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Begriffe der Astronomischen, Physikalischen und Mathematischen Ge- odäsie Bearbeitet von Karl Heinz Ilk Institut für Astronomische, Physikalische und Mathematische Geodäsie Universität Bonn mit Beiträgen von Gerd Boedecker, München; Wolfgang Bosch, München; Ernst Buschmann, Berlin; Reinhard Dietrich, Dresden; Hermann Drewes, München; Dieter Egger, München; Bernhard Heck, Karlsruhe; Jürgen Müller, Hannover; Axel Nothnagel, Bonn; Mirko Scheinert, Dresden; Wolfgang Schlüter, Kötzting; Harald Schuh, Wien; Günter Seeber, Hannover; Michael H. Soffel, Dresden; Klaus-Günter Steinert,Dresden.

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Begriffe der

Astronomischen, Physikalischen und Mathematischen Ge-odäsie

Bearbeitet von

Karl Heinz Ilk Institut für Astronomische, Physikalische und Mathematische Geodäsie

Universität Bonn

mit Beiträgen von

Gerd Boedecker, München; Wolfgang Bosch, München; Ernst Buschmann, Berlin; Reinhard Dietrich, Dresden; Hermann Drewes, München; Dieter Egger, München; Bernhard Heck, Karlsruhe; Jürgen Müller, Hannover; Axel Nothnagel, Bonn; Mirko Scheinert, Dresden; Wolfgang Schlüter, Kötzting; Harald Schuh, Wien; Günter Seeber, Hannover; Michael H. Soffel, Dresden; Klaus-Günter Steinert,Dresden.

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Abendfehler - Systematic observation error constant during one night Systematische Abweichung des Messergebnisses astronomischer Beobachtungen eines Abends von einem Wert übergeordne-ter Genauigkeit, z.B. vom Mittelwert aus den Messergebnisses mehrerer Abende.

Abendweite - Evening amplitude Der Bogen des scheinbaren Horizonts zwischen dem Untergangspunkt eines Gestirns und dem Westpunkt.

Aberration - Aberration Scheinbarer Winkelverschiebungseffekt, der aus der Bewegung des Beobachters mit der Geschwindigkeit v und der Endlich-keit der Lichtgeschwindigkeit c resultiert (je nach Objekt stellare, planetarische, astronomische Aberration). Bewegt sich der Beobachter mit Geschwindigkeit v gegenüber einem Ruhesystem, so erscheint das Bild eines Gestirn in Richtung auf den >Apex der Bewegung hin verschoben. Die jährliche Aberration resultiert aus der jährlichen Bewegung der Erde um die Son-ne, die tägliche Aberration aus der Rotationsbewegung der Erde. Die Aberrationskonstante ist das Verhältnis aus der Ge-schwindigkeit v und der Lichtgeschwindigkeit c.

Aberration, E-Glied der - Aberration, E-terms of Teil der >jährlichen Aberration, der von der >Bahnexzentrizität und der Länge des >Perihels der Erde abhängt.

Aberration, elliptische - Aberration, elliptic Siehe >Aberration, E-Glied der

Aberration, jährliche - Aberration, annual Teil der stellaren >Aberration, der von der Bewegung der Erde um die Sonne abhängt.

Aberration, planetarische - Aberration, planetary Siehe >Aberration.

Aberration, säkulare - Aberration, secular Säkulare Komponente der Aberration, die aus der im wesentlichen gleichförmigen Bewegung des gesamten Sonnensystems im Raum resultiert. Sie kann i.a. vernachlässigt werden.

Aberration, stellare - Aberration, stellar Winkelverschiebung einer beobachteten Richtung zu einem Himmelsobjekt, die aus der Bewegung des Beobachters und der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit resultiert. Stellare Aberration ist in tägliche, jährliche und säkulare Komponenten eingeteilt.

Aberration, tägliche - Aberration, diurnal Teil der stellaren >Aberration, die aus der täglichen Bewegung des Beobachters auf der Erde um die Erdachse resultiert.

Abplattung (Elliptizität) - Flattening (ellipticity) Geometrisches bzw. physikalisches Maß der Abplattung der Erde bzw. gewisser Approximationen dafür. Man unterscheidet die >geometrische Abplattung eines Referenzellipsoides, die >gravimetrische Abplattung eines Niveauellipsoides, sowie die >dynamische Abplattung bzw. die >mechanische Abplattung der Erde. Entsprechende Größen sind auch für die Planeten des Sonnensystems definiert.

Absolute Helligkeit - Absolute Magnitude Scheinbare Helligkeit eines Gestirns in einer Normdistanz von 10 >Parsec ( >Parallaxe eines Gestirns).

Absolute Koordinaten - Absolute coordinates Koordinaten, die sich auf ein >globales erdfestes Koordinatensystem (zumeist ein >globales geozentrisches Koordinatensys-tem) beziehen.

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Absolute Lotabweichung - Absolute deflection of the vertical >Lotabweichung, die sich auf eine geozentrisch gelagerte und bestangepasste Referenzfläche (zumeist >mittleres Erdel-lipsoid) bezieht.

Absolute Schweremessung - Absolute gravimetry Messverfahren zur unmittelbaren Bestimmung des Betrages der Schwerebeschleunigung, (>Schweremessung)

Absolute Zeit - Absolute time Überall im Raum gleichmäßig verstreichende Zeit im Newtonschen Sinne. Sie ist die Zeitvariable der Newtonschen Bewe-gungsgleichungen.

Absolutes Datum - Absolute datum >Geodätisches Datum, in dem der Koordinatenursprung (bzw. der Mittelpunkt des Referenzellipsoids) mit dem Massenmit-telpunkt der Erde und die z-Achse des Koordinatensystems (bzw. die kleine Halbachse des Referenzellipsoids) mit der z-Achse des >ITRF zusammenfällt (früher mittlere Rotationsachse).

Absolutgravimeter - Absolute gravimeter Heute im Allgemeinen nach dem Prinzip des ballistischen Gravimeters arbeitende Vorrichtung zur Messung des Absolutwer-tes der Schwere; Spezialfall eines Beschleunigungsmessers. Moderne Absolutgravimeter wurden ab ca. 1950 zunächst statio-när, dann transportabel und seit ca. 1995 auch für Außenmessungen entwickelt und eingesetzt.

Abstand raumzeitlicher Ereignisse - Distance of space-time events Abstand zweier benachbarter Ereignisse in der >vierdimensionalen Raumzeit. Abstand raumzeitlicher Ereignisse kann raum-artig, zeitartig oder lichtartig sein. Der Abstand zweier benachbarter Ereignisse in der 4-dimensionalen Raumzeit ist durch den metrischen Tensor (Einsteinsche Gravitationstheorie) festgelegt. Dabei kann der (infinitesimale) Abstand zweier Ereig-nisse negativ, positiv oder Null sein. Man spricht dann vom zeitartigen, raumartigen und lichtartigen Abstand. So bewegen sich etwa Lichtstrahlen längs Kurven der Länge Null.

Absteckkurve - Clarke alignment curve Eine Oberflächenkurve, bei der die beiden von einem beliebigen Punkt der betrachteten Kurve zu den Kurvenendpunkten führenden Normalschnitte eine Azimutdifferenz von 180° aufweisen.

Abszissenverjüngungsfaktor Wurzel aus der Gaussschen Fundamentalgröße E im Fall der Geodätischen Parallelkoordinaten.

Additamentenmethode - Additamento method Methode zur vereinfachten Berechnung des sphärischen Sinussatzes in der klassischen Landesvermessung. Die von J.G. Soldner (1810) eingeführte Additamentenmethode beruht auf einer Reihenentwicklung des sphärischen Sinussatzes und einer Umstellung, so dass nach Reduktion der Dreiecksseiten der ebene Sinussatz mit den reduzierten Seitenlängen benutzt werden kann.

Additionstheorem der Legendreschen Polynome - Addition theorem of Legendre polynomials Additionstheorem der Kugelflächenfunktionen, Darstellung des Legendreschen Polynoms des Grades n durch Kugelflächen-funktionen des Grades n und der Ordnungen m.

Ähnlichkeitstransformation - Similarity transformation Modell zur verzerrungsfreien Transformation zwischen zwei Koordinatensystemen mit i.a. 7 Transformationsparametern (3 Translationen, 3 Rotationen, 1 Maßstabsfaktor).

Aktiver Satellit - Active satellite Künstlicher Erdsatellit mit Sendevorrichtungen für Licht oder eine andere, für Zwecke der Satellitengeodäsie geeignete elektromagnetische Welle.

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Akustische Navigation - Acustic navigation Verfahren der Positionsbestimmung unter Wasser, das auf der Laufzeitmessung von Schallwellen im Medium Wasser beruht. Je nach Anordnung der Messelemente unterscheidet man Verfahren mit langer Basis und solche mit ultrakurzer Basis. Beim Verfahren mit langer Basislinie (Long Base Line, LBL) werden drei oder mehr Signalgeber (z.B. Transponder) auf den Mee-resboden abgesenkt und dienen als akustische Referenzpunkte. Am Fahrzeug befindet sich ein Sende- und Empfangsgerät (Transducer, Hydrophon). Der Transponderabstand beträgt das 1-2fache der Wassertiefe. Durch Anordnung weiterer Transponder kann das Arbeitsgebiet vergrössert werden.

Akzelerometer - Accelerometer >Beschleunigungsmesser.

Almanach (1) Kalender, Jahrbuch, insbesondere astronomische Jahrbücher: The Astronomical Almanac, Washington und London, erscheint jährlich; enthält die Ephemeriden der Körper des Sonnensystems. (2) bei operationellen Satellitennavigationssystemen wie GPS und GLONASS die von den Satelliten an die Nutzer übertra-gene Information über die näherungsweisen Bahnpositionen aller zum System gehörenden Satelliten. Die Darstellung erfolgt häufig in Keplerelementen. Bei GPS werden zusammen mit den Broadcastephemeriden eines jeden Satelliten innerhalb eines Datenrahmens von 30 Sekunden die Almanachdaten von je einem anderen Satelliten übertragen. Bei Kenntnis der Alma-nachdaten kann die Satellitenkonfiguration für beliebige Beobachtungsorte für einige Wochen im Voraus für Planungszwe-cke berechnet werden.

Almukantarat - Almucantar Kleinkreis parallel zum Himmelsäquator; definiert als Menge aller Punkte konstanter Zenitdistanz. Der >Zenit ist dabei durch die Lotrichtung, vom Erdmittelpunkt weggerichtet, bestimmt.

Altimeter - Altimeter Höhenmesser; Instrument, das die Höhe über einer bestimmten Oberfläche misst. Aneroid-Barometer, deren Luftdruckskala in Längeneinheiten umbeziffert ist, können direkt als Altimeter eingesetzt werden und messen die Höhe über einer Fläche konstanten Luftdrucks. Laser-, Lidar- und Radaraltimeter werden in Flugzeugen und auf Satelliten eingesetzt, um die Höhe über der physikalischen Erdoberfläche zu bestimmen. Bei Laser- und Lidaraltimetern werden stark gebündelte Lichtimpulse emmitiert und die Laufzeit bis zum Empfang des reflektierten Impulses gemessen. Die halbe Laufzeit wird dann in Längen-einheiten konvertiert. Radaraltimeter arbeiten in der gleichen Weise, nutzen jedoch Radiofrequenzen (>Satellitenaltimetrie)

Altimetermissionen - Altimeter missions Satelliten, die mit einem Altimeter ausgerüstet sind. Nach ersten Experimenten vom Raumlabor Skylab aus wurde die Satelli-tenaltimetrie durch Geos-3, Seasat und Geosat zu einem operationellen Fernerkundungsverfahren mit einer Meßgenauigkeit bis in den Subdezimeterbereich entwickelt. Mit ERS-1, ERS-2 und Topex/Poseidon konnte die Meßgenauigkeit schließlich auf wenige cm verbessert werden. Eine entsprechend genaue Bahnbestimmung der Satelliten erfolgt durch Dopplerverfahren, Laser-Entfernungsmessungen oder moderne Mikrowellensysteme wie DORIS oder GPS. Radiometer an Bord der Satelliten liefern Abschätzungen der troposphärischen Laufzeitkorrektur. Das Topex Altimeter arbeitet erstmals mit zwei Frequenzen, um die ionosphärische Laufzeitkorrektur in-situ abzuschätzen. Die räumliche Auflösung von Altimetermissionen wird durch den Abstand benachbarter Bahnspuren bestimmt. Die zeitliche Auflösung ergibt sich aus dem Wiederholzyklus, d.h. einer festgelegten Anzahl von Tagen, nach denen die Bahnspur erneut überflogen wird. Die Bahnmechanik eines Satelliten schließt hohe räumliche und hohe zeitliche Auflösung gegenseitig aus. Durch den simultanen Betrieb von ERS-1 (später ERS-2) und Topex/Poseidon konnten Synergien genutzt werden und der Meeresspiegel und seine Variabilität mit einer Genauigkeit von wenigen cm bei sehr hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung überwacht werden. Spezielle, sogenannte „geodätische„ Missionsphasen von Geosat und ERS-1 mit sehr geringem Abstand der Bahnspuren erlaubten eine präzise Kartierung des Mittleren Meerespiegels, die Ableitung von hochauflösenden Schwereanomalien und die Entdeckung bisher unbekannter Strukturen des Meeresbodens. Die Satellitenaltimetrie hat zu erheblichen Fortschritten in Geodäsie, Ozeanographie und Geophysik geführt. Nachfolgemissionen, wie z.B. GFO (Geosat Follow-On), Envisat (Nachfolge von ERS-1/2) und Jason (Nachfolge von Topex/Poseidon) sichern auch über die Jahrtausendwende hinaus eine Fernerkundung des Meeresspiegels durch Satellitenaltimetrie.

Altimetrie - Altimetry Höhenmessung; Verfahren zur Bestimmung von Höhen über einer bestimmtem Oberfläche, meist der physikalischen Erd-oberfläche. Als Instrumente werden Altimeter in Flugzeugen oder auf Satelliten eingesetzt. Bei kleinräumigen Anwendungen und stark wechselnder Topographie werden Höhenprofile vor allem mit Laseraltimetern von Flugzeugen aus bestimmt. Für die globale Bestimmung von Höhen über der Meeresoberfläche sind bereits mehrere Satelliten mit Radaraltimetern ausgerüs-tet worden (>Altimetermissionen). Mit einer genaue Bahnbestimmung der Satelliten können Karten des Meeresspiegels

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bestimmt werden. Die Satellitenaltimetrie liefert außerdem Informationen über die signifikante Wellenhöhe und den Betrag der Windgeschwindigkeit.

Altimetrie, ionosphärische Laufzeitkorrektur der - Altimetry, ionospheric correction of Die Verzögerung des Radarimpulses durch die Ionosphäre ist abhängig von der Frequenz f und proportional zum Gesamt-elektronengehalt, TEC (Total Electron Content). Die Längenkorrektur (in mm) beträgt in erster Näherung: -40250 TEC / f2, wobei TEC in e/m2 und f in Hz anzugeben ist. Sie kann bei Frequenzen im Ku-Band (13,5 - 13,8 GHz) bis zu 0.15 m betra-gen. TEC-Werte schwanken aber erheblich in Abhängigkeit von Tageszeit, Jahreszeit und geomagnetischer Aktivität. Sie sind entsprechend schwer vorherzusagen. Altimeter, die mit zwei deutlich getrennten Frequenzen messen, erlauben mit hoher Genauigkeit eine in-situ Abschätzung des TEC. Topex war das erste Zwei-Frequenz Altimeter. Envisat und Jason sind eben-falls mit zwei Frequenzen ausgestattet.

Altimetrie, troposphärische Laufzeitkorrektur der - Altimetry, tropospheric correction of Korrektur des Einflusses des Radarimpulses durch die Troposphäre. Das Radarsignal wird durch Luftmoleküle verzögert. Die entsprechende Längenkorrektur kann in Trocken- und Feuchtanteil zerlegt werden. Der Trockenanteil (in mm) ist proportio-nal zum Boden-Luftdruck p (hP) und beträgt in Abhängigkeit von der geographischen Breite B: -2.277 p (1 + 0.0026 cos 2B). Der Trockenanteil variiert wenig und beträgt ca. -2.30 mm. Der Feuchtanteil (in mm) hängt vom Wasserdampfgehalt der Atmosphäre ab und beträgt in guter Näherung: - 381.5 e/T2 dz, wobei e der Partialdruck des Wasserdampfes (hP), T die Temperatur in K ist und die Integration vom Boden bis zur Höhe des Satelliten erfolgt. In den Tropen ergeben sich Beträge von etwa -0.35 m, an den Polen verschwindet der Feuchtanteil fast vollständig. Der Wasserdampfgehalt wird von meteorolo-gischen Diensten übernommen. Alle derzeit arbeitenden Altimetermissionen besitzen aber auch eigene Radiometer, die eine unabhängige Schätzung des Feuchtanteils der troposphärischen Laufzeitkorrektur erlauben.

Altimetrisch-Gravimetrisches Randwertproblem - Altimetric-gravimetric boundary value problem >Geodätisches Randwertproblem mit Randinformationen über dem Meer (Satellitenaltimetrie) und den Kontinenten (Gravi-metrie).

Amplitudenfaktor - Amplitude factor Verhältnis der beobachtbaren gezeitenbedingten Schwerevariation der Erdgezeiten zu der des geamten gezeitenerzeugenden Potentialfeldes.

Amtliches Haupthöhennetz - Levelling base network Nivellementnetz 1. Ordnung. Amtliche Haupthöhennetze (Nivellementnetze 1. Ordnung) haben in Deutschland die Aufgabe, aktuelle Höhen in einem einheitlichen Höhensystem für unterschiedliche praktische und wissenschaftliche Zwecke zur Ver-fügung zu stellen. Dabei sollen die Höhen sowohl in ihrer Genauigkeit als auch hinsichtlich ihrer Definition jeweils dem Stand der Technik entsprechen. Das neue Deutsche Haupthöhennetz DHHN92 löst das in den alten Bundesländern bisher gültige DHHN12 (tlw. das DHHN85) bzw. das in den neuen Ländern gültige SNN76 ab. Dem DHHN12 liegt das System der normalorthometrischen Höhen zugrunde, da es zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Höhennetzes noch nicht die Möglichkeit wirtschaftlich durchzuführender Schweremessungen gegeben hat. Auch für das DHHN85 wurde noch das System der norma-lorthometrischen Höhen gewählt. Dem ab 1979 eingeführten SNN76 liegt bereits das physikalisch definierte Höhensystem der Normalhöhen zugrunde. Der Unterschied der beiden Systeme DHHN85 und SNN76 beträgt im Sinne DHHN85 - SNN76 etwa 12 bis 16cm, hervorgerufen vor allem durch die unterschiedlichen Festlegungen des Vertikaldatums.

Angewandte Geodäsie - Applied geodesy Gesamtheit der umfangreichen Anwendungen der Geodäsie in der Praxis von Wirtschaft (Ingenieurgeodäsie), Verwaltung und Gesellschaft (Vermessungs-, Karten-, Liegenschaftswesen, Geoinformationssysteme), das bergmännische Vermes-sungswesen (Markscheidewesen) und das Seevermessungswesen.

Anomalie - Anomaly (1) (Geodäsie) Differenz zwischen einer Beobachtung an einem Ort und einer entsprechenden Modellgröße an einem Model-lort, z.B. die Schwereanomlie. (2) (Himmelsmechanik) Winkelangabe eines Himmelskörpers oder eines Satelliten zur Beschreibung seiner Position in der Bahn, gemessen vom Perizentrum aus (wahre Anomalie, exzentrische Anomalie, mittlere Anomalie).

Anti-Spoofing (A-S) - Anti-spoofing (A-S) GPS Sicherungsmassnahme. Bei aktiviertem A-S wird der P-Code durch Überlagerung mit dem geheimen W-Code in den verschlüsselten Y-Code verwandelt. Dadurch soll verhindert werden, dass ein möglicher Gegner den P-Code stören kann

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(englisch spoof). Für nicht autorisierte Nutzer steht dann nur der weniger genaue C/A-Code zur Verfügung. Da der C/A-Code ausschliesslich auf L1 abgestrahlt wird, kann der Code bei Nutzung der Trägerphasenmessung auf L2 zur Rekonstruktion der Trägerwellen nicht verwendet werden. Moderne Zweifrequenzempfänger bieten alternative Techniken zur Bereitstellung von L2 Trägerphasen, wobei jedoch die Qualität der Messgrössen stets geringer ist, als sie bei Verfügbarkeit des P-Codes wäre. Von Vorteil für die Mehrdeutigkeitslösung sind Techniken, bei denen die volle Wellenlänge auf L2 erzeugt wird.

Apex - Apex Fiktiver weit entfernter Punkt auf den ein Beobachter sich zu einem Zeitpunkt hinzuzubewegen scheint. Auf der Himmelsku-gel wird er durch die Verlängerung des instantanen Geschwindigkeitsvektors definiert.

APFS APFS (Apparent Places of Fundamental Stars), ein seit 1941 jährlich erscheinendes Verzeichnis scheinbarer (und mittlerer) Positionen von gegenwärtig 1535 Sternen des Fünften Fundamentalkatalogs (>FK 5). Es wird seit 1960 vom Astronomischen Rechen-Institut in Heidelberg herausgegeben. Enthält ebenfalls: Besselsche Tagzahlen zur Berechnung der jährlichen Aber-ration sowie Tafeln für kurzperiodische Nutationsglieder, für die Sternzeit bei 0 Uhr Weltzeit, für die Umwandlung von mittlerer Sonnenzeit in Sternzeit und umgekehrt und für die Korrekturen der täglichen Aberration.

Aphel - Aphelion Der sonnenfernste Punkt einer Bahn im Schwerefeld der Sonne; siehe auch >Perihel.

Apogäum - Apogee Der erdfernste Punkt einer Bahn im Schwerefeld der Erde; siehe auch >Perigäum.

Apsidenlinie - Line of apsides Die Verbindungslinie zwischen dem größten und kleinsten Abstand der Bahn eines Massenpunktes vom Zentrum des Kraft-feldes.

Äquator, (Erdäquator, geodätischer Äquator) - Equator Die Schnittlinie eines Referenzellipsoids mit der zur Rotationsachse des Ellipsoids senkrechten Ebene durch den Ellipsoid-mittelpunkt; >Himmelsäquator.

Äquatorialkoordinaten - Equatorial coordinates Die sphärischen Koordinaten Stundenwinkel bzw. Rektaszension und Deklination, bezogen auf das Himmelsäquatorsystem.

Äquatorialsystem - Equatorial system Ein System sphärischer Koordinaten mit dem >Himmelsäquator als Grundkreis und dem astronomischen Meridian oder dem Stundenkreis des Frühlingspunktes als Nullkreis.

Äquatorsystem, baryzentrisches mittleres - Equatorial system, barycentric mean Koordinatensystem mit dem Ursprung im >Baryzentrum. Die xy-Ebene ist durch die mittlere Äquatorebene, die Lage der x-Achse durch den mittleren >Frühlingspunkt einer Epoche bestimmt.

Äquatorsystem: baryzentrisches wahres - Equatorial system, barycentric true Koordinatensystem mit dem Ursprung im Baryzentrum. Die xy-Ebene ist durch die wahre Äquatorebene, die Lage der x-Achse durch den wahren >Frühlingspunkt einer Epoche bestimmt.

Äquinoktien, (Äquinoktialpunkte) - Equinoxes, (equinoctial points) Die Knoten der Ekliptik und des Himmelsäquators (> Frühlingspunkt, Tagundnachtgleichen)

Äquipotentialfläche, (Niveaufläche) - Equipotential surface, (levelling surface) Gesamtheit aller Punkte, in denen das >Gravitationspotential einen konstanten Wert aufweist. Der Gradient des Potentials

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steht immer senkrecht auf einer Äquipotentialfläche; die Gradienten in den Punkten einer Äquipotentialpäche haben i.A. verschiedene Beträge und Richtungen. Die Gleichung der Aquipotentialfläche des Potentials U lautet in rechtwinklig-kartesischen Koordinaten U(x,y,z) = const.

Äquivalenzprinzip - Equivalence principle Grundlegendes Prinzip für die Theorie der gravitativen Wechselwirkung. Das schwache Äquivalenzprinzip sagt aus, dass alle ungeladenen Probekörper unabhängig von ihrer Form und chemischen Zusammensetzung im Vakuum gleich schnell fallen. Mit Hilfe von Torsionswaagen ist diese Prinzip mit einer relativen Genauigkeit von besser als 10-11 experimentell bestätigt worden. Das schwache Äquivalenzprinzip impliziert, dass in einem hinreichend räumlich begrenzten, freifallenden System für eine gewisse Zeitspanne die Gesetze der Mechanik so ablaufen, als gäbe es kein äußeres Gravitationsfeld. In diesem Sinne können Gravitationskräfte lokal eliminiert werden, nicht jedoch differentielle Gravitationskräfte (Gezeitenkräfte), welche lokal mit Gradiometern vermessen werden können. Das Einsteinsche Äquivalenzprinzip verallgemeinert das schwa-che ÄP von der Mechanik auf alle nicht-gravitativen Gesetze der Physik: im lokalen freifallenden System laufen alle nicht-gravitativen Prozesse so ab, als gäbe es kein äußeres Gravitationsfeld. Die Gültigkeit des Einsteinschen ÄP impliziert, dass die Gravitation geometrisch, d.h. als Phänomen einer gekrümmten Raum-Zeit verstanden werden kann. Schließlich verallge-meinert das starke Äquivalenzprinzip das Einsteinsche auf selbstgravitierende Körper. Dies impliziert, dass auch für astro-nomische Körper mit nichtverschwindender gravitativer Selbstenergie, träge Masse und gravitative Masse übereinstimmen.

Äquivalenzprinzip, Einsteinsches - Equivalence principle, Einstein's Das Einsteinsche Äquivalenzprinzip verallgemeinert das >schwache Äquivalenzprinzip von der Mechanik auf alle nicht-gravitativen Gesetze der Physik: im lokalen freifallenden System laufen alle nicht-gravitativen Prozesse so ab, als gäbe es kein äußeres Gravitationsfeld.

Äquivalenzprinzip, schwaches - Equivalence principle, weak Das schwache Äquivalenzprinzip sagt aus, dass alle ungeladenen Probekörper unabhängig von ihrer Form und chemischen Zusammensetzung im Vakuum gleich schnell fallen.

Äquivalenzprinzip, starkes - Equivalence principle, strong Das starke Äquivalenzprinzip verallgemeinert das >Einsteinsche Äquivalenzprinzip auf selbstgravitierende Körper. Dies impliziert, dass für astronomische Körper mit nichtverschwindender gravitativer Selbstenergie träge Masse und gravitative Masse übereinstimmen.

Ära - Era Chronologisches System, bezogen auf einen Zeitpunkt.

Aspekt - Aspect Scheinbare Position eines Planeten oder des Mondes von der Erde aus.

Astasierung - Astatization Verfahren zur Empfindlichkeitssteigerung eines rotatorischen Federgravimeters, bei dem unter Ausnutzung der nichtlinearen Beziehung zwischen angreifender Schwerkraft und entgegenwirkender Federkraft durch Anpassung der Geometrie das stati-sche Gleichgewicht zum astatischen Zustand hin verschoben wird, so dass sich je differentieller Schwereänderung die Posi-tion der Probemasse stärker ändert. Veränderung der Astasierung als Teil der Justierung eines Gravimeters über die Neigung.

Astrogeodätische Lotabweichung - Astrogeodetic deflection of the vertical Winkel zwischen der Lotrichtung in einem Punkt und der diesem Punkt durch eine Projektion zugeordneten Normalen auf einem Rotationsellipsoid. Die astrogeodätische Lotabweichung ist vom zugrunde gelegten Rotationsellipsoid abhängig und wird deshalb auch relative Lotabweichung genannt. Sie kann in zwei Komponenten aufgespalten werden, in die Lotabwei-chung in Länge (longitudinale Lotabweichungskomponente) und die Lotabweichung in Breite (meridionale Lotabweichungs-komponente). Die astrogeodätische Lotabweichung tritt bei der Transformation zwischen lokalen Koordinatensystemen auf. Unter der Annahme paralleler Achsen der beiden globalen Koordinatensysteme (globales geozentrisches Koordinatensystem bzw. konventionelles geodätisches Koordinatensystem) können die Lotabweichungskomponenten mit den Methoden der Geodätischen Astronomie bestimmt werden, vorausgesetzt die zugehörigen ellipsoidischen Koordinaten sind verfügbar.

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Astrogeodätische Lotabweichungsausgleichung >Astronomisch-geodätische Lotabweichungsausgleichung.

Astrogeodätisches Nivellement - Astrogeodetic levelling >Astronomisches Nivellement.

Astrogravimetrisches Nivellement - Astrogravimetric levelling >Astronomisch-gravimetrisches Nivellement.

Astrometrie - Astrometry Astronomische Disziplin, welche Positionen, Bewegungen, Dimensionen und Strukturen von Himmelsobjekten liefert. Zu diesen Himmelskörpern zählen insbesondere: extragalaktische Quellen wie z.B. Quasare, Galaxien, Sterne, Planeten und deren Monde, Asteroiden und Kometen. Die Astrometrie schafft die Grundlage für die Bahnbestimmung der Himmelskörper, die Ableitung von Eigenbewegungen und Entfernungen zu Fixsternen sowie die genaue Zeitbestimmung und -haltung. Die Ergebnisse der Astrometrie sind in Positionskatalogen, sog. >Fundamentalkatalogen, z.B. >FK5, niedergelegt. Die Astro-metrie von Sternen liefert wichtige Information über Bau und Dynamik von Galaxien oder stellaren Gruppen. Bis vor weni-gen Jahren diente dies der Realisierung eines fundamentalen Referenzsystems. Heutzutage wird das internationale Himmels-Referenzsystem (ICRS) durch astrometrische Vermessung extragalaktischer Radioquellen realisiert. Zu den astrometrischen Beobachtungsverfahren zählen im Fall der lokalen Astrometrie: photografische- und digitale CCD-Aufnahmen von Him-melsausschnitten, photometrische Vermessung astronomischer Objekte, Speckle Interferometrie, Michelson Interferometrie und die Radiointerferometrie. In der globalen Astrometrie beobachtet man an Meridiankreisen, Transitinstrumenten oder Astrolabien, sowie mit dem astrometrischen Satellit Hipparcos. Eine besonders wichtige Rolle spielt hier auch die Radioin-terferometrie auf langen Basislinien (>VLBI). Mit der VLBI sind heute Winkeldifferenzen von weniger als 1 mas (Millibo-gensekunde) im Radiobereich messbar. Positionen und Parallaxen ausgewählter Sterne konnten mit Hipparcos mit einer Genauigkeit von etwa 1 mas bestimmt werden.

Astrometrische Ephemeriden - Astrometric ephemeris Ephemeride eines Körpers des Sonnensystems; die Positionen entsprechen den mittleren Örtern eines Sternkatalogs zur Standardepoche. Eine astrometrische Position erhält man aus den geometrischen Positionen, die sich aus den Berechnungen, basierend auf einer bestimmten Gravitationstheorie ergeben, korrigierrt um die Lichtlaufzeit und - vor 1984 - um den E-Term der jährlichen Aberration.

Astronomische Azimutbestimmung - Determination of the astronomical azimuth Messung des Horizontalwinkels zwischen dem Meridian eines Beobachtungsortes und dem Vertikal eines Gestirns zu einem Beobachtungszeitpunkt. Wird zum gleichen Zeitpunkt der Horizontalwinkel gemessen, so ergibt sich im Beobachtungsort das astronomische Azimut des irdischen Ziels (der Mire) durch Differenzbildung.

Astronomische Beobachtung - Astronomic(al) observation Messende Verfolgung eines astronomischen bzw. kosmischen Vorgangs.

Astronomische Breite - Astronomical latitude >Astronomische Koordinaten.

Astronomische Breitenbestimmung - Determination of astronomical latitude Ableitung des Winkels zwischen der Lotrichtung an einem Ort der Erdoberfläche und der Äquatorebene (astronomisches Dreieck). Die praktikabelsten Verfahren ergeben sich aus Höhendurchgangsbeobachtungen im zirkummeridianen Bereich. Nach der Sterneck-Methode werden Zenitdistanzen (Zenitwinkel) von nördlich und südlich des Zenits kulminierenden Ster-nen gemessen und daraus die Breite abgeleitet. Durch Beobachtung mehrere solcher Sternkombinationen und regelmäßigen Wechsel der Fernrohrlagen werden Nullpunktfehler des vertikalen Meßkreises und restliche Refraktionseinflüsse minimiert. Eine Verfeinerung wird durch die Horrebow-Talcott-Methode erreicht. Hierbei wird die Zenitdistanzdifferenz so klein ge-wählt, daß Nord- und Südstern nacheinander durch das Gesichtsfeld des zwischen den Durchgängen der beiden Sterne um 180° in Azimut gedrehten Fernrohrs laufen, ohne dass dessen Zenitdistanz verändert werden muss. Letzteres wird durch eine am Fernrohr anklemmbare Horrebowlibelle sichergestellt. Die Zenitdistanzdifferenz wird mit einem Okularmikrometer (mit verstellbarem Horizontalfaden) gemessen.

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Astronomische Dämmerung - Astronomic(al) twilight >Dämmerung

Astronomische Dunkelheit - Astronomical darkness Zeit zwischen Ende der astronomischen Abenddämmerung und Anfang der astronomischen Morgendämmerung.

Astronomische Einheit (AU) - Astronomical Unit (AU) Radius der ungestörten Bahn eines Körpers verschwindender Masse (Massenpunkt), der die Sonne in 2Pi/k Tagen einmal umrundet; k ist die Gaußsche Gravitationskonstante. Dies ist etwas weniger als die große Halbachse der Erdbahn und ent-spricht der mittleren Entfernung der Erde zur Sonne (149 597 871 km). Schwierigkeiten bei der Definition der Astronomi-schen Einheit gibt es im Rahmen der Relativitätstheorie.

Astronomische Geodäsie - Astronomic(al) geodesy Aufgabenbereich der Geodäsie, der die Ableitung geodätischer Beziehungen mit Hilfe astronomischer Objekte beinhaltet. Es werden Erkenntnisse der geodätischen Astronomie zur Bestimmung geodätischer und physikalischer Größen am Erdkörper genutzt, so z.B. zur Orientierung geodätischer Dreiecksnetze auf der Bezugsfläche des jeweiligen Erdmodells oder zur Ablei-tung bestimmter Schwerefeldparameter in diesen Bezugssystemen (Lotabweichung, Geoidhöhe, astronomisches Nivelle-ment).

Astronomische Jahrbücher - Astronomical almanac Jährlich erscheinende Verzeichnisse astronomischer Daten. Die wichtigsten sind: 'Apparent Places of Fundamental Stars (APFS)' (herausgegeben vom Astronomischen Recheninstitut, Heidelberg), 'The Astronomical Almanac' (United States Naval Observatory, Washington und Nautical Almanac Office, London) und das vom Institut für Angewandte Astronomie in St.Petersburg herausgegebene russische Jahrbuch.

Astronomische Koordinaten - Astronomical coordinates Kugelkoordinaten (astronomische Breite, astronomische Länge) zur Beschreibung der Zenit- bzw. der Lotrichtung in einem Punkt. Sie bilden zusammen mit dem Wert für das Schwerepotential die >natürlichen Koordinaten.

Astronomische Länge - Astronmical longitude >Astronomische Koordinaten

Astronomische Nutation - Astronomical nutation Periodische Schwankungen der Rotations-, Drehimpuls- und Figuren-Achse der Erde, hervorgerufen durch zeitlich variieren-de Drehmomente. Diese kommen durch veränderliche gravitative Wirkungen von Mond, Sonne und Planeten auf die abge-plattete Erde zustande. Der dominante Beitrag kommt dadurch zustande, dass die Mondbahnebene um ca. 5° gegen die Eklip-tik geneigt ist. Dies führt zu periodischen Schwankungen des Himmelsäquators gegen die Ekliptik, die sogenannte Nutation in der Schiefe. Die astronomische Nutation kommt auch teilweise dadurch zustande, dass die Erdbahn um die Sonne und die Mondbahn um die Erde exzentrisch sind. Dies führt zur Nutation in der Länge. Theoretische Werte dafür werden mit Hilfe von Nutationsreihen berechnet. Differenzen zu errechneten Werten (Offsets) können experimentell mit Hilfe der >VLBI bestimmt werden.

Astronomische Ortsbestimmung - Astronomical positioning Bestimmung von Zenitrichtungen in Punkten auf der Erdoberfläche aus astronomischen Messungen. So bestimmte sphäri-sche Polarkoordinaten sind die astronomische Breite und die astronomische Länge, die sich von den entsprechenden geodäti-schen Größen, geodätische Breite und Länge unterscheiden. Erstere beziehen sich auf das Schwerefeld, letztere auf das El-lipsoid. Zu den Elementen der Ortsbestimmung zählt auch das astronomische Azimut eines Gestirns oder einer terrestrischen Richtung. Die astronomische Ortsbestimmung einschließlich großer Teile der sphärischen Astronomie wird auch als geodäti-sche Astronomie bezeichnet, sie ist ein Teilgebiet der >Astrometrie. Prinzipiell kann man astronomische Ortsbestimmungen aus der Messung von Gestirnshöhen oder von azimutalen Richtungen oder kombiniert aus beiden bei genauer Zeiterfassung ableiten. Aus dem >astronomischen Dreieck (Himmelspol-Zenit-Gestirn) findet man durch partielle Differentiation Formeln, mit deren Hilfe man das optimale Messungsverfahren zur Bestimmung eines oder simultan mehrerer Elemente finden kann. Zur Systematisierung der Verfahren teilt man ein in diejenigen, die den Zeitpunkt und den Höhenwinkel eines Gestirns ermit-teln (Höhendurchgangszeiten) und in diejenigen, die den Zeitpunkt und die optimale Richtung eines Gestirns zu messen gestatten (Vertikaldurchgangszeiten).

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Astronomische Refraktion - Astronomical refraction Ablenkung eines Lichtstrahles bei seinem Weg durch die Atmosphäre. Aufgrund des variablen Brechungsindexes in der Erdatmosphäre wird ein von einem astronomischen Objekt herrührender Lichtstrahl stetig zum Lot hin abgelenkt. Sterne erscheinen daher aufgrund der astronomischen Refraktion unter zu kleiner Zenitdistanz. Die Refraktionskorrektur ergibt sich in einem Kugelschalenmodell der Erdatmosphäre aus einem Integral, wobei der Brechungsindex zur Auswertung des Integra-les über den ganzen Lichtweg in der Atmosphäre bekannt sein müßte. Er hängt dabei von meteorologischen Daten (Dichte, Druck, Temperatur, Feuchte) ab. Aus einfachen Atmosphärenmodellen ergeben sich Näherungsformeln, wobei der Druck und die Temperatur am Ort des Beobachters benötigt werden. In der Praxis finden oft auch Refraktionstafeln Verwendung, die sich auf spezielle Werte der Temperatur und des Druckes (Standardatmosphäre) beziehen. Solche Werte sind noch wegen Temperatur und Luftdruck am Beobachtungsort zu korrigieren.

Astronomische Zeit- und Längenbstimmung - Astronomical determination of time and longitude Ermittlung der Ortszeit einer Beobachtungsstation aus astronomischen Messungen. Aus der Differenz zweier Ortszeiten für ein und dasselbe astronomische Ereignis erhält man die astronomische Längendifferenz der beiden Beobachtungsorte. Zur Ableitung der Ortszeit muß der Stundenwinkel eines Gestirns ermittelt werden. Die Länge aus Zeitbestimmungen wird dann mit den geringsten Fehlereinflüssen abgeleitet, wenn - Durchgangsbeobachtungen im Meridian (bzw. Zirkummeridian), - Höhen- oder Durchgangszeiten nahe dem I. Vertikal. durchgeführt werden. Für erstere ist das Passageinstrument wegen seiner prinzipiellen Einfachheit das klassische Instrument der Wahl. Restfehler bei der Justierung und Aufstellung des Gerätes werden mit Hilfe der Mayerschen Formel berücksichtigt. Die wesentlichen Parameter dieser Formel sind die Achsneigung gegen die Horizontale und gegen die Meridianebene sowie der Zielachsenfehler. Die entsprechenden Größen werden mit Zusatzeinrichtungen (Achslibelle) und durch die Meßanord-nung bestimmt oder eliminiert. Für Zeitbestimmungen aus Höhenmessungen nahe dem I. Vertikal wird die Zinger-Methode wegen des geringen instrumentellen Aufwandes, insbesondere bei Feldmessungen zur Triangulation gern angewendet. Hier-bei handelt es sich um die Messung korrespondierender Höhen von vorausgewählten Sternpaaren in der Nähe des I. Verti-kals. Die Zeit des Höhendurchgangs des östlichen und des westlichen Sterns durch den gleichen Höhenkreis (Almukantarat) wird registriert. Die Höhengleichheit beider Sterne wird mittels einer Horrebow-Libelle gewährleistet. Wie eingangs be-merkt, werden durch gleichzeitige Messungen (d.h. auf die gleiche Zeit reduzierte Messungen) astronomische Längendiffe-renzen erhalten. Man nennt das Verfahren zweiseitige Längenbestimmung. Bei Verwendung von Radiozeitsignalen nach Weltzeit oder von Funkuhren genügen astronomische Zeitbestimmungen an einem Ort, wobei der Zeitanschluß direkt an die Weltzeit erfolgt. Man spricht von einseitigen Längen, die wegen des direkten Anschlusses an den Meridian von Greenwich "absolut" in einem internationalen System sind.

Astronomischer Almanach, ("The Astronomical Almanac") - Astronomical Almanac, ("The Astronomical Almanac") Astronomisches Jahrbuch, das seit 1981 vom U.S. Naval Observatory (Washington) und dem Royal Greenwich Observatory (London) herausgegeben wird. Es ist aus der Vereinigung des seit 1855 publizierten amerikanischen Jahrbuches 'The Ameri-can Ephemeris and Nautical Almanac' und des seit 1767 erscheinenden englischen Werkes 'The Astronomical Ephemeris' hervorgegangen. In ihm findet man Ephemeriden der Sonne, des Mondes, der großen Planeten und deren Monde, von Klein-planeten und Kometen, Sternpositionen bezogen auf den mittleren Aquator und das mittlere Aquinoktium für eine Epoche in der Mitte des jeweiligen Jahres sowie Hilfsmittel für die astronomische Datenauswertung.

Astronomischer Horizont - Astronomical horizon Der dem Zenit als Pol zugeordnete Großkreis. Der Zenit ist dabei durch die >Lotrichtung des Beobachtungsstandortes be-stimmt.

Astronomischer Zenit - Astronomical zenith Richtung der z-Achse eines >topozentrischen astronomischen Koordinatensystems (nach außen gerichtete Tangente an die Lotlinie im betreffenden Standort).

Astronomisches Azimut - Astronomical azimuth Horizontalwinkel in einem >topozentrischen astronomischen Koordinatensystem, bezogen auf die astronomische Nordrich-tung (astronomischer Meridian). In der Geodäsie wird das astronomische Azimut von Norden über Osten positiv gezählt.

Astronomisches Dreieck - Astronomic(al) triangle Sphärisches Dreieck auf der Himmelskugel (Richtungskugel), welches durch ein Gestirn, den nördlichen Himmelspol und den Zenit eines Beobachters als Eckpunkte definiert wird. Die Innenwinkel hängen davon ab, ob der Stern westlich oder östlich vom Meridian steht. Eine andere Bezeichnung für das astronomische Dreieck ist "nautisches Dreieck".

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Astronomisches Jahr - Astronomical year Im Gegensatz zum >bürgerlichen Jahr umfasst das astronomische Jahr genau den Zeitraum, der für einen Umlauf der Erde um die Sonne benötigt wird. Es handelt sich um eine nichtganzzahlige Grösse, was die Realisierung eines Kalenders proble-matisch gestaltet. Von praktischer Bedeutung ist das >tropische Jahr.

Astronomisches Nivellement (astrogeodätisches Nivellement) - Astronomic(al) levelling (astrogeodetic levelling) Methode zur Bestimmung des Unterschiedes der Geoidhöhen zweier Punkte A und B mit Hilfe der >astrogeodätischen Lot-abweichungen längs des Meßweges. Die Komponenten der astrogeodätischen Lotabweichungen in den Dis-kretisierungspunkten ergeben sich als Differenzen der Zenitrichtungen des topozentrischen astronomischen Koordinatensys-tems und des lokalen ellipsoidischen Koordinatensystem mit den Ursprüngen in den hinreichend nahe beieinander liegenden Zwischenpunkten des Profils zwischen den beiden Punkten A und B. Für Profile entlang der Erdoberfläche, die nicht mit dem Geoid zusammenfällt, ist die orthometrische Reduktion anzubringen. Die orthometrische Reduktion erfaßt die Krüm-mung der Lotlinien zwischen Geoid- und Oberflächenpunkten.

Astronomisch-geodätische Geoidbestimmung - Astronomic-geodetic geoid determination Bestimmung des >Geoides mit Hilfe des >astronomischen Nivellements. Das auf diese Weise bestimmbare Geoid ist relativ, da mit dem astronomischen Nivellement nur Geoidhöhenunterschiede bestimmt werden können. Die im Prinzip linienweise Bestimmung des Geoides kann auf eine flächenhafte Bestimmung erweitert werden.

Astronomisch-geodätische Lotabweichung - Astronomic-geodetic deflection of the vertical Differenzen der Zenitrichtungen des >topozentrischen astronomischen Koordinatensystems und des >lokalen ellipsoidischen Koordinatensystems. Die astronomisch-geodätischen Lotabweichungen sind relative Lotabweichung, da sie von den Verein-barungen des zugrunde gelegten Ellipsoides abhängen. Sie können flächenhaft durch eine astronomisch-geodätische Netz-ausgleichung gewonnen werden.

Astronomisch-geodätische Lotabweichungsausgleichung >Astronomisch-geodätische Netzausgleichung.

Astronomisch-geodätische Methoden - Astronomic-geodetic methods Methoden der Erdmessung, die auf den astronomischen Bestimmungen von Breite, Länge und Azimut sowie auf den geodä-tischen Verfahren der Triangulation und Trilateration beruhen.

Astronomisch-geodätische Netzausgleichung - Astronomic-geodetic net adjustment Ausgleichung eines geodätischen Netzes unter Einbeziehung astronomischer Beobachtungen. Werden die Ellipsoidparameter mitbestimmt, so gelingt die Bestimmung eines >bestanschließenden Ellipsoides. Die Ausgleichung kann als >translative Lotabweichungsausgleichung oder als >projektive Lotabweichungsausgleichung durchgeführt werden.

Astronomisch-gravimetrisches Nivellement (astrogravimetrisches Nivellement) - Astronomic-gravimetric levelling (astro-gravimetric levelling) Methode zur Bestimmung des Unterschiedes der Geoidhöhen bzw. der Quasigeoidhöhen zweier Punkte mit Hilfe einer Kombination der >astronomisch-geodätischen Geoidbestimmung und der >gravimetrischen Geoidbestimmung (bzw. gravi-metrischen Interpolation).

