen zu sch‰digen!In wenigen Tagen, so groƒ ist die Widerstandskraft dieser Men‡schen, war die Wunde tadellos verheilt.

In kurzem empfingen wir den Besuch des Amin Chodscha,K„nigs von Luktschun, den letzten Nachkommen der K„nige vonTurfan (s. Taf. 6), der uns aufforderte, nach Luktschun in seinenPalast („rd‰) zu ziehen. Dies muƒten wir ablehnen, da unser Arbeits‡feld die alte Stadt war und wir die etwa 20 km nach Luktschun nicht

gern zweimal t‰glich zur…cklegen wollten. Unsere Ablehnung sch‰‡digte aber das gute Verh‰ltnis zu diesem F…rsten nicht. Wir be‡eilten uns indessen, ihm sogleich in Luktschun unsere Aufwartungzu machen.

Am folgenden Tage begannen die Arbeiten. Man brachte uns so‡fort einige sch„ne, antikisierende K„pfe aus geformtenLehm (Taf. 7)und bald darauf f…hrten einige Bauern mich in das Zentrum der Stadt, wo sie in einem groƒen, hallenartigen Raum eine d…nne,

j…ngere Mauer abgerissen hatten. Hinter dieser Mauer, auf der




‰lteren Wand, erschien der Rest eines groƒen Wandgem‰ldes,welches einen Mann, …berlebensgroƒ gemalt, in manich‰ischer Priestertracht darstellte, umgeben von ebenfalls in weiƒe Ritual‡gew‰nder gekleideten manich‰ischen M„nchen (electi) und Nonnen(electae). Jeder dieser in kleineren Ausmaƒen gemalten Religi„sentrug seinen sch„nen persischen Namen in soghdischer Schrift auf seiner Rrust. Wir haben Grund anzunehmen, daƒ wir hier eintraditionelles Bildnis des Religionsstifters Mani vor uns haben 1.Das Bild bildet eines der Hauptst…cke unserer Sammlung. (Taf. 9.)

Der Fund dieses Bildes zerst„rt die Anschauung, daƒ die Ma-nich‰er keine mit Malereien verzierte Kirchen (resp. Kultbauten)

besaƒen; dieser Saal, der einen

Teil einer mehrere ‰hnliche Hallenumfassenden Anlage bildete, war wahrscheinlich eine der †Fasten‡hallen" der merkw…rdigen Religion.

Unsere Expeditionen sind zu sp‰t nach Ghotscho gelangt; w‰rensie fr…her gekommen, so h‰tten sicherlich mehr dieser merkw…rdi‡gen, sassanidisch-hellenistischen Malereien geborgen werden k„n‡nen. Aber auch von der f…r die Religions- und Sprachgeschichtegleich wichtigen Literatur der Religionsgemeinschaftw‰re sehr vielmehr gerettet worden: einer der Bauern sagte mir, f…nf Jahre vor dem Kommen der ersten Expedition habe er in einem der zur An‡lage von Feldern niedergelegten Tempel f…nf groƒe Karren (araba)

voll der von uns so gesuchten Handschriften mit der †kleinenSchrift", n‰mlich der manich‰ischen, gefunden.Viele seien mit Bildern in Farben und Gold verziert gewesen.

Er f…rchtete aber, einmal, den unheiligen Charakter der Schriften,und zweitens, daƒ die Chinesen den Fund als Vorwand zu Erpres‡sungen benutzen k„nnten und warf kurzerhand die ganze Bibliothek in den Strom!

Die manich‰ischen Handschriften kommen vor in B…chern ver‡schiedener Art, n‰mlich der antiken Buchrolle, dem Faltbuch (einlanger, harmonikaartig gefalteter Bogen Papier), dem indischenBuch und dem europ‰ischen gehefteten Buch. Das Pothi oder

indische Buch ist ein Stoƒ langer, schmaler, rechteckig zugeschnit‡tener Bl‰tter, mit einer oder mit zwei Durchbohrungen. Zwei eben‡falls an denselben Stellen durchlochte, oft auƒen sch„n profilierteHolzbrettchen etwas gr„ƒeren Ausmaƒes bieten den dazwischen‡liegenden Bl‰ttern Schutz. Eine lange Schnur wird durch die Durch‡ bohrungen gezogen und mehrmals um das Bl‰tterb…ndel gewickelt.

1 F…r Religion und Kunst der Manich‰er, sowie f…r Berichte …ber Mani,sei hier verwiesenauf A. v. Le Coq, Die buddhistische Sp‰tantike Mittelasiens,Bd. II, Die manich‰ischen Miniaturen, Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1923.




Die manich‰ischen Schriften finden sich auf Papier, Pergament,weichem Handschuhleder und Seide. Reste sch„ner, an ‰gyptischeArbeiten dieser Art erinnernde Bucheinb‰nde wurden gefunden ˆ sie sind aus gepunztem gepreƒten Leder, zuweilen in durchbroche‡ner Arbeit und waren manchmal mit Gold verziert. Sehr pr‰chtigmuƒ ein Buchdeckelaus d…nngeschliffenemSchildpatt gewesen sein,der mit Goldblatt unterlegt war und von dem wir ein Bruchst…ck fanden. Ob dies Bruchst…ck zu einem westlichen oder zu einemchinesischen Buch geh„rt hat, wissen wir nicht.

Die manich‰ischen Handschriften zeichnen sich aus durch jenemeisterhafte Kalligraphie, jene Liebe zu k…nstlerischer Ausstat‡tung aller Dinge, die dem ersten Kulturvolk Asiens, den Iraniern,nun einmal eigen ist. Man bediente sich der manich‰ischen Schrift,einer klaren, deutlichen und sehr sch„nen Form der syrischenSchrift, oder auch der markigen Charaktere des soghdischenAlpha‡

bets, einer Schrift, die mit einigen Abwandelungen von den Uighu-ren, den Mongolen, den Westmongolen oder Kalm…cken und denMandschu …bernommen worden ist. Diese Schrift stammt von einer noch nicht ermittelten semitischen Schriftart ab.

Die Inder in Turkistan benutzten haupts‰chlich die nationaleForm des Buches, das Pothi, die Rolle und das Faltbuch, auƒer‡dem auch Holztabletten. Das Papier …berzogen sie zuweilen miteiner Paste (Weizenmehl und Kalk?)

Die manich‰ischen T…rken bedienten sich zuweilen auch der merkw…rdigen t…rkischen †Runen"-Schrift, so genannt wegen einer gewissen ‰uƒeren ‹hnlichkeit mit den Runen der germanischenV„lker. Diese t…rkische Schriftart zeugt von hoher Einsicht in diePhonetik der t…rkischen Sprache und kann nur von wissenschaft‡lich denkenden Leuten erfunden worden sein. Ein sch„ner Beweisf…r die vorgeschrittene Kultur der alten T…rken!

Die Entzifferung dieser sehr eigent…mlichen und sehr schwie‡rigen Schrift, die bisher nur von den Steinmonumenten von Or-

chon bekannt war, ist dem groƒen d‰nischen Philologen, Professor Vilhelm Thomsen, Exzellenz, Kopenhagen, schon vor langer Zeitgelungen.

Als ich sp‰ter Handschriften in dieser Schriftart fand, legte ichdas beste Buchblatt sogleich beiseite, um es dem genialen Ent‡zifferer bei meiner R…ckkehr nach Berlin als kleine Huldigung zur Bearbeitung anzubieten.

Gr…nwedel hatte mich beauftragt, ganz besonders drei Ruinen‡gruppen zu untersuchen. Wir vollzogen diesen Auftrag, leider ohne



4(5 A. v. Le Coq, Turfanexpeditionen

irgendwelche Resultate zu erzielen, was Bartus mir vorausgesagthatte.•berhaupt waren in der Zeit, die seit der ersten Expedition

verstrichen war, durch das fortw‰hrende Graben der Eingeborenengroƒe Zerst„rungen angerichtet worden. Die Ruinenstadt enth‰ltn‰mlich mancherlei, das den heutigen Bewohnern n…tzlich ist. Daist zun‰chst der im Laufe der Jahrhunderte in den Ruinen durchdie Fr…hjahrsst…rme aufgeh‰ufte L„ƒstaub, der mit den darunter‡liegenden zertretenen und zerschlagenen Resten von Statuen usw.ein wertvoller D…nger ist.

Noch kostbareren D…nger bilden die auf dem Lehmverputz der W‰nde aufgemalten Wandgem‰lde, die dem Muslim an und f…r sich ein Greuel sind und daher …berall, wo er sie antrifft, wenigstensam Gesicht, besch‰digt werden.

Herrscht doch der Glaube, daƒ die gemalten Menschen undTiere, wenn man nicht wenigstens Augen und Mund zerst„rt, des Nachts sich beleben, heruntersteigen und allerhand Unfug an Men‡schen, Vieh und Ernten ver…ben! Aber in der N‰he der Siedelungenschl‰gt man diese mit bunten Temperafarben gemalten Bilder vonden W‰nden, um ersch„pfte Felder damit zu d…ngen. Die Chinesen,die als Beamte im Lande sitzen, bek…mmern sich nicht um diesenUnfug; sie sind alle Confuzianer und verachten den Buddhismusals Religion der †kleinen Leute". (Nur wenn wir chinesische In‡schriftensteine fanden, erwachte das Interesse dieser Beamten;solche durften wir nur behalten, wenn der Inhalt buddhistisch war.)

Ferner sucht man besondersnach den T…rbalken und dergleichender alten Tempel; Brennholz und Bauholz ist selten in der Niede‡rung von Turfan. Sehr begehrt waren auch die sch„nen gebranntenFliesen, die die Fuƒb„den mancher Tempel bedeckt hatten. Fr…her suchte man auch nach Sch‰tzen; man soll manchmal wertvolleFunde gemacht haben, M…nzen, goldene und silberne Statuettenund so weiter.

Endlich, bei zunehmender Bev„lkerung, setzte der Landhunger der Bauern ein. Ganze Quartiere der Stadt wurden allm‰hlich der Ruinen durch Abtragen beraubt, der Grund und Boden geebnet,Bew‰sserungskan‰le hereingezogen und so die zerst„rende Feuch‡tigkeit in die Ruinenstadt eingef…hrt. An vielen Stellen war dasWasser in den L„ƒmauern in die H„he gestiegen und hatte unter den dort ruhenden Altert…mern verheerenden Schaden angerichtet.

So hatte ich den Kummer, in dem im Mittelpunkt der Stadtgelegenen manich‰ischen Heiligtum K eine Bibliothek aufzudecken,die durch Wasser vollst‰ndig zerst„rt war. Als ich die T…r aus dem




aufgeh‰uften L„ƒstaub und Sand herausgearbeitet hatte, fandenwir auf der Schwelle die ausgetrocknete Leiche eines erschlagenen buddhistischen M„nches. Seine Ritual-Robe war mit Blut befleckt.Der ganze Raum, auf den diese T…r f…hrte, war mit einer etwa60 cm hohen Masse bedeckt, die sich bei n‰herem Betrachten alsReste manich‰ischer Manuskripte ergab. Das L„ƒ-Wasser war indas Papier eingedrungen, hatte alles verklebt und bei der furcht‡ baren Hitze, die des Sommers dort zu herrschen pflegt, hatten sichalle diese kostbaren B…cher in L„ƒ verwandelt. Ich nahm Probendavon, trocknete sie sorgf‰ltig und hoffte etwas von diesen Hand‡schriften retten zu k„nnen. Aber die einzelnen Papierbl‰tter schil‡

ferten ab und l„sten sich in kleine Fragmente auf, auf denen dieReste kalligraphisch geschriebener Zeilen, unterbrochen von Spurenin Gold, Blau, Rot, Gr…n und Gelb ausgef…hrten Miniaturen nochhier und da erkenntlich waren. Hier ist ein ungeheurer Schatzverloren gegangen. An den W‰nden befanden sich auƒerordentlichgut ausgef…hrte Wandmalereien, die indessen sehr stark besch‰digtwaren. In einem engen Gang neben dieser Bibliothek wurden dannungeheure Mengen von Textilien, zum Teil persischer, zum Teilchinesischer Art, aufgefunden. Unter anderem auch manich‰ischeH‰ngebilder auf Stoff, welche einen Mann oder auch eine Frauim vollen Ornat der manich‰ischen Priesterschaft zeigen.

Diese Tempel- oder Votiv-Bilder haben die Form der chinesi‡schen und japanischen H‰ngebilder (kakemono); sie sind dem ma‡nich‰ischen und dem buddhistischen Kult gemeinsam und scheineneinen westlichen Ursprung zu haben.

Im Nordosten dieser selben Anlage fand sich ein Komplex vonvier Kuppelr‰umen persischer Art. In einem derselben gl…ckteHerrn Bartus der erste gr„ƒere Fund manich‰ischer Handschriften,darunter eine pr‰chtige Miniatur, die auf der einen Seite mani‡ch‰ische Priester im vollen Ornat und einige Zeilen in sp‰tsoghdi-scher Schrift und uighurischer Sprache enth‰lt. Die andere Seitezeigt eine Reihe von Musikern mit einem sch„nen Rankenorna‡ment und einigen rot geschriebenenZeilen sp‰tsoghdischer Schrift,die leider zum Teil zerst„rt waren und Namen und Titel einesuighurischen K„nigs enthielten. (Taf. 10.)

In einem der s…dlichen Kuppelr‰ume, den wir die †Leichen‡halle" nannten, machten wir eine grauenhafte Entdeckung. Die‰uƒere T…r dieses Geb‰udes war vermauert. Die Kuppel war zumTeil eingest…rzt, man hatte aber einen neuen, gew„lbten Fuƒbodendar…ber errichtet und auf diesem Fuƒboden einen sp‰tbuddhisti‡schen Tempel erbaut, dessen W‰nde nur noch in geringer H„he





Stupentempel Gamma, Chotscho

Umgebung der Ruine Gamma, Chotscho



Tafel 12

Prachtvoller †al fresco"-Fuƒboden, Chotscho




gene R‰der …ber mannshoch sind, ‰uƒerst lebhaft ist, sind dieStraƒen von sehr tiefen Wagengeleisen durchzogen und der L„ƒwird darin zu pulverartiger Feinheit zermahlen.

Bei den Ausgrabungen gingen stets erstickende Wolken empor,und abends husteten wir oftmals L„ƒabg…sse des Bronchus aus.

Dieser Staubnebel verschlingt W‰rmestrahlen, aber auch dieLichtstrahlen verlieren w‰hrend seiner Herrschaft an Kraft.

Alle meine ersten Photographien waren unterexponiert. Erstals ich nach den ersten 6 Wochen unseres Aufenthalts beim Her‡austreten ins Freie pl„tzlich zum ersten Male die schneebedecktenGebirge sah, verstand ich: die ganze Zeit hatten wir Staubnebel

gehabt, der die Berge verschleiert hatte!Die Verpflegung war auƒerordentlich einfach, es gab Reis mitHammelfett oder Hammelfett mit Reis.

Im Sommer wurde das Hammelfett in sehr kurzer Zeit ranzig,und obwohl der Palao, der mit diesem Fett ged‰mpfte Reis, ansich ein nahrhaftes und wohlschmeckendesGericht ist, wurden wir bei der groƒen Hitze immer der immer etwas anr…chigen Speise imallerh„chsten Grade …berdr…ssig.

Melonen und Trauben gab es das ganze Jahr, auch getrockneteFr…chte; das Brot war vortrefflich und wurde von unserer Wirtinin dem landes…blichenOfen, t„nur (oder t‰nur) genannt, gebacken.

Dieser Ofen, eine uralte Erfindung, stammt, wie der Name,sicher aus Mesopotamien. Es ist ein trichterf„rmiger Einsatz ineinem runden, von auƒen heizbaren Ofen. Die Frauen steigen auf den Ofen, nachdem der Trichter gen…gend erhitzt ist, klatschenden Teig in ihren H‰nden zu der gew…nschten Form und schlagenihn dann gegen die erhitzte Innenseite, wo der Fladen h‰ngenbleibt, bis er durchgebacken ist. Dann f‰llt er ab, wird herausgenommen,von dem anhaftenden Staub befreit und als ganz ausgezeichnetesBrot genossen. (Taf. 14.)

Ohne Brot und Tee w‰ren wir sicherlich zugrunde gegangen,denn der …berm‰ƒige Fruchtgenuƒ, besonders der der Aprikosenund Pfirsiche, bringt leicht Darm- und Magenverstimmungenher‡vor, die bei der groƒen Hitze schwer zu beseitigen sind und oftgef‰hrliche Formen annehmen. An Konserven hatten wir nur ein paar Dutzend B…chsen Sardinen und etwas Erbswurst mitgenom‡men.

An Alkohol hatten wir 4 Flaschen Arac und Rum, den zutrinken wir kaum je Lust versp…rten. Ich trat sp‰ter 3 Flaschenan die III. Expedition ab. Dagegen hatten meine Schwestern mir ein Dutzend Flaschen Veuve Clicquot Ponsardin mitgegeben, der,

T. he Coq, Turfan. 4




wenn auf die landes…bliche Art gek…hlt, nach ersch„pfender Arbeitsich als eine auƒerordentlich belebende Erfrischung erwies. Manh‰ngt die mit nassem Filz umwickelte Flasche in Zugluft und h‰ltden Filz feucht. Durch Verdunstung k…hlt sich der Inhalt vor‡trefflich.

Die Arbeitszeit dauerte von Sonnenaufgang, oftmals schon vor 4 Uhr morgens, bis 7 Uhr abends. Dann wurden die Arbeiter be‡zahlt, die Funde registriert und verpackt, die Ausgabeneingetragen,Briefe geschrieben und das einfache Abendbrot eingenommen.

Leider f…llte sich dann der ganze Hof mit Kranken, die vonweither kamen, um von dem fremden Herrn von ihren Leiden be‡

freit zu werden. Es waren meistens Rheuma- und Malariaf‰lle,die sich uns darboten, und da Chinin und Salycil geradezu Wunder taten, wurde der Zulauf allm‰hlichauƒerordentlich st„rend. Traurigwar es, unheilbare Kranke zu treffen. Sie wurden mit harmlosenMedizinen, immerhin getr„stet, entlassen.

Eines Abends amtierte ich als Arzt, als pl„tzlich ein groƒer Raubvogel …ber den Hof strich. Ich sprang auf, um zu sehen, wasf…r ein Vogel es sei, st…rzte auf die Straƒe und lief gerade gegenein altes Frauchen, das weinend am Tore stand. Ich fragte sie er‡staunt: †Warum weinst du denn so bitterlich, M…tterchen?"

Da sagte sie: †Herr, ich habe ja die 5 Gash nichtl." Ich sage:

†Welche 5 Cash, M…tterchen?" Da antwortet sie: †O Herr! weiƒtdu nicht, daƒ dein Hauswirt uns Kranken jedesmal 5 Cash ab‡nimmt, ehe wir zu dir hereinkommen d…rfen?" Ich wurde sehr ‰rgerlich, f…hrte die Alte herein und lieƒ sie ihre Aussage wieder‡holen, die dann von den anderen Patienten best‰tigt wurde.

Dieser Streich Sauts entr…stete mich in so hohem Maƒe, daƒich ihm mit der immer im G…rtel getragenen Peitsche ein paar t…chtige Hiebe …berzog: das einzige Mal, daƒ ich einen Eingeborenengepr…gelt h‰tte.

Ich sagte ihm, ich w…rde eine Anzeige beim K„nig von Luk-tschun machen; der solle ihm mit dem †groƒen Stock" eine ordent‡

liche Tracht Pr…gel verabfolgen.Saut verschwand, und wir legten uns zur Ruhe, waren aber kaum eingeschlafen, als vor der T…r sich ein lautes, vielstimmigesJammern erhob. Der alte Schlaukopf hatte seine Groƒmutter, seineMutter, seine Frau, seine sch„ne Tochter Z…wide Ch‰n (Taf. 13),die Nichten und sonstigen weiblichen Verwandten geschickt; jedekam mit einem H‰ndchen voll Rosinen,zwei St…ckchen Zucker, ein

1 Vierhundert †cash" gehen auf einen Taler.




wenig Tee und derartigen k„stlichen Gaben, die sie mir unter lautem Weinen darboten, w‰hrend sie mich einstimmig baten,noch einmal dem Enkel, Sohn, Gatten, Vater usw. zu verzeihen.

Es war ein so komischer und doch so r…hrender Anblick, daƒich mich erweichen lieƒ und ihm Straflosigkeit versprach, unter der Bedingung k…nftiger, besserer F…hrung.

Die Angst der Frauen war nicht unberechtigt. Der K„nig n‰m‡lich, fr…her allm‰chtig, ist seit der Wiedererrichtung der chinesi‡schen Herrschaft unter chinesische Aufsicht geraten. Ein chinesi‡scher Verwaltungsbeamter sitzt in Turfan und hat die tats‰chlicheMacht in H‰nden, etwa wie ein englischer †Resident" am Hof eines indischen F…rsten. Der K„nig darf niemanden t„ten, hat in‡dessen das Recht, Leute, die sieb vergangen haben, pr…geln zulassen. Zum Pr…geln bedient man sich des †kleinen" oder †groƒenStocks". Dieser †groƒe Stock" ist ein langer Bambus, dessen oberesEnde nach Art unserer Sportruder etwas geschweift ist. Die zur Pr…gelstrafe Verdammten werden auf die Erde gelegt, das Hinter‡teil wird entbl„ƒt und darauf mit diesem Stock ganz r…cksichtsloszugeschlagen.Beim ersten Hieb spritzt das Blut. 25 Hiebe gen…gen,um den Tod des Menschen herbeizuf…hren.

Dieser K„nig oder Wang von Luktschun ist ein sch„ner J…ng‡ling t…rkischer Rasse ˆ der siebente in der direkten Deszendenzvom Gr…nder des Reiches von Turfan, Amin Chodscha Chan, der um 1760 in Turfan herrschte. Wir besitzen im Museum ein um dieseZeit f…r den Kaiser Kien-lung gemaltes lebensgroƒesPortr‰t diesesF…rsten; es ist dadurch merkw…rdig, daƒ die Nase lang, schmalund gerade ist, die Augen aber blau sind. In diesem Mann lebtenalso die Eigenschaften der tocharischen Rasse noch 1000 Jahrenach deren Verschwinden! Unser junger G„nner f…hrte den Namenseines bedeutenderen Ahnen.

Zum Tchaghan-Fest, anfangs Dezember, waren wir bei ihmeingeladen. Es war eine groƒe Feier. Im S‰ulensaal des Palastessaƒen in zwei langen Reihen die W…rdentr‰ger des Amin Chodschain ihren Staatsgew‰ndern, der Wang selbst am oberen Ende desSaals, Bartus und ich zu seiner rechten und linken Seite.

Ein ungeheueres Kohlenbeckenstand nahe vor uns; die Kohlenwaren schlecht ausgegl…ht ˆ der Dunst verursachte mir Unbehagen.

Es fand eine feierliche Speisung statt ˆ zuerst Fr…chte: Wein‡trauben, Melonen, N…sse, Pistazien, russische Bonbons und vor‡trefflicher Tee, in welchen der Wang leider als Ehrenbezeugunguns handvollweise Zucker hineinwarf.

Sp‰ter gab es Suppe mit Hammelfleisch, delikate gesottene4*



52 A. v. Le Coq, Turfanexpeditioneu

Hammelrippchen, und schlieƒlicheinen riesigen Palao, in Hammel‡fett ged‰mpften Reis mit Huhn, Rosinen, geschnittenen Mohrr…benund Quittenscheiben. Ein ausgezeichnet wohlschmeckendes undnahrhaftes Gericht, solange das Fett nicht ranzig ist.

Dies Mahl verlief unter Beobachtung strenger Etikette in w…rde‡voller Stille ˆ es war ziemlich langweilig. Endlich strichen sichdie w…rdigen Herren ihre B‰rte, sagten ihr Allahu akbar! und de‡filierten nach vielen Salams heraus.

Der Wang lud uns dann in innere Gem‰cher, wo nach einiger Zeit seine S‰ngerinnen, groƒe, sch„ngewachseneFrauen, uns Lieder vortrugen. Begleitet wurden sie von einem einzigen Musiker, der auf der si-t‰r, einem langhalsigen, violinenartigen Instrument, miteinem Roƒhaarbogen auƒerordentlich anmutige Weisen hervor‡ brachte. Der Gesang dieser stattlichen Frauen ˆ sie waren …ber die erste Jugend hinweg ˆ war ganz verschieden von dem nasalenGepl‰rr der Araber und den, mir wenigstens, unertr‰glichen, schril‡len Ges‰ngen der Chinesen.

Ich bat den Wang, mir diese S‰ngerinnen nach Karachodschazu senden, damit ich ihre Lieder auf meinem Phonographen auf‡nehmen k„nne.

Er hielt sein Wort. Bald nach unserer R…ckkehr nach Kara‡chodscha trafen die Damen in einer festlich geschm…ckten chine‡sischen Kutsche (sie wird dort ma-pa genannt) mit ihrem Gesindeein und wurden von unserem Wirt mit vielen tiefen Dienern emp‡fangen. Zwei R‰ume wurden f…r sie geleert. Sie wuschen undschm…ckten sich und wir empfingen sie in unserem, mit unserenroten Bettdecken festlich verh‰ngtem Raum, wo ihnen der …blicheImbiƒ (d‰st‰rch‰n) vorgesetzt wurde.

Sie waren zuerst sehr nerv„s, beruhigten sich aber bald, zumalihnen der franz„sische Champagner ausgezeichnet schmeckte.

Ich holte dann den †Liederkasten" (n‰ghma sand…q) hervor,stellte den Trichter auf und bat die vornehmste, in den Apparathineinzusingen.

Sie f…rchtete sich ein wenig, nahm sich aber rasch zusammenund sang mit schmetternder Stimme in den Apparat ˆ so lautzwar, daƒ die Vibrationen des Metalltrichters mit auf die Wachs‡rolle …bertragen wurden.

Vergebens bat ich die zweite, leiser zu singen ˆ beide Frauenwaren doch etwas ‰ngstlich. Sie schienen sich durch …berm‰ƒiglauten Gesang ihre Furcht vertreiben zu wollen.

Nachdem ich mehrere Lieder aufgenommen, dankte ich ihnenund entlieƒ sie hocherfreut, eine jede mit einer russischen tila




(Goldst…ck). Sie fuhren noch am selben Nachmittag nach Luktschunzur…ck.Die Rollen befinden sich im Berliner Psychologischen Institut,

wo ich sie leider hingegeben habe. Niemand hat diese durch dieSch„nheit der Melodien ˆ man glaubt europ‰ische Weisen zuh„ren! ˆ auffallenden Dokumente studiert.

Diese Begegnung hatte l‰stige Folgen. Mit der seltsamen Schnel‡ligkeit, mit der ˆ durch den Bazarklatsch ˆ alle m„glichen Neuig‡keiten im Lande verbreitet werden, erfuhren auch die Z‰mind‰rs(Grundbesitzer) der Umgegend, daƒ die S‰ngerinnen des Wang, ber…hmte Sch„nheiten, in einen zauberischen Liederkasten desfremden Herrn gesungen h‰tten.

Am zweiten Tage nach jenem Besuch fand ich, zu meinem‹rger, daƒ auƒer den zahlreichen Patienten auch eine ganze An‡zahl w…rdiger, wohlgekleideter alter Herren im Hof des Serai micherwarteten. Sie erhoben sich mit groƒer H„flichkeit, boten mir denSal‰m, und fragten, ob ich ihnen nicht die Lieder jener Damen mitdem †Liederkasten" vorf…hren wolle.

Da die Leute ganz auƒerordentlich h„flich waren, willigte ichein. Aber jeden Tag kamen mehr, so daƒ diese Besuche ‰uƒerstzeitraubend wurden.

Als daher an einem Abend der Zulauf besonders groƒ war, ludich die drei ‰ltesten dieser Herren in mein Zimmer ein, setzte ihnenTee usw. vor und hielt folgende Rede:

†‹i d…stl‰rim-‰! o meine Freunde! Ihr wiƒt, daƒ es zwei Artender Magie gibt; die weiƒe, die mit Allah, die schwarze, die mitdem Schait‰n (Satan) zusammenh‰ngt!" ˆ

Chorus: †B‰li, t…r‰m! Jawohl, mein groƒer Herr!" ˆ †Nun wohl. Ihr wiƒt, daƒ All‰h uns Franken ein gr„ƒeres

hikm‰t (Verstand) gegeben hat, (Chorus: †B‰li, t…r‰m!") als euch,und daƒ wir die beiden Arten aus…ben d…rfen, ihr aber nur dieweiƒe!" (Chorus: †B‰li, t…r‰m!") †Gut ˆ ich bin besorgt um euer Wohl; der Liederkasten geh„rt in die schwarze Magie; darin sitztein kleiner Schait‰n, der schreibt die Worte auf und singt sie nach‡her ! Nun geht und sagt das den anderen Herren. Wenn ihr trotz‡dem die Lieder wieder h„ren wollt, werde ich sie vorf…hren! Nur m…ƒt ihr dies alles wissen!"

Ernsthaft strich man sich die B‰rte unter frommen Ausrufen.Sie entfernten sich und sprachen mit den anderen. In knapp dreiMinuten waren sie wieder da ˆ †Taksir, t…r‰m! Du willst unsnur loswerden! Da ist kein Schait‰n, das ist nur eine makina



A. v. Le Coq, Turfanexpeditionen

(Maschine), die ihr Franken euch ausgedacht habt, und wenn duwillst, so lasse uns die Lieder h„ren!"

Ich war entz…ckt …ber diese, die alte Kultur der Leute bezeu‡gende Antwort und f…hrte ihnen den Liederkasten vor. Die altenHerren wiegten sich vor Entz…cken und gingen befriedigt vondannen.

Von nun aber wurde ein Sohn unseres Wirts, der kleine Abdul,von Bartus Schafsneese getauft, ein fabelhaft geschickter Junge,angelernt den Apparat zu bedienen. Er lernte es vortrefflich undentlastete mich sehr.

Um von der Art der landl‰ufigen Lieder einen Begriff zu geben,lassen wir hier folgen:

Drei Liebeslieder der Z…wide (Zubeide) Gh‰n ausKar a Gh„dscha 1.

Die sch„ne Tochter unseres Wirts hatte sich mit 15 Jahren aneinen b‰uerlichen Grundbesitzer vonTurfan verheiratet. (Taf. 13.)

Er behandelte sie aber schlecht, so daƒ Saut seine Tochter wieder in das v‰terliche Haus zur…ckf…hrte.

Sie bekam bald nach unserem Eintreffen ihr Kindchen, und eswar erstaunlich, zu sehen, wie dieses junge Wesen, von Hautfarbeso weiƒ wie eine Nordl‰nderin, einem dunkelh‰utigen kleinen Mon‡golen das Leben schenken konnte.

Beim Stillen des Kindes pflegte sie allerhand Liedchen zu singen,und da wir groƒes Vertrauen genossen, erlaubte sie mir, die Wortezu notieren.

Zwei dieser Lieder sind von einem jungen Mann aus KaraCh„dscha gedichtet worden, der im Wahnsinn gestorben ist undim Andenken des Volkes als †Liebeskranker" (ar. m‰gn…n) weiter‡lebt.

Das dritte Liedchen besingt die Liebe eines der Krieger desYakub B‰k zur sch„nsten Frau des Ostlandes, der ‹mb‰r Ch‰nvon Daban-„ing. Hier bei Daban-cing machte das Heer des YakubB‰k den letzten verzweifelten Versuch (1877), die …berm‰chtigenScharen der Chinesen zur…ckzutreiben. Es wurde geschlagen, unddie beiden Liebenden wurden auf ewig getrennt.

1 Diese Lieder sind ver„ffentlichtworden in A. v. Le Coq, Sprichw„rterundLieder aus der Gegend von Turfan, Baeƒler Archiv, Beiheft I, B. G. Teubner,Leipzig 1911.




1.B‰ri's‰n bir bir besi'pd‰rya s…iyid‰k airiTfp

w‰i!munci'ma bayr'ing qaturmu baqmiding bir qairilip

w‰i!

Einen Schritt nach dem andern gehst Du von mir,Wir werden getrennt wie das Wasser des Stromes!

o weh!Ist dein Herz wirklich so hart?! Nicht ein einzig Mal hast Du Dich umgeschaut!

o weh!

b‰ryic‰ b‰y bll‰ b‰rdimyanyic‰ t‰sTiq bll‰n

n‰i!#„smoyu b‰nd‰m k„t‰rdims‰n qara qasli'q bll‰n

nai!

y‰rl ning y‰rl t„l‰m‰ndin b„l‰k, m‰ndin bol‰k

w‰i!‰mdl y‰r tutmai man ˆ a!s‰ndin bol‰k, s‰ndin b„l‰k

Als ich zu Dir ging, wandelte ich in G‰rten!Als ich zur…ck kam, wandelte ich in der Stein-

o weh! [w…ste!Und doch hatte ich, dein Sklave,Einst Ansehen bei Dir Schwarzbrauigen genossen!

o weh!

Viele Liebhaber hat meine GeliebteAndere als ich, andere als ich!

o weh!Ich ˆ oh! ˆ kann nie wieder eine Geliebte haben,Eine andere als Dich! eine andere als Dich!

o weh!

ti k„c‰d‰ san bols‰ng b… k„c‰d‰ man bol‰i‰n‰r guli san bols‰ngydpurm‰ql man bol‰i

icimdiki r‰ngimnf y‰r'im s‰n bilalmais‰nman k„id…m b… „tl‰ry‰s‰n bols‰ng c'idalmais‰n

qara ôganing suylqarangy„ b‰ylardin ‰qur qara q‰s q‰wi'l g…gany…r‰kk‰ „tl‰rni yaqur

k„rg‰ll k‰ldingmo y‰r k„id…rg‰li k‰ldingmo y‰r k„yiip „ck‰n „ti'nlyandury‰li k‰ldingmo y‰r

2.

In jener Straƒe, wo Du bistIn der Straƒe m„chte ich (auch) sein!Wenn Du die Granatbl…te bist,M„chte ich ihr Blatt sein!

Den Schmerz in meinem Innern,Geliebte! Kannst Du nicht ermessen !Von diesen Flammen brenne ich!W‰rest Du es ˆ nicht k„nntest Du es ertragen!

Der Bach von KarachodschaFlieƒt durch schattend…stere G‰rten;Die, sch„ne schwarzbrauige GeliebteEntz…ndet das Herz in Liebesnammen!

Kamst Du, mich zu sehen, o Geliebte?Kamst Du, mich zu verbrennen? [Feuer Das erst entz…ndete, (dann durch Dich) gel„schteVon Neuem zu entz…nden, kamst Du? o Geliebte!

D‰ban cing ning y‰ri qati'qt‰w…zl tatliqD‰ban cing da bir y‰r'im bar Amb‰r #‰n ‰tliq

‹mb‰r j;‰n ning secl …z…ny‰rg‰ t‰g‰md„‹mb‰r R‰ndln s„rap b‰qing‰rg‰ t‰g‰md„

3.Die Erde von Dabancing ist hart,S…ƒ die Wassermelonen!In Dabancing hab' ich ein Liebchen,Prinzessin Ambra heiƒt sie.

Lang ist ‹mb‰r Chans Haar!Reicht es wohl bis zur Erde?Frage vorsichtig ‹mb‰r Chan ˆ Wird sie wohl einen Mann nehmen?

1 NB. ‹mb‰r Chan war verheiratet.




…s‰qqina …nc‰l‰rim cecilip k‰tti Meine kleinenPerlen, fallend, sind amBoden zer-

ter'fp b‰rs‰ng c„ Sammelnd, gibst Du sie mir vielleicht? [streut!s„y‰i d‰s‰m b„yum y‰tm‰s Wenn ich Dich k…ssen will, reicht mein Wuchsnicht aus!

Beugst Du Dich vielleicht zum Kuƒ herab?egilip b‰rs‰ng co

‰tl‰ringnl haidait fk‰nmos d‰wan birlan bir ya^sfnl qTnait Tkan bir y‰m‰n birlan

Deine Pferde treiben zu m…ssenUber den Gletscher-Paƒ ˆ (ist so schlimm alsEine Gute gequ‰lt wird [wenn)Durch Zusammensein mit einem Schlechten. ˆ

S‰risam k„r‰nmaid„>‰ban cing dikT q„ryan

ˆ ag‰p bir yaman ik‰n‹mb‰r j;‰n di'n airilyau

Ob ich auch schaue ˆ nicht mehr kann manSehen die Festung von Daban cing! ˆ Ein seltsam schlimmes •bel ist'sVon ‹mb‰r Chan getrennt zu sein!

Erkl‰rung der UmschriftzeichenY = rasch gesprochenes g% = ch in †lachen"q = hartes gutturales k 5 ˆ sch in †scheinen"6 ˆ tsch in †quetschen"= ital. gi in †giorno"





Tafel 14

Brettchenweber, Karachodscha



Tafel 15

Groƒer St…pa bei Syrkyp



Tafel 16

Felsentempel in der Biegung, Schlucht von S‰ngim



Arbeiten und Leben in Karachodscha IIAus unserem Leben in Karachodscha melde ich noch fol‡

gendes :Unser Zimmer bestand aus einem groƒen Raum, der nach per‡

sischer Sitte rings an den W‰nden erh„hte Lehmb‰nke besaƒ. DieseB‰nke waren zum Teil hohl und konnten dann von auƒen geheiztwerden. Wir vermieden aber diese Art der Erw‰rmung, weil leichtKohlengase sich entwickeln, und zogen es vor, in dem h…bschenKamin ein Steinkohlenfeuer zu entfachen. Die Steinkohlen stehen

bei Turfan in geringer Tiefe an. Die T…rken nennen sie, wie wir,Steinkohle (t‰sch k„m…r). Noch reicher sind aber die Steinkohlen‡felder bei Komul; dort gehen die Leute des Nachts mit Hackenund Eimern auf das Feld, wo sie zutage tritt. Die Kohlen geh„rendem K„nig, aber ganz Komul l‰uft des Nachts dort hin und stiehltsie ihm.

Trotz der Heizung war es im Winter oft unertr‰glich kalt.In den, ger‰m genannten, alten G‰ngen in der Stadtmauer rich‡tete ich meine photographische Dunkelkammer ein. Als dort diePapierabf‰lle sich geh‰uft hatten, raschelte es oft verd‰chtig darin.Ich schlich mich vorsichtig hinein und fand, daƒ Igel dort ihr Wesentrieben. Sie wurden eingegangen und nach Berlin gebracht, wo Pro‡fessor Matschie sie als eine anderw‰rts ausgestorbeneArt erkannte.

Ein anderer, reizender Besuch war eine kleine Springmaus, dienach Art der K‰nguruhs sich fortbewegt und mit ihren wunder‡vollen, groƒen, schwarzen Augen, wenn sie aus den Ecken hervor‡lugte, uns ganz treuherzig betrachtete.

Eines Abends, als ich meine Patienten im Hofe des Serai do‡sierte ˆ es war wohl schon im April ˆ ert„nte ein lautes Surren,fast als ob ein Flug Rebh…hner aufgehe. Im n‰chsten Augenblick ergoƒ sich, mit groƒer Gewalt, ein heftiger Hagel von schwerenschwarzbraunen K„rpern …ber uns ˆ es waren lebende Tiere!

Im Nu war der Hof mit ihnen gef…llt, aber ebenso schnellst…rzte sich die Familie des Wirts und alle Patienten auf die h‰ƒ‡lichen Eindringlinge, deren zertretene K„rper bald zu vielen Hun‡derten den gestampften Tonboden des Hofes bedeckten.




Kein Wunder, daƒ diese Bauern mit Aufbietung aller Kr‰ftediese unholden Insekten verfolgten: es waren sehr groƒe Maul‡wurfsgrillen,die sicherlich10ˆ15 cm lang waren und deren Lebens‡gewohnheiten sie zu verderblichen Feinden des Landwirts machen.

Der Lebensunterhalt war schwer. Wir lebten eine Zeitlang vonTee, Brot, Palao (in Hammelfett ged‰mpfter Beis) und Fr…ch‡ten. Aber mit der zunehmenden Hitze wurde das Hammelfettschnell ranzig und damit muƒten wir auf den Genuƒ dieses Haupt‡gerichtes verzichten.

Auch die Fr…chte, besonders Aprikosen, erwiesen sich als ver‡r‰terisch und riefen oftmals schwere Verstimmungen hervor.

Um mit den Leuten verkehren zu k„nnen, muƒte ich mich an‡strengen, ihre Sprache zu erlernen. Ich hatte eine gewisse Kenntnisdes Osmanischen,die mir sehr zu statten kam, denn sie hatte mir noch vor der Abreise, in Berlin, erm„glicht, unter Prof. M. Hart‡mann mich schnell mit den allgemeinen Regeln der viel leichterenostt…rkischen Sprache bekannt zu machen.

In Karachodscha engagierte ich einen des Schreibensm‰chtigenBauern, namens Obul M‰chdi (Ab…'l Mahdi), der allabendlich nachunserem Abendbrot kam und mir Unterricht gab.

Dieser bestand haupts‰chlich darin, daƒ ich den Text doppel‡sprachiger (chinesisch-t…rkischer) Regierungserlasse(die die Leute,obwohl es streng verboten ist, von den Mauern, wo sie angeklebtwaren, abgerissen hatten), und alle eingehenden t…rkischen Briefemir diktieren lieƒ. Bald erwarb ich vom K„nig eine t…rkische •ber‡setzung des chinesischen Strafgesetzbuches, das sogenannte Li-kit‰bi, und von einem Arzt in Turfan ein Lehrbuch der Medizin,das Tibb-kit‰bi, die ich beide in langen Sitzungen allm‰hlich inUmschrift niederschrieb.