Atmosphäre - Atmosphere Gasförmiger Teil der Erde außerhalb der festen und flüssigen Erdmassen.

Atmosphärengezeiten - Atmospheric tides Gezeiten der Atmosphäre, verursacht durch die primären gezeitenerzeugenden Massen von Sonne und Mond; bedeutsamer noch sind die von den Massenverlagerungen der Atmosphäre, z.B. durch thermische Ausdehnung, verursachten direkten und durch Auflasteffekte verursachten indirekten Gezeiteneffekte.

Atmosphärische Refraktion - Atmospheric(al) refraction Zusammenfassung aller Refraktionseffekte in der neutralen Atmosphäre, im Gegensatz zur ionosphärischen Refraktion der

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elektrisch geladenen Atmosphäre. Die a. R. kann unterteilt werden in einen trockenen Anteil und einen feuchten Anteil. Der trockene Anteil der a. R. wird in der Hauptsache durch induzierte Dipolmomente der N2- und der O2-Moleküle verursacht, während der feuchte Anteil durch das permanente Dipolmoment des Wasserdampfes (H2O) bewirkt wird. Die a. R. wird i.A. durch den Brechungsindex und seine horizontalen und vertikalen Änderungen charakterisiert. Elektrooptische und elektro-magnetische Messverfahren reagieren sehr unterschiedlich auf die beiden Refraktionsanteile. Elektrooptische Signalwellen reagieren dispersiv, d.h. in Abhängigkeit von der Wellenlänge, während sich elektromagnetische Signalwellen in dem für Messzwecke benutzten Frequenzfenster nicht-dispersiv verhalten. Elektrooptische Wellen reagieren fast gar nicht auf Was-serdampf, elektromagnetische aber vergleichsweise stark. Liegen Sender und Empfänger an der Erdoberfläche, so spricht man auch von terrestrischer Refraktion.

Atomsekunde - Atomic second >SI-Sekunde.

Atomuhr - Atomic clock Uhr, deren Takt aus einem periodischen Vorgang auf atomarer Ebene abgeleitet wird (>Caesiumuhr, >SI-Sekunde).

Atomzeit - Atomic time Die durch die Summation der gleichförmigen Schwingungen von Atomresonanten gebildete Zeitskala, deren Nullpunkt willkürlich so festgesetzt wurde, daß die Atomzeit mit der Weltzeit am 1. Januar 1958 um 0 Uhr Weltzeit übereinstimmte. Wichtig ist die internationale Einigung auf >TAI.

Aufgang eines Gestirns - Rising of a star Der Durchgang eines Gestirns durch den aufsteigenden Knoten seiner Bahn auf dem scheinbaren Horizont.

Aufpunkt - Computation point Punkt, in dem Feldgrößen der Potentialtheorie berechnet oder gemessen werden, z.B. Werte des >Gravitationspotentials in einem Punkt.

Aufsteigender Knoten - Ascending node Punkt, in dem ein Gestirn bei der Bewegung in seiner Bahn auf die mathematisch positive Seite einer Bezugsebene übertritt.

Auge-Ohr-Verfahren - "Eye and ear" method of observation Verfahren zur Erfassung der Uhrzeit, bei dem der Beobachter die hörbaren Sekundenschläge der Uhr mitzählt und den Ein-tritt eines bestimmten Ereignisses, z.B. einer Sternbedeckung, nach Zehntelsekunden schätzt.

Ausgleichungsrechnung (Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate) - Adjustment theory (Least squares adjustment) Rechenverfahren zur Bearbeitung von Beobachtungen, die mit zufälligen Fehlern behaftet sind, wobei die (gewichtete) Quadratsumme der sog. Residuen (Beobachtungsverbesserungen) minimiert wird. Die Ausgleichungsrechnung wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts von A.M. Legendre und C.F. Gauß unabhängig voneinander gefunden. Die heute in der Geodä-sie am meisten benutzte Variante ist die Ausgleichung nach vermittelnden Beobachtungen: der funktionale Zusammenhang zwischen einer Beobachtung und den unbekannten Parametern wird durch die i.allg. nichtlinearen Beobachtungsgleichungen hergestellt. Liegen mehr Beobachtungen als zu bestimmende Parameter vor, so sind die funktionalen Beziehungen gewöhn-lich inkonsistent, so dass gewisse Inkonsistenzparameter, die sog. Beobachtungsverbesserungen, zu den Beobachtungswerten addiert werden. Um diese eindeutig zu bestimmen, wird ferner gefordert, dass die Quadratsumme der Residuen minimal wird. Eventuelle Unterschiede in der Genauigkeit der Beobachtungen können mittels der Beobachtungsgewichte berücksich-tigt werden. Die Ausgleichungsrechnung wird in der Geodäsie intensiv bei der Auswertung geodätischer Beobachtungen, insbesondere im Rahmen der >Netzausgleichung, verwendet. Erweiterungen des oben beschriebenen Konzepts betreffen die Auswertung korrelierter Beobachtungen (Gewichtsmatrix ist eine voll besetzte Matrix), die Anwendung auf nicht spaltenre-guläre Designmatrizen (Normalgleichungsmatrix ist singulär), die Berücksichtigung von linearen Bedingungen zwischen den Parametern, die statistische Interpretation und die Verwendung von Hypothesentests (>Gauß-Markov-Modell) und die Ein-beziehung von stochastischen Parametern (Kollokation).

Azimut (astromisches, geodätisches) - Azimuth (astronomic, geodetic) (1) Astronomisches Azimut: Der Winkel, den der durch einen Punkt an der Himmelskugel hindurchgehende Höhenkreis mit

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dem >astronomischen Meridian bildet; für geodätische Zwecke wird das astronomische Azimut von Norden über Osten positiv gezählt. (2) Geodätisches Azimut: Der Winkel, den eine definierte Kurve auf einer Bezugsfläche (z.B. die geodätische Linie auf einem Rotationsellipsoid) mit dem >geodätischen Meridian in einem betrachteten Punkt einschließt; das geodätische Azimut wird in der Regel von Norden über Osten positiv gezählt.

Azimut der geodätischen Linie - Azimuth of the geodetic line Winkel zwischen der nach Norden ausgerichteten Tangente an die Meridianellipse in einem Punkt des Rotationsellipsoids und der Tangente der durch diesen Punkt verlaufenden geodätischen Linie (>geodätisches Azimut). Das Azimut wird von Norden ausgehend über Osten positiv gezählt.

Azimut des Normalschnitts - Azimuth of normal section Winkel zwischen der nach Norden ausgerichteten Tangente an die Meridianellipse in einem Punkt des Rotationsellipsoids und der Tangente des durch diesen Punkt verlaufenden Normalschnittbogens (>Kurventheorie, >Normalschnitt).

Azimutale Lotabweichungskomponente - Deflection of the vertical (azimuth component) >Lotabweichungskomponente in der Horizontebene

Azimutale Montierung - Azimuth mounting Teleskopmontierung, bei der eine Achse (Azimutalachse) in Lotrichtung weist und die zweite in der Horizontebene liegt (>parallaktische Montierung).

Azimutgleiche - Circle of equal azimuths Verbindungslinie aller Erdorte, in denen ein bestimmtes Gestirn zum selben Zeitpunkt unter gleichem Azimut erscheint.

B1950.0 Besselsche Epoche; Anfang des >Besselschen Jahres 1950, entspricht dem >bürgerlichen Datum 31.12.1949, 22:09:39,93. Sie bildet die Fundamentalepoche des >FK4

Bahn - Orbit Bahn eines Himmelskörpers oder eines künstlichen Erdsatelliten.

Bahnbestimmung - Orbit determination Bestimmung der Bahn eines kräftefrei bewegten Objektes (Satellit, Planet), insbesondere die Bestimmung der Bahnelemente des >Zweikörperproblems unter Berücksichtigung des Einflusses störender Massen, >Störungsrechnung.

Bahndrehimpuls - Moment of momentum of the orbit Drehimpulsvektor der Satellitenbewegung; er ergibt sich als Kreuzprodukt von Orts- und Geschwindigkeitsvektor und steht somit senkrecht auf der Bahnebene. Bei der ungestörten >Keplerbewegung ist der Bahndrehimpuls in Betrag und Richtung konstant und entspricht dem 2. >Keplerschen Gesetz.

Bahnebene - Orbital plane Durch Orts- und Geschwindigkeitsvektor eines (künstlichen) Satelliten oder Himmelskörpers definierte momentane Ebene. Die Lage der Bahnebene im Falle des Keplerproblems bzw. des Zweikörpersystems ist konstant im Inertialsystem. Sie wird durch die Bahnneigung und die Rektaszension des aufsteigenden Bahnknotens beschrieben.

Bahnelemente - Orbital elements Satz von sechs, den Integrationskonstanten gleichwertigen Parametern zur Beschreibung der Bewegung eines punktförmigen Massenteilchens. Ein Beispiel sind die sechs frei wählbaren Inetgrationskonstanten des Keplerproblems. Die Lage einer elliptischen Keplerbahn kann im raumfesten Koordinatensystem durch die drei Richtungselemente (Bahnneigung, Rektas-zension des aufsteigenden Bahnknotens, Argument des Perizentrums) beschrieben werden (Keplersche Bahnelemente der Lage). Zwei Gestaltelement beschreiben die Form der Bahn (große Halbachse, numerische Exzentrizität). Die Perizentrums-durchgangszeit ist das sechste Bahnelement einer Keplerbahn. Die Bahn eines Masseteilchens in einem beliebigen Kraftfeld

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kann durch die oskulierenden Bahnelemente angegeben werden. Für gewisse Zwecke sind mittlere Bahnelemente von Bedeu-tung.

Bahnexzentrizität - Orbit excentricity Numerische Exzentrizität der elliptischen Bahn eines Himmelskörpers (Satellit, Planet).

Bahnmechanik - Orbit mechanics Gesetze der Mechanik zur Beschreibung der Bewegung von Massenkörpern unter Gravitationswechselwirkung.

Bahnneigung - Inclination Neigungswinkel der Bahnebene eines Himmelskörpers gegen eine Bezugsebene (Äquatorebene, Ekliptikebene, etc.) eines Inertialsystems.

Bahnspur - Orbit trace Orthogonale Projektion der Satellitenbahn auf ein mittleres Erdellipsoid bzw. auf die Erdkugel.

Ballistische Meßkamera - Ballistic camera Langbrennweitige Meßkamera für Satellitenphotographie zur Richtungsmessung nach künstlichen Satelliten.

Ballistisches Gravimeter - Ballistic gravimeter Spezialfall eines Beschleunigungsmessers; Sammelbezeichnung für Freifall-Gravimeter und Frei-Wurf-und-Fall-Gravimeter, bei der die freie (vertikale) Trajektorie einer bewegten Probemasse vermessen wird; im Gegensatz zum statischen Gravime-ter, >Relativgravimeter mit ruhender Probemasse; Entwurfsprinzip moderner >Absolutgravimeter.

Ballonsatellit - Balloon satellite Ballonförmiger künstlicher Erdsatellit mit reflektierender Oberfläche.

Baryzentrisch - Barycentric Auf den Massenmittelpunkt eines Systems von Massenpunkten bezogen.

Baryzentrisch dynamische Zeit - Barycentric dynamical time >TDB (Temps Dynamique Barycentrique)

Baryzentrische Koordinaten - Barycentric coordinates Koordinaten eines Systems von Massenkörpern, dessen Nullpunkt im Massenmittelpunkt dieser Massen liegt.

Baryzentrische Koordinatenzeit - Barycentric coordinate time >TCB

Baryzentrum - Barycenter Massenmittelpunkt eines Systems von Massenkörpern (in der Regel des ganzen Sonnensystems, bzw. des Erde-Mond-Systems).

Bedeckung - Occultation Enge Konjunktion zweier Himmelskörper, bei welcher der entferntere durch das Dazwischentreten des näheren ganz oder teilweise verdeckt wird; >Finsternis, Sonnenfinsternis, Sternbedeckung. Mit Hilfe von Sternbedeckungen durch den Mond gewinnt man beispielsweise Informationen über das Randprofil des Mondes.

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Beleuchtungsdefekt - Defect of illumination Winkelbetrag der Scheibe des Mondes oder eines Planeten, der aus der Sicht eines Beobachters auf der Erde nicht beleuchtet ist.

Bergmännisches Vermessungswesen >Markscheidewesen.

Beschleunigungsmesser (Akzelerometer) - Accelerometer Vorrichtung zur Bestimmung der Beschleunigung durch Beobachtung einer Probemasse gegenüber einem Gehäuse. Die Beobachtung der Position der Probemasse kann beispielsweise optisch, kapazitiv, resistiv oder elektromagnetisch erfolgen. Die Federkraft kann durch eine mechanische Feder, eine elektrostatische (kapazitiver B., elektromagnetische (z.B. supralei-tender B.) oder piezoelektrische Kraft oder durch eine Kombination dargestellt werden. Üblich ist die Rückstellung der Pro-bemasse in eine Nulllage entweder durch Verschiebung des Federangriffspunktes oder Veränderung der Federkraft sowie eine Verknüpfung von Positions-Ablesung und Federänderung durch einen Regelkreis. Die Parameter sowie die Auslegung des Regelkreises führen insgesamt zu einer (komplexen) Übertragungsfunktion zwischen Beschleunigungseingang und Sig-nalausgang, die durch frequenzabhängige Eichfunktion und Phasenverzögerung beschrieben werden kann. Beschleuni-gungsmesser (B) werden je nach Auslegung in zahlreichen Bereichen verwendet: Ein >Seismometer ist ein B geringer Dämpfung und niederer Eigenfrequenz im Verhältnis zu der Anregungsfrequenz. Für technische Vibrationsmessungen sind hohe Eigenfrequenz (über der zu messenden), ein angemessenes Dämpfungsverhältnis und hohe Schockfestigkeit nötig. Für die >Trägheitsnavigation benötigt man insbesondere hohe Präzision und eine Übertragungsfunktion, die den Frequenzbereich der Postionsänderung linear abdeckt, höhere Störfrequenzen jedoch sperrt. Je nach Anwendung gewinnen mikromechanische B an Bedeutung, deren Fertigung der Halbleiterchipfertigung ähnelt. Es gibt auch B mit nur einer Probemasse, aber zwei bzw. drei (zueinander orthogonalen) sensitiven Achsen.

Bessel-Ellipsoid - Bessel ellipsoid Von Bessel 1841 aus zehn Gradmessungen abgeleitetes Referenzellipsoid. Die große Halbachse des Ellipsoides beträgt 6377397m, die reziproke Abplattung 299,1528. Das Bessel-Ellipsoid liegt zahlreichen Landesvermessungen West- und Mitteleuropas zugrunde. Es wurde auch als Bezugsfläche des >Deutschen Hauptdreiecksnetzes DHDN 1990 verwendet.

Besselsche Gleichung - Bessel's equation Differentialgleichung, deren Lösung die bekannten Bessel-Funktionen sind. Sie taucht oft bei Problemen mit Zylindersym-metrie auf.

Besselsche Elemente - Elements, Besselian Tabulierte Größen zur Berechnung genauer Voraussagen von Bedeckungen für Punkte des Erdraumes.

Besselsche Epoche - Besselian Epoch Bezeichnung für einen Zeitpunkt aufgrund der Dauer des tropischen Jahres, beginnend bei B1900.0, dem Anfang des Bessel-schen Jahres 1900. Zur Kennzeichnung wird der Jahreszahl ein 'B' vorangestellt.

Besselsches Jahr - Besselian year Tropisches Jahr, das jeweils dann beginnt, wenn die Rektaszension der mittleren, fiktiven Sonne (nach Newcomb) 18h 40m beträgt. Der Beginn des Besselschen Jahres fällt damit nahezu mit dem Anfang des bürgerlichen Jahres zusammen. Die Länge entspricht der des tropischen Jahres, ist mithin veränderlich. Wegen seiner variablen Länge ist das Besseljahr nicht mehr in Gebrauch.

Beugung - (ray) bending a) Diffraktion. Trifft eine Wellenfront auf ein Hindernis mit einem Spalt, wird die Welle dort scheinbar gebeugt. Nach dem Huygensschen Prinzip ist jeder Punkt, der von einer Welle durchlaufen wird, der Ausgangspunkt einer neuen Welle. Hinter dem Spalt sind dann nur noch am Spalt entstandene Elementarwellen und ihre Interferenzerscheinungen vorhanden, die sich in alle Richtungen ausbreiten. b) kontinuierliche differentielle Änderung der Richtung eines elektro-optischen oder -magnetischen Strahls beim Durchdrin-gen von Schichten mit sich änderndem Brechungsindex

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Bewegungsgleichung eines Satelliten - Equation of motion of a satellite Vektorielle Differentialgleichung 2. Ordnung zur Beschreibung der Bewegung eines Körpers unter der Einwirkung von Kräften, so daß über sechs Integrationskonstanten (Anfangs- oder Randbedingungen) zu verfügen ist. Die Kräftefunktion besteht aus Volumenkräften (Gravitationskräften) und Oberflächenkräften (Strahlungsdruck, Luftwiderstand, etc.). Wird die Bewegungsgleichung nicht bzgl. eines >Inertialsystems formuliert, so sind noch die Trägheitskräfte (Trägheits-beschleunigungen) im beliebig rotierenden System zu berücksichtigen. Ihre Lösung liefert den Ort und die Geschwindigkeit des Körpers zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Die Integrationskonstanten können Anfangsort und Anfangsgeschwindigkeit oder (alternativ) die (daraus eindeutig berechenbaren) >Keplerschen Bahnelemente sein.

Bezugsellipsoid (Referenzellipsoid) - Reference ellipsoid Ellipsoid, das als geodätische Bezugsfläche verwendet wird; es ist in der Regel ein Rotationsellipsoid.

Bezugsfläche - Reference surface >Referenzfläche

Bezugsrahmen - Reference frame Realisierung und Materialisierung eines vereinbarten Bezugssystems durch die Angabe von Koordinaten ausgewählter Be-zugspunkte und durch die Festlegung weiterer Parameter, so daß es möglich ist, daran geodätisch anzuschließen. Man erhält damit einen vereinbarten Bezugsrahmen (Conventional Reference Frame - CTRF). Ein Beispiel ist die Definition eines ver-einbarten raumfesten kinematischen Bezugsrahmens auf der Grundlage eines Fundamentalkatalogs, beispielsweise des FK4 oder des FK5. Aus praktischen Gründen ist es notwendig, eine hinreichende Zahl von Bezugspunkten bereitzustellen. Des-halb ist es häufig notwendig, einen vereinbarten Bezugsrahmen zu erweitern und zu verdichten. Man erhält auf diese Weise einen sekundären vereinbarten Bezugsrahmen (secondary conventional reference frame), bzw. Bezugsrahmen niederer Ord-nung, wie sie in der Landesvermessung üblich sind. Man unterscheidet insbesondere vereinbarte erdfeste Bezugsrahmen (Conventional Terrestrial Reference Frames - CTRF) und vereinbarte raumfeste Bezugsrahmen (Conventional Celestial Reference Frames - CCRF). Von besonderer Bedeutung sind die Realisierungen des internationalen Erdrotationsdienstes IERS: (1) der IERS erdfeste Bezugsrahmen (ITRF - IERS Terrestrial Reference Frame), (2) und der IERS raumfeste Bezugsrahmen (ICRF - IERS Celestial Reference Frame). Die Zahlenwerte dieser Bezugsrahmen werden laufend den neuesten Meßergebnissen angepaßt. Zur Unterscheidung werden die Abkürzungen mit der entsprechenden Jahreszahl versehen, z.B., ITRF2000 und ICRF2000.

Bezugssystem - Reference system Ein mit Uhren und Maßstäben ausgestattetes materielles Gerüst, in dem es auf der Grundlage eines idealen theoretischen Konzeptes möglich ist, zeitliche und räumliche Abstände zwischen Ereignissen zu messen. Zwei Gruppen von Bezugssyste-men sind von Bedeutung: raumfeste Bezugssysteme (Celestial Reference Systems - CRS) und erdfeste Bezugssysteme (Ter-restrial Reference Systems - TRS). Die beiden Bezugssysteme sind durch die Rotation der Erde miteinander verbunden. Mit der Wahl eines theoretischen Konzeptes ist über die Struktur von Raum und Zeit verfügt und über die Art und Weise, Raum und Zeit auszumessen. Demnach kann zwischen der >Newtonschen Raumzeit, der >Minkowskischen Raumzeit und der nach der heutigen Auffassung gültigen >Einsteinschen Raumzeit unterschieden werden. Daneben muß entschieden werden, auf welche materiellen Objekte die theoretischen Aussagen und praktischen Messungen bezogen werden sollen, d.h., es ist eine entsprechende physikalische Struktur zu wählen. Dabei handelt es sich um physikalische Objekte, die als Träger eines Be-zugssystems dienen können. Träger raumfester Bezugssysteme können kompakte Radioquellen, Sterne, Planeten, Monde oder geeignet ausgerüstete Meßplattformen, wie zum Beispiel künstliche Erdsatelliten sein. Als Träger erdfester Bezugssys-teme kommen beispielsweise gewisse (infinitesimale) Bereiche der Erdkruste in Frage. Schließlich müssen die Relationen der Trägersysteme bekannt sein, die die physikalischen Eigenschaften der Träger beschreiben. Diese Relationen können kinematischer bzw. dynamischer Natur sein (kinematische Bezugssysteme, dynamische Bezugssysteme). Kinematische Relationen für die Trägersysteme raumfester Bezugssysteme sind beispielsweise Positionskataloge oder Ephemeriden der Trägerobjekte. Man spricht in diesem Fall von kinematischen raumfesten Bezugssystemen. Dynamische Relationen könnten durch die Gesamtheit der Bewegungsgleichungen der Träger beschrieben werden (dynamische Theorien). Dann handelt es sich um dynamische raumfeste Bezugssysteme. Die Relationen der Trägersysteme erdfester Bezugssysteme sind beispiels-weise durch die Beschreibung der Deformation der Erdkruste gegeben. Kinematische erdfeste Bezugssysteme können da-durch definiert werden, daß die Integrale über die translatorischen und rotatorischen Bewegungen der Trägerelemente als Teile der Erdoberfläche verschwinden. Dynamische erdfeste Bezugssysteme sind durch die Bilanzgleichungen und Material-gesetze des Kontinuums Erde definiert. Die hier genannten idealen Vorstellungen von einem Bezugssystem können nicht in allen Details umgesetzt werden. Aus diesem Grunde sind Bezugssysteme immer nur bestmögliche Approximationen eines idealen Bezugssystems. Die praktische Verwendung eines Bezugssystems erfordert, die zugrunde gelegte physikalische Struktur zu modellieren. Das Modell umfaßt die Zuordnung von numerischen Werten zu den fundamentalen Parametern des physikalischen Systems, das dem Bezugssystem zugrunde gelegt wurde. Die Wahl von Fundamentalkonstanten beruht auf den jeweils bestmöglichen Beobachtungen. Darin liegt eine gewisse Willkür, die durch internationale und allgemein akzep-tierte Vereinbarungen geregelt wird. Ein so spezifiziertes Bezugssystem bezeichnet man als vereinbartes Bezugssystem (Conventional Reference System - CRS). Modelle und numerische Werte des Systems von Fundamentalkonstanten werden

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beispielsweise von der IAU (Internationale Astronomische Union) bzw. der IUGG (Internationale Union für Geodäsie und Geophysik) den aktuellen Erkenntnissen laufend angepaßt. Ein Beispiel ist das raumfeste dynamische Bezugssystem, das auf den Bewegungen der Himmelskörper des Sonnensystems beruht. Hierzu sind die Massen der Planeten, gewisse Modelle für deren Gravitationswechselwirkungen und andere Konstanten festzulegen, wie zum Beispiel die Konstanten der Erdrotation, die in die Berechnung der Positionen der Planeten eingehen. Man unterscheidet insbesondere vereinbarte erdfeste Bezugssys-teme (Conventional Terrestrial Reference Systems - CTRS) und vereinbarte raumfeste Bezugssysteme (Conventional Ce-lestial Reference Systems - CCRS). Geodätische Modellbildung erfordert die gleichzeitige Verwendung der genannten Be-zugssysteme und deren Transformationsmodelle. Deshalb ist die Konsistenz der auf verschiedene Weise definierten Bezugs-systeme wichtig. Geodätische und astronomische Beobachtungen verknüpfen die verschiedenen Bezugssysteme. Dabei ergibt sich häufig die Notwendigkeit, Observable, die bezogen auf ein bewegtes Beobachtungssystem gewonnen wurden, in ein erdfestes Bezugssystem zu transformieren. Man denke beispielsweise an Schweremessungen auf Wasser-, Land- und Luft-fahrzeugen. Auch wenn ein Bezugssystem auf diese Weise festgelegt ist und Koordinaten in einem geeignet gewählten Ko-ordinatensystem angegeben werden können, ist es noch nicht dem Nutzer zugänglich gemacht. Es muß durch materielle Objekte vermarkt sein und durch hinreichend viele Koordinaten und Parameter so festgelegt sein, daß es möglich ist, daran anzuschließen. Die Menge solcher Parameter für ausgewählte Bezugspunkte definiert einen vereinbarten >Bezugsrahmen.

BGI (Bureau Gravimetrique International) - BGI (Bureau Gravimetrique International) Institution der Internationalen Assoziation für Geodäsie (IAG) mit Sitz in Toulouse, Frankreich, die weltweit gemessene Schwerewerte der Erde sammelt, archiviert, verarbeitet und für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung stellt.

BIH (Bureau International de l'Heure) - BIH (Bureau International de l'Heure) Ehemaliger Internationaler Zeitdienst mit Sitz in Paris, der die Zeitskalen, inbesondere die internationale Atomzeitskala TAI (Temps Atomique International) festlegte. Er wurde 1988 in den Internationalen Erdrotationsdienst IERS überführt.

BIPM (Bureau Internationale des Poids et Mesures) - BIPM (Bureau Internationale des Poids et Mesures) In Paris ansässiges Institut zur weltweiten Koordinierung der Atomzeit. Das BIPM übernahm 1988 die Aufgabe der Zeithal-tung vom BIH.

BKG Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (Frankfurt am Main)

Blitzlicht-Satellit - Flashing satellite Künstlicher Erdsatellit, der kurzzeitige Lichtsignale aussendet.

Bogenelement – Arc element Abstand zwischen infinitesimal benachbarten Kurvenpunkten. Integration über das Bogenelement der Kurve ergibt die Bo-genlänge zwischen Anfangs- und Endpunkt der Kurve. Das Quadrat des Bogenelements einer Fläche nennt man Erste Fun-damentalform der Flächentheorie. Beschreibt man das Quadrat des Bogenelementes in den Flächenkoordinaten, so wird diese Größe auch als Metrik der Fläche bezeichnet mit den von den Flächenkoordinaten abhängigen Gaußschen Fundamentalgrö-ßen erster Art.

Bougueranomalie - Bouguer anomaly Differenz der von der Erdoberfläche auf einen Geoidpunkt topographisch reduzierten Schwere und der Normalschwere am zugeordneten Ellipsoidpunkt. Die Bougueranomalie beruht auf der Vorstellung, dass die topographischen Massen zwischen dem Geoid und der Erdoberfläche ins Unendliche verschoben werden; die >topographische Reduktion wird gewöhnlich zerlegt in die >Bouguersche Plattenreduktion und die >Geländereduktion.

Bouguergradient - Bouguer gradient Vertikale Schwereveränderung zufolge der Bouguerplatte.

Bouguerplatte – Bouguer plate Unendlich ausgedehnte ebene Platte mit konstanter Dichteverteilung als erste Annäherung der Topographie zur Ermittlung der topographischen Schwerereduktion; >Bougueranomalie.

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Bouguersche Plattenreduktion – Bouguer plate reduction >Schwerereduktion zufolge der >Bouguerplatte mit dem Ziel der Ableitung von >Bougueranomalien.

Bowie-Reduktion - Bowie reduction Reduktion der auf das Geoid bezogenen >Schwereanomalien auf das >Cogeoid.

Brechung - Refraction Änderung der Richtung aller Arten von Wellenausbreitungen beim Auftreffen auf ein Medium mit einem anderen >Bre-chungsindex. Ein- und Ausfallswinkel an einer Grenzschicht mit zwei unterschiedlichen Brechungsindizes verhalten sich gemäß dem Brechungsgesetz von Snellius.

Brechungsindex - Refractive index Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum zur Lichtgeschwindigkeit im Medium . In der Atmosphäre liegt der Bre-chungsindex bei ca. 1,0003.

Brechzahl >Refraktionszahl.

Breitenbestimmung nach Horrebow-Talcott >astronomische Breitenbestimmung.

Breitengradmessung - Measurement of an arc of meridian >Gradmessungen.

Breitenkreis (Parallelkreis) - Parallel of latitude Eine Linie mit konstanter geodätisch definierter Breite auf einem Bezugsellipsoid.

Broadcastephemeriden - Broadcast ephemeris Bei operationellen Navigationssatellitensystemen wie Transit, GPS oder GLONASS vom Satelliten abgestrahlte Informatio-nen über die jeweiligen Bahnpositionen. Broadcastephemeriden werden vom zugehörigen Kontrollsegment vorausberechnet, den Satelliten meist in Form von mittleren >Keplerelementen mit zeitabhängigen Korrekturgrössen übermittelt und von dort zusammen mit den Messgrössen abgestrahlt. Nutzer können auf diese Weise ihren eigenen Standort in Echtzeit bestimmen. Die Ephemeriden und damit die Nutzerpositionen werden in der Regel im globalen Bezugssystem >WGS84 berechnet. Die Genauigkeit der vorausberechneten Bahnen bei GPS beträgt etwa 5 m, sofern sie nicht aufgrund der >Selective Availibility künstlich verschlechtert wird. Präzise GPS Bahnen mit einer Genauigkeit besser als 0,1 m werden nachträglich z.B. vom >IGS bereitgestellt.

Broadcastmessage - Broadcast message >Broadcastephemeriden.

Bürgerliche Dämmerung - Civil twilight >Dämmerung

Bürgerlicher Tag - Civil day Der um 0 Uhr Zonenzeit beginnende mittlere Sonnentag; er trägt ein Datum.

Bürgerliches Datum - Civil datum Im Alltag gebräuchliche Darstellung einer Zeitangabe, z.B. 1.1.2000, evtl. ergänzt durch eine Uhrzeit. Zu beachten ist, dass ein Kalender unterstellt wird, der nicht notwendigerweise weltweit gilt.

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Bürgerliches Jahr - Civil year Das bürgerliche Jahr beginnt am 1. Januar und dauert 365 oder 366 Tage, falls ein >Schaltjahr vorliegt. Man beachte, dass weltweit noch verschiedene Kalender in Gebrauch sind.

Bursa-Wolf-Modell - Bursa-Wolf model Modell zur Transformation zwischen globalen Koordinatensystemen, wobei der Drehpunkt im Ursprung des konventionellen geodätischen Koordinatensystems liegt und die Drehachsen mit den Koordinatenachsen übereinstimmen.

C/A-Code Neben dem >P-Code einer der beiden von GPS-Satelliten abgestrahlten Navigationscodes. C/A steht für Clear Acquisition und bedeutet einen schnellen und freien Zugriff. Der C/A-Code wird lediglich auf dem L1 Träger abgestrahlt und ist für zivile Nutzer frei zugänglich. Die Frequenz beträgt 1,02 Mhz und entspricht damit etwa 300 m Wellenlänge. Das Messrau-schen ist etwa um den Faktor 10 höher als beim P-Code und liegt bei einigen Metern. Die Codelänge beträgt 1 Millisekunde. Mit Hilfe des C/A-Codes kann ein Empfänger innerhalb weniger Sekunden auf den P-Code zugreifen. Die meisten einfachen GPS Empfänger sind reine C/A-Code Geräte. Bei nicht aktivierter Selective Avalability (SA) kann eine Positionsgenauigeit von etwa 15 bis 30 m in Echtzeit erwartet werden, unter dem Standard Positioning Service (SPS) jedoch nur etwa 100 m. Höhere Genauigkeiten erforden den Einsatz von >Differential GPS.

Caesiumuhr - Caesium clock Atomuhr, mit ausgezeichneter Periodenkonstanz, die vom Übergang der zwei Hyperfeinstrukturzustände des Grundzustands von Cs-133 definiert wird (>SI-Sekunde). Die relative Genauigkeit liegt längerfristig bei 10E-14/Tag, kurzfristig betrachtet (1s) ist sie um drei Zehnerpotenzen schlechter. Wird als Primärstandard eingesetzt, da die Frequenz keinen Alterungseinflüs-sen unterliegt.

Cauchy-Riemannsche Differentialgleichungen Differentialgleichungen, die aus der Forderung nach Differenzierbarkeit einer komplexwertigen Funktion einer komplexen Variablen entstehen. Die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen werden häufig in der Theorie der Landesvermes-sung angewandt, insbesondere im Zusammenhang mit der Transformation zwischen Paaren von Gaußschen (konformen) Koordinaten. Die isothermen Flächenkoordinaten werden dort als Real- und Imaginärteile einer komplexen Variablen aufge-faßt, so dass jeder Punkt der Ellipsoidfläche durch eine komplexe Zahl beschrieben wird. Jeder Übergang von einem System Gaußscher Flächenkoordinaten (x,y) auf ein zweites System Gaußscher Koordinaten (u,v) kann durch eine komplexwertige analytische Funktion dargestellt werden, welche zwangsläufig die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfüllt. Die komplexe Darstellung mit den Mitteln der Funktionentheorie ist meist übersichtlicher als eine rein reelle Darstellung der Transformationsbeziehungen.

C-Band Radar Radarsystem mit Meßfrequenzen im C-Band; es wurde in der Zeit von 1974 bis 1978 zur Bestimmung von Entfernungen zum Satelliten GEOS C eingesetzt.

CCRF (Conventional Celestial Reference Frame) Vereinbarter raumfester >Bezugsrahmen.

CCRS (Conventional Celestial Reference System) Vereinbartes raumfestes >Bezugssystem.

Celestial Reference Systems - CRS Raumfestes >Bezugssystem, das mit dem erdfesten Bezugssysteme (Terrestrial Reference System - >TRS) durch die Rotati-on der Erde verbunden ist.

CEP (Celestial Ephemeris Pole) Wahrer Himmelspol (raumfester Ephemeridenpol); definiert durch die Drehimpulsachse einer kräftefrei rotierenden elasti-schen Erde. Er führt keine täglichen Bewegungen bzgl. eines >erdfesten Bezugssystems wie auch bzgl. eines >raumfesten Bezugssystems aus. Die Bewegung der Achse im Raum wird durch die >Präzession-Nutation beschrieben.

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CHAMP Challenging Mini-Satellite Payload for Geophysical Research and Application; deutscher Mehrzweck-Satellit (Start Juli 2000) zur Bestimmung des Gravitationsfeldes der Erde durch >Hoch-Niedrig-SST, des Erdmagnetfeldes und der Struktur der Atmosphäre.

Chandler-Bewegung - Chandler motion Die Chandler-Bewegung des Pols wurde erstmals vom amerikanischen Astronomen Seth Carlo Chandler (1846 - 1913) in den Jahren 1891/1892 aus der Analyse von Breitenbeobachtungen ermittelt. Sie ist eine freie Eigenschwingung des Erdkör-pers. Sie hat eine Periode von ungefähr 14 Monaten und eine stark variierende Amplitude. Genauer gesagt handelt es sich bei der ungefähr kreisförmigen Chandler-Bewegung um eine gedämpfte Schwingung, die aufgrund von Reibung im Erdinneren nach wenigen Jahrzehnten abgeklungen wäre, wenn es nicht ständig eine neue Anregung gäbe. Obgleich die Chandler-Bewegung seit über 100 Jahren bekannt ist, besitzt man immer noch keine eindeutigen Beweise für den zugrundeliegenden Anregungsmechanismus. Als Ursachen für die Anregung kommen unregelmäßige Vorgänge in der Atmosphäre und den Ozeanen in Frage, aber auch Grundwasserbewegungen oder gehäuft auftretende Erdbeben. Ein starker Phasensprung der Chandler-Bewegung um 1925 herum konnte bisher ebenfalls nicht eindeutig erklärt werden. Als mögliche Ursachen für Phasenvariationen der Chandler-Bewegung werden heute auch Variationen des Erdmagnetfeldes genannt.

Chandlersche Periode - Chandlerian term Die empirisch ermittelte Umlaufzeit der Momentandrehachse der Erde um einen Mittelwert. Die Chandler-Periode beträgt ungefähr 14 Monate.

Christoffelsymbole - Christoffel's symbols Christoffelsymbole erster und zweiter Art sind differentialgeometrische Größen der Flächentheorie. Die Christoffelsymbole werden aus den Gaußschen Fundamentalgrößen erster Art berechnet. Sie treten beispielsweise bei der Formulierung der Differentialgleichung der geodätischen Linie auf.

CIO (Conventional International Origin) Mittlere Richtung des Erdrotationspols, festgelegt durch Messungen der fünf Stationen des Internationalen Breitendienstes (International Latitude Service - ILS) während der Beobachtungsperiode von 1900 bis 1906. Damit konnte die z-Achse eines globalen geozentrischen Koordinatensystems definiert werden.

CIP (Celestial Intermediate Pole) Verfeinerte Definition des wahren Himmelspoles >CEP; wurde durch IAU-Resolutionen 2003 anstelle des CEP eingeführt.

Clairautsche Differentialgleichung - Clairaut's differential equation (1) Spezielle Form der Differentialgleichung der geodätischen Linie auf einer allgemeinen Rotationsfläche. (2) Differentialbeziehung zwischen Dichte und Abplattung der Niveauflächen im Erdinnern.

Clairautsches Theorem - Clairaut´s theorem Formel für die Beziehung zwischen der geometrischen Abplattung und der Schwerebeschleunigung am Pol und am Äquator eines Erdmodells.

Clarke-Ellipsoid - Clarke ellipsoid Von Clarke 1866 bestimmtes Referenzellipsoid, das für die Landesvermessungen in USA und Kanada verwendet wurde. Die große Halbachse des Ellipsoides beträgt 6378206m, die reziproke >Abplattung 294,98. Ein weiteres von Clarke abgeleitetes Ellipsoid stammt aus dem Jahre 1880 und wurde für die Landesvermessungen in Frankreich und Großbritannien verwendet sowie als Bezugsfläche der Internationalen Weltkarte zugrunde gelegt. Die große Halbachse dieses Ellipsoides beträgt 6378249m, die reziproke Abplattung 294,47.

Cogeoid - Co-geoid Compensated geoid; diejenige Äquipotentialfläche des Schwerefeldes der Erde, die nach der mittels gedanklich vorgenom-mener Verschiebung der topographischen Massen unterhalb des Geoids den Potentialwert des Geoids besitzt (Stokes-Problem, Schwerereduktionen). Der Abstand zwischen Geoid und Cogeoid wird indirekter Effekt genannt. Streng genommen müßten im Rahmen des Stokes-Problems die auf das Geoid bezogenen Schwereanomalien mittels der sog. Bowie-Reduktion auf das Cogeoid reduziert werden; da der für die Berechnung des indirekten Effekts erforderliche Aufwand recht groß ist,

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wird die Bowie-Reduktion selten angewandt.

Conventional International Origin (CIO) >CIO

CRF (Conventional Reference Frame) Vereinbarter >Bezugsrahmen.

CRS (Conventional Reference System) Vereinbartes >Bezugssystem

CTP (Conventional Terrestrial Pole) Vereinbarte Richtung des Erdrotationspols, durch den die z-Achse eines globalen geozentrischen Koordinatensystems festge-legt ist.

CTRF (Conventional Terrestrial Reference Frame) Vereinbarter terrestrischer >Bezugsrahmen.

CTRS (Conventional Terrestrial Reference System) Vereinbartes terrestrisches >Bezugssystem.

Cycle Slip Verlust der Phasenbeziehung bei der Trägerphasenmessung mit GPS. Cycle Slips entstehen bei Signalverdeckungen durch Hindernisse, insbesondere beim kinematischen GPS sowie empfängerintern durch rasche Signalvariationen aufgrund von starken Störungen in der Ionosphäre, durch Multipath oder heftigen Antennenbewegungen. Sofern die Phasenbeziehung zu mindestens vier Satelliten erhalten bleibt, lassen sich Cycle Slips bei der Datenvorverarbeitung einfach beseitigen. Andern-falls muss ein neuer Mehrdeutigkeitswert festgesetzt werden. Leistungsfähige GPS Empfänger markieren Cycle Slips und erleichtern damit die Datenbearbeitung.

Dämmerung - Twilight Zeitspanne der scheinbaren Bewegung des Sonnenmittelpunktes aus einem bestimmten Winkel unter dem Horizont bis zum Aufgang des oberen Sonnenrandes (Morgendämmerung). Entsprechend wird die Abenddämmerung definiert. Je nach der Größe des Depressionswinkels, der die Dauer der Dämmerung begrenzt, unterscheidet man die astronomische (18°), die nautische (12°) und die bürgerliche (6,5°) Dämmerung. Ursachen des Effektes sind die Lichtstreuung und die Refraktion des Sonnenlichts in der Atmosphäre. Vor Beginn und nach Ende der astronomischen Dämmerung können unter günstigen atmo-sphärischen Bedingungen in dunkler Umgebung und ohne Mondlicht Sterne bis zur 5. Größenklasse mit bloßem Auge beo-bachtet werden. Die Dauer der Dämmerung hängt von der Deklination der Sonne und von der Breite des Beobachtungsorts ab.

Datum - Datum Das Kennzeichen eines bürgerlichen Tages, durch das seine Stellung innerhalb eines Kalendersystems eindeutig bestimmt wird.

Datum eines Höhennetzes - Datum of a height network Vereinbarung über den Nullpunkt eines Höhennetzes (>Vertikaldatum).

Datum eines Lagenetzes - Datum of a horizontal network >Geodätisches Datum

Datumsdefekt - Datum defect Rangdefekt der im Rahmen einer geodätischen Netzausgleichung entstehenden Normalgleichungsmatrix infolge einer unzu-

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reichenden Festlegung des >geodätischen Datums.

Datumslinie - Datum line International vereinbarter Verlauf etwa entlang des 180. Längengrades, bei dessen Überschreiten das Datum um einen Tag erhöht (in westlicher Richtung) bzw. erniedrigt (in östlicher Richtung) wird.

Datumsparameter - Datum parameter Größen, die ein geodätisches Netz bezüglich eines Koordinatensystems festlegen, >geodätisches Datum.

Datumstransformation - Datum transformation Transformation zwischen verschiedenen Geodätischen Datumssystemen (>Geodätisches Datum). Sie kann i.a. als Transfor-mation zwischen globalen Koordinatensystemen durchgeführt werden. In der Regel handelt es sich um eine >Ähnlichkeits-transformation.

Dauerzeitzeichen - Continuous radio time signals Durch Radiowellen ständig verbreitete Sekundensignale der Weltzeit mit Minuten- und Stundenkennzeichnung, deren Kor-rektionen gegenüber ihren Nominalwerten so klein wie möglich gehalten werden; > Zeitzeichen

Deformation der Erde - Deformation of the Earth Verformung der Erde aufgrund innerer (endogener) und äußerer (exogener) Kräfte. Die Deformationen lassen sich nach ihrer räumlichen Ausdehnung in globale, regionale und lokale sowie nach ihrem zeitlichen Ablauf in säkulare (langandauernde), lang- und kurzperiodische (bzw. nieder- und hochfrequente) und episodische (vorübergehende) Effekte aufteilen. Nach dem physikalischen Materialzustand werden elastische, viskose und plastische Deformationen unterschieden. Globale Deformationen werden als langandauernde Vorgänge durch Kräfte im Erdinnern (>Geodynamik) hervorgerufen. Die Erdoberfläche wird dabei durch tektonische Prozesse (>Tektonik) deformiert. Äußere Kräfte wirken mit langer Dauer vor allem bei Klimavariationen durch die veränderte >atmosphärische Auflast oder durch das Abschmelzen von Eis bzw. Gefrie-ren von Wasser in den Polargebieten und die damit verbundene Änderung des >Meeresspiegels. Globale periodische Defor-mationen werden in erster Linie durch äußere Kräfte in Form der >Erdgezeiten (Anziehungskräfte von Sonne, Mond, Plane-ten) sowie die jahreszeitliche Variation der >atmosphärischen Auflast und des Wasserkreislaufs (>ozeanische Zirkulation, Veränderungen des >Meeresspiegels durch Schmelz- und Gefrierprozesse des Polareises) erzeugt. Die Ursachen langandau-ernder regionaler und lokaler Deformationen sind vor allem bei menschlichen Eingriffen zu suchen. Der Abbau von Roh-stoffen (Erdöl, Kohle etc.), die Veränderung des Grundwasserspiegels oder die Akkumulation von Massen (Aufstauen von Wasser, Deponieren von abgebautem Material, etc.) führt zu Deformationen der Erdoberfläche und >Erdkrustenbewegungen. Periodische regionale Deformationen ergeben sich vor allem durch jahreszeitlich bedingte meteorologische (>atmosphärische Auflast) und hydrologische (Grundwasserschwankungen, Schneeauflast etc.) Variationen. Dabei wird die >Erdkruste in begrenzten Gebieten radial (vertikal) verformt. Episodische (vorübergehende) Deformationen entstehen hauptsächlich regio-nal und lokal nach Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Bergstürzen etc. Sie verformen die Erdoberfläche und Teile der Erdkruste dauerhaft. Die Deformationen des tieferen Erdinnern (>Erdmantel, >Erdkern) sind langsame Fließvorgänge, denen ein visko-ses (zähflüssiges) Materialverhalten zugrunde liegt. Dagegen können die langandauernden und periodischen Verformungen der Erdkruste im allgemeinen als elastische Prozesse angesehen werden. Bei den episodischen Deformationen der Erdober-fläche muß ein plastisches Materialverhalten unterstellt werden. Betrachtet man also die Erde als Ganzes und will ihre De-formation realistisch beschreiben oder modellieren, so muß eine Kombination des unterschiedlichen Materialverhaltens (elastisch-viskos-plastisch) berücksichtigt werden. Die Deformationen der Erde und ihre Auswirkungen können mit >geodä-tischen Raumverfahren beobachtet und präzise gemessen werden. Der direkte Effekt ist eine geometrische Veränderung der Form der Erdoberfläche (>Erdkrustenbewegungen). Die langandauernden tektonischen Prozesse führen über Millionen von Jahren zu horizontalen Verlagerungen der äußeren Erdschichten um Tausende von Kilometern (>Plattenkinematik) und zu vertikalen Bewegungen (Hebungen und Senkungen im Rahmen der Gebirgsbildung bis zu einigen tausend Metern. Die dar-aus resultierenden meßbaren Bewegungen erreichen Geschwindigkeiten von einigen Zentimetern pro Jahr. Periodische De-formationen erreichen bei den >Erdgezeiten >radiale (vertikale) Bewegungen von maximal 40 cm pro Tag. Die Auflasteffek-te (atmosphärisch, ozeanisch, hydrologisch) sind dagegen vergleichsweise gering (wenige Millimeter). Episodische Deforma-tionen nach Erdbeben können horizontale Versetzungen bis zu mehreren Metern entlang der Verwerfungslinie erzeugen. Die vertikalen Veränderungen sind im allgemeinen etwas geringer, erreichen aber teilweise auch Meterbeträge. Indirekte Effekte der Deformationen der Erdkruste sind u.a. Variationen der >Rotation der Erde und der Erdanziehungskraft (>Schwere) auf-grund der veränderten Massenverteilung innerhalb der Erde. Auch diese Auswirkungen sind mit Methoden der >Geodäsie meßbar.

Deformation der Erde, globale periodische - Deformation of the Earth, global periodic Periodische Deformationen, hervorgerufen in erster Linie durch äußere Kräfte in Form der >Erdgezeiten (Anziehungskräfte von Sonne, Mond, Planeten) sowie durch die jahreszeitliche Variation der >atmosphärischen Auflast und des Wasserkreis-

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laufs (>ozeanische Zirkulation, Veränderungen des >Meeresspiegels durch Schmelz- und Gefrierprozesse des Polareises).

Deformation der Erde, globale säkulare - Deformation of the Earth, global secular Langandauernde Deformationsvorgänge, hervorgerufen durch Kräfte im Erdinnern (>Geodynamik). Die Erdoberfläche wird dabei durch tektonische Prozesse (>Tektonik) deformiert. Äußere Kräfte wirken mit langer Dauer vor allem bei Klimavaria-tionen durch die veränderte >atmosphärische Auflast oder durch das Abschmelzen von Eis bzw. Gefrieren von Wasser in den Polargebieten und die damit verbundene Änderung des >Meeresspiegels.

Deformation der Erde, regionale periodische - Deformation of the Earth, regional periodic Periodische Deformationen, hervorgerufen durch jahreszeitlich bedingte meteorologische (>atmosphärische Auflast) und hydrologische (Grundwasserschwankungen, Schneeauflast etc.) Variationen. Dabei wird die >Erdkruste in begrenzten Gebie-ten radial (vertikal) verformt.

Deformation der Erde, regionale säkulare - Deformation of the Earth, regional secular Langandauende regionale und lokale Deformation, hervorgerufen vor allem durch menschliche Eingriffe, durch den Abbau von Rohstoffen (Erdöl, Kohle etc.), den Veränderungen des Grundwasserspiegels oder der Akkumulation von Massen (Auf-stauen von Wasser, Deponieren von abgebautem Material, etc.); >Erdkrustenbewegungen.

Deklination - Declination Winkelabstand eines astronomischen Objektes vom Himmelsäquator (>Poldistanz); >magnetische Deklination.

Designmatrix - Design matrix Matrix der Verbesserungsgleichungskoeffizienten für eine Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate.

Detektor - Detector Lichtempfindlicher Detektor, der bei der Laserentfernungsmessung das vom Satelliten reflektierte Licht in einen elektroni-schen Impuls umwandelt und als Stoppuls dem >Laufzeitmeßsystem zugeführt wird. Klassische Detektoren sind >Photomul-tiplier oder Mikrochannel-Plate-Photomultiplier. Heute werden auch >Lawinendioden (Avalanche-Dioden) oder auch >Streakkameras eingesetzt. Alle Detektoren zeichnen sich dadurch aus, daß sie bereits auf wenige bzw. einzelne Lichtphoto-nen empfindlich sind.

Deutsches Hauptdreiecksnetz (DHDN) In Form eines Dreiecksnetzes angelegtes >Lagefestpunktfeld der Bundesrepublik Deutschland. Das Deutsche Hauptdreiecks-netz wird von Zeit zu Zeit ergänzt und erneuert (>DHDN 1990).

Deutsches Haupthöhennetz (DHHN) Amtliches Haupthöhennetz der Bundesrepublik Deutschland. Das aktuelle deutsche Haupthöhennetz der vereinigten Bundes-republik Deutschland ist das >DHHN92. Dem DHHN92 wurden die jeweils jüngsten Nivellementnetze erster Ordnung der alten und neuen Bundesländer, ergänzt um neu gemessene Verbindungslinien zwischen den beiden Netzen zugrunde gelegt. Die geopotentiellen Koten des DHHN92 wurden durch eine freie Ausgleichung der geopotentiellen Differenzen zwischen den Höhenfestpunkten abgeleitet. Die Potentialdifferenzen wurden hierzu aus den rohen Nivellementergebnissen und den gemessenen Schwerewerten entlang der Nivellementlinien ermittelt. Die Schwerewerte beziehen sich hinsichtlich der Da-tumsfestlegung auf das >IGSN71 (International Gravity Standardization Net 1971). Das zur Bestimmung geopotentieller Koten notwendige >Vertikaldatum wurde dem Europäischen Nivellementnetz 1986 (>REUN86) entnommen. Für das DHHN92 wurde die geopotentielle Kote eines Höhenfestpunktes des REUN86, der REUN86-Knotenpunkt Wallenhorst bei Osnabrück, fest angehalten. Um die zwangsfreie Ausgleichung an den Randschleifen zu stabilisieren, wurden außerdeutsche Nivellementlinien mit in die Ausgleichung einbezogen. Als Höhensystem des DHHN92 wurde das System der >Normalhö-hen festgelegt. Sie wurden nach der Definition von Molodensky mit der >Normalschwereformel des >GRS80 berechnet. Zusätzlich zu den Normalhöhen stehen zukünftig aber auch die >geopotentiellen Koten dem Nutzer zur Verfügung. Die Höhen der Punkte des DHHN92 werden in den amtlichen Nachweisen der Nivellementpunkte unter der Höhenstatuszahl 160 geführt. Bisher gültige Höhen von Höhenfestpunkten können in den amtlichen Nachweisen unter deren Höhenstatuszahlen weitergeführt werden. Die neuen Höhen werden offiziell als "Höhen im System DHHN92" bzw. auch als "Höhen im DHHN92" bezeichnet. Gleichwertig ist die Bezeichnung "Höhen über Normalhöhennull (NHN)" oder "Höhenstatuszahl 160". Die Angabe einer Höhe sollte um das Meßjahr erweitert werden, da mit der Möglichkeit einer Höhenänderung gerech-net werden muß. Für die praktische Nutzung amtlicher Höhen ist wichtig, zu beachten, daß nur Höhen innerhalb des gleichen >Höhensystems verwendet werden. Das DHHN92 löst das bisher gültige >DHHN12 bzw. das >DHHN85 in den alten Bun-desländern und das >SNN76 in den neuen Bundesländern ab.

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DGPS >Differential GPS

DHDN 1990 Deutsches Hauptdreiecksnetz 1990. In Form eines Dreiecksnetzes angelegtes >Lagefestpunktfeld der Bundesrepublik Deutschland. Das DHDN 1990 umfaßt drei Netzblöcke, dem 1895 fertiggestellten Schreiberschen Block mit Erweiterungen nach Norden und Westen sowie Erneuerungen im Inneren, dem 1940 im Süden angefelderten Netzteilen und späteren Erwei-terungen nach Süden und dem 1983 berechneten Staatlichen Trigonometrischen Netz 1. Ordnung der neuen Bundesländer. Die ersten beiden Netzteile bedecken das Gebiet der alten Bundesländer und sind auf das >Bessel-Ellipsoid bezogen. Der dritte Netzblock ist auf das >Krassowski-Ellipsoid bezogen.

DHHN12 (Deutsches Haupthöhennetz 1912) >Amtliches Haupthöhennetz der westlichen Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland (tlw. zusammen mit dem >DHHN85), bis es durch durch das >DHHN92 abgelöst wurde.

DHHN85 (Deutsches Haupthöhennetz 1985) >Amtliches Haupthöhennetz der westlichen Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland (tlw. zusammen mit dem >DHHN12), bis es durch durch das >DHHN92 abgelöst wurde.

DHHN92 (Deutsches Haupthöhennetz 1992) Aktuelles >amtliches Haupthöhennetz im vereinigten Deutschland. Es löst das >DHHN12 bzw., das >DHHN85 der westli-chen Bundesländer und das >SNN76 der östlichen Bundesländer ab.

DHSN (Deutsches Hauptschwerenetz) >Schwerereferenznetz; die Bearbeitung 1982 ist das DHSN82.

Dichte - Density Der Quotient aus der Masse eines differentiellen Massenelementes und seinem Volumen.

Differential GPS (DGPS) Verfahren zur Genauigkeitssteigerung bei >GPS durch Übertragen von Korrekturdaten einer oder mehrerer >Referenzstatio-nen an GPS Nutzer. Aufgrund der durch die >GPS Sicherungsmassnahmen (>Standard Positioning Service) stark einge-schränkten Genauigkeit bei der Bestimmung >absoluter Koordinaten wird GPS in den Geowissenschaften nahezu aus-schliesslich als relatives Messverfahren eingesetzt, d.h. es werden Koordinatendifferenzen zwischen zwei oder mehreren Stationen bestimmt. Durch die Differenzbildung wird ein Grossteil der wirksamen Fehlereinflüsse (>GPS Fehlerbudget), insbesondere Bahn-, Zeit- und Ausbreitungsfehler eliminiert. Eine oder mehrere Aufstellungen werden als Referenzstationen mit bekannten Koordinaten im >WGS84 betrachtet. Diese werden entweder projektbezogen mit GPS Empfängern besetzt, oder man greift auf die Daten von permanent arbeitenden Referenzstationen (z.B. >SAPOS) zurück. Es gibt unterschiedliche Vorgehensweisen a) Nutzung der Daten der Referenzstation für nachträgliche Berechnungen (Postprocessing) b) Nutzung von Streckenkorrekturen der Referenzstation in Echtzeit (normales DGPS) c) Nutzung von Streckenkorrekturen der Referenzstation in Echtzeit und Trägerphasenglättung auf der Nutzerstation (>trä-gergeglättete Codemessungen, carrier smoothed DGPS) d) Nutzung der Trägerphasendaten der Referenzstation in Echtzeit (präzises DGPS, PDGPS). DGPS Dienste werden weltweit von kommerziellen Anbietern, von Verkehrsbehörden sowie von Institutionen der Landes-vermessung aufgebaut. Auf den koordinatenmässig bekannten Referenzstationen werden alle sichtbaren GPS Satelliten an-gemessen. Aus dem Vergleich von gemessenen und Soll-Pseudoentfernungen werden für jeden Satelliten Entfernungskor-rekturen berechnet und im international vereinbarten RTCM Format (Radio Technical Committee for Marine Services) abge-strahlt (b). Die Übertragungsrate beträgt je nach Zeittakt und Satellitenanzahl 50 bis etwa 200 bps (Bit pro Sekunde), so dass weitreichende Lang- und Mittelwellensender verwendet werden können. Im Nutzerempfänger werden die Korrekturen für die jeweils angemessenen Satelliten verwendet. DGPS Korrekturen erlauben bis zu einigen 100 km Entfernung von der Refe-renzstation eine Relativgenauigkeit von wenigen Metern. Durch Einbeziehung von Monitorstationen und Übertragung eines flächenhaften Korrekturmodells können auch grössere Entfernungen überdeckt werden (Wide Area Differential GPS, WADGPS). Zur Datenübertragung werden dann Kommunikationssatelliten verwendet. Durch Trägerphasenglättung auf der Nutzerseite (c) kann ohne Mehrdeutigkeitslösung eine Genauigkeit von etwa 0.5 bis 1 m erreicht werden. Die Reichweite beträgt etwa 50 km von der Refe-renzstation. Beim präzisen DGPS (d) ist es erforderlich, auf der Nutzerseite die >Phasen-mehrdeutigkeiten der Trägerwellen zu lösen. Dazu müssen die Trägerphasenbeobachtungen von den Referenzstationen zum Nutzer übertragen werden. Die erforderliche Datenrate beträgt etwa 2.400 bps, so dass Übertragungskanäle im Dezimeter-

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oder Meter-Band erforderlich sind. In Betracht kommt auch eine Übertragung über Mobilfunk oder über Satelliten. Für einen flächendeckenden PDGPS Dienst müssen Referenzstationen im Abstand von 50 bis 70 km eingerichtet werden. In Deutsch-land wird ein derartiger Dienst von den Landesvermessungsbehörden unter der Bezeichnung >SAPOS (Satellitenpositionie-rungsdienst) aufgebaut. Dieser Dienst gestattet eine Echzeitgenauigkeit von wenigen Zentimetern. Um flächendeckend eine Genauigkeit von 1-2 cm zu erreichen, müssen die Referenzstationen miteinander verbunden werden (Vernetzung).

Differentialgeometrie des Rotationsellipsoids - Differential geometry of the rotational ellipsoid >Flächentheorie, >Rotationsellipsoid.

Differentialgeometrie von Flächen - Differential geometry of surfaces >Flächentheorie.

Differentialgeometrie von Kurven - Differential geometry of curves >Kurventheorie.

Differentialgleichung der geodätischen Abweichung - Differential equation of geodetic deviation Differentialgleichung zur Beschreibung der Variation des Abstandes zwischen zwei >geodätischen Linien.

Diffraktion - Diffraction >Beugung

Digression - Digression Größte östliche bzw. westliche azimutale Abweichung eines zirkumpolaren Sterns aus dem Meridian als Folge der Erdrotati-on. Gelegentlich als größte Digression bezeichnet.

Dilution of Precision (DOP) Skalare Grösse, durch die der Einfluss der Satellitengeometrie auf die Genauigkeit der Positionsbestimmung bei der Satelli-tennavigation, insbesondere bei GPS beschrieben wird. Von den verschiedenen DOP-Werten wird vor allem der PDOP (Posi-tion DOP) verwendet, um die Genauigkeit einer dreidimensionalen Positionsbestimmung zu beschreiben. PDOP kann als reziproker Wert des Volumens eines Tetraeders gedeutet werden, das aus Satelliten- und Nutzerposition gebildet wird. Durch Multiplikation der Standardabweichung einer Pseudoentfernungsmessung mit PDOP ergibt sich die Standardabweichung der aus GPS Messungen abgeleiteten 3D-Position. Je kleiner der PDOP, umso genauer ist das Positionsergebnis. Bei voll ausge-bautem GPS Raumsegment ist PDOP meistens kleiner als drei. Bei Verdeckungen einzelner Satelliten, insbesondere beim kinematischen GPS, kann PDOP kurzzeitig wesentlich höhere Werte annehmen.

Direkte Bewegung - Direct motion Richtung der Bahnbewegung im Sonnensystem, gemessen im Gegenuhrzeigersinn, beurteilt vom >Ekliptikpol aus.

Dispersion - Dispersion Abhängigkeit der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Wellen in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Wenn der Brechungsin-dex mit der Wellenlänge abnimmt, spricht man von normaler Dispersion, in manchen Spektralgebieten tritt auch das gegen-läufige Verhalten, die anomale Dispersion, auf.

Displacement Compensation System (DISCOS) System, welches gewährleistet, daß ein Satellit >drag-free fliegt. Es werden die Verschiebungen einer Probemasse relativ zur Satellitenhülle (nur diese wird von angreifenden Oberflächenkräften beeinflußt) gemessen und der Abstand der äußeren Hülle zur Probemasse über Steuerdüsen konstant gehalten.

DOP >Dilution of Precision

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Doppelstern - Double star Ein Paar von Fixsternen, die an der >Himmelskugel dicht beieinanderstehen. Es ist entweder als physischer Doppelstern ein System von zwei Sternen, die durch Gravitationskräfte aneinander gebunden sind oder als optischer Doppelstern ein Paar von Sternen, die aus verschiedenen Entfernungen für den Beobachter nur als scheinbar benachbart wahrnehmbar sind.

Dopplereffekt - Doppler effect Frequenzänderung einer Schwingung in Abhängigkeit von der relativen Bewegung zwischen Sender und Empfänger, benannt nach dem österreichischen Physiker Christian Doppler (1803-1853). In der Satellitennavigation wird der Dopplereffekt dazu genutzt, aus der Frequenzänderung eine Entfernungsdifferenz zwischen einer Beobachterantenne und zwei Satellitenpositio-nen zu unterschiedlichen Zeitpunkten abzuleiten. Diese Entfernungsdifferenz gilt dann als Beobachtungsgrösse für die Standortbestimmung. Das Dopplerprinzip wurde sehr erfolgreich zur Navigation und zur geodätischen Positionsbestimmung mit dem System >Transit (NNSS) etwa von 1967 bis 1996 eingesetzt und findet Anwendung beim >DORIS System. Bei >GPS wird die Dopplermessung für die Geschwindigkeitsbestimmung der Empfangsantenne und als zusätzliche Beobach-tungsgrösse verwendet.

DORIS (Doppler Orbitography and Radiopositioning Integrated by Satellite) Satellitengestütztes Radio-Positionierungssystem, basierend auf dem >Dopplereffekt, entwickelt in Frankreich, vornehmlich zur genauen Positions- und Satellitenbahnbestimmung. Es trägt im Rahmen des >IERS zur Realisierung und Laufendhaltung des terrestrischen Referenzsystems >ITRF bei.

Drag-free Durch Düsensteuerung frei von nicht-gravitativen Störungen (z.B. durch die Atmosphäre) gehalten, d.h. atmosphärischen Störbeschleunigungen wird durch Düsenschub entgegengewirkt.

DREF (Deutscher Referenzrahmen) - REF (German Reference Frame) Ein mit dem Global Positioning System (>GPS) beobachteter >vereinbarter erdfester Bezugsrahmen aus vermarkten Punkten in Deutschland, deren dreidimensionale Koordinaten in einem >globalen geozentrischen Koordinatensystem innerhalb des Europäischen Referenzrahmens (>EUREF) mit Lagegenauigkeiten von wenigen Zentimetern festgelegt sind.

Drehimpuls - Angular momentum Produkt aus dem Drehvektor und dem Trägheitstensor eines ausgedehnten rotierenden Körpers. Der Drehimpuls bleibt kon-stant, solange keine äußeren Drehmomente wirksam sind. Über Bilanzrechnungen der globalen Drehimpulsschwankungen geophysikalischer Vorgänge in der Atmosphäre, den Ozeanen, der globalen Eisbedeckung u.a. lassen sich so Variationen der >Erdrotationsparameter beschreiben. Auf der zeitlichen Änderung des Drehimpulses in Bezug auf ein körperfestes System bauen die (dynamischen) Eulerschen Kreiselgleichungen auf.

Drehmatrix - Rotational matrix Orthogonale Matrix zur Drehung zweier beliebiger aber gleichsinnig orientierter rechtwinkliger Dreibeine. Eine allgemeine Drehung kann in unterschiedlicher Weise aus aufeinander folgenden Teildrehungen um drei Achsen zusammengesetzt wer-den. Im Falle großer Drehungen ist dabei zu beachten, in welcher Reihenfolge die Teildrehungen ausgeführt werden. Das Kommutativgesetz gilt somit nicht für große Drehungen, wohl aber für kleine Drehwinkel. Setzt man eine Gesamtdrehung aus Teildrehungen um Achsen des jeweils momentanen Dreibeines zusammen, so sind drei Elementardrehungen um die drei möglichen Achsen des rechtwinkligen Dreibeines zu unterscheiden. Die positive Zählrichtung der Drehwinkel ist der Gegen-uhrzeigersinn. Die Inverse einer (zusammengesetzten) Drehmatrix ist ihre Transponierte. Die Drehmatrix zur aktiven Dre-hung eines rechtwinkligen Dreibeines entspricht der Drehmatrix zur Transformation der Koordinaten auf das gedrehte Drei-bein.

Drehmoment - Torque Vektorprodukt aus einer Kraft und dem Ortsvektor des Punktes, an dem die Kraft angreift. Der Ortsvektor hat dabei seinen Ursprung im Drehzentrum. Das Drehmoment ist die Ursache der Änderung des >Drehimpulses eines ausgedehnten Körpers. Für die Rotation der Erde ist das gravitative Drehmoment von Mond und Sonne auf die Erde bedeutsam.

Drehwaage - Torsion balance Empfindliches Meßinstrument zur Messung abstoßender oder anziehender Kräfte. Die von Eötvös entwickelte, geodätische Drehwaage dient zur Messung von Gradienten des Schwerefeldes. Dazu ist an einem dünnen Torsions-Draht ein Stab hori-zontal aufgehängt; an dessen Enden sind wiederum kleine Massen angebracht, wobei, je nach Bauart, eine wiederum an einem Draht hängen kann. Die Aufhängung dreht sich unter dem Einfluß der Schwerkraft, deren Gradienten somit gemessen

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werden können.

Dreibein - Triad Menge von drei linear unabhängigen, nicht notwendigerweise normierter Vektoren, welche eine Basis des dreidimensionalen reellen Raumes definieren. Der Ursprung des Dreibeins kann entweder raumfest ("festes Dreibein") sein oder sich längs einer Kurve oder auf einer Fläche bewegen ("bewegtes Dreibein"). Für die Geodäsie von besonderer Bedeutung sind das Frenet-sche Dreibein einer Raumkurve, das Darbouxsche Dreibein einer Flächenkurve und das Gaußsche Dreibein. Die Einheitsvek-toren des Frenetschen Dreibeins (Tangentenvektor, Hauptnormalenvektor und Binormalenvektor) stehen paarweise aufeinan-der senkrecht und bilden ein Orthonormalsystem. Das Darbouxsche Dreibein bildet ebenfalls ein Orthonormalsystem, das aber an die Fläche gebunden ist. Im Gegensatz dazu ist das Gaußsche Dreibein in der Regel weder orthogonal noch normiert; lediglich der Einheitsvektor des dritten Basisvektors steht senkrecht auf den anderen beiden Basisvektoren.

Dreidimensionale Geodäsie - Three dimensional geodesy Im Unterschied zur klassischen Methode der >zwei+eindimensionalen Geodäsie werden die räumliche Lagen von Punkten mittels einer einzigen Meßanordnung bestimmt. Globale Lösungsvorschläge stammen von E. H. Bruns, M. Hotine (engli-scher Geodät und Mathematiker 1898-1968) und A. Marussi (>geodesia intrinseca). Moderne Lösungen nutzen die Methoden der >geodätischen Raumverfahren, insbesondere der >Satellitengeodäsie.

Drei + Eindimensionale Geodäsie - Three + one dimensional geodesy Messung und Abbildung dreidimensionaler Koordinaten und der Zeitpunkte ihrer Messung. Das ist bei allen Bewegungen (z.B. Erdrotation, Erdkrustenbewegungen) und bei der Nutzung bewegter Meßmittel (z.B. >Satellitengeodäsie) von Bedeu-tung.

Dreiecksberechnung - Determination of triangles Aufgabe der klassischen Landesvermessung, die in einem Dreieck auf der Kugel- oder Ellipsoidoberfläche fehlenden Be-stimmungsstücke aus drei gegebenen Dreieckselementen zu berechnen. Sphärische Dreiecke werden durch Großkreise auf der Kugel, ellipsoidische Dreiecke (Rotationsellipsoid) durch geodätische Linien zwischen den Dreieckspunkten begrenzt. Sind z.B. aus einer Triangulation zwei Dreieckswinkel sowie aus einer Basismessung eine Dreiecksseite bekannt, so können die Längen der beiden anderen Dreiecksseiten und der fehlende Dreieckswinkel mit den Sätzen der sphärischen Trigonomet-rie berechnet werden. In der klassischen Landesvermessung wurden für die Berechnung kleiner Dreiecke Näherungsverfah-ren wie z.B. die Soldnersche >Additamentenmethode benutzt.

Dreiecksketten Weiterentwicklung der Methode der >Breitengradmessungen durch die Verwendung von Dreiecksketten. Durch astronomi-sche Azimutmessungen in den Endpunkten eines Meridianbogens war es möglich, eine Reduktion der Längen auf den Meri-dian vorzunehmen.

DSGN94 (Deutsches Schweregrundnetz, bearbeitet 1994) >Schwerereferenznetz, erste Bearbeitung 1976, DSGN76, zweite Bearbeitung 1994, DSGN94.

DSN62 (Deutsches Schwerenetz, bearbeitet 1962) Deutsches Schwerenetz, bearbeitet zunächst auf Basis des >Potsdamer Schweresystems.

Durchgangsbeobachtungen im Meridian - Transit observations through the meridian >Astronomische Zeit- und Längenbestimmung.

Durchgangsbeobachtungen im Vertikal des Erdziels - Transit observations through the vertical >Astronomische Azimutbestimmung.

Durchgangszeit - Transit time >Zeitpunkt des Durchgangs eines Sternes durch den Meridian oder dem Vertikal in einem Beobachtungsstandpunkt.

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Dynamische Abplattung - Dynamic flattening Zonaler >Potentialkoeffizient vom Grad 2 einer >Kugelfunktionsentwicklung des Gravitationspotentials der Erde. Er läßt sich durch den mittleren Äquatorradius der Erde, der Gesamtmasse der Erde, den beiden äquatorialen >Trägheitsmomenten und dem >polaren Trägheitsmoment der Erde ausdrücken. Dabei wird angenommen, daß das zugrunde gelegte Koordinaten-system mit dem Hauptträgheitsachsensystem übereinstimmt.

Dynamische erdfeste Bezugssysteme - Dynamical Earth-fixed reference systems Erdbezogene >Bezugssysteme, zu deren Definition die Gesetze der Dynamik zugrunde gelegt werden.

Dynamische Eulersche Kreiselgleichungen - Dynamical Euler’s equation of motion >Eulersche Kreiselgleichungen.

Dynamische Geodäsie - Dynamical geodesy Eine in jüngerer Zeit mit wachsender Meßgenauigkeit entstandene Begriffsbildung der Geodäsie. Sie wird auf Erkenntnis-prozesse angewandt, bei denen entweder die am Objekt wirkende Dynamik (Geodynamik) erkennbar geworden ist (z.B. Ursache von Erdkrustenbewegungen, Erdrotationsschwankungen, Schwereänderungen) oder bei denen die auf das Meßgerät wirkenden Kräfte als Sensor dienen (Trägheitsnavigationssystem) bzw. beachtet werden müssen (Satellitengeodäsie). Die Bezeichnung kann nicht weiterhin als eigenständig empfohlen werden, weil die Dynamik seit jeher Bestandteil der irdischen und kosmischen Prozesse war und nur wegen unzureichender Meßmittel nicht quantitativ erkannt werden konnte. Ganz analog kennzeichnen die gelegentlich anzutreffenden Begriffsbildungen "kinematische Geodäsie" und "statische Geodäsie" nur historische Entwicklungsetappen der Auffassungen oder der Bewertung der Erkenntnisse.

Dynamische Höhe - Dynamical height (1) >Geopotentielle Kote eines Punktes, die mit Hilfe eines im Prinzip willkürlichen Schwerewertes in Längeneinheiten überführt wurde. Sie ist damit eine Variante der physikalisch definierten >metrischen Höhen. Der Schwerewert wird i.a. an einer zu vereinbarenden ellipsoidischen Breite in einem >Normalschwerefeld berechnet. Für mitteleuropäische Bereiche wählt man beispielsweise die Normalschwere in 45 Grad Breite. Die >Äquipotentialflächen des >Schwerepotentials besitzen konstante dynamische Höhen. Es existiert keine geometrische >Höhenbezugsfläche und die dynamischen Höhen können nicht als Abstände geometrisch interpretiert werden. Die dynamische Höhe eines Punktes P kann ausgehend von der dynami-schen Höhe des Ausgangspunktes A mit Hilfe des >geodätischen Nivellements oder aus dem Ergebnis des >geometrischen Nivellements und der >dynamischen Reduktion entlang der Nivellementlinie von Punkt A nach P berechnet werden. (2) Arbeit, die geleistet werden muss, um eine Einheitsmasse von einer Äquipotentialfläche um eine bestimmte Distanz anzuheben oder abzusenken. Als Einheit ist in der Ozeanographie das >dynamische Meter eingeführt. Dynamische Meter besitzen die Dimension Arbeit. Ein dynamischer Meter entspricht einer (geometrischen) Höhe von ca. 1.02 m. Dynamische Höhen werden bestimmt durch >hydrostatisches Nivellement.

Dynamische Methoden der Satellitengeodäsie - Dynamic method of satellite geodesy Methoden der Satellitengeodäsie, bei der die Satelliten als Testkörper im Gravitationsfeld der Erde genutzt werden. Dabei werden die Satellitenbahnen durch mathematisch-physikalische Modelle unter Berücksichtigung möglichst aller auf die Satelliten einwirkenden Kräfte als Raum-Zeit-Funktionen beschrieben.

Dynamische raumfeste Bezugssysteme - Dynamic space fixed reference systems Dynamisch definierte raumfeste >Bezugssysteme, zumeist mit Hilfe der Bewegungsgleichungen der die Bezugssysteme definierenden Objekte.

Dynamische Reduktion - Dynamical reduction Reduktionsgröße zur Überführung des Egebnisses des geometrischen Nivellements in den Unterschied >dynamischer Höhen. Die dynamische Reduktion für die Nivellementlinie enthält den mittleren Oberflächenschwerewert, das Ergebnis des geomet-rischen Nivellements zwischen den beiden Oberflächenpunkten und einen genäherten konstanten Schwerewert. Die dynami-schen Reduktionen nehmen, verglichen zu den Höhenreduktionen der anderen physikalisch definierten >metrischen Höhen, verhältnismäßig große Werte an.

Dynamische Topographie - Dynamical topography Wasserstandsdifferenzen zwischen einer Standard-Wassersäule und einer Wassersäule, deren spezifisches Volumen bekannt ist. Die dynamische Topographie wird bestimmt durch >hydrostatisches Nivellement und beschrieben durch >dynamische Höhen, die durch Annahme einer bestimmten level-of-no-motion nur relative Höhen, eben Wasserstandsdifferenzen angeben. Dynamische Topographien sind aus langjährigen Mittelwerten von Salzgehalt- und Temperaturprofilen, sog. klimatologi-

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schen Daten berechnet worden. Die dynamische Topographie kann die wesentlichen Strukturen der >Meerestopographie darstellen, erfasst jedoch nicht Wasserstandsdifferenzen, die sich durch hydrodynamische Vorgänge ausbilden.

Dynamische Zeit - Dynamical time >Zeit als Grundlage der Bewegungsgleichungen von Himmelskörpern, wie sie z.B. von Newton formuliert worden sind.

Dynamischer Frühlingspunkt - Dynamical equinox Aufsteigender Knoten der mittleren Bewegung der Erde um die Sonne.

Dynamisches Meter - Dynamical meter dyn m, in der Ozeanographie benutzte Einheit für die >dynamische Höhe (2).

Ebene Meridiankonvergenz - Plane meridian convergence >Gaußsche Meridiankonvergenz.

Echtzeitkinematik (RTK) - Real time kinematic (RTK) GPS gestütztes Vermessungsverfahren, bei dem für einen bewegten GPS Empfänger in Bezug auf eine >Referenzstation in Echtzeit hochgenaue Positionsergebnisse erzielt werden. Dazu werden die Beobachtungsgrössen der Referenzstation mittels einer leistungsfähigen Telemetrie an die Nutzerstation übertragen und dort gemeinsam mit den Daten der bewegten Station in Echtzeit verarbeitet (präzises >DGPS). Die >Phasenmehrdeutigkeiten werden On the Fly (OTF), d.h. aus der Bewegung heraus gelöst, so dass bei Signalverlusten (>Cycle Slip) kontinuierlich weitergemessen werden kann. Es lassen sich sowohl die Trajektorie der Empfangsantenne als auch Koordinaten von Festpunkten nach kurzeitiger Aufstellung bestimmen. RTK Systeme werden komplett konfiguriert angeboten und finden verbreitete Anwendung. Die Reichweite ist zumeist auf wenige Kilometer von der Referenzstation beschränkt.

ED50 (Europäisches Datum 1950) - ED50 (European Datum 1950) In den Jahren 1945 bis 1950 durch Neuausgleichung entstandenes ausgewähltes System von Dreiecksketten im mittleren Europa (Zentraleuropäisches Netz ZEN). Durch >translative Lotabweichungsausgleichung wurde eine mittlere Lagerung auf dem >Internationalen Ellipsoid herbeigeführt.

ED87 (Europäisches Datum 1987) - ED87 (European Datum 1987) >RETrig.

Eichlinie - Calibration line Folge von Referenzpunkten zur >Gravimetereichung. Um einen sinnvollen Meßbereich zu überdecken, wird entweder die Variation der >Schwere mit der Höhe (in Hochhäusern, entlang Bergstraßen) oder mit der geographischen Breite (Nord-Süd-Eichlinien) ausgenutzt.

Eigenbewegung - Proper motion Scheinbare Bewegung eines Sternes an der Himmelskugel, hervorgerufen durch seine Bewegung in einem Quasi-Inertialsystem und die Bewegung des Sonnensystems gegen die Sterne. Der Winkel der Eigenbewegung wird üblicherweise in "/Jahr angegeben. Die sichtbare Eigenbewegung ist bei den meisten Sternen sehr klein; nur wenige weisen einen Wert von größer als 0,1"/Jahr auf. Einige 'Schnellläufer' bilden dazu Ausnahmen (z.B. der Pfeilstern im Sternbild Ophiuchi mit 10"/Jahr). Der astrometrische Satellit HIPPARCOS hat die Eigenbewegungen von rund 118000 Sternen mit einer Genauig-keit von etwa 1-2 Millibogensekunden/Jahr vermessen.

Eigenzeit - Proper time Angezeigte Zeit einer idealisierten Atomuhr. In der Einsteinschen Gravitationstheorie wird der Zusammenhang zwischen angezeigter Eigenzeit und >Koordinatenzeit durch die Komponenten des metrischen Tensors (>Einsteinsche Gravitationsthe-orie) gegeben.

Einsteinsche Dynamik - Einstein's dynamics Dynamik astronomischer Körper, Lichtstrahlen, Satelliten usw., welche sich im Einklang mit der Einsteinschen Gravitations-

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theorie befindet.

Einsteinsche Energieformel - Einstein's energy formula Die Einsteinsche Energieformel besagt die Äquivalenz von Energie E und Masse M gemäß E = Mc2 (c ist die Lichtge-schwindigkeit).

Einsteinsche Feldgleichungen - Einstein's field equations Gleichungen des Gravitationsfeldes in der Einsteinschen Gravitationstheorie. In der Newtonschen Gravitationstheorie wird das Gravitationsfeld durch eine einzige Funktion, das Newtonsche Gravitationspotential, beschrieben. Die Poisson-Gleichung stellt die Newtonsche Feldgleichung dar. In der Einsteinschen Gravitationstheorie wird das Gravitationsfeld durch den soge-nannten metrischen Tensor beschrieben, welcher das Newtonsche Potential U verallgemeinert. Die Einsteinschen Feldglei-chungen stellen eine Verallgemeinerung der Poisson-Gleichung dar.

Einsteinsche Gravitationskonstante - Einstein's gravity constant Tritt in der Einsteinschen Feldgleichung auf, analog der Gravitationskonstanten in der Poisson-Gleichung, der Newtonschen Feldgleichung.

Einsteinsche Gravitationstheorie - Einstein's gravitational theory Verallgemeinerung der Newtonschen Gravitationstheorie im Einklang mit der Speziellen >Relativitätstheorie und allen Ver-sionen des >Äquivalenzprinzips. Das Newtonsche Gravitationspotential wird durch den metrischen Tensor verallgemeinert. Dieser ist ein symmetrischer Tensor zweiter Stufe. Im Falle verschwindender Gravitationsfelder geht die Metrik in diejenige der Speziellen Relativiätstheorie über. Der Zusammenhang des metrischen Tensors mit dem Newtonschen Potential wird bei Grenzwertbildung erkennbar. Die Quelle des Gravitationsfeldes ist durch den sogenannten Energie-Impuls-Tensor gegeben. Auch er ist ein symmetrischer Tensor zweiter Stufe. In ihm ist die Massen- bzw. Energiedichte in der Zeit-Zeit-Komponente enthalten, wobei die Energiedichte von Geschwindigkeit und interner Energie (Wärmeenergie etc.) eines Massenelementes sowie vom Gravitationspotential abhängt. Druck und Koordinatengeschwindigkeit des Massenelementes bestimmen im wesentlichen die übrigen Komponenten des Energie-Impuls-Tensors, welche also ebenfalls gravitierend wirken. Der Zu-sammenhang zwischen den felderzeugenden Quellen, dem Energie-Impuls-Tensor und dem metrischen Tensor ist durch die Einsteinschen Feldgleichungen gegeben. Diese stellen partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung zur Bestimmung von sechs unabhängigen Komponenten des metrischen Tensors dar. Vier weitere Komponenten des metrischen Tensors können mit Hilfe einer Koordinatenbedingung, auch Eichbedingung genannt, gewählt werden. Eine große Zahl exakter Lö-sungen der Einsteinschen Feldgleichung hat man unter Symmetrieannahmen gefunden. Am bekanntesten sind diejenigen, welche Schwarze Löcher beschreiben. Die Schwarzschild-Metrik beschreibt aber auch den Außenraum einer sphärisch sym-metrischen Massenverteilung. Die sogenannte RobertsonWalker Metrik spielt eine zentrale Rolle in der modernen Kosmolo-gie. Für Anwendungen im Sonnensystem verwendet man die Post-Newtonsche Approximation der Ein-steinschen Gravitati-onstheorie. Die Bewegung von Probekörper und Lichtteilchen erfolgt in der Einsteinschen Gravitationstheorie entlang geo-dätischer Weltlinien. Hieraus ergibt sich z.B. die Lichtablenkung im Gravitationsfeld der Sonne (Ablenkungswinkel: 1.75" am Sonnenrand) sowie die anomale Periheldrehung des Merkur von rund 43" pro Jahrhundert.

Einsteinsche Raumzeit - Einstein's space-time Vierdimensionales Raum-Zeit-Kontinuum, auf welchem die Einsteinsche Gravitationstheorie aufbaut. In der Relativitätsthe-orie sind Raum und Zeit keine unabhängigen Größen mehr. So hängt etwa die Erfahrung gleichzeitiger Ereignisse vom Bewegungszustand des Beobachters ab. Ein Koordinatensystem, welches einen gewissen Bereich der Raumzeit erfassen soll, umfaßt neben drei Raumkoordinaten, z.B. (x,y,z), auch immer eine Zeitkoordinate.

Einsteinsche, Additionstheorem der Geschwindigkeiten - Einstein's addition theoreme of velocities Addition zweier Geschwindigkeiten v und v' im Rahmen der Speziellen >Relativitätstheorie. Sind beide Geschwindigkeiten gleichgerichtet, so ergibt sich v" = ( v+ v')/(1+vv'/c2) anstelle des klassichen Resultates von v" = v + v'. Dies verhindert das Auftreten von Überlichtgeschwindigkeiten (v > c).

Ekliptik - Ecliptic Koordinatenebene der Erdbahn um die Sonne. Sie verändert ihre Lage im Raum aufgrund von Störungen, hervorgerufen durch die gravitative Wirkung der anderen Planeten. Sie spielt bei der Definition klassischer Himmelskoordinaten eine be-deutende Rolle (>Frühlingspunkt), die sie inzwischen aber wegen der Kompliziertheit ihrer Definition und Problemen mit der Relativitätstheorie weitestgehend verloren hat.

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Ekliptikale Breite - Ecliptic latitude >Ekliptikale Koordinaten

Ekliptikale Koordinaten - Ecliptic coordinates Ekliptikale Koordinaten eines Gestirn beziehen sich auf die >Ekliptik als Referenzebene (x,y-Ebene). Die Richtung der z-Achse weist in die (nördliche) Richtung der Ekliptiknormalen. Die ekliptikale Breite eines Gestirns wird von der Ekliptik aus längs eines ekliptischen Meridianbogens zu positiven z-Werten gezählt. Die ekliptikale Länge zählt in der Ekliptik vom Frühlingspunkt aus nach 0st.

Ekliptikale Länge - Ecliptic longitude >Ekliptikale Koordinaten

Ekliptikalsystem - Ecliptic system Ein System sphärischer Koordinaten mit der >Ekliptik als Grundkreis und dem Großkreis durch den sichtbaren Pol der Eklip-tik sowie den >Frühlingspunkt als Nullkreis; siehe auch >Ekliptikale Koordinaten.

Ekliptikebene >Ekliptik.

Ekliptikpol Nordpol der >Ekliptikebene.

Elektromagnetischer Bias - Electro-magnetic bias Hauptbestandteil des >Seegangsfehlers, der bei Altimetermessungen über dem Meeresspiegel auftritt. Wellentäler bilden sich parabolisch aus, sie reflektieren intensiver als Wellenspitzen. Die Altimetermessung wird deshalb länger als es der ruhenden Meeresoberfläche entsprechen würde. Der elektromagnetischer Bias ist in erster Näherung proportional zur >Signifikanten Wellenhöhe.

Ellipsoid - Ellipsoid In der Geodäsie als Rechenfläche verwendete Fläche zweiter Ordnung. Obwohl ein dreiachsiges Ellipsoid das >Geoid besser approximiert als ein zweiachsiges >Rotationsellipsoid, wird nahezu ausschließlich das letztere als >Referenzellipsoid für eine Landesvermessung verwendet. Von Krassowski wurde ein dreiachsiges Ellipsoid berechnet; es konnte sich aber in der Praxis nicht durchsetzen.

Ellipsoidische (geodätische) Meridianebene - Ellipsoidal (geodetic) meridian plane >Ellipsoidische Koordinaten

Ellipsoidische Breite (geodätische Breite) - Ellipsoidal latitude (geodetic latitude) >Ellipsoidische Koordinaten (geodätische Koordinaten).

Ellipsoidische Geodäsie - Ellipsoid geodesy Eine methodische Begriffsbildung der >Geodäsie. Sie bringt zum Ausdruck, daß >Ellipsoide als Modelle der Erdform be-nutzt werden und damit für Berechnungen und Abbildungen dienen.

Ellipsoidische Höhe - Ellipsoidal height Fast ausschließlich verwendete >geometrische Höhe, die den Abstand eines Raumpunktes längs eines geradlinigen Lotes von einem geeignet gewählten >Rotationsellipsoid angibt. Ellipsoidische Höhen können im Prinzip mit Hilfe der trigonometri-schen Höhenmessung (unter Berücksichtigung der >Lotabweichungen), bzw. des >trigonometrischen Nivellements oder alternativ mit Hilfe des >geometrisch-astronomischen Nivellements bestimmt werden. Diese Verfahren sind nur mäßig genau bzw. sehr aufwendig. Neuerdings können ellipsoidische Höhen mit Hilfe präziser Navigationsverfahren (z.B. >GPS) verhält-nismäßig schnell gemessen und bei Kenntnis des >Geoides bzw. des >Quasigeoides in >physikalische Höhen, wie z.B. in >orthometrische Höhen bzw. >Normalhöhen umgerechnet werden. Diese Vorgehensweise wird zunehmend zur Bestim-mung von physikalisch definierten metrischen Höhen angewendet, auch wenn die Genauigkeit noch hinter der des >geodäti-

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schen Nivellements zurückbleibt. Der Ortsvektor eines beliebigen Raumpunktes kann als Summe des Ortsvektors zum Ellipsoid-Projektionspunkt und dem Normalenvektor in diesem Punkt, multipliziert mit der ellipsoidischen Höhe h, darge-stellt werden. Die Berechnung von ellipsoidischer Länge, Breite und Höhe aus den rechtwinklig kartesischen Koordinaten kann direkt oder iterativ erfolgen.

Ellipsoidische Koordinaten (Geodätische Koordinaten) - Ellipsoidal coordinates (geodetic coordinates) Bevorzugte Koordinaten zur Durchführung geodätischer Berechnungen. Den ellipsoidischen bzw. geodätischen Koordinaten liegt ein nach gewissen Gesichtspunkten gewähltes >Rotationsellipsoid zugrunde. Der Koordinatensatz setzt sich aus der ellipsoidischen Breite, der ellipsoidischen Länge und der >ellipsoidischen Höhe zusammen. Die ellipsoidische (geodätische) Meridianebene wird durch die (geradlinige) Ellipsoidnormale durch den betreffenden Punkt und die z-Achse des >konventi-onellen geodätischen Koordinatensystems gebildet. Die ellipsoidische Breite wird vom Äquator aus nach Norden positiv und nach Süden negativ gezählt. Die ellipsoidische Länge ist der Winkel zwischen den ellipsoidischen Meridianebenen von Greenwich und dem betreffenden Punkt und wird nach Osten positiv gezählt. Die ellipsoidische Höhe wird entlang der El-lipsoidnormalen, ausgehende von der Ellipsoidfläche positiv in Richtung des geodätischen Zenits gemessen. Rechtwinklig kartesische und ellipsoidische Koordinaten können einfach ineinander umgerechnet werden (>ellipsoidische Höhe). Ellipsoidische Breite und ellipsoidische Länge sind als Winkel definiert, können aber auch als >Flächenkoordinaten auf dem Rotationsellipsoid betrachtet werden. Die Koordinatenlinien dieses krummlinig rechtwinkligen Koordinatensystems sind die geodätischen Meridiane und die geodätischen Parallel- bzw. Breitenkreise. Insbesondere in diesem Zusammenhang versteht man unter den ellipsoidischen Koordinaten nur die beiden Größen Breite und Länge, während im Begriff der ellipsoidischen >Flächennormalenkoordinaten noch die >ellipsodische Höhe enthalten ist.

Ellipsoidische Länge (geodätische Länge) - Ellipsoidal longitude (geodetic longitude) >Ellipsoidische Koordinaten (geodätische Koordinaten).

Ellipsoidischer Zenit (geodätischer Zenit) - Ellipsoidal zenith (geodetic zenith) Richtung der äußeren Ellipsoidnormalen durch einen gegebenen Punkt. Die ellipsoidischen Koordinaten eines Punktes legen den ellipsoidischen Zenit (Flächennormale des Rotationsellipsoides) fest und damit die z-Achse eines >lokalen ellipsoidi-schen Koordinatensystems. Ellipsoidnormale bzw. ellipsoidischer Zenit unterscheiden sich i.a. nur wenig von der >Lotlinie des Erdschwerefelde bzw. dem >astronomischen Zenit.

Ellipsoidisches Azimut (geodätisches Azimut) - Ellipsoidal azimuth (geodetic azimuth) >Azimut der geodätischen Linie; Horizontalwinkel in einem >lokalen ellipsoidischen Koordinatensystem, bezogen auf die geodätische Nordrichtung (ellipsoidischer Meridian). In der Geodäsie wird das ellipsoidische Azimut von Norden über Osten positiv gezählt.

Ellipsoidnormale - Ellipsoidal normal Geradliniges Lot auf die Oberfläche eines >Ellipsoides. Entlang der Ellipsoidnormalen von >Rotationsellipsoiden wer-den>ellipsoidische Höhen gemessen. Die Ellipsoidnormale weist zum >ellipsoidischen Zenit.

Ellipsoidübergang - Ellipsoid transformation Transformation ellipsoidischer Koordinaten, bezogen auf ein >Referenzellipsoid auf ein zweites Referenzellipsoid, das sich hinsichtlich der Wahl des Ursprungs (Lagerung), der Achsrichtungen (Orientierung), des Maßstabes und der Formparameter (Ellipsoidform) unterscheidet. Die Transformation >ellipsoidischer Koordinaten, die sich auf die beiden Referenzellipsoide beziehen, kann auf die Transformation zwischen globalen Koordinatensystemen in der Variante des >Bursa-Wolf-Modells zurückgeführt werden.