Sp‰ter lieƒ ich mir Lieder diktieren und stellte dabei fest, daƒes kaum noch Lieder kriegerischen Inhalts gibt. Die wenigen, dieich auftrieb, waren vielmehr Spottlieder auf erfolglose F…hrer ausYakub B‰ks Zeit. Alle anderen handelten nur von der Liebe, dieallerdings im Leben dieser Leute eine …berm‰chtige Rolle spielt.

Auf diese Weise gew„hntesich das Ohr an die Laute der Spracheund nach hartn‰ckigen Bem…hungen lernte ich sprechen und, waserheblich schwieriger ist, auch verstehen.

Bartus besaƒ eine recht gute Kenntnis der wichtigsten W„rter,im …brigen sprach er plattd…tsch mit den Arbeitern und es gelangdem vielgereistenMann, sich …berall zu verst‰ndigen. Als wir MitteAugust die Stadt verlieƒen, sprach die ganze Jungmannschaft einmerkw…rdiges, aber ganz verst‰ndliches Plattdeutsch.



Arbeiten und Leben in Karachodsclia II 59

Ende Februar h„rte die K‰lte auf, und schnell wurde es warm.Die Kinder warfen ihre wattierten R„ckchen ab und liefen, dieJungen ohne jede andere Bekleidung als Schmutz ˆ des b„senBlicks halber w‰scht man sie nicht! ˆ die M‰dchen in rotenH„schen, nach Art unserer Pyjama geschnitten, umher.

Hier konnte man sehen, daƒ viele der Kinder schneeweiƒe Haut‡farbe hatten, andere wieder waren von der Farbe des Weizenkornesund einige, schon als Kinder, fast schokoladebraun. Die Gesichts‡z…ge entsprachen meist der K„rperfarbe; die der helleren Typenwaren europ‰isch, die der dunkleren ostasiatisch.

Mit den Kindern haben wir immer groƒen Spaƒ gehabt. Ichhatte stets die Taschen voll Rosinen und Zuckerst…ckchen, und woich hinkam, wurde ich von diesen kleinen, oft entz…ckenden Ge‡sch„pfen, belagert, um S…ƒigkeiten zu erlangen. Aus Berliner Zei‡tungen, die im Laufe der Zeit zu einem Stapel angewachsenwaren,machte ich einen Dreimaster, steckte eine Hahnenfeder hinein undkr„nte damit einen meiner kleinen Lieblinge.Alle wollten nunmehr auch solche H…te haben. Ich unterwies einen der Knaben in der Kunst der Anfertigung, und bald stolzierte das junge Volk, B…bleinund M‰gdelein, stolz in diesen Kopfbedeckungen einher.

Als wir lange Zeit dort gehaust hatten, besuchte eines Tagesuns der Kasi und der †groƒe Achund", ein geistlicher W…rden‡tr‰ger, und es entspann sich ungef‰hr folgende Unterhaltung:†Herr, es ist nicht gut, daƒ ihr allein lebt. Ihr m…ƒt heiraten."Ich antwortete: †Wir sind ja verheiratet." Darauf jene: †Ja, eureFrauen sind aber viele tausend Li (chinesische Meilen) von hier entfernt, hier m…ƒt ihr Frauen nehmen. Meine Tochter und dieTochter des Kasi sind bereit, mit euch den Bund der Ehe zu kn…p‡fen." Dies war eine unangenehme Er„ffnung. Wie sollte man dieangesehenen Leute los werden, ohne sie zu kr‰nken? Ich dankteihnen zun‰chst und sagte ihnen dann: †Freunde, ihr wiƒt, daƒ dieChinesen hier Spione (sin-tschi) haben, die alle Woche einen Be‡richt nach Peking schicken, welcher unserem Gesandten (iltschi)…bergeben wird. Der schickt den Bericht an den groƒen Kaiser Gillehallim in dem groƒen Land B‰-lin. Nach unserem Gesetz d…r‡fen wir nur eine Frau heiraten. Wenn der groƒe Kaiser erf‰hrt, daƒwir hier geheiratet haben, was, glaubt ihr wohl, daƒ uns passiert ?"Sie strichen sich die B‰rte und sagten, das w…ƒten sie allerdingsnicht, worauf ich ihnen erkl‰rte, daƒ wir dann unfehlbar 25 mitdem †groƒen Stock" aufgez‰hlt bek‰men. Da entsetzten sie sich…ber unsere Barbarei und empfahlen sich mit Ausdr…cken des Be‡dauerns und der Freundschaft. Wir galten in Karachodscha f…r




eine Art Mohammedaner h„heren Grades und wurden stets mitdem arabischen Gruƒ †der Friede sei mit euch", bedacht. Auchh…teten wir uns vor allen gr„beren Verst„ƒen gegen das Gesetz.

Die Leute wuƒten wenig von der Lehre ihres Propheten, undihr Fanatismus trat seltsamerweiseviel weniger gegen die Chinesen,als gegen ihre chinesisch redenden Glaubensgenossen,die Tunganen(chin. Chui-chui),zutage. So geben sie zuweilen eine Tochter einemChitai (Chinesen) zur Frau, niemals aber einem Tunganen; auch besuchen sie niemals ein tunganisches Bethaus. Es herrscht …ber‡haupt groƒe Miƒachtung gegeneinander bei beiden, T…rken wieTunganen.

Aber auch f…r die Mohammedaner ist es in Turkistan nicht ganzleicht, sich mit mehreren Frauen zu verheiraten, obwohl das mo‡hammedanische Gesetz ja die Polygamie gestattet.

So kam gerade um diese Zeit M‰m‰sit (M‰h‰mm‰d S‰yid), der Mirab von Luktschun, aus Kaschghar zur…ck (Taf. 13), wohin er imAuftrage des K„nigs den letzten Sprossender Chodschafamilie,der fr…heren F…rsten von Ostturkistan, namens Abdu-s-Sa'id Ch„d-scham, begleitet hatte. Dieser harmlose Sproƒ eines blutbeflecktenGeschlechtesist als Gefangener in Peking erzogen worden und war des T…rkischen nicht m‰chtig. Er sprach nur chinesisch, konnteaber den Kuran rezitieren. Die Regierung hatte seine Harmlosigkeiterkannt und ihm erlaubt, eine Bettelreise durch das Land seiner V‰ter zu vollziehen. Er soll etwa 20000 S‰r (ca. 70000 Mark) vonden Gl‰ubigen erhalten haben. Auf dem R…ckweg traf ich ihn inBegleitung des Mirab in Karachodscha.

Der Mirab hatte sich in Kaschghar mit zwei jungen M‰dchenverheiratet, wie es die Sitte im Lande gestattet. Bei der Abreisehatte er sich von ihnen geschieden. Als er aber in Karachodschaeintraf, wo seine Familie wohnte, lieƒ ihn seine Frau Ai-en-niss‰(Mond der Frauen) nicht in sein eigenes Haus. Sie schlug ihn mitder Peitsche, sagte ihm †Gehe du nur zu deinen Kaschgharer Frauen!" und warf ihm die T…r vor der Nase zu. Er kam h„chst betr…bt des Abends zu mir und erz‰hlte mir seine traurige Er‡fahrung. Ich sagte ihm: †Freund, du hast doch soviel sch„ne Rol‡len mit Seide aus Andidschan und Chot‰n mitgebracht, auch sch„neMusseline, feines rotes Tuch und andere sch„ne Dinge. Nimm vondiesen Sachen und bringe sie deiner Frau!" Dieses Rezept wirkteWunder. Am n‰chsten Tage war der Friede wieder hergestellt.

Aber man sieht aus dem Vorgang, wie groƒ der Einfluƒ der hier …brigens stets unverschleiert gehenden Frauen auf ihre M‰n‡ner ist.



Arbeiten und Leben in Karachodscha II 61

Bartus war, wie schon bemerkt, …berall ein groƒer Favorit.Seine nat…rliche Heiterkeit, seine herkulische Kraft und seine groƒeGutm…tigkeit gefielen den Leuten. Wir haben zusammen viel ge‡lacht.

Eines Tages sagte ich ihm: †Herr Bartus, hier ist die Blech‡dose mit getrockneten Heidelbeeren, die als Mittel gegen Durchfallmitgenommen worden sind. Es sind aber K‰fer hineingekommenund Sie k„nnen den Inhalt aussch…tten. Die Dose wollen wir ver‡wahren, um Manuskripte oder derartiges hineinzupacken."

Am n‰chsten Tage kam Bartus mit einem Stoƒ sch„ner, alter Handschriften. Ich fragte ihn: †Aber, Herr Bartus, wo haben Siedenn den K‰gazl her?" †Jawoll, Herr Doktor," sagte er, †wie ichgestern das Zeug wegschmeiƒenwollte, da kamen ein paar von denalten Herren und die fragten mich, was ich da h‰tte. Da habe ichihnen gesagt, das sei ein Verj…ngungsmittel. Da wollten sie alledavon haben. Ich sagte ihnen aber, erst m…ƒt ihr ordentlich K‰gaz bringen und siehe, gleich brachten sie mir den ganzen Stoƒ. Ichhabe ihnen dann davon gegeben und heute morgen waren sie schonwieder da und wollten mehr haben. Sie haben es alles gegessen,Beeren und K‰fer, und behaupten, es h…lfe ausgezeichnet!"

Eine andere lustige Geschichte passierte am Tage vor unseremAufbruch nach Komul. Ich saƒ noch im Zimmer und bem…htemich, Rechnungen f…r die Oberrechnungskammer herzurichten. Eswar eine furchtbare Aufgabe, denn es gab dort russische W‰hrungin Papier, Gold und Silber, chinesische W‰hrung in gem…nztemGelde (Silber und Kupfer), in chinesischem offiziellen Papiergeldund in st‰dtischem Papiergeld oder richtiger Seidengeld. DieScheine (chin. ti-z‰) waren bedruckte St…cke von ‚lseide, etwavon der Gr„ƒe eines alten braunen Tausendmarkscheins. •ber dem Druck waren die offiziellen Siegel mit Zinnober aufge‡stempelt. Auch Silberbarren, die man zerschneidet und abwiegtkommen vor. All dieses Geld hatte fast t‰glich einen anderen Kurs.

Ich saƒ ziemlich verdrieƒlich …ber dieser Arbeit, w‰hrend Bar‡tus im Hofe noch h‰mmerte. Da besuchten mich die Notabein der Stadt, w…rdige alte Herren, und hielten ungef‰hr folgende An‡sprache: †Herr, Ihr reist jetzt fort, lange w‰ret ihr hier, reich sindwir alle geworden. Viele habt ihr umsonst von ihren Krankheiten befreit; leider habt ihr unsere T„chter nicht heiraten wollen. Aber wir haben euch als gutgeartete Menschen befunden. Wir bedauern,

1 Die T…rken nannten die alten Schriften entweder ar. ch‰tt, Schrift, oder pers. k‰ghaz, Papier.




daƒ ihr geht und nun haben wir noch einen Wunsch. Wenn n‰m‡lich wieder so vornehme Leute vom Hof des groƒen Kaisers Gille-hallim ˆ (so sprachensie den Namen Wilhelm aus!) ˆ zu uns kom‡men, dann m„chten wir sie_so begr…ƒen, wie es die Vorschrift amHofe des groƒen Landes B‰-lin erfordert."

Ich st„hnte etwas, antwortete aber in sch„n gesetzten Worten,dankte ihnen f…r die Aufmerksamkeit und sagte, ich h‰tte nochzu tun, denn wir wollten ja fort. Was den Gruƒ anginge, so w…rdemein †Held" (b‰tur) ihnen beibringen, wie der K„nig und die Vor‡nehmen einander gr…ƒen.

Ich komplimentierte sie hinaus und rief Bartus zu: †Herr Bar-tus, die Leutchen wollen wissen, wie man in Berlin sich auf vor‡nehme Art begr…ƒt." Bartus rief: †Dat wer ick sie schon lernen".Ich ging wieder an meine Arbeit und als sie fertig war, h„rte ichdrauƒen noch allerhand Kommandorufe und siehe! Bartus hattedie f…nfzehn alten Herren aufmarschiert, drei breit und f…nf tief,sie machten ihre Diener, erst nach rechts und sagten ganz deut‡lich: †Guten Morgen, olle Schafsneese", dann wandten sie sichnach der linken Seite, machten ihre Diener und sagten: †GutenMorgen, olle Schnapsneese".

Es war so komisch,daƒ ich mit M…he das Lachen verbiƒ. Hoch‡

begl…ckt empfahlen sich die Leute und als Gr…nwedel sechs Jahresp‰ter eintraf, kamen sie heraus, machten ihre Verbeugungenh„chst feierlich und begr…ƒten ihn nach der Hofsitte von B‰-lin.

Wir untersuchten noch zahlreiche Buinen in der alten Stadt,unter anderem die m‰chtige Stufenpyramide (Y des Planes) s…d‡westlich vom Osttore. (Taf. 4.)

Sie hat mehr als 20 m Front; in den zahlreichen Nischen warenfr…her groƒe vergoldete und bemalte Buddhafiguren angebracht.

Die Verwendung von Gold, in dickem Goldblatt, war oft ver‡schwenderisch: Man hat W‰nde von vielen Quadratmetern Gr„ƒedamit belegt. Die Zerst„rer haben das kostbare Metall mit ihren

S‰beln abgekratzt, doch waren manche Stellen ihnen entgangen.Ein ganz ‰hnlichesMonument, nur mit weniger scharf ausgepr‰gtenStufen, findet sich im Nachbarflecken Ast‰na und ist vermutlichdie Ursache, weshalb dieser Ort den Namen f…hrt: das persischeWort ‰st‰na bedeutet n‰mlich u. a. einen †Ort der Ruhe, desSchlafes", auch ein Heiligengrab.

Ein anderer, ‰hnlicher Bau, aber ohne Gliederung in Stufen,steht unfern der kleinen Ortschaft Syrkyp, n. o. n. von Luktschun.In den Nischen dieses Denkmals sind noch Reste von bemaltenBuddhafiguren erhalten. (Taf. 15.)



Arbeiten und Leben in Karaehodscha II 03

In Syrkyp wird …brigens eine merkw…rdige Art von Gef‰ƒenaus schwarzem Bergsand angefertigt.In anderen Ruinen der alten Stadt fanden wir ungeheure Men‡

gen zerst„rter indischer Schriften. Die Buchbl‰tter waren h‰ufigso zerrissen, daƒ auf jedem Fetzen sich nur ein indischer Nagari-Gharakter vorfand. Jedenfalls galt die Zerst„rung in erster Liniedem Buddhatum.

•brigens muƒ erw‰hnt werden, daƒ religi„se Schriften aller vier Bekenntnisse des Landes im selben Heiligtum aufgefundenwurden: Buddhisten, Christen und Manich‰er, mit vereinzeltenZoroastriern, scheinen demnach dieselben Kultorte benutzt zuhaben!Dies w…rde, wenn unsere Annahme berechtigt ist, auf groƒeToleranz ˆ und groƒe politische Macht der uighurischen T…rken‡k„nige schlieƒen lassen.

Sehr anziehend war die Ruine des von Gr…nwedel mit demgriechischen Buchstaben Gamma bezeichneten Tempels. Der hohe,vielfach profilierte Stupaturm war noch wohlerhalten und bargm„glicherweisenoch einige Votivschriften. Wir konnten uns aber nicht entschlieƒen, dies sch„ne Bauwerk einzureiƒen. (Taf. 11.)

Andere Ruinen zeigten die hohen, schmalen Gew„lbe, die ‰hn‡lich an dem groƒen Sassanidenpalast in Ktesiphon auftreten. IhreBestimmung ist mir unklar geblieben. (Taf. 5.)

Aber, und es kann nicht genug betont werden, alle erhaltenenGeb‰ude sind entweder persisch oder indisch. Es fehlt aber jeglicheSpur chinesischer Architektur, sogar hier in Chotscho, wo dieChinesen doch lange Zeit die Herren waren.

Einige bemerkenswerte Funde gelangen uns noch in den Tem‡ peln vor der Stadt.

Ein kleiner Bau auf der Ostseite des Flusses, s…dlich von der Br…cke und n„rdlich von der Furt, erweckte unsere Neugierde durchdie noch knapp erkennbare Darstellung, in Temperafarben, einesRitters zu Pferde, der ein mit einem Kreuz geschm…cktes Labarumtrug. Nur die Umrisse waren erhalten und der Verputz so morsch,daƒ von einer Bergung abgesehen werden muƒte.

Die Mauern zeigten eine Eigent…mlichkeit. Man hatte n‰mlichvor den ‰lteren, die R‰ume einfassenden W‰nden durch Errich‡tung einer nur einen Stein dicken Mauer die alten Wandmalereienverdeckt. Diese piet‰tvolle Art der Renovation ˆ bei uns w…rdeman die alten Bilder einfach …bert…ncht haben ˆ kam zur Ver‡wendungwie es scheint, nicht nur, wenn ein Tempel einer derselbenReligion angeh„rigen, anderen Gottheit gewidmet werden sollte,




sondern auch, wenn ein manich‰isches oder christliches Gotteshauseinem andern Kult zugeeignet werden sollte.

Wir haben schon beschrieben, wie das †Bild des Mani" so ver‡mauert gefunden worden ist ˆ in diesem neuen Tempelchen war augenscheinlich ein christlicher Kultbau, ein nestorianisches Bet‡haus oder dgl. durch Ziehung neuer Mauern seines Charakters be‡raubt worden.

Beim Abreiƒen der neuen Mauern waren aber nur noch hier und da Reste der alten Wandgem‰lde vorhanden. Von oben, durchdie Mauerspalte eindringendes Schneewasserhatte viel zerst„rt.

Erhalten war jedoch die Figur eines stark byzantinisch an‡mutenden Priesters mit Rauchfaƒ und Weihwassergef‰ƒ. Er stehtvor einer Reihe von drei Personen, die kleiner dargestellt sind alser selbst, und gr…nbelaubte Zweige in den H‰nden tragen.(Taf. 9.)

Hinter der Gruppe erblickt man das Vorderbein eines Pferdes:offenbar hatte ein Reiter sich den Feiernden gen‰hert.

Der Priester ist weder ein buddhistischer M„nch, noch ein ma-nich‰ischer electus, die beide an ihren Ritualgew‰ndern kenntlichsind. Vielleicht ist es eine Darstellung der Palmsonntag-Feier. Je‡denfalls spricht die Malweise f…r Beziehungen zum Westen, die j…nger als die Zeit der Gandh‰rakunst sind.

Am Wege nach Tuyok stehen noch zwei Ruinen, die Gr…nwedelmit den Buchstaben Russisch Z und Russisch B bezeichnet hat.

Erstere enthielt mehrere Kapellen mit zum Teil riesigen sitzen‡den Buddhafiguren. Einige sch„ne Wandgem‰lde in der uighuri-schen Malweise waren an den W‰nden erhalten, aber auch sp‰tereAusbesserungen in chinesisch abgewandeltem Stil.

In der nach Osten gewandten Kapelle fand sich der groƒe Sockeleines zerst„rten Nirvana Buddhas.

Vor die Vorderseite des Sockels hatte man eine d…nne Stukko-schicht gesetzt und so die alten Gem‰lde des Sockels verdeckt. Sie

traten, ziemlich gut erhalten, zutage, als man den Stukko ent‡fernte: es waren Darstellungen von M„nchen in einer lebhaft anromanische Kunst erinnernden Malweise!

Einen bedeutendenFund machten wir in Ruine Russisch B. Auchin diesem Tempel hatte man die ‰lteren Malereien usw. durch j…n‡geren Wandschmuck ersetzt; augenscheinlich bereits in sp‰ter, la-maistischer Zeit (13. Jahrhundert?). Jedenfalls war man viel r…ck‡sichtsloser verfahren, als in der Glanzzeit des Uighurenreiches esSitte war.

An der Ostseite der T…rwand, zur Rechten des Eintretenden,



Tafel 17

v. L e C o q , Turfan.



Tafel 18

Hauptterrasse, B‰z‰klik, von Osten

S…dende der Hauptterrasse, B‰z‰klik




fanden wir hinter einer neueren Wand, in einer flachen Nische, einen prachtvollen Torso von 1,50 m H„he. (Taf. 10.)Der obere Teil der Statue, die mit starken Holzd…beln an der

Wand befestigt war, hatte erheblich gelitten. Nicht nur, daƒ Kopf und Schultern fehlten: der zuweilen in Mengen fallende Schnee,odei die Wasser der sehr seltenen, aber dann sehr starken Regen‡g…sse, hatte aufgel„sten Lehm in kleinen B‰chen …ber den Ober‡k„rper der Statue gef…hrt und die Farben der Gewandung teil‡weise zerst„rt.

Die Statue steht auf einem halbkreisf„rmigen Lotusthron, des‡sen Bl‰tter wahrscheinlich rot mit weiƒer Umrandung waren. Der

Fruchtboden war vielleicht gr…n bemalt, zeigt aber heute nur nochSpuren der weiƒen Grundierung, (der unterhalb der Bl‰tter er‡scheinende Rand ist aus Gips; es ist eine Zutat, die zum Zweckeder Aufstellung sich als n„tig erwies).

Die F…ƒe sind nicht sehr gut modelliert und haben auƒerdem bei dem Einmauern der Statue gelitten: man hatte die ungebrann‡ten Ziegel einfach daraufgesetzt. Unsch„n wirkt auch das •ber‡stehen der Zehen …ber den Rand des Fruchtbodens.

Die Figur selbst erinnert lebhaft an Vorbilder in der Gandhara-kunst. Der Faltenwurf ist edel und noch nicht durch ostasiatischesMiƒverstehen der klassischen Formen entstellt. Charakteristisch

sind die schweren, seitlichen Gewandfalten, die von den Schulternoder von dem ohne Zweifel in lehrender Stellung erhobenen, zer‡st„rten Unterarm herabfallen. Sie zeigen reichliche •berreste einer gr…nen Bemalung und sind augenscheinlichTeile eines mantelarti‡gen •berwurfs.

Der Leibrock umschlieƒt die Gestalt in edlem Faltenwurf; dieBemalung ist bis in die Kniegegendzerst„rt, so daƒ hier die br‰un‡liche Farbe des Materials zutage tritt. Von der Kniegegend bis zumunteren, in sch„ne Falten fallenden Rand, ist die nach unten hinim Ton reicher werdende Bemalung erhalten. Zwei Untergew‰nder werden getragen. Von dem oberen erscheint nur ein dreieckigesSt…ck auf der linken Seite zwischen den Falten des Mantels, desLeibrocks und dem schmalen, darunter sichtbaren Streifen deszweiten, blau gemalten Unterkleides. Die Farbe dieses dreieckigenZipfels ist rot. (F…r weitere Details verweise ich auf das Tafelwerk †Chotscho", Dietrich Reimer, Verlag, Berlin, 1913, dem ich die Be‡schreibung entnehme.)

Diese sch„ne Statue, ein Buddha in fast reinem Gandharastil,wurde ein Gegenstand des Kopfzerbrechens. Denn man muƒte sichfragen, warum die antike Formengebung in der Skulptur sich er-

v. Le Coq, Turfan. 5




halten habe, w‰hrend in der Malerei die hellenistischen Elemente bereits ostasiatisch abgewandelt waren.Die Statue ist keineswegs die einzige Skulptur, die den helle‡

nistischen Charakter bewahrt hat. Schon die erste Expedition hattestark gr‰zisierendeK„pfe gefunden, und auch uns waren eine ganzeReihe solcher Plastiken in die H‰nde gefallen.

Die Buddhas auf den Wandgem‰lden zeigten schon …berall denmiƒverstandenen Faltenwurf und die ostasiatischen Gesichter der sp‰teren, chinesischen Zeit. Die Skulpturen geh„rten, dar…ber konnte kein Zweifel walten, derselben Zeit wie die Gem‰lde an ˆ warum waren nicht auch sie ostasiatisch abgewandelt?

Zur Zeit des Fundes wuƒten wir noch nicht, daƒ die Plastik Ostturkistans eine Formereikunst ist und daƒ man sich zur Her‡stellung aller Statuen der Formen bediente.

Erst auf der dritten Reise fanden wir, in den Klosterwerkst‰ttenvon Kyzil, vereinzelte aus Stukko hergestellte Formen. Und inSchortschuk gelang es Herrn Bartus, aus einer solchen Werkstatteinige 30 solcher Formen auszugraben.

Dieser Fund bot uns des R‰tsels L„sung: man druckte ebenmit diesen Formen den alten Typ immer wieder, und wurde eineForm durch Bruch oder Abnutzung unbrauchbar, so wurde …ber

einem ihrer fr…heren Erzeugnisse auf mechanischem Wege eineneue Form hergestellt und damit weitergedrucktl.

1 Mit Tierhaaren, Pflanzenfasern oder H‰cksel gemischter Lehm, ˆ seltener,und besonders in den westlichen Anlagen, wurde auch Stukko verwendet ˆ ist das Material der alten Former, denn in Ostturkistan fehlte ein geeigneter Stein.

In den Formen wurde das Gesicht, die Ohren mit ihrem Schmuck, Arme,Beine, H‰nde und F…ƒe, die Attribute usw. jedes f…r sich ausgedr…ckt.

Die groƒen Statuen wurden ebenso, in vielen Einzelteilen, geformt, die nichtsehr dicken geformten St…cke mit derselben Masse und mit Rohrb…ndeln gef…lltund an der Sonne getrocknet. Dann wurden die einzelnen St…cke mit rohenHolzst‰bchen zusammengesetzt, oft auch nur mit Strobseilen zusammengebunden,H‰nde usw. wurden angesetzt, und die ganze Figur ˆ es sind immer nur Halb‡reliefs ˆ auf der hinteren Seite mit Lehmverputz abgegl‰ttet und mit Tarna-riskend…beln an der Tempelwand befestigt.

Dann wurde die Vorderseite abgegl‰ttet, die Fugen verschmiert, alles nocheinmal feiner in geschlemmten Ton nachmodeliert, mit einer d…nnen SchichtStukko …berzogen, mit Temperaf'arben bemalt und mit dickem Blattgold vergoldet.

Das Blattgold wurde in viereckige St…ckchen geschnitten, aufgeklebt unddurch Bemalung in Schwarz oder in einem sch„nen durchsichtigen Karminrot(besonders in den Miniaturen der B…cher), gegliedert.

Um den Goldschmuck mancher besonders kostbarer Statuen plastisch her‡vortreten zu lassen, f…hrte man ihn zun‰chst in ganz niederem Relief in einer sehr festen weiƒen Pasta (Stukko?) aus. Darauf klebte man die viereckigenSt…ckchen Blattgold auf und bemalte sie; die hervortretenden Ecken des Blatt-




In der t…rkischen Zeit ‰nderte sich allm‰hlich, durch die zu‡nehmende Blutmischung des Volks, das Sch„nheitsideal und mankann an den K„pfen genau erkennen, wie man ziemlich schnell,etwa im 9. Jahrhundert, die Formen mit voller •berlegung ost‡asiatisch abge‰ndert hat. Die Augen werden aus den Augenh„hlenhervorgeschoben, die Brauen schr‰ger gestellt, die Lidspalte eben‡falls, die Nase wird verk…rzt, der antikisierende Haaransatz miƒ‡verstanden und schematisiert. Zuletzt gibt ein K…nstler seiner Formnoch das straffe, grobe Haar der ostasiatischen Rasse und ˆ ausdem gr‰zisierenden Kopf ist ein chinesischer geworden! (s. Taf. 7)

In der Malerei herrschte aus leichtverst‰ndlichen Gr…nden eine

weit geringere Best‰ndigkeit. Schon die Sassanidenhatten die Wegezum hellenistischenOrient gesperrt, und aus Iran und Indien kamennur wenige Leute, und wohl meist, auƒer den reisenden Kauf‡leuten, nur M„nche, die dem Z„libat huldigten. Der Weg nach Ost‡asien war aber immer offen und Ostasiaten, T…rken und Chinesenkamen immer zahlreicher in das Land. Die Blutmischung vollzogsich also fortw‰hrend.

Nahm nun ein Meister einen mischbl…tigen Lehrling an, so kamein neues Auge, eine neue Hand in sein Atelier, und so vollzog sichdie Abwandlung viel schneller in der Malerei als in der Skulptur.

Auch die Malerei bediente sich mechanischer Hilfsmittel. Wir

haben papierne Pausen gefunden und zwar solche aus d…nnem Pa‡ pier f…r die Gem‰lde auf Leinwand, Boehmeriastoff, Seide und Pa‡ pier, und aus pappeartigem Papier f…r die Wandgem‰lde.

Das Gem‰lde wurde auf dem zur Pause bestimmten Papier inLinienzeichnung entworfen. Dann wurden die Linien durchstochen;man legte die Pause an die gegl‰ttete, geweiƒte Wand ˆ oder auf die erw‰hnten zarteren Stoffe und schlug mit einem Beutel vollfeinem Holzkohlenstaub auf die Pause.

Die so entstandenen schwachen Umrisse wurden dann nach‡gezogen und schlieƒlich ausgemalt. Die Maler besaƒen solche •bung,daƒ sie, wie man an manchen Bildern erkennen kann, der Vor‡zeichnung kaum bedurften und sich nicht genau an sie hielten: sieschrieben gewissermaƒenjeden der ihnen genau vertrauten G„tter,Heiligen usw. so hin, wie man etwa einen komplizierten chinesi-

goldes wurden …bermalt und der nun in Eelief erscheinende Goldschmuckmiteinem Nephrit-Stift oder dgl. gl‰nzend poliert.

Diese Technik fanden wir nur auf den sehr sch„nen Wandgem‰lden der Ruine Beta in Chotscho.

Ein ‰hnliches Verfahren wurde sp‰ter in der Miniaturmalerei auf Papier verwendet. Auf unseren Papierminiaturen kommt es noch nicht vor.

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sehen Buchstaben ˆ deren jeder …brigens ein Kunstwerk ist ˆ hinschreibt.S…dlich von diesen zwei Tempeln (Russ. Z und Russ. B) befinden

sich zwei Gruppen von Grabmonumenten. Es sind persische Kup‡ pelbauten, dort heute noch mit dem persischen Wort gumbaz (gun- baz) benannt. Bei manchen diesen Bauten besteht die Kuppel auszwei …bereinandergesetzten Gew„lben 1. (Taf. 15.)

In einem dieser Gr‰ber fanden wir eine kleine Kappe, wie sieheute noch von jungen M‰dchen in Ostturkistan getragen wird.Sie war mit Blut getr‰nkt; augenscheinlichhatte sich die Besitze‡rin in das Grab gefl…chtet und war dort erschlagen worden. Daƒdie M…tze der buddhistischen Zeit zugeh„rt, ergibt sich aus der Stickerei: sie stellt ein Fabelwesen (Garuda) der buddhistischenMythologie dar.

1 Vgl. U. Monneret de Villard, S…ll' Origine della doppia cupola persianain †Architettura e Arti decorative", fasc. IV, Anno I, Mailand 1921.



Die Tempel-Siedelungen von S‰ngimAghyz, B‰z‰klik, Tschikkan

Kol und Tujok Schlucht von S‰ngim

Es gelang uns noch, in mehrerenTempeln der alten Stadt Wand‡gem‰lde zu entdecken, die Bartus mit gewohnter Meisterschaft, inK‰lte, Hitze, Staub, von den W‰nden loss‰gte.

Daneben wurden t‰glich Kleinfunde gemacht, M…nzen, haupt‡s‰chlichder T'angkaiser Chinas, aber auch ‰ltere, sassanidischeundsp‰tere, muhammedanische der abtr…nnigen F…rsten von Kasch-ghar, ferner kostbare Gewebe aus Seide, Leinen und Boehmerianivea-Fasern; endlich groƒe Mengen von Manuskriptresten in denzahlreichen (24) dort vorkommenden Schriftarten.Trotzdem entsprachen die Ergebnisse keineswegs meinen Er‡wartungen, und da die Funde in der alten Stadt Chotscho ersch„pftzu sein schienen, verlegten wir, als es w‰rmer wurde ˆ in Turfanist das schon Ende Februar der Fall ˆ unsere T‰tigkeit in das im Norden von Karachodscha gelegene, finstere D„file" von S‰ngim.Im T…rkischen heiƒt diese Schlucht der Mund (t. ayi'z, vulg. eyi'z)von S‰ngim, nach einem kleinen am n„rdlichen Ende gelegenenFlecken.

Der Strom von Karachodscha bahnt sich, ziemlich reiƒend, sei‡nen Weg durch den L„ƒ dieses Tales.

Es ist eine d…stere unheimliche Schlucht; dr‰uend erheben sichsteile H…gel besonders am linken Ufer, und Steinschlag und Lehm‡lawinen st…rzen zur Zeit der Schneeschmelze oftmals prasselnd auf die schmalen Pfade.

Trotz des abschreckenden Eindrucks dieser Landschaft ist dieSchlucht auf ihrem linken oder westlichen Ufer mit einer Reihe(Taf. 16) von Tempeln besetzt, w‰hrend die H„hen des rechtenUfers mit zahlreichen indischen Grabmonumenten (st…pa) besetztsind, deren einige auch unmittelbar am rechten Ufer des Stromessich erheben.




Diese St…pas enthielten Reste von Leichenbrand, k…nstlicheBlumen, Votivgaben (Heiligenbilder auf Papier) und zahlreicheManuskriptreste. Es muƒ auffallen, daƒ in einem dieser Denk‡m‰ler, in der Biegung des Stromes, ein nur wenig besch‰digtesmanich‰isches Buchblatt, unter Bruchst…cken zahlreicher bud‡dhistischer indischer Handschriften, gefunden wurde. Wie ist esdorthin gekommen ?

Zw„lf Bauten finden sich auf dem linken Ufer. Es sind die Ru‡inen buddhistischer Kl„ster und Tempel der alten Zeit (8.ˆ11. Jahr‡hundert). Die meisten sind Freibauten aus Luftziegeln, einige sindin den weichenStein geschnittene H„hlentempel mit davorgelegtenTerrassen und Freibauten. Die Freibauten-Kl„ster sind alle zu‡gleich starke Festungen mit m‰chtigen Mauern und T…rmen. Der Anblick der Schlucht ist im ganzen Verlauf in hohem Maƒe phan‡tastisch. Die wilde Zerrissenheit der H…gel verleiht der Landschafteinen romantischen, fast gespenstischen Charakter.

In den Tempeln fanden wir noch zwei Bibliotheken. Der eineFund fiel Herrn Bartus in den M„nchszellen eines groƒen Klosterszu und f…llte mehrere Malters‰cke. Diese Manuskripte waren bei‡nahe alle in fr…ht…rkischer Sprache und uighurischer Schrift; der Inhalt war religi„s: es waren Bruchst…cke einer Art Drama, wel‡ches die Begegnung der Gl‰ubigen, aber auch der Verdammten,

mit einem buddhistischen Messias, dem Maitreya, schildert (Mai-treya Samiti). Die Kolophone der Kapitel geben an, daƒ dies eine•bersetzung aus der tocharischen Sprache ins T…rkische sei undnennen den indischen Namen des Verfassers.

Anderen Orts fanden wir sp‰ter Bruchst…cke des erw‰hntentocharischenTextes, der seinerseits, laut den Kapitelunterschriften,aus der †indischen Sprache" …bersetzt ist.

Der zweite Fund wurde von mir in einem seltsamen Geb‰ude,dem Annex eines kleinen Tempelchens, auf der Terrasse des Tem‡ pels Nr. 10 gemacht. Er bestand in der Hauptsache aus t…rkischen•bersetzungen buddhistischer M‰rchen.

Hier und da wurden auch Funde manich‰ischer und indischer Handschriften gemacht. Sehr ‰rgerlich war folgendes Ereignis: Wir hatten uns sehr mit Grabungen in der am Eingang der Schluchtgelegenen†Sternbilder h„hle" (Tempel Nr. 6) bem…ht, ohne jedochden allergeringsten Fund zu machen. W‰hrend wir dort besch‰f‡tigt waren, gingen zwei alte Frauen uns gegen…ber auf der anderenSeite des Baches an die Arbeit. Dort standen mehrere formloseH…gel. Einige dieser H…gel waren bloƒ zuf‰llige Anh‰ufungen vonL„ƒ, einer aber wurde erfolgreich angeschnitten, es war ein zer-



Die Tempel-Siedelungenvon S‰ngim, Aghyz, B‰z‰klik usw. 71

st„rter St…pa, und ergab diesen Schatzgr‰berinnen vor unserenAugen einige seltsame D‰monenk„pfe und eine groƒe Menge vontocharischen und indischen Manuskripten in indischen Schriftarten.Wir waren gen„tigt, diesen ‰uƒerst pfiffigen Frauen ihre Beute f…r einen ziemlichen Geldbetrag abzukaufen. Wir zahlten drei Taler f…r etwa 100 sch„ne Bl‰tter Manuskript.

Die bisherige Ausbeute in der alten Stadt bei Karachodscha undin der Schlucht von S‰ngim war nicht ganz unbedeutend, sie ent‡sprach aber doch keineswegs den Erwartungen, die meinen Auf‡traggebern vorgeschwebt hatten. H‰ufig kamen Briefe von Ge‡heimrat Pischel, in denen die •berzeugung ausgesprochen wurde,daƒ ich bereits eine riesenhafte Menge von Manuskripten, Skulp‡turen und Wandgem‰lden erbeutet h‰tte. Auch Majest‰t habe sichdes „fteren h„chst interessiert nach den ohne Zweifel reichen Er‡gebnissen der Expedition erkundigt. Diesen hochgespannten Er‡wartungen entsprachen die Erfolge bis dahin keineswegs.

Gr…nwedel hatte mir aufgetragen, nicht in den groƒen Kloster‡anlagen bei Murtuk zu arbeiten, sondern die unber…hrten Tempeldieser Siedlung f…r ihn zu reservieren. Die Nachrichten …ber seinKommen wechselten aber von Brief zu Brief. Bald hieƒ es, er bricht auf, bald hieƒ es, er kann sich nicht zu der Reise entschlie‡ƒen, so daƒ ich in allen meinen Anordnungen gehemmt war.

Als nun wieder ein Brief eintraf, Gr…nwedel wolle nicht kom‡men, beschloƒ ich, um der Expedition wenigstens einen groƒen Er‡folg zu sichern, nach dieser Siedelung vorzudringen und einen der zahlreichen Tempel seiner Bilder zu entkleiden. Wir machten daher eine Untersuchungsreise nach Murtuk.

Um dorthin zu gelangen, folgt man der Schlucht von S‰ngimin n„rdlicher Richtung bis zu dem Punkt, wo zwischen steilen Ufer‡klippen der Murtukbach in den Strom der Schlucht von S‰ngimm…ndet. Man muƒ die hohen Klippen des rechten Ufers erklettern,um dann einem schmalen, auf diesen Klippen sich entlangschl‰n‡gelnden Wege zu den groƒen Klosteranlagen von B‰z‰klik, welche

etwas s…dlich von dem groƒen Dorfe Murtuk liegen, zu folgen.Man n‰hert sich dem Kloster B‰z‰klik (ostt. = Ort, wo es Ma‡lereien [Verzierungen]gibt) bis in die allern‰chste N‰he, ohne daƒdie groƒe Anlage vom Wege aus je sichtbar w…rde. Nur aneiner Stelle gibt es einen Blick auf die Tempel, aber dort habendie alten M„nche eine noch teilweise stehende Mauer errichtet,welche die Siedelung den Blicken der Wanderer entzieht. •berall begegnet man dem Bestreben der Klosterleute, sich einen m„g‡lichst groƒen Abstand von der Welt und ihrem Treiben zu sichern.




Pl„tzlich erweitert sich der Weg und m…ndet auf eine breite, san‡dige Ebene, hinter der groƒe und phantastische H…gel sich erheben.Auch von hier aus ist das Kloster nicht zu sehen, denn es liegt auf einer Terrasse, welche etwa zehn Meter …ber dem Bett des Bachesund ebenso tief unterhalb des steil abfallenden Randes der Ebene,in einer hufeisenf„rmigenKr…mmung der Ufer eingeschnitten ist.

Plan der Tempelanlage B‰z‰klik (Dach Gr…nwedel)

Nur wenn man dicht an diesen Rand heranreitet, sieht man dieGeb‰ude auf ihrer Terrasse.

Zwei kleine Kuppelbauten stehen, eine am oberen, eine am un‡

teren Ende der Anlage. Nur die am oberen Ende war erhalten undkonnte, obwohl ungemein bauf‰llig, noch betreten werden. Sie ent‡hielt eine in den L„ƒ geschnittene, ‰uƒerst bauf‰llige, steile undenge Treppe, die auf die Terrasse herabf…hrt. Die beiden kleinenGew„lbe waren also wahrscheinlich die Zug‰nge, mittels deren manin alter Zeit die Siedlung von oben her erreichte. (Taf. 17ˆ18.)

Der n„rdliche Teil der Anlage ist die Hauptterrasse. Am n„rd‡lichsten Ende befand sich ein groƒes Kloster mit Zellen f…r dieM„nche. Daran schloƒ sich, stromabw‰rts nach S…den, eine lange



Tafel 19

v. L e Coq, Turfan.



Tafel 20





Tafel 22

Aufstellung der Wandbilder aus B‰z‰klik, Museum f…r V„lkerkunde, Berlin




Reihe von Tempeln, die samt und sonders mit dem Sand des da-hinterliegenden Gebirges und dem …berall gegenw‰rtigen L„ƒstaubdes Landes zugedeckt waren, so daƒ man nur hier und da eineMauerkante oder die rundliche Kuppel eines Tempels aus diesenAnh‰ufungen hervorragen sah.

Die Geb‰ude ˆ fr…her waren sie wohl durch h„lzerne Vor‡ bauten miteinander verbunden ˆ bestehen entweder aus Frei‡ bauten oder aus in den Ton und das weiche Gestein geschnittenenH„hlentempeln; andere sind, wie in der S‰ngimer Schlucht, eineVerbindung der beiden Systeme, indem vor einem H„hlentempeleine Vorhalle aus Luftziegeln errichtet ist.