Elliptizität - Ellipticity > Abplattung

Elongation - Elongation Topozentrischer bzw. geozentrischer Winkelabstand eines Planeten von der Sonne.

Elongation (planetare) - Elongation (planetary) Geozentrischer Winkel zwischen einem Planeten und der Sonne, gemessen in der Ebene "Planet,Erde, Sonne". Planetarische Elongationen werden von 0° bis 180° gemessen, östlich bzw. westlich der Sonne.

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Elongation, größte - Elongation, greatest Größter topozentrischer bzw. geozentrischer Winkelabstand eines Planeten von der Sonne (>Elongation (planetare)).

Energiebilanz - Energy balance Bilanz der Energie für Bewegungsprobleme der Physik.

Envisat - Envisat >Altimetermissionen, >Radaraltimetrie.

Eötvös-Einheit - Eötvös unit SI-fremde Einheit der zweiten räumlichen Ableitung des Newtonschen Raumpotentials (Gravitationsgradient bzw. Änderung der Gravitationsbeschleunigung); E.U. = 10-9s-2.

Eötvösreduktion (Eötvöskorrektion) - Eötvös reduction (Eötvös correction) Reduktion von Schweremessungen, die mit einem >Gravimeter auf einer bewegten Plattform (Flugzeug, Schiff) gemessen wurden. Die Eötvösreduktion berücksichtigt die Vertikalkomponente der Coriolis-Beschleunigung, die auf der bewegten Plattform wirkt.

Ephemeride - Ephemeris Die geordneten listenförmigen Ergebnisse von Vorausberechnungen der Positionen astronomischer Objekte (oder Ereignisse) für einen bestimmten Zeitraum; z.B. Ephemeriden von Sternbedeckungen, Ephemeriden scheinbarer Sternörter.

Ephemeridendurchgang - Ephemeris transit Durchgang eines Himmelskörpers oder eines Punktes durch den >Ephemeridenmeridian.

Ephemeridenlänge - Ephemeris longitude >Länge, gemessen in östlicher Richtung, ausgehend vom >Ephemeridenmeridian.

Ephemeridenmeridian - Ephemeris meridian Fiktiver Meridian, der unabhängig von der Erde konstant rotiert. Er ist implizit durch die Terrestrische Dynamische Zeit (>TDT) definiert. Der Ephemeridenmeridian liegt 1.002738DT östlich des Meridians von Greenwich, wobei DT = TDT-UT1.

Ephemeridenstundenwinkel - Ephemeris hour angle >Stundenwinkel des >Ephemeridenmeridians.

Ephemeridenzeit (ET) - Ephemeris time (ET) Zeitskala, die durch folgende Festlegungen definiert war: a) Zum Zeitpunkt 1900, Januar 0, 12h Weltzeit, war die mittlere Länge der Sonne, bezogen auf das mittlere Äquinoktium der Epoche, 279°41'48.04". b) Die Dauer des tropischen Jahres betrug zu diesem Zeitpunkt 31 556 925.9747 Ephemeridensekunden. Die Ephemeridenzeit wurde vor 1984 als unabhängige Variable in Gravitationstheorien des Sonnensystems verwendet. Sie wurde 1984 von der >dynamischen Zeit abgelöst.

Epoche - Epoch Willkürlich festgelegter Zeitpunkt, der als chronologische Referenz für Kalender, Bezugsrahmen, Sternkataloge oder Bahn-Ephemeriden dient.

Erdalbedo - Earth albedo Rückstrahlung bzw. Reflexion der auf die Erde auftreffenden Sonnenstrahlung durch den Erdkörper selbst. Das Erdalbedo beeinflußt die Bewegung des Satelliten auf seiner Umlaufbahn.

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Erdanziehungskraft (Gravitationskraft) - Gravitational force of the earth (gravitation) Die zwischen der Masse der Erde und einer beliebigen anderen Masse wirkende Massenanziehung gemäß dem Newtonschen Gravitationsgesetz.

Erdbahn – Earth Orbit Die vom Massenmittelpunkt der Erde durchlaufene Bahn um die Sonne.

Erddimensionen - Dimensions of the Earth Die zur Definition geodätischer Bezugsflächen notwendigen Konstanten. Wichtig sind das konsistente System von vier Fun-damentalparametern der >Geodätischen Referenzsysteme zur Definition einer rotationsellipsoidischen Näherung für Figur und Schwerefeld der Erde. Mit den vier Fundamentalparametern ist neben der Geometrie des Rotationsellipsoides auch ein Schwerepotential in der Weise festgelegt, daß die Ellipsoidoberfläche >Äquipotentialfläche eines >Normalschwerefeldes ist (>Niveauellipsoid).

Erdellipsoid - Earth ellipsoid Ellipsoidische Ersatzfläche für das Geoid, >mittleres Erdellipsoid.

Erdfeste Koordinatensysteme - Earth fixed coordinate systems Koordinatensysteme zur Beschreibung von Positionen des Erdraumes. Man unterscheidet globale Koordinatensysteme (> globale geozentrische Koordinatensysteme, >konventionelle geodätische Koordinatensysteme) und lokale Koordinatensys-teme (>lokale ellipsoidische Koordinatensystem, >topozentrische astronomische Koordinatensysteme). Koordinatensysteme, die ermöglichen, das Erdschwerefeld zu beschreiben, sind das globale geozentrische Koordinatensystem und das topozentri-sche astronomische Koordinatensystem. Dabei spielen >natürliche Koordinaten eine wichtige Rolle. Geodätische Berech-nungen werden i.a. in >konventionellen geodätischen Koordinatensystemen bzw. in >lokalen ellipsoidischen Koordinaten-systemen durchgeführt. Ein wichtige Rolle spielen dabei die >ellipsoidischen Koordinaten und die >ellipsoidische Höhe.

Erdfestes Bezugssystem (TRS) - Terrestrial reference system (TRS) >Bezugssystem

Erdfigur - Figure of the earth (shape of the earth) Im Sinne der Erdmessung sowohl das Geoid als auch die physische Erdoberfläche.

Erdgezeiten - Earth tides Gezeitenwirkungen auf die 'feste' Erde durch die Gravitationswechselwirkung der Erde mit Mond und Sonne (>Erdgezeiten-effekte). Wegen der viskoelastischen Eigenschaften der Erde reagiert sie auf die Gezeitenkräfte, z.B. in der Höhe mit einer täglichen Variation im dm-Bereich. Diese Massenverlagerungen, zusammen mit denen der >Meeresgezeiten und der >Atmo-sphärengezeiten und deren Auflasteffekten erzeugen selbst sekundäre Gezeitenbeiträge (indirekte Gezeiteneffekte). Die Systemantwort der viskoelastischen Erde läßt sich als geometrische Deformationen, als Gezeitenpotential außerhalb der Erde und als Schwerevariation beobachten.

Erdgezeitenbeobachtungen - Earth tide observations Beobachtungen der Schwerewirkung der >Erdgezeiten mit Hilfe von Erdgezeitengravimetern, z.B. mit >supraleitenden Gra-vimetern mit einer Auflösung von etwa 1 nm s-2, der geometrischen Deformation, z.B. mit >VLBI mit cm-Genauigkeit, der Dehnung mit Extensometern, der Lotschwankungen mit Neigungsmessern. Diese Beobachtungsgrößen tragen zur Erfor-schung der physikalischen Eigenschaften der Erde bei. So ermöglicht der äußere flüssige Erdkern ein gegenüber Erdkruste und Mantel z.T. unabhängiges Verhalten, das sich in Erdgezeitenbeobachtungen als freie Kernnutation (free core nutation, >FCN) zeigt und Aussagen über >Rotationsvektor und Ellipsoidfigur des >Erdkerns zuläßt. Erdmodelle wie das >PREM können durch Erdgezeitenbeobachtungen weiterentwickelt werden. >Polschwankungen sind in den Registrierungen erfaßbar. Die Beobachtungen werden dadurch erschwert, dass z.B. die Wasser- und Atmosphärenmassen vielfältigen externen Einflüs-sen (z.B. Strömungen, Winde, Wetter) unterliegen und daher die gesamte Übertragungsfunktion des Gezeitenfeldes zu den beobachtbaren Erdgezeitenwirkungen sehr komplex ist.

Erdgezeiteneffekte - Earth tide effects Effekte der >Erdgezeiten auf verschiedene Funktionale des Schwerepotentials, beschrieben mit Hilfe der >Loveschen Zahlen h und k und der >Shida-Zahl l. Der Amplitudenfaktor d als Verhältnis der beobachtbaren gezeitenbedingten Schwerevariati-

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on (in Lotrichtung) zu der des Gezeitenpotentials ist für eine vereinfachende Kugelfunktion 2. Grades, d=l-3/2k+h, und liegt bei 1,16 für die Hauptwellen, während die gezeitenbedingten Lotrichtungsschwankungen um den Faktor g=l+k-h , oder ungefähr 0,7 für die Hauptwellen, verkleinert beobachtet werden. Für eine elliptische rotierende Erde sind die Loveschen Zahlen jedoch abhängig von geographischer Breite und Wellenlänge. Gezeitenbedingte Schwereänderungen erreichen ca. ±0.000001m/s2 , die Lotschwankungen ca. ±0.02".

Erdgravitationsfeld - Gravitational field of the Earth >Gravitationspotential.

Erdkrustenbewegungen - Movements of the earth's crust Bewegungen von Teilen der >Erdkruste, die durch Prozesse der >Geodynamik oder durch anthropogene (von Menschen verursachte) Eingriffe hervorgerufen werden. Sie lassen sich in zwei Arten unterteilen: - gleichförmige Bewegung größerer Teile (Blöcke) der Erdkruste, die in sich als undeformierbar angesehen werden können, so dass sie sich wie starre Kugelkappen über die Erde bewegen, und die - kontinuierliche >Deformation der Erde, bei der Teile der Erdkruste verformt werden. Die großräumigen Bewegungen ausgedehnter Teile der äußeren Erdschichten können im Sinne der >Plattentektonik durch die >Plattenkinematik dargestellt werden. Kontinuierliche Deformationen entstehen dabei vor allem an den Plattenrändern (>Plattengrenze), wodurch Erdbeben auch sprunghafte Bewegungen auftreten können. Anthropogene Erdkrustenbewegungen werden vor allem durch Bergbau, Erdölförderung, Grundwasserspiegeländerungen u.s.w. hervorgerufen, wobei es besonders zu vertikalen (Höhen-) Bewegungen kommt. Die großräumigen (bis zu globalen) Erdkrustenbewegungen können durch >geodätische Raumverfahren in Lage und Höhe mit Genauigkeiten von besser als 1 cm gemessen werden. Bei kleinräumigen Bewegungen kommen auch klassische Vermessungsverfahren wie >Trilateration und >Nivellement in Betracht, die über kleine Flächen die gleiche Genauigkeit erreichen. Lokal werden die Bewegungen z.B. mit dem >Extensometer gemessen.

Erdkugel - Terrestrial sphere Globale Approximation des >mittleren Erdellipsoides durch eine Kugel. Als Radius der Erdkugel kann entweder derjenige gewählt werden, für den sich gleiche Oberfläche oder gleiches Volumen wie für das Ellipsoid ergibt. Eine weitere Möglich-keit besteht darin, für den Radius das geometrische Mittel der Halbachsen des Ellipsoides zu wählen (>Rotationsellipsoid).

Erdmagnetische Variation - Variation of the magnetic field of the earth Variation des magnetischen Feldes der Erde.

Erdmessung (Höhere Geodäsie) - Higher geodesy Teilgebiet der Geodäsie, in dessen Aufgabenbereich die Bestimmung der Erdfigur und des äußeren Schwerefeldes der Erde liegt.

Erdoberfläche - Surface of the earth (1) mathematische Erdoberfläche; Geoid (Äquipotentialfläche des Schwerefeldes der Erde, die mit der Fläche des mittleren Meeresniveaus übereinstimmt). (2) physische Erdoberfläche; Begrenzungsfläche der festen Erde einschließlich ihrer oberirdischen Wasserflächen gegenüber der Atmosphäre.

Erdpol – Pole (terrestrial pole) Schnittpunkte der Rotationsachse der Erde mit der Erdoberfläche.

Erdrotation - Rotation of the earth >Rotation der Erde um ihre >Erdrotationsachse.

Erdrotationsparameter - Earth rotation parameters Größen, mit denen die Änderung der Orientierung der Erde dargestellt werden kann, und zwar sowohl Änderungen der Rich-tung der momentanen Drehachse der Erde (>Präzession und >Nutation, >Polbewegung) wie auch Variationen der Drehge-schwindigkeit der Erde (>Weltzeit bzw. >Tageslänge).

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Erdsatellit - Earth satellite Künstlicher oder natürlicher Himmelskörper, der eine (antriebslose, freifallende) Umlaufbewegung im Schwerefeld der Erde ausführt.

Ereignis, gleichortiges Ein gleichortiges Ereignis findet in unmittelbarer räumlicher Nachbarschaft zu einem anderen statt. Für derartige Ereignisse ist die raumzeitliche Beziehung einfach zu klären.

Ereignis, gleichzeitiges Ein gleichzeitiges Ereignis findet in einem gewissen Koordinatensystem gleichzeitig mit einem anderen statt. In der Relativi-tätstheorie ist der Begriff der Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse relativ, d.h. er hängt vom Bewegungszustand des Beobach-ters ab. Spielen Gravitationsfelder eine Rolle, so kann der Begriff gleichzeitiger Ereignisse im allgemeinen nur mit Hilfe gewisser Koordinatensysteme eingeführt werden. Zwei Ereignisse mit Zeitkoordinaten t1 und t2 heißen dann gleichzeitig, falls t1=t2 gilt.

ERS-1 >Altimetermissionen, >Radaraltimetrie.

ERS-2 >Altimetermissionen, >Radaraltimetrie.

Erste geodätische Hauptaufgabe - Direct geodetic problem Anfangswertproblem der >Geodätischen Linie. Problem, aus gegebenen Anfangswerten einer >Geodätischen Linie (d.h. aus den geodätischen Koordinaten B1,L1 eines Ellipsoidpunktes P1 sowie dem Azimut A1 und der Länge S der durch P1 laufenden Geodätischen Linie) die geodätischen Koordinaten B2,L2 des Endpunktes P2 sowie das Azimut A2 derselben Geodätischen Linie in P2 zu bestimmen.

Erster Vertikal - Prime vertical Vertikalkreis, der sich von 0st nach West erstreckt. Er steht senkrecht auf dem >Meridian.

ET (Ephemeris Time) >Ephemeridenzeit, >dynamische Zeit.

ETRS (European Terrestrial Reference System) Ein >vereinbartes erdfestes Bezugssystem, das von den beteiligten europäischen Ländern als Grundlage für ihre Landesver-messungen offiziell eingeführt wurde. Es ist in seinen Definitionen kompatibel mit dem globalen >IERS Terrestrial Referen-ce System (>ITRS). Die Koordinaten von Punkten des ETRS (auf der Erdoberfläche) sind definitionsgemäß im ITRS zu einer festen Epoche (z.B. 1.1.1989) festgelegt (ETRS89). Die Realisierung des ETRS geschieht in erster Stufe durch den Europäischen Referenzrahmen (EUREF), der auf nationaler Ebene durch Landesnetze (im allgemeinen durch Messungen mit dem >GPS) verdichtet wird (in Deutschland >DREF).

Eulersche Drehmatrix - Eulerian rotation matrix Drehmatrix zur Drehung zweier rechtwinkliger Dreibeine mit Hilfe der >Eulerschen Winkel, bzw. zur Transformation der sich auf diese Dreibeine beziehenden Koordinaten.

Eulersche Kreiselgleichung - Euler’s equation of motion System gewöhnlicher gekoppelter Differentialgleichungen 1. Ordnung, das die Rotation eines starren Körpers unter der Wirkung eines äußeren Drehmomentes beschreibt (dynamische Eulerschen Kreiselgleichungen). Die Transformation der Koordinaten des Drehvektors in die Winkelgeschwindigkeiten der >Eulerschen Winkel wird durch die kinematischen Euler-schen Kreiselgleichungen beschrieben.

Eulersche Periode - Euler's period Die sich bei starrem Erdkörper ergebende Umlaufzeit der Momentandrehachse der Erde um die Achse ihres größten Träg-

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heitsmomentes (ungefähr 305 Tage).

Eulersche Winkel - Euler's angles Folge dreier Drehwinkel um drei räumlich verschiedene Drehachsen zur Realisierung einer beliebigen räumlichen Drehung. Die Art der Elementardrehungen ist nicht eindeutig definiert. Die Hintereinanderschaltung der Elementardrehungen geschieht beispielsweise in der folgenden Reihenfolge: Zunächst erfolgt eine Drehung um die ursprüngliche z-Achse. Dann folgt eine Drehung um die neu entstandene x-Achse. Eine Drehung um die wiederum neu entstandene z-Achse schließt die Gesamt-drehung ab.

Eulerscher Krümmungsradius - Euler's curvature radius Reziprokwert der Normalkrümmung einer Flächenkurve. Die Abhängigkeit der Normalkrümmung einer Flächenkurve in Abhängigkeit vom ellipsoidischen Azimut ergibt sich nach der Formel von Euler.

EUREF (European Reference Frame) Ein mit dem Global Positioning System (>GPS) beobachteter >vereinbarter erdfester Bezugsrahmen aus vermarkten Punkten an der Erdoberfläche als Realisierung des Europäischen Terrestrischen Referenzsystem (>ETRS). Die dreidimensionalen Koordinaten sind in einem >globalen geozentrischen Koordinatensystem innerhalb des >IERS Terrestrischen Referenzrah-mens (IERS Terrestrial Reference Frame, >ITRF) mit Lagegenauigkeiten von wenigen Zentimetern festgelegt. Die erste GPS-Meßkampagne des EUREF im Jahre 1988 erstreckte sich nur über die westeuropäischen Länder. Nach der Öffnung der Grenzen zu den ehemals sozialistischen Ländern wurden diese durch einzelne GPS-Meßkampagnen in den neunziger Jahren angeschlossen. EUREF dient heute in den einbezogenen europäischen Ländern als offizieller >Bezugsrahmen der Landes-vermessungen, der durch nationale >Bezugsrahmen verdichtet wird, z.B. in Deutschland durch >DREF.

EUVN (European Vertical GPS-Reference Network) Europäisches Höhenreferenznetz, bestehend aus z. Zt. 195 über Europa verteilten Punkten (Lage-, Höhen- und Pegelpunkte), für die mit Hilfe von >GPS Koordinaten und ellipsoidische Höhen bestimmt wurden und für die nivellitische Höhenangaben (>UELN) vorliegen. EUVN ist eine Initiative im Rahmen von >EUREF.

Event-Timer Elektronisches Zeitmeßsystem, das es erlaubt, Ereignisse (Start- bzw. Stopimpulse bei der >Laserentfernungsmessung) auf eine lokale Zeitskala zu beziehen und ihnen Zeitpunkte zuzuordnen. Die Ereignisse (Laserimpulse) werden von >Detektoren in elektronische Impulse umgewandelt. Die Laufzeit ergibt sich aus der Differenz der registrierten Zeiten für Stop- und Startereignisse. Event-Timer liefern heute bereits Zeitmeßgenauigkeiten bis etwa 5ns. Event-Timer werden statt >Laufzeit-zähler in der >Laserentfernungsmessung eingesetzt, wenn der zeitliche Abstand der ausgesendeten Laserimpulse kürzer ist als die Laufzeit zum Satelliten und zurück. Eine Unterscheidung zwischen Start- und Stopereignissen geschieht rechnerisch über prädizierte Laufzeiten, d.h. aus Laufzeiten, die aus der näherungsweise bekannten Beobachtungsposition und der nähe-rungsweise bekannten Satellitenbahn gerechnet werden.

Extensometer Längenmeßgerät, mit dem über kurze Strecken die Längenänderung (Ausdehnung oder Verkürzung) gemessen wird. Es gibt mechanische, elektrische und elektrooptische Extensometer. Bei den mechanischen Extensometern werden die Enden der Strecke mit einer Stange oder einem Draht verbunden und die Längen zu verschiedenen Zeiten abgelesen. Für Präzisions-messungen eignen sich besonders elektrische Ableseverfahren, bei denen die Längenänderungen in elektrische Signale (z.B. Spannungen, Ströme, Frequenzen) umgewandelt werden. Bei den elektrooptischen Extensometern wird die Strecke mit La-sern als Interferometer wiederholt gemessen.

Exzentrische Anomalie - Eccentric anomlay Winkel in der Bahnebene eines Satelliten oder Himmelskörpers vom Mittelpunkt der Bahnellipse zum fiktiven Punkt S', der durch Projektion der tatsächlichen Satellitenposition S auf einen die Bahnellipse umschreibenden Kreis mit dem Radius a (große Halbachse) entsteht, gezählt mathematisch positiv vom >Perizentrum aus. Durch die >Keplergleichung wird eine Verbindung zur mittleren Anomalie M (>Keplersche Bahnelemente) hergestellt.

Exzentrizität (lineare) - Eccentricity (linear) Parameter, der die Abplattung der Meridianellipse eines >Rotationsellipsoides beschreibt.

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Exzentrizität (numerische) - Eccentricity (numerical) Parameter, der die Abplattung einer Ellipse beschreibt. Für die Angabe der Abplattung der Meridianellipse des >Rotationsel-lipsoides verwendet man die erste bzw. zweite numerische Exzentrizität. Für die Abplattung einer Bahnellipse verwendet man den Begriff numerische Exzentrizität; sie ist eines der sechs >(Keplerschen) Bahnelemente einer Satellitenbahn.

Exzeß eines Dreiecks - Excess of a triangle Der Überschuß der Winkelsumme über 180° eines von geodätischen Linien auf einer Fläche gebildeten Dreiecks (sphärischer Exzeß bei der Kugel; sphäroidischer Exzeß beim Ellipsoid).

Fahrzeugnavigation - Vehicle navigation Komplex aus Echtzeit-Positionsbestimmung (P) und Führung eines Fahr- und Flugzeuges, hier insbesondere P. Wegen der breit gefächerten Anwendungen werden meist Integrationslösungen aus mehreren Sensoren mit Rechner und Daten, z.B. Verkehrswege- und Geländedaten (digitale Karten) verwendet. Für die Kfz-Navigation wird zumeist >GPS verwendet, häufig integriert mit (Kreisel-)Kompaß, Radsensoren (Weg, Geschwindigkeit), teils auch mit >Trägheitsnavigation. Teilweise wird ein Abgleich mit digitalen Karten auch zur Positionsbestimmung durchgeführt, z.B. durch Identifizierung von Kreuzungen. Je nach GPS-Empfangsmöglichkeit und Nutzung von differentiellen GPS-Daten liegen die typischen Genauigkeiten im Bereich von 1...100 m.

FCN (Free Core Nutation) Freie >Nutation, die durch Richtungsunterschiede der Rotationsachsen des inneren >Erdkerns und des >Erdmantels bedingt ist. Während erste theoretische Berechnungen eine Periode der Free Core Nutation von ungefähr 460 Tagen ergaben, zeigen die >VLBI-Messungen, daß die FCN-Periode bei etwa 430 Tagen liegt.

Federal Radionavigation Plan (FRP) Offizielle Quelle für Politik und Planung der U.S. Bundesregierung auf dem Gebiet der >Radionavigation. Der FRP wird alle zwei Jahre vom Verkehrs- und Verteidigungsministerium verabschiedet. Der FRP ist die wichtigste offizielle Quelle hinsicht-lich der zivilen Verfügbarkeit von >GPS.

Federgravimeter - Spring gravimeter >Relativgravimeter

Festpunktfeld Gesamtheit der Festpunkte, durch die ein >Geodätisches Bezugssystem realisiert wird. Beispiele sind >Lagefestpunktfeld, >Höhenfestpunktfeld und >Schwerefestpunktfeld zur Realisierung eine >Lagebezugssystems, >Höhenbezugssystems und >Schwerebezugssystems.

Fiktive Sonne >Mittlere Sonne.

Finsternis - Eclipse Teilweise (partielle Finsternis) oder vollständige (totale Finsternis) Eintreten eines Himmelskörpers in den Kern- oder Halb-schatten eines anderen < Bedeckung.

Fixstern (Stern) - Fixed star Selbstleuchtender Himmelskörper mit kleiner Eigenbewegung, der seinen Ort an der Himmelskugel erst in längeren Zeiträu-men merkbar verändert.

FK4 (Fundamentalkatalog 4) - FK4 (fundamental catalog 4) Vom Astronomischen Recheninstitut Heidelberg veröffentlichter Katalog präzise bestimmter Fundamentalsterne mit Eigen-bewegungen zur Epoche >B1950.0 (veraltet).

FK5 (Fundamentalkatalog 5) - FK5 (fundamental catalog 5) Nachfolger des >FK4 mit der neuen Fundamentalepoche >J2000.

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Flächenkoordinaten - Surface coordinates Paar von Parametern u1,u2, welche die Position eines Punktes auf einer Fläche vorgegebener Größe und Form beschreiben. In der Geodäsie sind diese Bezugsflächen (>Referenzflächen) in der Regel >Rotationsellipsoide oder Kugeln, deren Größe und Form den Dimensionen der Erde entsprechen. Wichtige Flächenkoordinaten sind die >geographischen Koordinaten (ellipsoi-dische Koordinaten) B,L, die >Gaußschen Koordinaten und die >geodätischen Parallelkoordinaten. Wenn sich die Parameter-linien u1=const. und u2=const. rechtwinklig schneiden, nennt man (u1,u2) orthogonale Flächenkoordinaten. Die Parameter u1,u2 werden entweder im Winkelmaß (z.B. B,L) oder im Längenmaß (Linearkoordinaten) angegeben.

Flächenkurve - Surface curve Kurve auf einer Fläche vorgegebener Größe und Form, z.B. auf einer Kugel oder einem >Rotationsellipsoid, >Kurventheorie.

Flächennormale - Normal to a surface (surface normal) Die in einem Flächenpunkt zur Tangentialebene in diesem Punkt senkrechte Gerade (< Normale).

Flächennormalenkoordinaten - Surface normal coordinates Dreidimensionale krummlinige Koordinaten u1,u2,u3 zur Beschreibung der Position eines Punktes im Raum, welche sich auf eine Fläche vorgegebener Größe und Form, der >Referenzfläche, beziehen. Während zwei der Flächennormalenkoordinaten (u1,u2) einen Punkt auf der Bezugsfläche festlegen, gibt die dritte Koordinate u3 den kürzesten Abstand zur Bezugsfläche an, welcher mit dem Abstand des Raumpunktes von dem Lotfußpunkt auf der Bezugsfläche identisch ist. Als Bezugsflächen werden in der Geodäsie häufig >Rotationsellipsoide oder Kugeln verwendet, deren Größe und Form der Dimension der Erde entsprechen. Die flächennormale Koordinate u3 wird in diesen Fällen als >ellipsoidische Höhe bzw. sphärische Höhe be-zeichnet; die beiden Koordinaten u1,u2, welche die Lage des Lotfußpunktes beschreiben, werden >Flächenkoordinaten ge-nannt. In einem System von Flächennormalenkoordinaten ist die dritte (flächennormale) Koordinate u3 immer orthogonal zu u1 und u2.

Flächenreduktion - Area correction Differenz zwischen dem Inhalt eines Flächenstücks und dem seiner Abbildung.

Flächensatz - Law of areas (area rule) Ein Erhaltungssatz der theoretischen Mechanik für die Bewegung eines freien Massenpunktes in einem Zentralkraftfeld. Danach verläuft die Bewegung so, daß der Fahrstrahl zwischen Zentrum und Massenpunkt in gleichen Zeiten gleiche Flächen überstreicht (2. Keplersches Gesetz). Der Flächensatz kann auch als Erhaltungssatz für den Bahndrehimpuls interpretiert werden.

Flächentheorie - Surface theory Differentialgeometrie gekrümmter Flächen; ein von C.F. Gauß geschaffener Formalismus zur Beschreibung der inneren und äußeren Geometrie von Flächen im dreidimensionalen Raum sowie der Eigenschaften von Flächenkurven (>Kurventheorie). Fundamentale Grundlage der Flächentheorie sind die Ableitungsgleichungen, die das Änderungsverhalten des Ortsvektors einer Flächenkurve sowie eines mit dieser verbundenen, begleitenden >Dreibeins beschreiben. Maßgeblich für die Flächen-geometrie sind das Gaußsche Dreibein und die Ableitungsgleichungen von Gauß und Weingarten. Aus den Ableitungsglei-chungen folgen die Fundamentalformen der Flächentheorie, die erste Fundamentalform und die zweite Fundamentalform. Während die Gaußschen Fundamentalgrößen erster Art die innere Flächengeometrie oder Metrik einer Fläche festlegen, sind die Gaußschen Fundamentalgrößen zweiter Art für die Krümmungsverhältnisse auf einer Fläche bezüglich des einbettenden Raumes (äußere Flächengeometrie) maßgeblich.

Fliehkraft (Zentrifugalkraft) - Centrifugal force Die auf ein Massenelement infolge einer Rotation wirkende Trägheitskraft.

Fluggravimeter - Aero-gravimeter Gravimeter auf bewegtem Träger für Anwendung im Flugzeug.

Flugprofilmessung - Airborne Profiling Messung von linienhaften Daten von einem Flugzeug aus bzw. von flächenhaften Daten in einem Linienraster. Hierzu gehö-ren insbesondere die Abtastung der Erdoberfläche mit Radar oder Laserpulsen. Erreicht werden Genauigkeiten von einigen dm; die durch eine Einzelmessung repräsentierte Fläche ("footprint") hängt von der Fluggeschwindigkeit, der Flughöhe und

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anderen Paramtern ab und liegt typisch im Bereich von einigen Metern; ebenso der mögliche Abstand der Einzelmessungen.

Formel von Euler - Formula of Euler Zusammenhang der Normalkrümmung einer Flächenkurve auf dem Rotationsellipsoid vom ellipsoidischen Azimut.

Formel von Ferrer - Formula of Ferrer Berechnung zugeordneter Legendrescher Funktionen aus den Legendreschen Polynomen durch Differentiation.

Formel von Rodrigues - Formula of Rodrigues Differentialformel zur expliziten Berechnung der Legendreschen Polynome.

Formparameter - Form parameters Parameter, die die Form der Meridianellipse eines Rotationsellipsoides als geodätische Bezugsfläche beschreiben. Dies sind die große Halbachse a und die kleine Halbachse b. Als zweiter geometrischer Parameter wird häufig statt der kleinen Halb-achse b die geometrische Abplattung f, die lineare Exzentrizität E oder die erste numerische Exzentrizität e bzw. die zweite numerische Exzentrizität e‘ verwendet.

Freie Nutation des Erdkerns (FCN) - Free Core Nutation (FCN) FCN ist eine freie >Nutation, die durch Richtungsunterschiede der Rotationsachsen des inneren >Erdkerns und des >Erdman-tels bedingt ist. Während erste theoretische Berechnungen eine Periode der Free Core Nutation von ungefähr 460 Tagen ergaben, zeigen die >VLBI-Messungen, daß die FCN-Periode bei etwa 430 Tagen liegt.

Freifallgravimeter - Free fall gravimeter >Ballistisches Gravimeter, bei dem die Trajektorie der Freifallbewegung der Testmasse (lotrecht) abwärts gerichtet ist.

Freiluftanomalie - Free air anomaly >Schwereanomalie, bei der lediglich die Änderung der Schwere mit der Höhe in Form der >Freiluftreduktion berücksichtigt ist. Freiluftanomalien sind nahezu linear mit der topographischen Höhe korreliert und variieren deshalb vor allem im Gebirge sehr stark.

Freiluftreduktion - Free air rduction Änderung der Schwere mit der Höhe, um einen gemessenen Schwerewert an der Erdoberfläche auf den zugehörigen Geoid-punkt zu reduzieren.

Frequenznormal (Frequenzstandard) - Frequency normal (frequency standard) Generator für eine hochstabile Frequenz, die als Referenz für Frequenz- und Zeitmessungen dienen kann. Heutzutage kom-men im wesentlichen >Atomuhren zum Einsatz. Eine weitere Möglichkeit bieten Pulsare (>Radioquellen), deren Rotation ausgesprochen regelmässig verläuft, wenn auch relativistische Effekte (Gravitationswellenabstrahlung) eine Periodendeh-nung bewirken.

Frühlingspunkt - Vernal equinox Schnittpunkt des Himmelsäquators mit der >Ekliptik, an dem sich die Sonne zu Frühlingsbeginn befindet. Aufsteigende Knoten der Ekliptik auf dem Himmelsäquator (Zeit, zu der die scheinbare Länge der Sonne 0° beträgt). Bei den klassischen astronomischen Koordinatensystemen dient er der Festlegung der x-Achse.

Fundamentalebene - Fundamental plane Grundkreisebene eines gleichnamigen Systems sphärischer Koordinaten; z.B. ist die Ekliptik die Fundamentalebene des Ekliptikalsystems.

Fundamentalformel der Physikalischen Geodäsie - Fundamental equation of physical geodesy Beziehung zwischen der >Schwereanomalie und dem Störpotential (>Molodensky-Problem, >Stokes-Problem).

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Fundamentalkatalog - Fundamental catalogue Katalog hochgenauer mittlerer Örter und Eigenbewegungen astronomischer Objekte (Fixsterne, extragalaktische Radioquel-len), welcher der Festlegung eines fundamentalen astronomischen Referenzsystems dient. 1938 empfahl die Internationale Astronomische Union (IAU) die Annahme des Fundamentalkataloges FK3, welcher 1950.0 Koordinaten und Eigenbewe-gungen von 1535 Basissternen enthält. Der 1964 angenommene FK4 enthält B1950.0 Koordinaten und Eigenbewegungen der FK4 Sterne, sowie von 1987 weiteren. Der 1988 gedruckte FK5 enthält J2000.0 Koordinaten und Eigenbewegungen der Basissterne sowie von 3117 weiteren Fundamentalsternen. Die Positionsfehler des FK5 werden auf etwa 0.03" geschätzt. Seit 1997 dient ein Katalog extragalaktischer Radioquellen der Realisierung eines astronomischen Re-ferenzsystems (ICRS). Hier erfolgt die Ausrichtung der Koordinatenachsen unabhängig von der Bewegung der Erde im Raum, d.h. nicht mehr nach (Himmels-) Äquator und Äquinoktium.

Fundamentalstation - Fundamental station Geodätisches Observatorium, auf dem Beobachtungen mehrerer >Raumverfahren wie radiointerferometrische Messungen (>VLBI), >Laserentfernungsmessungen und Beobachtungen zu Satelliten der satellitengestützten Navigations- und Positi-onssysteme (>GPS, >GLONASS, >DORIS) ausgeführt werden. Durch die Konzentration der Meßsysteme an einem Ort sind die geometrischen Beziehungen (Exzentrizitäten) zwischen den Referenzpunkten der Meßsystemen mit terrestischen Meß-verfahren sehr genau bestimmt. Die Ergebnisse der einzelnen Raumverfahren können daher verglichen und kontrolliert wer-den. Neben den Raumverfahren werden lokale Messungen (>Gravimetrie, >meteorologische Beobachtungen zur >Refrakti-on) durchgeführt. Raumverfahren und lokale Messungen ergänzen sich. Fundamentalstationen tragen durch kontinuierliche Beobachtungen einen bedeutenden Anteil bei, das terrestrische Referenzsystem >ITRF zu realisieren und laufend zu halten.

Fundamentalstation Wettzell - Fundamental Station Wettzell Geodätisches Observatorium (>Fundamentalstation) im Bayerischen Wald bei Kötzting, das radiointerferometrische Mes-sungen (>VLBI), Laserentfernungsmessungen zu Satelliten und zum Mond (>SLR, >LLR), >GPS- und >GLONASS-Beobachtungen ausführt sowie lokale Messungen (>Gravimetrie, >Seismik, >Meteorologie) und ein Zeit- und Frequenzsys-tem betreibt.

Fundamentalstern - Fundamental star Ein Fixstern, dessen >Rektaszension und >Deklination in einem >Inertialsystem mit hoher Genauigkeit absolut bestimmt worden sind.

Galilei-System - Galilei system Beliebig rotierendes >Bezugssystem mit beliebig beschleunigtem Ursprung. Das Galilei-System ist ein >Nichtinertialsystem.

Gang (Gravimetergang, Drift) - Drift Zeitliche Änderung der Ablesung (hauptsächlich) eines >Federgravimeters ohne Änderung der Schwere, verursacht durch kriechende Längenänderung der Feder, hauptsächlich abhängig vom Material, aber auch von der dynamischen Belastung (Stöße) etc. Wurde früher bei geringeren Genauigkeitsanforderungen nicht immer von der Gezeitenwirkung unterschieden und gemeinsam mit dieser reduziert. Bestimmung des Ganges durch je nach Anforderung und Gravimetertyp unterschiedlich häufige Messung auf einem Punkt bekannter Schwere. Reduktion des Ganges vorab oder besser in einem umfassenden Aus-gleichungsmodell durch (über Stunden) lineare Regression.

GAST (Greenwich Apparent Sidereal Time) Scheinbare Sternzeit für den Ort Greenwich, bzw. für alle Orte der geographischen Länge Null. Berücksichtigung der >Nuta-tion.

Gauß-Krüger-Abbildung (transversale Merkator-Projektion) - Gauß-Krüger projection (transverse Mercator projection) Konforme Abbildung der Oberfläche eines >Rotationsellipsoids in die Ebene unter der Bedingung, dass ein vorgegebener >Hauptmeridian längentreu abgebildet wird. Die Koordinaten der Bildebene werden als >Gauß-Krüger-Koordinaten be-zeichnet. Äquivalent der Interpretation der Gauß-Krüger-Koordinaten als Parameter der Bildebene ist deren Deutung als Flächenparameter auf dem Rotationsellipsoid.

Gauß-Krüger-Koordinaten (GK-Koordinaten, transversale Merkator-Koordinaten) - Gauß-Krüger coordinates, transverse Mercator coordinates Gaußsche Koordinaten X,Y auf einem >Rotationsellipsoid in der von C.F. Gauß und L.J.H Krüger angegebenen Anordnung. Neben der allgemeinen Bedingung, dass das >Bogenelement der Fläche die isotherme Form besitzt, wird hierbei gefordert,

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dass ein vorgegebener Meridian L=L0=const. der sog. Grund- oder Hauptmeridian, die Abszissenlinie Y=0 bildet, wobei deren Abszissenwert X(Y=0) mit der Bogenlänge des vom Äquator aus gezählten Meridianbogens identifiziert wird. Die Ordinatenlinien X=const. eines Gaußschen Systems auf der Ellipsoidoberfläche sind im Allgemeinfall weder geschlossene noch ebene Kurven und unterscheiden sich von >Geodätischen Linien; die Koordinatenlinien Y=const. sind zwar geschlosse-ne, aber keine ebenen Kurven. Die sich orthogonal schneidenden Parameterlinien X=const., Y=const. werden als Gauß-Krüger-Gitterlinien bezeichnet. Um die mit der Entfernung zum Hauptmeridian betragsmäßig größer werdenden, bei der Bearbeitung trigonometrischer Netze der Landesvermessung erforderlichen Richtungs- und Streckenreduktionen klein zu halten, begrenzt man den Gültig-keitsbereich der GK-Koordinaten auf eine Längenausdehnung von 1.50 Grad beiderseits des Hauptmeridians; den hiermit entstehenden 30 breiten Meridianstreifensystemen werden auf beiden Seiten des Hauptmeridians jeweils ca. 0.50 Grad breite Überlappungszonen angeschlossen, so dass die Streifensysteme faktisch eine Längenausdehnung von etwa 4 Grad besitzen. Mit Meridianstreifensystemen lassen sich größere Gebiete der Erdoberfläche bis hin zur gesamten Erde konsistent darstellen. Die in den Überlappungszonen liegenden Punkte erhalten doppelte Koordinatensätze, die sich jeweils auf das rechte und linke Streifensystem beziehen. In der Gauß-Krügerschen Anordnung werden den einzelnen Streifen Kennziffern (Kz) zugeordnet, die sich aus der (vom Meridian von Greenwich ausgehend nach Osten positiv gezählten) geographischen Länge L0 der entsprechenden Hauptmeri-diane ergeben (L0 in Grad), Kz = L0/3. Um negative Werte der Ordinaten Y zu vermeiden, werden zu diesen 500 000 m addiert und die Kennziffer Kz vorangestellt. Somit entstehen die auf das Meridiansteifensystem mit dem Hauptmeridian L = L0 bezogenen GK-Koordinaten: R = Y +(Kz+0.5)×106m, H = X . Der vom Äquator aus nach Norden positiv gezählte Abszis-senwert wird Hochwert, der modifizierte Wert der Ordinate Rechtswert genannt. Auf Vorschlag des Beirats für Vermes-sungswesen im Jahre 1923 wurde das GK-System in Deutschland eingeführt und ist - in Verbindung mit dem >Bessel-Ellipsoid und dem Zentralpunkt (Datum) Rauenberg - das amtliche Koordinatensystem der Landesvermessungen in den alten Bundesländern. Sämtliche amtlichen Kataster- und topographischen Karten aller Maßstäbe größer oder gleich 1:200 000 haben das GK-System als Grundlage.

Gauß-Markov-Modell - Gauss-Markov-Model Lineares Modell der Mathematischen Statistik. Das statistische Konzept der besten linearen erwartungstreuen Schätzung im Gauß-Markov-Modell führt exakt auf die mit Hilfe der >Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate erhaltenen Ergebnisse. Unter der zusätzlichen Bedingung, dass der Spaltenvektor der Beobachtungen eine multivariate Nor-malverteilung aufweist, führt auch die Anwendung der Maximum-Likelihood-Methode zu denselben Resultaten. Neben Parameterschätzungen können auch statistische Hypothesentests auf der Grundlage des Gauß-Markov-Modells durchgeführt werden. Verallgemeinerungen des Gauß-Markov-Modells betreffen die Einbeziehung von Restriktionen (Bedingungsglei-chungen), Modelle mit nicht vollem Rang sowie die Erweiterung des fixen Parametervektors auf Zufallsvariable (Regressi-onsmodelle und gemischte Modelle, >Kollokation).

Gaußsche Koordinaten - Gaußian coordinates Isotherme Flächenkoordinaten (konforme Koordinaten, >Flächenkoordinaten) (u,v) auf der Oberfläche einer Kugel oder eines >Rotationsellipsoids, für die das >Bogenelement die isotherme Form ds2=l(u,v)2(du2+dv2) mit dem von den Parametern u,v abhängigen Faktor l(u,v)2 annimmt. Ein aus Gaußschen Koordinaten gebildetes isothermes Parameternetz zerlegt, wenn man die Koordinatendifferentiale du,dv gleichsetzt, die Fläche in infinitesimale Quadrate und ist somit orthogonal. Klein-räumig können Gaußsche Koordinaten deshalb wie geradlinige, ebene orthogonale Koordinaten (zweidimensionale kartesi-sche Koordinaten) behandelt werden. Wichtige Spezialfälle Gaußscher Koordinaten sind die >Gauß-Krüger-Koordinaten und die >UTM-Koordinaten. Werden auf derselben Fläche zwei verschiedene Systeme Gaußscher Koordinaten (u,v) und (u',v') eingeführt, so gelten für die Transformationsbeziehungen u=f(u,v); v=g(u,v) die >Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen. Entsprechende Beziehungen gelten auch für die Umkehrtransformation. Jede Transformation zwischen Gaußschen isothermen Flächenkoor-dinaten auf einer reellen analytischen Fläche kann durch eine analytische Funktion dargestellt werden. Umgekehrt können aus einem vorgegebenen isothermen Parametersystem sämtliche anderen isothermen Parametersysteme der Fläche mit Hilfe analytischer Funktionen gewonnen werden. Neben der Interpretation von Gaußschen Koordinaten als Flächenparameter können diese formal auch als ebene kartesische Koordinaten gedeutet werden, die aus einer Abbildung der Fläche auf die Ebene entstanden sind. Identifiziert man die Zah-lenwerte der Gaußschen Koordinaten mit den kartesischen Koordinaten (X,Y) der euklidischen Ebene, so wird durch diese isothermen Parameter eine >konforme Abbildung der Fläche auf die Ebene vermittelt. Aus diesen Gründen werden Gaußsche Koordinaten (z.B. Gauß-Krüger- oder UTM-Koordinaten) oft wie ebene kartesische Koordinaten behandelt; handelt es sich jedoch - wie bei Kugel- und Ellipsoidflächen – um Flächen, die nicht in die Ebene abwickelbar sind, so entstehen durch die konforme Abbildung Verzerrungen, die in Form von >Reduktionen (Streckenreduktion, Richtungsreduktion) berücksichtigt werden.

Gaußsche Krümmung - Gaussian curvature Reziprokwert des > Gaußschen Krümmungsradius.

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Gaußsche Meridiankonvergenz - Gaussian meridian convergence Winkel c, den die durch einen Punkt P der Ellipsoidoberfläche verlaufende Abszissenlinie Y=const. der >Gauß-Krüger-Koordinaten mit dem Meridian in P einschließt; sie wird von der Nordrichtung des Meridians ausgehend im Uhrzeigersinn positiv gezählt, so dass die Vorzeichen von Y und c immer übereinstimmen.

Gaußsche Schmiegkugel Regionale Approximation des >Referenzellipsoides um einen Bezugspunkt durch eine Kugel. Die Gaußsche Schmiegkugel hat im Bezugspunkt dieselbe >Gaußsche Krümmung wie das Referenzellipsoid. Der Radius der Gaußschen Schmiegkugel ist der >Gaußsche Krümmungsradius im Bezugspunkt (>Rotationsellipsoid).

Gaußscher Integralsatz Der Gaußsche Integralsatz leistet die Umwandlung eines Volumenintegrals in ein Flächenintegral. Eine einfache hydrody-namische Interpretation ergibt sich, wenn das Volumenintegral als die Ergiebigkeit in einem Raumgebiet betrachtet wird und das Flächenintegral den Fluß durch die Begrenzungsfläche mißt. Ist das Volumen quellenfrei, so verschwindet das Flächenin-tegral. Aus dem Gaußschen Integralsatz erhält man eine koordinatenfreie Darstellung der Divergenz.

Gaußscher Krümmungsradius - Gaussian curvature radius Geometrisches Mittel aus dem größten und dem kleinsten Krümmungshalbmesser der Normalschnitte einer Fläche in einem Punkt. Für das >Rotationsellipsoid liegen die >Hauptkrümmungsradien in der Meridianebene (>Meridiankrümmungsradius) und in der dazu senkrechten Normalebene (>Querkrümmungsradius).

Gaußscher Richtungswinkel Winkel T zwischen der Abszissenlinie Y=const. durch P und der durch P und einen Zielpunkt Q verlaufenden geodätischen Linie. Er wird von der Richtung wachsender X-Werte ausgehend im Uhrzeigersinn positiv gezählt, so dass für das auf den Meridian bezogene >Azimut A der geodätischen Linie gilt: A = T+c.

Geländereduktion – Terrain correction Verfeinerung der >Bouguerschen Plattenreduktion durch Berücksichtigung der Abweichungen der Geländeform von einer >Bouguerplatte.

Geodäsie - Geodesy Die Geodäsie [griechisch: Erdteilung] ist eine Disziplin der Naturwissenschaften von der Erde (Geowissenschaften) mit besonders umfangreichen Anwendungen (>angewandte Geodäsie) in der Praxis von Wirtschaft (>Ingenieurgeodäsie), Ver-waltung und Gesellschaft (Vermessungs-, Karten- Liegenschaftswesen, >Geoinformationssysteme), das bergmännische Vermessungswesen (Markscheidewesen) und das Seevermessungswesen. Ein großer Teil der praktischen Belange wird am besten wiedergegeben durch die Definition von F. R. Helmert (1880): "Die Geodäsie ist die Wissenschaft von der Ausmes-sung und Abbildung der Erdoberfläche", worin auch die kartographische Darstellung und >Geoinformationssyteme einge-schlossen sind. Die physikalischen Aspekte kommen besonders in der Aussage von E. H. Bruns (1878) zum Ausdruck: "Das Problem der wissenschaftlichen Geodäsie ist die Ermittlung der Kräftefunktion der Erde", womit das Vektorfeld der Erd-schwerkraft, der Resultierenden aus Anziehungs- und Fliehkraft, gemeint ist. Eine stark verallgemeinernde und zugleich wissenschaftstheoretisch vertiefte Definition gibt E. Buschmann (1992): "Geodäsie ist die Wissenschaftsdisziplin vom Er-kennen von Raum und Zeit im Bereich des Planeten Erde an den Strukturen geeigneter Materieverteilungen und deren zeitli-chen Änderungen; solche Strukturen sind insbesondere Erdoberfläche und Erdschwerefeld". - Figur der Erde: Wenn oft gesagt wird, das Hauptziel der Geodäsie sei die "Bestimmung der Erdfigur", so ist das vieldeutig, und es muß erklärt werden, was unter "Erdfigur"“ verstanden werden soll. So können gemeint sein: die topographische Ober-fläche in ihrer Gesamtheit und Detailliertheit des Reliefs, das >Geoid als eine ausgewählte >Äquipotentialfläche (Niveauflä-che) des Erdschwerefeldes, >Ellipsoide unterschiedlicher Eigenschaften als vorwiegend geometrische Modelle, >Sphäroide als vorwiegend physikalische Modelle oder auch Mischformen, die weder mathematisch noch physikalisch sondern nur punktweise als Körper darstellbar sind, wie z.B. >Quasigeoid oder >Telluroid; im Altertum standen unsere Vorfahren noch vor der Frage "Scheibe oder Kugel und wie groß sind sie?" (Eratosthenes) - Grundlagen des Erkenntnisprozesses: Wie in jeder Wissenschaftsdisziplin, so gründet sich auch in der Geodäsie die Er-kenntnistätigkeit sowohl auf ihre bisherigen eigenen Aussagen als auch auf die Theorien einer Reihe anderer Disziplinen. Für die Geodäsie sind das vor allem: Mathematik (besonders >Geometrie, Differentialgeometrie, mathematische Statistik), Phy-sik (besonders Newtonsche Mechanik, Gravitation, Optik), >Relativitätstheorie (besonders Einheit von Geometrie und Phy-sik, Konstanz der Lichtgeschwindigkeit auch bei Bewegung der Strahlungsquelle, relativistische Mechanik bei bewegten Meßpunkten), >Metrologie (Meßkunde, Meßtechnik) und >Astronomie (>Astrometrie, >Bezugssystem für Raum und Zeit, repräsentiert durch außerirdische Objekte, insbesondere Fixsterne). - Aufgabenfelder und Teilgebiete: Einige dieser für die geodätische Erkenntnistätigkeit grundlegenden Wissenschaftsdiszip-linen spiegeln sich in den Namen von größeren und bedeutenden Teilgebieten wider: >mathematische, >physikalische Geo-

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däsie, >geodätische Astronomie und ganz allgemein grundlegend >theoretische Geodäsie; andere Bezeichnungen betonen die eingesetzten Erkenntnismittel (>Satellitengeodäsie, >kosmische Geodäsie, >geodätische Raumverfahren). Auch bestimmte Auffassungen, methodische Richtungen bzw. Entwicklungsetappen haben sich in Termini niedergeschlagen, doch sind Zwei-fel erlaubt, ob sie auf Dauer sinnvoll und förderlich sind: >mehrdimensionale, >integrierte, >dynamische, >ellipsoidische Geodäsie und >geodesia intrinseca. Objektbezogene Bezeichnungen sind: >Meeresgeodäsie, Selenodäsie und Glazialgeodä-sie; in diesen Aufgabenfeldern gibt es signifikante methodische und meßtechnische Besonderheiten. Die früher üblichen Bezeichnungen >höhere Geodäsie und >niedere Geodäsie nach F. R. Helmert waren der >Geometrie entlehnt und durchaus sinnvoll, haben durch Bedeutungswandel aber ihre Berechtigung verloren. - Erkenntnisgegenstand: Die Existenzform aller Materie sind Raum und Zeit in ihrer Einheit. Im Bereich des Planeten Erde sind Erdoberfläche und Erdschwerefeld geeignete Materiestrukturen, die meßtechnisch erfaßt und wiedererkennbar abgebil-det werden können, so daß ihre Strukturen jeweils die räumliche Komponente und deren Änderungen die zeitliche Kompo-nente widerspiegeln. Wiedererkennbare Zeichen der Erdoberfläche sind die sog. topographischen (d.h. ortsbeschreibenden) Objekte, wie z.B. Berge, Flüsse, Verkehrswege, Bauwerke. Ihrer gemessenen und in >Koordinatensystemen beschriebenen Lage können >Höhen als Merkmal des Reliefs und gemessene Werte der Schwerkraft als Merkmal des Erdschwerefeldes zugeordnet werden. Die Abbildungen können je nach Problem und Bedarf analog oder digital auf verschiedene Weise erfol-gen, z.B. mit Ausdrucksmitteln der >Kartographie, in Dateien oder speziell in >Geoinformationssystemen. - An Änderungen der genannten Materiestrukturen wird die zeitliche Komponente von Raum und Zeit zwar erkennbar, zur Ableitung eines >Zeitmaßes sind sie aber ungeeignet. Das ist z.B. beim Phänomen der Erdrotation anders. Sie läßt sich hoch-auflösend aus der Relativbewegung zweier >Bezugssystem erkennen, eines mit dem Erdkörper gekoppelten und eines außer-halb von ihm existierenden. Das können z.B. die Fixsterne sein (>geodätischeAstronomie), das können auch andere außerir-dische Objekte sein (>geodätische Raumverfahren, >Satellitengeodäsie). Lange bestimmte die Geodäsie so auch die gesetzli-che Zeit (>Zeitskalen), heute braucht sie diese Erkenntnisse zur Realisierung der Raumverfahren. - Die Strukturparameter des Erdschwerefeldes sind die Flächen konstanten Schwerepotentials (>Äquipotentialflächen, >Ni-veauflächen) und deren Orthogonalen, die >Lotlinien mit ihren lokalen Tangenten, den >Lotrichtungen (geodätisch für: Richtung des Schwerevektors). - Metrologische Aspekte: Das geodätische Meßwesen ist Jahrtausende alt. Es entwickelte sich hauptsächlich aus der >Geo-metrie und schuf selbst viele ihrer Grundlagen; eine andere Wurzel liegt in der >mathematischen Geographie. Frühere Defi-nitionen und Realisierungen von Maßeinheiten für die Länge (Meter m) und die Zeit (Tag d, Sekunde s) wurden durch geo-dätische Messungen aus Größen des Erdkörpers und seiner Rotation abgeleitet. Die Einheit der Beschleunigung Gal (nach Galilei, italienischer Naturforscher 1564-1642) bezog sich auf die Fallbeschleunigung der Erde.- Zu unterscheiden sind bei den metrologischen Aspekten der Geodäsie zwei Grundrichtungen: die mehr physikalische bei der Bestimmung der Parame-ter des Erdschwerefeldes und die mehr geometrische bei der Ausmessung der Erdoberfläche. Die Methoden zur Bestimmung von Schwerefeldparametern sind Methoden der >Gravimetrie, die in ihrer Genauigkeit gesteigert und für globale Anwendung weiterentwickelt wurden. Neue Möglichkeiten erschlossen sich mit der Entwicklung von >Absolutgravimetern und >Gradi-ometern sowie von Geräten zum Einsatz in Flugzeugen und auf Schiffen. Äquipotentialflächen der Schwerkraft lassen sich als inverses Problem durch die Lösung von >Randwertaufgaben aus geeignet reduzierten gemessenen Schwerewerten ablei-ten, neuerdings auch nach Methoden der >Satellitengeodäsie, da die Bahnen der künstlichen Erdsatelliten sowohl Anomalien des Erdschwerefeldes als auch die Lage des Massenmittelpunktes der Erde widerspiegeln und damit dessen Nutzung als Ursprung des >globalen geozentrischen Koordinatensystems möglich machen. Die Lotrichtungen (>natürliche Koordinaten) lassen sich direkt nach Methoden der >geodätischen Astronomie messen. Differenzen des Schwerepotentials sind als physi-kalische Größe an der Erdoberfläche meßbar als Produkt aus vertikaler Strecke (>Nivellement) und Schwerewert (Fallbe-schleunigung). Diese als >geopotentielle Kote bezeichneten Werte sind die Ausgangsgrößen für die Bildung von >Höhensys-temen. - Die Differenzen zwischen den Parametern des realen Schwerefeldes (Äquipotentialflächen und Lotlinien) und den Parame-tern eines Modells (>Ellipsoid, >Sphäroid) werden mittels der Höhenunterschiede vergleichbarer Flächen (>Geoidundulatio-nen) bzw. der Winkel zwischen den Flächennormalen (>Lotabweichungen) abgebildet. Geodätisches Meßwesen Es ist kenn-zeichnend für die klassische Methodik der Geodäsie, daß die dreidimensionalen Strukturen der Erdoberfläche mittels zweier grundverschiedener Meßanordnungen ermittelt werden: es werden zwei geometrische Lagekoordinaten auf einer >Bezugsflä-che bestimmt, denen eine physikalisch begründete Koordinate der Höhe zugeordnet wird (>physikalische Höhe); dafür wird gelegentlich die Bezeichnung "zwei- + eindimensionale Geodäsie" (>mehrdimensionale Geodäsie) gebraucht. Die schnelle Entwicklung zweier neuer technischer Mittel in der Mitte der fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts brachte auch für das geodä-tische Meßwesen eine Revolution. Künstliche Erdsatelliten umkreisten die Erde und konnten mit der Raum-Zeit-Funktion ihrer Bahnparameter (>Bahnelemente, >Keplerelemente) als erdoberflächenfernes räumliches >Bezugssystem dienen; elekt-romagnetische Wellen außerhalb des sichtbaren Teils des Spektrums und Impulse mit großer Reichweite wurden durch neue Sensoren und hochauflösende Zeitmeßeinrichtungen nutzbar für die Messung von großen Längen und Längenunterschieden (>Laserentfernungsmessung, >VLBI). Es entstanden die Methoden der >Satellitengeodäsie und der >geodätischen Raumver-fahren, die heute bestimmend sind für das geodätische Meßwesen. An die Stelle der indirekten Längenmessung mittels Win-kelmessung (>Triangulation) und der Bezugspunkte in netzartiger Anordnung (>Netz) traten freie Gruppierungen von Be-zugspunkten in problemabhängiger Dichte. Die Länge einer Strecke als raumaufspannendes Element in der Dreiecksunglei-chung der Metrik war direkt meßbar geworden, selbst in früher geodätisch unvorstellbaren Dimensionen, z.B. Erde-Satellit (>SLR) und Erde-Mond (>LLR), und mit früher unvorstellbar hoher Genauigkeit. Nur bei der örtlichen Detailaufnahme dominiert noch das lotrichtungsorientierte Meßinstrument, wobei auch dabei die frühere Messung von Horizontalwinkeln durch die Messung horizontaler Streckenkomponenten weitgehend ersetzt ist. - Eine sehr wesentliche Rolle im geodätischen Meßwesen spielen Modelle unterschiedlicher Art und Zielstellung. Die Mo-dellierung kann der meßtechnischen Erfassung der strukturellen bzw. physikalischen Realität dienen, sie kann auch ange-bracht sein zur Ableitung der gesuchten Informationen aus den Meßdaten und auch bei der Interpretation der Informationen; der Begriff "Modell" wird heute auch in der Geodäsie sehr viel weiter gefaßt als früher. Geodätische Informationen sind

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metrische Informationen mit drei räumlichen Dimensionen (Koordinaten), einer Zeitangabe (Epoche, Datum, Zeitpunkt) und einer die Art der erfaßten Materie charakterisierenden Angabe (z.B. topographisches Objekt). Dieser Raum und Zeit be-schreibenden geodätischen Information können andere Informationen zugeordnet werden, z.B. geologische, geophysikali-sche, und es entstehen fachspezifische Karten oder neuerdings >Geoinformationssysteme. - Metrologisches Prinzip: Das allgemeine metrologische (>Metrologie) Prinzip für die Ausmessung und Abbildung unregel-mäßig geformter Körper ist folgendes (Abbildung). Das Meßobjekt M wird in starre Verbindung mit einem Koordinatensys-tem K gebracht, dessen Metrik bekannt ist. Dann wird die Oberfläche von M in ihren typischen geometrischen Formen durch Meßpunkte modelliert, und schließlich werden diese von Punkten des Koordinatensystems aus mittels Zeigern Z, d.h. mittels Meßfühlern in Richtung oder Strecke oder einer Kombination davon abgetastet.- Prinzipiell nicht anders verfährt die Geodä-sie bei der Vermessung der Figur der Erde, ihrer Oberfläche oder Teilen davon. Nur hat sie dabei trotz der anscheinenden Einfachheit der Aufgabe ganz beträchtliche Schwierigkeiten zu überwinden: A) Ein Koordinatensystem K existiert nicht. Es muß als >Bezugssystem erst geschaffen, d.h. durch geeignete Erscheinungen (z.B. Quasare, Fixsterne, Erdsatelliten, Äquipo-tentialflächen der Erdschwerkraft, mit der Erdoberfläche verbundene Markierungen) realisiert und hinsichtlich zeitlicher Veränderungen überwacht werden. Dabei sollte stets bewußt sein, daß Begriffe wie "Festpunkt" oder "Fixstern" frühere Auffassungen widerspiegeln und nicht mit unseren heutigen Erkenntnissen vereinbar sind. B) Das Meßobjekt ist nicht hand-habbar und nicht überschaubar. Es hat unvergleichlich große Dimensionen und Detailliertheit, so daß eine außerordentlich große Zahl von Messungen nötig ist, die auf einheitlichen Maßeinheiten und Meßregeln beruhen müssen. Deshalb hat die Geodäsie seit jeher die Vereinheitlichung von Maßsystemen über Ländergrenzen hinweg aktiv gefordert und gefördert. C) Das Meßobjekt ruht nicht. Es rotiert nach den Kreiselgesetzen im Kosmos und unterliegt außerdem wechselnden Kraftein-wirkungen, z.B. von Himmelskörpern des Sonnensystems (>Gezeiten) oder von erdkörpereigenen Reibungen (>Gezeitenrei-bung, >Kern-Mantel-Koppelung). D) Das Meßobjekt ist auch nicht starr sondern deformabel, so daß die Punkte infolge der Festerdegezeiten und erdinnerer Einflüsse (Plattentektonik, Erdbeben) ständig bewegt sind. E) Die Meßfühler Z sind wegen physikalischer Einflüsse (z.B. atmosphärische Refraktion, relativistische Effekte) meist nicht als einfache geometrische Elemente, z.B. als Geraden, realisierbar bzw. modellierbar.- Die Wahl eines geeigneten Bezugssystems und seine Realisie-rung durch die Bezugsdaten der Bezugsobjekte (z.B. Örter von Quasaren oder Fixsternen, Bahndaten von Erdsatelliten, Koordinaten terrestrischer Bezugspunkte) ist eine grundlegend wichtige Frage der Geodäsie, weil davon zugleich die Qualität der naturwissenschaftlichen Aussage abhängt, die aus den Messungen abgeleitet wird. Anzustreben sind >Inertialsysteme, weil sie höchstens noch eine "prinzipiell nicht erkennbare" lineare Eigenbewegung ausführen. Die auf Eigenschaften des Erdkörpers gegründeten Bezugssysteme beruhen auf der Geometrisierung physikalischer Erscheinungen. So wird z.B. der Massenschwerpunkt der Erde (das >Geozentrum) von Erdsatelliten als Brennpunkt ihrer Bahn erfaßt und zum Ursprung des geozentrischen Koordinatensystems geometrisiert. Die lokale >Lotrichtung (Schwerevektor) kann durch ein Fadenlot zur vertikalen Geraden und durch Libellen (Wasserwaagen) zu einer horizontalen Ebene geometrisiert werden; die Himmelspole als Punkte der verlängert gedachten Rotationsachse der Erde spiegeln sich in den scheinbaren Bahnen der Fixsterne und anderer Himmelkörper wider. - Nutzung der Erkenntnisse: Die Erkenntnisse der Geodäsie werden in verschiedener Form abgebildet: als mathematisch-physikalische Modelle, mit Ausdrucksmitteln der Kartographie, zunehmend auch in Dateien und >Geoinformationssystemen, für die sie zugleich die Raumordnung bereitstellen. Damit bieten sie die Grundlage für räumliche Zuordnungen von Erkennt-nissen und Daten zahlreicher Zweige von Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Geodätische Erkenntnisse sind Ein-gangsgrößen in weitere Erkenntnisprozesse einerseits der Geodäsie selbst und andererseits der benachbarten Geowissen-schaften, z.B. >Geologie: globale Plattentektonik, Intraplattentektonik, lokale Erdkrustenbewegungen, >Geophysik: Massen- und Dichteverteilungen in Erdmodellen, Festerdegezeiten und deren räumliche Anomalien (Viskosität), Erdkrustenbewegun-gen, Erdrotationsschwankungen und Schwereänderungen als Vorboten von Erdbeben, Koppelung zwischen Erdkern- und -mantelrotation, >Ozeanographie: Struktur von Äquipotentialflächen der Schwerkraft und Relief in Meeresgebieten.

Geodätische Astronomie - Geodetic astronomy Eines der ältesten Aufgabenfelder der >Geodäsie, mit zurückgehender Bedeutung seit der Nutzung künstlicher Erdsatelliten (>Satellitengeodäsie) und anderer >geodätischer Raumverfahren. Die Methoden der geodätischen Astronomie benutzen als irdisches Bezugssystem die >Lotrichtungen des Erdschwerefeldes und als außerirdisches die astronomisch bestimmten Koor-dinaten (Örter) von Himmelskörpern, vorzugsweise von Fixsternen und Sonne. Es können Positionen auf der Erde bestimmt werden (astronomische >Lotrichtung, >natürliche Koordinaten), was früher auf Expeditionen die einzige Möglichkeit zur Ortsbestimmung war (>mathematische Geographie). Es kann aber auch die Relativbewegung beider Bezugssysteme gemes-sen werden, was zu Erkenntnissen über die Rotation der Erde und ihre Änderungen führt (>Rotation der Erde, >Polbewe-gung, >Zeit, >ILS, >IERS). Geodätisch-astronomische Messungen führten zu ersten genaueren Kenntnissen über die Figur der Erde (>Gradmessung). In der >astronomischen Geodäsie werden die Erkenntnisse der geodätischen Astronomie zur Bestimmung geodätischer und physikalischer Größen am Erdkörper genutzt.

Geodätische Breite - Geodetic latitude >Ellipsoidische Breite

Geodätische Flächenkoordinaten - Geodetic surface coordinates Flächenkoordinaten u,v auf einer gekrümmten Fläche (z.B. in der Landesvermessung auf einer Kugel oder einem >Rotation-sellipsoid), mit der Eigenschaft, dass die v-Linien eine Schar >geodätischer Linien bilden, während die u-Linien die Ortho-gonaltrajektorien der v-Linien sind. Stellt man eine Fläche in geodätischen Flächenkoordinaten dar, so besitzt das >Bogen-

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element der Fläche die Darstellung ds2=n(u,v)2 +dv2. Zwei beliebige u-Linien v=v1 eines solchen Flächenkoordinatensys-tems schneiden aus allen geodätischen Linien u=const. Bögen gleicher Länge aus; diese Länge wird als geodätischer Abstand der beiden Kurven bezeichnet. Die Orthogonaltrajektorien, die i.allg. keine geodätischen Linien sind, werden geodätische Parallelen genannt. Spezialfälle geodätischer Flächenkoordinaten sind geodätische >Parallelkoordinaten und >geodätische Polarkoordinaten.

Geodätische Hauptaufgaben - Main Geodetic Problems >Erste Geodätische Hauptaufgabe bzw. >Zweite Geodätische Hauptaufgabe.

Geodätische Informationen - Geodetic information Metrische Informationen mit drei räumlichen Dimensionen (Koordinaten), einer Zeitangabe (Epoche, Datum, Zeitpunkt) und einer die Art der erfaßten Materie charakterisierenden Angabe (z.B. topographisches Objekt). Dieser Raum und Zeit be-schreibenden geodätischen Information können andere Informationen zugeordnet werden, z.B. geologische, geophysikali-sche, und es entstehen fachspezifische Karten oder neuerdings >Geoinformationssysteme.

Geodätische Koordinaten - Geodetic coordinates >Ellipsoidische Koordinaten

Geodätische Krümmung - Geodetic curvature Die Krümmung der Projektion einer Flächenkurve in der Tangentialebene eines betrachteten Kurvenpunktes.

Geodätische Länge - Geodetic longitude >Ellipsoidische Länge

Geodätische Linie - Geodesic, (geodesic line, geodetic line) Kurve, deren geodätische Krümmung (>Kurventheorie) in jedem Punkt verschwindet. Durch jeden Punkt einer stetig ge-krümmten Fläche verläuft genau eine geodätische Linie mit vorgegebener Richtung. Die kürzeste, stetig gekrümmte Verbin-dungslinie zwischen zwei Punkten auf einer Fläche ist stets ein Stück einer geodätischen Linie. In der Theorie der Landes-vermessung treten geodätische Linien als Flächenkurven auf der Fläche eines >Rotationsellipsoids oder einer Kugel auf; geodätische Linien auf der Kugeloberfläche sind immer Bogenstücke von >Großkreisen.

Geodätische Modellbildung - Geodetic modelling Formulierung mathematisch-physikalischer Modelle zur Bestimmung der Gestalt der physischen Erdoberfläche und des äußeren Schwerefeldes sowie der zeitlichen Änderungen dieser Zielgrößen aus geodätischen Beobachtungen. Die zusätzliche Erfassung charakteristischer Merkmale (Attribute) von Elementen des Erdraumes führt zum Begriff der >mehrdimensionalen Geodäsie. Geodätische Beobachtungsgrößen sind geometrischer, kinematischer und dynamischer Natur. Damit ist grundsätz-lich eine integrierte Modellbildung möglich, also eine gemeinsame Bestimmung von dreidimensionalen Positionen und des Schwerefeldes (>integrierte Geodäsie). Wegen der Größe der entstehenden Gleichungssysteme zur Bestimmung der Modell-parameter und der daraus resultierenden numerischen Probleme ist eine integrierte Modellbildung nur für verhältnismäßig kleine regionale Gebiete möglich. Aus diesem Grunde ist eine Aufteilung in eine dreidimensionale Positionsbestimmung und eine Schwerefeldbestimmung i.a. sinnvoller. Soll neben der Erfassung der dreidimensionalen Positionen die Zeitabhängigkeit mitbestimmt werden, so spricht man von der sog. >Vierdimensionalen Geodäsie bzw. der >Drei- + Eindimensionalen Geodä-sie. Eine dreidimensionale Punktbestimmung im Rahmen der Modelle der >Dreidimensionalen Geodäsie war erst durch die Erfolge der >Satellitengeodäsie bzw. der >geodätischen Raumverfahren in den letzten drei Jahrzehnten möglich geworden. Die klassische Modellbildung, die in ihren Anfängen bis in den Beginn des 19. Jahrhunderts zurückreicht, läßt sich deshalb durch eine weitere Aufteilung in Lage- und Höhenbestimmung charakterisieren (>zwei- + eindimensionale Geodäsie). Diese Aufspaltung in eine zweidimensionale Lagebestimmung und eine eindimensionale Höhenbestimmung war durch die Eigen-schaften der damals verfügbaren Meßverfahren bedingt. Die Meßmethoden zur Bestimmung der Lagekoordinaten auf einer zweidimensionalen Bezugsfläche unterliegen verhältnismäßig wenig dem Einfluß des Schwerefeldes und der Atmosphäre. Restliche Effekte konnten im Prinzip durch Reduktionen erfaßt werden oder führten, wenn dies nicht möglich war, zu Verfäl-schungen, die i.a. hingenommen werden konnten. Dagegen hängen die Methoden zur genauen Höhenbestimmung sehr viel stärker vom Schwerefeld und auch von den Einflüssen der Atmosphäre ab. Dies führte zur Wahl verschiedener Bezugsflä-chen für Lage und Höhe, deren gegenseitige Lage nur genähert bekannt war. Die verschiedenen >geodätischen Bezugssyste-me als Ergebnisse der klassischen Landesvermessungen weisen fast ausschließlich diesen Nachteil auf. Erst die Methoden der Satellitengeodäsie und der >geodätischen Raumverfahren werden in der Lage sein, diesen Mißstand zu verbessern. Aller-dings wird dieser Prozeß noch einige Jahrzehnte andauern, bis eine Integration des geodätischen Grundlagenwerkes abge-schlossen sein wird.

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Geodätische Parallelkoordinaten - Geodetic parallel coordinates Geodätische Flächenkoordinaten u,v mit der Eigenschaft, dass die (geodätischen) v-Linien eine fest vorgegebene geodätische Linie der Fläche, die Abszissenlinie, rechtwinklig schneiden und dass der Parameter u mit der Bogenlänge der Abszissenlinie v=0 identisch ist, so dass n(u,0)=1 gilt. Die v-Linien werden als Ordinatenlinen bezeichnet. Beide Flächenparameter (u,v), in der Landesvermessung mit (x,y) bezeichnet, geben die Längen von geodätischen Linien auf der Fläche an. In der Landes-vermessung werden geodätische Parallelkoordinaten (x,y) auf einer Kugel oder einem Rotationsellipsoid meist in der von J.G. Soldner definierten Anordnung benutzt. Abszissenlinie y=0 der Soldner-Koordinaten ist der durch den Koordinatenan-fangspunkt P0 verlaufende Meridian; P0 sind die Parameterwerte x=y=0 zugeordnet. Der Wert der Abszisse x wird von P0 ausgehend nach Norden, der Ordinate y vom Fußpunkt Pf der durch den beliebigen Punkt P verlaufenden geodätischen Linie x=const. nach Osten positiv gezählt. Als Bogenlängen von geodätischen Linien haben x und y eine unmittelbare geometri-sche Bedeutung. Auf der Kugeloberfläche sind die Ordinatenlinien x=const. Großkreise, die sich in den zur Abszissenlinie y=0 gehörenden Querpolen der Kugel schneiden; auch die Abszissenlinie ist ein Großkreis, während die geodätischen Paral-lelen y=const. Kleinkreise um die Querpole darstellen. Im Gegensatz zur Kugel sind die Soldnerschen Ordinatenlinien x=const. auf dem >Rotationsellipsoid im Allgemeinfall weder geschlossene noch ebene Kurven. Diese schneiden sich auch nicht mehr in punktförmigen Querpolen, sondern innerhalb eines zum Äquator symmetrischen Gebiets. Die geodätischen Parallelen eines ellipsoidischen Soldner-Systems sind zwar geschlossene, aber keine ebenen Kurven. Da Soldner-Koordinaten geodätische Flächenkoordinaten sind, besitzt das >Bogenelement die Darstellung ds2=n2dx2+dy2 mit den Gauß-schen Fundamentalgrößen E=n2(x,y), F=0, G=1. Die Größe n bezeichnet man als Abszissenverjüngungsfaktor. Bezogen auf eine Kugel mit dem Radius R besitzt n die Darstellung n=cos(y/R) während der Abszissenverjüngungsfaktor im ellipsoidi-schen Fall durch eine Reihenentwicklung dargestellt wird. Der Winkel, den die durch einen Punkt P der Kugel- oder El-lipsoidfläche verlaufende geodätische Parallele mit dem Meridian in P einschließt, heißt Meridiankonvergenz g; diese wird von der Nordrichtung des Meridians ausgehend im Uhrzeigersinn positiv gezählt, so dass die Vorzeichen von y und g immer übereinstimmen. Der Winkel zwischen der geodätischen Parallelen durch P und der durch P und einen weiteren Flächenpunkt Q verlaufenden geodätischen Linie wird als sphärischer bzw. ellipsoidischer Richtungswinkel t bezeichnet. Dieser wird von der Richtung wachsender x-Werte ausgehend im Uhrzeigersinn positiv gezählt, so dass für das auf den Meridian bezogene >Azimut der geodätischen Linie A gilt: A=t+g. Der Ausdruck ms gibt das sog. Vergrößerungsverhältnis an. Für sphärische Soldnerkoordinaten gilt ms=sqrt(dx2+dy2)/ds, während ms im ellipsoidischen Fall durch eine Reihenentwicklung dargestellt wird. Geodätische Parallelkoordinaten besitzen die für die Praxis bemerkenswerte Eigenschaft, dass sie sich in der Nähe der Abszissenlinie kleinräumig wie rechtwinklige kartesische Koordinaten verhalten. Damit ist es möglich, mit den aus geodäti-schen Beobachtungen abgeleiteten >geodätischen Polarkoordinaten nach den Gesetzen der ebenen Euklidischen Geometrie zu rechnen, wenn die Punkte nicht allzu weit von der Abszissenlinie entfernt liegen und die Strecken kurz sind. Der Gültig-keitsbereich dieser ebenen Approximation kann stark ausgedehnt werden, wenn die geodätischen Polarkoordinaten S,t, je-weils durch Reduktionen (Streckenreduktion, Richtungsreduktion) abgeändert werden, die einfach zu berechnen bzw. aus Tafeln zu entnehmen sind. Mit dem Abstand zur Abszissenlinie wachsen jedoch die Reduktionsbeträge rasch an, so dass es sinnvoll ist, die Breite der Soldnerschen Parallelkoordinatensysteme auf 60-90 km beiderseits der Abszissenlinie zu be-schränken. Parallelkoordinatensysteme in Soldnerscher Anordnung wurden im 19. Jahrhundert in vielen deutschen Ländern für die Zwecke der Landes- und Katastervermessung benutzt, sind heute jedoch kaum noch in Gebrauch.

Geodätische Polarkoordinaten - Geodetic polar coordinates Geodätische Flächenkoordinaten, deren v-Koordinate mit der Länge S der von einem festen Flächenpunkt P, dem Pol, ausge-henden >geodätischen Linie identisch ist; als u-Koordinate wird der Winkel zwischen den v-Linien und einer fest vorgegebe-nen Tangentenrichtung auf der Fläche gewählt. Die auf den festen Pol P bezogenen geodätischen Polarkoordinaten bilden ein orthogonales Parameternetz auf der Fläche, wobei die v-Linien ein Büschel geodätischer Linien darstellen. Im Falle ge-schlossener Flächen sind die u-Linien(Orthogonaltrajektorien) geschlossene Flächenkurven, die geodätische Kreise genannt werden. Die Lage eines beliebigen Flächenpunktes P´ wird durch die Länge der durch P und P´ verlaufenden geodätischen Linie und deren Richtung in P beschrieben. In der klassischen Landesvermessung werden geodätische Polarkoordinaten auf die Oberfläche einer Kugel oder eines >Rotationsellipsoids bezogen. Als Ausgangsrichtung für die Zählung der u-Linien wird entweder die Richtung des durch den Pol P verlaufenden >Meridians oder der Abszissenlinie eines Systems >geodäti-scher Parallelkoordinaten verwendet; im ersten Fall ist der Flächenparameter u mit dem >Azimut der geodätischen Linie A, im zweiten Fall mit dem >Richtungswinkel t der geodätischen Linie identisch: u=A bzw. u=t, v=S. Auf der Kugeloberfläche sind die Linien A=const. (bzw. t=const.) Großkreise, die sich im Pol P bzw. in dem P diametral gegenüberliegenden Kugel-punkt schneiden; die geodätischen Kreise S=const. sind hier Kleinkreise um P. Im Gegensatz dazu sind die Parameterlinien A=const. und S=const. auf der Ellipsoidoberfläche i.allg. keine ebenen Kurven, wenn auch die geodätischen Kreise geschlos-sene Linien sind. Wie alle geodätischen Flächenkoordinaten sind die geodätischen Polarkoordinaten orthogonal. Das >Bo-genelement besitzt deshalb die geodätische Form ds2 = m2dA2 + dS2, mit den Gaußschen Fundamentalgrößen E=m2, F=0 und G=1. Die Größe m bezeichnet man als die reduzierte Länge der geodätischen Linie. Die Transformationen zwischen geodäti-schen Polarkoordinaten (A,S) und anderen Flächenkoordinaten, insbesondere den >geographischen Koordinaten, werden >geodätische Hauptaufgaben genannt. Anstelle der ursprünglichen Parameter A und S werden in den Transformationsbezie-hungen oft die daraus abgeleiteten Riemannschen Normalkoordinaten, u'=ScosA, v'=SsinA, verwendet. Geodätische Polar-koordinaten bezüglich des >Referenzellipsoids einer Landesvermessung entstehen aus den auf Punkte der Erdoberfläche bezogenen geodätischen Winkel- und Streckenmessungen nach mehreren Reduktionsschritten. Einer gemessenen Schrägstre-cke zwischen P1 und P2 entspricht nach Durchführung dieser Reduktionen die Bogenlänge der geodätischen Linie zwischen den Lotfußpunkten auf der Ellipsoidoberfläche. Ebenso wird ein gemessenes >astronomisches Azimut auf das Azimut der zwischen den Lotfußpunkten verlaufenden geodätischen Linie und ein gemessener Horizontalwinkel auf den Winkel zwi-schen geodätischen Linien reduziert. Aus den geodätischen Polarkoordinaten ergeben sich schließlich die in Koordinatenver-zeichnissen abgelegten Gebrauchskoordinaten, wie z.B. >Soldner-Koordinaten, >Gauß-Krüger-Koordinaten oder >UTM-

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Koordinaten.

Geodätische Raumverfahren - Geodetic space techniques Sammelbegriff für mehrere neuere geodätische Meßanordnungen, die Objekte oder Strahlungsfelder außerhalb des Erdkör-pers nutzen und auf Strecken- oder Streckendifferenzmessung beruhen. Die Meßanordnungen benutzen als irdisches Be-zugssystem die Positionen der Instrumentenstandorte und als außerirdisches z.B. die Positionen von Quasaren (>VLBI) oder die Bahndaten von Mond (>LLR) bzw. künstlichen Satelliten (>Satellitengeodäsie). Es können neue Positionen auf der Erde bestimmt werden, es kann aber auch die Relativbewegung beider Bezugssysteme gemessen werden (>Rotation der Erde, >Polbewegung, >Zeit, >IERS). Oft sind Effekte der >Relativitätstheorie zu beachten.- Rich-tungsmessungen zu außerirdi-schen Objekten, insbesondere zu Fixsternen und zur Sonne, gehören in das Gebiet der >geodätischen Astronomie.

Geodätische Weltlinie - Geodetic world line Trajektorie eines ungeladenen Massenpunktes oder eines Lichtteilchen in einer 4-dimensionalen Raumzeit, welche die Kur-venlänge bezüglich des metrischen Tensors g stationär werden läßt.

Geodätischer Bezugsrahmen - Geodetic reference frame Realisierung eines >Geodätischen Bezugssystems durch >Festpunktfelder. Beispiele solcher Realisierungen sind das >ITRF als Realisierung eines vereinbarten erdfesten Bezugssystems (>CTRS), das >DHDN 1990 als Realisierung eines Lagebe-zugssystems, das >DHHN92 als Realisierung eines Höhenbezugssystems und das >DSGN94 als Realisierung eines Schwe-rebezugssystems.

Geodätischer Horizont - Geodetic horizon Der dem geodätischen Zenit als Pol zugeordnete Großkreis. Der geodätische Zenit ist dabei durch die >Ellipsoidnormale des dem Beobachtungsstandort zugeordneten Ellipsoidpunktes bestimmt.

Geodätischer Kreis - Circle of geodetic equidistance Der geometrische Ort aller Punkte einer Fläche, deren Abstand von einem vorgegebenen Flächenpunkt, gemessen längs geodätischer Linien, konstant ist, >geodätische Polarkoordinaten.

Geodätischer Meridian - Geodetic Meridian >Die ellipsoidische (geodätische) Meridianebene wird durch die (geradlinige) Ellipsoidnormale durch den betreffenden Punkt und die z-Achse des >konventionellen geodätischen Koordinatensystems gebildet.

Geodätischer Zenit - Geodetic zenith > Zenit

Geodätisches Azimut - Geodetic azimuth Winkel, den eine definierte Kurve auf einer Bezugsfläche (z.B. die geodätische Linie auf einem Rotationsellipsoid) mit dem geodätischen Meridian in einem betrachteten Punkt einschließt; das geodätische Azimut wird in der Regel von Norden über Osten positiv gezählt.

Geodätisches Bezugssystem - Geodetic reference system >Bezugssystem zur Beschreibung der räumlichen Position, der zweidimensionalen Lage, der Höhe oder der Schwere von Punkten. Durch den Bezug zum Erdraum und durch die Einschränkung auf geodätisch bedeutsame Größen ist der Begriff des "Geodätischen Bezugssystems" enger zu sehen als der allgemeinere Begriff des "Bezugssystems". Man unterscheidet >erdfeste Bezugssysteme bzw. >erdfeste Koordinatensysteme zur Beschreibung der dreidimensionalen Positionen von Punk-ten des Erdraumes, >Lagebezugssysteme zur Beschreibung der Lage von Punkten auf einer zweidimensionalen >Bezugsflä-che, eindimensionale >Höhenbezugssysteme und >Schwerebezugssysteme. Die Begriffe "Geodätisches Bezugssystem" und ">Geodätisches Referenzsystem" sind zu unterscheiden, obwohl sie im Wortsinn dasselbe aussagen. Geodätische Bezugssys-teme werden durch >Festpunktfelder realisiert und sind in diesem Sinne >Geodätische Bezugsrahmen.

Geodätisches Datum - Geodetic Datum Menge von Parametern bzw. Konstanten, die die Lagerung und Orientierung eines >geodätischen Netzes festlegt. Mittels geodätischer Beobachtungen auf geodätischen Punkten wird i.allg. lediglich die innere Geometrie (Form und Größe) des

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Netzgebildes festgelegt, während der Bezug zu einem >Koordinatensystem nicht oder nur unvollständig in den Beobachtun-gen enthalten ist. Um den Punkten eines geodätischen Netzes Koordinaten zuweisen zu können, ist das Netzgebilde mit Hilfe einer Anzahl von Datumsbedingungen bezüglich des Koordinatensystems zu lagern und zu orientieren. Um das geodätische Datum eines Netzgebildes im dreidimensionalen Raum festzulegen, sind mindestens 6 Datumsparameter notwendig: drei Parameterwerte, um die Position des Koordinatenursprungs zu fixieren (Verschiebungsparameter), und drei Parameterwerte, um die Orientierung der drei Koordinatenachsen zu spezifizieren (Orientierungsparameter); in geodätischen Richtungsnetzen ist ferner die Festlegung eines Maßstabsparameters erforderlich. Die Gesamtheit dieser Datumsparameter entspricht den Parametern einer räumlichen >Ähnlichkeitstransformation, so dass der Übergang von einem geodätischen Datum auf ein zweites im Allgemeinfall ebenfalls durch eine Ähnlichkeitstransformation hergestellt wird; die Transformationsparameter für die Umrechnung der Koordinaten vom ersten ins zweite System werden aus den in beiden Systemen gegebenen Koordinaten-sätzen von mindestens drei Punkten ("homologe Punkte", "identische Punkte") mittels einer >räumlichen Helmert-Transformation berechnet. Vielfach werden dem geodätischen Datum darüber hinaus auch die Werte der großen und kleinen Halbachsen eines >Rotationsellipsoids zugeordnet, da anstelle von dreidimensionalen kartesischen Koordinaten oft >ellipsoi-dische Koordinaten benutzt werden. Der Mittelpunkt des Ellipsoids wird hierbei mit dem Koordinatenursprung identifiziert, die kleine Ellipsoidhalbachse verläuft in Richtung der z-Achse des Koordinatensystems. Die Umrechnung der auf ein vorge-gebenes Ellipsoid bezogenen ellipsoidischen Koordinaten auf ein zweites Ellipsoid mit anderer Lagerung, Orientierung bzw. Form bezeichnet man als Datumsübergang oder Datumstransformation bzw. als >Ellipsoidübergang. Bevor Satellitenbeo-bachtungen möglich waren, war es üblich, das Datum eines terrestrischen Lagenetzes durch fünf Parameter zu beschreiben; die >geographische Länge und >geographische Breite eines Anfangs- oder Zentralpunktes P0, das Azimut einer von P0 aus-gehenden und durch einen Zielpunkt Q0 verlaufenden >geodätischen Linie auf einem >Referenzellipsoid sowie die Werte der großen und kleinen Halbachse dieses Referenzellipsoids. Darüber hinaus wurden die >Lotabweichungskomponenten in P0 festgelegt oder die Bedingung eingeführt, daß die kleine Ellipsoidhalbachse parallel zur Erdrotationsachse ausgerichtet ist, was zwei weitere Datumsbedingungen liefert. Diese Art der Festlegung eines Netzdatums wurde jeweils in den klassischen Netzen der Landesvermessungen benutzt und führte zu den heute noch vielfach verwendeten amtlichen Koordinatensyste-men. Da sich der Ursprung des Koordinatensystems immer noch in einer Richtung frei verschieben kann, ist das solcherma-ßen festgelegte Datum eines Lagenetzes unvollständig. Nachdem auf der Grundlage von Satellitenbeobachtungen ein geodä-tisches Netz geozentrisch gelagert werden kann, wird diese Art der Datumsfestlegung heute nicht mehr benutzt.

Geodätisches Netz - Geodetic network Feld von Festpunkten, die durch geodätische Messungen netzartig miteinander verknüpft sind. Geodätische Messungen können beispielsweise Strecken, Winkel, Richtungen, Höhenunterschiede, Schwereunterschiede oder Koordinatenunter-schiede sein. Netze sind eist hierarchisch in Ordnungen gegliedert, wobei in der Regel Netze niedrigerer Ordnung mit Zwangsanschluß in Netze höherer Ordnung eingeschaltet werden. Der Anlage geodätischer Netze liegt das Prinzip des Arbei-tens vom "Großen ins Kleine" zugrunde, wobei die Netze der höchsten Genauigkeitstufe die Netze 1. Ordnung sind und die Netze der geringsten Genauigkeitsstufe die Netze 4. Ordnung. Mit zunehmender Anwendung absoluter Meßverfahren und mit den Fortschritten auf dem Gebiet der geodätischen Meßtechnik hat die Anlage hierarchischer Netzstrukturen an Bedeu-tung verloren, wenngleich sie in den amtlichen Grundlagennetzen auch in der Zukunft noch weiterbestehen wird. Man unter-scheidet insbesondere >Lagenetze, >Höhennetze und >Schwerenetze.

Geodätisches Nivellement - Geodetic levelling >Geometrisches Nivellement ergänzt um punktweise gemessene Vertikalkomponenten des Schwerkraftvektors (>Schwere) entlang des Meßweges. Das geodätische Nivellement dient zur Bestimmung des Unterschiedes des >Schwerepotentials W zweier Punkte A und P, bzw. des Unterschiedes der >geopotentiellen Koten C dieser beiden Punkte: W(A)-W(P)=C(P)-C(A). Es stellt eine hinreichend enge Diskretisierung des Wegintegrals aus dem Produkt aus geometrischem Höhenunterschied (Vor- minus Rückblick des geometrischen Nivellements) mit dem Schwerewert längs des Nivellementweges dar. Das Ergeb-nis des geodätischen Nivellements hängt im Unterschied zum Ergebnis des geometrischen Nivellements nicht vom Meßweg ab.

Geodätisches Observatorium - Geodetic observatory Einrichtung mit mindestens einem Beobachtungssystem für geodätische Raumverfahren, wie >VLBI, >SLR, >GPS. Durch kontinuierliche Beobachtungen liefert ein geodätisches Observatorium einen signifikanten Beitrag zur Realisierung und Laufendhaltung des terrestrischen Referenzsystems >ITRF. Bei gleichzeitigem Betrieb von mehreren Beobachtungssystemen wird das geodätische Observatorium zu einer >Fundamentalstation.

Geodätisches Randwertproblem (GRWP, geodätische Randwertaufgabe) - Geodetic boundary value problem Das mathematische Problem, das >Schwerepotential im Außenraum der Erdoberfläche aus meßbaren, auf der Erdoberfläche in kontinuierlicher Form gegebenen Randwerten zu bestimmen. Neben dem unbekannten Schwerepotential können in den verschiedenen Formulierungen des GRWP weitere unbekannte Funktionen auftreten, die ebenfalls aus den Randwerten zu bestimmen sind. Beim fixen geodätischen Randwertproblem wird der Ortsvektor der Randfläche als vollständig bekannt vorausgesetzt; im Gegensatz dazu ist dieser beim freien geodätischen Randwertproblem entweder völlig unbekannt oder nur bezüglich der horizontalen Koordinaten festgelegt. Weitere Unterschiede bestehen hinsichtlich der Annahmen über die vor-

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gegebenen Randwerte: Das gravimetrische Randwertproblem beruht auf der Vorgabe von >Schwerewerten auf der Erdober-fläche, aus denen das Schwerepotential auf und im Außenraum der Erdoberfläche bestimmt wird. Im altimetrisch-gravimetrischen Randwertproblem, das zur Klasse der gemischten Randwertaufgaben gehört, sind Schwerewerte im konti-nentalen Bereich der Erdoberfläche gegeben, während im ozeanischen Bereich mit den Methoden der >Satellitenaltimetrie bestimmte >Geoidhöhen als bekannt vorausgesetzt werden. Ferner unterscheiden sich die Formulierungen des GRWP bezüg-lich der Wahl der Randfläche: im >Molodensky-Problem dient die topographische Erdoberfläche, im >Stokes-Problem das >Geoid als Randfläche.

Geodätisches Referenzsystem (GRS) - Geodetic Reference System (GRS) Konsistentes System von vier Fundamentalparametern zur Definition einer rotationsellipsoidischen Näherung für Figur und >Schwerefeld der Erde (>mittleres Erdellipsoid), beispielsweise >GRS30, >GRS67, >GRS80.