Im ganzen sind dort einige hundert Tempel erhalten. Viele Tem‡ pel des S…dteiles waren indes von Ziegenhirten bewohnt worden,die Gem‰lde waren durch ihre Lagerfeuer verr‰uchert. Nur in jenenTempeln, die ganz und gar versch…ttet waren, war eine Ausbeutezu erwarten. Nach dieser Erkundung beschlossen wir, einige der von den Ziegenhirten besch‰digten Tempel zu s‰ubern und dortunsere Wohnung aufzuschlagen. Dann begannen wir die Arbeit.

Ein Bote des chinesischen Gouverneurs von Turfan brachte mir grade jetzt einen Brief von Pischel, der die freudigsten Erwartungenaussprach. Wir hatten aber bis dahin noch nichts Nennenswertesgefunden. Da l‰chelte eines Tages uns das Gl…ck. Wir hatten be‡gonnen, einen groƒen Freibautempel zu bearbeiten und waren indie vor die Cella gelagerte Vorhalle eingedrungen. Leider stelltesich heraus, daƒ die Wandgem‰lde dieser Vorhalle g‰nzlich zer‡st„rt waren. Man sah nur noch schwache Umrisse.

Die engen Korridore, die oft die Cella in diesen Tempeln um‡geben, waren auch hier angebracht und Aôm Fuƒboden bis zumoberenEnde der Mauern mit ziemlich steil anstehendem Bergsand an‡gef…llt. Ich schwang mich mit M…he auf diese Sand anh‰uf ungendes linken Korridors herauf, und w‰hrend ich heraufstieg, rutschtefortw‰hrend der Sand unter dem Gewicht meines K„rpers ab, sodaƒ ich, im Sande gewissermaƒenwassertretend, viele Zentner die‡ser Anh‰ufungen abst…rzen lieƒ.Pl„tzlich, wie durch eine Geistererscheinung, erblickte ich auf den auf diese Weise freigelegten Mauern rechts und links von mir prachtvolle Gem‰lde in so frischen Farben, als ob der Maler siesoeben erst vollendet h‰tte.

Nun war groƒe Freude, ich schwenkte den Hut und rief nachBartus, der auf der anderen Seite arbeitete; er kam herbei und wir sch…ttelten uns erfreut die H‰nde. Wenn wir diese Bilder rettenkonnten, war der Erfolg der Expedition gesichert.




Wir drangen langsam unter Wegr‰umung der Sandmassen vor,und es stellte sich heraus, daƒ in den Eing‰ngen zu den Korri‡doren auf jeder Seite je drei M„nche …berlebensgroƒ aufgemalt wa‡ren. Es waren Portr‰ts, und zwar befanden sich auf den beidenSeiten des linken Korridors die Darstellungen indischer M„nche ingelben Roben mit ihren indischen Namen in zentralasiatischer Br‰hmischrift, w‰hrend auf der rechten Seite des rechten Korri-dores drei ostasiatische M„nche in violetten, auf der linken SeiteSeite dieses Korridores drei indische M„nche in gelben Roben dar‡gestellt waren. (Taf. 21.)

Auch diese Leute trugen auf gemalten T‰felchen ihren Namen

zu H‰upten, und zwar waren die Namen der Inder wieder in in‡discher Schrift, die der Ostasiaten in chinesischer und in uighuri-scher Schrift in beiden Sprachen aufgeschrieben.

Es war interessant zu bemerken, daƒ die T…rken, die diese Tem‡ pel w‰hrend der Glanzzeit ihrer Herrschaft (9. Jahrhundert) er‡richtet haben, sich nicht begn…gten, die Gesichter nur mit Scha‡ blonen herzustellen; man sieht vielmehr ein deutliches Bestreben,das Gesicht eines jeden der Dargestellten zu individualisieren, mitanderen Worten, Portr‰ts zu malen, (s. Taf. 20.)

In der ‰lteren, indogermanischen Schicht ist das niemals ver‡sucht worden; dieselben Schablonen wurden f…r alle Gesichter ver‡

wendet und man schrieb dann dazu, dies ist der Ritter X, der Rit‡ter Y und der Ritter Z.Diese Gleichg…ltigkeitgegen Portr‰ts muƒ um so mehr auffallen,

als die Gem‰lde der ‰lteren Zeit im Vergleich zu diesen mehr eineMischkunst zeigenden sp‰teren Bildern an Qualit‰t erheblich bes‡ser sind.

Als wir die Korridore weiter „ffneten, fanden sich an den 4 mhohen W‰nden 15 riesenhafte Darstellungen der Buddhas der verschiedenen Zeitalter und zwar auf den ‰uƒeren, l‰ngeren W‰n‡den der Korridore je drei, auf den inneren, k…rzeren W‰nden der Korridore je zwei Buddhafiguren. Vor den Buddhas knien entweder indische F…rsten in indischer G„ttertracht, oder Brahmanen mitTigerfell und Wadenstr…mpfen, oder aber, und dies erh„ht den Wertdieser Bilder, Geschenke darbringende M‰nner in der Landestracht.

Man sieht ganz verschiedeneTypen. Einmal deutlich Perser mitAdlerfittichm…tzen, merkw…rdigen H…ten, oder im Turban. Sie ha‡ ben aquiline Z…ge mit dunklem, zuweilen aber auch rotem Haar,in welchem Falle die Augen gr…n oder blau gemalt sind. (Taf. 20.)

Noch auffallender sind Darstellungen von rothaarigen, blau‡‰ugigen M‰nnern mit ausgesprochnen Europ‰ergesichtern. Diese



Die Tempel-Siedelungen von S‰ngim, Aghyz, B‰z‰klik usw. 75

Leute bringen wir in Verbindung mit der in diesen Gegenden invielen Handschriften gefundenen europ‰isch-indogermanischen(Taf. 19) Sprache, deren Namen wir sp‰ter als †tocharisch" be‡stimmen konnten. (Hundert heiƒt in ihr kant = centum.) Dieserothaarigen Leute tragen an ihren G…rteln Schn…re, mit welchenihre langen, aus weichem Leder verfertigten Schaftstiefel am Herab‡sinken verhindert werden. Eine merkw…rdige ethnographischeEigent…mlichkeit, die sich nur noch, soviel ich weiƒ, bei den Stein‡figuren findet, welche die skythischen Grabh…gel S…druƒlands undder Krim kr„nen und welche in genau derselben Ausf…hrung auf zahlreichen Grabh…geln, das ganze Himmelsgebirgeentlang bis tief

in die Mongoleizu finden sind.Diese Grabh…gel enthalten eine Bronzekultur, die mit jener der †Kurgane" oder H…gelgr‰ber S…druƒlands identisch ist. Ichvermute, daƒ diese Grabh…gel in S…dsibirien und der Mongolei denWeg bezeichnen, den diese Indoeurop‰er in vorchristlicher Zeit ein‡geschlagen haben, um nach China zu gelangen.

Ein anderer Typ tritt nur einmal auf, er ist ausgesprochen se‡mitisch und d…rfte einen der Syrer darstellen, die in ziemlicher An‡zahl, als nestorianische Christen n„rdlich der chinesischen StadtTurfan in den Vorbergen ihr Kloster erbaut hatten. Der dar‡gestellte Mann muƒ demnach ein Konvertit zum Buddhatum ge‡wesen sein. (Taf. 19.)

Die Cella des freigelegten Tempels maƒ etwa 2 m im Quadrat.Hier jedoch hatte der Sturm den Sand so h‰ufig an den W‰ndenherumgewirbelt, daƒ nur etwa l x/a m vom Boden, wo die Gewaltdes Sturmes nicht mehr hingreifen konnte, eine feste Sandschichterhalten war, die die Bilder gesch…tzt hatte.

Es waren merkw…rdige Darstellungen. Der T…r gegen…ber be‡fand sich das Bild eines Teiches, aus dem, von Drachen beh…tet,sich ein merkw…rdiger, stilisierter Baum erhebt, der den Throneines Avalokitesvara (Kwannon) getragen hat.

Der Thron selbst war zerst„rt; rechts und links von dem Teichsind zwei furchtbare D‰monen erhalten, die, sechsh‰ndig, zweikleine, zu ihren F…ƒen knieende Teufelchen mit Schweins- und Ele‡fantenk„pfen, bedrohen. Links neben dem Teich sieht man die Ge‡stalt eines mit Kr…cke versehenen Brahmanen, der zornig mit demFuƒ stampft und von seinem, ebenfalls in Tigerfell gekleidetenSch…ler, stirnrunzelnd gest…tzt wird.

Man hat den Eindruck, als h‰tte dieser Brahmane einen Streitmit der Gottheit gehabt, in dem er den K…rzeren gezogen hat.




Eine Reihe phantastischer, indischer Gottheiten schlieƒt sichnach oben an. Oberhalb dieser brahmanischen Gottheiten ist dasBild vollkommen zerst„rt. Auf der linken Seite der Cella sieht manden K„nig auf einem pr‰chtig gemalten Schimmel zur Jagd aus-reiten, gefolgt von Waffentr‰gern und Hofgesinde. In einer Eckesteht der Schreiber mit Tintenfaƒ und Schreibpinsel.

Auf der rechten Seite der Cella sieht man eine sehr seltsameSzene, n‰mlich eine Jagd auf Garudas ˆ Fabelwesen, die mitMenschenk„rpern, aber mit Vogelkrallen, Fittichen und Vogelk„p‡fen ausgestattet sind ˆ die ein Kind entf…hrt haben. Ein vonihnen geraubtes Kind ist bereits in Sicherheit; die Garudas werdenvon Bogensch…tzen und Lassotr‰gern verfolgt und eingefangen.Wir haben Grund anzunehmen, daƒ wir es hier mit der letztenEntwicklung der Ganymedesgruppedes Leochares in ostasiatischer Umdeutung zu tun haben.

In den Ecken endlich stehen die vier Weltenh…ter in Panzernmit ihren d‰monischen Begleitern.

Rechts und links an den T…rw‰nden der Cella befanden sich,…bereinandergeordnet, mehrere Reihen von Stifterbildern uighuri-scher T…rken; auf der einen Seite die M‰nner, auf der anderenSeite die Frauen des f…rstlichen oder vornehmen Geschlechts,einigenoch mit ihren Namen in uighurischer Schrift auf den neben denFiguren erscheinenden Namenstafeln. Drei …bereinandergestellteReihen von Figuren waren urspr…nglich vorhanden. In der unter‡sten befand sich, halblebensgroƒ gemalt, auf der einen Seite der T…r, der F…rst, auf der anderen Seite die F…rstin, dar…ber, auf jeder Seite, je zwei m‰nnliche und zwei weibliche Personen undin der dritten Reihe, dar…ber, je drei m‰nnliche und drei weiblichePersonen. Von den M‰nnern war bloƒ die oberste, drei Personenzeigende Reihe erhalten, von den Frauen nur die mittlere Reihemit zwei Figuren.

In langer und m…hsamer Arbeit gelang es, diese Bilder s‰mt‡lich herauszuschneiden. Sie kamen nach zwanzigmonatiger Reiseauch gl…cklich nach Berlin, wo sie einen ganzen Saal f…llen. Es isteiner der wenigen Tempel, dessen Gem‰lde in ihrer Gesamtheitnach Berlin gelangt sind. (Taf. 22.)

Hier im Gebirge war die Luft weniger dr…ckend als in Turfan,wir arbeiteten auch hier von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang,wurden aber weniger durch Besuche bel‰stigt. Aber hier hatten wir zweimal unangenehme Besucher.

Der Berg, der sich hinter der Siedlung erhebt, ist von schnee‡weiƒer Farbe, wird aber von der Morgen-und Abendsonne regel-




m‰ƒig wie mit Karmin •bergossen. Vor diesem Berg liegt einescharfgeschnittene Anh‰ufung von schwarzem Bergsand; darunter breitet sich die Ebene aus, die, wie die Ruinen der Bauten selbst,die goldgelbe Farbe des L„ƒ zeigen.

Wenn wir dann den Mond aufgehen sahen, der groƒ wie einHeuschober am Firmament erschien, so ‰nderte sich die F‰rbungder Berge und des L„ƒ in …berraschender Weise. Der Berggipfelwurde violett-blau, die Anh‰ufung schwarzen Bergsandes gr…n mitgoldenen Reflexen, der L„ƒ aber nahm, je nachdem er beschattetwar, die wunderbarsten und gespenstischsten F‰rbungen an, hier karminrot, dort violett, dort blau, dort dunkelschwarz, kurz, nir‡

gends habe ich eine derartige phantastisch-wundervolle Farben‡symphonie gesehen, wie sie uns dort jede Mondnacht bescherte.Legte man sich dann auf sein Lager, so schlief man doch zu‡

n‰chst trotz aller Erm…dung nicht ein; die Eindr…cke des Tagesmit ihren Erlebnissen waren zu m‰chtig, um den Geist schnell zur Ruhe kommen zu lassen.

In der Totenstille, die stets dort herrscht, h„rte man dann dasPl‰tschern des Baches, der unten am Fuƒ des Ausschnittes inschnellem Gef‰lle einherbrauste, wie ein verspottendes Lachen.Wenn auch die Landschaft von fabelhafter, unbeschreiblicher Sch„nheit war, so entbehrte sie, zumal wenn dieses gespenstische

Lachen an das Ohr drang, nicht eines gewissen Elements des d‰‡monisch Unheimlichen.Man begriff, warum …berall in diesen Tempeln die D‰monen‡

fratzen an den W‰nden erschienen.Mitten in die Totenstille einer solchen Nacht erschallten pl„tz‡

lich schauerlicheLaute, als ob hundert Teufel auf einmal losgelassenseien. Wir sprangen erschrocken auf, ergriffen unsere B…chsen undliefen auf die Terrasse. Da sahen wir zu unserem Schrecken denganzen hufeisenf„rmigen Ausschnitt mit W„lfen besetzt, die, die Nase in die Luft gehoben, mit langgezogenem Geheul den Mond begr…ƒten.

Unsere Diener eilten herbei und beruhigten uns: †Herr, Herr,Ihr braucht Euch nicht zu f…rchten, die tun Euch nichts!" Undso war es auch. Nach einigen Sch…ssen, von denen einer einen der Besucher traf, verlieƒen uns die Tiere, nachdem sie ihren an‡geschossenen Kameraden verzehrt hatten. Dies Ereignis hat sichnoch einmal wiederholt, uns aber das zweite Mal nicht mehr ausder Fassung gebracht.

Der Wolf, wie in den n„rdlichen und westlichen Siedlungenbe‡sonders bei Schicho und Manas, bei Maralbaschi aber auch am




Lop-nor der Tiger, ist eben in diesem Lande ein relativ harmlosesGesch„pf. Nur ein Fall wurde mir erz‰hlt, wo ein Mensch durch W„lfe

sein Leben verloren hat; es ist die tragische Geschichte eines h…b‡schen, zw„lfj‰hrigenM‰dchensaus Karachodscha ˆ wir haben dasKind noch gekannt ˆ die gegen ihren Willen einem sechzigj‰hrigenGreise verm‰hlt werden sollte. Sie fl…chtete nach Luktschun durchdie Sandw…ste, kam aber nur bis zum halben Wege, wo eine un‡geheure Ulme an einem Quell eine Raststatt in der W…ste gew‰hrt.Hier legte sie sich zui Ruhe und wurde im Schlaf von W„lfen …ber‡fallen. Man fand bloƒ noch die blutigen Fetzen ihrer Kleider und

die langen Schaftstiefel, in denen die Beine noch steckten.Beim Abschluƒ der Arbeiten in B‰z‰klik wurde ich von meinemPferd heftig auf das Knie getreten und zog mir dadurch eine Ver‡letzung zu, die mich einige Zeit, n‰mlich zehn Tage lang, am Reitenverhinderte. W‰hrend dieser Zeit muƒte ich Kr…cken benutzen.Aber abends, nachdem ich T…rkisch getrieben, verzierte ich dieW‰nde unseres Zimmers mit Spr…chen und Versen, arabisch, per‡sisch, deutsch, lateinisch, griechisch und den mir gel‰ufigen euro‡ p‰ischen Sprachen.

•ber die Eingangst…r schrieb ich in Riesenlettern: †R‰uber‡h„hle".

Diese Wandverzierungen wurden zu einer Einnahmequelle f…r unseren Wirt, der sie sp‰ter f…r Geld zeigte. Auch einem deutschenVizeadmiral, der der japanischen Gefangenschaft entronnen war,wurden sie als Merkw…rdigkeit gezeigt.

Der K„nig von Luktschun h„rte von meinem Unfall, er kamund bat mich, ihm das Pferd, das sehr sch„n und stark war, f…r seinen Staatswagen zu …berlassen, da es doch als Reitpferd zu un‡ bequem sei. Er w…rde mir daf…r ein gutes Pferd …berlassen.

Ich war erfreut, den Gaul los zu werden und daf…r ein gutesPferd aus dem Gest…t von Pi-tschang einzutauschen und ging auf den Vorschlag ein. Der K„nig schickte mir dann ein sehr groƒesPferd ˆ es hieƒ sp‰ter im ganzen Lande †tschong ‰t", das groƒePferd ˆ einen Braunen, der ganz ausgezeichnete G‰nge hatte. Eswar ein Paƒg‰nger, mit dessen Paƒgang andere Pferde nur im Ga‡lopp mitkommen konnten. Nach dem hochtrabenden Schimmelwar dieser Gaul ein Schaukelstuhl, und ich fing an, die langen Tou‡ren, die wir t‰glich zu reiten hatten, zu genieƒen.

Ich habe dieses Pferd w‰hrend meines ganzen Aufenthaltes inTurkistan t‰glich benutzt und es schlieƒlich …ber den Himalayageritten, wo ich es in Kaschmir f…r 150 Rupies verkaufte.



Die Tempel-SiedeluDgenvon S‰ngim, Agbyz, B‰z‰klik usw. 79

Die Behandlung der Pferde in Turkistan weicht von der unse‡ren ab. Hat man eine Station erreicht, so wird das Pferd zun‰chstwenigstens eine Stunde von kleinen Knaben im Hofe des Rast‡hauses herumgef…hrt, dann, nachdem ihm der Sattel etwas gel…ftetworden ist, wird sein Kopf an einem Pfahle hoch aufgebunden undzwar so, daƒ es ihn nicht senken kann. Um Mitternacht wird esgetr‰nkt und bekommt erst etwas Luzerneheu und dann K„rner‡futter, meist Mohrenhirse. Ich hielt diese Veranstaltungen f…r un‡sinnig, wurde aber eingesch…chtert durch meine Begleiter, die be‡haupteten, wenn man das Pferd fr…her tr‰nkte, schw„llen die Hufeund das Tier w…rde unbrauchbar. Um Pferde bei •beranstrengun‡

gen, wenn sie nicht mehr weiter k„nnen, zu heilen, schneidet manihnen ein St…ck Knorpel aus der Nase. Ob dieses Verfahren irgend‡welchen Nutzen bringt und auf Erfahrung beruht, vermag ich nichtzu sagen.

In der N‰he von Murtuk zwischen der Siedlung von B‰z‰klik und dem obersten Teil der Schluchtvon S‰ngim, westlich vom H„henzug,liegt noch eine kleine Siedlung namensTschikkan Kol. Wir entdeckten sie beiunserer ersten Forschungsreise nachMurtuk und arbeiteten dort einige Tage

in der bittersten K‰lte. †Laternen'-deckenDie Siedlung besteht in einer An- 6.-7. Jahrh.zahl von H„hlen in einer, einem groƒenSee benachbarten Schlucht. An den Ufern des Sees und auf einer im seichten Wasser befindlichen Insel fanden wir buddhi‡stische Ruinen.

Die Grabungen ergaben, daƒ das Wasser viel Schaden angerich‡tet hatte. Doch wurden einige sch„ne K„pfe (Typus der Kwannon),einige Manuskripte und Stickereien dort geborgen. Aus den H„hlender Schlucht entnahmen wir Bilder, Wandgem‰lde, die, obwohlziemlich stark zerst„rt, uns lehrten, daƒ wir es mit einer Siedlungetwa des 7. Jahrhunderts zu tun hatten. Sie glichen den Wand‡gem‰lden von Tuyoq im Stil und sind, wie diese, wohl die ‰ltestenerhaltenen Gem‰lde der Turfaner Oase.

In den Deckengew„lben fanden sich, nicht mehr, wie in Kyzilund Kirisch, in den Stein geschnitten, sondern nur auf die W„l‡ bung aufgemalt, die interessanten †Laternen"-Decken, die schonin den Siedlungen von B‰mi‰n (Afghanistan) und in den sch„nengr‰zisierendenHausteintempeln von Kaschmirauftreten. (s.Taf. 39.)

Die Laternendecke geht auf eine Balkenkonstruktion zur…ck,.



80 A. v. Le Coq, Turfanexpediticraen

die von Bauern noch heute in Armenien, Afghanistan, Kaschmir und Kleintibet verwendet wird. (s. Taf. 46.)•ber Turkistan gelangte sie, auf H„hlentempel …bertragen, nach

China und nach Korea. Im ersteren Land ist sie meist zu einemaufgemalten Ornament umgewandelt; im letzteren aber in vielenTempeln noch, wie im Westen, in den Stein geschnitten (vgl. S. 129).

TuyoqIm Osten von Karachodscha, etwa 20 km von der alten Stadt

entfernt, „ffnet sich in einem abschreckend kahlen H„henzug eingr…nes, wunderbares, am unteren Ende sehr breites, aber sich

deutsch †der Verhau", ein gutgew‰hlter Name. Der kleine Stromwird in dem breiteren Teile des Tales in unz‰hlige Kan‰le verteiltund verleiht dem reichen L„ƒboden eine unglaubliche Fruchtbar‡keit. Die kleine Ortschaft Tuyok n‰hrt sich von ihren Weinbergen.Hier wachsen die †Turfaner" Trauben, s…ƒe, kleine, l‰ngliche,gelbe, kernlose Fr…chte (kischmisch), die, getrocknet, die bestenRosinen der Welt geben und selbst in Peking, 115 Tagereisenweiter nach Osten, ein h„chst gesch‰tzter Handelsartikel sind.

Auƒer den Weintrauben werden noch Aprikosen in ungeheurer Menge, Pfirsiche, Melonen und eine merkw…rdige Holzbirne ge‡zogen, die nur, wenn sie vermorscht ist, genieƒbar wird, dann aber groƒen Wohlgeschmack besitzt.

Auf der rechten Seite des Ufers erhebt sich eine moderne Mo‡schee, das †Heiligtum der Siebenschl‰fer". Ich besuchte die Mo-

Schema eines †Latemen"-daches

schnell verengendes T‰l‡chen, dessen oberer Teil inganz schauerliche Steinein‡„den f…hrt. Die Bergkettensind von furchtbarer Wild‡heit und Zerrissenheit; dasT‰lchen windet sich nach Norden in die Berge undmacht eine scharfe Kr…m‡mung nach Westen, umdann weiter nach Norden

zu gehen. Schlieƒlich wirdes so eng, daƒ ein Wagen,selbst wenn er im Stromf‰hrt, es nicht mehr pas‡sieren kann.

Der Ort heiƒt Tuyok, zu





Tafel 24



Die Tempel-Siedelungenvon S‰ngim Aghyz, ƒ‰z‰klik usw. 81

schee, und es wurde mir gesagt, daƒ hinter dem modernen muham-medanischen Teil sich ein in den Stein geschnittener Tempel ausder alten Zeit bef‰nde.

Hier sehen wir, wie an vielen anderen Orten, wie der Islam beiseiner Einf…hrung sich der alten Heiligt…mer des Landes bem‰ch‡tigt hat. In diesem Falle wurde es den Muhammedanern leicht, denndie Siebenschl‰ferlegendeist ihnen ja wohlbekannt. Leider wurdemir nicht gestattet, in die alte H„hle einzudringen. Der Eingangzum H„hlentempel war verh…llt mit einer Menge Fahnen, die dieTruppen des Yakub Beg in den sechziger, siebziger Jahren des vo‡rigen Jahrhunderts den aufst‰ndischen Tunganen abgenommen

hatten.Dieses Heiligtum wird heute noch von Pilgern aus dem ganzenLande, ja, selbst aus Indien und Arabien, besucht.

Ein indischer Pilger bel‰stigte mich derartig durch seinen t„‡richten Fanatismus, daƒ ich ihn schlieƒlich mit Hilfe des K„nigsvon Luktschun entfernen lassen muƒte.

Da die Siebenschl‰fermoscheein der N‰he von Karachodschaliegt, wurde der Name Ephesus, in seiner arabisch-t…rkischen FormAps…s, auf die alte Stadt angewendet.

Weiter stromaufw‰rts liegen eine Menge Tempelh„hlen und auf dem rechten Bachufer einige groƒe St…pas. Am oberen Ende aber,auf schwindelnd steiler Terrasse, befand sich ein sehr groƒes Klo‡ster, das wie ‰hnliche Bauten in Tibet, wie ein Schwalbennest anden senkrechten Berghang geklebt ist. Dieses Kloster ist im Jahre1916 abgest…rzt und spurlos verschwunden.

Auf der linken Seite, der Moschee etwa gegen…ber, erhebt sichein steiler H…gel, der mit einigen Buinen gekr„nt ist. Am Fuƒe desH…gels aber steht eines der H‰user zum Trocknen der Weintrauben.Es ist ein Geb‰ude, dessen Wandungen unz‰hlige, regelm‰ƒig wie‡derkehrende, viereckige ‚ffnungen haben, um Luft einzulassen.Die Trauben werden an wagerecht angebrachten Stangen dortreihenweiseaufgeh‰ngt und d„rren in der auƒerordentlich trockenenLuft bei der groƒen Hitze in kurzer Zeit, ohne etwas von ihremWohlgeschmack zu verlieren.

Weiter stromaufw‰rts finden sich noch zahlreiche, leider sehr stark zerst„rte Tempel, die Hauptanlage aber liegt im oberstenTeile des Tales, wo der Strom und die Berge eine pl„tzliche, scharfeWendung nach Westen machen.

Ich hatte Bartus mit einer Grabung in der S‰ngimer Schlucht betraut. Da wir dort keine weiteren Funde zu erwarten hatten unddie Grabung nur der Freilegung der Grundmauern dienen sollte,

t. Le Coq, Turfan. 6




quartierte ich mich mittlerweile bei dem Imam der Siebenschl‰fer‡moschee ein und suchte eine Ruine auf, deren Entleerung Erfolgzu geben versprach.

Ich fand ihn in der groƒenAnlage in der Biegung, (s. Taf. 24.) Dortwar ein ungeheurer Block des Konglomeratgesteinesaus der H„he ineine M„nchszelle gefallen, hatte die Mauern zum Teil gesprengt undsaƒ wie ein Pfropfen in dem Raum. Es gelang, dieses weiche, br„ck‡lige Gestein zu entfernen, und zu meiner Freude fand ich das ganzeZimmer, das …brigens nach dem Muster eines iranischen Zimmersgebaut war*, mit groƒen Haufen alter Manuskripte erf…llt.

Hier fanden wir manich‰ische, christliche und buddhistische

Handschriften mit chinesischen Rollen und indischen Palmblatt-und Birkenrinde-Bl‰tternvermischt. Auch Resteeiner Buchrolle in der

noch unentziffertenSchrift der †weiƒen Hun‡nen" oder Hephthalitenwurden, mit einem Blattin t…rkischer †Runen‡schrift, ausgegraben.

Man hatte versucht,diese groƒe Anh‰ufungvon Handschriften durchFeuer zu vernichten, aber die alte Tatsache, daƒ

Schematischer Plan des Fundaments B…cher schlecht brennen,hatte sich auch hier be‡

w‰hrt; nur die R‰nder, besonders der chinesischen Rollenhand‡schriften waren verkohlt. Wir fanden immerhin ungef‰hr zweiS‰cke voll Manuskripte des achten und neunten Jahrhunderts,vermischt, allerdings, auch mit sp‰teren Handschriften.

W‰hrend ich noch mit der Ausr‰umung dieser Sch‰tze besch‰f‡tigt war, kam Bartus her…bergeritten und freute sich mit mir …ber diesen wertvollen Zuwachs unserer Sammlungen.

Auch wundervolle Stickereien wurden hier aufgedeckt, und, aus

1 Diese M„nchszelle bestand aus einem rechteckigen Kaum mit Kaminund Pritsche. Kings um den Kaum ziehen sich breite Podien, entsprechendden liw‰n genannten Podien des modernen ‰gyptischen Hauses; der tiefer ge‡legene Kaum in der Mitte entspricht der ‰gyptischen durqa'ah. Die Bauweiseist persisch und ist auch in ‹gypten durch die Araber von den Persern ent‡lehnt worden. Vgl. hierzu Lane, Modern Egyptians, 5*- ed., London 1860,S. 11 ff.



Die Tempel-Siedelungenvon S‰ngim Aghyz, B‰z‰klik usw. 83

Holz gedreht, ein kleiner Reliquienbeh‰lter, (rundliche Kuppelform[Taf. 39] mit aufgesetztem Schirm), mit roter, gelber und blauer Farbe reich und geschmackvoll bemalt.

Der Imam war einer der sehr wenigen Leute, die ich in Turki-stan getroffen habe, die nicht nur Arabisch lesen und rezitierenkonnten, sondern die es auch verstanden.

Ich hatte die ‰gyptische (Bulaq)-Ausgabe von †Tausend undeine Nacht" bei mir, hatte aber noch niemand gefunden, der w…rdiggewesen w‰re, dieses Buch zu besitzen. Ich …berreichte es meinemWirt, der durch diese Gabe auf das H„chste erfreut war.

Jeden Abend hatte ich groƒe Cour. Alle Honoratioren des klei‡nen Ortes kamen zu mir herauf und wurden mit Tee bewirtet. Inzwangloser Plauderei unterhielt ich die Leute einige Zeit.

Ein k„stliches Labsal in diesem Tale ist eine Quelle vortreff‡lichen, s…ƒen Wassers, welche unterhalb der Moschee aus einemFelsen springt. Die Hitze war in dem engen Tale ziemlich groƒ;ein frischer Trunk aus dieser Quelle war ein Labsal, das andereGen…sse weit …bertraf.

Bartus siedelte bald darauf in meine Wohnung …ber, und wir untersuchten die …brigen Tempel, wo indes die Ausbeute gering

blieb. Nur an den St…pas, bei der Moschee, fanden wir noch selt‡same Grabbeigaben, unter anderem eine groƒe Rolle weiƒen Stof‡fes, den ich f…r Leinwand hielt, der aber bei genauer Untersuchungsich als aus den Fasern von Chinagras, Boehmeria nivea, hergestellterwies.

In der Oase von Turf an regnet es kaum je; es ist eine groƒeSeltenheit, wenn Regen niedergeht, und er ist den Leuten durchausnicht erw…nscht. Die Regeng…sse, wenn sie eintreten, sind meistensso heftig, daƒ der Weizen sich legt, und daƒ die Str„me und Kan‰lezur ungeeigneten Zeit …bertreten und ihre Wasser Verw…stungenanrichten. Schimmel und Pilz erscheint dann an Frucht und Ge‡treide.

W‰hrend wir in Tuyok wohnten, verfinsterte sich eines Nach‡mittags urpl„tzlich der Himmel, ein entsetztiches Gewitter brachlos und es regnete wie aus Mulden. In wenigen Minuten begannder Bach anzuschwellen, in einer halben Stunde trat er …ber seineUfer und in einer Stunde zog ein braunrotes, br…llendes Gew‰sser verheerend durch das Bachbett und die Umgebung der Ufer.

Wir hatten unsere Manuskripte schon geordnet und in einer Kiste verpackt. Pl„tzlich aber fing das flache Lehmdach unseresZimmers an zu lecken und Str„me schmutzigen Lehmwassers er‡gossen sich von allen Seiten in den Raum. Wir muƒten fortw‰hrend

6*




mit allen Gegenst‰nden; die nicht feucht werden durften, im Zim‡mer herumziehen, w‰hrend die S„hne des Imam mit den Moschee‡dienern sich bem…hten, das Dach einigermaƒen in Ordnung zu

bringen. Es half aber nichts, und h‰tte der Regensturm nicht ebenso pl„tzlich aufgeh„rt, wie er begonnen hatte, so w‰ren unsere Sachensicherlich noch zu Schaden gekommen.

Leider hatte die kurze Zeit, in der das Gewitter w…tete, schonrecht bedauerliche Folgen gezeitigt. Der Strom hatte …berall Ver‡w…stungen angerichtet und Bergsand und Steine …ber die …ber‡fluteten Felder verstreut.

Etwa 15 km s…dlich von Karachodscha liegen zwei Kloster‡siedlungen, Tschong- (Groƒ-) und Kitschik- (Klein-)Hasar Schahri{Festungsstadt, hasar f…r ar. his‰r), in einer sehr w…sten D…nen‡gegend. Hier sollen wilde Pferde und wilde Kamele vorkommen.<Taf. 26.)

Ein alter Schatzgr‰ber namens R‰dil, …brigens ein noch gr„‡ƒerer Spitzbube als unser Wirt, dem er an Drolligkeit des Humorsnicht nachstand, den er aber an Derbheit weit …bertraf, hatte unsWunder erz‰hlt von den kostbaren Funden, die in diesen „den Ge‡genden gemacht worden seien.

Obwohl es Juni war, zogen wir also mit zehn Mann durch dieWanderd…nen und kampierten in den alten Tempeln, wo leider viele Skorpione hausten.

Wasser muƒte von einem entfernten K‰riz, oder unterirdischenLeitung, hergeholt werden. Man holt es in h„lzernen Gef‰ƒen, dieman rechts und links am Packsattel eines Esels anbringt. Der jungeSohn des Mirab war mit diesem Dienst betraut.

Wir arbeiteten etwa den halben Tag und konnten feststellen,daƒ hier noch in j…ngerer Zeit der buddhistische Kult ge…bt wordenist. Um ein Uhr erhob sich ein furchtbarer Staubsturm, bei groƒer Hitze. Es war aber kein Wasser da, denn der Junge war erst kurzvorher mit seinem Esel abgezogen.

W‰hrend des Sturmes konnte er nicht vorw‰rts kommen undwir fingen alle an, heftigen Durst zu empfinden.

Der Sturm, obwohl ungew„hnlich heftig, legte sich bald undkurz darauf kam der Wasserjunge: der Esel war gest…rzt und hattesich ein Bein gebrochen!

Die Leute brachen sofort auf. Den Esel t„teten sie, und ich bin…berzeugt, daƒ sie ihn zu Hause verspeist haben; Pferdefleischwenigstens ist so beliebt, daƒ man selten verlaufenePferde wieder‡ bekommt, wenn die Leute nicht gerade wissen, daƒ sie einem groƒenHerrn geh„ren.




Bartus folgte der Kolonne nach Luktschun. Ich ritt durch dieW…ste nach Karachodscha zur…ck. Das k…hle Wasser aus Sauts80 engl. Fuƒ tiefem Brunnen schmeckte nachher vortrefflich.

Die Ruinen von Klein-Hasar bestehen aus persischen Kuppel‡ bauten und indischen St…pas, sowie aus stark zerst„rtem Gem‰uer.Tschong-Hasar besuchten wir nicht; solche St‰tten sucht man am besten im Winter auf, wenn man Wasser als Eis transportierenkann.

Ringsum ist die richtige Sandw…ste, deren Oberfl‰che vomWinde gekr‰uselt wird wie eine Wasserfl‰che in einer Brise.

Bartus grub sp‰ter f…r Gr…nwedel hier mit einigem, aber nichtdem erwarteten, Erfolg.

Im Juni hatten wir wieder eine groƒe Anzahl von Kisten zumVersand bereit. Um aber eine sichere Bef„rderung zu erlangen, war ich gen„tigt, mit dem russischen Konsul in Urumtschi zu verhan‡deln, um durch seine Vermittlung den Vizek„nig zu veranlassen,mir einen sicheren Karawanenf…hrer zu besorgen. Da der deutsch‡russische Dienerl, den wir in Semipalatinsk angeworben hatten,sich durchaus nicht in die, allerdings ziemlich rauhen, Verh‰ltnisse,unter denen wir in Karachodscha lebten, eingew„hnenkonnte undnach Sibirien zur…ckkehren wollte, nahm ich ihn mit. Auch der Mirab begleitete mich.

Bei der Station Kindik muƒten wir etwas rasten, da an denWagen allerhand Sch‰den entstanden waren. Ich strich in der Um‡gegend herum und freute mich, in n‰chster N‰he des Serai eineAnzahl Gazellen aufzust„bern, die im Nu mit grazi„sen Spr…ngensich meinen Augen entzogen. An einer steilen Wand sah ich mehrerereizende V„gel, schwarz mit rot und weiƒ, mit langen Schn‰beln;es waren Mauerl‰ufer.

Auf dieser Station begann das einzige unangenehme Abenteuer unseres ganzen Aufenthaltes in Ostturkistan. Ich bemerkte n‰m‡lich, daƒ ein sch„ner, hochgewachsener, junger Mann in ‰uƒerstanst‰ndiger Kleidung, der Sprache nach ein Andidshanlik, sich

1 Wenn man die Deutschruƒsen nach diesem Mann beurteilen m…ƒte, w…rdeman eine schlechte Meinung von ihnen bekommen. Er schaute zwar mit groƒer Geringsch‰tzungauf die K…ssen herab, war aber selbst nichts anderes als einMushik.

Er war katholisch; die Familie stammte aus der Gegend von Oppenheim,und er sprach sein Deutsch, trotz der 150 Jahre, die die Kolonisten, angeblich bei Samara, zugebracht hatten, noch im heimatlichen Dialekt.

Als er, bei der Einreise, das erste Kamel erblickte, lieƒ er sich zu folgender W…rdigung der Kunstfertigkeit der Russen herbei: Herr Dokter! Ei guck emoldes Dier an! Wie des aussieht! Guck den Hals! und den Kopp ˆ des paƒtdoch nit zusammen!Und wos e Buckel! Un die Baan sind verkehrt eTgeschraubt!Des Dier hat unser Herrgott nit gemacht, des hat der Russ' gemacht!




immer an meinen Karabiner und silberbeschlagenen Dolch heran‡zumachen suchte, die an einem Pfeiler in der Halle des Serai hin‡gen. Er war so aufdringlich, daƒ ich ihn schlieƒlich durch meinenDiener warnen lieƒ, von diesen Dingen fortzubleiben.

Im Serai zu Daban-tsching hatten wir drei groƒe R‰ume. Ichgab zwei dieser R‰ume der Dienerschaft, im anderen, kleineren,lag ich selbst, unter meinem Kopf einen kleinen Koffer, in dem ich6000 Rubel in Gold hatte, um sie in Urumtschi gegen chinesischesGeld zu wechseln. In der Nacht, als ich ruhig schlief, wurde ichrauh geweckt. Iwan, der deutsche Bursch, stand pl„tzlich zitterndvor meinem Lager mit einem L‰mpchen in der Hand; er stammelte:†Schieƒen Sie, Herr, schieƒen Sie, Herr, R‰uber, R‰uber!"

Ich sprang sofort auf, und mit dem Browningin der Hand folgteich dem Burschen in das Dienerzimmer. Alles war in Aufregung,S‰ttel, Sattelzeug, Kleider, auch die meinen, waren verschwunden!

Wo der Dieb eingedrungen war, blieb uns zun‰chst unklar. Wir liefen, den Wirt zu wecken und fanden, daƒ das Tor verschlossenwar, daƒ unsere Pferde im Stalle standen und nirgends die Spur eines Einbruches zu bemerken war. Auch von den Pferden der an‡deren Reisenden fehlte keines.

Als wir aber wieder in das Dienerzimmer zur…ckkehrten, sahenwir an der Wand gegen die Straƒe zu ein groƒes Loch, durch wel‡ches die Diebe eingedrungen waren. Es war nach Anfeuchtung desL„ƒ mittels eingebohrter L„cher mit einem breiten, chinesischenS‰bel in die Wand geschnitten worden und der oder die R‰uber waren durch diese ‚ffnung eingedrungen. Das Klirren der Steig‡ b…gel auf dem Fliesen-Fuƒboden, hatte den Mirab geweckt, alsdie Diebe die S‰ttel stahlen. Die Diebe waren aber so flink,daƒ sie durch das Loch verschwunden waren, ehe man in demstockdunklen Raum sie erblicken konnte. Ich kroch durch dasLoch auf die Straƒe und fand gleich dort die Pappschachtel mitmeinem Schutztruppen-Hut und etwas weiter das P‰ckchen, dasmeine Khakiuniform enthielt. Die Diebe hatten sich dieser Sachen,als f…r sie

unbrauchbar, einfach

entledigt. Sonst fehlte jegliche

Spur.W‰ren die Diebe zur…ckgekehrt, w‰hrend wir im Serai nachihnen suchten, so h‰tten sie ohne weiteres mein K„fferchen mitdem Geld, auf das sie es m„glicherweiseabgesehen hatten, leichterbeuten k„nnen. Wir verrammelten das Loch sofort mit einemgroƒen, chinesischenTisch, stellten eine Wache daneben und durch‡suchten mit Hilfe des Wirtes nunmehr das ganze Haus. Ein solchesSerai (dort chin. d‰n genannt) besteht gew„hnlichaus einem groƒenMauerviereck. Auf der Vorderseite befindet sich das groƒe Tor,




welches beim Sonnenuntergang geschlossen und mit groƒen Holz‡ balken verriegelt wird. Diesem Tor gegen…ber liegen die Gastzim‡mer in. einer langen Reihe. Einige von ihnen sind Einzelr‰ume mitnur einer T…r nach dem Hof; andere, f…r mehrere Reisende be‡stimmt, sind miteinander durch T…ren verbunden. Alle Fenster undT…ren „ffnen gew„hnlichnur auf den Hof, kein einziges nach auƒen.An den beiden Seitenmauern und neben dem Tor, sind die St‰llef…r Pferde, Esel und Kamele mit Futterkrippen angebracht.