Geodätisches Weltsystem (WGS) - World geodetic System (WGS) >World Geodetic System; Konsistentes System von Parametern, die konsistente geodätische Referenzsysteme definieren. Bestandteile eines Weltsystems sind neben den Parametern des Normalfeldes wie sie für das >Geodätische Referenzsystem (GRS) vereinbart sind, ein Satz von Potentialkoeffizienten der Erde sowie wohldefinierte Fundamentalkonstanten, wie Para-meter zur Beschreibung der >Rotation der Erde oder der >Lichtgeschwindigkeit und weitere wichtige Konstanten. Beispiele für Geodätische Weltsysteme sind >WGS72 oder >WGS84.

Geodesia Intrinseca - Intrinsic Geodesy Differentialgeometrische Lösung der dreidimensionalen Geodäsie, wobei die Geometrie eines aus den Parametern des Erd-schwerefeldes (>Äquipotentialflächen, >Lotlinien) gebildeten erd- "inneren" >Bezugssystems hypothesenfrei aus den Beträ-gen der örtlichen Schwerevektoren, ihrer Gradienten und höheren Ableitungen bestimmt wird. Der Begriff "Geodesia Intrin-sica" (italienisch: innere Geodäsie) wurde von dem Italiener Antonio Marussi (1908-1984) geprägt.

Geodynamik - Geodynamics Lehre von den Kräften in der Erde und der dadurch hervorgerufenen Bewegungen. Die verursachenden Kräfte sind vor allem thermodynamischer (Konvektionsströme) und gravitativer (Massenanziehung) Art. Thermodynamik entsteht durch die große Hitze im Erdkern sowie durch den radioaktiven Zerfall im Erdmantel. Sie erzeugt einen Konvektionsstrom der viskosen (zähflüssigen) Massen im Erdmantel. Heißes Material (mit geringerer Massendichte) steigt nach oben, kühlt sich ab, driftet unter der erstarrten äußeren Gesteinsschicht der Erde (>Lithosphäre) seitwärts ab und sinkt an anderer Stelle wieder abwärts. Durch diesen Prozeß entstehen gewaltige Massenverlagerungen, die Variationen der Bewegungen des gesamten Erdkörpers (>Rotation der Erde) oder von Teilen davon (>Deformationen der Erde) hervorrufen. Die Erdrotation wird vor allem durch die Bewegungen des Erdkerns beeinflußt. Durch die Massenverlagerungen im flüssigen äußeren Kern wird einerseits ein Drehimpuls erzeugt und andererseits das Trägheitsmoment der Erde verändert. Als Folge davon verlagert sich die Erdrotati-onsachse relativ zum festen Erdkörper (>Polbewegung) und es ergibt sich eine Variation der Rotationsgeschwindigkeit (>Ro-tation der Erde). Die >Deformationen der Erde infolge der Geodynamik betreffen neben der Massenverlagerung im Erdman-tel durch die Konvektion vor allem die feste äußerste Schicht der Erde, die >Lithosphäre. Durch die thermodynamischen Kräfte der aufsteigenden Konvektionsströme bricht die Lithosphäre linienhaft in einigen Gebieten auf (>mittelozeanische Rücken) und taucht bei den absinkenden Strömen aufgrund der gravitativen Kräfte ab (>Subduktionszonen). Daraus folgt die ständige Bewegung der >Lithosphärenplatten, die >Plattenkinematik. Die Effekte der Geodynamik lassen sich mit >geodäti-schen Raumverfahren beobachten. Die unterschiedliche Massendichte der aufsteigenden und absinkenden Konvektionsströ-me hat wegen der Massenanziehung (>Gravitation) einen Einfluß auf die >Schwereanomalien und das >Geoid. Aus deren Interpretation können somit Rückschlüsse auf die Geodynamik gezogen werden. Die Auswirkung der Geodynamik auf die Änderung der Erdrotation (>Polbewegung und Variation der Geschwindigkeit der >Rotation der Erde) läßt sich mit >geodä-tischen Raumverfahren, vor allem >VLBI und >GPS messen. Die Variationen haben die Größenordnung von Tausendstel Bogensekunden (m arc sec) in der Richtung der Rotationsachse (entsprechend einigen Zentimetern in der Lage des Erdrotati-onspols) und Hunderttausendstel Zeitsekunden in der Tageslänge (Änderung der Rotationsgeschwindigkeit pro Tag). Die >Deformationen der Erde aufgrund der Geodynamik können ebenfalls mit >geodätischen Raumverfahren gemessen werden. Die >Plattenkinematik, d.h. die Bewegung der festen Lithosphärenplatten, die maximal etwa 15 cm/Jahr beträgt, läßt sich mit Genauigkeiten von Millimeter pro Jahr durch >GPS und >SLR zu Satelliten sowie >VLBI bestimmen.

Geographische Breite - Geographic(al) latitude >Astronomische Breite als Element der >astronomischen Koordinaten.

Geographische Länge - Geographic(al) longitude >Astronomische Länge als Element der >astronomischen Koordinaten.

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Geographische Ortsbestimmung - Astronomic(al) position determination >Astronomische Ortsbestimmung

Geographisches Netz (Gradnetz) - Grid of parallels and meridians Ein durch Linien konstanter geographischer Breite und geographischer Länge gebildetes Koordinatennetz auf der Kugel oder dem Rotationsellipsoid.

Geoid - Geoid >Äquipotentialfläche des Schwerefeldes der Erde, welche den mittleren Meeresspiegel bestmöglich approximiert. Betrachtet man das Meerwasser als frei bewegliche Masse, welche nur der aus Gravitation und Zentrifugalkraft zusammengesetzten >Schwerkraft unterworfen ist, so bildet sich die Oberfläche der Ozeane nach Erreichen des Gleichgewichtszustandes als >Niveaufläche des >Schwerepotentials aus. Diesen idealisierten Meeresspiegel kann man sich (etwa durch ein System kom-munizierender Röhren) unter den Kontinenten fortgesetzt denken, so daß eine geschlossene Fläche entsteht, die das Geoid veranschaulicht. Mit dem auf einen Raumpunkt mit dem Ortsvektor x bezogenen Schwerepotential W(x) lautet die Gleichung des Geoids: W(x)=W0 = const. Das Geoid als eine teilweise im Innern der Erdmasse verlaufende Fläche ist stetig und stetig differenzierbar, besitzt jedoch Unstetigkeiten in der Flächenkrümmung an allen Unstetigkeitsstellen der >Massendichte und ist somit keine analytische Fläche. Aufgrund der unregelmäßigen Verteilung der Massendichte im Erdkörper kann das Geoid nicht durch eine algebraische Flächengleichung beschrieben werden, sondern muß mit terrestrischen oder satellitengestützen Methoden der Geodäsie bestimmt werden (>Geoidbestimmung). Das Geoid ist Bezugsfläche für die >orthometrischen Hö-hen. Die nach J.B. Listing (1872) als Geoid bezeichnete Äquipotentialfläche wurde erstmals von C.F. Gauß (1828) definiert und mathematisch beschrieben. Genauere Definitionen berücksichtigen die direkten und indirekten Wirkungen der Erd- und Meeresgezeiten, die im wesentlichen durch die Meeresströmungen entstehende >Meeresflächentopographie sowie die aus nichtperiodischen, von Sonne und Mond auf die Erde ausgeübten Anziehungskomponenten resultierende permanente Defor-mation des Erdkörpers. Eine exakte Bestimmung des Geoids als einer teilweise im Erdinnern verlaufenden Äquipotentialflä-che ist wegen der Abhängigkeit vom Verlauf der Massendichte nicht möglich; da man die Massendichte nur ungenau kennt und deshalb Hypothesen einführen muß, ist jede Geoidbestimmung mit Unsicherheiten behaftet. Aufgrund dieser praktischen Schwierigkeiten benutzt man in der modernen Geodäsie mehr und mehr das >Quasigeoid als Höhenbezugsfläche, welches das Geoid approximiert, aber keine Äquipotentialfläche ist.

Geoidbestimmung aus Altimetrie - Altimetric geoid determination Die Meeresoberfläche richtet sich in erster Näherung senkrecht zur Lotrichtung aus. Unter Vernachlässigung der >Meeresto-pographie, die 1 - 2 m beträgt, ist der >Meeresspiegel bereits eine gute Approximation des >Geoids. Erste >Altimetermissio-nen konnten deshalb durch eine Kartierung des Meerespiegels unmittelbar zu einer Geoidverbesserung beitragen. Da die >Meerestopographie jedoch schwer bestimmbar ist, können weitere Verbesserungen des Geoids heute nur indirekt erzielt werden: Dabei werden aus Altimetermessungen entlang der >Bahnspuren Lotabweichungskomponenten abgeleitet. Diese können dann durch Inversion der >Vening-Meinesz Integralformel in >Schwereanomalien umgerechnet werden und ergän-zen so terrestrisch bestimmte Schwereanomalien. Aus den "geodätischen" Phasen der >Altimetermissionen Geosat und ERS-1 konnten für Breiten bis ±81.5 Grad Schwereanomalien mit hoher räumlicher Auflösung und homogener Genauigkeit abge-leitet werden.

Geoidhöhe (Geoidundulation) - Geoid height (Geoid undulation) Abstand des >Geoids von einem mittels einer geodätischen>Datumsfestlegung gelagerten und orientierten Erdellipsoid, gemessen längs der >Ellipsoidnormale. (>Stokes-Problem). Die Geoidhöhe nimmt global Werte zwischen -110m und +70m an.

Geoidundulation - Geoid undulation >Geoidhöhe

Geometrie - Geometry Geometrie (griechisch: Erdmessung) ist ein großes Teilgebiet der Mathematik mit weiterer Untergliederung (z.B. analytische, darstellende, ebene, elliptische, sphärische, stereometrische, Differentialgeometrie), das sich mit der Erfassung und Abbil-dung modellierter räumlicher Strukturen befaßt. Je nach den zugrunde gelegten Axiomen wird die euklidische Geometrie (Euklid, griechischer Mathematiker ca. 365 bis 300 v. Chr.), die unserem quasistationären irdischen Anschauungsraum ent-spricht, unterschieden von den etwa seit Beginn des 19. Jahrhunderts entstandenen sog. nichteuklidischen Geometrien, die z.B. in der modernen Physik (Relativitäts- und Gravitationstheorie) benötigt werden, um deren Erkenntnisse beschreiben zu können. Den Ursprung geometrischer Theorien und darauf gegründeter Messungen sieht man in den praktischen Bedürfnis-sen der Menschen in den fruchtbaren Überschwemmungsgebieten großer Flüsse, z.B. Nil, Euphrat, Tigris, Indus, wo die Eigentumsgrenzen in den Feldfluren wiederholt neu vermessen werden mußten (Geometer). Die >Geodäsie (griechisch: Erdteilung) ist aus der Geometrie hervorgegangen und beruht in großem Umfang auf den Theorien der euklidischen Geomet-

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rie.

Geometrisch-Astronomisches Nivellement - Geometric astronomic levelling Methode zur Bestimmung des Unterschiedes der >ellipsoidischen Höhen zweier Punkte aus dem Ergebnis des (rohen) >geo-metrischen Nivellements und der >astrogeodätischen Lotabweichungen längs des Meßweges.

Geometrische Abplattung (Polabplattung) - Geometric flattening (pole flattening) Verhältnis der Differenz von großer und kleiner Halbachse zur großen Halbachse eines >Rotationsellipsoides.

Geometrische Höhe - Geometric height Höhe eines geometrisch definierten >Höhensystems. Man versteht darunter den Abstand eines Raumpunktes von einer geo-metrisch definierten >Höhenbezugsfläche längs eines geradlinigen Lotes oder einer krummlinigen Koordinatenlinie. Eine wichtige geometrische Höhe ist die >ellipsoidische Höhe.

Geometrische Methoden der Satellitengeodäsie - Geometric methods of satellite geodesy Methode der >Satellitengeodäsie, bei der der Satellit als hochgelegener Ziel- bzw. Meßpunkt in einer räumlichen geometri-schen Konfiguration verwendet wird und die Messungen von oder zu den Erdstationen gleichzeitig (simultan) erfolgen müs-sen.

Geophysik - Geophysics Das Arbeitsgebiet, dessen Aufgabenbereich die Erforschung der physikalischen Eigenschaften und Vorgänge der festen Erde (Physik der festen Erde), der Ozeane (Ozeanographie) und der Atmosphäre (Meteorologie) umfaßt, >Geodynamik.

Geopotentielle Kote - Geopotential number Differenz des >Schwerepotentials eines Punkte P im >Schwerefeld der Erde mit dem Potentialwert W(P), bezogen auf eine >Äquipotentialfläche mit dem Potentialwert W0: C(P)=W0-W(P). Die geopotentielle Kote ist die ideale >physikalische Höhe. Die Bestimmung der geopotentiellen Kote des Punktes P, ausgehend von einem beliebigen Punkt P0 auf der Äquipo-tentialfläche W(P0) erfolgt entlang eines (beliebigen) Weges mit Hilfe des >geodätischen Nivellements. Zumeist wählt man als Höhenbezugspunkt P0 einen geeigneten Punkt auf dem >Geoid. Im allgemeinen handelt es sich dabei um einen über einen langen Zeitraum beobachteten Pegel, wie z.B. dem Amsterdamer Pegel (>Vertikaldatum). Geopotentielle Koten werden als Potentialdifferenzen in Potentialeinheiten >gpu gemessen.

Geopraphische Koordinaten - Geographic(al) coordinates >Astronomische Koordinaten..

Geos-3 >Altimetermissionen, >Radaraltimetrie.

Geosat >Altimetermissionen, >Radaraltimetrie

Geozentrisch - Geocentric Auf den Massenmittelpunkt der Erde bezogen.

Geozentrische Dynamische Zeit - Geocentric Dynamical Time >TDT, >TT

Geozentrische Breite - Geocentric latitude >Geozentrische Koordinaten.

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Geozentrische Gravitationskonstante - Geocentric gravity constant Produkt aus der Gravitationskonstanten und der Masse der Erde (GM).

Geozentrische Koordinaten - Geocentric coordinates Koordinaten, die sich auf ein >globales geozentrisches Koordinatensystem (Koordinatensystem mit dem Ursprung im Mas-senmittelpunkt der Erde) beziehen. Es können rechtwinklig kartesische Koordinaten oder räumliche Kugelkoordinaten (geo-zentrische Breite, geozentrische Länge) sein.

Geozentrische Koordinatenzeit - Geocentric coordinate time >TCG.

Geozentrische Länge - Geocentric longitude >Geozentrische Koordinaten.

Geozentrum - Geocenter Massenmittelpunkt der Erde (Erdschwerpunkt).

Gesetzliche Zeit Die Gesetzliche Zeit, wird vom jeweiligen Land, meist per Gesetz festgelegt und dient zur einheitlichen Bezeichnung von Zeitpunkten von Ereignissen.

Gezeiten - Tides Differentielle Veränderung des Gravitationsfeldes an einem ausgedehnten Himmelskörper wie der Erde - zu beobachten mittels einer Probemasse - durch eine 'dritte Masse'. So sind die Flieh- und Anziehungskräfte der sich gegenseitig umlaufen-den Erde, Sonne, Mond insgesamt im Gleichgewicht, variieren jedoch über die Erde und wegen des Umlaufes auch mit der Zeit (Lunisolargezeiten); dabei treten etwa halbtägige und ganztägige Gezeitenwirkungen hervor. Eine quantitative Beschrei-bung bedient sich insbesondere des Gezeitenpotentials und der spezifischen Gezeitenkräfte in >Schwereeinheiten. Der Mond hat zwar eine kleinere Masse als die Sonne, dafür ist sein Abstand zur Erde geringer. Ihre jeweilige mittlere Wirkung auf das Gezeitenpotential auf der Erde wird in den Doodson-Konstanten erfaßt, diese ist für den Mond gut doppelt so groß wie für die Sonne. Die Wirkung der Planeten ist demgegenüber um mehrere Größenordnungen kleiner. Die Gezeitenwirkung kann man direkt aus der Position der Himmelskörper relativ zum Ort auf der Erde zu einem Zeitpunkt berechnen, meist benutzt man jedoch Kugelfunktionsentwicklungen in >Gezeitenmodellen. Als >Erdgezeiten bezeichnet man die Systemantwort der deformierbaren Erde auf das gezeitenerzeugende Potential, die >Meeresgezeiten des freien Ozeans werden sehr stark durch Küsten, Meeresbodengestalt, Strömungen, Winde und Luftdruck beeinflußt. Über die gravitative Kopplung von Mond und Erde bzw. die >Drehimpulserhaltung im Erde-Mond-System, verbunden mit der irdischen Gezeitenreibung wird die >Rotati-on der Erde verlangsamt mit der Folge wachsender >Tageslänge.

Gezeitenkraft - Tidal force >Gravitationskraft eines ‚dritten Körpers’ auf zwei gravitativ wechselwirkende Massenkörper, >Gezeiten.

Gezeitenmodell - Tide model Mathematisch formuliertes Modell zur Approximation der theoretischen >Gezeiten an die beobachtbaren. Üblich ist für das Gezeitenpotential eine harmonische Entwicklung in eine Summe von orts- und zeitabhängigen Wellen, die Partialtiden. Klassische Entwicklungen sind die Modelle von Doodson (1921/22) mit 378 Wellen (W) und von Cartwright/Tayler/Edden (1971/73) mit 505 W. Neuere Modelle liegen vor von Büllesfeld (1985, 656 W), Tamura (1987,1200 W), Xi (1989, 2934 W), Hartmann und Wenzel (1995, 12935 W), Roosbek (1996, 6499 W); letztere sind genauer als 0.01 nms-2 für die daraus abge-leitete Schwerewirkung. Für die Anpassung des Modells des gezeitenerzeugenden Potentials an Beobachtungen werden Parametersätze eingeführt wie die Love'schen Zahlen h, k, l und der Amplitudenfaktor d für die >Erdgezeiten oder entspre-chende Parametersätze für die >Meeresgezeiten und >Atmosphärengezeiten.

Gezeitenpotential - Tide potential >Skalarfunktion, aus der durch Gradientenbildung die >Gezeitenkraft abgeleitet werden kann.

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Gezeitenreduktion (Gezeitenkorrektion) - Tide reduction Rechnerische Eliminierung der >Gezeitenwirkung aus Beobachtungen, so z.B. für >Schweremessungen, Meeresspiegelhö-hen aus >Meeresgezeiten, Punkthöhen auf der festen Erde aus >Erdgezeiten, Lotrichtung etc. mit Hilfe von >Gezeitenmodel-len.

Gezeitenreibung - Tide friction >Die durch die Gezeiten hervorgerufenen Defomationseffekte im Erdraum und die damit verbundene Energieumwandlung.

GFO (Geosat-follow-on) >Altimetermissionen, >Radaraltimetrie.

Glazialgeodäsie - Glacial geodesy Objektgerichtetes, auf Vereisungsgebiete der Erde bezogenes Aufgabenfeld der >Geodäsie. Ihre Ziele sind die Vermessung und Abbildung der Formen und Veränderungen von Oberfläche und Schwerefeldparametern insbesondere in den großen Vereisungsgebieten der Erde (Grönland, Antarktis) und den Gletscherregionen im Rahmen der >Glaziologie. Die besonderen Eigenschaften des Objekts bedingen methodische und meßtechnische Besonderheiten im Vergleich zu Vermessungen auf dem Festland.

Gleichung des Äquinoktiums (Eq.E) - Equation of Equinoxes (Eq.E) Differenz von Sternzeit ST und mittlerer Sternzeit MST: Eq.E = ST- MST.

Global bestanschließendes Ellipsoid - Global best fitting ellipsoid >mittleres Erdellipsoid; >Geodätisches Referenzsystem (GRS).

Global Navigation Satellite System (GNSS) Allgemeine Bezeichnung für ein weltweit verfügbares System zur Positions- und Zeitbestimmung, das aus einer oder mehre-ren Satellitenkonstellationen sowie weiteren Komponenten besteht. Die erste Stufe (GNSS 1) basiert auf den vorhandenen Systemen >GPS und >GLONASS und bezieht ergänzende zusätzliche Massnahmen ein, um für eine bestimmte Region die Situation für die zivile Navigation zu verbessern. In Europa werden dazu unter dem Namen EGNOS (European Geostationa-ry Navigation Overlay Service) Transponder auf geostationären Kommunikationssatelliten (INMARSAT) installiert, um vorrangig Sicherheits und Zuverlässigkeitsinformationen (Integrity) über den Systemzustand zu übermitteln. Für einen späte-ren Zeitpunkt (bis etwa 2008) ist daran gedacht, im Rahmen von GNSS 2 ein eigenständiges ziviles europäisches Satelliten-navigationsystem unter der Bezeichnung GALILEO aufzubauen.

Global Positioning System (GPS) Satellitengestütztes >Radionavigationssystem. GPS wird unter der vollständigen Bezeichnung NAVSTAR (NAVigation System with Time and Ranging) GPS als Nachfolgesystem für >TRANSIT unter der Verantwortung des US Verteidi-gungsministeriums seit Mitte der 70er Jahre aufgebaut, unterhalten und weiterentwickelt. Für zivile Nutzer ist eine ständige Verfügbarkeit im Rahmen des >Standard Positioning Service (SPS) garantiert. GPS hat sich wegen seiner globalen Einsatz-möglichkeit, Allwettertauglichkeit, einfachen Handhabung und des hohen Genauigkeitspotentials zu dem wichtigsten Verfah-ren der Positionsbestimmung und Navigation in den Geowissenschaften entwickelt. Das Meßprinzip ermöglicht einen Ein-satz sowohl für feste Beobachtungsaufstellung (statisches GPS) als auch für bewegte Meßträger wie Personen, Land-, Was-ser-, Luftfahrzeuge und Satelliten (>kinematisches GPS). Die Satellitenkonfiguration (>Raumsegment> besteht nominell aus 24 Satelliten in einer Bahnhöhe von 20200 km und ist so gestaltet, daß von jedem Punkt der Erde aus gesehen jederzeit min-destens 4 Satelliten über dem Horizont stehen. Das Navigationsprinzip beruht auf der gleichzeitigen Messung sog. >Pseudo-entfernungen zwischen mindestens 4 Satelliten und einem >GPS Empfänger auf der Nutzerseite. Dazu senden die Satelliten auf zwei Trägerfrequenzen (L1=1,57 GHz; L2=1,23 GHz) codierte Signale (>P-Code, >C/A-Code) sowie die vom >Kon-trollsegment bestimmten >Broadcastephemeriden zur Berechnung der Satellitenpositionen aus. Aus den jeweiligen Satelli-tenpositionen und den aus der Laufzeitmessung durch Multiplikation mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit ermittelten Pseu-doentfernungen wird empfängerintern in Echtzeit oder durch nachträgliche Bearbeitung der aufgezeichneten Daten (Postpro-cessing), ggf. gemeinsam mit den Daten anderer Beobachtungsstationen (>Mehrstationslösung), die Nutzerposition berech-net. GPS Ergebnisse sind dreidimensionale, kartesische oder ellipsoidische >geozentrische Koordinaten im globalen Bezugs-system >WGS 84, die über geeignete Transformationsformeln in lokale Koordinaten umgewandelt werden können (>Da-tumstransformation). Je nach Meßanordnung, Satellitenkonfiguration (>Dilution of Precision, DOP), Signalnutzung und Fehlermodellierung lassen sich sehr unterschiedliche Genauigkeiten erzielen. Wesentliche Fehlerquellen bei GPS sind die verfügbaren Bahninformationen und die >Signalausbreitung in der Atmosphäre (Troposphäre, Ionosphäre) sowie in der Antennenumgebung (>Multipath). Hinzu kommen die aus militärischen Gründen eingeführten >Sicherungsmaßnahmen zur Signalverschlechterung (>Selective Availability, SA; >Anti-Spoofing, A-S). Mit einem einzelnen Empfänger (>GPS Einzel-

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punktbestimmung) wird für zivile Nutzer im Rahmen des >Standard Positioning Service (SPS) lediglich eine Genauigkeit von etwa 100 m garantiert. Durch Relativmessungen zu bestehenden oder gesondert eingerichteten >Referenzstationen läßt sich ein bedeutender Anteil der wirksamen Fehler durch Differenzbildung der Beobachtungsgrößen eliminieren (>Differenti-al GPS, DGPS). In Deutschland haben die Landesvermessungsverwaltungen dazu den >SAPOS Dienst in unterschiedlichen Genauigkeitsklassen aufgebaut. Standardmäßig wird mit DGPS bei Nutzung der Codes eine Genauigkeit von 2 bis 5 m er-zielt, bei >trägergeglätteten Codemessungen auf der Nutzerseite 0.5 bis 1 m. Bei Verwendung der Trägerphasen (>GPS Beobachtungsgrössen) läßt sich eine Genauigkeit von wenigen cm erreichen. Voraussetzung dazu ist die Lösung der >Pha-senmehrdeutigkeiten, d.h. der vollen Anzahl von Wellenzügen (ca. 20 cm Wellenlänge) zwischen Satellit und Empfänger. Über kurze Entfernungen bis zu 10 km von den Referenzstationen lassen sich Mehrdeutigkeiten durch Suchalgorithmen bereits nach wenigen Sekunden Meßdauer lösen. Typische Anwendungen finden sich z.B. im Geoinformations- und im Vermessungswesen. Die Industrie stellt hierzu echtzeitfähige Gerätekonfigurationen zur Verfügung (>Real Time Kinematic, RTK). Bei größeren Entfernungen und hohen Genauigkeitsansprüchen sind Beobachtungszeiten von mehreren Stunden bis zu Tagen erforderlich. Dies gilt insbesondere für die Anlage globaler, kontinentaler oder nationaler Kontrollnetze (z.B. >ITRF, >EUREF, >SIRGAS), sowie für die Überwachung von rezenten Krustenbewegungen (z.B. >Plattentektonik, >Erd-beben, >Vulkanismus) oder der >Erdrotationsparameter. Hierbei ist es üblich, in Netzen mit mehr als zwei simultan arbeiten-den Empfängern zu beobachten (>Mehrstationslösung). In der russischen Konföderation (früher in der UDSSR) wird ein vergleichbares Satellitensystem unter der Bezeichnung >GLONASS aufgebaut und betrieben. Die gleichzeitige Nutzung beider Satellitensysteme ist mit kombinierten GPS/GLONASS Empfängern möglich.

Globales geozentrisches Koordinatensystem - Global geocentric coordinate system Erdfestes >Koordinatensystem mit dem Ursprung im >Geozentrum. Die z-Achse weist zur mittleren Rotationsachse der Erde. Sie ist operationell durch die Beobachtungsstationen des Internationalen Erdrotationsdienstes >IERS als IERS-Referenz Pol (>IRP) in weitgehender Übereinstimmung mit dem Conventional Terrestrial Pole (>CTP) bzw. dem Conventi-onal International Origin (>CIO) definiert. Damit ist gleichzeitig die mittlere Äquatorebene definiert, die durch die x- und y-Achsen aufgespannt wird. Die xz-Ebene ist die Parallelebene zur mittleren >Meridianebene von Greenwich, definiert durch den IERS-Referenz-Meridian (>IRM). Das so realisierte globale geozentrische Koordinatensystem ist dem Wesen nach ein >vereinbarter erdfester Bezugsrahmen. Die Koordinatenachsen des Koordinatensystems bilden ein Rechtssystem. Globale geozentrische Koordinatensysteme haben insbesondere in der >Satellitengeodäsie und für die >geodätischen Raumverfahren Bedeutung. Zur Beschreibung der Positionen von Punkten des Erdraumes werden rechtwinklig kartesische bzw. rechtwinklig krummlinige Koordinaten (z.B. Kugelkoordinaten) und >natürliche Koordinaten verwendet. Die natürlichen Koordinaten eines Punktes legen die Zenitrichtung fest und damit die z-Achse eines >topozentrischen astronomischen Koordinatensys-tems.

GLONASS (Global’naya Navigatsionnaya Sputnikova Sistema) Ein dem >NAVSTAR GPS sehr ähnliches globales Satellitennavigationssystem der früheren Sowjetunion, das jetzt von Russland weiter betrieben wird. Das Raumsegment umfasst im vollen Ausbau 24 Satelliten in drei Bahnebenen mit einer Bahnneigung von 64,8° und einer Bahnhöhe von etwa 19200 km. Der wesentliche technische Unterschied gegenüber GPS besteht darin, dass jeder GLONASS-Satellit auf etwas unterschiedlichen Frequenzen sendet, aber den gleichen Code ver-wendet. Die Unterschiede im Bezugssystem und im Zeitsystem lassen sich durch Transformationen berücksichtigen. Ein wichtiger Vorteil gegenüber GPS besteht darin, dass >Sicherungsmassnahmen wie SA und A-S nicht vorgesehen sind, so dass >Einzelpunktbestimmungen mit GLONASS genauer sind als mit GPS. Die gemeinsame Nutzung von GPS und GLO-NASS mit kombinierten Empfängern führt zu einer höheren Zahl verfügbarer Satelliten und damit zu einer geringeren Emp-findlichkeit gegenüber Signalabschattungen sowie zu einer Beschleunigung bei der Lösung der >Phasenmehrdeutigkeiten.

GMST (Mittlere Sternzeit Greenwich) - GMST (Greenwich Mean Sidereal Time) Mittlere Sternzeit für die Orte, die auf dem >Meridian von Greenwich liegen.

GNSS (Global Navigation Satellite System) >Global Navigation Satellite System.

GOCE (Gravity Field and Steady-State Ocean Circulation Explorer) Für 2006 geplante europäische Satellitenmission zur Bestimmung eines räumlich hochauflösenden >Erdgravitationsfeldes durch >Satellitengradiometrie und >Hoch-Niedrig-SST.

GPS (Global Positioning System) >Global Positioning System, Satellitennavigationssystem

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GPS Auswerteprogramme - GPS processing software Softwaresysteme zur nachträglichen Bearbeitung von >GPS Beobachtungsgrössen. Die meisten von Geräteherstellern ange-botenen Programme beruhen auf dem Konzept der >Basislinien und bearbeiten jeweils die Daten von zwei Stationen. In der Regel werden aus den ursprünglichen Trägerphasenbeobachtungen Doppelte Differenzen zwischen je zwei Stationen und zwei Satelliten gebildet. Die Ergebnisse der Basislinienauswertung können in Netzausgleichungsprogrammen zu grösseren Einheiten zusammengefasst werden. Wissenschaftliche Auswerteprogramme erlauben die simultane Bearbeitung der Beo-bachtungsdaten aller in einem Projekt gleichzeitig eingesetzten Empfänger (>Mehrstationslösung). Zu unterscheiden ist das Konzept der Parameterelimination und der Parameterschätzung. Bei der Parameterelimination werden vorab einige systema-tische Fehler, wie z.B. Uhrfehler der Satelliten und Empfänger durch Differenzbildung eliminiert. Als Eingangsgrössen werden in der Regel Doppelte Differenzen verwendet. Bei der Parameterschätzung werden die Originalbeobachtungen als undifferenzierte Trägerphasen genutzt. Neben den Koordinaten der Beobachtungsstationen werden sämtliche den Messpro-zess beeinflussenden Grössen im Ausgleichungsmodell geschätzt, z.B. Satelliten- und Empfängeruhrfehler, Bahnparameter, Parameter der >Signalausbreitung. Zu den am meisten verbreiteten wissenschaftlichen Auswerteprogrammen, die weltweit für geowissenschaftliche Fragestellungen eingesetzt werden, gehört die an der Universität Bern entwickelte Bernese Soft-ware.

GPS Basislinie - GPS base lines Auswerteergebnis bei zwei gleichzeitig operierenden >GPS Empfängern. Bestimmt werden kartesische >Relativkoordinaten DX, DY, DZ zwischen den beteiligten Stationen. In der Regel werden die >Absolutkoordinaten einer Station als bekannt vorausgesetzt. Bei nur unzureichender Kenntnis der absoluten Position verbleiben Restfehler in den Relativkoordinaten. Die kartesischen Koordinatendifferenzen können (häufig empfängerintern) in Breiten-, Längen- und Höhenunterschiede umge-rechnet werden. Mehrere Basislinien lassen sich zu Netzen zusammenfügen. Bei n simultan in einem Projekt arbeitenden GPS Empfängern muss bei der Auswertung darauf geachtet werden, dass nur (n-1) Basislinien voneinander unabhängig sind. Die meisten >GPS Auswerteprogramme der Gerätehersteller beruhen auf dem Konzept der Basislinien.

GPS Beobachtungsgrössen - GPS observations GPS Signale, von einem >GPS Empfänger aufgezeichnete und ggf. umgewandelte Messgrössen, die zur Navigation und zur Positionsbestimmung mit >GPS herangezogen werden. Originale Messgrössen sind die Codephasen des >C/A-Codes und des >P-Codes sowie die Trägerphasen der L1 (19,05 cm) und L2 (24,45 cm) Trägerwelle. Das Messrauschen beträgt 0,5 bis 1 m beim P-Code, etwa 10 m beim C/A-Code und etwa 1-3 mm bei den Trägerphasen. Hochwertige GPS Empfänger bieten ein etwa 10fach geringeres Messrauschen. Wichtigste abgeleitete Beobachtungsgrössen sind die Linearkombinationen Wide Lane LD=L1-L2 mit einer Wellenlänge von 86,2 cm, die Narrow Lane LS=L1+L2 mit 10,7 cm und das Ionosphärenfreie Signal L0=(LD+ LS)/2 mit 5,4 cm. Die Wide Lane ist wegen der grösseren Wellenlänge für >Mehrdeutigkeitslösungen gut geeignet, sie besitzt aber gegenüber den Originalbeobachtungen ein erhöhtes Messrauschen. Die Narrow Lane liefert wegen eines geringeren Messrauschens die genauesten Resultate, kann jedoch wegen der kürzeren Wellenlänge nur für sehr kurze Entfernungsbereiche (wenige km) genutzt werden. Das ionosphärenfreie Signal beseitigt den Einfluss der Ionosphäre auf die Messgrössen, es erlaubt aber keine ganzzahlige Festsetzung von Mehrdeutigkeiten.

GPS Einzelpunktbestimmung - GPS single point positioning Dreidimensionale Positionsbestimmung mit Hilfe eines einzelnen >GPS Empfängers. Sofern Signale von wenigstens vier GPS Satelliten empfangen werden, steht das Ergebnis in der Regel in Echtzeit zur Verfügung und wird am Empfänger ange-zeigt (Empfängerlösung). Das Ergebnis wird in >absoluten Koordinaten angegeben und bezieht sich auf das Bezugssystem >WGS84, in dem die Satellitenbahnen (>Broadcastephemeriden) gerechnet werden. Da alle Fehlereinflüsse des >GPS Feh-lerbudgets wirksam sind, beschränkt sich die Positionsgenauigkeit bei aktivierter >Selective Availability auf etwa 100 m. Bei ungünstiger Satellitenkonstellation können die Fehler, insbesondere in der Höhenkomponente, kurzzeitig auch wesentlich höher ausfallen. Die Einzelpunktbestimmung ist deshalb nur für grobe Navigations- und Ortungsaufgaben mit preiswerten Empfängern (z.B. Handgeräte) angezeigt. Autorisierte (militärische) Nutzer erreichen im Rahmen des >Precise Positioning Service (PPS) eine Genauigkeit von etwa 15 m. Bei der nachträglichen Verwendung von >präzisen Ephemeriden (z.B. des >IGS) sowie der Nutzung von leistungsfähigen geodätischen >GPS Auswerteprogrammen kann bei längerer Beobachtungs-dauer auch für Einzelpunkte eine den Relativverfahren vergleichbare Genauigkeit erzielt werden.

GPS Empfänger (Nutzersegment) - GPS receiver (user segment) Geräte, die Signale der Satelliten des >Global Positioning System empfangen können und daraus Positions- und Navigations-informationen berechnen, anzeigen und evtl. die Messgrössen aufzeichnen. Die Hauptkomponenten eines Empfängers sind die Antenne mit Vorverstärker; Hochfrequenzteil für die Signalverarbeitung; Mikroprozessor für Kontrolle, Datenerfassung und Navigationsrechnung; Datenspeicher; Bedien- und Anzeigefeld; Präzisionsoszillator und Stromversorgung. Häufig sind Antenne und Empfangsteil einerseits sowie Rechner, Datenspeicher, Stromversorgung, Bedien- und Anzeigefeld anderer-seits in Einheiten integriert. Eine allgemeine Einteilung erfolgt danach, welche der >GPS Beobachtungsgrössen >C/A-Code, >P-Code, L1 Trägerphase, L2 Trägerphase empfangen und verarbeitet werden. Die einfachsten und preiswertesten Empfän-ger nutzen lediglich den C/A-Code. Die erzielbare Genauigkeit ist unter >SA Bedingungen für einen einzelnen Empfänger auf 100 m und für den >DGPS Modus auf 2 bis 5 m begrenzt. Eine Genauigkeitssteigerung auf 0,5 m bis 1 m ist durch die Option der >trägergeglätteten Codemessung möglich. Hierbei wird das höhere Messrauschen der Codemessungen durch das

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weit geringere Messrauschen der Trägerphasen im Nutzerempfänger herabgesetzt. Auf eine Lösung der >Phasenmehrdeutig-keitslösung wird dabei verzichtet. Diese Option hat für Anwendungen im >Geoinformationswesen weite Verbreitung gefun-den. Für höhere Genauigkeitsansprüche im Zentimeterbereich ist zumindest die Lösung der Trägerphasenmehrdeutigkeiten auf L1 erforderlich. Diese sog. Einfrequenzempfänger (C/A Code, L1 Trägerphase) sind für Anwendungen über kurze Ent-fernungen bis zu etwa 10 km Abstand von einem Referenzempfänger geeignet. Bei stärkeren Störungen der >Ionosphäre können aber fehlerhafte Ergebnisse auftreten; auch wird die Lösung der Mehrdeutigkeiten erschwert und verlangsamt. Für höchste Genauigkeitsansprüche, z.B. für geodynamische Fragestellungen, in der Grundlagenvermessung oder beim >kinema-tischen GPS ist die Nutzung eines Zweifrequenzempfängers mit beiden Codes erforderlich. Die Empfängerentwicklung zeigt eine starke Tendenz zur Miniaturisierung und zu geringerem Stromverbrauch. Hochwertige Systeme werden vielfach als Komplettsensoren mit einer Vielzahl an softwareorientierten Optionen angeboten. Bei einfachen C/A Code Empfängern sinken die Preise unter 100 US$. Die Preise für Zweifrequenz-P-Code-Empfänger bleiben bei zunehmendem Leistungsum-fang auf hohem Niveau eher stabil.

GPS Fehlerbudget - GPS error budget Zusammenfassung der bei der Positionsbestimmung und Navigation mit GPS auf die Messgrössen wirkenden genauigkeits-begrenzenden Einflüsse. Als Hauptfehlerursachen gelten die Bahn- und Uhrfehler am Satelliten, Fehler der >Signalausbrei-tung in der >Ionosphäre, >Troposphäre und in der Antennenumgebung (>Multipath) sowie Fehler im Empfängersystem (Verzögerungen in den Empfangskanälen sowie Variationen der Antennenphasenzentren). Die Projektion aller Fehlerkom-ponenten auf die einzelne Entfernungsmessung (>Pseudorange) heisst User Equivalent Range Error (UERE). Die Auswir-kung auf das Positionsergebnis hängt von der jeweiligen geometrischen Anordnung der verwendeten Satelliten ab und be-rechnet sich über den zugehörigen DOP Faktor (>Dilution of Precision).

GPS Mehrstationslösung - GPS multi station solution Beobachtungs- und Auswertestrategie, um das Genauigkeitspotential von >GPS voll auszuschöpfen. Die gleichzeitig auf mindestens zwei Stationen ausgeführten GPS Beobachtungen werden gemeinsam ausgewertet. Dadurch lassen sich die wirk-samen Fehler (>GPS-Fehlerbudget) eliminieren oder modellieren. Im Falle von nur zwei Stationen spricht man von>\Basislinien. Als Ergebnis liegen keine >Absolutkoordinaten sondern >Relativkoordinaten oder Koordinatendifferenzen vor. Die Verknüpfung des Ergebnisses mit einem gewünschten >Raumbezugssystem erfolgt entweder durch Einbeziehung eines koordinatenmässig bereits bekannten Punktes in die Beobachtungsanordnung oder durch Anbindung an >Referenzstati-onen (z.B. >IGS, >SAPOS). Die Auswertung der auf den Stationen aufgezeichneten Beobachtungsdaten erfolgt nachträglich (Postprocessing) mit >GPS Auswerteprogrammen der Gerätehersteller oder wissenschaftlicher Institutionen.

GPS Referenzstationen - GPS reference stations Stationen, auf denen ein >GPS Empfänger betrieben wird, um für GPS Beobachtungen auf anderen Punkten Relativinforma-tionen zur Erhöhung der Genauigkeit vorzuhalten. Die Stationen können permanent oder temporär eingerichtet werden. Permanente Stationen zeichnen die Daten entweder für eine nachträgliche Verwendung auf (z.B. der >IGS) oder/und sie übertragen die Daten in Echtzeit an mögliche Nutzer (z.B. >DGPS Dienste, >SAPOS). In vielen Ländern stellen die von den Landesvermessungsbehörden betriebenen Permanentstationen in zunehmendem Masse das amtliche >Raumbezugssystem dar. Temporäre Referenzstationen werden in der Regel für einzelne Projekte von den Nutzern eingerichtet. Die Geräteindust-rie bietet hierfür komplette Systeme mit Funkübertragung und Software an (>Echtzeitkinematik, RTK).

GPS Satelliten (GPS Raumsegment) - GPS satellites (GPS space segment) >GPS Raumsegment.

GPS Signalausbreitung - GPS signal propagation Ausbreitungsverhalten der >GPS Signale (Code, Träger) in der >Ionosphäre, >Troposphäre und der Antennenumgebung (>Multipath). Die Ionosphäre ist für Mikrowellen ein dispersives Medium, d.h. die Signalausbreitung hängt von der Frequenz ab. Codemessungen werden verlangsamt (Gruppengeschwindigkeit) und Trägerphasenmessungen beschleunigt (Phasenge-schwindigkeit). Durch Nutzung beider Trägerfrequenzen L1 und L2 kann der Ionosphäreneinfluss nahezu vollständig korri-giert werden. Stehen nur Einfrequenzempfänger zur Verfügung, dann muss in Zeiten einer ruhigen Ionosphäre mit einem Restfehler von 1 cm je 10 km (1 ppm) in den Relativkoordinaten gerechnet werden. Dieser Fehler kann bei stark angeregter Ionosphäre, d. h. in Zeiten erhöhter Sonnenaktivität, auf ein Vielfaches ansteigen, insbesondere im Bereich des geomagneti-schen Äquators. Die Troposphäre ist für die Mikrowellenausbreitung ein neutrales Gas und muss deshalb durch Zustandspa-rameter (Druck, Temperatur, Wasserdampfgehalt) beschrieben werden. In der Regel wird das Ausbreitungsverhalten von GPS Signalen (ebenso bei >GLONASS, >TRANSIT, >DORIS) durch Modelle hinreichend beschrieben. Bei hohen Genau-igkeitsansprüchen, insbesondere >Mehrstationslösungen, können troposphärische Parameter im Ausgleichungsmodell mitge-schätzt werden. Unzureichend erfasste Troposphäreneinflüsse wirken sich insbesondere auf die Höhenkomponente aus. In der Antennenumgebung kann es durch reflektierende Oberflächen zu Umwegsignalen und Signalüberlagerungen kommen (>Multipath). Dadurch können Signalverluste und Ergebnisverfälschungen entstehen, die bei Trägerphasenmessungen einige Zentimeter und bei Codemessungen einige Meter erreichen. Bei längerer Messdauer mitteln sich die Effekte heraus.

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GPS-Kontrollsegment - GPS control segment GPS Kontrollsegment, Einrichtung zur Überwachung und zur Berechnung der operationellen Bahndaten (>Broadcastephe-meriden) von GPS Satelliten. Auf der Grundlage von Beobachtungen aller GPS Satelliten auf global verteilten Monitorstati-onen bestimmt die Hauptkontrollstation (Master Control Station) die GPS Systemzeit, führt eine Vorausberechnung der Bahnen und des Uhrverhaltens der einzelnen GPS Satelliten durch und überträgt diesen Navigationsdatensatz über Bodenan-tennen zu den Satelliten. Die Satelliten senden die Bahndaten in einem wohldefinierten Format (>Broadcastmessage) konti-nuierlich auf beiden Trägerfrequenzen aus.

GPS-Raumsegment - GPS space segment Nominell aus 24 Satelliten bestehende Satellitenkonfiguration des >Global Positioning System. Die Satelliten sind in nahezu kreisförmigen Bahnen in einer Bahnhöhe von etwa 20200 km mit einer Bahnneigung von 55° angeordnet. Die Umlaufszeit beträgt 12 Stunden in Sternzeit, so dass sich für einen gegebenen Beobachtungsort die Satellitenkonfiguration täglich mit einer zeitlichen Differenz von 4 Minuten wiederholt. 1989 begann der Start der operationellen Block II Satelliten. Seit 1997 wird das Raumsegment durch die Block IIR (Replenishment) Satelliten ergänzt. Voraussichtlich nach 2004 werden die Block IIF (Follow-on) Satelliten mit erweiterten Funktionen, z.B. einer dritten Frequenz und der Fähigkeit zur selbständigen Bahnberechnung gestartet

GPS-Zeit - GPS time >GPS-Satelliten sind mit Atomuhren bestückt und daher in der Lage, eine eigene Zeitskala zu realisieren. An der GPS-Zeit werden keine >Schaltsekunden angebracht. Am 5. Januar 1980 waren GPS-Zeit und >UTC identisch, am 1.1.1999 erhöhte sich die Differenz von 12 s auf 13 s.

gpu (geopotential unit) Maßeinheit der >geopotentiellen Koten: 1gpu=10m2/s2. Geopotentielle Koten, gemessen in gpu, entsprechen etwa den Hö-hen, gemessen in m.

GRACE (Gravity Recovery and Climate Experiment) Im Jahr 2002 gestartete deutsch-amerikanische Satellitenmission zur Bestimmung des >Erdgravitationsfeldes und dessen zeitlicher Variation durch >Niedrig-Niedrig-SST.

Gradiometer - Gradiometer Gravitationsgradiometer, bestehend aus einer Anordnung mehrerer >Beschleunigunsmesser, die je nach Bauart zwischen 10 cm und 1 m voneinander entfernt sind. Die Differenz der Ablesungen zweier Beschleunigungsmesser in eine Raumrichtung dividiert durch ihren Abstand entspricht der Messung einer Komponente des >Gravitationstensors. Ein Instrument, das er-laubt, alle neun Komponenten des Gravitationstensors zu messen, wird Volltensor-Gradiometer genannt. Es wurden ver-schiedene Meßsysteme entwickelt: das kapazitive Gradiometer besteht aus der Anordnung mehrerer kapazitiver Beschleuni-gungsmesser; Genauigkeiten von 10-3 E (>Gravitationstensor) werden unter den günstigen Frei-Fall-Bedingungen im Satelli-ten erwartet. Das supraleitende Gradiometer besteht aus einer Anordnung supraleitender Beschleunigungsmesserpaare, wobei die differentiell und gleichgerichtet auftretenden Beschleunigungen direkt supraleitend detektiert werden. Mit diesem Verfah-ren werden Genauigkeiten von bis zu 10-4 E im Satelliten erwartet. Beim rotierenden Gradiometer sind die Beschleuni-gungsmesser auf einer rotierenden Scheibe angeordnet; diese Konfiguration ist besonders geeignet zur Messung von Neben-diagonalelementen des Gravitationstensors.

Gradiometrie - Gradiometry Bestimmung des >Gravitationstensors, meist durch Beobachtung von differentiellen Beschleunigungen über kurze Basisli-nien (zwischen 10 cm und 1 m). Bei Betrachtung im rotierenden System haben die >Trägheitsbeschleunigungen einen großen Einfluss. Die Grundgleichung der Gradiometrie lautet: Gik=Vik+WijWjk+dWik/dt. Vik ist der symmetrische Gravitationstensor, WijWjk der ebenfalls symmetrische Anteil der Winkelgeschwindigkeiten und dWik/dt der anti-symmetrische Tensor der Win-kelbeschleunigungen. Mit einem >Gradiometer werden gravitative und nicht-gravitative Anteile gleichzeitig beobachtet. Die Trennung der verschiedenen Anteile kann durch Ausnutzung der (anti-) symmetrischen Tensoreigenschaften erfolgen oder durch unabhängige Messung der Winkelbeschleunigungen und Winkelgeschwindigkeiten.

Gradio-System - Gradio system Beschleunigungsmessersystem von ONERA, bestehend aus kapazitiven >Beschleunigungsmessern.

Gradmessungen - Arc measurements Methoden, aus der Länge eines Bogens auf der Erdoberfläche die Geometrie des Erdkörpers abzuleiten. Der Begriff Grad-

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messung rührt daher, daß ursprünglich eine Bogenlänge gemessen werden sollte, die, bei Voraussetzung der Kugelgestalt, im Erdmittelpunkt einem Zentriwinkel von einem Grad entsprach. Die Gradmessungen wurden in verschiedenen Varianten angewendet: Breitengradmessungen durch Dreiecksketten, Längengradmessungen, Gradmessungen schief zum Meridian, Flächennetze.

Gradmessung schief zum Meridian - Arc measurements oblique to the meridian Variante der Methode der >Gradmessungen bzw. der Dreieckskettenmessungen. Wenn an den Endpunkten eines Bogens die Breiten und Längen und damit der Längenunterschied gemessen sind, kann eine Dreieckskette sowohl als Meridian-, wie als Parallelbogen berechnet werden.

Gradnetz - Grid Netz, gebildet durch die Koordinatenlinien >geographischer Koordinaten.

Gradvarianzen - Degree variances Koeffizienten, die sich bei der Reihenentwicklung der (Auto-) Kovarianzfunktion eines homogen-isotropen Prozesses auf der Kugel nach >Legendreschen Polynomen ergeben. Die Gradvarianzen treten auch in der Norm der >Laplaceschen Kugelflä-chenfunktionen vom Grad n auf. Sie stehen damit in enger Beziehung zur Spektraldarstellung einer Funktion auf der Kugel. Stellt man beispielsweise das Gravitationspotential in einer Reihe nach vollständig normierten >Kugelflächenfunktionen mit den vollständig normierten >Potentialkoeffizienten dar, so ergeben sich die Gradvarianzen aus der Quadratsumme der Poten-tialkoeffizienten des entsprechenden Grades. Damit kann die Kovarianzfunktion des Gravitationspotentials, betrachtet als homogen-isotroper Prozeß auf der Kugel, dargestellt werden. Modelle der Gradvarianzen sind bedeutsam bei der Approxima-tion und Prädiktion physikalischer Feldfunktionen, wie beispielsweise des Gravitationspotentials. Häufig verwendet wird das von Kaula 1959 angegebene empirische globale Modell der Gradvarianzen für das Gravitationspotential ("Kaula's rule of thumb").

Gravimeter - Gravimeter >Beschleunigungsmesser spezieller Auslegung zur Messung der >Schwere (im Allgemeinen) in Lotrichtung. Durch hohe Spezialisierung wird eine Auflösung von 10-9 der Erdschwere erreicht. >Absolutgravimeter arbeiten nach dem Prinzip des >ballistischen Gravimeters mit bewegter Masse, >Relativgravimeter im Allgemeinen als >Federgravimeter mit ruhender Masse. Ab etwa der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden Pendel als (Absolut-) Gravimeter genutzt. Seit ca. 1930 wurden sie für Relativmessungen weitgehend von >Federgravimetern abgelöst, seit ca. 1950 für Absolutmessungen von >ballistischen Gravimetern. Jetzt haben Pendelgravimeter z.B. wegen kleiner Gangwerte über längere Zeiten nur noch Bedeutung für Spe-zialfälle. >Erdgezeiten-Gravimeter haben ein besonders hohes Auflösungsvermögen und gutes Langzeitverhalten wie linea-ren Gang. Absolut- und Relativschweremessungen werden insbesondere durch >Schwerereferenznetze verknüpft.

Gravimeter auf bewegtem Träger - Gravimeter on a moving platform Gravimeter auf bewegtem Träger sind insbesondere Seegravimeter und Fluggravimeter, meist >Federgravimeter. Es handelt sich dabei um Gravimeter, die für den Einsatz auf bewegten Trägern mehrfach spezialisiert sind, wie Robustheit gegenüber hoher Dynamik und konstruktive oder rechnerische Berücksichtigung der >Kreuzkopplung. Die Änderung der Sensorrich-tung (Input-Achse) wird entweder (konventionell) durch eine kreiselstabilisierte Plattform eliminiert oder (fahrzeugfest) rechnerisch berücksichtigt oder es wird (rotationsinvariant) nur der Betrag des 3D-Vektors bestimmt. Die Trägheitsbeschleu-nigungen werden teils (hochfrequent) durch Feder-Dämpfung, teils (niederfrequent) numerisch herausgefiltert und/oder aus Positionsänderungen im Inertialraum bestimmt. Bei Bezug auf die rotierende Erde ist die >Eötvösreduktion zu berücksichti-gen. Die hierzu notwendigen Positions- und Geschwindigkeitsdaten werden durch verschiedene Präzisionsnavigationsverfah-ren ermittelt, z.Z. insbesondere durch GPS. Die instrumentelle Lösung für Gravimetrie auf bewegten Trägern kann z.B. konventionell von einem Land- >Federgravimeter abgeleitet werden. Möglich ist auch die Verwendung von genauen Be-schleunigungsmessern aus der Trägheitsnavigation.

Gravimetereichung - Gravimeter calibration Bestimmung der Eichfunktion zur Umrechnung von Geräteablesungen von >Federgravimetern in >Schwereeinheiten. Dazu werden bekannte Werte (Sollwerte) über den gewünschten Bereich den Ablesungen gegenübergestellt und die Umrechnungs-funktion diesen Wertepaaren angepaßt. Die Sollwerte sind z.B. durch Veränderung der Probemasse, durch kinematische Beschleunigung, meist aber durch bekannte Schwerewerte auf Referenzpunkten einer >Eichline verfügbar. Bei Anlage eines >Schwerereferenznetzes wird die Gravimetereichung zweckmäßig in die Netzbearbeitung integriert.

Gravimetrie - Gravimetry Wissenschaft von den Verfahren und Geräten, >Gravimetern, zur Ausmessung des >Schwerefeldes, hauptsächlich der Erde, einschließlich der Weiterverarbeitung (Berechnung von >Schwereanomalien, Interpolationsverfahren, Darstellungsmetho-

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den), z.T. der Analyse und Interpretation der Messwerte. Die Gravimetrie als Hilfswissenschaft dient z.B. der >physikali-schen Geodäsie, der >Geophysik einschließlich der Exploration, der Metrologie, der >Geologie. Je nach Ausdehnung und Anforderungen terrestrische, Flug-, See-, Satellitengravimetrie.

Gravimetrie auf bewegtem Träger - Gravimety on a moving platform >Fluggravimeter, >Seegravimeter.

Gravimetrische Abplattung - Gravimetric flattening Schwereabplattung, >Niveauellipsoid.

Gravimetrische Geoidbestimmung - Gravimetric geoid determination Berechnung des >Geoides (bz. Quasi-Geoides) aus Schweremessungen, basierend auf dem >Geodätischen Randwertproblem (>Stokes-Problem, >Molodensky-Problem).

Gravimetrische Lotabweichung - Gravimetric deflection of the vertical Lotabweichung, bei der die Lotrichtung durch Schweremessungen über die Lösung der geodätischen Randwertaufgabe erhal-ten wurde (>Vening-Meinesz-Integralformel).

Gravimetrische Methoden - Gravimetric methods Methoden der Erdmessung, die auf Messungen des Betrages der Schwerebeschleunigung beruhen.

Gravimetrisches Randwertproblem - Gravimetric boundary value problem >Geodätisches Randwertproblem.

Gravitation - Gravitation Universelle Wechselwirkungserscheinung der gegenseitigen Anziehung zwischen zwei beliebigen Massenpunkten. Das Newtonsche Gravitationsgesetz besagt, daß die auftretenden Gravitationskräfte (Anziehungs- oder Attraktionskräfte) dem Produkt der Massen m1 und m2 direkt und dem Quadrat des Abstandes r der Massenpunkte indirekt proportional sind. Die Proportionalitätskonstante G wird als >Gravitationskonstante bezeichnet. Die Gravitation wirkt in der Verbindungslinie der beiden Massenpunkte. Betrachtet man das Gravitationsfeld eines Massenpunktes der (aktiven) schweren Masse M, so kann aus dem Gravitationsgesetz die Gravitationsfeldstärke in vektorieller Form als Feldfunktion dargestellt werden. Die Anzie-hungswirkung auf einen beliebigen Massenpunkt (Aufpunkt) m erhält man durch Multiplikation der Gravitationsfeldstärke mit der Masse m. Die Masse m wird in diesem Zusammenhang als (passive) schwere Masse bezeichnet, die ein Maß für die erfahrene Anziehungswirkung ist. Die Bewegung eines beliebigen Massenpunktes m im Gravitationsfeld des Massenpunktes M wird in einem Inertialsystem durch das >2. Newtonsche Gesetz bestimmt. Ein beliebiger Massenpunkt m erhält dabei eine Beschleunigung (die Beschleunigung des freien Falls), die der Gravitationsfeldstärke entspricht. Nach dem >1. Newtonschen Gesetz besitzen alle Körper die dynamische Eigenschaft der Trägheit, wofür die >träge Masse m ein Maß ist. Schwere Masse und >träge Masse erweisen sich als gleich (>Äquivalenzprinzip).

Gravitationsfeld - Gravity field Anziehungsfeld von Anordnungen (aktiver) schwerer Massen. Das Gravitationsfeld wird durch die >Gravitationsfeldstärke beschrieben, >Gravitation.

Gravitationsfeldbestimmung mittels Satellitenmethoden - Gravity field determination by satellite methods Teilgebiet der >Satellitengeodäsie. Betrachtet man zunächst den Satelliten als Probemasse im Gravitationsfeld der Erde, so kann man die in der >Bewegungsgleichung wirkenden Kräfte parametrisieren, z. B. durch eine Kugelfunktionsentwicklung des >Gravitationspotentials. Unter Nutzung von Messungen (z. B. Entfernungen oder Entfernungsänderungen) können im Zuge einer differentiellen Bahnverbesserung die Parameter der >Kugelfunktionsentwicklung als Unbekannte bestimmt werden. Als Messungen kommen dabei z. B. solche von der Erde zum Satelliten (>SLR, >GPS) oder auch zwischen Satelli-ten (>SST) in Betracht. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, im Satelliten spezielle Meßgeräte mitzuführen, die Funktio-nale des Gravitationsfeldes entlang der Satellitenbahn messen. Das können einerseits >Gradiometer sein, die die Komponen-ten des >Gravitationstensors messen. Andererseits kann mittels >Altimeter die Meereshöhe bestimmt werden, die eine Nähe-rung des >Geoids als >Äquipotentialfläche des >Schwerepotentials der Erde darstellt.

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Gravitationsfeldstärke - Gravity force function >Gravitation, >Gravitationsfeld.

Gravitationsgradient - Gravity gradient >Gravitationstensor.

Gravitationskonstante (Attraktionskonstante) - Gravitational constant Proportionalitätsfaktor, der bei der Formulierung des >Newtonschen Gravitationsgesetzes auftritt. Die Gravitationskonstante G ist betragsmäßig gleich der Anziehungskraft zweier Massenpunkte mit der Masseneinheit (1 Kilogramm), die voneinander den Abstand einer Längeneinheit ( 1 Meter) haben. Der Wert der Gravitationskonstante beträgt G = (6, 6720± 0, 0041)10-

11[m3/(s2 kg)]. Die geozentrische Gravitationskonstante GM ist das Produkt aus der Gravitationskonstanten G und der Ge-samtmasse M der Erde. Ihr Wert wird durch internationale Vereinbarung als definierende Konstante eines >Geodätischen Referenzsystems festgelegt und beträgt für das GRS80: GM = 3986005 108[m3/s2]

Gravitationspotential - Gravitational potential Skalarfunktion, aus der durch Gradientenbildung (Anwendung des Nabla-Operators) die >Gravitationsfeldstärke abgeleitet werden kann. Die aus dem Newtonschen >Gravitationsgesetz folgende Gravitationsfeldstärke eines anziehenden Massen-punktes ist konservativ, so daß ein >Potential V existiert, das als Newtonsches Raumpotential oder Gravitationspotential bezeichnet wird. Für ausgedehnte (nicht notwendigerweise sphärisch-homogene) Körper (und damit für die Erde) läßt sich die Quellendarstellung des Gravitationspotentials in einem dreidimensionalen, kartesischen Koordinatensystem als Volumen-integral über die Dichtefunktion der Erde, dividiert durch den Abstand l des Aufpunktes von den Quellpunkten und multipli-ziert mit der >Gravitationskonstanten angeben. Die Funktion 1/l wird als Newtonscher Kern bezeichnet und spielt eine her-ausragende Rolle in der >Potentialtheorie. Das Gravitationspotential ist im Außenraum einschließlich seiner ersten und zwei-ten partiellen Ableitungen endlich und stetig. V ist regulär im Unendlichen, d.h., das Potential und seine Ableitung nehmen bei zunehmender Entfernung des Aufpunktes vom Massenkörper hinreichend schnell ab. Physikalisch ist das Gravitationspo-tential V (bis auf das Vorzeichen und der Masse des Teilchens im Aufpunkt) äquivalent der potentiellen Energie, deren Null-referenzniveau ins Unendliche verlegt ist. Da die Dichteverteilung im Außenraum des Massenkörpers verschwindet, bildet der Gravitationsvektor grad V ein quellenfreies Vektorfeld, es gilt damit im Außenraum die >Laplace-Gleichung. Im Innen-raum erfüllt V die >Poisson-Gleichung. Das Gravitationspotential kann im Außenraum durch Lösen eines Geodätischen Randwertproblems bestimmt werden, im Innenraum dagegen nur bei bekannter Dichteverteilung. Eine bevorzugte Methode zur Darstellung des Gravitationspotentials im Außenraum ist die >Kugelfunktionsentwicklung des Gravitationspotentials. Die >Quellendarstellung der Potentialkoeffizienten des Gravitationspotentials ist durch Volumenintegrale über die Erde möglich. Die differentialgeometrischen Eigenschaften des Gravitationspotentials können mit Hilfe des >Gravitationstensors (Eötvös-Tensors) beschrieben werden.

Gravitationstensor - Gravitational tensor Tensor der zweiten Ableitungen des >Gravitationspotentials V in alle drei Raumrichtungen; die Tensorkomponenten werden auch als Gravitationsgradienten bezeichnet. Der Gravitationstensor hat neun Komponenten, von denen fünf linear unabhän-gig sind, da er symmetrisch und spurfrei ist. Der Gravitationstensor beschreibt die lokale Geometrie des >Gravitationsfeldes; die einzelnen Komponenten können als Krümmungs- bzw. Torsionsgrößen interpretiert werden. Gravitationsgradienten bzw. Änderungen der Gravitationsbeschleunigung werden meist in >Eötvös-Einheiten gemessen, 1 E = 10-9s-2.

Gravito-Magnetisches Feld - Gravito-magnetic field Komponente des Gravitationsfeldes der Einsteinschen Gravitationstheorie, welche von Massenströmen herrührt (Post-Newtonsche Theorie). Aufgrund des gravito-magnetischen Feldes bewirkt eine rotierende Masse wie die Erde, dass ein drehmomentenfreier Kreisel (inertiale Achse) gegen die Fixsterne präzediert (Mitführung von Inertialsystemen, LenseThir-ring Effekt).

Greensche Integralformeln - Green's integral formulae Spezialfälle des >Gaußschen Integralsatzes. Der 1. Greensche Integralsatz ergibt sich aus dem Gaußschen Integralsatz, wenn für das dort enthaltene stetig differenzierbare Vektorfeld eine Vektorfunktion eingesetzt wird, die sich aus den beiden zwei-mal stetig differenzierbaren Skalarfeldern u und w durch das Produkt u grad w ergibt. Eine weitere Form der Greenschen Integralformel, die 2. Greensche Integralformel, erhält man, indem man in der 1. Greenschen Integralformel die Funktionen u und w vertauscht und die so erhaltene Beziehung von der ersten subtrahiert. Ein für die Physikalische Geodäsie wichtiger Spezialfall ergibt sich, wenn w = V das Newtonsche >Gravitationspotential einer räumlichen Massenanordnung ist. Das Newtonsche >Gravitationspotential V in einem Aufpunkt P des Außenraumes der Massenanordnung läßt sich als Integral über die Oberfläche der Massenanordnung darstellen, wobei sich der Integrand aus Funktionalen des Gravitationspotentials zusammensetzt. Die Integrale können als Summe der Potentiale zweier >Schichtbelegungen (Einfachschicht- und Doppel-schichtpotential) interpretiert werden. Damit stellt die Greensche Darstellungsformel eine Grundlage für die Lösung des

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>Geodätischen Randwertproblems dar.

Greenwich Ort in England, durch dessen Sternwarte, das Royal Greenwich Observatory, der nullte (definitionsgemäß) Längengrad ver-läuft. Wird als Synonym für den Nullmeridian gebraucht.

Greenwicher Sterndatum (GSD) - Greenwich sidereal date (GSD) Sterntage, die in Greenwich seit dem Beginn des Sterntages, in den das Julianische Datum 0.0 fiel, vergangen sind.

Greenwicher Sterntageszahl - Greenwich sidereal day number Ganzer Anteil des >Greenwicher Sterndatums.

Gregorianischer Kalender - Gregorian Calendar Heutzutage weltweit anerkannter Kalender, eingeführt 1582 durch Papst Gregor XIII als Ersatz für den >Julianischen Kalen-der. Frühlingsanfang ist stets der 21. März, das Jahr beginnt am 1. Januar, die Jahreslänge beträgt 365 Tage, ausser in Schalt-jahren, in denen sie 366 Tage umfasst. Während im vorher gültigen Julianischen Kalender (eingeführt von Julius Cäsar) jedes durch 4 teilbare Jahr ein Schaltjahr war, werden im Gregorianischen Kalender die durch 100 teilbaren Jahre als Gemeinjahre zu 365 Tagen gezählt, ausser sie sind auch durch 400 teilbar. Das Jahr 2000 ist demnach ein Schaltjahr, 1900 war keines.

Große Halbachse (einer Ellipse) - Semi-major axis (of an ellipse) >Parameter, der neben der >kleinen Halbachse die Form und Größe einer Ellipse bestimmt.

Größenklasse - Stellar magnitude Maß für die empfangene Strahlungsleistung pro Fläche von einem astronomischen Objekt. Die Größenklassen sind ein loga-rithmisches Maß und hängen mit den >scheinbaren Helligkeiten zusammen. Die Kalibrierung wird mit einem geeigneten Referenzstern vorgenommen. Großkreis

Great circle - Grand cercle Die Schnittlinie einer Kugel mit einer Ebene durch den Kugelmittelpunkt. Der Großkreis ist eine >geodätische Linie auf der Kugel.

GRS30 (Geodätisches Referenzsystem 1930) - GRS30 (Geodetic Reference System 1930) Vereinbartes >Geodätisches Referenzsystem des Jahres 1930.

GRS67 (Geodätisches Referenzsystem 1967) - GRS67 (Geodetic Reference System 1967) Vereinbartes >Geodätisches Referenzsystem des Jahres 1967.

GRS80 (Geodätisches Referenzsystem 1980) - GRS80 (Geodetic Reference System 1980) Vereinbartes >Geodätisches Referenzsystem des Jahres 1980.

Grundgleichung der Satellitengeodäsie - Basic equation of satellite geodesy Gleichung, die den Ortsvektor R eines Beobachtungspunktes P auf der Erde mit dem Ortsvektor r des Satelliten S verknüpft: r=R+x. Dabei stellt x den Vektor von P nach S dar, dessen Elemente durch Messungen bestimmt werden können. Der Vektor x wird auch als topozentrischer und der Vektor r als geozentrischer Ortsvektor des Satelliten bezeichnet wird. Je nach Prob-lemstellung können entweder R gegeben und r gesucht sein (>Bahnbestimmung) oder r gegeben und R gesucht sein (>Posi-tionsbestimmung). Wichtig ist, daß r und R im gleichen >Bezugssystem (erdfesten oder raumfesten) darzustellen sind.

Halbschatten - Umbra Der Teil des Schattenkegels, in dem kein Licht von einer ausgedehnten Lichtquelle (bei Vernachlässigung der Refraktion) beobachtet werden kann.

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Harmonische Funktion - Harmonic function Funktion mit stetigen ersten und zweiten Ableitungen, die der >Laplaceschen Differentialgleichung genügt; auch als Potenti-alfunktion bezeichnet.

Hauptkrümmungsradien - Main curvature radii Größter und kleinster Krümmungshalbmesser der Normalschnitte einer Fläche in einem Punkt. Für das >Rotationsellipsoid liegen die Hauptkrümmungsradien in der Meridianebene (Meridiankrümmungsradius) und in der dazu senkrechten Normal-ebene (Querkrümmungsradius).

Hauptmeridian - Prime meridian Grundmeridian, Zentralmeridian, >Gauß-Krüger-Koordinaten, >UTM-Koordinaten.

Hauptnormale - Great normal >Normale

Hayford-Ellipsoid - Hayford ellipsoid >Internationales Ellipsoid.

Heliozentrisch - Heliocentric Auf den Mittelpunkt der Sonne bezogen.

Heliozentrische Koordinaten - Heliocentric coordinates Coordonnées héliocentriques Koordinaten in einem System, dessen Nullpunkt im Mittelpunkt der Sonne liegt.

Helligkeitsklasse (innerhalb derselben Spektralklasse) - Luminosity class Unterscheidungsmerkmale innerhalb derselben >Spektralklasse von Sternen.

Helmert-Höhe - Helmert height Eine nach Helmert benannte Variante der >orthometrischen Höhe. Der definierende mittlere Schwerewert zwischen Oberflä-chenpunkt und Geoidpunkt wird nach Helmert unter der Annahme einer ebenen, unendlich ausgedehnten Topographie (Bou-guerplatte), einem mittleren vertikalen >Normalschweregradienten von -0.3086mgal/m sowie einer mittleren Dichte der Geländemassen von 2.67 g/cm3 abgeleitet. Man erhält mit dem so definierten mittleren Schwerewert und der >geopotentiel-len Kote C eines Punktes die nach Helmert benannte Definition der orthometrischen Höhe (gemessene Oberflächenschwere g in mgal, Höhen in m): H=C/(g+0.0424H). Diese Formel wird als Standardformel zur Berechnung der orthometrischen Höhe angewendet. Sie wird in zahlreichen Landesvermessungen verwendet.

Helmert-Lotabweichung - Helmert's deflection of the vertical Lotabweichung, die sich bei Projektion eines Oberflächenpunktes auf das Rotationsellipsoid als Rechenfläche längs der Ellipsoidnormalen ergibt (>Helmert-Projektion). Sie ist definiert als die Abweichung der Ellipsoidnormalen (geodätischer Zenit) von der Richtung des astronomischen Zenits im Oberflächenpunkt.

Helmert-Projektion - Helmert projection Ein Verfahren der Zuordnung zwischen Punkten der physischen Erdoberfläche und Punkten auf dem Bezugsellipsoid; die betrachteten Punkte werden mittels der Ellipsoidnormalen auf das Ellipsoid projiziert.

Helmert-Transformation - Helmert transformation I.a. räumliches >Ähnlichkeitstransformationsmodell, wobei die Transformationsparameter (3 Translationen, 3 Rotationen, 1 Maßstabsfaktor) so bestimmt werden, daß die Quadratsumme der Koordinatenklaffungen identischer Punkte von Start- und Zielsystem minimiert wird (>Ausgleichungsrechnung, >Methode der kleinsten Quadrate).

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Himmelsäquator - Celestial equator Äquator bezüglich der Himmelspole, welche durch die instantane Rotationsachse der Erde bestimmt werden. Wird oft auch als Ebene, welche durch den entsprechenden Großkreis verläuft, verstanden.

Himmelsatlas - Star atlas Eine Sammlung von Himmelskarten.

Himmelsbreite - Celestial latitude Neigungswinkel der Richtung eines astronomischen Objektes gegen die Ekliptikebene; positiv nördlich der Ekliptik, negativ südlich der Ekliptik.

Himmelskoordinaten - Celestial coordinates Sphärische Koordinaten auf der >Himmelskugel.

Himmelskörper - Celestial body Ein Sammelbegriff für die Körper des Weltalls.

Himmelskugel - Celestial sphere Eine Kugel von beliebigem Radius und beliebigem Mittelpunkt, auf welche die Himmelskörper als Punkte abgebildet werden (>Gaußsche Richtungskugel).

Himmelsmechanik - Celestial mechanics Der Teil der Astronomie, der sich mit der Lösung der Bewegungsgleichungen für i.a. Mehrkörpersysteme befaßt.

Himmelspol - Celestial pole Jeder der beiden Schnittpunkte der durch den Beobachtungsort hindurchgehenden Parallele zur Rotationsachse der Erde mit der topozentrischen Himmelskugel.

Hipparcos Hochgenauer Sternkatalog mit über hunderttausend Sternen zur Epoche J1991.25, der als Nachfolger des >FK5 die Realisie-rung des International Celestial Reference System (>ICRS) im Optischen darstellt. Die Beobachtungsdaten wurden mit Hilfe des gleichnamigen Satelliten im Zeitraum von etwa 1990-1993 gewonnen. Der Satellit ist benannt nach Hipparcos, einem griechischen Astronomen (ca. 190-120 v.Chr.); er verfasste den ersten Sternkatalog mit ca. 850 Sternen aufgrund präziser Beobachtungen.

Hiran-Verfahren - Hiran method Hiran (= High Precision Shoran) und Shoran (= Short Range Navigation) sind elektromagnetische Streckenmeßverfahren, bei denen die Entfernung aus Signallaufzeiten zwischen Bodenstationen und einem Flugzeug ermittelt wird.

Hoch-Niedrig-SST - High-low-SST >Meßverfahren der >Satellitengeodäsie, bei der die Relativbewegung eines hoch fliegenden und eines niedrig fliegenden Satelliten gemessen wird (Satellite to Satellite Tracking - >SST).

Hochwert Der vom Äquator aus nach Norden positiv gezählte Abszissenwert der >Gauß-Krüger-Koordinaten.

Hochzieltriangulation - Flare triangulation Eine Methode der Raumtriangulation, bei der neben terrestrischen Triangulationspunkten auch in größeren Höhen über der Erdoberfläche befindliche Ziele (Sateliten, Ballons, Raketenblitze u.ä.) verwendet werden.

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Höhe - Height Maßangabe zur mathematischen Beschreibung der Lage von Punkten des dreidimensionalen Raumes bzgl. einer zweidimen-sionalen >Höhenbezugsfläche. Je nach Wahl eines >Höhensystems unterscheiden sich die numerischen Werte für die Höhe eines Punktes.

Höhe (eines Himmelskörpers) - Altitude (of a celestial body) Winkelabstand eines Himmelskörpers vom scheinbaren Horizont, gemessen entlang des Großkreises durch den Himmelskör-per und dem lokalen Zenit. Die Höhe (Höhenwinkel) ist die Ergänzung der Zenitdistanz zu 90 Grad.

Höhenanomalie - Height anomaly Höhenunterschied zwischen der Erdoberfläche und dem >Telluroid (>Molodensky-Problem), gemessen längs der Ellipsoid-normalen.

Höhenbezugsfläche - Height reference surface Bezugsfläche, auf die sich >geometrische Höhen und >physikalische Höhen beziehen. Höhenbezugsflächen können durch die Definition des Höhensystems festgelegt sein, wie das >Geoid für die >orthometrischen Höhen, das >Quasigeoid für die >Normalhöhen oder das >Rotationsellipsoid für die >ellipsoidischen Höhen, sie können aber auch durch das >Höhenfest-punktfeld definiert sein, wie >Normalnull (NN) im Falle der >normalorthometrischen Höhen. Eine geometrisch anschauliche Höhenbezugsfläche als Nullfläche des Höhensystems existiert nicht für alle Höhensysteme. So besitzt das System der >dy-namischen Höhen keine solche Höhenbezugsfläche.

Höhenbezugsrahmen - Height reference frame Realisierung eines >Höhenbezugssystems durch Höhenfestpunkte, die sich auf ein >Vertikaldatum (Höhendatum) beziehen.

Höhenbezugssystem (Höhensystem) - Height reference system (height system) >Höhensystem, >Geodätisches Bezugssystem zur mathematischen Beschreibung der Lage von Punkten des dreidimensiona-len Raumes bzgl. einer zweidimensionalen >Höhenbezugsfläche. Höhenbezugssysteme werden durch >Höhenfestpunktfelder realisiert. Ein Beispiel einer solchen Realisierung (>Höhenbezugsrahmen) ist das aktuelle amtliche deutsche Haupthöhennetz >DHHN92.

Höhenfestpunktfeld - Array of height benchmarks Gesamtheit der Höhenfestpunkte, durch die ein >Höhensystem realisiert wird. Ein Höhenfestpunktfeld besteht in der höchs-ten Genauigkeitsstufe aus einem >Nivellementpunktfeld, wie beispielsweise dem >Deutschen Haupthöhennetz 1992 (>DHHN92).

Höhengleiche - Circle of equal altitude Die Verbindungslinie aller Erdorte, in denen ein bestimmtes Gestirn im gleichen Augenblick die gleiche astronomische Höhe hat.

Höhenkreis (Vertikalkreis) - Vertical circle Durch den Zenit hindurchgehender Großkreis der Himmelskugel.

Höhennetz - Network of height benchmarks Höhenfestpunktfeld oder Teil eines Höhenfestpunktfeldes mit den zugehörigen Bestimmungsstücken. Ein Beispiel eines Höhennetzes ist das >Nivellementnetz.

Höhennull (HN) Höhenbezugsfläche für die >Normalhöhen im System des >Staatlichen Nivellementnetzes 1976 (>SNN76). Die Bezugsflä-che stimmt mit einem entsprechend definierten >Quasigeoid überein.

Höhenstandlinien >Höhenstandlinienmethode.

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Höhenstandlinienmethode >Simultane astronomische Ortsbestimmung.

Höhenstatuszahl Kennziffer zur Kennzeichnung eines bestimmrten Höhensystems des >Deutschen Haupthöhennetzes.

Höhensystem (Höhenbezugssystem) - Height system (height reference system) >Bezugssystem zur mathematischen Beschreibung der Lage von Punkten des dreidimensionalen Raumes bzgl. einer zweidi-mensionalen Höhenbezugsfläche. Hierzu verwendet man krummlinig-rechtwinklige Koordinaten (u1,u2,u3), durch deren Koordinatenflächen und dazu rechtwinkligen Koordinatenlinien die >Äquipotentialflächen und >Lotlinien des >Schwerefel-des angenähert werden. Punkte, die nicht direkt auf der Bezugsfläche liegen, werden entweder entlang der Orthogonaltrajek-torien dieser Fläche gemessen oder durch die Isoskalarwerte der Koordinatenflächen charakterisiert. Damit ist die räumliche Beschreibung von Punkten des Erdraumes in eine zweidimensionale Lagebestimmung und eine eindimensionale Höhenbe-stimmung aufgespalten (>Zwei+Eindimensionale Geodäsie). Die zweidimensionale Lagebestimmung kann durch die Angabe von zwei >Flächenkoordinaten u1 und u2 realisiert werden. Die dritte Koordinate ist die Höhe h; sie kann beispielsweise längs der Koordinatenlinie u3 gezählt werden. Die Koordinaten (u1, u2, u3=h) können in umkehrbar eindeutiger Weise in >recht-winklig-kartesische Koordinaten (x1, x2, x3) umgerechnet werden. Höhensysteme können in geometrische und physikalische Höhensysteme eingeteilt werden: Man spricht von >geometrischen Höhen, wenn die Figur der Erde durch eine rein geomet-risch definierte Fläche, beispielsweise ein Rotationsellipsoid angenähert wird. Zur Lagebestimmung können ellipsoidische Koordinaten B=u1 (ellipsoidische Breite) und L=u2 (ellipsoidische Länge) verwendet werden. Die u3-Linien sind in diesem Fall ebene gekrümmte Linien. Wegen der Krümmung der u3-Koordinatenlinien sind die Maßstäbe i.a. von der Lage des Punktes abhängig. Zwei benachbarte Isoskalarflächen sind damit nicht parallel. Deshalb zieht man eine andere Definition geometrischer Höhen vor: Man mißt die Höhen längs der geradlinigen Lote auf die Bezugsfläche. Man spricht in diesem Fall von >Flächennormalenkoordinaten. Häufig verwendete Flächennormalenkoordinaten erhält man, wenn als Koordinatenfläche ein >Rotationsellipsoid gewählt wird. Die Höhen entlang des Ellipsoidlotes werden als >ellipsoidische Höhen bezeichnet. Unabhängig von der Lage des Lotes wird derselbe Maßstab verwendet. Benachbarte (parallele) Flächen gleicher ellipsoidi-scher Höhen sind in diesem Fall keine Rotationsellipsoide. Man spricht von >physikalischen Höhen, wenn die räumlichen Koordinaten physikalisch definiert sind. Beispielsweise kann das >Geoid (Äquipotentialfläche des Schwerefeldes mit einem Potentialwert W0) als Bezugsfläche verwendet werden. Das Schwerefeld bestimmt die innere und äußere Geometrie der Koordinatenfläche. Zur zweidimensionalen Lagebestimmung dienen die lokalen >astronomischen Koordinaten auf dem Geoid, u1=Phi und u2=Lambda. Die u3-Linien sind die Orthogonaltrajektorien des Geoides (>Lotlinien des Schwerefeldes). Als Höhenkoordinate eines Punktes mit dem Schwerepotential W wird die Potentialdifferenz C=W0-W verwendet (>geopo-tentielle Kote). Die Äquipotentialfläche durch den Bezugspunkt P0 mit dem Potentialwert W0 definiert das >Vertikaldatum. Die geopotentielle Kote kann nicht durch ein eindeutiges metrisches Maß charakterisiert werden, da die Äquipotentialflächen des Schwerefeldes i.a. nicht parallel sind. Ein Zugeständnis an die Anforderungen der Nutzer von Höhen ist die Einführung eines metrischen Maßes für die Höhe, abgeleitet aus den geopotentiellen Koten C. Man spricht in diesem Fall von physika-lisch definierten >metrischen Höhen. Sie werden aus den geopotentiellen Koten C unter Verwendung eines nach gewissen Gesichtspunkten gewählten Schwerewertes g abgeleitet, H=C/g. Abhängig von der Wahl des definierenden Schwerewertes g unterscheidet man zwischen >dynamischen Höhen, >orthometrischen Höhen und >Normalhöhen.

Höhere Geodäsie - Higher geodesy Methodische Begriffsbildung der >Geodäsie nach F. R. Helmert (1880). Sie erfolgte analog zu dem früher gebräuchlichen Begriff "höhere Geometrie" zur Unterscheidung von der >niederen Geodäsie. "Höhere" umfaßte die geometrischen bzw. geodätischen Theorien der Kurven und gekrümmten Flächen, in der Geodäsie also die Benutzung der Erdmodelle Kugel, >Ellipsoid bzw. >Sphäroid als Bezugsflächen für Rechnung und Abbildung. Weil den beiden Begriffen im Laufe der Zeit Wertungen im Sinne von schwierig-einfach oder bedeutend-unbedeutend unterstellt wurden, werden sie heute nur noch selten angewandt.

Horizont - Horizon Ebene, senkrecht zur Lotlinie in einem Punkt. Ist die Lotlinie die topozentrische Lotrichtung, so erhält man den >astronomi-schen Horizont. Im Falle der Ellipsoidnormalen ergibt sich der >geodätische Horizont.

Horizontaler Schweregradient - Horizontal gravity gradient >Schweregradient in horizontaler Richtung.

Horizontalkoordinaten - Horizontal coordinates Sphärische Koordinaten Azimut und Höhenwinkel in einem Horizontalsystem.

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Horizontalparallaxe - Horizontal parallax Die Horizontalkomponente des Richtungsunterschiedes zu einem Objekt, einerseits gemessen von einem >Topozentrum und andererseits vom >Geozentrum aus.

Horizontalsystem (Azimutsystem) - Horizon system of coordinates System sphärischer Koordinaten mit dem scheinbaren Horizont als Grundkreis und dem astronomischen Meridian als Null-kreis.

Horizontdepression (Kimmtiefe) - Depression of the horizon Winkel zwischen dem scheinbaren Horizont und der Kimm (< Horizontkorrektion).

Horizontebene - Horizontal plane >Horizont.

Horizontkorrektion - Horizontal correction Verbesserung der über der Kimm gemessenen Gestirnshöhe um den Betrag der Horizontdepression.

Horrebow-Talcott-Methode - Horrebow-Talcott-Method Methode der >astronomischen Breitenbestimmung.

Hydrodynamisches Nivellement - Hydrodynamic levelling Verfahren zur Bestimmung von Neigungen des Meeresspiegels durch Umkehrung der geostrophischen Gleichung: 2w sin(phi) v = g tan(i), w: Winkelgeschwindigkeit der Erde, g: Schwerebeschleunigung, phi: geographische Breite, v: Strö-mungsgeschwindigkeit, i: Neigungswinkel des aktuellen Meeresspiegels relativ zu eine >Äquipotentialfläche. Die Gleichung wird in der Regel eingesetzt, um aus bekannten Neigungen die Strömungsgeschwindigkeit zu berechnen. Bei Kenntnis der Strömungsgeschwindigkeit v kann aber umgekehrt über den Neigungswinkel i auf die Höhendifferenz benachbarter Punkte geschlossen werden. Das Verfahren dient vor allem zur Höhenübertragung im ozeanischen Flachwasser, wo das >hydrostati-sche Nivellement wegen der fehlenden >level-of-no-motion versagt.

Hydrostatisches Nivellement (Sterisches Nivellement) - Hydrostatic levelling (steric levelling) Verfahren zur Bestimmung von Wasserstandsdifferenzen mit Hilfe der hydrostatische Gleichung: rho dp = - g dz, p: hydro-statischer Druck, g: Schwerebeschleunigung, z: Meerestiefe, rho: Wasserdichte. Die Integration dieser Gleichung vom Mee-resspiegel bis zu einer isobaren Wasserschicht liefert mit Kenntnis des spezifischen Volumens eine >dynamische Höhe. In der Regel werden nur die Abweichungen des spezifischen Volumens von einem Standard-Ozean betrachtet. Dynamische Höhen benachbarter Punkte können verglichen werden, wenn sie sich auf dieselbe Fläche, die sog. >level-of-no-motion beziehen.

IAG >Internationale Assoziation für Geodäsie; eine der Assoziationen der >IUGG.

IAGBN (International Absolute Gravity Basestation Network) Globales >Schwerereferenznetz absoluter Schwerestationen.

IAU >Internationale Astronomische Union.

ICRF IERS Celestial Reference Frame, >vereinbarter raumfester Bezugsrahmen, der vom >Internationalen Erdrotationsdienst (IERS) festgelegt wird. Der Ursprung des ICRF fällt mit dem >Baryzentrum des Sonnensystems, dem Heliozentrum, zu-sammen und die Achsrichtungen sind über extragalaktische >Radioquellen definiert.

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ICRS IERS Celestial Reference System, raumfestes >Bezugssystem, das vom >Internationalen Erdrotationsdienst (IERS) definiert wird.

Ideales Bezugssystems - Ideal reference system Ideales Konzept eines >Bezugssystems.

IERS - IERS (International Service for Earth Rotation and Reference Systems) Internationaler Dienst zur Definition und Realisierung von >Bezugssystemen und >Bezugsrahmen für Geodäsie und Astro-nomie sowie der >Erdrotationsparameter und deren Verbreitung. Laut den Statuten ist der IERS zuständig: - für die Definition und Aufrechterhaltung des raumfesten Internationalen Zälestischen Bezugssystems ICRS (International Celestial Reference System), dessen >Bezugsrahmen >ICRF (International Celestial Reference Frame) durch die Positionen extragalaktischer >Radioquellen festgelegt wird; - für die Definition und Aufrechterhaltung des Internationalen Terrestrischen Bezugssystems >ITRS (International Terrestrial Reference System); dessen >Bezugsrahmen >ITRF (International Terrestrial Reference Frame) durch die dreidimensionalen Koordinaten einer Anzahl von monumentierten Punkten auf der Erdoberfläche in einem >globalen geozentrischen Koordina-tensystem gegeben ist; - für die regelmäßige Bestimmung der >Erdrotationsparameter, die für die Transformation zwischen dem raumfesten und dem terrestrischen Bezugssystem erforderlich sind. Vom IERS werden die Ergebnisse der verschiedenen >geodätischen Weltraumverfahren (>VLBI, >SLR, >LLR, >GPS u.a.) zu einer Gesamtlösung verknüpft; - für die Organisation von internationalen Beobachtungs- und Auswerteaktivitäten, für die Sammlung und Archivierung der entsprechenden Daten und Ergebnisse und für deren Weitergabe an die vielen, weltweit verteilten Nutzer. Der IERS hat zum 01. Januar 1988 als gemeinsame Einrichtung der >IAU und der >IUGG seinen Betrieb aufgenommen und dadurch den >IPMS und das >BIH abgelöst. Er besteht u.a. aus einem Zentralbüro, den Koordinierungszentren der einzelnen geodätischen Weltraumverfahren und einem Koordinierungszentrum für die Sammlung von Daten über geophysikalische Einflüsse auf die Erdrotation (Monitoring Global Geophysical Fluids, MGGF). Hierbei handelt es sich um atmosphärische und ozeanische Veränderungen, hydrologische Einflüsse wie >Grundwasserschwankungen, Vorgänge im Erdinneren, >Erdbeben und andere Effekte, die zu Veränderungen des Rotationsverhaltens der Erde führen. Das Zentralbüro des IERS war zu Beginn seiner Tätigkeit am Astronomischen Observatorium in Paris (Observatoire de Paris) angesiedelt und befindet sich seit dem 1.1.2001 beim >BKG. Der IERS gibt neben den regelmäßigen Veröffentlichungen der Erdrotationsparameter auch Richtlinien heraus (>IERS Conventions), in denen die Modelle angegeben bzw. empfohlen werden, die bei der Datenauswertung der geodäti-schen Raumverfahren verwendet werden sollen.

IERS Bezugsmeridian (IRM) - IERS Reference Meridian (IRM) Bezugsmeridian zur Definition der x-Achse des ITRF, festgelegt durch den Internationalen Erdrotationsdienst >IERS (IERS Reference Meridian IRM). Der IRM ist durch die Längenzuordnungen der Referenzstationen definiert. Der IRM stimmt mit den entsprechenden Richtungen des BIH Terrestrial Systems (BTS) 1984,0 im Rahmen der damals realisierbaren Genauig-keit überein.

IERS Bezugspol (IRP) - IERS Reference Pole (IRP) Bezugspol zur Definition der z-Achse des ITRF (mittlere >Rotationsachse der Erde), festgelegt durch den Internationalen Erdrotationsdienst >IERS (IERS Reference Pole IRP). Der IRP stimmt mit der entsprechenden Richtung des BIH Terrestrial Systems (BTS) 1984,0 innerhalb der damals realisierbaren Genauigkeit überein. Der Bezugspol des BIH (BIH Reference Pole) wurde dem CIO (Conventional International Origin CIO) 1967 angeglichen.

IERS Conventions Empfehlungen für die Auswertung von Beobachtungen, die mit >geodätischen Raumverfahren (>VLBI, >SLR, >LLR, \GPS u.a.) durchgeführt wurden. Die IERS Conventions (früher IERS Standards) enthalten geophysikalische Modelle, die in die Auswertung eingehen, aber auch astronomische und geodätische Konstanten und Rechengrößen. Die IERS Conventions werden in regelmäßigen Abständen vom IERS herausgegeben.

IERS Standards Veraltete Bezeichnung für >IERS Conventions.

IGS >International GPS Geodynamics Service

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IGSN71 (International Gravity Standardization Network 1971) Globales >Schwerereferenznetz ab 1971. Nachfolger des >Potsdamer Schweresystems. Es wurde berechnet aus 10 Absolut-, 1200 (relativen) Pendelmessungen und 12000 Federgravimetermessungen auf 1854 Punkten. Seine Bedeutung liegt u.a. in der weiten Überdeckung - allerdings damals ohne "Ostblock" - und der für die meisten Zwecke ausreichenden Homogenität (Fehler < 1 mikro m/s2); die Bedeutung schwindet u.a. durch Punktverlust und wachsende Verfügbarkeit neuerer Absolut-schweremessungen.

ILRS (International Laser Ranging Service) Internationaler Dienst zur Koordinierung der Aktivitäten auf dem Gebiet der >Laserentfernungsmessungen zu Satelliten und zum Mond. Es ist ein Dienst im Rahmen der Internationalen Assoziation für Geodäsie (>IAG). Er arbeitet eng mit dem >IERS zusammen.

ILS (Internationaler Breitendienst) - ILS (International Latitude Service) Der International Latitude Service wurde 1899 als wissenschaftlicher Dienst von der International Commission for Geodesy (ICG) zur regelmäßigen Messung der Polbewegung eingerichtet. Durch regelmäßige astronomische Beobachtungen der Breite (>astronomische Koordinaten) wurde deren Variation bestimmt und daraus die >Polbewegung abgeleitet. Beteiligt waren Stationen, die alle in ungefähr 39°08' nördlicher Breite liegen und möglichst gleichmäßig um die Erde verteilt sind (Mizusawa, Japan; Kitab, Usbekistan; Carloforte, Italien; Gaithersburg, Maryland/U.S.A. und Ukiah, Kalifornien/U.S.A.). Die Aufgaben des ILS wurden ab 1962 vom >IPMS übernommen.