Das Tor war fest verriegelt; auch die …brigen G‰ste waren nunalle aus dem Schlaf erwacht und bem…hten sich mit uns, den Diebzu finden. Es stellte sich heraus, daƒ in einem R‰ume allerhandFrauenschmuck aus Silber, Korallen und Halbedelsteinen, kost‡

bare Seidengew‰nder usw., wie sie vornehme Damen oder Kokottenzu tragen pflegen, sich vorfanden. Dieses Zimmer war von dem vor‡her beschriebenen J…ngling gemietet worden. Auch seine beidenPferde, von denen das eine ein sch„ner Brauner war, fanden sichvor. Der Gast aber fehlte, und der Wirt teilte uns mit, daƒ er am Nachmittag das Serai verlassen habe. Dieser Mann war vermutlichder Dieb. Er hatte ohne Zweifel die Sachen stehlen und sie beieinem Freunde verbergen wollen, um dann, nach vollbrachter Tat,ganz harmlos Einlaƒ zu begehren.

Wir holten den chinesischen Landrat (amban) aus dem Bett,und auf der Stelle schickte er Sp‰her (sin-tschi) nach allen Sei‡ten aus.

Die Pferde, die kostbaren Kleider und den Schmuck belegte ichmit Beschlag und h‰ndigte sie dem Landrat aus. Die Bem…hungender Leute, den Dieb einzufangen, blieben ohne Erfolg.

Die Pferde und die gestohlenen Sachen brachte der Landratnach Urumtschi, wo sie dem Vizek„nig…bergeben wurden. Ich er‡hielt von dem letzteren f…r die den Dienern gestohlenen Kleider,S‰ttel usw. die liberale Entsch‰digung von 50 chinesischen Talern(etwa 175 Mark), die den Schaden der Leute …berreichlich ersetz‡ten. Der Dieb ist niemals erwischt worden.

Wir erhielten schnell Pferde f…r die R…ckreise, und ichreiste ab.

Der Strom bei der kleinen Festung Daban-tsching (chin.-t…rk. =der Ort am Paƒ) war stark geschwollen. Wir passierten gl…cklichdurch die Furt, die meine Leute fanden, aber eine T…rkin, die mitihrem Kindchen oberhalb der Furt auf ihrem Eselchen durch denStrom wollte, geriet in tiefes Wasser und w‰re umgekommen,wennnicht auf meinen Zuruf ein ellenlangerTungane, den mir der Land‡rat von Turfan mitgegeben,sie noch im letzten Augenblick ergriffen




h‰tte. Ihr Kindchen hielt sie umklammert, der Esel wurde im n‰ch‡sten Augenblick wirbelnd fortgesp…lt.

Hier bei Daban-tsching wurde das Heer Yakub Begs im April1877 geschlagen. Kurz darauf starb der merkw…rdige Mann, der sich vom T‰nzer zum K„nig des ungeheuren Landes aufgeschwun‡gen hatte, in Kurla. Einige sagen, er sei vom Gouverneur von Cho-t‰n vergiftet worden, andere glauben, ein Schlaganfall habe ihnget„tet.

Ich hatte Herrn Bartus ersucht, w‰hrend meiner Abwesenheitdie alte Siedlung von Sch…i-pang, bei dem Flecken Bulayik im Norden der Ghinesenstadt von Turf an, aufzusuchen und zu be‡arbeiten. Wir hatten sie vorher besucht. Er hat das ausgef…hrt undhier, in dem schauerlich zerst„rten Gem‰uer eine fabelhafte Aus‡ beute christlicher Handschriften ausgegraben. Unter diesen befandsich ein vollkommener Psalter in Pahlavi-M…nzschrift des 5. Jahr‡hunderts, aber auch mittelt…rkische •bersetzungen der Georgios-legende,sowie einer christlichen Apokryphe, betreffend den Besuchder Heiligen Drei K„nige beim Christuskindlein. Besonders wert‡voll waren aber groƒe Mengen von Handschriften in einer Abartder nestorianischen Estrangeloschrift und in einer Sprache, diesp‰ter in Berlin von F. C. Andreas und F. W. K. M…ller als sogh-disch festgestellt wurde. Es waren auch darunter Bruchst…cke desnic‰anischen Glaubensbekenntnisses, Teile des Matth‰us-Evange‡liums, die Legende von der Auffindung des heiligen Kreuzes durchdie Kaiserin Helena und andere christliche Texte. Ein Blatt dieser soghdischen Texte trug eine Zeile in griechischer Schrift undSprache, die nach U. v. Wilamowitz- Moellendorf dem 9. Jahr‡hundert angeh„rt. Also Griechisch, im 9. Jahrhundert, in West-China! Endlich wurden zahlreiche lithurgische und andere Hand‡schriften der Nestorianer in syrischer Sprache und Schrift gefun‡den. Ich eilte in Eilm‰rschen von Daban-tsching zur…ck und traf nach zwei Tagen mit Tagesgrauen wieder in Karachodscha ein.

Um beinahe dieselbe Stunde traf auch Herr Bartus ein. Der

eifrige Mann war, da sein Schimmel erkrankt war, mit seiner Beutein einem der groƒen, zweir‰drigen Karren direkt von Sch…i-pangnach Karachodscha gefahren und, obwohl beide sehr ersch„pft, leg‡ten wir uns nicht zur Ruhe, ehe wir diese kostbare Ausbeute ge‡sichtet, numeriert und verpackt hatten.



Tafel 25

v. L e Coq, Turf an.



Tafel 26

Buddhistische Tempelruinen bei Ara-Tam, Komul



Tafel 27

Pfeilersaal der Grabmoschee, Komul





Reise nach Komul,Aufenthalt dort, Aufbruch nach Kaschghar

Anfang August wurde die Hitze in der Niederung von Turfanderart unertr‰glich, und der †rote Hund", eine l‰stige Hitzekrank‡heit der Haut, plagte uns so sehr, daƒ wir gen„tigt waren, ein ge‡m‰ƒigteres Klima aufzusuchen. Da wir geh„rt hatten, daƒ die inden Vorbergen des Himmelsgebirgesgelegene Oase von Komul sicheines verh‰ltnism‰ƒig k…hlen Klimas erfreue, beschlossen wir, dieStadt Komul, den letzten von T…rken bewohnten Ort nahe der Grenze des eigentlichen China, aufzusuchen und die dort gelegenenzahlreichen buddhistischen Ruinen zu untersuchen.

Der Weg nach Komul f…hrt durch Ausl‰ufer der Gobi, einewasserlose D…nen- und Steinw…ste, die unterbrochen wird durch

f…rchterliche, kahle und strauchlose Bergz…ge, in denen die h‰u‡figen St…rme mit ganz auƒerordentlicher Heftigkeit aufzutreten pflegen.

Hier und da in der N‰he der Rasth‰user befindet sich ein Quellund in der so bew‰sserten Umgegendwachsen zahllose Rhabarber‡ pflanzen.

Von der Gewalt der St…rme gibt ein an einer Ecke des Wegesgelegener Felsen aus dunklem Gestein ein beredtes Zeugnis. Hier sind Sandmassen solange wirbelnd gegen den Felsen getrieben wor‡den, daƒ eine Menge metertiefer L„cher entstanden ist. In diesenL„chern hausten ganze Fl…ge von Ringtauben, deren melancholi‡

sches Gurren abends und morgens weithin h„rbar war. Wovondiese V„gel gelebt haben m„gen, ist mir unklar. Da sie aber sehr flugkr‰ftig sind, werden sie das weitabgelegene Kulturgel‰nde be‡sucht haben. Auch starke Rudel von Antilopen mit Lyrah„rnernfanden wir in diesen trockenen W…sten und zerrissenen H…gelz…gen.

Die Rasth‰user waren von der ‰uƒersten Unsauberkeit undauƒerdem sehr bauf‰llig. In einer dieser Rastst‰tten wurden wir zum ersten Male in Ghinesisch-Turkistan von zahllosen Schw‰rmenvon Wanzen …berfallen.




Wir h‰tten auf

dieser Reise noch viel

mehr ausstehen m…ssen,wenn nicht der K„nig von Luktschun und sein Schwiegervater, der K„nig von Komul, an alle diese Rastst‰tten Eier, sauren Rahm,Hammel, Fr…chte und andere Geschenke im voraus niedergelegth‰tten. Die Reise nahm zw„lf Tage in Anspruch. Vor einer der letzten Stationen sahen wir, auf einem chinesischen Karren, pl„tz‡lich die deutsche Flagge. Wir galoppierten darauf zu und lasen auf der Flagge die Worte Carlowitz & Co. Wir hofften Landsleute zutreffen, aber die Reisenden waren chinesische Angestellte der groƒenFirma, die ausgesandt worden waren, um in Urumtschi eine Nieder‡lassung zu gr…nden. Wir muƒten mit den h„flichen Herren speisen.

Sie begleiteten uns zur…ck zur Station, die sie eben verlassen hat‡ten, da sie uns durch eine Mahlzeit zu ehren w…nschten. DieseLeute, es waren Tunganen, wuƒten bereits im August von der Rede betreffend Marokko, die Kaiser Wilhelm im Mai gehalten hatte;sie waren hoch erfreut, daƒ die Deutschen den Scherif, den Sultanvon Marokko, nicht untergehen lassen wollten.

Da sie von Shanghai kamen, was mindestens 115 Tagereisenentfernt ist, sie die Nachricht also nicht dort erhalten haben konn‡ten, staunte ich von neuem …ber die Schnelligkeit, mit der Nach‡richten in diesen wegelosen L‰ndern verbreitet werden.

Wir kamen Mitte August in der Stadt Komul, dem Sitz des

K„nigs, an und ritten bei ziemlich empfindlicher Abk…hlung der Temperatur um 4 Uhr morgens ein. Wir waren empfohlen anden B…rgermeister (d‰r„gha), der uns freundlich aufnahm unduns reich bewirtete. Aber wir erfuhren, daƒ wir, der alten persi‡schen Sitte gem‰ƒ, nicht ausgehen d…rften, bevor wir nicht vomK„nig empfangen worden seien. Auch wurde hier, wie in Persien,der Aufgang und der Untergang der Sonne durch die Hofkapelledes K„nigs mit Pauken und schrillen Fl„ten begr…ƒt.

Ich schickte am n‰chsten Morgen meine cbinesische Visiten‡karte in Form etwa eines Aktenbogens an den K„nig, der soforteinen †Gastempf‰nger", mihmand‰r betitelt, schickte, uns begr…‡ƒen lieƒ und uns f…r den n‰chsten Tag in sein Schloƒ einlud. Nachdieser Anerkennung durch den K„nig war es uns m„glich, in dieStadt zu gehen, wo besonders das im 18. Jahrhundert erbauteMausoleum der K„nigsfamilie uns anzog. (Taf. 27.) Es bestehtaus der Grabmoscheeund Grabdenkm‰lern. Erstere ist ein f…r jeneGegend pr‰chtiger Bau aus Luftziegeln, die mit gr…nglasiertenFliesen belegt sind. Der groƒe Raum in der Moschee enth‰lt 72ungeheure, im persischen Stil geschnitzte Holzs‰ulen; die W‰ndesind in prachtvoller Weise mit Pflanzenornamenten bemalt, die in



Reise nach Komul, Aufenthalt dort, Aufbruch nach Kaschghar 91

Stil und F‰rbung Beziehungen zu der alten Kunst des Landes zu besitzen scheinen. In der Vorhalle fanden sich zwei groƒe, graniteneInschriftensteine in chinesischem Stil, von denen der eine in persi‡scher, der andere in t…rkischer Sprache die Bauurkunde und Se‡gensw…nsche f…r die Familie der K„nige enthielt. Ich lieƒ diese In‡schriften sofort von einem Mullah abschreiben und entrichtete den…blichen Zoll, den jeder Reisende, je nach Verm„gen, an der Grab‡moschee bezahlen muƒ; in meinem Falle waren es zehn chinesischeTaler.

Neben der Moschee stehen die aus Holz in einem seltsamenhalbchinesischen Mischstil errichteten Gr‰ber der K„nigsfamilie.

Diese Bauten heiƒen im Volksmundedas †Altunluk" (Goldort) vonKomul. Eine Schule f…r Geistliche ist mit dem Altunluk verbunden;ein Teil des eingehenden Geldes dient zur Erhaltung der Geb‰ude,aus dem anderen werden die Kosten der Schule bestritten.

Am n‰chsten Morgen besuchten wir die †Orda", den Palast desK„nigs. Gleich der ‚rda des K„nigs von Luktschun, war diesesGeb‰ude ein ungeheures Quadrat aus Luftziegeln, mit groƒen undzum Teil auƒerordentlich sch„n ausgestatteten R‰umen. Wir sahen…berall pr‰chtige, mit echten Farben gef‰rbte chinesischeund cho-t‰ner Teppiche, sch„ne Seidenstickereien, sowohl im chinesischenStil wie in der Art von Buchara; k„stliche Jadeschnitzereien aus

Chot‰n neben chinesischem Porzellan, franz„sischen Stutzuhrenund, o Schrecken! schauerlich h‰ƒliche russische Petroleumlam‡ pen der billigsten und geschmacklosestenArt. Auch eine Kuckucks‡uhr schm…ckte eine der W‰nde im Empfangsraum und erfreute unsdurch den heimatlichen Klang.

Der K„nig, Schah Maks…d, ein ‰uƒerst liebensw…rdiger, vor‡nehmer und gewandter Mann, empfinguns mit der gr„ƒten Freund‡lichkeit. Nebenbei bemerkt war er, wie auch sein Schwiegersohn,der Wang von Luktschun, nicht nur des Chinesischen, sondern auchdes Mandschurischen m‰chtig. Man bewirtete uns dreimal am Tage,und ich staunte, bei dem muhammedanischen F…rsten eine Un‡menge verschiedener russischer Lik„re und ausgezeichneten fran‡z„sischen Champagner vorzufinden. Er trank uns fortw‰hrend zuund schien gegen die Folgen des Alkoholgenussesvollkommen ge‡festigt zu sein. Als ich aber bat, ihn und den Thronfolger photo-graphieren zu d…rfen, schlug er dies rundweg ab mit den Worten†s…r‰t t‰rtkan yok": Photographieren gibt's nicht!

Das Essen war ebenfalls eine Mischung von chinesischen undt…rkischen Gerichten. Wir aƒen chinesische Makkaroni und mantu,eine Art mit Zwiebeln und Knoblauch gehackter Fleischpastete.




Das Hackefleisch wird mit einer Paste von Weizenmehl umgebenund in Sieben, die …ber Wassergef‰ƒenstehen, in chinesischer Weiseim Dampf gargekocht. Mir widerstanden diese Pastetchen auƒer‡ordentlich, Bartus genoƒ sie aber mit Vergn…gen. Dann kam Ham‡melfleisch,gekocht, gebraten und als Irish stew, Bouillon, Suppenmit Hackefleisch, und vor allen Dingen der unvermeidliche Palao,der hier indessen von ganz vorz…glicher G…te war. Den Anfang desMahles aber bildete wie immer, die Darreichung von Tee und Fr…ch‡ten, unter denen Melonen und Trauben ganz besonders mundeten.Ein hoher Beamter des K„nigs hockte zu unseren F…ƒen auf einem Teppich ˆ der K„nig und die Hofleute hatten gleich uns

auf chinesischen St…hlen an einem chinesischen Tisch Platz ge‡nommen.Einige achtzig wunderbar duftender Melonen wurden vor ihm

niedergelegt. Er schnitt sie alle an, kostete und legte zehn zur engeren Wahl zurecht. Wir schwelgten in den uns gereichtenSchnitten.

Die getrockneten Melonen von Komul sind ber…hmt und werdenals Geschenk allj‰hrlich, trotz der Entfernung von …ber 100 Tage‡reisen, an den kaiserlichen Hof nach Peking gesandt. Selbst hier im Gebirge ist die Gewalt der Sonne bei der groƒen Trockenheitder Luft gen…gend, um die Schnitten, in die diese auƒerordentlichsaftigen Melonen zum Trocknen geteilt werden, so zu d„rren, daƒman sie auf weite Entfernung versenden kann.

Mit der Erlaubnis des K„nigs besuchten wir sein LandschloƒAra-Tam, welches etwa 25 km weit im Nordosten der Stadt ge‡legen ist. (Taf. 25.)

Wir erreichten das Schloƒ, welches in halb chinesischer, halb persischer Architektur erbaut ist, und in einem wunderbaren Gar‡ten liegt, am Abend, nach einem heiƒen Bitt und freuten uns desSchattens einiger herrlicher, dichtbelaubter Ulmen, die im Schloƒ‡hof stehen. Mitten im Garten stehen einige Buinen buddhistischer Tempel, und auf den kahlen H„hen, zwischen denen dieses idyl‡lische Pl‰tzchen liegt, fanden wir auf steiler H„he noch zwei groƒe, buddhistische Tempel. (Taf. 26.) Wir machten uns alsbald an dieArbeit, fanden aber zu unserem Bedauern, daƒ die Schneef‰lle,die hier in den Vorbergen h‰ufig sind, das Erdreich derart mitFeuchtigkeit getr‰nkt hatten, daƒ Skulpturen und andere Alter‡t…mer, die zur Gen…ge vorhanden waren, vollkommen formlos undzerst„rt aus dem Erdreich auftauchten.

W‰hrend wir noch beratschlagten, ob wir die zweite der altenSiedlungen, Chotun-Tam, besuchen sollten, erhielt ich ein Tele-




gramm 1 aus Berlin mit der Mitteilung, daƒ Gr…nwedel sich ent‡schlossen habe, wiederum nach Turkistan zu gehen und daƒ ichihn in Kaschgar abholen und unterst…tzen m„ge.

Diese Nachricht versetzte mich in eine unangenehme Lage. N‰mlich in Aratam hatte mich ein Mann aus Taschkend (Russ.Turkistan) namens Kasim Achond, besucht, der von Scha-tschouin China heraufgekommen war und sich nach Kaschgar begebenwollte. Es war ein Kaufmann, der sich l‰ngere Zeit in Su-tschouund Scha-tschou aufgehalten hatte. Er teilte mir mit, daƒ in denalten buddhistischen H„hlentempeln von Tun-hwang bei Scha-tschou im Jahre 1900 ein chinesischer Tempelw‰chter (cho-shang)eine alte, vermauerte Bibliothek entdeckt habe, die viele, vieleSchriften enthielte, die kein Mensch lesen k„nne. Auch Bilder undBronzefig…rchen seien in Menge in dieser vermauerten Bibliothek gefunden worden. Der Tempeldiener habe bereits viele tibetischeTexte und G„tterfig…rchen an die K„nige der Mongolen ver‡schenkt. Ohne Zweifel w…rde er bereit sein, auch mir von denSchriften, die niemand lesen k„nne, abzugeben, was ich etwa ge‡

brauchen k„nne.Diese Mitteilung erregte meine Neugier im allerh„chsten Maƒe

und, obwohl der Weg nach Scha-tschou 17 Tagereisen lang ist unddurch greuliche W…steneien f…hrt, beschloƒ ich, den Ort aufzu‡suchen.Aber wer, wie ich, sieben Tage hin und sieben Tage zur…ck indie wasserlose W…ste gezogen ist, um auf die Aussagen eines Ein‡geborenen hin einen Inschriftenstein zu finden und dann, nachschweren Anstrengungen, nur einen mit Gletscherkratzern …ber und…ber bedeckten Findling antrifft, der nimmt solche Mitteilungenmit Vorsicht auf. Zu oft haben freundliche, wohlmeinende Leuteuns ‹hnliches mitgeteilt, bloƒ um dem fremden Herren etwas An‡genehmes zu sagen. Auch Bartus ist einmal in den Vorbergen vonTurfan acht oder zehn Tage herumgef…hrt worden, wobei ein Hund,der den F…hrer begleitete, verschmachtete und Menschen undPferde beinahe von demselben Schicksal ereilt worden w‰ren, ohnedaƒ die versprochene alte Siedlung gefunden werden konnte.

1 Die chinesische Regierung hat eine Telegraphenlinie zwischen Pekingund Kaschghar legen lassen, sich aber hartn‰ckig geweigert, sie mit dem Endeder russischen Linie in Irkeschtam verbinden zu lassen.

Die Telegraphenstangen sind ein trefflicher Wegweiser, sie werden aber zuweilen durch die furchtbaren St…rme des Fr…hjahrs umgelegt. Auch wurdemir gesagt, daƒ im Gebirge manchmal die Stangen von B‰ren umgeworfenwerden, die, durch das in der Stange h„rbare Summen der Dr‰hte veranlaƒt,auf diesen †B‰umen" Nester der Honigbiene vermuten.




Ich betrachtete also die Mitteilung mit einigen Zweifeln. NachKaschghar ist es eine Entfernung von ungef‰hr 2000 km.. Gr…nwedelsollte am 15. Oktober in Kaschgar eintreffen. Es war aber bereitsEnde August. Guter Rat war teuer: soll ich die Reise nach Tun-hwang antreten? Es sind 17 Tage hin, 17 Tage zur…ck! Wir h‰ttenes ja in je 12 Tagen geritten, also in 24 Tagen hin und zur…ck,dann 6 Tage Aufenthalt, das war ein ganzer Monat.

F…hrte ich diese Reise aus, so war es unm„glich, Gr…nwedel am15. Oktober in Kaschgar zu treffen. Die Nachricht des KasimAchond lautete aber so unwahrscheinlich, daƒ ich ihre Richtigkeit bezweifelte.

Ich …berlieƒ daher, in ziemlicher Verzweiflung, die L„sung der Frage dem Schicksal, indem ich einen chinesischen Taler in dieLuft warf: Kopf gewinnt, Schwanzverliert! Der Schwanz, also dieSchriftseite, kam oben auf und ich lieƒ satteln und trat die Reisenach Kaschghar an. Nach einem sehr herzlichen Abschied von SchahMaks…d, dem K„nig, ritten wir in beschleunigten M‰rschen nachTurfan zur…ck, wo inzwischen unsere Karawane mit Fundst…ckenschon durch den chinesischenLandrat nach Urumtschi abgerichtetworden war. In Turfan stellten wir unsere Karawane zusammenund zogen durch die ‰uƒerst romantischen, wilden Schluchten desGebirges zwischen Turfan, Toksun und Kurla nach letzterer Stadt.

Besonders die Schlucht bei Aighyr Bulak ist wild und sogar ge‡f‰hrlich, denn wenn es dort regnet, l‰uft im Nu alles Wasser indiese Schlucht hinein und kommt ganz pl„tzlich wie eine Mauer mit verheerender Gewalt den Engpaƒ herunter. Wer dort von einemUnwetter betroffen wird, ist rettungslos verloren, so Mensch alsTier. (Taf. i.)

In der Schlucht trafen wir einen chinesischen Telegraphen‡ beamten, der sich nach Aks… begeben wollte, mit Frau und Kind.Seine Wagenpferde hatten versagt, und der sehr gebildete Mann,der Englisch gut verstand, befand sich in groƒer Verlegenheit. Wir halfen ihm mit frischen Pferden aus und sicherten uns dadurchseine Dankbarkeit und die seiner Vorgesetzten.

In Kurla rasteten wir im Hause des Konsularagenten (aksakal),der dort wohnenden russischen T…rken aus Ferghana. Es war eine‰uƒerst ‰rmlicheWohnung, aus lauter Rohrb…ndeln …ber einer etwametertiefen Grube errichtet. Wir bekamen den …blichen Palao, undals die Dunkelheit hereinbrach, brachte uns unser Wirt zwei chi‡nesische Kerzen, die in Flaschen gesteckt waren. Diese Flaschenkamen mir bekannt vor. Ich bat Bartus, mir eine her…berzugebenund sah mit Staunen auf dem Stempel am Flaschenhalse den Na-




men der Firma meines Groƒvaters in London, A. Le Coq & Co.,London! Es waren zwei Stoutflaschen der alten Firma!Mein Groƒvater Le Coq, einer bekannten Berliner Hugenotten‡

familie entstammend, hatte den Offiziersberufgew‰hlt und standAnfang der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Trier beim 2. Rheinischen Husarenregiment Nr. 9. Die Tatenlosigkeit jener Zeit trieb ihn bald aus dem Dienst; er heiratete eine Trierer Dame und wohnte als sehr wohlhabender Privatmann in Eltville,Kempten a. Rh. und zuletzt in Frankfurt a. M.

Im April 1833 fand das †Frankfurter Attentat" statt; die Gie‡ƒener Studenten mit ihren Schl‰gern und die Vilbeler Bauern mit

ihren Heugabeln und Dreschflegeln zogen, etwa 60 Mann stark,nach Frankfurt, um des heiligen deutschen Reiches Herrlichkeitdort neu zu errichten. Leider fand ein ziemlich blutiges Treffenstatt; die Aufr…hrer wurden zersprengt und zwei junge Neffen mei‡nes Groƒvaters, Gieƒener Studenten von 17 und 19 Jahren, ausder Bunsenschen Familie, fl…chteten zu ihrem Oheim, der sie inWandschr‰nken verbarg. Die Polizei drang bis in dies Zimmer vor,fand die Gesuchten aber nicht. Sie muƒten zehn Tage dort aus‡halten, dann f…hrte mein Groƒvater sie, als Lakaien verkleidet, auf seiner Kutsche nach der Schweiz.

Man begann aber in Frankfurt zu munkeln und, …berhaupt der Zust‰nde in Deutschland m…de, begab sich mein Groƒvater nachLondon, wo er lange als Privatmann sehr zufrieden lebte und vieleFreunde in allen Gesellschaftskreisen erwarb.

Eines Morgens aber las er in seiner Zeitung, daƒ seine Bank einen schlimmen Bankrott gemacht habe. Der Bericht war richtigund er fand sich pl„tzlich ganz mittellos.

Seine englischenFreunde kamen ihm sofort zu Hilfe. Ein groƒer Porterbrauer ˆ sein Sohn wurde sp‰ter ein Lord ˆ bot ihm reicheGeldmittel und die Vertretung seiner Brauereiinteressen f…r Ruƒ‡land an, wenn er einen eigens f…r dieses Land gebrauten Stout dorteinf…hren wolle.

Mein Groƒvater, obwohl kaufm‰nnisch nicht geschult, griff zu.Er begab sich nach Warschau, wo er durch seine Mutter, die j…ngsteTochter des Berliner Malers und Kupferstechers Daniel Chodo-wiecki, zahlreiche polnische Verwandte hatte, die dem Adel, z. T.dem hohen Adel, angeh„rten. Die Chodowiecki waren urspr…nglichselbst ein protestantisches, polnisches Adelsgeschlecht,welches in‡folge der Gegenreformation in Polen seine G…ter verlassen hatteund nach Deutschland gefl…chtet war.

Mein Groƒvater trat nicht als Handlungsreisender auf, sondern




lud die ganze Verwandtschaft ins vornehmste Hotel Warschausein, wo er ihnen, nach dem besten Diner, dessen das Haus f‰higwar, den ber…hmten Stout vorsetzte. Er schmeckte den G‰stenvortrefflich. Alle wollten davon haben und die ersten Auftr‰ge wur‡den erteilt.

Er ging dann nach Petersburg, wo der Bankier Jefremew dasUnternehmen so erfolgreichfinanzierte, daƒ mein Groƒvater in we‡nigen Jahren sich wieder als reicher Mann ins Privatleben zur…ck‡ziehen konnte. Das Gesch‰ft wurde von seinen Sozien, den HerrenSillem und Turnbull, unter der alten Firma A. Le Coq & Co., Lon‡don, fortgesetzt und hatte groƒen Erfolg, bis es durch den Welt‡

krieg zugrunde ging.Mein Vater hatte aber, infolge jenes Bankrotts, die englische†public school", auf der er sich befand, verlassen und Kaufmannwerden m…ssen. Er ging, als erster Berliner, nach Ganton, wo er mit seinen Freunden, den Herren v. Garlowitz und Harkort, in der schnell zu einem Weltgesch‰ft aufbl…henden Firma Garlowitz& Co.f…nf Jahre lang t‰tig war.

Der Fall meines Groƒvaters ist ein gutes Beispiel der Lebens‡kraft, die dem hugenottischen Blute noch heute innewohnt.

Du, lieber Leser, komme aber zur…ck in unsere W…ste!Der wohlhabende Flecken Kurla liegt am Baghratsch Kol,

einem groƒen See, durch den der Kaidufluƒ seine Fluten w‰lzt.Das Wasser des Sees ist von fabelhafter Durchsichtigkeit. Er ist belebt von zahllosen groƒen Fischen, die meist dem Barben‡geschlecht anzugeh„ren schienen. Aber es gibt auch Welse vonMannesl‰nge, h‰ƒliche Tiere mit ungeheuren M‰ulern.

Herr Bartus als alter Seemann konnte sich nicht versagen, hier eine Angel auszuwerfen. Auch ich setzte meine Fliegenrute zu‡sammen und peitschte das Wasser mit der k…nstlichen Fliege. Ichhatte auch sofort einen Biƒ, aber zu meinem Bedauern brach dieenglische Rute …ber dem Griff. Augenscheinlich hatte jemand beider Reise darauf gesessen und sie besch‰digt.

Gl…cklicher war Bartus. Er hatte ein Pfund Fleisch an einemRiesenhaken und starker Schnur in das Wasser geschleudert undein vorsintflutliches Ungeheuer hatte angebissen. Er zog es unter ungeheurem Jubel der ganzen Stadtbev„lkerung, die dem Treibender Fremden zusah, mit groƒer M…he aus dem Wasser. Es wogetwa 50 Pfund und hatte eine braune, glatte, mit weiƒen Fleckengesprenkelte Haut. Es ‰hnelte etwas unserer Aalquappe. Herr Bar‡tus lieƒ sich nicht abhalten, trotz meiner Warnung, vom Fleischdieses Fisches zu essen (es kommen n‰mlich Fische mit sch‰dlichem



Chalm‰t Chan, Edler M‰nnertyp aus Ferghanav. L e C o q, Turfan.



Tafel 30

Islamisches Bethaus, Schahyar




Fleisch hier vor). Er fand es ausgezeichnet. Ich teilte aber die Ab‡neigung der T…rken gegen den Genuƒ von Fischfleisch.Es gibt im Lande nur zwei Gegenden, wo Fische h‰ufig genossen

werden, n‰mlich bei Maralbaschi, wo der Tarimstrom ungeheureMengen liefert, die von den dort wohnenden Dolanengern gegessenwerden, und zweitens das Gebiet um den Lobnor, wo die ganze,von den …brigen T…rken angeblich ziemlich abweichende Bev„lke‡rung, haupts‰chlich von Fischen im frischen oder getrockneten Zu‡stand lebt. Es ist bemerkenswert, daƒ beide, Dolanen und Lob‡ bewohner, von den T…rken als fremdrassige Leute betrachtetwerden.

•brigens ist der See der Tummelplatz von ungez‰hlten Schw‰r‡men von Wasserv„geln. Hier br…tet der Schwan, dessen Gefieder von den Chinesen als Verbr‰mung f…r kostbare Roben gesucht wird.G‰nse und Enten verschiedener Art beleben die Ufer und die Ober‡fl‰che in Menge, und stets sahen wir eine Menge ihrer hakenartiggeformten Fl…ge am Himmel. Auch Reiher aller Art kommen vor;wir haben sie aber niemals genau betrachten k„nnen, weil sie immer scheu aufflogen, sobald die Reiter sich n‰herten.

In der N‰he von Kurla liegen die Ming-‚i von Schortschuk, diewir sp‰ter mit Gr…nwedel besuchten. Auch eine befestigte, alteStadt liegt bei Karaschahr. Die H‰user sind aber verschwunden,und der ganze von der Mauer umschlossene Raum ist dicht besetztmit mehreren Meter hohem Rohr.

Von Kurla aus erreichten wir Kutscha in Eilm‰rschen, und indieser Stadt, wo noch einige Kunstindustrie bl…ht, gestatteten wir uns vier Rasttage. Allerdings wandten wir diese Rasttage an, umdie ber…hmten Ruinen in der Umgegend,die Ming-„i von Kumturaund von Kyzil-Kargha, zu besuchen. Von Kutscha aus gingen wir …ber Bai und Dsch‰m nach Aksu, wo wir dem dortigen Taotai un‡sere Aufwartung machen muƒten, das heiƒt, wir schickten unsereVisitenkarten.

Mir ging die Reise aber zu langsam, und ich beschloƒ, am n‰ch‡sten Morgen fr…h mit einem pers„nlichenDiener voranzureiten. AmAbend brachte ein Bauer uns ein Geschenk, eine Platte mit 15oder 20 der k„stlichen Pfirsiche von Aik„l, …berfaustgroƒe,schneeweiƒe, duftende Fr…chte, von einer Vollkommenheit, die sieim ganzen Lande ber…hmt macht. Auch sind die Kerne artenecht.Wer einen solchen Pfirsichkern pflanzt, kann sicher sein, dieselbeFrucht an dem daraus entstehenden Baum wiederzufinden.

Herr Bartus kam herein, sah diese Fr…chte und sagte: †Herr Doktor, Herr Doktor, was w…rde solch ein Pfirsich wohl in Berlin





kosten?" Ich antwortete, daƒ er wahrscheinlich in der richtigenSaison mit nicht weniger als 20 Mark bezahlt werden w…rde. Dar‡auf legte ich mich und erhob mich am Morgen gegen zwei Uhr, alsBartus wieder zu mir kam und mich um Rizinus„l bat. Ich gab ihmeinen Suppenl„ffel, er aber sagte: †Nee, Herr Doktor, ein Suppen‡l„ffel, das ist nicht genug f…r mich, ich muƒ zweie haben, so istmeine Natur." Gegen meinen Willen nahm er noch den zweitenSuppenl„ffel. Mein Auge fiel dann auf die Platte und nicht eineinziger Pfirsich war zur…ckgeblieben (ich durfte schon lange keinemehr essen). Ich fragte, †Herr Bartus, wo sind denn die Pfirsichehingekommen?" Die Antwort war verbl…ffend. †Herr Doktor, ichhab' doch auch einmal f…r 400 Mark Pfirsiche essen wollen, ichhabe sie alle gefuttert." Ich war entsetzt, muƒte aber abreiten.

Nachher, als ich wieder in Asku eintraf und diesmal den Taotaiantraf, machte mir dieser groƒe Lobspr…che …ber Bartus: †Du hastda aber einen famosen Helden (batur)l"

Bartus selbst erz‰hlte mir bei seinem Eintreffen in Kaschghar:†Um klocken achte morgens kam der Gouverneur mit seinem ganzenHofstaat; da waren Kerle bei, die trugen lange Posaunen, zweiMann trugen die Posaune …ber den Schultern und ein dritter lief hinterher und blies hinein. Alle Gefangenenwaren auch gekommenund schleppten groƒe Ketten oder auch Eisenst‰be, an die sie fest‡gekettet waren, mit sich herum. Alle wollten Geld von mir haben.Ich habe also den Gouverneur empfangen; seinen Namen k„nnt' ichnicht behalten und habe ihn man immer Theophil genannt. Sonstsprach ich immerzu plattd…tsch mit 'em, das er auch sehr gut ver-verstand. Er blieb von klokken achte bis um zw„lfe, aber oft rum‡ pelte das in mir und ich, immer mit die Hose in die Hand, habemir entschuldigen m…ssen: ,Theophil, jetz t‰uwen beten', dann kamich zur…ck, und die Unterhaltung ging von neuem los, aber allesmit Lachen und in dickster Freundschaft."



Reise nach Kaschghar, Zusammentreffenmit Gr…nwedel. Beginn der III. Reise

Um drei Uhr morgens ritt ich allein mit meinem pers„nlichenBegleiter, dem Mirab, von Aks… ab.Wir legten die vierzehn Tagereisen nach Kaschghar in neun

Tagen zur…ck.Der Mirab war in seiner Weise ein Original und besaƒ einen

unersch„pflichenVorrat von Sprichw„rtern und Liedern, die er mitdrolligem Humor von sich zu geben verstand. Um nun auf dieser Eilreise wenigstens etwas zu lernen, lieƒ ich mir jeden Abend dieam Tage geh„rten Sprichw„rter wiederholen und schrieb sie auf.

Oftmals, wenn ich mich dann gelegt hatte und er zu F…ƒenmeines Bettes sich ein Lager bereitet hatte, kicherte er und sagte:†T…r‰m, ich habe noch eins!" Und sofort kam das Notizbuch unter dem Kopfkissen hervor und die t…rkische vox populi wurde der Sammlung einverleibt.

Mein guter Brauner trat sich einmal einen Kiesel in den Huf und lahmte stark. Der Mirab wuƒte sogleich ein vortreffliches Mit‡tel dagegen: er kaufte einem wandernden Bettler, der von L‰usenwimmelte, f…r einen †cash" einige dieser unbehaglichen Haustiereab, und setzte sie dem Pferd in die Ohren.

Nachdem ich den Kiesel entfernt, h„rte das Tier dann wirklichauf zu lahmen!

F…r die Heilung von Druckstellen, die der t…rkische Sattel weitseltener veranlaƒt, als die sch„nen englischen S‰ttel, die wir ausBerlin mitgenommen, aber bald abgeschafft hatten, hat man auchein sonderbares Mittel.

Man veranlaƒt einen kleinen Knaben, etwa einen siebenj‰hrigen,sein harmloses W‰sserchen auf die Druckstelle zu entleeren, undsiehe! schon ist sie geheilt. Ein M‰dchen darf es unter keinenUmst‰nden sein; auch muƒ das Kind sich noch im zarten Alter befinden.

Wir legten „fters an einem Tage zwei Tagereisen zur…ck, und7*




es gelang mir, Kaschghar noch grade vor dem 15. Oktober zu er‡reichen. Ich machte dem englischen Political Agent, Herrn (jetztSir George) Macartney, an den ich mir durch das Ausw‰rtigeAmt und das britische Foreign Office Empfehlungen verschaffthatte*, meine Aufwartung und wurde von Lady Macartney auf‡gefordert, bei ihnen zu wohnen.

Bartus hatte mittlerweile der Ehrgeiz gepackt, er wollte nichtauf sich warten lassen. Er kam nur wenige Tage sp‰ter an, obwohler das ganze Gep‰ck auf den langsam gehenden zweir‰drigen Kar‡ren der Eingeborenen mitzubringen hatte.

Zu unserer gr„ƒten Best…rzung kam Gr…nwedel aber auch nichtam 15. und auch nicht am Ende des Monats, sondern wir erhieltendie Nachricht, daƒ er in Russisch-Turkistan sein Gep‰ck verlorenhabe und seine Ankunft sich verz„gern w…rde! Da gab es bei uns†dicke Luft". Wir ‰rgerten uns ganz uns‰glich …ber die verpaƒteGelegenheit, Tun-hwang zu besuchet. Aber es half nichts, wir

1 Ich hatte mich an die Engl‰nder empfehlen lassen, erstens, weil ich der englischen Sprache m‰chtig bin und englische Gebr‰uche kenne, w‰hrend ichRussisch nicht verstehe und auch mit den russischen Gebr‰uchen nicht vertraut

bin. Auƒerdem aber hatte ich soviel ung…nstige Berichte …ber den Vertreter Ruƒlands in Kaschghar, den ber…hmten Generalkonsul Pietrowskij, geh„rt, daƒich mich nicht einem so tyrannischen Gewalthaber anvertrauen wollte.

Pietrowskij war ein Mann von auƒergew„hnlicher Begabung. Er war zuseiner Zeit der eigentliche Herrscher Ostturkistans. Niemand war besser ver‡traut mit der Geschichte, der Religion, dem Charakter der Chinesen und der T…rken, niemand kannte die wirtschaftlichen, milit‰rischen und anderen Hilfs‡quellen des Landes besser als er, und soweit w‰re ein Aufenthalt unter seinemDach vorteilhaft gewesen. Aber er war ein Mann von so groƒem Selbstbewuƒt‡sein , daƒ er anderen Leuten nur schwer gerecht werden konnte. Kapit‰nYounghusband und Monsieur de St. Ives hatten beide Grund, sich bitter Uber ihn zu beklagen, und auch Gr…nwedel und Huth waren bei ihrem Aufenthaltim russischen Generalkonsulat in eine fatale Abh‰ngigkeit von den Launendieses Selbstherrschers geraten. Ja, bei einer Gelegenheit, als Huth sich gegenseine ungerechtfertigten Anmaƒungen auflehnte, fragte Pietrowskij Gr…nwedel,ob er nicht das Recht h‰tte, diesen Juden pr…geln zu lassen. Gr…nwedel tratf…r seinen Begleiter ein, aber das Verh‰ltnis war infolgedessen getr…bt.

Solchen Dingen wollte ich mich nicht aussetzen und zog es daher vor, mit

den Engl‰ndern genauere Beziehungen anzukn…pfen. Ein Entschluƒ, der mir zu den angenehmsten Bekanntschaften verhalf.Als ich nach Kaschghar kam, war Exzellenz Pietrowskij bereits zur…ck‡

gerufen worden. Man h„rte aber von T…rken und Chinesen erstaunliche Be‡richte …ber seine Maƒnahmen. Sein Nachfolger war ein liebensw…rdiger Mann,der mir viel Freundlichkeiten erwies. Aber seltsam genug waren allerhand Ge‡ pflogenheiten, die ich auch mit ihm erlebte. Ich werde nie vergessen, was sichzutrug, als die russischen Herrschaften zum Weihnachtsdiner in das englischeKonsulat geladen waren. Sie kamen und waren recht liebensw…rdig und an‡geregt, weigerten sich aber, auch nur einen einzigen Bissen des Festschmauseszu sich zu nehmen, da sie soeben erst gespeist h‰tten! Ein Benehmen, das mir immer unerkl‰rlich geblieben ist.

2 Es sei hier erw‰hnt, daƒ der ausgezeichnete englische Gelehrte undReisende, Sir Aurel Stein, bei seinem Besuch in Tun-hwang die Bibliothek tat-



Mi

Reise nach Kaschghar, Zusammentreffenmit Gr…nwedel usw. \Q\

muƒten uns gedulden, und nach den groƒen Anstrengungen unserer Grabungen und der Reise war der Aufenthalt in einem europ‰ischenHeim eine groƒe Erfrischung.

Freilich muƒte man sich an manche Einrichtungen der Zivili‡sation erst wieder gew„hnen. Als Lady Macartney mich in ein wohl‡ausgestattetes Zimmer mit einem sch„nen englischen Bett einquar‡tiert hatte, glaubte ich im Himmel zu sein. Als ich aber einige Zeitim Bett gelegen hatte, kam es mir vor, als m…ƒte ich ersticken.Ich stand auf, nahm meinen Filz, breitete ihn auf der Veranda aus,

benutzte den Sattel als Kopfkissen und schlief in einen leichtenPelz geh…llt wieder im Freien. Es hat einige Zeit gedauert, bis ichmich wieder an die Enge des Zimmers gew„hnen konnte.

In Kaschghar warteten wir nun auf Professor Gr…nwedel underholten uns pr‰chtig durch die ganz auƒerordentlich liebevollePflege, der wir im Hause Macartney teilhaftig wurden. Gr…nwedelaber kam und kam nicht; wir waren trostlos.

Ich benutzte diese freie Zeit, um die mit dem Mirab aufgenom‡menen Sprichw„rter ins Reine zu schreiben und eine •bersetzunganzufertigen. Diese Arbeit ist sp‰ter in Leipzig bei Teubner unter dem Titel: †Lieder und Sprichw„rter aus der Oase von Turf an"erschienen. Die Sprichw„rter sind zum Teil identisch mit den inAfghanistan vorkommenden. Auch die M‰rchen Ostturkistans be‡handeln oft Geschichten, die in Afghanistan und im Pandschabweiterleben. Die Erinnerungen an die alte buddhistische Kultur wirken in diesen drei, durch sie einst vereinten L‰ndern, heute noch.

Wir versuchten dann einige Grabungen bei Artusch vorzuneh‡men, wo neben den Resten einer alten Stadt in einer Felswanddrei H„hlentempel unser Interesse wachriefen. Der Name ist •tschMurgh‰n. Die in den Fels geschnittenen T…ren waren fr…her mitvorgelagerten Holzaufg‰ngen versehen, die indessen verschwundenwaren. Herr Bartus lieƒ sich deshalb an einem Strick von obenherab und kam auf diese halsbrecherischeWeise in die R‰ume. Sie

enthielten aber nur sp‰rliche Reste von Malereien,die eine weiteres‰chlich vorfand und einen Teil ihres Inhalts, bestehend in kostbaren altenHandschriften und Gem‰lden auf Seide, von dem Tempelw‰rter k‰uflich er‡werben konnte.

Nach ihm besuchte der Leiter der franz„sischen ExpeditionHerr Paul Pelliot,ebenfalls diese fabelhafte Mine und kaufte eine weitere groƒe Menge der Hand‡schriften usw.

Durch die Verteilung dieser wichtigen Gegenst‰nde sind eine Menge vonGelehrten, die sonst von der Mitarbeit ausgeschlossengewesen w‰ren, instandgesetzt worden, sich zu bet‰tigen. Wenn ich auch bedauern muƒ, daƒ dieseDinge mir entgangen sind, so tr„stet mich der Gedanke, daƒ sie in gute H‰ndegeraten sind.




Untersuchung nicht wert waren. In den Ruinen zu graben unter‡lieƒen wir, da der chinesische Beamte (Tao-tai) es nicht gern sah.

Beginn der III. ReiseEndlich, am 5. Dezember (1905), kam ein Bote von der russi‡

schen Grenze, der uns mitteilte, Gr…nwedel w…rde am n‰chstenTage eintreffen. Wir begaben uns daher auf die Landstraƒe undritten ihm entgegen. Er kam denn auch nachmittags auf einemalten Pferdchen im Schritt einhergezogen,mit seiner Karawane unddem Hilfsarbeiter Professor F. W. K. M…llers, dem Referendar Pohrt. Gr…nwedel hatte ihn, weil er des Chinesischenetwas m‰ch‡

tig war, als Begleiter mitgenommen. Leider war Gr…nwedel krank,so krank, daƒ er weitere drei Wochen in Kaschghar bei den schwe‡dischen Missionaren das Bett h…ten muƒte.

Wir feierten noch das englische Weihnachtsfest bei Macartneys,und brachen am 25. Dezember nach Kutscha auf.

Da Gr…nwedel nicht reiten konnte, lieƒ ich eine Araba, einenzweir‰drigen Karren, mit Heu f…llen, Matratzen darauf befestigenund ein Sonnendach dar…ber anbringen. In diesem Karren machteGr…nwedel diese Reise unter Beschwerden,die durch die schlechteBeschaffenheit der Wege versch‰rft wurden; …berall im Kultur‡lande ist n‰mlich der Weg durch zahllose Bew‰sserungskan‰leunterbrochen. Der Wagen geht immer schr‰g in diese Kan‰le her‡ein, die oft metertief sind. Erst geht das eine, 2 m hohe, Rad her‡ein; es gibt einen furchtbaren Stoƒ; dann geht das zweite Rad her‡ein, es gibt wieder einen Stoƒ, dann geht das erste Rad heraus undgleich darauf das zweite und jedesmal wird der Reisende heftig hin -und her gesch…ttelt. Nat…rlich ist diese Art des Reisens sehr langsam.

Wir, Bartus und ich, lieƒen also Gr…nwedel mit Herrn Pohrtals Begleiter um zw„lf oder ein Uhr nachts abfahren, schliefen sel‡

ber bis vier Uhr morgens und holten die Karawane noch auf demhalben Wege ein. Dann ritten wir voran und machten Quartier,so daƒ Gr…nwedel seinen Palao, Tee usw. bei seinem Eintreffenfertig vorfand.f Am 8. Januar erreichte die Expedition die alte Siedlung vonTumschuk bei Maralbaschi und untersuchte dort die im Nordostender Station gelegenen buddhistischen Ruinen, ohne indessen um‡fangreiche Arbeiten dort vornehmen zu k„nnen. Hier hat sp‰ter Professor Pelliot, der Leiter der von der franz„sischen Regierung,auf die Nachricht von unseren Erfolgen entsandten Expedition, mitgutem Erfolg gearbeitet. Er fand sch„ne, fr…he Tonstatuetten inGruppen, viele noch im Gandharastil.



Reise nach Kasebghar, Zusammentreffenmit Gr…nwedel usw. 103

Als wir weiterzogen, machte mein Diener, der Mirab, mir dieMitteilung, daƒ in der N‰he von Kyzil im Gebirge, nahe bei Ku‡tscha, eine riesige Anlage alter H„hlentempel vorhanden sei, dienoch kein Europ‰er besucht habe und die auch wegen ihrer ab‡gelegenen Lage bei den Eingeborenen wenig bekannt sei.

Die japanische Expedition Otani hat dort 1902 oder 1903 ge‡arbeitet. Ein starkes Erdbeben soll sie vertrieben haben.

Auf die Angabe des Mirab hin ritt ich sofort mit Herrn Bartusher…ber. Wir …berstiegen den niederen, aber schwierigen Paƒ undfanden eine fabelhafte Siedlung von vielen hundert Tempeln in densteilen Klippen eines H„henzuges am Muzart.

Ein Grundbesitzer hatte dort ein kleines Lehmh‰uschen errich-




tet, in dem sich zwei ‰uƒerst elende Zimmer befanden. Ich mieteteihm sofort das H‰uschen ab, weil wir geh„rt hatten, daƒ andereExpeditionen im Anz…ge seien, und versprach, in etwa einem Monatdorthin zu kommen.

Die weitere Reise vollzog sich ohne Zwischenf‰lle.Wir kamennach Kutscha, machten dem chinesischenLandrat in der Zitadellelunsere Aufwartung und zogen dann nach Kumtura, einem wohl‡habenden ‚rtchen, in dessen N‰he sich eine groƒe Siedlung alt‡ buddhistischer Tempel befindet. Sie tr‰gt den Namen der ming-„i(tausend Zimmer oder H‰user) von Kumtura.

Im Hause des Imam bezogen wir eine sch„ne Wohnung.Es war furchtbar kalt, und die Winde aus dem Norden und dem Nordosten mit ihren Staubniederschl‰gen waren nichts weniger als

erfreulich. Dennoch gingen wir an die Arbeit.Die H„hlentempel befinden sich am linken Ufer eines reiƒenden

Stromes, des Muzart. Die Ufer tragen mehrere, durch schauerlich„de, zerrissene Querschluchten in mehrere Gruppen geteilte Tem‡ pelanlagen, von denen die am weitesten stromauf gelegene in hoch…ber den Strom her…berh‰ngende, steile Klippen eingeschnitten ist.(Taf. 28 u. Plan S. 112.)

Sie besteht aus einem langen Gang mit Fenstern, die sich auf den Strom „ffnen. Unter den Fenstern l‰uft eine breite, aus demStein gehauene Bank, auf der die M„nche abends wohl die K…h‡lung und den Blick auf die wildromantische Landschaft zu genieƒen

pflegten. Auf der anderen Seite des Ganges befinden sich die Ein‡g‰nge zu den H„hlentempeln, die, obwohl nicht der ‰lteren Zeitangeh„rig, fr…her sehr sch„n gewesen sein m…ssen.

Leider waren in diesen H„hlen Schatzgr‰ber und Pl…nderer soerfolgreich t‰tig gewesen, daƒ wir keine Ausbeute machen konnten.

In den weiter stromab gelegenen Tempeln dagegen fanden wir einzelne, versch…ttete Geb‰ude vor, in denen die Wandgem‰ldezum Teil noch erhalten waren und wo wir zahllose Skulpturen,Handschriften und andere Altert…mer bergen konnten.

Ein Teil dieser Tempel war in einen Stein geschnitten, der zumeinem Erstaunen bei genauerer Betrachtung sich als aus Reisig,versteinertem Reisig! bestehend ergab.

Ein groƒer, fossiler Knochen stak in dem Gewirr versteinerter Zweige. Ich lieƒ ihn herausmeisseln und …bergab ihn sp‰ter dem pal‰ontologischen Institut zu Berlin.

1 In Kutscha liegt die befestigte Chinesenstadt in einem Bezirk der Stadt,nicht wie in Turfan, Aksu und Kaschghar einige Kilometer von der Altstadtentfernt in einer besonderen (†Neu") Stadt.







Tafel 33

L…nette von der R…ckwand der Cella der Treppenh„hle. Oben: Angriff des Mara.Unten: Szenen aus dem Leben des Buddha. Kyzil



Tafel 34

Nordende der groƒen Bachschlucht, Vereinigung der beiden Quellt‰ler.Die Tempel 1916 durch Erdbeben vernichtet



Heise nach Kaschghar, Zusammentreffenmit Gr…nwedelusw. 105

Im Unterschied zu den Siedlungen in Turfan, wo wir fast nur Bilder aus der t…rkischen Periode (nach 760 n. Chr.) vorfanden,geh„rten diese Gem‰lde meistens einer ‰lteren Zeit an (etwa bis800 n. Chr.), als noch indogermanische V„lker im Lande saƒen.Aber es gab hier auch einige Tempel, deren Malereien bereits chi‡nesisch abgewandelt waren.

Hier fanden wir zumerstenmalDarstellungenvonDamen(Taf,36)und Rittern in europ‰isch anmutender Kleidung (vgl. S. 106).

Diese Darstellungen werde ich sp‰ter schildern, bei der Be‡schreibung der Ming-„i von Kyzil, wo sie einer ‰lteren Zeit an‡geh„ren, und infolge der gr„ƒeren Unzug‰nglichkeit des Ortes, besser erhalten sind.Die Kulturstufe, welche die Trachten in Verbindung mit denkunstvoll gemalten Gem‰ldenund den kalligraphischgeschriebenenHandschriften uns vor Augen f…hren, muƒ erheblich gr„ƒer ge‡wesen sein, als die damals in den germanischen Staaten Europasvorhandene.

Hier wurde mit freudiger Hingebunggearbeitet. Es verging keinTag ohne eine neue, aufregende Entdeckung. Gr…nwedel war zu‡n‰chst noch unf‰hig, sich viel an der Arbeit zu beteiligen, aber nachdem wir die Tempel entleert und gangbar gemacht hatten,widmete er sich mit groƒem Eifer der Arbeit des Kopierens der Bilder, der Aufnahme von Pl‰nen und ‰hnlichen Besch‰ftigungen.W‰hrend unseres Aufenthaltes in Kumtura verlieƒ ich zu wie‡derholten Malen die Expedition, um Forschungsreisen nach un‡ bekannten Siedlungen in der Oase von Kutscha zu unternehmen.

So f…hrte mich gleich zu Beginn im Januar ein solcher Ausflugdurch die Salzsteppe nach Schahyar (Taf. 30), das im S…dendieser Oase liegt. Die dazwischenliegendeSteppe enth‰lt eine groƒeAnzahl von alten Siedlungen, unter denen besonders die vonTongguz Baschi (= Schweinekopf) zu nennen ist. Es ist ein un‡geheures Mauerviereck mit befestigtem Tor. In diesem Mauer‡viereck aber fanden sich keine Reste von Geb‰uden, und der Bodenwar derart mit Salz und Feuchtigkeit durchzogen, daƒ ich den Ge‡danken, hier Grabungen vorzunehmen, aufgab.

Das ganze Land ist hier auf groƒe Entfernungen mit den Restenalter Kan‰le durchzogen. Man kann, wenn man mit der photo‡graphischen Kamera visiert, diese Gr‰ben weithin mit dem Augeverfolgen. Man sieht auch die kleineren Bew‰sserungsgr‰ben, diesich rechts und links von ihnen abzweigen.

Wir hatten Wasser mitgenommen und, auf Empfehlung desw…rdigen Aksakal der Fergh‰nat…rken in Kutscha, des Chalm‰t





Reise nach Kaschghar, Zusammentreffenmit Gr…nwedel usw. 107

Chan aus Taschkent (Taf. 29), einen F…hrer namens Sch‰rip (a.sarif) engagiert, der das Gel‰nde ausgezeichnet zu kennen behaup‡tete. Es war aber ein eitler und unwissender Mann, der sich nur aufspielen wollte.

Wir verloren sehr bald den Weg und da Staubnebel (tschang)herrschte, konnten wir uns nicht orientieren. An klaren Tagen n‰m‡lich sieht man …berall in der Ferne die Kuppen des Tienschan‡gebirges,die von Westen nach Osten ziehen und hat in ihnen einenuntr…glichen Wegweiser. Der Staubnebel aber h…llt alles in einenhalbdurchsichtigen Nebel, der weiter entfernte Gegenst‰nde voll‡kommen verschleiert. Zu allem Ungl…ck war mein Kompaƒ, denich an der Uhrkette trug, verlorengegangen.

So ritten wir lange Zeit im Kreise herum, bis endlich ein an‡derer von meinen Begleitern die richtige Richtung entdeckte unduns in die reiche Siedlung von Toksu brachte, wo wir im Haus desDorfschulzen, einem f…r die dortige Gegend pr‰chtigen Geb‰ude,gastfreie Unterkunft fanden.

Unterwegs stieg ich mehrmals vom Pferde, um den Boden zuuntersuchen. Er war dicht durchsetzt von Resten von Scherben,daneben fand man M…nzen, Schellen, Pfeilspitzen, Siegel ausBronze oder Kupfer, alles stark korrodiert. Aber auch Reste vonHolzschnitzereien,Votiv-St…pas, Buddha- und G„tterfig…rchen und‰hnliche Dinge fanden sich h‰ufig; vor allem aber Topfscherbenin so ungeheuren Mengen, daƒ man eine ungemein dichte Besied‡lung und eine sehr lange Bev„lkerungsperiode annehmen muƒ.

Das Haus des Dorfschulzen Ali Achond hatte mehrere sch„neZimmer persischer Art. Die W‰nde waren mit bunten Wandgem‰l‡den in Temperafarben bemalt, und ein pr‰chtiger Kamin spendetewohltuende W‰rme. Der Hausrat bestand aus wundervollen, ge‡steppten, seidenen Bettdecken, sch„nen Matratzen und ‰uƒerst ge‡schmackvoll gestickten, rotseidenen Kopfkissen. Der Schulze hattevier Frauen, stattliche Matronen, die den Fremden mit groƒer Neu‡gier, aber mit dem diesen Leuten eigenen, h„flichen Anstand, be‡trachteten. Ich kam mit diesen Frauen ins Gespr‰ch und fragte,ob Stickereienaus ‰lterer Zeit in ihrem Besitz seien. Sofort „ffnetensie groƒe, tragbare Truhen, die mit Schnitzerei und Malerei ver‡ziert waren und zeigten mir eine groƒe Menge jener sch„nen Sticke‡reien, die die Frauen fr…her auf dem unteren Ende der weitenBeinkleider zu tragen pflegten. Die Tracht der Frauen ist einfachund besteht aus einem groƒen Hemd aus Baumwollstoffoder Seideund einem Beinkleid, welches nach Art unserer Pyjama mit einer laufenden Schnur im Hosenbund als Gurt getragen wird. Der un-




terste Teil der Hose, welcher in der Breite von ungef‰hr 40 cm unter dem Saum des Hemdes erscheint, war stets mit sehr sch„nen Sticke‡reien, meistens in roter Farbe, auf das geschmackvollste bestickt.

Dargestellt ist gew„hnlicheine Art Blumenparterre, welches amunteren Rande durch Borten mit sehr gef‰lligen Rankenornamen‡ten abgeschlossen wird.

Die Hemden waren h‰ufig ebenfalls mit Stickerei geschm…ckt, besonders kostbar war ein cremefarbenes Seidenhemd, das mit inGoldf‰den ausgef…hrten Palmwipfelornamenten …ber und …ber be‡stickt war. Andere Hemden trugen sehr geschmackvolle Bl…ten‡ornamente, die zuweilen zu einem Bukett vereint waren. Alles istmeines Erachtens persischer Stil. Diese Art der Ornamentik findetsich von Buchara durch ganz Afghanistan bis in das n„rdlichePandschab und durch ganz Turkistan bis nach Komul. Ich kauftevon den Damen eine groƒe Menge dieser Hosenbeine,die nicht mehr getragen wurden. Der Verkehr mit Ruƒland hat ungl…cklicherweisediese geschmackvollen Sachen durch schauderhafte, russische, be‡druckte Baumwollstoffe verdr‰ngt. So sah ich eine Frau, derenHemd aus russischemMusselin bestand, der mit einem Muster einer Ballett‰nzerin, im kurzen R„ckchen auf einem Bein stehend, infortw‰hrender Wiederkehr bedruckt war.

Die Damen in Turkistan haben …brigens schon lange vor denunsrigen die Reize des Glockenh…tchens erkannt. Man sah dortschon damals Pelzm…tzchen oder Brokatk‰ppchen, die den moder‡nen H…ten unserer Damen verbl…ffend ‰hnlich sahen. Auch habensie schon lange, schon vor 50 oder 60 Jahren wenigstens, Stiefel‡chen getragen, …ber deren vorderem Oberteil ein in Streifen ge‡schlitztes Lederst…ck grazi„s herabf‰llt; nur sind es nicht, wie beiuns, Schuhe, sondern hohe Stiefel, die so verziert werden. Auchsind die Abs‰tze sehr hoch und kokett; h‰ufig sind sie auf der Unterfl‰che des Absatzes mit silbernen Stiften beschlagen, derenobere Enden an den Seiten des Absatzes umgebogen und fest‡

geh‰mmert sind.Eine ganze Reihe von anderen alten Ansiedlungen, von denendie Mauern noch erhalten waren, besuchte ich ebenfalls.Aber …ber‡all fand ich Feuchtigkeit, so daƒ ich diese Gegenden nicht einer arch‰ologischen Grabung f…r w…rdig hielt. So gelangte ich nachdem reichen Flecken Schahyar, wo meine Ankunft groƒe Ansamm‡lungen der b‰uerlichen Bev„lkerung veranlaƒte.

Der chinesische Beamte erschien sofort und bewirtete mich.Hier, wie …berall, bin ich von den Chinesen wie von den eingebo‡renen T…rken, auf das liebensw…rdigste empfangen worden.



Reise nach Kaschghar, Zusammentreffenmit Gr…nwedel usw. 109

Man brachte mich in einem sauberen, aber ziemlich ‰rmlichenSerai (hier heiƒen sie d‰n) unter, dessen T…ren keine Verschluƒ‡m„glichkeiten boten. Als ich mich gelegt hatte, erschien pl„tzlicheine hochgewachsene junge Frau, im chinesischen J‰ckchen und pr‰chtig bestickten Unterkleidern. Sie brachte das †Tischtuch"(d‰st‰rch‰n) mit; ihre Dienerinnen, h…bsche junge M‰dchen,klim‡ perten niedliche Melodien auf langgehalsten tamb…r genanntenSaiteninstrumenten, und alle drei richteten sich h‰uslich ein. Auf genaueres Befragen erfuhr ich dann, daƒ die Sch„nheit eine be‡r…hmte Halbweltdame war, die dem fremden Herrn ihre Diensteanbieten wollte. Ich kaufte ihr ein Paar sch„ne Ohrringe ab, dieich sehr reichlich bezahlte, und entlieƒ sie, freilich ziemlich ge‡kr‰nkt.

Bei den Ostt…rken ist dieser Beruf ein Beruf wie jeder andere,und viele dieser Frauen werden in Liedern gefeiert, die im ganzenLande gesungen werden.

Auch sieht man oftmals die Damen der Halbwelt im vertrautenVerkehr mit den Frauen der ehrsamen Ackerb…rger und Hand‡werker.

Leider fand sich auch in dieser Gegend keine einzige Ruine, diemeinen Erwartungen entsprochen h‰tte, und so kehrte ich mitnegativen Ergebnissen zur Expedition zur…ck.

Inzwischen hatte der Mirab allerhand Erkundigungen eingezo‡gen und verriet mir die Lage zweier wichtiger Siedlungen in der Umgegend des Dorfes Kirisch im Nordosten von Kutscha. Ichmachte mich mit einem Beg des Landrats von Kutscha auf, pas‡sierte den merkw…rdigen, turmartigen St…pa, „stlich von Kutschain der N‰he der alten St‰dtmauern des alten Kutscha gelegen, underreichte nach einem Ritt von ca. 22 km den Flecken Kirisch. Im Nordosten von Kirisch liegt in einem wilden Tale eine ziemlichgroƒe Siedlung von H„hlenkl„stern, die zum Teil mit altem Schuttgef…llt waren. Sie f…hrt den Namen Sim-sim = Sesam, vielleichtin Erinnerung an die Erz‰hlung von Ali Baba in †1001 Nacht".

Darauf ritten wir nach einer anderen, im S…den von Kirischgelegenen Anlage, namens Atschigh Il‰k = Zusammenfluƒ der bitteren (Wasser),wo wenige, aber interessante Tempel in anschei‡nend guter, trockener Lage zur Grabung einluden.

Sp‰ter f…hrte ich Professor Gr…nwedel nach Sim-Sim, wo wir nur wenige Tage arbeiteten 1 . In Atschigh Il‰k ist erst von der vier-

1 In Kutscha weilten zur Zeit unseres Aufenthalts die beiden Herren Bere-zowskij, die von den Russen dorthin gesandt worden waren.

Gr…nwedel hatte, ich weiƒ nicht aus welchen Gr…nden, mit den russischen





Arbeiten und Ergebnisse in Kyzil Nach Beendigung unserer erfolgreichen Grabungen in Kumtura

siedelten wir in die Ming-„i von Kyzil …ber. Sie liegen ebenfallsam Muzart, etwa 15 km westlich von Kumtura.

Von dem kleinen Rasthause zu Kyzil reitet man etwa 8 kmnach S…den zu den alten Tempeln der Ming ‚i. Man kommt zueinem H„henzug, der nur an einer Stelle durch einen steilen, wennauch niedrigen Paƒ, …berschritten werden kann. Von einer Stelledieses Passes aus kann man in das phantastische Tal herabschauenund sieht dann pl„tzlich die groƒe wildromantische Siedlung lang‡gestreckt vor sich liegen.

Der H„henzug, in dessen steil abfallende Klippen diese Tempelund Kl„ster eingeschnitten sind, bildet eine groƒe, halbmondf„r‡mige Kette. Der reiƒende Muzartstrom durchschneidet diese Ketteam oberen wie am unteren Ende. (Taf. 31ˆ34.)

Der ganze Zwischenraum zwischen Strom und dem H„henzugist mit fruchtbarem Alluvialland erf…llt, und einige Fruchtb‰umeund Felder werden dort kultiviert. Unser Hauswirt hatte sich etwasechs Jahre vor unserer Ankunft dort niedergelassen.

In alter Zeit folgte der Strom wahrscheinlich der Linie desH„henzuges und floƒ unmittelbar am Fuƒe der Klipp.en.

Alle diese zahlreichen H„hlen waren fr…her durch in den Felsgehauene Galerien miteinander verbunden, so daƒ man, ohne vomStrom her gesehen zu werden, jeden Tempel und jedes Kloster un‡gef‰hrdet besuchen konnte. Diese G‰nge, die nur hier und da miteinem Fenster versehen waren, sind an vielen Stellen noch deutlicherkennbar.

Die H„hlentempel sind von den verschiedensten Ausmaƒen, esgibt deren ganz kleine und andere wieder von 10, 14 m H„he und14ˆ20 m Tiefe. Neben vielen Tempeln sind Werkst‰tten, Wohn‡r‰ume f…r M„nche, Vorratskammern mit Beh‰ltern f…r Getreideund S‰mereien angebracht. Wir fanden in solchen Vorratskammernnoch Samen von Krapp, von Mohrr…ben, getrocknete Trauben,Hirse und groƒe, dunkelblaue Bohnen.




t&

Die Tempel zeigen haupts‰chlich zwei Bauformen. Die h‰ufigste besteht aus einer Vorhalle, hinter der das Heiligtum, die quadra‡tische oder rechteckige Cella, sich „ffnet. Die R…ckwand der Cella

tr‰gt das Kultbild, die in Ton ge‡formte Statue eines Buddha. Rechtsund links von diesem Kultbild gehenKorridore in den Stein hinein, diehinten durch einen dritten Korridor verbunden sind. Diese Einrichtunghat den Zweck, die prozessions‡m‰ƒige Umwandlung des Heilig‡tums zu erm„glichen. (Taf. 38.)An den W‰nden befinden sich Dar‡stellungen des Lebens des Buddhaoder auch von allerhand Ereignissenaus dem buddhistischen Legenden‡kreis. Die Cella hat meistens einTonnengew„lbe als Bedachung.Dies Gew„lbe ist in den ‰lterenTempeln bemalt mit Darstellungenvon stilisierten Berglandschaften,in deren jeder eine Wiedergeburts‡legende erscheint. (Taf. 43.)

In sp‰terer Zeit wurden dieReihen von Berglandschaften er‡setzt durch Reihen sitzender Bud‡dhas. Rechts und links von der T…r, zuweilen auch an den W‰n‡den der seitlichen Korridore, sinddie Stifter dargestellt, M‰nner undFrauen aus f…rstlichem oder vor‡nehmem Geschlecht.

Es wird mir immer unvergeƒ‡lich sein, wie ich zum ersten Maleeinen solchen Tempel „ffnete undnach Abr‰umung des Schuttes mitLaternen das Innere betrat. Es sindn‰mlich nirgends Fenster vorhan‡den; man muƒ sich diese R‰umealle, auƒer den M„nchszellen, dieoft ein kleines Fenster haben, alsJflan (der Hauptanlage) der Felsen- ,† , , '

tempelzuKumtura(nachA.v.LeCoq) vollkommen dunkel vorstellen.



Tafel 35

Rotkuppelraum, Kyzil. Groƒer Handschriftenfund. An den W‰nden Stifterbilder in europ‰isch anmutender Tracht. Totentanzszene





Arbeiten und Ergebnisse in Kyzil 113

Die Stifterbilder erinnern auf den ersten Blick auf das schla‡gendste an Darstellungen in gotischen Grabkapellen. Da stehen dieM‰nner mit gespreizten Beinen, sich auf den Zehenspitzen wiegend,in ihren langen, brokatenen oder wundervoll gestickten R„cken,mit dreieckigen Kragenpatten. Sie tragen den Rittergurt aus Me‡tallscheiben; daran h‰ngt ein langes, gerades Schwert mit Kreuz‡griff und mit Pilzknauf oder Scheibenknauf, verbl…ffend ‰hnlichden europ‰ischen Schwertern der Karolinger- und der fr…hgotischenZeit. Auf der anderen Seite tragen sie den Dolch skythischer Form,daran h‰ufig das Schnupftuch, welches erst im 16. Jahrhundertin Italien eingef…hrt wurde. Die Haare tragen sie gescheitelt undin einem bestimmten Stil zurechtgeschnitten. Einige haben weiƒesHaar, andere rotes. Die Farbe der Iris ist nirgends ausgemalt, sodaƒ man nicht weiƒ, ob die Haare naturfarben, oder etwa gepudertoder mit Henna gef‰rbt sind (vgl. auch S. 105ˆ6).

Neben den Rittern stehen die Gestalten der Damen. Alle imengen Mieder mit tiefem Brustausschnitt und Glocken‰rmeln, undmit Schellenbesatz an den spitz zugeschnittenen Sch„ƒen der Mie‡der. Sie tragen einen langen Schleppenrock, und ihre Haltung er‡innert lebhaft an jene gezierte K„rperstellung mit zur…ckgebogenenSchultern und vorgestrecktem Leib, die wir auf europ‰ischen Bil‡

dern, von Holbein bis van Dyck, so h‰ufig sehen. (S. 114.) Wennnun aber auch bei genauem Zusehen die ‹hnlichkeit mit unserengotischen Darstellungen sich verwischt, merkw…rdig und auffallend bleiben doch die ‹hnlichkeiten in der Frauentracht und der Bewaffnung der M‰nner (s. auch Taf. 36).

Wenn man bei Ghaucer, oder im Nibelungenlied, oder bei Wolf‡ram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide nachliest,was die europ‰ischen Ritter und ihre Damen an Stoffen trugen, sofindet man, daƒ es persische oder t…rkische Erzeugnisse waren.Waren die Stoffe aber orientalisch, so ist es nicht unm„glich, daƒes auch der Schnitt war; daƒ n‰mlich diese Kleidungsst…cke schon

fertig zugeschnitten nach Europa kamen.Freilich liegt eine so lange Zeitspanne zwischen dem Datum die‡ser Bilder (um 700 n. Chr.) und dem nachweisbaren Auftreten ‰hn‡licher Trachten in Europa, daƒ man …ber die Beziehungen einst‡weilen noch nicht urteilen kann. Aber im Osten wechseln Modenlangsamer als bei uns, und die Abbildung eines Mannes auf einer kostbaren manich‰ischen Rolle aus Tun-hwang, die Sir A. Steindort erwarb, zeigt genau die Tracht, deren sich noch heute, nachetwas mehr als tausend Jahren, die Bewohner Ostturkistans be‡dienen !

t. Le Coq, Turfan. 8






Der zweite Tempeltyp ist der persische Kuppelbau. Die Vor‡halle einer jeden dieser Kuppelbauten war, in allen F‰llen, zerst„rt,so daƒ wir nicht wissen, ob sie ein Pultdach besaƒ, oder mit einer Kuppel bedeckt war. Die Verteilung der Bilder war gemeinhin die‡selbe wie in den erstbeschriebenen Tempeln. Aber das Kultbild be‡fand sich auf einem sch„n profilierten Sockel vor der Hinterwand, jedoch mit soviel Abstand, daƒ man auch hier die Umwandlung bequem vornehmen konnte.

Die Erfolge, die wir hier erzielten, lieƒen alle anderen, fr…heren,weit hinter sich. •berall fanden wir neue, unber…hrte Tempel, vollder interessantesten und k…nstlerisch vollkommensten Bilder, alle

aus fr…her Zeit, fr…her als jene der eben besuchten Siedlung vonKumtura. In der Malweise ostasiatisch abgewandelte Gem‰lde feh‡len noch ganz. Alles ist, in Malerei wie in der Skulptur, indo-ira-nisch auf sp‰tantiker Grundlage. Nach unserer, relativen, Chrono‡logie hat diese Siedlung zwischen dem 5. und dem 8. Jahrhundertunserer ‹ra gebl…ht. Sie muƒ, gegen Mitte des 8. Jahrhunderts,verlassen, oder vielleicht damals schon gewaltsam zerst„rt wordensein. (Taf. 35.)

Gleich in den ersten Tagen gl…ckte es mir, in einem der Tempel,der nach seiner roten Kuppel den Namen †Rotkuppelraum" er‡hielt, eine alte Bibliothek aufzudecken. Hier fanden wir fr…he, in‡

dische Handschriften in groƒer Menge, auf Palmblatt, Birkenrindeund Papier, sowie beschriebene Holztabletten. Alle Buchbl‰tter waren in der Form des indischen Buches, des Pothi, zugeschnitten.

Ein vollkommenesBuch dieser Art wurde hier gefunden, es ent‡hielt etwa 60 Blatt mit Texten in Sanskrit und tocharischer Sprachein indischen Lettern.

Eine Wand dieses Tempels trug Malereien von Damen in euro‡ p‰isch anmutender Tracht, sowie eine an mittelalterliche Toten‡tanz-Darstellungen erinnernde Szene (vgl. S. 114).

Als wir uns wenige Tage dort aufgehalten hatten, lagen Bartusund ich einmal fr…h um 1/^ Uhr noch auf unseren Korkmatratzen undrauchten unsere Morgenpfeife,als pl„tzlich aus dem Nebenzimmer Gr…nwedel erschien und mit vielen Rollen Pauspapier, Pinseln undseinem Malstuhl durch das Zimmer eilte und uns bat, ihm seinFr…hst…ck in den und den Tempel zu senden. Herr Bartus rief aus:†Herr Doktor, Herr Doktor, das geht doch nicht, daƒ er fr…her ist als wir, jetzt aber 'ran an die Arbeit!"

Dieser Tag war der Beginn der sch„nsten Zeit, die wir in Tur-kistan zusammen erlebt haben. Erfolg folgte auf Erfolg und wennauch die Nahrung uns manchmal Sorgen machte, so waren die t‰g-

8*




lieh wiederkehrenden •berraschungen doch eine derartige Freude,daƒ wir alle uns …ber die Unbill des Lebens l‰chelnd hinwegsetzenkonnten. Auch Gr…nwedel hatte Freude an der Arbeit und am Er‡folg, und die Abende am Lagerfeuer werden mir immer unvergeƒ‡lich sein.

Da unser europ‰ischer Tabak l‰ngst verbraucht war, muƒtenwir uns mit einheimischem begn…gen. Der beste kommt aus der Gegend von Bai. Er ist hellgelb, leicht und w‰re nicht …bel, wenner nicht mit L„ƒbrocken, Stengeln von Sorghum usw. vermischtk‰me. Wir kauften 25 Pfund f…r etwa drei Mark. Nach der Reini‡gung blieben etwa 12 Pfund …brig. Aber am Lagerfeuer schmeckteer doch.Herr Bartus ging mit gewohnter Meisterschaft an das Heraus‡s‰gen der Bilder. Hier war der Verputz meistens in ziemlich ge‡ringer St‰rke auf die Steinw‰nde aufgetragen und um die Bilder abnehmen zu k„nnen, war es n„tig, mit Hammer und Meiƒel denweichen Stein zu zerst„ren, ehe man an das Herausschneiden gehenkonnte, eine Arbeit, die die gr„ƒten Anforderungen sogar an dieherkulischen Kr‰fte unseres Technikers stellte.

Aber die Ausbeute war auƒerordentlich erfreulich; von beson‡derer Sch„nheit war die Darstellung einer weiƒen Gottheit miteiner dunkelfarbigen indischen Musikerin, aus dem †Tempel mitdem Frescoboden" unterhalb der †Sechszehn Ritter H„hle".(Taf. 36.)

Die Technik der Entfernung der Wandgem‰lde ist ungef‰hr folgende.

Die Bilder sind auf den Wandverputz aus mit Kamelmist,H‰cksel und Pflanzenfasern geknetetem Lehm, den man zuvor ge‡gl‰ttet und mit einer d…nnen Schicht Stukko …berzogen hat, auf‡gemalt.

Man muƒ das Bild zun‰chst mit einem sehr scharfen Messer inzur Verpackung in Kisten von bestimmter Gr„ƒe (bei Karrentrans‡ port d…rfen sie groƒ sein, bei Kameltransport m…ssen sie etwaskleiner sein, am kleinsten f…r den Transport auf Pferden) entspre‡chend zuschneiden, wobei der Schnitt durch die ganze Verputz‡schicht gef…hrt werden muƒ.

Bei dieser Arbeit ist es n„tig, zuweilen Kurven oder Winkel zuschneiden, um den Schnitt nicht durch die Gesichter der Dar‡gestellten oder andere wichtige Bildteile hindurchzuf…hren.

Dann muƒ mit der Hacke ein Loch in die Seite der Wand ge‡macht werden, um f…r die Handhabung der Fuchsschwanz-S‰geRaum zu gewinnen; in den H„hlentempeln muƒte, wie gesagt, die-




ser Hohlraum h‰ufig mit Hammer und Meiƒel in den zum Gl…ck meist weichen Stein hineingearbeitet werden.Bei sehr schlechter Beschaffenheit des Verputzes wurden zu‡

weilen Leute angestellt, die mit Filz bedeckte Bretter gegen dieherauszus‰gende Gem‰ldeplatte pressen muƒten.

Dann wurde diese Platte von der Wand abges‰gt und das Brettvorsichtig mit dem oberen Band zuerst von der Wand abger…ckt:die abges‰gte Platte muƒ auf dem zuletzt horizontal mit dem un‡teren Band noch an die Mauer anstoƒenden Brett liegen.

Die mit dieser Arbeit verkn…pfte k„rperliche Anstrengung istungemein groƒ. Zugleich aber erfordert das Verfahren eine leichte

und geschickte Hand.Die Verpackung ist ebenfalls nicht einfach.Zun‰chst m…ssen Bretter hergerichtet werden, groƒ genug, um

der daraufliegenden Verputzplatte auf jeder Seite einen Spielraumvon 8ˆ10 cm zu gew‰hren.

Auf ein solches Brett werden zwei Lagen trocknes elastischesSchilfrohrverquer gelegt, darauf kommt ein d…nner Filz und darauf gute ausgekernte Baumwolle.

Auf dieses Brett legt man die erste Platte, die bemalte Schichtnach unten.

Darauf kommt wieder Baumwolle und dann die zweite Platte,Bemalung nach oben usw.Wir haben bis zu sechs Platten so verpackt. Mehr zu nehmenist aber nicht ratsam.

Auf dieses B…ndel wird dann wieder Baumwolle, ein Filz undzwei Lagen Bohr (im rechten Winkel zueinander), niedergelegt.Darauf kommt ein zweites, ebenso groƒes Brett und, nachdem manden hohlen Baum zwischen dem Rand der Bildplatten und demAuƒenrand der Bretter oder Holzdeckel sorgf‰ltig mit Flachsstrohzugestopft hat, wird das ganze B…ndel mit Stricken ganz fest ver‡schn…rt.

Die Kiste, die es aufnehmen soll, muƒ groƒ genug sein, um nachAufnahme des B…ndels …berall noch 8ˆ10 cm Leerraum zu lassen.Dieser Leerraum wird, zun‰chst am Boden, mit B…ndeln vonFlachsstroh (alles andere Packmaterial zermahlt sich zu leicht!)in der entsprechenden M‰chtigkeit gepolstert. Das B…ndel wirdvorsichtig in die Kiste gesetzt, die vier seitlichen Leerr‰ume, zu‡letzt der leere Baum auf der Deckelseite, auf das sorgf‰ltigste mitFlachsstroh ausgestopft und der Deckel daraufgenagelt.

Wir haben bei so verpackten Kisten niemals den geringstenBruch gehabt.




Die Arbeitsteilung war folgende. Ich war Reisemarschall undVerwalter der Finanzen, auch Sp‰her nach neuen Siedlungen, undvermittelte den Verkehr mit den chinesischen Beh„rden und denT…rken.

War eine Siedlung entdeckt, so s‰uberten wir, Bartus und ich,die Tempel und machten die Funde an Handschriften und Alter‡t…mern aller Art. Herr Pohrt half zuweilen bei diesen Arbeiten undwidmete sich sonst besonders der Photographie und dem Aufneh‡men der Tempelmaƒe usw.

Waren die Tempel gefunden, ausger‰umt und mit Tamarisken‡ besen sauber ausgekehrt, so wurde Gr…nwedel hineingef…hrt. Er kopierte dann die Bilder, maƒ und machte sich wissenschaftliche Notizen, denen wir das im ganzen vortreffliche Buch †Altbuddhi‡stische Kultst‰tten" verdanken.

F…r den Verkehr mit T…rken und Chinesen hatte Gr…nwedel we‡nig Neigung, denn er scheute sich vor diesen Leuten und konntenicht mit ihnen verkehren, da er kein Wort T…rkisch oder Chine‡sisch sprach oder verstand.

Leider hatten wir hier einmal ein Ungl…ck zu beklagen. BeimS‰ubern eines der H„hlentempel kam eine Schuttlawine aus der H„he herab und versch…ttete einen unserer Arbeiter, der schwer verletzt wurde. Eine f…r dies Land betr‰chtliche Summe, es waren20 Taler, beschwichtigten aber sowohl den Mann wie seine Familie,wie auch den chinesischen Beamten, der auf die Nachricht vondiesem Unfall sich um den Verungl…ckten bek…mmerte. Von vier Talern kann eine vielk„pfige Familie hier bequem einen Monatleben.

Wir hatten hier ein merkw…rdiges Erlebnis. Als wir am 3.M‰rz jeder in seiner H„hle der Arbeit oblagen, ging pl„tzlich nach einemsonderbaren, donner‰hnlichen Get„se ein erheblicher Steinschlag prasselnd vor der T…r meines Tempels aus der H„he nieder.

Herr Bartus, der als alter Seemann vollkommen schwindelfrei istund die h„chstgelegenenTempel zu ersteigen vermochte, hatte eineH„hle gew‰hlt, die sich …ber der von mir bearbeiteten erhob undich f…rchtete, daƒ er mit dieser H„hle abgest…rzt sei. Im n‰chstenAugenblick aber ˆ alles ging mit fabelhafter Geschwindigkeitvor sich ˆ sah ich Bartus mit seinen Arbeitern den Abhang herunter‡eilen ˆ meine T…rken unter Geschrei hinterher! Auch ich folgteihnen und wie ein Blitz waren wir unten in der Ebene, gefolgt vongroƒen Bl„cken Gesteins, die mit f…rchterlicher Wucht an uns vor‡ beirasten, ohne daƒ, ich kann es heute noch nicht verstehen, eineinziger von uns verletzt worden w‰re.




Mein Blick richtete sich auf den Strom, der wild aufkochte undm‰chtige Wogen schlug. Im obersten Quertal des gegen…berliegen‡den Ufers erhob sich dann pl„tzlich eine ungeheure Staubwolke,die in einer m‰chtigen S‰ule zum Himmel aufstrebte. Im selbenAugenblick wankte der Boden und ein donner‰hnliches Rollen lieƒsich von neuem vernehmen. Da wuƒten wir, es war ein Erdbebenund wir sahen dann, wie auf dem entgegengesetzten Ufer der Stoƒsich fortpflanzte. Nach Sekunden der Stille erhob sich in jedemder Quert‰ler, von stromauf- nach stromabw‰rts, eine ‰hnlicheWolke. Zum Gl…ck war das Erdbeben nur von m‰ƒiger St‰rke.Herr Pohrt kam mit seinen Arbeitern ebenfalls erschreckt, aber un‡

gef‰hrdet zur Stelle. Nun erhob sich die Frage: †Wo ist Gr…nwedel?" Wir wuƒten,daƒ er in der †H„hle der 16 Schwerttr‰ger" zeichnete und da dieGefahr vor…ber zu sein schien, st…rmten wir alle dieser H„hle zu.Wir erstiegen sie unter Bef…rchtungen aller Art und waren hocherfreut, als wir sahen, daƒ Gr…nwedel sich in eine Ecke zur…ck‡gezogen und keinerlei Verletzungen erlitten hatte. Er hatte sicher‡lich das vern…nftigste Teil erw‰hlt, denn wir waren auf unserer Flucht durch die herabprasselnden Steinmengen sehr viel mehr ge‡f‰hrdet, als er es im Schutze seiner H„hle war. Allerdings h‰ttediese auch zusammenbrechen k„nnen, wie es sp‰ter, zum Gl…ck,als die betreffende H„hle leer war, einmal geschah.Diese †H„hle der 16 Schwerttr‰ger", eine der am meisten west‡lich gelegenen H„hlen der Anlage, zeichnet sich dadurch aus, daƒin den Korridoren rechts und links vom Kultbild lebensgroƒ dieStifterfamilie dargestellt war. Es sind Ritter in den groƒen Klappen‡r„cken der „stlichen Sassaniden, die mit kostbaren Stickereien ver‡ziert, oder aus Brokaten hergestellt sind.

Im hinteren Korridor stand ein groƒes, in den Stein gehauenesPodium, auf dem eine groƒe Statue des sterbenden Buddha sich befunden hatte. Sie war indessen vollst‰ndig verschwunden. Vonsonstigen Ausbeuten fanden wir in dieser H„hle nichts.

Dagegen ergab ein in unmittelbarer N‰he gelegener Tempeleinen merkw…rdigen Kopf, der, nach dem Vorbilde eines sp‰t‡antiken (Taf. 40) Herakleskopfes gemalt, einen buddhistischenHeiligen darstellt. Wir konnten die Pers„nlichkeit an einem Bildein einem anderen, nahegelegenen Tempel identifizieren. Es istMahakaschyapa, ein Heiliger der Buddhisten, der im Begriff ist,die F…ƒe des Buddha zu k…ssen. Nach der buddhistischen Le‡gende will n‰mlich der Scheiterhaufen, der zur Verbrennung der Leiche des Buddha dienen soll, sich nicht eher anz…nden, bis Maha-




kaschyapa die F…ƒe des Herrn mit einem Kuƒ begr…ƒt hat. Dieser letztere Tempel gab uns das ganze Bild, welches sehr wohlerhaltennach Berlin gelangte und in seiner 4 zu 2 m groƒen Fl‰che die be‡kannte Legende vor Augen f…hrt.

Nicht immer war der Aufenthalt in diesen H„hlen ohne Gefahr.So arbeiteten wir in der †gr„ƒten H„hle" unter st‰ndiger Auf‡merksamkeit auf die Decke. Sie hatte groƒe Risse und bei jedemHackenschlag rieselte Sand herab oder kleinere Steine fielen inMenge auf die Arbeiter herab. Es gelang indes, ohne Unfall dieH„hle zu entleeren. Sie war dadurch interessant, daƒ an den W‰n‡den Reste von sehr fr…hen Bildern mit einigen syrischen oder sogh-

dischen Charakteren gerade noch zu erkennen waren. Das Merk‡w…rdigste war aber ein prachtvoller Fries, der an den groƒen Po‡dien der Cella rechts und links entlanglief. Es waren Darstellungenvon gegenst‰ndigen sassanidischen Enten im antiken Perlenmedail‡lon, die je ein Juwelenhalsband im Schnabel trugen. Auch dieser Fries konnte zum groƒen Teil geborgen werden.

Mit knapper Not entging ich einem Ungl…ck in der †Einsturz‡h„hle". Ich hatte diese H„hle von ihrem Schutt ges‰ubert und einegroƒe Menge h„lzerner Figurenreste dort gefunden. Als ich michauf der rechten Seite des Einganges an die Wand lehnte, fiel pl„tz‡lich ein schmaler Verputzstreifen, der am Fuƒboden an dieser Wand

entlang lief, ab, und als ich betreten …ber diese Erscheinung, einigeSchritte zur…cktrat, schwang sich pl„tzlich ein ungeheurer Stein‡ block vollkommen lautlos aus der Wand heraus und stellte sichwuchtig unmittelbar vor die Spitze meines rechten Fuƒes. Ich habediesen Ort verlassen. (Taf. 37.)

Ein sehr groƒer Tempel in der N‰he der Pfauenh„hle wurde vonuns der †Figurentempel" genannt, weil auf an den Seiten an‡gebrachten niedrigen Podien reihenweise auƒerordentlich sch„n imGandharastil modellierte Statuen gestanden hatten, von denen dieUnterteile zum Teil noch erhalten waren. (Taf. 39.) Rechts und linksneben dem Kultbild an den Korridoreing‰ngen hatten zwei Stelengestanden, auf denen fr…her die Lehmstatuen in mehr als Lebens‡gr„ƒe einer weiblichen und einer m‰nnlichen Gottheit gestandenhatten. Beide Stelen waren umgest…rzt und lagen im Schutt der Cella. Man sah, an den Spuren und D…bell„chern des Fuƒbodens,daƒ sie fr…her neben dem Kultbild gestanden hatten.

Die weibliche Figur war bis auf einige Reste zerst„rt. Der m‰nn‡lichen Figur war der Kopf abgeschlagen, aber der K„rper war voll‡kommen erhalten, und auch der Kopf fand sich sp‰ter im Schutt.Diese Stelen trugen Halbfiguren; nur der Oberk„rper war, etwa



Tafel 37

Ausblick aus einer Wohnzelle, II. Anlage, Kyzil

Einsturzh„hle. Hier w‰re der Autor beinah durch den abst…rzenden Felsblock erschlagen worden. Kyzil




Tafel 38



Tafel 39



Tafel 40




bis oberhalb der H…ftgegend, modelliert; nach unten liefen sie indie runde Stele aus.Der m‰nnliche Torso war deshalb von groƒem Interesse, weil

er eine plastische Darstellung gab jener merkw…rdigen Panzer, dieauf den Bildern fortw‰hrend wiederkehren. Dieser Panzer bestehtaus einem mit einem kolossalen Wehrkragen versehenen Oberteil,welches aus einem Schuppenpanzer mit von unten nach oben ge‡richteten Schuppen besteht. In europ‰ischen Schuppenpanzern istdie Rundung der Schuppe regelm‰ƒig nach unten gekehrt; die um‡gekehrte Anordnung der Schuppen findet sich nur noch auf R…‡stungen bei den Gandharaskulpturen und seltsamerweise bei denEtruskern. Der untere Teil des Panzers war mit sechseckigen Schup‡ pen bekleidet. F…r die Geschichteder chinesischen R…stung ist die‡ser Panzer von Wichtigkeit. Der Dargestellte ist wahrscheinlich der Schutzgott der Kinder Pantschika, w‰hrend wir in seiner Gef‰hrtindie Schutzg„ttin Hariti erkennen d…rfen. Der Kopf des Gepan‡zerten ist ein sp‰tantiker Frauenkopf junonischer Art. Es war un‡m„glich, Gr…nwedel zu veranlassen, diesen merkw…rdigen Torsomitzunehmen. Deshalb veranlaƒte ich Herrn Bartus, ihn ohne seinWissen einzupacken.

Unfern von dem sch„nen Tempel mit den †Figuren" bemerkteich, ziemlich hoch an einem Klippenvorsprung, eine groƒe Schutt‡halde, an derem Apex eine kleine ‚ffnung sich befand. Ich klettertemit einigen Leuten herauf und sah, daƒ hier ein H„hlentempel ver‡sch…ttet war. Die Schutthalde wurde wegger‰umt, wobei noch meh‡rere Steinbl„cke vom Eingang zur H„hle herunterpolterten.

Dann fand man sich in der Vorhalle des Tempels. Hier warennoch mehrere Tische aufgestellt, auf denen fr…her zahlreiche, ausHolz geschnitzte Fig…rchen gestanden haben. Wir fanden diese Fi‡guren wild umhergestreut unter den Tischen, zwischen der Wandund den Tischen, und am Boden. Auf der linken Seite stand einanderer Tisch, hinter dem, aus Holz geschnitten, ein groƒer, Berg‡landschaften darstellender Nimbus, ebenfalls aus Holz geschnitten,sich vorfand. Die zugeh„rige,ziemlich groƒe Budhhafigur, war ver‡schwunden.

Alle diese Holzger‰te zeigten noch Spuren eines d…nnen •ber‡zugs von Stukko und Reste von Goldblatt, sowie von Farben; be‡sonders Blau, Rot und Gr…n waren vertreten.

In der Mitte der R…ckwand dieser Vorhalle „ffnete sich einezum Teil noch mit Balken verkleidete T…r in die Gella des Heilig‡tums. Der Raum war etwa iy 2 m hoch mit L„ƒniederschlag er‡f…llt. Auf dieser Ablagerung fand ich Kopf und Schl…sselbeineeines




Menschen. Da die H„hle bereits halbvoll war, muƒ dieser Sch‰delder •berrest eines Menschen sein, der sich in sp‰terer Zeit in dieH„hle gefl…chtet hatte und dort umgekommen war. Die …brigenK„rperteile m„gen dann von W„lfen verschleppt worden sein.

Als wir die Schuttmassen entfernt hatten, zeigten sich die Male‡reien der H„hle in ganz …berraschender Sch„nheit. Die Hauptfarbewar ein pr‰chtiges Schokoladenbraun mit metallischen Reflexen.Die Kuppel erhebt sich …ber einem flachen Dach und war mit gemalten Pfauenfedern ausgelegt. Diese Pfauenfeder-Darstel‡lungen bildeten eine Anzahl nach oben sich verj…ngender Streifen.Im oberen Teil eines jeden Streifens erschien ein herabschwebender Engel, der dem Beschauer eine Juwelenkette darbot. Die Augender Pfauenfedern strahlten in Blaugr…n, Gold und Karminrot.

Ich wollte alle diese Streifen herausschneidenlassen, um die ganzeKuppel in Berlin wieder aufzubauen. Gr…nwedel wehrte sich aber so energisch gegen den Vorschlag, daƒ ich seine Ausf…hrung nur auf Kosten des guten Einvernehmens h‰tte durchsetzen k„nnen.Es sind daher leider nur zwei dieser Streifen nach Berlin gekommen.

Feuchtigkeit war in die Farben eingedrungen und verlieh ihnendiesen metallischen Glanz, der leider nach wenigen Tagen, als dietrockene Luft eingedrungen war, verschwand. Unterhalb des fla‡chen Daches erscheint auf allen vier W‰nden ein Balkon, der ineiner gewissen Perspektive gemalt ist. Auf dem Balkon erhebensich himmlischeMusikanten. In der Mitte eines jeden Balkons stehtein Buddha mit Nimbus und Mandorla. Unterhalb der Balkoneziehen sich breite Ornamentb‰nder mit hellenistischen Ornamentenhin. Darunter folgen dann, durch Ornamentstreifen in quadratischeBilder geteilt, Darstellungen aus dem Leben des Buddha.

Besonders sch„n ist die Tafel mit der Versuchung des Buddhadurch die T„chter des Mara. (Taf. 41.)

Ganz durch Askese entfleischt, sitzt der eben die Erkenntniserlangende Bodhisattva auf dem Thron. Die T„chter des Mara, ge‡sandt, um in letzter Stunde die Erlangung der Erkenntnis zu ver‡hindern, erscheinen zur Rechten des Buddha.

Keck und herausfordernd tritt die j…ngste von ihnen auf denAsketen zu.

Sie verm„gen nicht, ihn von seinem Willen abzuziehen. Er be‡trachtet sie mit Miƒbilligung,und sofort sind die drei sch„nen M‰d‡chen in uralte, weiƒhaarige, vertrocknete Matronen verwandelt ˆ sie stehen auf dem Bilde zur Linken des Buddha.

Die H‰ƒlichkeit der alten Gesichter muƒ schon fr…he Besucher des Tempels emp„rt haben. Wir fanden von den Gesichtern nur






Sicher liefen auch hier geschlossene,in den Stein gehauene Ga‡

lerien von Anlage zu Anlage. Hier waren aber groƒe Verw…stungendurch Erdbeben angerichtet worden; die Vorhallen, und mit ihnendie Verbindungsg‰nge, waren s‰mtlich abgest…rzt.

Viele der Tempel, deren Bilder ich noch 1913 herausschneidenlieƒ, sind 1916 durch Erdbeben zum Absturz gebracht worden.

Die schwer zug‰nglichen Anlagen nahe der Quelle schienen mitKl„stern verbunden zu sein, wir w…nschten daher sehr, sie genauer zu untersuchen. Aber zu unserem Erstaunen weigerten sich unsereArbeiter, biedere Bauern aus dem Dorf Kyzil und aus der Um‡gegend, auch nur einen Schritt weiterzugehen, als zu einem be‡stimmten Punkt der Schlucht!

Sie waren so erregt und so hartn‰ckig, daƒ ich sie zu mir be‡schied und im Galakost…m und meine Rangm…tze ˆ einen Schutz‡truppenhut ˆ auf dem Kopf, nach Art eines chinesischenBeamteneine sehr ernsthafte Untersuchung ihrer Insubordination vornahm.

Es stellte sich dann heraus, daƒ gerade hinter dem erw‰hntenPunkt ein kleines, aber mit besonderen Kr‰ften begabtes Heiligtumlag. Die T…rken nennen diese kleinen Steinh…gel, auf denen einigeSchafs- oder Ziegenh„rner liegen und bei denen ein paar Weiden‡ruten in dem Erdboden stecken, um Fetzen von Kleidern, Yak‡schw‰nze u. dgl. daran zu binden, †Chodscham" = etwa †Meinfrommer F…rst".

Wahrscheinlich befand sich grade hier das Hauptheiligtum der buddhistischen Anlage. Der Ort ist dann sp‰ter vom Islam als hei‡lig …bernommen worden.

Es scheint, daƒ ein Mitglied der Expedition, ohne die Heilig‡keit des Ortes zu kennen, die N‰he der Stelle unabsichtlich ver‡unreinigt hatte. Daher die Erregung.

Ich schnitt einen groƒen Zipfel von meinem Hemde ab und band ihn an einen Stab; zwei Schafssch‰delwurden zu den …brigengelegt; die Arbeiter verrichteten einige Gebete in der N‰he desChodscham und damit war, nach •berreichung eines fetten Schafsan die Gl‰ubigen, der Zwischenfall erledigt.

Aber ˆ an jenen Orten zu arbeiten, verweigerten die Leutchennach wie vor. †Ginn bar", da gibts b„se Geister, sagten sie.Eines Tages, nachdem wir schon l‰ngere Zeit in Kyzil gearbeitet

hatten, kam der Mirab zu mir und sagte, er h‰tte Nachricht er‡halten von einer neuen Ansiedlung in unmittelbarer N‰he der Tempelanlage, in der wir arbeiteten. Er wolle mich sofort dorthinf…hren.

Hinter dem von uns †Teufelsh„hle" genannten Tempelkomplex




f…hrt ein schmaler, schwindelerregender Weg in eine Kette, die

hinter den Hauptstock des H…gelzugesgelagert ist. Hier fand ichsofort mehrere H„hlen, die zum Teil mit Schutt gef…llt waren, an‡dere, die vollst‰ndig versch…ttet waren und deshalb gute Ausbeuteversprachen. Ich meldete die Entdeckung, und sofort wurden dieArbeiten begonnen.

Bartus nahm eine groƒe Anzahl von Arbeitern und entferntedie groƒen Schutthalden, die am Fuƒ der senkrecht aufsteigendenKlippen sich abgelagert hatten. Zwei neue Tempel, von denen der eine vielleicht der ‰lteste und jedenfalls der sch„nste der ganzenAnlage war, wurden auf diese Weise freigelegt. Dieser sch„ne Tem‡ pel war, als er ge„ffnet wurde, vollst‰ndig leer. Aber auf den W‰n‡den saƒ …berall eine dichte Schicht schneeweiƒen Schimmels ineiner Tiefe von vielleicht 3 cm. Ich holte chinesischen Schnaps ausKutscha ˆ f…r Europ‰er ist er ungenieƒbar! ˆ und wusch mittelseines Schwammesalle W‰nde ab. In der Nacht bekam ich, vermut‡lich infolge dieser Arbeit, erh„hte Temperatur und sehr starkenKopfschmerz. (Bitte keinen falschen Verdacht zu hegen!).

Die Malereien waren die sch„nsten, die wir …berhaupt in Tur-kistan gefunden haben. Es waren hellenistische, nur wenig ab‡gewandelte Darstellungen der Buddhalegende. (Taf. 42.) In denG‰ngen befand sich unter anderem die Darstellung der Verteilungder Reliquien. Die Ritter erscheinen in sassanidischen R…stungenmit eigent…mlichen, spitzigen Spangenhelmen, die h‰ufig einWappentier tragen.

Eines der Bilder der Maler, ˆ mehrere hatten ihre Bilder anden Seiten der Gem‰lde angebracht ˆ war noch erhalten (Taf. 36).Er tr‰gt ostsassanidische Tracht.

Die zweite der neuen H„hlen war ausgezeichnet nicht nur durchSch„nheit und vortreffliche Erhaltung ihrer Malereien, sondernauch durch die verschwenderische Verwendung eines strahlendenBlau. Dieses Blau ist das ber…hmte Ultramarin, das zur Zeit desBenvenuto Gellini von den italienischen Malern h‰ufig verwendetund mit dem doppelten Wert des Goldes, dem Gewicht nach, be‡zahlt wurde.Unter den Bildern sind besonders sch„n hervorzuheben die Dar‡stellung des K„nigs Adschataschatru, wie er in zerlassener Butter ein Ritualbad nimmt. Er steckt in seinem Butterfaƒ und der Haus‡hofmeister breitet, da niemand es wagt, dem K„nig m…ndlich die Nachricht vom Tode des Buddha zu …bermitteln, ein Tuch vor ihmaus, auf dem in auƒerordentlich flotter Linienzeichnung vier groƒeEreignisseaus dem Leben des groƒen M„nches dargestellt sind. Das






erste Bild zeigt die Geburt, dar…ber links oben die Versuchung,dann rechts unten die Predigt von Benares und dar…ber den Tod.Der K„nig …berblickt die Darstellung, versteht, daƒ Buddha ge‡storben sei, und bricht in Klagen aus. Unter ihm sieht man eineDarstellung des Berges Meru, der zusammenbricht; Sonne undMond, die sich verfinstern und ihre Bahn verlassen und andereWunderzeichen.

Das zweite Bild bringt die Verbrennung der Leiche des Buddha.(Taf. 45.) Er liegt in einem Sarge, auf dessen Seite ein sp‰tantikesRankenornament gemalt ist. Der K„rper ist in Mumienbinden ein‡geschlagen. Man ist im Begriff, den Sargdeckel herniederzulassen.

In diesem Deckel ist die Figur eines Drachen enthalten. Der Kopf des Fabeltieres erscheint an dem Vorderende, der Schwanz stehtan der Hinterseite aus dem Deckel hervor.

Es ist eine merkw…rdige Tatsache, daƒ die Darstellung des Dra‡chens auf fr…hen germanischen S‰rgen nachweisbar ist, vom etwa5. Jahrhundert bis zum Ende der Karolingerzeit und es ist klar,daƒ, wo immer die bildliche Darstellung auftritt, eine und dieselbereligi„se Anschauung ihr zugrunde liegen muƒ (Abbildungen der germanischen †Drachens‰rge" habe ich in †Bilderatlas" ver„ffent‡licht).

Das dritte Bild zeigt die Verteilung der Reliquien. Der leider

zerst„rte Brahmane Drona, der die Verteilung vornimmt, ist auf der Stadtmauer …ber dem Stadttor sitzend dargestellt; rechts undlinks von ihm erscheinen G„tter mit den Aschenurnen des Buddhain den H‰nden. (Taf. 44.)

Von rechts und von links kommen die K„nige Indiens auf Ele‡fanten oder auf Pferden, welch' letztere hier ungemein flott gemaltsind, herbei, um ein jeder eines dieser Reliquare als Palladium f…r seine Stadt zu erwerben. Alle diese F…rsten tragen die Panzer mitgroƒen Wehrkragen, den merkw…rdigen Pfeilk„cher der Sassanidendes Ostens, auch das Zaumzeug der Pferde ist sassanidisch. Auf dem Haupt der Pferde sind kleine Metallr„hren angebracht, in de‡nen kleine, wehende Federb…sche stecken. Die M‰hnen tragen dreizackenartige Vorspr…nge, die entweder Z„pfe sind, oder auch ausdem kurzgeschorenen M‰hnenhaar herausgeschnitten sein k„nnen.Diese M‰hnenverzierung, den K„cher und den Panzer …bernehmendie Chinesen der T'angperiode. China ist also auch in diesen, der materiellen Kultur zugeh„rigen Dingen, von Iran abh‰ngig.

Wir fanden dann noch mehrere H„hlen, die als Zellen f…r dieM„nche gedient haben. Sie sind mit einer Steinpritsche und einemoftmals sch„n gegliederten Kamin versehen.




Eine derselben hatte ein kleines Fenster in der Auƒenwand, und(Taf. 37) aus diesem Fenster genoƒ man einen wundervollen Aus‡ blick auf den Fluƒ und die wildromantische Landschaft, die er durchquert.

Andere Tempelh„hlen waren deshalb kunstgeschichtlich wich‡tig, weil sie uns die Art der Anbringung der Bemalung in ihren ver‡schiedenen Stadien zeigten. Da waren Tempel, deren W‰nde ebenerst abgegl‰ttet und geweiƒt waren, in anderen hatte man auf dieso zubereitete Wandfl‰che ein Netz f…r den Maler gezogen. Diese Netze sind Rechtecke, eines immer kleiner als das andere, die in‡einander stehen. Durch die Ecke ist h‰ufig eine Diagonale gezogen.

In das auf diese Weise vorbereitete Netz wurden die Pausen ein‡gespannt und dann erfolgte die Ausmalung. Zuweilen fanden sichauch im Netz Aufschriften in Sanskrit oder tocharisch, aus denenhervorzugehen scheint, daƒ es Instruktionen f…r den Maler sind:,,Hier kommt der Buddha hin, hier dieser oder jener Heilige" usw.

Eine andere, nahe dabei gelegene H„hle dieser zweiten Anlage,ist der von uns die †Seefahrerh„hle" getaufte Tempel. Er bestehtaus einem langen Rechteck, das in den beiden Langseiten Schilde‡rungen von Legenden zeigt, in denen Seefahrer eine groƒe Rollespielen. Es ist Gr…nwedel gelungen, den Gegenstand beider Er‡z‰hlungen festzustellen. (Taf. 40.) Unter diesen Bildern l‰uft einAkanthusfries, in bestimmten Entfernungen immer unterbrochendurch die Darstellungen des Kopfes eines Kindes, eines Mannes,des Jupiter Otricoli und eines M„nches, endlich, als Abschluƒ jeder Serie, eines Totensch‰dels.

In der N‰he dieser H„hle fand sich der Rest eines sehr zerst„r‡ten Tempels. Vorhanden war noch ein Podium, auf dem sich dieReste ausgezeichnet modellierter hellenistischer Statuen befanden.An der R…ckwand stand ein ‰hnliches Podium und in einer Nischeauf der rechten Seite dieser Bank fanden wir eine seltsame Stele.(Taf. 47.)

Sie besteht aus dem Fuƒ eines Elefanten, auf den ein Elefanten‡kopf mit seltsam ausgefransten Ohren aufgesetzt ist. Der R…sselumschlingt den Fuƒ, die Orbitalw…lste t‰uschen einen Frauenbusenvor, und oben auf dem Gebilde sitzt ein sp‰tantikes Frauenhaupt.

Es ist wohl m„glich, wie Gr…nwedel meint, daƒ diese Stele eine Nachbildung ist jener Tr‰gerfiguren, die man in Pompeji gefundenhat: ein auf einer Kugel stehender Raubvogel oder Raubtierfuƒtr‰gt eine gefl…gelte, groteske Figur, die mit beiden Armen einenGegenstand st…tzt. ‹hnlichesm„gen die Leute gesehen und in ihrer Weise nachgeahmt haben.



Tafel 41

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Buddhapredigt (viele sp‰tantike Elemente). Malerh„hle, Kyzil




Jenseits der Bachschlucht nach Osten zu, in der Hauptanlage,deckte ich einen sehr stark zerst„rten Tempel auf, dessen Dachverschwundenwar, aber dessen Seitenmauern noch etwa in Mannes‡h„he in einer Schutthalde standen. Dieser Tempel …berraschte durchdie merkw…rdige ‹hnlichkeit, die seine Gem‰lde mit pompejani-schen Bildern zeigten. Besonders die Profile waren durchaus helle‡nistisch, aber auch Faltenwurf und selbst die Farben. Gr…nwedelhat diese Bilder, die ich im Original mitnehmen wollte, mit ziem‡lichem Miƒfallen betrachtet. Er hat sie darauf abgezeichnet, undleider ist ihm hier das Ungl…ck zugestoƒen, die nur lose an denW‰nden h‰ngenden Bilder durch ungeschickte Bewegungzum Ab‡

sturz zu bringen. Wir haben von diesen sehr interessanten Bildernnur einige Fragmente aus dem Schutt retten k„nnen.Im Schutt des Fuƒbodens fand ich die vergoldete kleine Holz‡

statuette eines Gandhara Bodhisattva. Nach einem mit Zebuochsen bespannten Wagen auf einem der

Bilder nannten wir diesen Tempel den †Tempel mit dem Zebu‡wagen".

‚stlich von dem †Tempel mit dem Zebuwagen" liegen mehrerefr…her pr‰chtige H„hlen mit D‰chern ˆ vielmehr mit in den Felsengeschnittenen Nachahmungen von D‰chern ˆ h„chst merk‡w…rdiger Form.

Es sind Laternend‰cher, wie sie noch heute auf Bauernh‰usernin Armenien, im Hindukusch, auf dem Pamir, in Kaschmir undin Kleintibet (Ladak) als Balkenkonstruktionen zu finden sind.(Tai. 46, vgl. auch S. 79, 80.) Sie bestehen aus lauter Balkenvier‡ecken, von denen das unterste das gr„ƒte, das oberste das kleinsteist. Sie werden so …bereinandergesetzt, daƒ die rechten Winkel desoberen Vierecks immer auf die Mitten der Seiten des unteren Vier‡ecks zu liegen kommen: das oberste Viereck bildet eine Art †im- pluvium" und l‰ƒt Luft und Licht in den Raum, w‰hrend es zu‡gleich dem Rauch des darunterliegenden Herdes Abzug gestattet.

Tempel mit solchen iranischen †Laternen"decken fanden sichauƒer in Kyzil besonders in Kirisch, auf dem hohen H…gelzug imS…den des Tales, wo sie sich alle nach Norden „ffneten.

Die ‰ltesten Tempel dieser Art finden sich in den alten buddhi‡stischen Siedlungenzu B‰mi‰n in Afghanistan, sp‰tere, in sch„nemHaustein ausgef…hrt, in den stark antikisierenden, pr‰chtigen

buddhistischen Tempeln von Kaschmir.Diese Decken waren zum Teil auf das reichste ausgemalt und

zeigten Muster, wie sie im alten ‹gypten auf Tempeldecken vor‡kommen.





Dargestellt ‘waren mehrfach doppelk„pfige Adler; auch einenoch wohl erkennbare Entwicklung der klassischen Ganymedes-gruppe kam vor.

In sp‰terer Zeit, in den mehr nach Osten gelegenen Siedlungen,schnitt man diese Balkenkonstruktionen nicht mehr in den Stein,sondern begn…gte sich damit, sie, als Muster, in das Deckengew„lbezu malen. So, zum Ornament erstarrt, zieren die †Laternendecken"manche der sp‰teren Tempel in China. (Taf. 39.)

In Korea aber sind zahlreiche buddhistische Felsentempel vor‡handen, die diese Decke, noch in Stein geschnitten, tragen.

W‰hrend dieser Arbeiten erhielten wir die Nachricht von einer

dritten Anlage. Von der zweiten Anlage f…hrt ein sehr schmaler und rauher Weg in ein kleines Tal, welches noch etwa y2 km tiefer im Gebirge liegt. Hier findet sich das Bett eines kleinen Baches.Die Anlage enth‰lt acht H„hlen, die deshalb wichtig sind, weil hier und da noch die Vorhallen, die sonst meistens zerst„rt sind, er‡halten waren.

In einem der Tempel fand sich die Darstellung eines Riesen,der ein Kn‰blein durch das Wasser f…hrt, vielleicht ein Analogonder christlichen Darstellung des Christopherus mit dem Christus-kn‰blein 1.

In einer Darstellung des Todes des Buddha fanden sich interes‡sante Bilder. Die Klagenden erscheinenn‰mlich hier in der Landes‡tracht. Es sind Ritter und Damen des F…rstengeschlechts. Sie be‡zeigen ihren Kummer durch extravagante Bewegungen, die denheftigsten Schmerz ausdr…cken. Die M‰nner haben ihre Dolche ge‡zogen und schneiden sich tiefe Wunden …ber die Stirn und kreuz‡weis …ber die Brust, eine Art Trauerbezeigung, die im Osten h‰u‡figer vorkommt. Dies merkw…rdige Bild befindet sich im Museumf…r V„lkerkunde.

Nachdem wir hier diese sch„nen Erfolge erzielt hatten, wurde beschlossen, die Siedlungen in der Oase Kurla-Karaschahr aufzu‡suchen; als wir nach Kaschghar ritten, um Gr…nwedel einzuholen,hatten wir die dortigen ming-„i besucht, und wir versprachen unsviel von den dort vorzunehmenden Grabungen.

1 F…r genauere Detailsverweise ich auf †Bilderatlas zur Kunst- und Kultur‡geschichte Mittel-Asiens",D. Reimer, Berlin 1925.



Arbeiten in der Oase von Kurla-Karaschahr.Reise nach Kaschghar

Zwischen Kurla und Karaschahr liegt, im Westen von Kara‡schahr, eine kleine Siedlung, die aus Serais besteht. Man kann vondort aus in einem halben Tag bequem nach Karaschahr gelangen.Das Gebirge erhebt sich im Nordwesten und hat auch hier den„den und abschreckenden Charakter, der die s…dlichen Vorbergedes Himmelsgebirgeskennzeichnet. Etwa zwei Stunden vom Serai befindet sich eine alte Stadt, deren Befestigungsmauer nur auf einer Seite noch gut erhalten ist. Sie stellt sich dar als ein l‰ng‡liches Rechteck, das auf seiner Westseite von Norden nach S…denvon zwei parallelenH„henz…gen durchzogenwird. Auf diesen H„hen‡z…gen stehen unz‰hlige groƒe und kleine Tempelchen. Im S…dosten befindet sich eine groƒe Anzahl persischer Kuppelbauten, die alsGrabst…pas dienen. (Taf. 48.)

Die Architektur der kleineren dieser Kuppelbauten ist oft sehr roh.Wenn man eine halbkugelf„rmige Kuppel auf einen quadrati‡

schen Unterbau setzt, bleiben die vier Ecken offen. In guter Archi‡tektur schlieƒt man sie durch eine in jede Ecke eingemauerte, mu-schelf„rmigeW„lbung.

Hier hat man es sich leichter gemacht, indem man starke Boh‡len aus Pappel- oder Maulbeerholzentsprechend zurechtschnitt undsie horizontal auf die offenen Ecken legte. Dar…ber wurden dannMassen von Lehmverputz aufgetragen.

Ungef‰hr in der Mitte durchstr„mt ein kleines Rinnsal in west‡„stlicher Richtung die Stadt. Die Quelle entsteht im sumpfigenBoden am Nordende der beiden H„henz…ge.

Es ist wieder, wie alle Ruinenst‰dte, die wir besucht haben,eine Tempelstadt und Nekropole. Profanbauten haben wir auchhier nicht entdeckt.

Hier arbeiteten wir mit groƒer Anstrengung in furchtbarer Hitzeund in Schw‰rmen von M…cken, die besonders abends sehr l‰stigwurden. Wir freuten uns, mit vortrefflichen, engen Moskitonetzenausgestattet zu sein, sonst h‰tten wir uns vor der Gier dieser blut-

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d…rstigen Insekten nicht retten k„nnen. Eine andere Plage warendie Pferdebremsen, die hier in ungeheurer Menge auftreten. Bartus'Schimmel war, sobald er ins Freie kam, in kurzer Zeit blut…ber‡str„mt, mein Brauner schien etwas weniger zu leiden. Auch Men‡schen werden von diesen unleidlichen Insekten angegriffen undsehr empfindlich gestochen.

Zwei Arten fielen auf, ein groƒes gelbbraunes Insekt mit gr…nenAugen und ein l‰ngeres, schm‰leres, graues Tier, ebenfalls mit gro‡ƒen gr…nen Augen.

Die Verpflegung war merkw…rdigerweise hier gut, denn zahl‡reiche Schaf- und Ziegenherden n‰hrten sich von dem sp‰rlichenGras der Niederung, die, wo nicht mit Salzausschwitzungen (sch„r p.) bedeckt, infolge des vorhandenen Grundwassers eine sp‰rlicheVegetation hervorbrachte.

Die Arbeiten, welche ich an einigen der gr„ƒeren Tempelruinenin der Ruinenstadt ausf…hrte, blieben leider ohne besondere Resul‡tate. Die Stadt war durch eine ungeheure Feuersbrunst zerst„rtworden, und die Tr…mmer, die in den erhitzten Schutt gefallen wa‡ren, waren zu groƒen, steinharten Massen zusammengebacken. Im‡merhin waren …berall die Reste von auƒerordentlich stilreinenSkulpturen zu erkennen, die dem Kanon der Sp‰tantike von Gan-dhara in meisterhafter Weise folgten. Sogar die Kuppeln der per‡sischen Dome waren mit …berlebensgroƒen, stehenden sp‰tantikenG„tterfiguren verziert.

Malereienwaren in diesen Tempeln nirgends erhalten. Da eineBesichtigung der in der N‰he gelegenen H„hlentempel ergab, daƒdort unber…hrter Schutt vielfach anstand, beschlossenwir, lieber inden H„hlentempeln, als in den Brandruinen der Stadt zu arbeiten.

In den H„hlen fanden wir dann eine gl‰nzende Ausbeute anManuskripten, an Bildern und Skulpturen. Hier war es zum erstenund letzten Male Gr…nwedels Wunsch, selbst eine Grabung zuleiten. Er nahm sich zehn Arbeiter und suchte sich die zu be‡arbeitende H„hle aus. Er w‰hlte einen sch„nen, vielversprechen‡den Tempel und begann dort zu arbeiten. Da er sich aber mit denLeuten nicht verst‰ndigen konnte und der Staub, der bei dieser Arbeit immer in Wolken aufsteigt und schwer zu ertragen ist, ihnzu sehr bel‰stigte, gab er sein Unternehmen bald auf im Glauben,da sei doch nichts zu finden. Bartus ging dann in dieser H„hle ansWerk und brachte bald ganze Lagen pr‰chtiger groƒer Buchbl‰tter in fr…her indischer Schrift vom bloƒgelegten Fuƒboden zutage.

Leider hatten Tauben hier genistet, die die roten Fr…chte einer Dornenart zu fressen pflegen. Infolge dieses Futters waren ihre



Arbeiten in der Oase von Kurla-Karaschahr usw. 133

Exkremente immer violett-rot gef‰rbt und diese Farbe war vielender Manuskripte mitgeteilt worden.Ganz pr‰chtige, bemalte Statuen wurden hier in groƒer Menge

gefunden. Sie sind besonders wichtig dadurch, daƒ auf ihnen dieBemalung noch gut erhalten ist, was selten oder nie in den „st‡lichen Siedlungen der Fall war. (Taf. 47.)

Eines Tages, als wir an der n„rdlichsten H„hle, die wir nacheinem ihrer eine Stadt darstellenden Wandgem‰lde die †Stadt‡h„hle" genannt hatten, arbeiteten, bezog sich der Himmel und es begann zu regnen, zu regnen in einer Weise, von der wir in Deutsch‡land keinen Begriff haben.

Da mir gesagt worden war, daƒ, wenn zu dieser Zeit Regen ein‡setzt, er gew„hnlich zu einem Unwetter werde, veranlaƒte ich Gr…n‡wedel, der den Weg immer zu Fuƒ zur…ckzulegen pflegte, sofortaufzubrechen und die Station aufzusuchen. Er ging.

Es regnete immer st‰rker, Bartus und ich packten die Manu‡skriptfunde, die ich soeben in der Stadth„hle gemacht hatte, zu‡sammen, schlugen sie in einen wasserdichten Mantel, bestiegen un‡sere Pferde und ritten ab.

Unsere Arbeiter zogen es vor, in den H„hlen zu kampieren, wosie sich Feuer machten und auf ihren Filzen schliefen. Es warenkaum 40 Minuten vergangen, seitdem Gr…nwedel abmarschiert war.Als wir aber die Vorberge durchzogen, geriet ich in Angst, denn…berall aus all den zahlreichen Ravinen sch„ssen braungef‰rbte Ge‡w‰sser mit starkem Strom hervor.

Sie waren einstweilen noch klein, in kurzer Zeit aber konntensie lebensgef‰hrlichen Umfang angenommen haben.

Gr…nwedel war als ausgezeichneter Fuƒg‰nger gl…cklicherweise…ber die gef‰hrlichsten Stellen hinweggekommen, ehe deren Cha‡rakter bedrohlich geworden war, und wir trafen ihn durchn‰ƒt undvor K‰lte zitternd im Serai an.

Auch hier machte sich das Unwetter sehr unangenehm bemerk‡ bar. Die riesigen Wassermassen drangen durch das aus Reisig undgewalztem Ton bestehende Dach und liefen durch das rauch‡geschw‰rzte Dachgeb‰lk herab. Von dem Ruƒ und Lehm hattedas Wasser eine schwarzbraune Farbe angenommen, und unsereBetten, die reichlich damit bespritzt worden waren, waren in einemschauderhaften Zustand.

Leider war dieses Unwetter die Ursache des Todes zweier Men‡schen. Drei Arbeiter aus Kuiia wollten bei uns Besch‰ftigung su‡chen und waren mit einem Esel auf einem kurzen, aber steilen Wegins Gebirge eingedrungen. Sie wurden vom Unwetter in den Vor-




bergen …berrascht, und nur einer der drei Leute kam ersch„pft unddurch K‰lte erstarrt zu den H„hlen, wo unsere Arbeiter hausten.Seine zwei Begleiter und der Esel waren unterwegs liegen gebliebenund umgekommen. Die Leute, die wir mit Nahrungsmitteln undKleidung ihnen entgegensandten, fanden nur die toten K„rper.

Es ist erstaunlich, welche merkw…rdige Abk…hlung ein solcher Regen im Gebirge ganz pl„tzlich veranlaƒt.

Die Hitze zwingt die Menschen, nur mit ganz leichten Kleidernzu gehen. Kommt man dann in einen solchen Sturm und die damitverbundene Abk…hlung, so reichen die Kleider nicht aus und dieErstarrung tritt schnell ein.

Die groƒe H„hle, die †Stadth„hle", so genannt nach einemeine ummauerte Stadt darstellenden Wandgem‰lde, deren Fundewir an diesem Regentage retteten, lag ganz im Norden und war durch abgest…rzte Tr…mmer so versch…ttet, daƒ nur der aller-oberste Teil der T…r sich als kleine ‚ffnung darbot. Im …brigenstand eine Pyramide von Schutt vor und in der T…r, die eineB„schung nach auƒen, die andere B„schung in den Raum desH„hlentempels hinein.

Ich lieƒ von einigen 40 Arbeitern diese Schuttpyramide ent‡fernen, r‰umte die H„hle aus und stieƒ in der H„he von etwa einemMeter vom Fuƒboden auf eine ungeheure Menge von Handschriftenin indischer Schrift. Es waren besonders zahlreiche tocharische Ma‡nuskripte hier vertreten. Sie lagen zerstreut rings um den Resteiner stehenden Buddhastatue, die an der Mitte der R…ckwand der Cella angebracht war.

Aus den Umst‰nden des Fundes schloƒ ich, daƒ diese Manu‡skripte im Innern der Buddhastatue niedergelegt worden waren,und sp‰ter Pl…nderer, denen es bekannt war, daƒ solche Statuenzuweilen Kostbarkeiten enthalten, sie aufgebrochen und beraubthatten.

Die Tempelsch‰nder hatten die kostbareren Gegenst‰nde mitsich genommen, die f…r sie wertlosen Manuskripte aber durch denRaum des Tempels, der damals schon mit einer meterhohen SchichtL„ƒstaub bedeckt war, zerstreut. Der Fund an Manuskripten h„rteebenso pl„tzlich auf, wie er begonnen hatte, ich ging noch tiefer,fand aber dort das Erdreich durch Feuchtigkeit fest zusammen‡gebacken. Ich verzichtete daher auf weitere Untersuchung. Pro‡fessor Gr…nwedel besuchte Schortschuq noch einmal von Turfanaus; er ging bis auf den Boden und studierte die von mir bereitsin ihren oberen Teilen freigelegten, freilich recht zerst„rten Bilder genauer.




In der Ruinenstadt machte Bartus einen interessanten Fund.Er „ffnete n‰mlich einen Raum, der offenbar eine Werkstatt ge‡wesen war und fand hier im Schutt eine groƒe Menge aus Stukkohergestellter Formen.

Diese ganze Gegend um Karaschahr und Kurla ist vom geo‡graphisch-politischen Standpunkte aus interessant und wichtig,denn w‰hrend alle …brigen Teile Ostturkistans nur zu erreichensind entweder durch die •berwindung groƒer, hoher und schwie‡riger P‰sse, deren niederster die H„he des Gipfels des Montblanchat, oder aber durch die Durchquerung ausgedehnter, gef‰hrlicher,wasserloser D…nenw…sten, gibt es hier den einzigen bequemen Zu‡

gang in das Land durch die T‰ler mehrerer Fl…sse in die Gegendvon Iii, wo …berall reichlich Wasser in Bergstr„men zu finden istund wo eine reiche Vegetation Wanderst‰mmen das Leben erm„g‡licht. Heute noch kommen kalm…ckische Wanderst‰mme aus dem Nordwesten zu Tal. Es sind Torgutnomaden, die in der Umgegendvon Karaschahr ihre Jurten aufschlagen und mit ihren Herden eink…mmerliches Leben f…hren.

Wir kamen einmal zu einer Jurte und wurden von dem Be‡sitzer, einem alten Kalm…cken, zu Tee und Schnaps eingeladen.Leider war der alte Herr ziemlich betrunken, so daƒ uns seine Ver‡sicherung †sizl‰r bizg‰ yaqin" (er sprach t…rkisch) = †Ihr seid unsnah verwandt" (er mag uns wohl f…r Russen gehalten haben), nichtgerade schmeichelte.

Wie heute noch diese Mongolenhin und her streifen, so wirdin alter Zeit diese Gegend das Einfall- und das Ausfalltor f…r diedamaligen Wanderst‰mme gewesen sein. Ohne Zweifel sind die To-charer (Y…e-tschi) damals auf ihrem Wege von China durch diesesTor gezogen, um in das Ilital zu gelangen. Aber auch die West‡t…rken, die lange Zeit in der Oase von Karaschahr geherrscht ha‡ ben, m…ssen diesen Weg benutzt haben; wir glauben n‰mlich, daƒdie Stifter in t…rkischer Tracht, die h‰ufig an Tempelw‰ndenhier erscheinen, keine Uighuren, sondern Westt…rken darstellen.Unserer Chronologie nach m…ƒten die Tempel dieser Oase einer ‰lteren Zeit angeh„ren als der uighurischen, denn die Uighuren ha‡ ben, soviel wir feststellen k„nnen, Turfan, die Nordosteckedes Lan‡des, erst um 760 erobert. Wir datieren aber die Tempel von Schor-tschuk und ihre Gem‰lde um die Mitte des 8. Jahrhunderts.

Hier erreichte mich die Nachricht, daƒ Aurel Stein vom Lobher nach Scha-tschou und Turfan vorzudringen beabsichtige, undich bestand nunmehr darauf, daƒ Gr…nwedelsofort aufbrechen undsich nach Turfan begeben solle, wo ich ja die noch fast unber…hrte




Siedlung von B‰z‰klik bei Murtuk auf seinen ausdr…cklichenWunsch f…r ihn reserviert hatte. Meine Gesundheit war durch ruhr‡artige Erscheinungen derartig geschw‰cht worden, daƒ ich michhier von Gr…nwedel, von Bartus und dem Mirab verabschiedenmuƒte, um allein den Weg nach Kaschghar anzutreten.

Nach meinem Abschied von der Expedition lieƒ ich die Kistenmit der Ausbeute der zweiten Expedition an Handschriften, undeinige Kisten mit Zeichnungen und Pausen, die Gr…nwedel mir an‡vertraute, auf eine araba laden und schickte sie voran. Ich folgtezu Pferde auf meinem Braunen, …berholte den Wagen bald undrastete allein in den zu dieser heiƒen Sommerzeit ˆ es war Ende

Juni ˆ sehr wenig besuchten Ser ais. Brot, Tee, Teekessel und Tassehatte ich bei mir, auch einen Filz als Bett und einen groƒen Loden‡mantel als Bettdecke.

Das Pferd muƒte, damit es nicht gestohlen wurde, mit in meinenSchlafraum genommen werden.

Ich besorgte es selbst. Luzerneheu fand sich im Serai, und icherrichtete daf…r dem verschlafenen Wirt meinen Obolus.

Es ist nicht m„glich, den †Weg" zu verlieren, die Telegraphen‡ pf‰hle sind untr…gliche Wegweiser.

Die ersten Stationen waren die einsamsten; von Aschm‰ an traf ich mehr Leute, und grade vor Yangihisar machte man mich auf ein merkw…rdiges Heiligtum , hier meist †Chodscham" genannt,aufmerksam. Es f…hrt den Namen †Kara-S‰tschma maz‰ri", dasGrabheiligtum des schwarzen Haares. Es war ein k…hler, s…ƒer Quell, in dessen klarem Rinnsal eine Art feinen Farnkrautes mitd…nnen, langen, schwarzen Blattstielen wucherte.

Warum der Quell heilig war, konnte mir niemand sagen.In den kleinen Ortschaften zwischen B…g…r und Kutscha, die

ich nunmehr passierte, kannten mich viele Leute; es waren fr…herePatienten, die, auf die sich schnell verbreitende Nachricht meinesKommens, mich am Serai erwarteten und mir Milch und ˆ lei‡der ˆ auch Fr…chte darboten. Hier gibt es eine besonders k„st‡liche Pflaume, die einen feinen Reineclaudegeschmackmit dem der Aprikose vereint. Ich muƒte mich der Fr…chte aber enthalten,weil die ruhrartigen Erscheinungen immer unangenehmer wurden.Auch Zahnschmerzen begannen mich zu qu‰len.

Aber ˆ es war doch sch„n, durch die jetzt klare Luft der Steppezu reiten, sie wirkt anregend wie ein Glas Sekt. Und wenn dieSonne sich abends senkte und man dem roten Glutball entgegen‡ritt, freute man sich mit jedem Schritt, nach erfolgreicherArbeit,der Heimat n‰herzukommen.



Tafel 43

Malereien aus einem Deckengew„lbe. Stilisierte Berglandschaften mit Darstellungenvon Wiedergeburts-Legenden. Hauptfarben: Ultramarin und Hochrot. Kyzil








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Auf diesem Weg passiert man einige kleinere Fluƒl‰ufe, die vom Norden herunterkommen. Sie haben alle ein tiefes mittleres Bett,das auf beiden Seiten von breiten Steinhalden eingefaƒt ist. DieseStrombetten muƒ man vormittags, jedenfalls meist vor 2 oder V23 Uhr nachmittags passieren. Um diese Zeit erreicht n‰mlichdas Wasser der Gletscherschmelzeim Hochgebirge diesen Teil der Ebene. Es kommt br…llend mit rasender Geschwindigkeitin braun‡roten Massen dahergetobt, und wer im Strombett, selbst auf denSteinhalden, von dieser Flut gepackt wird, hat wenig Aussicht,mit dem Leben davonzukommen.

In Kutscha angelangt, war ich sehr zufrieden, meinen Diener Eg‰mb‰rdi, der wegen Krankheit dort zur…ckgeblieben war, an‡zutreffen. Ich brauchte jetzt Bedienung und besonders einen Koch,denn ich war sehr geschw‰cht durch das erw‰hnte •bel.

Eg‰mb‰rdi kochte vortrefflich, und besonders das Reiswasser (conjee), das er ganz schmackhaft zuzubereiten wuƒte, tat mir gut.

Hier erwartete ich meinen Wagen und erneuerte in der Warte‡zeit meine Bekanntschaft mit einem Manne, der fr…her der un‡umschr‰nkte Herrscher, Herr …ber Gut und Blut, seiner kriegeri‡schen Untertanen gewesen war.

Es war Mir S‰fd‰r Ali, der †tharn" oder F…rst von Hunza,einem kleinen Raubstaat im Himalaja, dessen unter dem Namender Kandschuti ber…chtigten Bewohner den Yark‰nder Karawanenauf ihrem Weg von oder nach Leh aufzulauern pflegten. Die Warenund die Kaufleute wurden entf…hrt, letztere als Sklaven durch ganzInnerasien verkauft.

Mir S‰fd‰r Ali forderte die Engl‰nder heraus. Ein kleines Heer unter Col. Durand muƒte gegen ihn gesandt werden und nach einemheftigen Widerstand der Hunzaleute wurden ihre unglaublich star‡ken Positionen forciert und das feste Schloƒ von Hunza besetzt 1.Der †tham" floh nach Turkistan, wo die Russen ihm das f…rstlicheSal‰r von 25 Rubel p. m. auszahlten, in der Erwartung, sich diesesKronpr‰tendenten einmal gegen England bedienen zu k„nnen. Dieswar eine falsche Rechnung, denn wie ich sp‰ter erfuhr, hatte dieser Mann seine ganze Familie, und die seines W‰zirs ˆ angeblich56 Personen ˆ mit eigener Hand get„tet.

Er war bei seinen Untertanen gef…rchtet und verhaƒt.Seine Erscheinung war die eines Europ‰ers. Ein groƒer, herku‡

lisch gebauter Mann mit hellen Augen und dunkelblondem Haupt-

1 Die Geschichte dieser an das Phantastische grenzenden Waffentat findetman in dem ‰uƒerst lesenswerten B…chlein von E. F. Knight, Where three Empiresmeet, London, Longmans 1897.




haar und Bart! Eine schneeweiƒe Locke im Bart unter dem rechtenOhr vermehrte den seltsamen, etwas unheimlichen Ausdruck desGesichts. Er geh„rt zu einer jener F…rstenfamilien des Himalaja,die ihren Ursprung auf Alexander den Groƒen zur…ckf…hren.(Taf. 29.)

Die Hunzaleute, und das Volk des Nachbarstaates Nagyr, nen‡nen sich selber Burisch. Ihre Sprache, das Burischeski, ist voll‡kommen isoliert und hat keine Beziehungenzu irgendeiner anderen bekannten Sprache.

Hinter Kuscht‰m‰ muƒte der Muzartstrom passiert werden. Er war sehr voll; die Furt war infolgedessen nicht gangbar und ichlieƒ die kostbaren Kisten in ihren Arabas daher in einen Klotzkahn,ein pr‰historisches Ungeheuer, einladen. Stromabw‰rts lag in einer Biegung eine kleine Insel, auf deren linken Seite der starke Stromin tiefem Bett einherschoƒ. Auf der rechten Seite der Insel aber lag eine breite Fl‰che seichten Wassers mit geringem Strom.

Es gelang, den Holzkahn an einem Tau vom oberen Ende der Biegung aus durch die Gewalt des Stromes an die Insel treiben zulassen. Hier machten die Bootleute ihren Kahn fest, die Wagenwurden ausgeladen und dann durch das seichte Wasser der anderenSeite gef…hrt. Diese Arbeit nahm geraume Zeit in Anspruch.

Zwischen Tschorgha und Dscham muƒten wir noch dreimalstarke Str„me auf sch‰ndlichen Wackelbr…cken passieren. Auf der letzten dieser vernachl‰ssigten Br…cken fuhr der Wagen mit denSchriftkisten in das Gel‰nder hinein, das sofort nachgab. AlleMannsprangen herbei und es gelang, den Absturz des Wagens zu ver‡h…ten. Auf der unendlich langen Reise, die mir noch bevorstand,habe ich noch oftmals in Angst leben m…ssen um diese kostbaren,mir anvertrauten G…ter.

In Aqsu hatte ich einige Anst‰nde mit den chinesischen Be‡amten. Der Tao-tai war neu angekommen und kannte mich nochnicht, und da ich Herrn Bartus' Paƒ hatte, statt des in Bartus'H‰nden, durch einen Irrtum, verbliebenen eigenen, war er arg‡w„hnisch. Ein Telegramm an Macartney regelte alles aufs beste.

Ein chinesischer Paƒ ist eine Art Kunstwerk. Er enth‰lt in der lapidaren Schrift Chinas Namen, Personale usw. des Besitzers. Dar‡…ber werden die groƒen Amtsstempel mit Zinnober aufgedruckt.Oberhalb des Textes ist ein stumpfes Dreieck in schwarzen Liniengezogen, das zun‰chst leer bleibt, von 10 cm H„he.

Das Dokument, welches 50 qcm miƒt, wird doppelt ausgefer‡tigt. Beide Exemplare werden in der Mitte, von oben nach unten,gefaltet und mit den Faltseiten genau aneinandergelegt.




Der ausstellende Beamte dr…ckt sodann sein groƒes Amtssiegelmit Zinnober so auf die zusammengelegten P‰sse, daƒ ein Teil desAbdrucks auf das Original, der andere Teil auf das Duplikat ge‡ preƒt wird. Das Original erh‰lt der Reisende, das Duplikat bleibtauf der Kanzlei, von wo an alle Orte, die der Reisende besucht,eine ganz genaue Kopie an die dortige Beh„rde gesandt wird.

Der Paƒ des Reisenden wird bei der Vorzeigungneben eine die‡ser Kopien gelegt, und der Siegelabdruck muƒ dann stimmen.

Hier in Aksu besuchte ich auch noch den Wang von Aksu. Esist ein T…rke, aber nur ein Titulark„nig, oder, wie die Eingeborenensagen, ein chizm‰t-k‰r-Wang, oder dienender K„nig. Nur die Wangsvon Komul und von Luktschun sind herrschende F…rsten; sie hei‡ƒen m‰ml‰k‰t wang, oder Reichsk„nige.Aber ihre Macht ist durchdie chinesischen Beamten, welche sie …berwachen, erheblich ein‡geschr‰nkt.

Jetzt wurde es so unertr‰glich heiƒ, daƒ ich des Tages rasten,des Nachts reiten muƒte ˆ die Karre folgte mit einem Soldatendes Yamen (Regierungsgeb‰ude) von Aksu.

Als ich, unter F…hrung eines zweiten Soldaten, von Tsch‰dir Kol aufbrach, war es ein Uhr nachts. Es war stockdunkel. Der Soldat trabte an ˆ da h„rte ich etwas plumpsen und dann seineRufe: er war im Finstern mit seinem Pferd in eine …ber mannstiefePf…tze gefallen, und ich hatte M…he, ihm und dann dem Pferdeherauszuhelfen.

Hier waren die Leute auf einmal unfreundlich. Es stellte sichheraus, daƒ einige englische Offiziere vorher denselben Weg ge‡ritten waren.

Ihre Diener, indische Mohammedaner, trugen englische Sport‡kost…me und galten deshalb f…r parang oder Franken. Diese Leutehatten mit dem ihnen eigenen •bermut die T…rkiwirte und Bauern bedr…ckt, Eier, H…hner usw. requiriert und die Leute nicht be‡zahlt, vielmehr das ihnen von der Herrschaft daf…r …bergebeneGeld ˆ einige wenige Groschen! ˆ selber eingesteckt! Es w‰rezu w…nschen, daƒ im Interesse aller Europ‰er, die hier reisen, alleindischen, oder andere asiatischen, Diener, durch ihre Tracht ge‡n…gend von europ‰ischen Reisenden geschieden w…rden, so daƒsolche peinliche Verwechslungen nicht vorkommen k„nnen.

Die Engl‰nder selbst, der Landessprache unkundig, ahnten na‡t…rlich nichts von diesen Missetaten ihrer Diener.

Die …brige Reise bis Kaschghar vollzog sich ohne irgendwelcheserw‰hnenswertes Ereignis.



R…ckkehr …ber den HimalayaAls ich am 30. Juli 1906 in Kaschghar eintraf, wurde ich wieder

von dem englischen Generalkonsul Macartney (damals noch Poli-tical Agent) auf das liebensw…rdigste empfangen. (Taf. 49.) Es

ging mir sehr schlecht, und Lady Macartney hielt mich einige Zeitals Patienten im Hause, um meine Gesundheit etwas zu kr‰ftigen.Die R…ckreise …ber Ruƒland wurde mittlerweile durch die dortunter den Eingeborenen ausbrechende Revolution geschlossen.

Sobald ich mich aber wohler f…hlte, dr‰ngte es mich, meineSchriftenkisten in Sicherheit zu bringen, und ich beschloƒ daher,den Heimweg …ber die P‰sse des Karakorum (im Westen sprichtman dies Wort, dialektgem‰ƒ, Karakoram aus) nach Indien ein‡zuschlagen. Macartney sah diesen Plan, meines Gesundheitszustan‡des halber, ungern, und da der Zufall wollte, daƒ ein englischer Offizier, Captain J. D. Sherer 1, ein Artillerist der Garnison vonQuetta in Balochistan, der auf dem Pamir B‰ren geschossen hatte,als Gast in Kaschghar war, veranlaƒte er diesen Herrn, mit mir zureisen, um mir auf der Reise eine Hilfe zu sein.

Sherer ging mit Vergn…gen auf diesen Vorschlagein, und so tra‡ten wir, da erst Pferde beschafft werden muƒten, eine Reise nachChot‰n an. Wir legten die 17 Tagereisen zwischen Kaschghar undChot‰n in 12 Tagen zur…ck.

Die Wege f…hren hier durch die D…nenw…ste, in der auf weiteStrecken kein Tropfen Wasser zu finden ist. Da jede Abirrung vomWege dem Reisenden den Tod bringt, ist der Weg durch ein‡gesteckte Pappelst‰mmchen bezeichnet, ‰hnlich wie im Llano esta-cado (bepfahlte Steppe) in Texas ˆ einer W…ste, die der Turki-stans nicht an Furchtbarkeit nachsteht.

1 Kapt. Sherer ist ein Sohn jenes Mr. John Sherer, Indian Civil Service,der nach dem gr‰ƒlichen, von Nana Sahib befohlenen, Massenmorde der ge‡fangenen englischen Frauen und Kinder, …ber zweihundert an der Zahl, durchmuhammedanischeFleischer, in Cawnpore einritt.

Er sah noch den tiefen Brunnen, der mit den verst…mmeltenLeichen ge‡f…llt war.

Jetzt erhebt sich auf dieser St‰tte schuldlos vergossenen Blutes ein Marmor‡denkmal, Marochettis trauernder Engel.



B…ckkehr …ber den Himalaya 141

In dieser D…nenw…ste befindet sich, unweit Karghalik, eines der sch„nsten Rath‰user des Landes, von Yakub Beg aus guten ge‡

brannten Ziegeln erbaut. Das Serai heiƒt Tschol‰k L‰ng‰r, Rast‡haus des Einarmigen, nach irgendeinem vergessenen Wirt. Hier trafen wir den schottischen Zeitungskorrespondenten David Fr‰‡ser, mit dem wir einen angenehmen Abend verbrachten.

Zwei Jahre sp‰ter traf ich ihn wieder in der Royal Asiatic So‡ciety in London, nach meinem Vortrag. Er hatte in Mesopotamien,ich glaube als Begleiter der Expedition M. v. Oppenheim, einenArm durch die Kugel eines Beduinen verloren und spielte l‰chelndauf den Namen des Rasthauses an, als er mir den leeren ‹rmel wies.

In Y‰rk‰nd besuchten wir die Schwedische Evangelische Mis‡sion. Ich lernte hier den Arzt kennen, Dr. G„sta Raquette, der mich durch Einsetzen eines Pfropfens in ein Plombenloch vongarstigen Zahnschmerzen befreite. Diese F…llung hielt gut. Als ichim Januar am Abend meiner Ankunft in Berlin mich zur Ruhelegte, begann der Zahn wieder zu schmerzen!

Y‰rk‰nd ist eine groƒe und ziemlich wohlhabende Stadt mitguten Basaren. Wir wohnten bei dem Aksakal (Weiƒbart) der bri‡tisch-indischen Kaufleute, einem w…rdigen alten Hindu namensRai S‰hib Bh…ta R‰m, der uns sein in einem sch„nen Garten ge‡legenes Landhaus zur Verf…gung stellte.

Solche G‰rten haben wenig Wege, da sie, der k…nstlichen Be‡w‰sserung halber, oft ganz von kreuz und quer gelegten Wasser‡gr‰ben durchquert werden, doch entsinne ich mich mit Freude einer Gruppe herrlicher alter Nuƒb‰ume. Dieser Baum gedeiht hier sehr gut. Auch in Kirisch bei Kutscha fand ich einige Walnuƒb‰ume,sie sind aber im Norden selten.

Als unser Wirt erfuhr, daƒ in meinen Kisten alte indische Hand‡schriften verpackt seien, bat er mich, ihnen Verehrung darbringenzu d…rfen. Ich gab nat…rlich die Erlaubnis. Er brachte Blumen und begann, Wasser zu tr„pfeln und die Blumen auf die Kisten, welcheer mit einigen Freunden feierlich umwandelte, auszustreuen. Da ich

merkte, daƒ meine Anwesenheit ihn st„rte, zog ich mich nach demersten Blick zur…ck.Diese fromme Verehrung f…r die in jenen Schriften niedergelegte

geistige Arbeit der Urv‰ter hatte etwas R…hrendes.Hier trafen wir auch einen franz„sischen Reisenden, den Gom-

mandant de Bouillane de Lacoste, der sp‰ter eine Reise um Af‡ghanistan ausf…hrte. Wir speisten mit ihm, und da er auch J‰ger war, drehte sich das Gespr‰ch zwischen ihm und Sherer meist umJagderlebnisse. Es war am…sant zu sehen, daƒ Lacoste Sherers





R…ckkehr …ber den Himalay: 143

Da es schon sp‰t im Jahre war, hatten wir die Winterroute(z‰mistani) …ber K„ky‰r gew‰hlt.Hier schliefen wir, zum letzten Male f…r mehr als acht Wochen,

unter einem Dach. Im Serai wimmelte es von auƒergew„hnlich gro‡ƒen Fl„hen, die Sherer h‰ufig n„tigten, sein Hemd …ber den Kopf zu ziehen und auszusch…tteln. Mir tun sie nichts, h„chstens be‡l‰stigen sie mich durch ihr tumultu„ses H…pfen. Neben der Lausist der Floh immer noch ein gutes Gesch„pf Allahs ˆ erstere be‡k‰mpften wir mit Quecksilber in der erw‰hnten, nie versagendenWeise.

Die Reise im Hochgebirgevollzieht sich in der Weise, daƒ man

dem Fluƒlauf, in diesem Falle dem Tisn‰b, folgt. Treten die Ufer‡klippen unmittelbar an das Ufer, so muƒ man sie entweder erklim‡men und auf ihrem Gipfeln die Reise fortsetzen, oder man kreuztden Strom, wenn das andere Ufer bequemer zu sein scheint, undreitet dort weiter. Oft haben wir an einem Tage den Strom zwan‡zig-, dreiƒig-, einmal 64 mal durchquert. (Taf. 49.)

Oft gibt es keine Furt und man muƒ die Pferde durch ziemlichtiefes Wasser f…hren; dies ist nicht ohne Gefahr, denn es gibt tiefeL„cher, glatte Felsen und dergleichen Hindernisse, die ein Pferdin dem immer sehr starken Strom zu Fall bringen.

So fiel einmal das Tier, welches das Teezeug trug, in ein tiefes

Loch. Der Lederkoffer, in dem sich die Kessel, Teekannen, Zucker‡dosen usw. befanden, war von den nachl‰ssigen Dienern schlechtgeschlossen worden; er ging auf, und lustig, in tanzender Fahrt,schwammen meine sch„nen Yark‰nder Kessel davon. Die Ufer traten gleich unterhalb der Ungl…cksstelle eng zusammen und eswar nicht m„glich, sie zu retten. Der Teevorrat wurde durch einenschnellen Griff eines Lad‰ki gerettet ˆ der Zucker und die Milch‡konserven verschwanden.

Sherers Diener waren drei baumlange, starke, junge M‰nner ausKaschmir, sehr beherzte und gewandte Bergsteiger, aber sonst, wiedie meisten Kaschmiris, unglaublich feige und aller selbst‰ndigenHandlung unf‰hig. Die Pferdetreiber waren z. T. T…rki, z. T. T‰-dschiks aus Kabul (P‰isiw‰n). Einige Baltis, Ladakhis und Afgha‡nen, sowie ein Tschitr‰li fanden sich auch darunter. Mein alter Diener Eg‰mb‰rdi aus Marghilan war mir auch auf diese Reisegefolgt.

Einen mischbl…tigen Afghanen, der Sohn eines der afghanischenObersten des Yak…b B‰k und der Tochter eines t…rkischen Grund‡ besitzers aus Kaschghar, hatten wir in Yark‰nd angetroffen. Er war ein Unteroffizier im 9. BengalischenLancier-Regiment, der mit




David Fr‰ser ins Land gekommen war. Es war ein zuverl‰ssiger,anh‰nglicher Mann, den ich bis nach Rawal Pindi mitnahm. Er war mein einziger Begleiter bei dem Abenteuer, das wir durch She-rers sp‰tere Erkrankung erlebten.

Sobald man auf groƒe H„hen kommt, etwa von 4000 m an,f‰llt vielen Leuten die Atmung schwer. Auch manche Pferde leidenunter der d…nnen Luft. Man muƒ immer reiten, weil das Herz beimGehen zu sehr belastet wird; die Bergpferde gehen auƒerordentlichsicher und haben nur die fatale Gewohnheit, stets auf der ‰uƒer‡sten Kante der Pfade zu gehen, da, wo unmittelbar der oft senk‡rechte, meist sehr tiefe Abhang beginnt.

Da ich stark an Vertigo leide, war mir diese Gewohnheit sehr unangenehm. Mein Brauner aus Pitschang bew‰hrte sich auch hier.Die Lagerpl‰tze trugen allerlei zum Teil l‰cherliche Namen nach

trivialen Ereignissen, die irgendeinem Karawanenmann dort zu‡gestoƒen ˆ so z. B. †gr…„ kaldi" = der Reis ist (hier) liegenge‡ blieben, †tschiragh kaldi" = der Leuchter ist liegengeblieben,w‰hrend der Rastort †daul‰t b‰k „ldi" = der F…rst der Herrschaftist (hier) gestorben, nahe bei dem Karakorumpaƒ, so genannt wird,weil Sultan Said Chan von Kaschghar, auf der R…ckkehr von einemerfolgreichen Feldzug gegen Westtibet, dort an der H„henkrank‡heit gestorben ist. (Taf. 50.)

Diese Krankheit bef‰llt nur Fremde, niemals Tibeter, die da‡gegen nach l‰ngerem Aufenthalt in den Ebenen Indiens regelm‰ƒigan Emphysem oder anderen Lungenkrankheiten zugrunde gehen.Wer von der Bergkrankheit, die von den T…rken is (y‰s) oder t…-t‰k, von den Persern d‰m oder d‰m-giri genannt wird, befallenwird, leidet an furchtbaren Kopfschmerzen, Brechreiz usw., er be‡ginnt zu phantasieren und verliert manchmal den Gebrauch der Sprache. Die inneren Handfl‰chen und die Sohlen schwellen an,und dann stirbt der Patient gew„hnlich zwischen Sonnenaufgangund der Fr…hst…ckszeit.

Merkw…rdigerweisetritt die H„henkrankheit mit gr„ƒerer Hef‡tigkeit auf P‰ssen auf, die niedriger als der Karakorum sind ˆ dieser hat eine H„he von …ber 6000 m und man soll dort seltener h„henkrank werden als auf dem Saserpaƒ, der, obwohl etwas nie‡driger als 6000 m, wegen H„henkrankheit ber…chtigt ist.

Die Pferde m…ssen,obwohl man etwas K„rnerfutter f…r sie mit‡zuf…hren pflegt, nachts freigelassen werden, damit sie sich allerleiGebirgskr‰uter aus dem Schnee herausscharren k„nnen. Bei dieser Besch‰ftigung wandern sie oft weit ab und es ist mir in unangeneh-







R…ckkehr …ber den Himalaya 145

mer Erinnerung, wie morgens oft nicht eins unserer Tiere zur Stellewar.

Man muƒte sie suchen und herbeif…hren, so daƒ an manchen,und meist den aller…belsten, Lagerpl‰tzen die Karawane erst um11 oder 12 Uhr mittags, anstatt um 7 oder 8 Uhr morgens, auf‡ brechen konnte.

Unsere Reise war vom herrlichsten Wetter beg…nstigt, und oft‡mals erschienen mir die Gefahren der Reise, wie sie von unserenVorg‰ngern geschildert waren, als …bertrieben. Bald aber sah ichein, daƒ ich mich get‰uscht hatte. W‰hrend n‰mlich im Hoch‡gebirge meine eigene Gesundheit sich sehr bald vollkommen wieder

herstellte, fing mein Reisebegleiter, obwohl ein H…ne von Gestalt,an, den Wirkungen der verd…nnten Luft zu erliegen. Er bekam dieBergkrankheit in auƒerordentlich schwerer Form, da er darauf be‡stand, groƒe Strecken Weges zu Fuƒ zu gehen.

Ich hatte eine kleine Schafherde erworben, zu 1 Rupie dasSt…ck. Diese Tiere kamen gew„hnlich abends ins Lager, und dieKaschmiridiener meines Begleiters machten uns auf h„chst primi‡tiven Herden ganz vortreffliche Ragouts und andere Gerichte ausHammelfleisch. Bald aber wurden Sherers Beschwerden so groƒ,daƒ er kaum auf seinem Pferde sitzen konnte.

Wir n‰herten uns dem Depsang-Plateau, einer schneebedeckten,

„den Ebene von runder Form und riesenhafter Ausdehnung. Ringsum den Rand dieses Kreises erhoben sich die Gipfel, spitzig wieKirchent…rme, von unz‰hligen teils kahlen, teils vereisten Bergen.Dem Reiter kam es vor, als ob die Welt versunken sei.

Ich war so gefesselt durch diesen Anblick, daƒ ich nicht auf die Karawane achtete; als ich sie suchte, war sie hinter Eismassenverschwunden. Ich schoƒ und bald erhielt ich durch einen antwor‡tenden Schuƒ die Richtung.

Es gelang, im sch„nsten Sonnenschein den sonst wegen seiner St…rme gef…rchteten Karakorumpaƒ zu …berwinden.

Dieser Paƒ bietet bei gutem Wetter keine Schwierigkeiten, ob‡

wohl er an 6000 m hoch ist. St…rmt und schneit es aber, so ist der •bergang …ber die Maƒen beschwerlich. Wir fanden beim Abstieghier Edelweiƒ und als einzige Tiere L‰mmergeier.

Der Weg war …berall bezeichnet durch die zahllosen Gerippeoder mumienhaft eingetrockneten K„rper von Tieren. Hier und daerhob sich ein Steinhaufen, der die •berreste eines auf der Reiseverstorbenen Kaufmanns barg.

Auch den groƒen Steinhaufen, der zur Erinnerung an die hier erfolgte Ermordung Dalgleishs errichtet worden war, passierten





wir. Die afghanischen Freunde des M„rders hatten aber die Stein‡massen zum Teil heruntergerissen.Auf der indischen Seite des Passes gelang es gerade noch, Sherer

zu der Lagerst‰tte von Burtsi zu bringen; sie f…hrt ihren tibeti‡schen Namen nach einer Absynthpflanze, deren Wurzelstock aus‡gegraben wird und das einzige Brennmaterial bildet.

Hier versagten seine Kr‰fte, und wir muƒten uns entschlieƒen,einen Rasttag einzuschieben. Das Tal, in dem wir lagerten, war eine schauerliche, von riesenhaften kahlen Steinmassen umgebenewilde Klamm, in die seitlich eine kleinere Schlucht m…ndete. Un‡geheuere Steinmassen waren hier durch die tobenden Gew‰sser der

Schneeschmelze zusammen geh‰uft, und der Eindruck der Zerst„‡rung und die Erinnerung an die ungeheuren Kr‰fte, die hier ge‡w…tet hatten, machten das Tal zu einem unheimlichen Aufent‡haltsort.

Die Karawanenleute waren h„chst unzufrieden …ber diesenRasttag. Ihr Pferdefutter, das man ja mitf…hren muƒ, das Holzund die Lebensmittel, waren bereits sehr knapp geworden. Amn‰chsten Morgen suchte ich Sherer auf und fand zu meiner Be‡st…rzung, daƒ er sich nicht erheben konnte. Er hatte hohes Fieber;seine Zunge war wie glasiert und einmal in der L‰nge, zweimal inder Quere gespalten. Die Z‰hne umgab eine schmutzigbraune

Kruste und der auf ersch„pfenden Husten herausgebrachte Schleimwar braun gef‰rbt. In der Nacht hatte er Delirium gehabt.Infolge dieser ernsthaften Entwicklung muƒten wir einen zwei‡

ten Rasttag halten. Wir hielten eine Beratschlagung und es wurde beschlossen, daƒ ich Sherer mit dem Zelt, ˆ ich kampierte imFreien, ˆ s‰mtlichen Mundvorr‰ten, seinen Dienern und zweiortskundigen Karawanenleuten, dort zur…cklassen solle, die Kara‡wane …ber die n‰chsten 3 P‰sse, …brigens die schwierigsten inder ganzen Kette, nach Tibet herunterf…hren und dann mit Hilfezur…ckkommen und ihn holen solle.

Am Abend aber gerieten die Karawanenleute in groƒe Auf‡regung und ich h„rte, daƒ sie entfliehen wollten. Mein t…rkischer Diener kam best…rzt zu mir und sagte, daƒ sie des Nachts um12 Uhr mit den Pferden aufbrechen und uns unserem Schicksal…berlassen wollten. Ich hatte zum Gl…ck noch einen groƒen Sack mit Weizenmehl mitgenommen. Weizenmehl, mit Gletscherwasser anger…hrt, war die einzige Kost dieser Leute. Ich …berreichte also denR‰delsf…hrern diesen Sack, bedrohte sie aber mit dem Tode, wennsie den Versuch machen sollten, uns zu verlassen. Diese Nachtmuƒte ich mit dem Mauserkarabiner in der Hand aufsitzen, um





148 A. v. Le Coq, Turfanexpeditioncn

Tibeter laufen unbehindert unter schweren Lasten die steilstenPfade hinan, wo Pferde nicht gehen k„nnen, und sie waren im‡stande, den Weg, zu dem wir neun Tage mit der Karawane und beladenen Tieren gebraucht hatten, in erheblich k…rzerer Zeit zu‡r…ckzulegen. Neunzehn Eier trank ich auf einmal aus, ein h„chsterfrischendes Labsal. Dann sandte ich zwei Boten, den einen anden Arzt der Herrnhuter Mission in Leh, Dr. Shawe*, mit der Bitte,selbst zu kommen, oder Medizin f…r Sherer zu schicken. Die Sym‡ ptome beschrieb ich.

Den zweiten Boten sandte ich mit einem Briefe an Sir FrancisYounghusband in Srinagar in Kaschmir, 17 Tagereisen entfernt.Ich teilte ihm mit, daƒ ich mit einer Empfehlung von Macartneyan ihn reise, daƒ ich in Panamik angelangt sei und daƒ ich gen„‡tigt sei, einen seiner Landsleute, der am Wege liegen geblieben,einzuholen. F…r den Fall, daƒ wir nicht zur…ckkommen sollten, batich ihn, meine Kisten mit k„niglichem Gut in Panamik abholenzu lassen, wo meine Dienerschaft sie bewachten. Ich gab an, in wel‡cher Kiste das Geld und die Lohnlisten sich bef‰nden, bat ihn,die Leute abzulohnen und die Kisten an das n‰chste deutsche Kon‡sulat ˆ Karatschi in Sindh ˆ weitergehen zu lassen. Dann lieƒ icheine Tragbahre machen, warb noch 30 tibetische Kulis an und legtemich schlafen.

Am n‰chsten Morgen mit Tagesanbruch brach ich mit wenigemMundvorrat zu Pferde in Begleitung des afghanischen Dieners Ra-him Chan auf, um Sherer einzuholen. Die Tibeter waren bereitsam Tage vorher abmarschiert.

Wir passierten die drei schwierigen P‰sse beim herrlichstenWet‡ter und erreichten am Abend des dritten Tages die schauerlicheSchlucht, in der ich den Kranken zur…ckgelassen hatte. Als wir

Aufregung: †Er soll ihn wieder haben, ich schicke sofort, ihn zu holen." Ichsagte: .Jawohl, und auƒerdem geben Sie ihm 10 Rupies Schmerzensgeld". Er entschuldigte sich, gab das Geld und empfahl sich, diesmal ohne H‰ndedruck.

Als ich im Jahre 1913 auf der IV. Heise nach Kaschghar ging, lieƒ ichEg‰mb‰rdi kommen und nahm ihn wieder als Diener f…r die neue Expeditionan. Ganz zuf‰llig sprach ich einmal mit ihm …ber diesen Vorfall und sagtelachend: †damals sind wir aber die Sieger geblieben." †O Herr," sagte Eg‰m‡ b‰rdi, †das sind wir nicht, denn als ich nach der n‰chsten Station kam, erwartetenmich zwei Leute des Beamten und nahmen mir Geld und Pelz wieder ab undreichten mir das alte M‰ntelchen." Dieses Erlebnis zeigt, wie wenig Verlaƒselbst auf die erzogenen Beamten in diesem Lande ist.

Es ist auch charakteristisch, daƒ ein wohlhabender Mann, dem ich meinausgezeichnetes Pferd verkauft habe, es aus Sparsamkeit durch unzureichende Nahrung zugrunde gehen lieƒ.

1 Dr. Shawe ist leider bald darauf einer epidemischen Krankheit, dem Leh-Fieber, erlegen.




von den kahlen, steilen H„hen, die das Tal umschlieƒen, herunter‡schauten, erblickten wir Sherers Zelt. Daneben stand sein langer Kaschmiridiener, der mit Sherers Zeiƒ die H„hen musterte. Pl„tz‡lich sah er uns und lief in das Zelt hinein, so daƒ mir klar wurde,daƒ mein Begleiter noch am Leben sein m…sse.

Wir machten den Abstieg und erreichten das Zelt in vollkom‡mener Dunkelheit. Und wirklich fand ich meinen Kameraden nichtnur am Leben, sondern in erheblich besserem Zustand, als ich er‡wartet hatte. Die Freude Sherers und seiner Diener war ungemes‡sen; sie hatten wohl kaum erwartet, daƒ ich …berhaupt selber, jedenfalls nicht, daƒ ich so schnell zur…ckkommen w…rde.

Die Diener hoben mich vom Pferde ˆ ich war ziemlich steif ˆ und massierten mich zwei Stunden lang als Ausdruck ihres Dan‡kes. •brigens ist die Massage eine Wohltat, die ich auf diesen Reisensch‰tzen gelernt habe.

Nun fingen aber die Schwierigkeiten an. Sherer war nicht im‡stande, ein Pferd zu besteigen.

Am Morgen trafen die Tibeter mit der S‰nfte, das heiƒt also,zwei Querbalken, die leiterartig durch Sprossen miteinander ver‡ bunden waren, ein. Meine Korkmatratze wurde darauf befestigtund der Kranke auf dieses primitive Bett festgebunden. Solangedie Pfade nicht zu schmal, oder halbwegs gangbar waren, konnteSherer ganz bequem getragen werden. An schwierigenStellen muƒteer auf dem R…cken von Leuten …ber diese schwer gangbaren ‚rter getragen werden, um dann wieder auf seine Tragbahre zur…ck‡zukehren. So nahten wir uns dem Murghipaƒ.

Hier war es verbl…ffend zu sehen, mit welchem Geschick dieTibeter die Bahre trugen. Ein schmaler Pfad steigt auf bis zur Eis‡grenze und zieht sich gerade unterhalb dieser entlang. Der untereTeil des Berges ist Schotter, der obere Teil Eis. Die Art des Tra‡gens vollzog sich so, daƒ die auf der Auƒenseite Gehenden auf demSchotter gewissermaƒen tanzend herumsprangen und mit ihrer Schulter die Bahre trugen. Die auf der Innenseite sprangen eben‡falls in tanzender Bewegungauf dem Eis des Gletschers,sie hattenihre starken, wollenen G…rtel, die sie …ber der linken Schulter tru‡gen, um die Bahre geschlungen.

So setzten wir die Reise fort. Ich ritt angsterf…llt hinter demseltsamen Zuge und erwartete jeden Augenblick, daƒ die auf demSchotter Gehenden den lawinenartig abst…rzenden Schottermassenmit der Last und den …brigen Tr‰gern folgen w…rden, aber die Be‡hendigkeit der Leute war so erstaunlich, daƒ wir den Weg gl…ck‡lich …berwanden.




Wir stiegen wieder in die Tiefe und passierten den torartigenEngpaƒ zum zweiten Aufstieg; gewaltige, lose h‰ngende Steinmas-sen …berragten ihn.

Ich war freudig bewegt …ber das Gelingen dieses ersten, schwie‡rigen •bergangs und begann leise vor mich hin zu pfeifen. Da hieltder Karawanenf…hrer mich an, legte den Finger auf den Mundund wies mit ‰ngstlicher Geb‰rde auf die …ber uns h‰ngendenSteinmassen. Ich verstand und h„rte sofort auf zu pfeifen. Ein ein‡ziger lauter Ton vermag die lose h‰ngenden Steine in Bewegungzujsetzen, sie st…rzen ab und erschlagen alles, was sich unter ihnen befindet 1. So …berwanden wir den ersten, weniger schwierigenPaƒ.

Dann muƒten wir den Shayokfluƒ durchqueren. Er war nichttief, aber er ging mit Eis. Die Tibeter warfen ihre Filzlumpen ab,hielten die Bahre mit beiden H‰nden in die H„he und gingen so,immerzu ihr†K‰dam alo, k‰dam al„!" rufend, in den Strom hinein.

Ich setzte auf meinem Pferd knieend oberhalb der Tr‰ger durchden Strom und stieƒ mit dem Bergstock eines der Kaschmirer diegr„ƒten der mit dem Strom herabschieƒenden Eisbl„cke beiseite.

Wir passierten ohne jedes Ungl…ck, die Kerle sch…ttelten sichwie Pudel, wickelten ihre Lumpen um sich, nahmen die Bahre wie‡der auf und †K‰dam alo! K‰dam aloM" setzte sich der Zug wieder in Bewegung. Den armen Kranken brachte dies Geheul, wie er esnannte, fast zur Verzweiflung, und er bat mich, es zu verbieten.Aber die Tr‰ger behaupteten, dann nicht marschieren zu k„nnen!

So kamen wir zum Fuƒ des gef…rchteten Saserpassesund brach‡ten dort die Nacht in einem der tibetischen Rasth‰user zu. DieseRasth‰user bestehen aus niederen Steinmauern ohne Dach. Manlegt sich unter den Schutz der Steinmauer, um vor dem schnei‡denden Wind, der wie ein Messer durch jeden Pelz dringt, gesch…tztzu sein.

Nach einer greulichen Nacht brachen wir am Morgen bei Tages-

1 Wir sind, Gott sei Dank, niemals in einen Steinschlag geraten.Aber als wir, in der ersten Woche unseres Aufenthalts im Hochgebirge,uns K…d‰ maz‰r, einer kleinen Rastst‰tte, auf etwa zwei Tagereisen gen‰hert

hatten, erbebte pl„tzlich der Boden leise, und ein dumpfes, schollerndes Rollenwurde zu wiederholten Malen, jedesmal sch‰tzungsweiseauf 4ˆ5 Minuten, ausder Perne h„rbar.

Ich vermutete ein Erdbeben; der Karawan-Baschi aber sagte: †t‰sch k‰ttl"= die Steine sind gegangen (d. i. abgest…rzt).

Vor K…d‰ Maz‰r passierten wir den Ort deB Ph‰nomens ˆ auf einer Streckevon mehreren Kilometern lag frisch abgest…rztes Ger„ll in ungeheuerenHaldenam Fuƒ der Klippen.

Wir muƒten …ber diese Ger„llhalden unsern Weg suchen, stets bef…rchtendneue Gesteinmassenm„chten durch den L‰rm der Karawane sich losl„sen.

Wir kamen aber ungef‰hrdet vor…ber.



K…ckkehr …ber den Himalaya 151

anbruch auf. Sherer wurde den ersten Gletscher, eine steile Eis‡wand, heraufgetragen, und nun kamen wir an den Grat, auf demwir den zweiten Gletscher erreichen muƒten. Hier war es unm„g‡lich, den Kranken zu tragen, weil der Weg zu schmal war; rechtsund links lag, in der Tiefe, Neuschnee. Ich hatte das vorausgesehenund deswegen vier Yakochsen kommen lassen, einmal, weil dieseTiere auch im tiefsten Schnee einen Weg zu bahnen verstehen undzweitens, weil ich gehofft hatte, Sherer auf dem R…cken eines Yak transportieren zu k„nnen. Meine Matratze wurde mit breiten B‰n‡dern auf dem R…cken des st‰rksten dieser Ochsen befestigt undSherer, ebenfalls mit breiten Gurten, darauf gebunden.

Kaum setzte sich das Tier aber in Bewegung, als der Krankevor Schmerzen aufschrie. Die Bewegung war so heftig, daƒ seingeschw‰chter K„rper es nicht ertragen konnte. Wir muƒten ihnwieder herunternehmen und in demselben Augenblick, ganz pl„tz‡lich, bezog sich der Himmel, es wurde dunkel, ein pfeifender Sturmerhob sich und im n‰chsten Augenblick begann es auf das Hef‡tigste zu schneien.

Der Karawanenf…hrer kam zu mir, w‰hrend wir noch berat‡schlagten, was zu tun sei und sagte mir: †Wenn die fremden Herrenhier bleiben wollen, so m„gen sie sich entscheiden, wir m…ssen fort,der Schnee wird die P‰sse schlieƒen." Ich sagte Sherer diese un‡

erfreuliche Nachricht, und da keine andere Hilfe m„glich war, gabich ihm mein erprobtes Pferd und bestieg ein anderes.Die Yaks wurden vorausgeschickt, ihnen folgte Sherer, und ich

ritt hinter ihm.Dann kamen die anderen Leute mit den Lastponys. So passier‡

ten wir diesen grauenhaften Pfad im heftigsten Schneesturm, eswar nicht m„glich, zu sehen, was wenige Fuƒ um einen herum vor‡ging, und die unbeschreibliche Gewalt des Sturmes erschreckteselbst die Tibeter.

Sherer hielt sich heldenhaft.Der zweite Gletscher wurde ebenfalls unter gr„ƒten Anstren‡

gungen …berwunden. Dann kam der Abstieg, der sich pl„tzlich auf einem ungemein steilen Wege vollzog. Der Sturm hatte sich in denvielen Stunden, die wir auf dem Paƒ zugebracht hatten, verzogen,und die Sonne schaute wieder aus den Wolken. Zur Linken pas‡sierten wir einen See, von Eismassen ganz umgeben. Das Wasser war blau und gr…n, je nach der Tiefe; die Eismassen funkelten wieBrillanten; es war einer der bezauberndsten Anblicke, die diese anmerkw…rdigen Schauspielen reiche Reise uns beschert hat. Wir stiegen herunter zum Rastplatz von Toti-yailak.



152 A. Le Coq, TurfaDexpeditionen

Es ist ein kleines Plateau, von sieben Gletschern umgeben. Einwilder Strom rast mit lautem Get„se auf der einen Seite durchdas T‰lchen. Aus jedem der Gletschert‰ler weht ein anderer Wind, jeder k‰lter als der andere. Es wurde die k‰lteste Nacht, die ichauf dieser Reise bisher zugebracht hatte. Zum Gl…ck hatten meineTibeter bereits groƒe Mengen von duftendem Wacholderholz hier‡her geschleppt, so daƒ wir in einem Kranz von Feuern einen Teilwenigstens der Nacht, Tee trinkend, in ziemlichem Komfort, ver‡ bringen konnten.

Dann aber ging das Feuer aus, und der Rest der Nacht wurdein grauenhafter K‰lte durchwacht. Wir trugen alle B‰rte, da esnicht m„glich war, sich zu waschen, geschweige denn, sich zurasieren. Unser Atem fing sich in den B‰rten und fror auf der Stelle zusammen. Ich tat daher meinen Pelzrock ab, kn„pfte ihn…ber meinem Kopf zusammen und atmete durch den ‹rmel, inden ich den Bergstock eines Kaschmirers gesteckt hatte. Ich muƒtedie Nacht sitzend zubringen, da in liegender Stellung die Herz‡ beklemmungen unertr‰glich wurden.

Die acht Wochen, die dieser •bergang w‰hrte, bin ich nichtaus meinen Kleidern gekommen und habe weder H‰nde noch Ge‡sicht waschen k„nnen, da durch die Ber…hrung mit Wasser die

Haut sofort aufplatzt.Am n‰chsten Morgen zogen wir weiter und erreichten eineschmale, enge Felsspalte, durch die sich der erw‰hnte Strom seineBahn gebrochen und schmale Ufer gebildet hat. Hier fanden wir einige Brombeer- und Rosenb…sche. Der Ruf einiger Steinh…hner erschallte und erfreute durch das Gef…hl, man sei dem Leben wie‡der n‰hergekommen.

An diesem idyllischen Pl‰tzchen, in das gerade noch einigeStrahlen der untergehenden Sonne fielen, brachten wir eine ruhe‡volle Nacht zu. Am n‰chsten Tage wurde der letzte Paƒ, der Ka‡raul-D aban, …berstiegen.

Es ist ein steiler, sandiger, aber eisloser und deshalb bequemer Paƒ. So kamen wir zur…ck nach der ersten tibetischen Siedlung,dem Dorfe Panamik, von dem ich ausgegangen war und wo meineDiener mit der Karawane uns erwarteten.

Ein Bote von der Mission in Leh war mit Medizin eingetroffen,aber nur etwas Opium war f…r Sherer zu gebrauchen. Dr. Shawekonnte sein Spital nicht verlassen.

In Panamik rasteten wir einige Tage, um uns von den groƒenAnstrengungen dieser letzten Tage zu erholen; besonders die Ein-



Tafel 49

v. L o C o q., Turf au.



Rastplatz †Kulan „ldi", †das Wildpferd starb", Karakorumkette

Tibetische Grab-Stapas bei Panamik



Tafel 51

Beschriebene Steine (Manisieine) bei Panamik



Tafel 52

Die Festung von Dras




holung des Kranken, bei der ich oft in Angst um ihn schwebte,war aufregend und erm…dend gewesen.Hier, in einer fruchtbaren, reizvollen Gegend, lebt ein fr„hliches

V„lkchen, die Lad‰kis oder Westtibeter. Sie sind eine Mischrassemit vielem arischen Blut versetzt, was schon aus ihrem reichenHaarwuchs hervorgeht. Besonders die Frauen und M‰dchen sindstets vergn…gt und zeigen immer ihre pr‰chtigen Z‰hne. Kein Wun‡der, daƒ sie vergn…gt sind in Westtibet, denn hier herrscht Poly‡andrie, auƒer bei einigen sehr reichen Leuten: eine Familie vonmehreren Br…dern heiratet eine Frau, deren Stellung auch recht‡lich gut gesichert ist.

Der Gruƒ der Ladakis lautet ,,dj…, dj…", worauf die Zunge her‡vorgestreckt wird. Er wirkt beim ersten Male …berraschend.

Hier sahen wir sch„ne tibetische St…pas, (Taf. 50.) Geb‰ude, diezur Aufnahmeder Aschenresterituell verbrannter Leichen bestimmtsind, und „fter ritten wir an †Maniw‰llen"vorbei, sehr langen, meistaus Schiefersteinen, auch Granit, aufgeschichteten Mauern. DieSteine der obersten Schicht tragen oft sch„n eingeschnittene In‡schriften; besonders die mystische Formel †om mani padme hum"(o du Kleinod in der Lotusblume) tritt h‰ufig auf.

Ich nahm einige dieser beschrifteten Steine f…r das Museum mit.Mehrere Ladakis hatten das bemerkt und schalten bei meinemDiener dar…ber. Als der ihnen aber sagte, ich h‰tte in Turkistan…berall in buddhistischen Tempeln gearbeitet, um heilige Bilder,zur Verehrung, in mein Land B‰-lin zu bringen, brachten sie mir aus freien St…cken mehr Steine, als ich mitnehmen konnte.

An vielen Orten findet man fast jeden am Wege liegenden Gra‡nit- oder Schieferblock so beschrieben. (Taf. 51.)

Bei Panamik gibt es heiƒe Quellen, und Sherer benutzte sie, umzu baden, was ich, da das Wasser recht heiƒ war, nicht wagte. Eserquickte ihn aber.

Noch ein Hindernis lag auf unserm Wege nach Leh, n‰mlichder nahezu 6000 m hohe Chardungpaƒ. Pferde k„nnen ihn nicht…berschreiten und m…ssen auf einem etwas l‰ngeren Pfade den Paƒumgehen.

Als wir zum •bergang kamen, standen wir vor einer fast senk‡rechten Mauer aus blendendem Eise. Aus der Mitte der Mauer springt mit groƒer Gewalt eine mannsdicke Quelle.

Der Weg f…hrt, auf in das Eis geschnittenen schmalen Stegen,im Zickzack auf die H„he; man reitet auf Yaks, die man, um dasBein auf der Innenseite nicht quetschen zu lassen, wie auf einem




Damensattel quer besteigt. F…r mich war dieser Aufstieg h„chstunangenehm. Nach einem steilen Abstieg erreicht man allm‰hlich bessere

Wege.Der Rest des Weges nach Leh vollzog sich ohne Schwierigkeiten,

Sherer wurde allm‰hlich etwas kr‰ftiger, und am 4. November konnte ich ihn bei den guten M‰hrischen Br…dern in ein wohl‡gehaltenes Hospital abliefern.

Er muƒte sechs Monate dort bleiben, da sein Zustand ihm wei‡tere Strapazen unm„glich machte.

Leh ist eine Stadt, die auf jeden, der aus den ‰rmlichen Ort‡

schaften Ostturkistans kommt, groƒen Eindruck machen muƒ.Man betritt die Stadt durch ein kleines Pf„rtchen in der Fe‡stungsmauer und befindet sich pl„tzlich in einer weiten, langen, vonL‰den umgebenen Basarstraƒe, an deren oberen Ende, auf steilenFelsen, das riesige, feste, weiƒe Schloƒ der fr…heren K„nige vonLadak dr‰uend auf die Straƒe herabschaut.

Leh ist ein auƒerordentlich belebter Handelsplatz w‰hrend der Handelszeit, die etwa Ende September aufh„rt. Da ist der Basar trotz seiner Ausdehnung …berf…llt mit Kaufleuten aus China, Tur-kistan, allen Himalayal‰ndern, Afghanistan und Tibet. Im Novem‡ ber war er wie ausgestorben; ich suchte aber einige der reichstenKaufleute in ihren sehr sch„nen H‰usern auf und erwarb von ihneneine Anzahl sch„ner tibetischer Gegenst‰nde aus Lhasa zu billigenPreisen. Diese Kaufleute, deren W…rde, nat…rlichen Anstand undgutes Aussehen ich nicht genug r…hmen kann, waren reinbl…tigeLadakis, aber mohammedanischen Glaubens.

Der Handel mit Groƒtibet wird zum Teil auf Pfaden betrieben,die von Pferden nicht beschritten werden k„nnen. Man soll sicheiner besonders kr‰ftigen Art Schafe als Lasttiere bedienen; etwa15 kg soll eine Schafslast sein.

Der breite Raum des Basars soll zuweilen als Sportplatz f…r Polospieler benutzt werden.

Ich sah, auf der Reise zwischen Leh und Srinagar, h‰ufig b‰uerliche Grundbesitzer diesem ritterlichen Spiele mit Eifer undGeschick obliegen.

In England ist es als Sport vollkommen eingef…hrt; so viel ichweiƒ, hat man es von den Manipuris …bernommen, die im Hima-laya, an der Nordostgrenze Indiens, wohnen. Aber es ist nichts an‡deres als das uralte Tschaug‰nspiel Persiens, das von Persien aus…berallhin Verbreitung gefunden hat, wo es heute vorkommt.

Auch ist heute noch die persische Sprache die Sprache der mu-




hammedanischen H„fe von Teheran bis Komul und durch das ganzeHimalayagebiet und durch Indien.In Leh versuchten einige dunkelh‰utige Diener, Hindustani-

Muhammedaner, meine Turkidiener religi„s zu verhetzen. Sie warn‡ten sie, von mir ber…hrte Speisen zu ber…hren usw. usw., dennmeine Ber…hrung mache sie unrein. Ich holte Eg‰mb‰rdi und dieanderen Leute, zeigte ihnen die dunkeln M‰nner und fragte.

†Wie ist meine Farbe?" ˆ †Weiƒ, Herr!" ˆ †Wie ist eureFarbe?" ˆ †Weiƒ, Herr!" ˆ †Wie ist die Farbe jener?" ˆ †Schwarz,Herr!"Âlso! Ihr und wir Franken geh„ren zusammenˆ die Hindu wollen nicht einmal untereinander sich anerkennen und

miteinander speisen ˆ wenn sie dann dem Islam zu folgen begin‡nen, haftet der alte Unglaube (kufr) noch in ihrem Geist und siewollen nicht mit anderen essen! Folgt ihnen nicht, denn solche Ge‡ bote hat Hazrat Muhammad (mit ihm sei der Friede!) nicht imgesegneten Koran niedergeschrieben!"

Die T…rken waren damit sehr zufrieden und lachten die Hindu‡stanis aus. Die waren aber sehr ergrimmt.

Ichritt nach einem weiteren Rasttageweiter und legte die siebzehnTagereisen von Leh nach Srinagar in zw„lf Tagen zur…ck. (Taf. 51,52.)Der Weg f…hrte zum Teil auf den Uferklippen des Indus entlang,der in der Tiefe seine wilden Wasser brausend einherw‰lzt. Ein prachtvoller Anblick, aber f…r einen Mann, der Schwindelanf‰llenstark unterworfen ist, so gef‰hrlich, daƒ ich gen„tigt war, meistensmit dem Gesicht gegen die Felswand, und nicht herunter zumStrom gewendet, zu reiten. An manchen Stellen war der Anreiz,sich heruntergleiten zu lassen, so groƒ, daƒ ich galoppierte, umvon diesen Stellen fortzukommen. Auch diese wurde endlich …ber‡wunden.

Wir stiegen in das Sindhtal herab, und obwohl es November war, freute ich mich an den gr…nen Triften, den pr‰chtigen Wal‡dungen und der damals noch in vielem Enzian prangenden Fels‡landschaft Kaschmirs.

In diesem an landschaftlichen Reizen …berreichem Tal w‰chstein giftiges Gras, welches den Tod der Pferde, die davon fressen,herbeif…hren soll.

Auch auf dem Murghipaƒ kommt ein Giftgras vor. Dort sahich …brigens starke Stauden der Aconitpflanze.

In der letzten Station vor Srinagar kampierte ich unter einemungeheuren Tschenarbaum (Platanus orientalis), von allen B‰u‡men, die ich gesehen habe, einer der groƒartigsten durch Gr„ƒeund Sch„nheit des Wuchses.




In Srinagar stieg ich in dem Hotel des Herrn Nedou ab, wonoch zwei Engl‰nder sich versp‰tet hatten. Ich nahm sofort eineS‰uberung vor, nahm ein Bad, lieƒ mich rasieren und konnte da‡

bei feststellen, daƒ, trotzdem ich acht Wochen nicht aus den Klei‡dern gekommen war, ich durchaus sauber war; es fehlte eben der Staub.

Am Abend traf ich zur Mahlzeit mit Herrn Henry Bruce zu‡sammen und verbrachte mit ihm und Herrn P. Roper, einem Maler,einen langen Abend bei Sekt und Zigarren.

Ich muƒte meine Reise und Erlebnisse schildern, und tat dasauch mit der Hingabe, zu der soeben empfangenestarke Eindr…ckeuns veranlassen.

Es war mir nicht ganz lieb, am Morgen zu erfahren, daƒ meinliebensw…rdiger, neuer Freund ˆ …brigens ein Novellist, dessenB…cher The Native Wife, The Eurasian und The Residency heiklesoziale Fragen des Anglo-Indiertums behandeln ˆ auch f…r dieZeitungen schrieb. Da er mir aber sagte, daƒ ein Artikel, wie der von ihm …ber meine Abenteuer geplante ihm viel Geld einbringenw…rde, stand ich vom Widerstand ab, und in wenigen Tagen er‡schien in der Bombay Times ein h„chst schmeichelhafter, langer Bericht, der mich sofort in ganz Indien ˆ sp‰ter auch in Europa ˆ bekannt machte.

Am n‰chsten Tag besuchte ich den Residenten, Golonel Sir Francis Younghusband, nebenbei bemerkt ein Neffe des ber…hmtenReisenden R. Barkley Shaw.

Ich wurde von ihm, einem pr‰chtigen Beispiel des vornehmenenglischen Soldaten, auf das allerfreundlichste empfangen und ein‡geladen, in der Residency zu wohnen, muƒte dies freundliche An‡erbieten aber ablehnen, da ich mit meinem groƒen Troƒ und mitmeinen Kisten nicht noch einmal umziehen wollte.

Aber ich nahm die Mahlzeiten meist bei Sir Francis ein, undhatte die Freude, abends am Kaminfeuer bei einer guten Zigarre

die Geschichte der Eroberung Tibets aus dem Munde des Leitersder Expedition zu vernehmen.Von allen Seiten bekam ich telegraphische Einladungen, u. a.

von Sherers Bruder in Naushera und von Sir Harold Deane, demLt. Governor des Panjab in Peshawur. Letzterer lud mich ein, imGovernement House in Peshawur abzusteigen. Er wollte mich miteiner Schwadron der †Guides" in die noch von keinem Europ‰er durchforschten T‰ler von Swat und Badschaur senden, wo zahl‡reiche alte gr‰co-buddhistische Ruinen des Spatens warteten. DieEinwohner dieser T‰ler des Hindu-Kusch sind fanatische Muham-




medaner. Das Regiment der †Guides" wird aber aus diesen T‰lernrekrutiert, und die Mannschaften k„nnen durch ihre Verwandtendort dem Fremden sicheres Geleit verschaffen.

Ich war im Begriff, diese Aufforderung anzunehmen; aber auf dem Wege zum Telegraphenamt befielen mich pl„tzlich so er‡schreckende Augenerscheinungen (Netzhautabl„sung)1 , daƒ ich ab‡telegraphierte und mich so um eine kostbare Gelegenheit, meineKenntnisse zu erweitern, betrog.

Der Arzt der Residency, Oberst Edwards, und seine Frau emp‡fingen mich ebenfalls in der liebensw…rdigsten Weise, und einigendrastischen Medikamenten, die man mir verschrieb, verdanke ich,daƒ die sehr beunruhigenden Symptome allm‰hlich verschwanden.Aber meine Kr‰fte lieƒen nach, und ich wollte nach Hause, ummeine Schriftenkisten endlich geborgen zu wissen.

Die Verbindung zwischen Srinagar und Rawal Pindi (…ber Muttra) wird durch einen h„flichen Parsi besorgt, der †Tonga" und†Ekka" genannte Fuhrwerke vermietet. Die Tonga ist ein zwei‡r‰driger, leichter Wagen mit vier Sitzen, die zu je zwei, ein Paar nach vorn, ein Paar nach hinten, …ber der Achse angebracht sind.Zwei Pferde werden vorgespannt, und da die Kutscher scharf fah‡ren, ist diese Art der Bef„rderung die beste. Nur ist sie nicht ganz billig.

Die Ekka ist eine indische Erfindung (die Tonga m„chte ichf…r identisch, oder fast identisch halten mit dem fr…her in Englandwohlbekannten, †curricle" genannten, Zweir‰derwagen).

Die Ekka hat nur ein Pferd und ist so plump und langsam,daƒ ich mir lieber mehrere Tongas bestellte.

Vorher hatte ich noch allerhand Erlebnisse.Am ersten Morgen, um halb sechs Uhr, klopfte es an meine T…r.

Auf dem Hausflur vernahm ich ein sonderbares Gemurmel.Als dasPochen dringender wurde, „ffnete ich und sah mit Erstaunen eineMenge stattlicher groƒer weiƒbeturbanter M‰nner sich vom Bodenerheben. Sie umringten mich sogleich und begannen in gebrochenemEnglisch sich selbst und ihre Waren zu loben, die Angebote ihrer

1 Ich leide an hochgradiger Kurzsichtigkeit. Als wir auf dieser Tour in dieRegion des ewigen Eises eintraten, nahmen die Pferdeknechte Schwanzhaaredes Yak, die sie unter die M…tze steckten und …ber das Gesicht herabfallenlieƒen. Ich setzte erst eine schwarze Brille Uber meinen Zwicker auf, fand aber,daƒ ich nicht genug sah. Ich ritt nachher ohne Schutzbrille und …berwandnach wenigen Tagen die scheuƒliche Schneeblindheit. Bald konnte ich selbstin die Sonne sehen, und meine Augen bekamen jenen Ausdruck des Fernblicks,den wir an Seeleuten und Bergbewohnern kennen. Als die Augensymptome er‡schienen, bef…rchtete ich, mich doch gesch‰digt zu haben.






Abfall hineingeleitet wird, wundert man sich, daƒ noch irgend‡ jemand …brig geblieben!Die Stadt, mit ihren zahlreichen Br…cken und merkw…rdigen

Moscheen, lud zur Rast ein; es dr‰ngte mich aber nach der Heimat,und nach allzukurzem Aufenthalt in diesem bezaubernden Ort be‡gab ich mich nach Rawal Pindi und von dort mit der Bahn …ber Agra nach Bombay. Dankend muƒ ich noch der Aufmerksamkeitengedenken, die der Diwan (Minister) des Maharadscha mir erwies.

In Bombay wurde ich von den Angestellten meines lieben Vet‡ters Geo. Volkart in Winterthur, deren Haupt, Herr Bickel, Deut‡scher Konsul war, empfangen und …berall eingef…hrt.

Bombay ist eine sehr sch„ne Stadt und ihr Glanz und Reich‡tum ein schlagender Beweis f…r ihre Entwicklung unter der Herr‡schaft der Briten.

Ich nahm eine Kabine in einem italienischen Dampfer der Flo-rio Rubattino-Linie und erreichte nach einer wunderbaren Fahrt…ber Aden, Suez, Port Said, Messina und Neapel den Hafen vonGenua und bald darauf die ersehnte Heimat.

Gaptain Sherer hat es sich nicht nehmen lassen, einen Ausdruck f…r seine Dankbarkeit zu finden.

Einige Monate nach meiner R…ckkehr erhielt ich von den eng‡lischen Johannitern (Grand Priory of the Order of the Hospitalof St. John of Jerusalem in England) in der zartf…hlenden Weise,die dem vornehmen Engl‰nder eigen ist, ihre noch nie zuvor ˆ nochseither ˆ in Gold gepr‰gte Medaille †For Service in the Cause of Humanity".



Weg der I. Reise 1902, BerlinˆTurfan(vgl. spezialisierte Liste)

11. Aug. BerlinˆWirballenˆRybinsk mit Wolga-Dampfer …ber Nishnij-Nowgorod nach Samara

† Bahn nach Omsk 28. Aug. , Irtyschdampfer nach Semipalatinsk 2. Sept. Wagenpost …ber Sergiopol

nach Kopal (9. Sept.), Dsharkent (12. Sept.), Kuldscha (19. Sept.)

3. Okt. mit Tarantass nach Dshin-huo (13. Okt.)Schi-eho (20. Okt.)Manas und Urumtschi (27. Okt.)

17. Nov. ab UrumtschiDabantsching (19. Nov.)Turfan (25. Nov.)Karachodscha (26. Nov.).

Aufz‰hlung der kleinen Stationen zwischen Semipalatinsk und Karachodscha. I. Reise

(ab Semipalatinsk 2. Sept. …ber Uluguskaja, Urgalyskaja nach Ascikulskaja)Semipalatinsk (2. Sept.) Baskanskaja (8. Sept.)Uluguskaja ArsuiskajaArgalyskaja Kopal (9. Sept.)Ascikulskaja Akak‰ck…Certatskaja Sara bulak Qyzilmulla Kara bulak Arkatskaja (hier Baba-jaga, skythische Dzantych agaskaja

Steinfiguren) TsakitsynskajaAlgan adyrskaja Kugaly (11. Sept.)Usun Bulakskaja Altyn EmelEgreikaiskaja BascinskajaAltynkulskaja Aina bulak Sergiopol (5. Sept.) Konur UljonSredne Ayaguskaja KoibinskajaTaldykutuk Borochudzir Qyzilquskaja Dzarkent (12. Sept.)Malo Ayaguskaja (sch„ne Baba-jaga Ak Kent (17. Sept.)

Figuren) ChorgosGr…z agug (6. Sept.) Sui-dunUkunin Kacskaja Kuldza (19. Sept.)ArganadykskajaAsci bulakskaja ab Kuldza (4. Okt.)Kaidzi bulakskaja Sui-dunRomanovskaja Lao-se-gun



Routenverzeichnis 161

Er-tai (7. Okt.)San-taiSi-taiU-tai (10. Okt.)Ta-kian-seUsin-choho (12. Okt.)Dzin-hoKum bulak Lager im FreienTo-to (16. Okt.)Kur-tuSigu-so (18. Okt.)Rasttag (19. Okt.)Schi-cho (hier Kurgane)Jan-tse-hai (21. Okt.)Sen-te-cho-dseUlan-ussu

MauasTo-hu-loUber Cho-ta-by nach Ju-fo-go (25. Okt.)

† Sandschi nach Tscha-da-yo-penach Urumtschi (27. Okt.)27. Okt. bis 16. Nov. Aufenthalt in

Urumtschinach TurfanSi-ge-yo-pe (17. Nov.)Sa-yo-peDaban-sen (hier Kurgane, Steinsetzun‡

gen)Bayanho (20. Nov.)Karaur (Kawurgha)Kind…k (22. Nov.)…ber Yar-choto nach Turfan (25. Nov.)Kara Chodscha (26. Nov.)

Route I: Expedition TurfanˆKaschghar 1903(12. M‰rz bis 2. Mai)

Ich folgte derselben Route 1906, ab Turfan 12. Sept., an Kaschghar 14. Okt.ToqsunS…-BaschiAighyr-Bul‰qK…m…schQara-QisilUschaq-TalTawilghaQaia Schahr Schor-tschuqD„rb„nTsch‰rtschiAschm‰

Tsch‰dir Yangi-His‰r B…g…r Aw‰tYaqa AryqTsch„l Aw‰tKutschaToghraq DanScham‰l B‰ghQyzilBai

Quscht‰m‰Yaqa AryqTschorghaQara YulghunDsch‰mAqs…Aik„lTsch„l QuduqTschil‰nYaqa QuduqTschadir Kol

TumschuqTsch‰r b‰ghMaralbaschiT…sch…rg‰Qara Qirtschin‚rd‰klik LungkuY‰ngi-Ab‰dFaiz‰b‰dYamany‰r Kaschghar

Route KaschgharÂAk-tam (17. Mai)Ming-yolUber Karanguluk nach KandschugaKen-su (21. Mai)Uksalyr K…g‰n (Ulugh Dsch‰t)Igin (24. Mai)IrkeschtamKirgisenjurte (26. Mai)

iidschan, I. Reise 1903Zum Fuƒ des Ter‰k-PassesSchneesturm (29. Mai)Passieren Ter‰k, Rast Dschandoi

(30. Mai)Sufi-KurganGultscha (1. Juni)L‰ng‰r •ber Madi (Ma-doi) nach Osch (3 Juni)Mit Post nach Andidschan (4. Juni)

Route OschˆKaschghar (Ausreise) 1913: IV. Reise1. Osch-L‰ng‰r 2. Passieren Taqqa D‰wan3. G…lc‰ (viele Marienk‰fer)4. Qi'zi'l Qury‰n5. Sufi Q‰raul oder S. Quryan6. Zum Fuƒ des Ter‰k-Passes (•c g‰t)7. Passieren Ter‰k-Paƒ. Lager Katta q„nis8. Passieren Qapqa d‰waD, Ikiz‰k dawan. Lager Y‰l p…ndl

v. Le Coq, Turian. 11




9. Passieren Kicik ikiz‰k dawan ˆ unangenehmer Abstieg. Lager vor Irk‰s-Tam10. Um 4 Uhr in Irk‰‰-Tam. Lager Yi'y'in nach Ubersteigung des Qara d‰wan11. Um 3 Uhr in Uluy g‰t. Passieren M‰sr‰b d‰wan. Lager in Gumbaz12. Uber ‰ti dawan nach Qyzil B„i13. Ming yol14. K‰syar

Weg der II. Reise BerlinˆTurfan 1904BerlinÔmsk (sibirische Bahn)OmskˆSemipalatinsk (Irtysch- 2. Okt.

dampfer bisSergiopol 8. Okt.Bachty

Tschughutschaq (9.ˆ17. Okt.)D„lb…rginSaraqusunYamatuK„nd‰l‰ng

Sargaq, am Abend Ulam-bulaqSian-sau-fu, abends Tscha-pai-zeSchicho (ab 25. Okt.)KuitunYang-dze-chai

Ala-ussun (28. Okt.)ManasLo-to-ye, abends Tu-cho-loCho-to-by, abends Zan-gy (31. Okt.)Di-hwa-fu (Urumci, 1. Nov.)

Route II: Reise UrumciˆTurfan 1904Sai-yo-pa (13. Nov.) Kindik D‰ban-cing, abends Ba-yang-cho Yar-Khoto, abends TurfanQawurgha (15. Nov.) Qara-Choga (18. Nov.)

Route TurfanÛrumtschi, II. Reise, 19051. D‰-dung, Y‰r-Khoto, Kindik 2. Qawurya (Q„w…rya)3. B‰-yang-jj„

4. D‰ban (oder Dawan) cing5. Sai-yo-pa, Gigi-sos6. Vormittags Urumci

Route TurfanˆKomul, II. Reise, 19051. Luktschun2. Pi-cang (…ber S„g‰ L‰ng‰ri)3. Ciqtim K‰rlz4. Y‰nci (…ber Qirq Tu-dung)5. Otun Go-za6. ‚i-g…-lo-c‰n

7. Lou-dung8. Tarangci (ch. S‰n-do-lin)9. Toyuci

10. Astana (…ber Lapcuq)11. Cong Komul

Liste der Stationen von K„kyar nach Leh, III. Reise 1906

1. K„ky‰r 2. …ber Otan-su nach Pusa3. Aq M‰cit4. …ber den Topa daban (auch Aq qoram genannt) nach Ciyliq5. Rastplatz am oberen Lauf des Tizn‰b, Chalastan genannt6. K…da maz‰ri (Zwiebel-Heiligtum)7. …ber D„b‰ nach T…suk Tas (Lochstein)8. T„r Eyil ayzi9. …ber Yangi daban (Neupaƒ), kreuzen Yarkandfluƒ, nach Qul‰n „ldl (das

Wildpferd starb)10. S‰siq Bulaq (Stink-Quelle)11. …ber K„k Art Ayzi (Mund des gr…nen Passes) nach Eg‰r saldl (er hat den

Sattel aufgelegt)12. Ka‰mlr gilya (gef‰hrliche quicksands!)



Routenverzeicbnis 163

18. Kreuzen Yark‰ndfluƒ unz‰hlige Male. Rasten in Chapalong. Hier lauertenfr…her die R‰uber von Hunza und Nagyr auf die Karawanen.

14. Aq Tay (weiƒer Berg)15. Wahab gilya16. Brangza Qaraqoram17. Daulat B‰g „ldi (der F…rst des Reiches starb). Hier starb Sultan Sa'Td

Chan von Kaschghar (9. 7. 1533) an H„henkrankheit18. …ber Depsang Plateau; Qaraqoram Paƒ19. Qyzil Yar 20. Burtsi21. Rasttag22. Murghi-Paƒ23. …ber Cong-T‰s (groƒer Stein) passieren Shayoq-fluƒ, nach Saser Brangza24. …ber Saserpaƒ nach Toti-yailaq (Sommerweide der.Ponies)25. …ber Humalong zum Qaraul daban, nach dessen Ubersteigung ins Nubra-

tal herab26. …ber Spango nach Panamik 27. Tig‰r 28. Khalsar 29. Chardung, Fuƒ des Pasees30. Passieren Chardung-Paƒ31. Leh

Route LehˆSrinagar 1. Nimmu2. Saspul3. Chaltsi (Chalatse), …ber Nurla4. Bot Charbu, …ber Lamayuru5. Kargil6. Kampiere bei einem Minen-Inge‡

nieur, Mr. Wright, in dessen Zelt7. Dras

8. …ber Matayan nach Matsoi (Mat-schoi)

9. Passiere Zodschi-Paƒ, dann …ber Baital nach Sonamarg

10. …ber Gund nach11. Kangan12. Gandharbal13. morgens Srinagar

11*








Stein, Sir Aurel, Sand-buried ruins of Khotan. Personal Narrative of a journey

of archaeological and geographical exploration in Chinese Turkestan carriedout and described under the Orders of H. M. Indian Government by M. AurelStein. Vols. I, II. Oxford, Clarendon Press 1907.

ˆ Explorations in Central-Asia, 1906ˆ8. †Geographical Journal" for July andSeptember, 1909.

ˆ Ruins of Desert Cathay. Personal Narrative of explorations in Central-Asiaand Westernmost China. Vols. I, II. London, Macmillan & Co., 1912.

ˆ Ancient Chinese Figured Silks excavated by Sir Aurel Stein at ruined sitesof Central-Asia. Drawn and described by F. H. Andrews. London, BernardQuaritch, Ltd., 1920.

ˆ Serindia. Detailed Report of explorations in Central-Asia and WesternmostChina, carried out and described under the Ordersof H. M. Indian Government by Sir Aurel Stein. Vols. IIÎII text; Vol. IV plates; Vol. V maps. Cla‡rendon Press, Oxford 1921.

ˆ Ancient Buddhist paintings from the Caves of the Thousand Buddhas onthe Westernmost border of China. Recovered and described by Sir AurelStein with an Introductory Essay by Laurence Binyon. Published under theOrders of H. H. Secretary of State for India and with the Cooperation of the Trustees of the British Museum. London, B. Quaritch, Ltd., 1921.

Sykes, Ella, Through Deserts and Oases of Central-Asia. London 1920.Thomsen, Vilhelm, Ein Blatt in t…rkischer †Runenschrift" aus Turfan. Sitzber.

d. Kgl. preuƒ. Ak. d. Wiss. XX, 1910. ˆ Dr. M. A. Stein's MSS. in Turkish †Runic". Script from Miran and Tun-hua…g,

I. R. A. S. London 1912.Waldschmidt, E., Gandhara, Kutscha, Turfan. Leipzig 1925.Weber, Wilhelm, Die ‰gyptisch-griechischen Terrakotten. 2 vol. Berlin 1914.Younghusband, F. E., Heart of a continent. London 1896.Zaturpanskij, Dr. Choros: Reisewege und Ergebnisse der deutsehen Turfan-

Expeditionen. Orient. Archiv. Bd. III. Hiersemann, Leipzig 1913.

Printed in Germany





Im gleichen Verlage erscheint:

Von Mensch und Motor,Farm und Wolkenkratzer

Reiseskizzen eines deutschen Ingenieursvon Dr. GEORG K•HNE

Professor an der Technischen Hochschule M…nchen*

Wenn ein Volk, wie das unsrige, sich von jahrelangen schwerenWirren und K‰mpfen erholen muƒ, so ist es keine Schande,

in der ganzen Welt nach Wegen zu suchen, die es m„glichst schnellwieder zur H„he emporf…hren. Und da kann in vielen Hinsichten uns

kein besseres Beispiel werden als die Vereinigten Staaten.Georg K…hne, der Meister des Landmaschinenbaus, ist im Auftragder deutschen Regierung in Amerika gewesen, um die Neuerungenauf seinem Gebiet zu studieren. Frei von der ‹ngstlichkeit und Eng‡herzigkeit, die so h‰ufig deutsche Betriebe der Besichtigung durchAuƒenstehende verschlieƒt, hat man ihn dort, wo er nur wollte, herum‡gef…hrt, und offenen Blickes hat er von allen Seiten Anregungen emp‡fangen. Dar…ber hinaus aber hat er in den Alltag des Amerikaners in New York wie in San Franzisko, in Montana wie in New Mexikogesehen und beschreibt in den folgenden kurzen Skizzen alles das, wasihm eigenartig und nachahmenswert erscheint. Kurze Abschnitte ent‡halten feingeschliffene Impressionen der groƒen Naturwunder desYellowstone Parkes und des Niagara, die man schon aus so vielen Be‡

schreibungen zu kennen glaubt, die aber sein Blick uns in neuenFarben schildert.

Mag uns der Verfasser aber das Hasten und Dr‰ngen in den Wolken‡kratzern New Yorks oder die z‰he Arbeit des einsamen Farmers auf seinen Feldern beschreiben, mag er uns durch die groƒen Fabrikenf…hren oder durch die Fruchtg‰rten Kaliforniens, …berall kommt alsGrundzug des Amerikanertums die unverw…stliche Lebensfreudigkeitzum Ausdruck, der Optimismus, der den Einzelnen wie das ganze Volk zu H„chstleistungen emportr‰gt. Und wenn wir aus diesem Buchenichts weiter lernten als diesen Optimismus, dieses Gef…hl eigener Kraft und eigener Meisterung des Lebens, so w‰r's schon viel. Dochwird dar…ber hinaus jeder Leser f…r sein spezielles Interesse etwas

finden und alle werden dem Verfasser f…r die farbige, oft launighumorvolle Schilderung dankbar sein.

Mit zahlreichen Abbildungen auf Tafeln etwa RM. 7.50in k…nstlerischem Ganzleinenband etwa RM. 9.ˆ

Prospekt kostenfrei.









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Auf Hellas Spuren in Ostturkistan