Impulslaser Impulslaser werden in >Laserentfernungsmeßsystemen eingesetzt. Sie erzeugen monochrome Impulse mit einer Impulsdauer von wenigen Pikosekunden aber hoher Impulsenergie. Die ersten Impulslaser waren Rubin-Laser, heute werden vorwiegend Nd:YAG -Laser aber auch Titan-Saphir-Laser eingesetzt. Zur Laserentfernungsmessung werden monochrome Impulse ge-nutzt, die der Impulslaser auf seiner Grundwellenlänge oder auf seiner 2. harmonischen Wellenlänge (halbe Wellenlänge der Grundfrequenz) liefert. Die Wellenlänge des Rubinlasers ist 694nm(rot), die Wellenlängen des Nd:Yag Lasers betragen 1064nm(infrarot) und 532nm (grün, 2. harmonische), die des Titan-Saphir Laser sind 848nm (infrarot) und 424nm (blau, 2. harmonische).

Indirekter Effekt - Indirect effect Abstand zwischen >Geoid und >Cogeoid, resultierend aus der topographisch/isostatischen Reduktion der Schwere.

Inertialsystem - Inertial system >Bezugssystem, in dem die Newtonschen Axiome: Wirkt auf einen Massenpunkt mit der trägen Masse m und der Geschwin-digkeit v eine Kraft K, so bewegt sich der Massenpunkt gemäß dem Bewegungsgesetz: dp/dt=K, wobei p=m v der lineare Impuls des Massenpunktes bedeutet. Damit bleibt ein kräftefreies Teilchen in Ruhe oder in gleichförmig-geradliniger Bewe-gung. Das Inertialsystem und die in einem Inertialsystem ablaufende Zeit (Inertialzeit) bilden das ideale Bezugssystem der >Newtonschen Raumzeit. Denkt man sich die Geschwindigkeiten der Sterne über einen langen Zeitraum gemittelt, so stellt der Fixsternhimmel in sehr guter Approximation ein Inertialsystem dar.

Inertialzeit - Inertial time Die in einem Inertialsystem ablaufende Zeit.

Ingenieurgeodäsie (Ingenieurvermessung) Zu den Ingenieur- bzw. Technikwissenschaften zählendes großes Aufgabenfeld der >Geodäsie. Dabei werden insbesondere bei Bauvorhaben die geodätischen Vermessungen zur Planung, Absteckung und Baukonstrolle sowie zur weiteren Kontrolle der Standfestigkeit vorgenommen, so im Hoch- und Tiefbau, Verkehrswegebau, in der Wasserwirtschaft und weiteren Indust-rie- und Wirtschaftszweigen.

Ingenieurvermessung >Ingenieurgeodäsie

Inklination - Inclination >Magnetische Inklination; Bezeichnung für die Bahnneigung eines Satelliten (>Keplersche Bahnelemente).

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Inklinationswinkel - Angle of inclination (angle of dip) >magnetische Inklination

Innere Geodäsie - Intrinsic geodesy >Geodesia Intrinseca.

Integrierte Geodäsie - Integrated Geodesy Hybride methodische Richtung der >Geodäsie. Sie entstand mit der Nutzung künstlicher Erdsatelliten (>Satellitengeodäsie) und anderer >geodätischer Raumverfahren etwa ab 1975 beim Übergang von der sog. >zwei- + eindimensionalen zur sog. >dreidimensionalen Geodäsie (>mehrdimensionale Geodäsie). In einer Übergangszeit gewisser Ratlosigkeit hatte sie das eher programmatisch zu bewertende Ziel, die neuartigen raumgeometrischen Meßdaten und die hergebrachten erdschwerefeldbe-zogenen möglichst optimal gemeinsam zu Erkenntnissen über Erdoberfläche und Erdschwerefeld zu verarbeiten; diese Phase ist inzwischen vorbei.

Integrierte Navigation - Integrated navigation (Echtzeit-) Positionsbestimmung eines Verkehrsmittels und Führung, hier insbesondere Positionsbestimmung, durch Kombi-nation der Beobachtungen verschiedener Sensoren und evtl. Daten in einem Rechner. Vorteile der Integration sind z.B. bes-sere Ausfallsicherheit, höhere Genauigkeit, Komplementarität verschiedener Sensoreigenschaften, z.B. der Fehlercharakteris-tik, allgemeine Synergieeffekte. Erforderlich sind Homogenisierung und Synchronisierung der Signale sowie ein einheitli-ches Auswertemodell. Beispiele sind die >GPS-INS-Integration (INS >Trägheitsnavigationssystem) und die >Fahrzeugnavi-gation.

Interferenz - Interference Überlagerung kohärenter Signale. Sie führt je nach relativer Phasenlage zu einer Verstärkung oder Abschwächung des Aus-gangssignals. Die Kohärenz einer Strahlung ist Bedingung für die Intereferenz und bedeutet gleiche Wellenlänge, gleiche Polarisation und feste Phasenlage zueinander. Intereferenz tritt bei Materie-Wellen, akustischen, elastischen und bei elektro-magnetischen Wellen, wie z.B. Licht auf. Lärm kann durch den Einsatz von Interferenzverfahren reduziert oder sogar elemi-niert werden. Wegen der Quanteneigenschaften des Lichtes kann dieses nur dann Interferenzerscheinungen zeigen, wenn es von einer einzigen Lichtquelle stammt, geteilt und auf zwei verschiedenen Wegen wieder zusammengeführt wird. Im Ex-tremfall löscht ein Lichtbündel das andere aus.

Interferometer Messaufbau zur Zusammenführung zweier kohärenter Wellenerscheinungen nach Durchlaufen verschieden langer Wege. Je nach relativer Phasenlage führt die Überlagerung der Signale zu einer Verstärkung oder Abschwächung des Ausgangssignals. Versetzt man die Signalquellen in relative Bewegungen zum Interferometer oder das Interferometer relativ zu den Signal-quellen, so durchläuft das Ausgangssignal Maxima und Minima, so dass sich die Interferometerphase bestimmen lässt. Bei der >Radiointerferometrie mit >Radioteleskopen macht man sich die Tatsache zunutze, dass die Rotation der Erde die relati-ve Bewegung der Empfangseinrichtungen erzeugt. Interferometer werden in der >Radiointerferometrie genutzt, um die Emp-findlichkeit astronomischer Beobachtungen zu steigern. Dabei werden die mit den Radioteleskopen empfangenen Signale entweder mit direkter Kabelverbindung oder, wo die Entfernungen zu groß sind, nach Zwischenspeicherung auf Magnetbän-dern zusammengeführt. In der >Geodäsie werden Radio- Interferometer eingesetzt, um große Entfernungen und geophysika-lische Vorgänge zu messen (>Radiointerferometrie). Mit Labor-Interferometer werden kurze Strecken mit extremer Genau-igkeit gemessen.

International GPS Geodynamics Service (IGS) Dienst der >Internationalen Assoziation für Geodäsie (IAG) zur Bereitstellung von präzisen >GPS-Bahnen und anderen auf GPS-Beobachtungen beruhenden Produkten für geowissenschaftliche Arbeiten. IGS ist ein anerkannter Dienst der Federation of Astronomical and Geophysical Data Analysis Services (FAGS). Das IGS-Netz besteht aus etwa 200 (Stand Ende 1997) global verteilten Stationen, die kontinuierlich mit hochwertigen Zweifrequenzempfängern alle GPS Satelliten beobachten und die Daten über Datenleitungen an zentrale Datenzentren weiterleiten. Daten und Produkte sind über Internet zugänglich. Wichtigstes IGS Produkt sind präzise GPS-Bahnen, die auf der Grundlage von Berechnungen in mehreren Analysezentren nachträglich bestimmt werden. Die endgültigen Bahnen haben eine Genauigkeit von besser als 10 cm. Prädizierte Bahnen stehen mit deutlich geringerer Genauigkeit zur Verfügung. Weitere wichtige Ergebnisse sind präzise geozentrische Koordina-ten der Beobachtungsstationen als Beitrag zur Realisierung des Internationalen Terrestrischen Referenzsystems (>ITRF) sowie die Bestimmung der Polkoordinaten und der Tageslänge als Beitrag zum >Internationalen Erdrotationsdienst (IERS).

International VLBI Service for Geodesy and Astrometry (IVS) Weltweite Organisation zur Durchführung geodätischer und astrometrischer >VLBI-Messungen sowie zur Veröffentlichung

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von Ergebnissen. Zu diesen gehören Referenzkataloge der >Radioquellen, Beiträge zum internationalen terrestrischen Refe-renzsystem und hochgenaue >Erdrotationsparameter.

Internationale Assoziation für Geodäsie (IAG) - International Association of Geodesy (IAG) Internationale wissenschaftliche Vereinigung innerhalb der >Internationalen Union für Geodäsie und Geophysik (IUGG) mit etwa 80 Mitgliedsländern. Sie wird von einem auf vier Jahre gewählten Präsidenten geleitet und gliedert sich in fünf Sektio-nen: I: Positionierung, II: Moderne Raumverfahren, III: Schwerefeldbestimmung, IV: Theorie und Methodologie, V: Geody-namik. Ab 2003 wurde die Struktur auf projektorientierte Bereiche umgestellt. Für ausgewählte Forschungsthemen gibt es wissenschaftliche Kommissionen, außerdem betreibt die IAG Dienste (Services) für die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft (z.B. >Internationaler Erdrotationsdienst, IERS, >Internationaler GPS Dienst, IGS). Die IAG führt alle vier Jahre im Rahmen der IUGG-Generalversammlungen wissenschaftliche (auch interdisziplinäre) Symposien und in der Mitte dieser Periode eine wissenschaftliche Versammlung mit geodätischen Themen durch.

Internationale Astronomische Union (IAU) - International Astronomial Union (IAU) Internationale wissenschaftliche Vereinigung mit etwa 60 Mitgliedsländern, die von einem Präsidenten geleitet wird und in 11 wissenschaftliche Divisionen sowie 40 Kommissionen gegliedert ist. Die IAU führt alle drei Jahre Generalversammlungen mit wissenschaftlichen Symposien durch.

Internationale Atomzeit (TAI) - International Atomic Time (TAI) >TAI.

Internationale Polbewegungsmessungen - International polar motion measurements Systematische Beobachtungen zur Messung der Polbewegung. Erstmals organisiert wurden sie von der Internationalen Kommission für Geodäsie (International Commission for Geodesy, ICG), auf deren Initiative ab Januar 1889 in Berlin, Pots-dam und Prag gleichzeitig Breitenbeobachtungen durchgeführt wurden. Die endgültige Bestätigung der Existenz von Pol-schwankungen brachten im Jahr 1891 Breitenmessungen in Honolulu, dessen Länge um ungefähr 180° von den europäischen Stationen verschieden ist. Man erhielt in Honolulu dieselben Breitenvariationen wie in Europa, allerdings mit entgegenge-setztem Vorzeichen. Dies war der Beweis, daß die gemessenen Breitenvariationen auf eine Bewegung des Pols und nicht auf lokale Effekte zurückzuführen sind. Als Folge dieser ersten Polbewegungsmessungen wurde der >International Latitude Service (ILS) eingerichtet. Ab 1962 wurden die >Polkoordinaten vom >International Polar Motion Service (IPMS) und dem >Bureau International de l’Heure (BIH) bestimmt und veröffentlicht. Diese beiden Einrichtungen mündeten am 01. Januar 1988 in den >International Earth Rotation Service (IERS) ein. Während die Polbewegungsmessungen über viele Jahrzehnte mit astronomischen Methoden erfolgten, werden sie heute beinahe ausschließlich mit modernen >geodätischen Raumverfah-ren (>VLBI, >SLR, >LLR, >GPS u.a. ) durchgeführt.

Internationale Union für Geodäsie und Geophysik (IUGG) - International Union of Geodesy and Geophsics (IUGG) Internationale wissenschaftliche Vereinigung mit etwa 80 Mitgliedsländern, die 1919 gegründet wurde und in sieben Assozi-ationen gegliedert ist: >Internationale Assoziation für Geodäsie (IAG), Internationale Assoziation für Geomagnetismus und Aeronomy (IAGA), Internationale Assoziation für hydrologische Wissenschaften (IAHS), Internationale Assoziation für Meteorology und atmosphärische Wissenschaften (IAMAS), Internationale Assoziation für Seismologie und Physik des Erdinnern (IASPEI), Internationale Assoziation für physikalische Wissenschaften der Ozeane (IAPSO) und Internationale Assoziation für Vulkanologie und Chemie des Erdinnern (IAVCEI). Die IUGG wird von einem auf vier Jahre gewählten Präsidenten geleitet. Sie führt alle vier Jahre eine Generalversammlung mit mehreren wissenschaftlichen Symposien durch.

Internationaler Breitendienst - International Latitude Service >ILS.

Internationaler Erdrotationsdienst - International Earth Rotation Service >IERS.

Internationaler GPS Dienst - International GPS Service > International GPS Geodynamics Service (IGS).

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Internationaler Zeitdienst (BIH) - International time service (BIH) Internationaler Zeitdienst mit Sitz in Paris; später in Bureau International de l'Heure (BIH) umbenannt. Er legt die >Zeitska-len, inbesondere die internationale Atomzeitskala >TAI (Temps Atomique International) fest. 1988 wurde der Dienst in den >Internationalen Erdrotationsdienst überführt.

Internationales Ellipsoid (Hayford-Ellipsoid) -International ellipsoid (Hayford ellipsoid) Von Hayford 1909 mittels einer >translativen Lotabweichungsausgleichung bestimmtes >Referenzellipsoid; deshalb zuwei-len auch als Hayford-Ellipsoid bezeichnet. Die große Halbachse des Ellipsoides beträgt 6378388m, die reziproke Abplattung 297,0 (>Rotationsellipsoid). Das Referenzellipsoid von Hayford wurde auf der II. Vollversammlung der IUGG 1924 in Mad-rid als Internationales Ellipsoid eingeführt. Es wurde zahlreichen Landesvermessungen zugrunde gelegt und als Bezugsfläche für das Europäische Dreiecksnetz verwendet.

Internationales Gravimetrisches Bureau (BGI - Bureau Gravimetrique International) - International gravity service (BGI) Institution der >Internationalen Assoziation für Geodäsie (IAG) mit Sitz in Toulouse, Frankreich, die weltweit gemessene >Schwerewerte der Erde sammelt, archiviert, verarbeitet und für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung stellt.

Invariable Ebene - Invariable plane Ebene durch das Massenzentrum des Sonnensystems; die Lage der Ebene ist durch den Drehmomentvektor des Sonnensys-tems festgelegt und steht senkrecht auf der invariablen Ebene.

Inverser Barometereffekt - Inverse Barometer effect Der Meeresspiegel tendiert dazu, Luftdruckschwankungen hydrostatisch auszugleichen, d.h. er hebt (senkt) sich, wenn der Luftdruck abnimmt (zunimmt). Dieser barometrische Effekt wird mit etwa -10mm/hP abgeschätzt. Allerdings ist umstritten, ob dieser Effekt unmittelbar eintritt oder ob der Meeresspiegels auf Anregungen durch atmosphärischen Druck (wie auf andere Anregungen, z.B. durch Winddruck) dynamisch reagiert.

Inverses Problem der Gravimetrie - Inverse problem of gravimetry Bestimmung der Dichteverteilung (>Massendichte) im Erdkörper aus Schweremessungen auf und im Außenraum der Erd-oberfläche: Da nur harmonische Anteile der Dichtefunktion zu Wirkungen im äußeren Schwerefeld der Erde führen, die nichtharmonischen Anteile aus Messungen im Außenraum jedoch nicht aufgedeckt werden können, besitzt das inverse Prob-lem keine eindeutige Lösung.

Ionosphäre - Ionosphere Elektrisch geladener Teil der Atmosphäre, der zwischen ca. 50 und einige Tausend km Höhe liegt. Die maximale Elektro-nendichte wird in einer Höhe von ca. 250 - 500 km erreicht. Der Grad der elektrischen Ladung hängt von der Höhe und von der Intensität der Sonneneinstrahlung ab. Die Ionisationsdichte hat daher eine starke tages- und jahreszeitliche Abhängigkeit, die außerdem von einer ca. 11-jährigen Periode überlagert wird, deren Ursache der Wechsel der Sonnenfleckentätigkeit ist. Der Ionisationsgrad und damit die Dichte der freien Elektronen hat eine große Bedeutung insbesondere bei der >ionosphäri-schen Refraktion elektromagnetischer Wellen z.B. bei geodätischen Messverfahren mit dem Satellitensystem >GPS oder der >Radiointerferometrie.

Ionosphärische Refraktion - Ionospheric refraction Refraktionseffekte durch elektrische Ladungen in der Atmosphäre, die sich insbesondere auf sich innerhalb oder durch die >Ionosphäre bewegende elektromagnetische Signale auswirkt. Bei elektromagnetischen Wellen tritt in der Ionosphäre >Dis-persion auf. Das für die Refraktion maßgebliche Profil der >Brechungsindizes ist abhängig von der Beobachtungsfrequenz, dem Erdmagnetfeld und der Plasmafrequenz, die wiederum von der Elektronendichte abhängt. Die Phasenausbreitung wird durch die i.R. beschleunigt. Bei der Ausbreitung einer Wellengruppe, die durch Überlagerung mehrerer Wellenzüge mit verschiedenen Frequenzen entsteht, tritt eine Verzögerung ein, da der Brechungsindex größer als 1 ist. Wegen der Dispersion bei elektromagnetischen Wellen kann die i. R. mit Hilfe von Beobachtungen auf zwei weit voneinander entfernten Frequenz-bändern korrigiert werden.

IPMS (Internationaler Poldienst, Internationaler Breitendienst) - IPMS (International Polar Motion Service) Ehemaliger internationaler wissenschaftlicher Dienst, angesiedelt am Astronomischen Observatorium in Mizusawa, Japan. Der IPMS hat von 1962 bis 1987 die Polbewegung aus astronomischen Beobachtungen ermittelt, die an über 50 weltweit verteilten Stationen durchgeführt wurden. Darin integriert und fortgeführt vom IPMS war auch die auf nur fünf Stationen basierende Reihe des >ILS. Die Aufgaben des IPMS wurden 1988 vom Internationalen Erdrotationsdienst (IERS) übernom-

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men.

IRM IERS Reference Meridian; mittlere Merdianebene von Greenwich, definiert durch den Internationalen Erdrotationsdienst >IERS.

IRP IERS Reference Pol; mittlere Richtung des Erdrotationspols, definiert durch den Internationalen Erdrotationsdienst >IERS. Der IRP ist konsistent mit dem >CTP des BTS (BIH Terrestrial Systems) mit einer Genauigkeit von 0,005", bzw. dem CIO mit einer Genauigkeit von 0,03". Der IRP legt die z-Achse des IERS Terrestrial Reference Frames >ITRF fest.

Irradiation - Irradiation Optischer Kontrasteffekt, der zur Folge hat, daß helle Objekte gegen einen dunklen Hintergrund größer erscheinen als sie wirklich sind.

Isoanomale - Isanomal Verbindungslinie von Punkten gleicher Anomalie.

Isobare - Isobar Verbindungslinie von Punkten gleichen Luftdrucks.

Isogamme - Isogal Verbindungslinie von Punkten gleicher Schwerebeschleunigung.

Isogone - Isogonal (isogonic line) Verbindungslinie von Punkten gleicher magnetischer Deklination.

Isokline - Isoclinal (isoclinic line) Verbindungslinie von Punkten gleicher magnetischer Inklination.

Isometrische Abbildung - Isometric projection Konforme Abbildung einer Fläche auf eine andere Fläche, bei der die Längen von einander zugeordneten Strecken überall erhalten bleiben (>Gaußsche Koordinaten).

Isometrische Breite - Isometric latitude Ein von der geodätischen Breite abhängender und im Zusammenhang mit der geodätischen Länge isothermer Ellipsoidpara-meter.

Isometrische Koordinaten - Isometric coordinates >Gaußsche Koordinaten (isotherme Koordinaten).

Isostasie - Isostasy Zustand des hydrostatischen Gleichgewichts der Erdkruste bzw. Lithosphäre. Massenüberschüsse infolge der Topographie im kontinentalen Bereich bzw. Massendefizite im ozeanischen Bereich werden jeweils durch Kompensationsmassen ausgegli-chen. Das Phänomen der Isostasie wurde erstmals 1749 von P. Bouguer entdeckt, dem auffiel, dass die Massenanziehung der Anden deutlich kleiner als erwartet war. Bestätigt wurde diese Beobachtung im Rahmen der Kolonialvermessung in Indien (1800-1870): Die Auswirkungen der Massen des Himalaya auf die >Lotabweichung war wesentlich geringer als aus den sichtbaren Massen berechnet. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden verschiedene >Isostasiemodelle zur Beschreibung und Erklärung des Phänomens eingeführt. Die Bezeichnung "Isostasie" stammt von C.E. Dutton (1889).

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Isostasiemodell nach Airy-Heiskanen - Isostasy model due to Airy-Heiskanen >Isostasiemodell; Entsprechend dem von G.B. Airy (1855) postulierten, von W.A. Heiskanen 1920-1940 weiterentwickelten Isostasiemodell "schwimmt" die Erdkruste - vergleichbar mit einem Eisberg - auf flüssiger Lava mit höherer Dichte und taucht umso tiefer in den darunter liegenden Erdmantel ein, je höher die topographischen Erhebungen sind. Das Airy-Heiskanen-Modell geht von einer konstanten Dichte r0 (oft r0 = 2670 kg/m3) der Erdkruste und einer ebenfalls konstanten Dichte rM (oft rM = 3270 kg/m3) des Erdmantels aus. Unter der Annahme eines Schwimmgleichgewichts ergeben sich für die nunmehr lateral variierende Tiefe der Ausgleichsfläche, unterhalb der der hydrostatische Druck konstant ist, für den konti-nentalen und ozeanischen Bereich die Bedingungen: d (rM-r0)=r0 H, d' (rM-r0)=(r0-rw) t; (rw Dichte des Meerwassers, t Meeres-tiefe); hieraus kann die Mächtigkeit d der "Gebirgswurzeln" unter den Kontinenten bzw. die Mächtigkeit der "Antiwurzeln" im ozeanischen Bereich und damit die Tiefe der Ausgleichsfläche berechnet werden. Für die Mächtigkeit T der Normalsäule mit der orthometrischen Höhe H=0 (und damit für die normale Dicke der Erdkruste) werden gewöhnlich Werte im Bereich von 25-30 km angenommen. Die aus dem Airy-Heiskanen-Modell resultierenden Ausgleichstiefen stimmen i. allg. recht gut mit der aus seismischen Daten erhaltenen Tiefe der Mohorovicic-Diskontinuität überein.

Isostasiemodell nach Pratt-Hayford - Isostasy model due to Pratt-Hayford >Isostasiemodell; Das von J.H. Pratt 1854/1859 formulierte Isostasiemodell beruht auf der Hypothese, dass sich die Gebirge - vergleichbar mit einem Hefeteig - gehoben haben, so dass die Dichte der Massensäulen umso geringer ist, je höher diese emporgehoben wurden. Unterhalb einer Schicht konstanter Mächtigkeit, der vom Meeresniveau nach unten gemessenen Ausgleichstiefe D, ist die Dichte konstant. Die Normalsäule der >orthometrischen Höhe H=0 besitzt die Dichte r0. Unter der Forderung, dass alle Massensäulen gleichen Querschnitts dieselbe Masse aufweisen und der hydrostatische Druck in der Ausgleichstiefe D konstant ist, lauten die Gleichgewichtsbedingungen für den kontinentalen und den ozeanischen Fall: r(D+H)=r0 D, rw t+r (D-t)=r0 D; (rw Dichte des Meerwasser, t Meerestiefe); hieraus können die Dichten r für die kontinenta-len und ozeanischen Massensäulen in Abhängigkeit von der topographischen Höhe H bzw. der Meerestiefe t berechnet wer-den. Das Prattsche Modell wurde von J.F. Hayford aufgegriffen und für die Ableitung der Dimensionen des Hayford-Ellipsoids benutzt. Die Ausgleichstiefe variiert um den Wert D=100km.

Isostasiemodell nach Vening-Meinesz - Isostasy model due to Vening-Meinesz >Isostasiemodell; Sowohl das Pratt-Hayford - als auch das Airy-Heiskanen-Modell setzen einen streng lokalen Mechanismus der Massenkompensation voraus, welcher die Festigkeit der Erdkruste unberücksichtigt läßt. Probleme gibt es ferner im Bereich der Tiefseegräben, wo z.B. nach dem Modell von Airy-Heiskanen die Ausgleichsfläche oberhalb der Grabensohle liegen müßte. Aus diesen Gründen modifizierte F.A. Vening-Meinesz 1931 die Airysche Theorie durch das Postulat eines regionalen statt lokalen Massenausgleichs, welches realistischere Ergebnisse liefert. Letztlich stellen aber alle diese Modelle die Kompensationsmechanismen im Bereich der Lithosphäre stark simplifiziert dar, zumal ca. 10% der Erde, vorwiegend die Bereiche der jungen Faltengebirge und der Tiefseegräben, sich nicht im isostatischen Gleichgewicht befinden und alle isosta-tischen Modelle dort versagen. Dennoch werden diese weiterhin in der Geodäsie und Geophysik im Sinne von Arbeitshypo-thesen benutzt.

Isostasiemodelle (isostatische Modelle) - Isostasy models Modelle der Massenkompensation in der Lithosphäre, die das Phänomen der >Isostasie näherungsweise beschreiben. Üblich sind das >Isostasiemodell von Pratt-Hayford, das >Isostasiemodell von Airy-Heiskanen und das >Isostasiemodell von Heiskanen – Venig-Meinesz.

Isostatische Anomalie - Isostatic anomaly >Schwereanomalie, bei der für die Reduktion der Schwere von der Erdoberfläche auf das Geoid die Vorstellung zugrunde gelegt wird, dass die topographischen Massen unterhalb des Geoids nach einem >Isostasiemodell neu verteilt werden, so dass sich die Gesamtmasse nach dieser Regularisierung praktisch nicht ändert. Bis auf Gebiete, die sich in starkem isostatischen Ungleichgewicht befinden, sind die isostatischen Anomalien betragsmäßig klein. Sie zeigen einen glatten Verlauf und sind deshalb für die Interpolation von Schwerewerten oder Schwereanomalien sehr gut geeignet. Obwohl von der Konzeption her ideal für die Geoidberechnung geeignet, werden isostatische Anomalien wegen des erheblichen Rechenaufwands nur selten verwendet.

Isostatische Reduktion - Isostatic reduction Änderung der Schwere zufolge eines bestimmten >Isostasiemodells, um einen gemessenen Schwerewert an der Erdoberflä-che auf den zugehörigen Geoidpunkt zu reduzieren.

Isotherme Flächenkoordinaten - Isothermal coordinates >Konforme Flächenkoordinaten, z.B. Gaußsche Koordinaten

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Isozenitale Linie im Raum, welche die Punkte gleicher Lotrichtung verbindet.

ITRF Realisierung eines Vereinbarten Terrestrischen >Bezugsrahmens, festgelegt vom internationalen Erdrotationsdienstes IERS. Dieser Bezugsrahmen wird als IERS erdfester Bezugsrahmen bezeichnet (ITRF - IERS Terrestrial Reference Frame). Die Zahlenwerte dieser Bezugsrahmen werden laufend den neuesten Meßergebnissen angepaßt. Zur Unterscheidung werden die Abkürzungen mit der entsprechenden Jahreszahl versehen, z.B. ITRF2000.

ITRS Realisierung eines Vereinbarten Raumfesten >Bezugsrahmens, festgelegt vom internationalen Erdrotationsdienstes IERS. Dieser Bezugsrahmen wird als IERS raumfester Bezugsrahmen bezeichnet (ICRF - IERS Celstial Reference Frame). Die Zahlenwerte dieser Bezugsrahmen werden laufend den neuesten Meßergebnissen angepaßt. Zur Unterscheidung werden die Abkürzungen mit der entsprechenden Jahreszahl versehen, z.B. ICRF2000.

IUGG >Internationale Union für Geodäsie und Geophysik.

IVS >International VLBI Service for Geodesy and Astrometry.

J1991.25 Julianisches Datum 1991,25; Fundamentalepoche des >Hipparcos-Sternkatalogs.

J2000 Julianisches Datum 2000; Fundamentalepoche des >FK5, entspricht dem 1.1.2000, mittags 12 Uhr.

Jahr - Year Dauer eines Umlaufs der Erde um die Sonne. Man unterscheidet >tropisches Jahr und >siderisches Jahr. Für den täglichen Gebrauch ist das >bürgerliche Jahr von Bedeutung.

Jahreszeiten - Seasons Wegen der Neigung von Ekliptikebene (in der sich die Erde um die Sonne bewegt) und Äquatorebene der Erde um etwa 23 Grad, wird die Erdoberfläche während eines Jahres von der Sonne verschieden stark ausgeleuchtet. Winter, Frühling, Som-mer und Herbst auf der Nordhalbkugel entsprechen dann Sommer, Herbst, Winter und Frühling auf der Südhalbkugel.

Jährliche Aberration - Annual aberration Die durch Umlaufbewegung der Erde um die Sonne verursachte astronomische Aberration, >Aberration.

Jason Nachfolge der Topex/Poseidon - >Altimetermission.

Julianische Epoche - Julian epoque Bezeichnung für einen Zeitpunkt aufgrund der Dauer des >Julianischen Jahres, beginnend bei J1900, dem Anfang des >Juli-anischen Jahres 1900 (entspricht dem bürgerlichen Datum 31.12.1899, 12 Uhr). Zur Kennzeichnung wird der Jahreszahl ein 'J' vorangestellt. Zum Beispiel liegt J2000 genau 100 Julianische Jahre später als J1900: 2 451 545 = 2 415 020 + 100x365,25.

Julianische Tageszahl (JD) - Julian day number (JD) Der ganze Anteil des Julianischen Datums.

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Julianische Tageszählung Von Joseph Justus Scaliger um 1582 vorgeschlagene, fortlaufende Zählung der Tage seit dem 1. Januar 4713 v.Chr. mittags 12 Uhr. Zu Ehren seines Vaters Julius Cesar Scaliger nannte er sie Julianische Tage. Diese Zählweise ist ausgesprochen praktisch für astronomische Zeit- und Zeitdifferenzbestimmungen.

Julianischer Kalender - Julian calender Von Julius Cäsar auf Anraten von Sosigenes eingeführter Kalender, bei dem auf drei Gemeinjahre mit 365 Tagen ein Schalt-jahr mit 366 Tagen folgte. Wenn auch erst ab 8 n.Chr. sauber gehandhabt, werden oft frühere Zeitpunkt nach der gleichen Regel berechnet (proleptischer Julianischer Kalender). Der Julianische Kalender wurde am 15.10.1582 vom >Gregoriani-schen Kalender abgelöst.

Julianisches Datum (JD) - Julian date (JD) Entspricht der >Julianischen Tageszählung.

Julianisches Datum, modifiziert (MJD) - Julian date, modified (MJD) >Modifiziertes Julianisches Datum.

Julianisches Jahr - Julian year Mittlere Dauer eines Jahres nach dem >Julianischen Kalender, umfasst exakt 365,25 Tage. Wird in der modernen Astronomie als Basis für Zeitunterschiede herangezogen.

Kalender - Calendar Hilfsmittel zur Darstellung und Messung des Zeitablaufs. Grundlage bilden Periodizitäten, die von der Bewegung der Erde um die Sonne, des Mondes um die Erde und der Rotation der Erde um die eigene Achse herrühren. Tage, Monate, Jahreszei-ten und Jahre finden sich in den meisten Realisierungen von Kalendern wieder. Heutzutage hat der >Gregorianische Kalender weltweite Bedeutung erlangt.

Kalenderreform - Calendar reform Da das >tropische Jahr keiner ganzen Zahl von Tagen entspricht und der übrig bleibende Tagesbruchteil nicht trivial abge-handelt werden kann, führen die Schaltjahr-Regelungen früher oder später zu Abweichungen des Kalenders vom tatsächli-chen Sonnenlauf. Zu grosse Abweichungen werden durch Kalenderreformen abgefangen. Im Jahre 1582 war die Abwei-chung des Julianischen Kalenders gegenüber dem tatsächlichen Sonnenlauf auf 10 Tage angewachsen, so dass Papst Gregor zur Korrektur auf den 4. Oktober gleich den 15. Oktober folgen liess. Ausserdem führte er eine neue Schaltjahr-Regel ein (>Gregorianischer Kalender).

Kapazitiver Beschleunigungsmesser - Capacitive accelerometer >Beschleunigungsmesser.

Kapazitives Gradiometer - Capacitive gradiometer >Gradiometer.

Kardanische Drehmatrix - Cardan's rotation matrix >Drehmatrix zur Drehung zweier rechtwinkliger Dreibeine mit Hilfe der kardanischen Winkel alpha, beta und gamma. Die Hintereinanderschaltung der Elementardrehungen geschieht in der folgenden Reihenfolge: Zunächst erfolgt eine Drehung um die ursprüngliche x-Achse um den Winkel alpha. Dann folgt eine Drehung um die neu entstandene y-Achse um den Winkel beta. Eine Drehung um die wiederum neu entstandene z-Achse um den Winkel gamma schließt die Gesamtdrehung ab.

Kartesische Koordinaten - Cartesian coordinates Koordinatensatz mit konstanten Maßstäben entlang der Koordinatenlinien. Die Maßstäbe der einzelnen Koordinaten müssen nicht identisch sein. Die Koordinatenlinien sind geradlinig aber nicht notwendigerweise paarweise rechtwinklig. Eine wich-tige Rolle spielen in der Geodäsie die rechtwinklig kartesischen Koordinaten (>Koordinatensystem).

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Katalog-Frühlingspunkt - Catalog equinox Schnittpunkt des >Stundenwinkels der Nullrichtung der >Rektaszension eines Sternkatalogs mit dem >Himmelsäquator; (dynamischer Frühlingspunkt).

Kaula's Näherungsformel für die Gradvarianzen - Kaula's rule of thumb of the degree variances Häufig verwendetes globales Modell der Gradvarianzen, das von Kaula 1959 empirisch gewonnen wurde. Modelle der Grad-varianzen sind bedeutsam bei der Approximation und Prädiktion physikalischer Feldfunktionen, wie beispielsweise des Gravitationspotentials.

Kennziffer eines Gauß-Krüger-Meridianstreifensystems (Kennzahl) Kennzeichnung des Meridianstreifens der >Gauß-Krüger-Koordinaten.

Keplerbewegung - Keplerian motion Bewegung eines punktförmigen Satelliten mit der Masse m um eine kugelsymmetrisch aufgebaute Erde mit der Masse M (m<<M) im >Inertialsystem. Für diese Bewegung gelten die >Kepler-Gesetze.

Keplerelement - Keplerian element >Keplersche Bahnelemente.

Kepler-Gleichung - Kepler’s equation Gleichung, die die >exzentrische Anomalie einer Satellitenbewegung mit der momentanen Zeit bzw. der >mittleren Anoma-lie verknüpft.

Keplersche Bahnelemente - Keplerian orbit elements Die sechs frei wählbaren Integrationskonstanten des Keplerproblems. Die Lage einer elliptischen Keplerbahn kann im raum-festen Koordinatensystem durch die drei Richtungselemente (Bahnneigung, Rektaszension des aufsteigenden Bahnknotens, Argument des Perizentrums) beschrieben werden (Keplersche Bahnelemente der Lage). Zwei Gestaltelement beschreiben die Form der Bahn (große Halbachse, numerische Exzentrizität). Die Perizentrumsdurchgangszeit ist das sechste Bahnelement einer Keplerbahn. Die Bahn eines Masseteilchens in einem beliebigen Kraftfeld kann durch die oskulierenden Bahnelemente angegeben werden. Für gewisse Zwecke sind mittlere Bahnelemente von Bedeutung.

Keplersche Gesetze - Kepler's laws Grundlegende Gesetze zur Beschreibung der Bewegung eines Körpers (z.B. Satellit, Planet) um einen radialsymmetrischen Zentralkörper (z.B. Erde, Sonne), wenn seine Masse im Vergleich zu der des Zentralkörpers als verschwindend klein ange-nommen werden kann (Punktmasse). Die von Kepler für die Planetenbewegung um die Sonne empirisch gefundenen Gesetze lauten, übertragen auf die Bewegung eines Satelliten um die Erde: 1. Satellitenbahnen sind Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Erde (genauer das >Geozentrum) steht. 2. Der Radiusvektor vom Geozentrum zum Satelliten überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. 3. Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Satelliten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Halbachsen der Bahn-ellipsen.

Kimm - Horizon Scheinbarer Horizont, insbesondere auf See.

Kimmtiefe (Horizontdepression) Winkel zwischen dem scheinbaren und dem sichtbaren Horizont (>Kimm); hängt von der Augenhöhe des Beobachters.

Kinematische Bezugssysteme - Kinematic reference systems Kinematisch definierte >Bezugssysteme, zumeist mit Hilfe einer Liste der Koordinaten von Bezugspunkten.

Kinematische Eulersche Kreiselgleichungen - Kinematical Euler’s equation of motion Differentialgleichungssystem zur Transformation der Koordinaten des Drehvektors (der mit Hilfe der > (dynamischen) Eu-lersche Kreiselgleichungen bestimmt wurde) in die Winkelgeschwindigkeiten der >Eulerschen Winkel.

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Kinematische Geodäsie - Kinematic Geodesy Begriffsbildung der Geodäsie, bei der die Erfassung der zeitlichen Veränderung von Positionen und Schwerefeldfunktionalen im Vordergrund steht, ohne nach deren dynamischen Ursachen im Gegensatz zur >dynamischen Geodäsie zu fragen.

Kinematische raumfeste Bezugssysteme - Kinematic space fixed reference systems Kinematisch definierte raumfeste >Bezugssysteme, zumeist mit Hilfe einer Liste der Koordinaten von Fundamentalobjekten des Raumes (Sterne, Quasare)

Kinematisches GPS - Kinematic GPS Im Unterschied zum >statischen GPS alle Meßverfahren, bei denen mit gelösten >Phasenmehrdeutigkeiten genaue Koordina-ten einer bewegten GPS Antenne kontinuierlich bestimmt werden können. Zu unterscheiden sind Methoden mit statischer Initialisierung der Mehrdeutigkeitslösung und Verfahren mit Mehrdeutigkeitslösung während der bewegten Messung (on the fly, OTF; on the way, OTW). Die statische Initialisierung kann durch einen kurzzeitigen Austausch nah benachbarter Anten-nen geschehen (antenna swapping). Danach verbleibt ein Referenzempfänger statisch am Ausgangspunkt, während mit einem zweiten Empfänger die gewünschten Punkte nacheinander durch kurzzeitiges Aufstellen der Antenne bestimmt werden. Hierbei werden die gelösten Mehrdeutigkeiten vom Referenzpunkt auf die neu zu bestimmenden Punkte übertragen. Bei Signalverlusten durch Verdeckungen (>cycle slip) muss ein bereits bestimmter Punkt neu besetzt werden. Beim OTF Verfah-ren werden die Mehrdeutigkeiten mit leistungsfähigen Algorithmen während der Antennenbewegung bestimmt. Bei Signal-verlusten erfolgt sofort eine neue Mehrdeutigkeitslösung. Dadurch ist es möglich, mit hoher Genauigkeit Trajektorien der Antenne koordinatenmässig zu bestimmen. Das Verfahren findet deshalb verbreitete Anwendung auf Fahrzeugen aller Art, auch Schiffen und Flugzeugen. Die erforderliche Dauer der Mehrdeutigkeitslösung hängt von der Entfernung zur Referenz-station, von der Anzahl der verfügbaren Satelliten und von den wirksamen Fehlereinflüssen ab. Unter günstigen Bedingungen ist eine Lösung unmittelbar nach nur einer Messepoche möglich. Wenn die Daten des Referenzempfängers (Code- und Trä-gerphasen) in Echtzeit über eine Datenverbindung zum Nutzerempfänger übertragen werden, können hochgenaue Positionen in Echtzeit bestimmt werden. Dieses Verfahren wird als >Real Time Kinematic (RTK) bezeichnet und hat insbesondere im Vermessungswesen eine starke Verbreitung gefunden. Zahlreiche Gerätehersteller bieten komplette RTK Ausrüstungen an. Die Reichweite ist in der Regel auf wenige Kilometer beschränkt.

Kleine Halbachse (einer Ellipse) - Semi-minor axis (of an ellipse) >Parameter, der neben der >großen Halbachse die Form und Größe einer Ellipse bestimmt.

Kleinkreis - Small circle Die Schnittlinie einer Kugel mit einer nicht durch ihren Mittelpunkt verlaufenden Ebene.

Knoten - Node Schnittpunkte der Bahnebene mit einer Bezugsebene auf der Richtungskugel (>Keplersche Bahnelemente, >aufsteigender Knoten).

Knotenlinie - Line of nodes Schnittlinie der Bahnebene mit einer Bezugsebene; Verbindungslinie der beiden >Knoten.

Kohärente Wellenerscheinungen >Interferenz, >Interferometer.

Kohärente Signale - Koherent signals >Interferenz, >Interferometer.

Kollokation (Kollokation nach kleinsten Quadraten) - Collocation (least squares collocation) Verallgemeinertes Konzept der >Ausgleichungsrechnung auf der Grundlage eines gemischten Modells (>Gauß-Markov-Modell), das sowohl fixe Parameter x als auch stochastische Parameter s (Signale) enthält. Die (linearisierten) Beobach-tungsgleichungen für den Beobachtungsvektor l besitzen in diesem Modell die folgende Form: l=Ax+s+n. Neben s ist auch der Vektor n der Beobachtungsfehler (noise) stochastisch. Das Verhalten von n wird durch eine gegebene Kovarianzmatrix beschrieben, während s durch eine vorgegebene Kovarianzfunktion gesteuert wird. Die Kollokation vereinigt in sich die klassische Ausgleichungsrechnung, die Prädiktion sowie die Filterung gemessener Signale.

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Kondensationsmethode von Helmert - Condensation method due to Helmert Verfahren zur Regularisierung der Erde, bei dem die über dem Meeresniveau liegenden Massen durch eine Flächenbelegung im Meeresniveau oder auf einer Fläche in einer gewissen Tiefe ersetzt werden.

Konforme Abbildung - Conformal mapping Abbildung einer Fläche auf eine andere Fläche, so dass die Winkel zwischen entsprechenden Flächenkurven im Urbild und Abbild beibehalten werden. Aufgrund der Winkeltreue sind Ur- und Abbild im Infinitesimalen ("in kleinsten Teilen") ähn-lich. Die durch das Vergrößerungsverhältnis beschriebenen Abbildungsverzerrungen sind in allen Richtungen identisch. Die Beziehungen zwischen zwei Systemen >Gaußscher Koordinaten auf einer Fläche können formal durch eine konforme Abbil-dung beschrieben werden.

Konforme Koordinaten - Conformal coordinates >Koordinaten, die durch eine >konforme Abbildung hervorgegangen sind; >Gaußsche Koordinaten.

Konjunktion - Conjunction Die Stellung zweier Gestirne, bei der ihre scheinbaren geozentrischen ekliptikalen Längen übereinstimmen, (> Opposition).

Kontinentaldrift - Continental drift Alte Bezeichnung für die Bewegung der Kontinente, die auf die Theorie von Alfred Wegener (1880-1930) zurückgeht, nach der sich die Kontinente mit der Erdkruste auf dem flüssigen Erdmantel bewegen. Wegener lieferte für den Beweis seiner Theorie Argumente aus Geodäsie, Geophysik, Geologie, Paläontologie und Biologie sowie Paläoklimatologie. Einen Schwachpunkt stellte das Fehlen einer plausiblen Antriebskraft für die Bewegungen dar. Die Wegnersche Theorie wurde deshalb zu seinen Lebzeiten von den führenden Geologen weitgehend abgelehnt. Sie kam erneut in die wissenschaftliche Diskussion, als nach dem zweiten Weltkrieg eine intensive Vermessung der Ozeanböden mit ozeanographischen und geo-physikalischen Methoden durchgeführt wurde. Dabei wurden die riesigen mittelozeanischen Rücken (mit über 7000 km Länge der längste Gebirgszug der Erde!) sowie die streifenförmigen Muster der gegensätzlich gepolten Magnetisierungsrich-tungen des Ozeanbodens parallel zu den Rücken entdeckt. Die Weiterentwicklung und Interpretation dieser Messungen führte dann zur Theorie des >Plattentektonik nach der nicht nur die Erdkruste, sondern auch Teile des Erdmantels (>Li-thosphäre) auf der darunterliegenden weicheren Schicht (Asthenosphäre) gleiten (>Plattenkinematik).

Kontinentalverschiebung - Continental displacement >Kontinentaldrift.

Konventionelles (vereinbartes) Ellipsoid - Conventional ellipsoid Regionale Approximation des >Geoides durch ein Rotationsellipsoid (Referenzellipsoid). Konventionelle Ellipsoide liegen als Bezugsflächen vielen Landesvermessungen zugrunde, die im 19. und 20. Jahrhundert entstanden sind. Die geometrischen Parameter der konventionellen Ellipsoide wurden aus Gradmessungen abgeleitet. Sie besitzen weder eine geozentrische Lagerung (Geozentrum) noch ist die kleine Halbachse des Rotationsellipsoides in Strenge parallel zur mittleren Erdrotations-achse. Man kann ein konventionelles Ellipsoid auch als Vorstufe eines lokal bestanschließenden Ellipsoides betrachten.

Konventionelles geodätisches Koordinatensystem - Conventional geodetic coordinate system Erdfestes >Koordinatensystem, das i.a. durch ein geodätisches >Lagenetz definiert ist. Durch die Wahl einer >Bezugsfläche, zumeist ein Bezugsellipsoid, und durch die Vereinbarungen im Fundamentalpunkt des Lagenetzes sowie durch die Art der Netzberechnung ist die Lagerung und Orientierung des konventionellen geodätischen Koordinatensystems definiert. Der Ursprung des Koordinatensystems ist der Mittelpunkt des Bezugsellipsoides, in der Regel ein >Rotationsellipsoid mit der großen Halbachse a und der kleinen Halbachse b. Die z-Achse weist in Richtung der kleinen Halbachse (geodätischer Nord-pol bzw. geodätischer Südpol). Damit ist die geodätische Äquatorebene festgelegt, die durch die x- und y-Achsen aufge-spannt wird. Die xz-Ebene ist die geodätische Meridianebene von Greenwich. Die Koordinatenachsen des Koordinatensys-tems bilden ein Rechtssystem. Zur Beschreibung der Positionen von Punkten der Erdoberfläche können rechtwinklig kartesi-sche Koordinaten verwendet werden. Für die meisten regionalen terrestrischen Aufgaben spielen aber >ellipsoidische Koor-dinaten eine herausragende Rolle. Die ellipsoidischen Koordinaten eines Punktes legen die ellipsoidische Zenitrichtung (Flächennormale des Rotationsellipsoides, >Ellipsoidnormale) fest und damit die z-Achse eines >lokalen ellipsoidischen Koordinatensystems. Die Ellipsoidnormalen unterscheiden sich i.a. nur wenig von den entsprechenden >Lotlinien des Erd-schwerefeldes.

Koordinaten - Coordinates Parameter zur Festlegung geometrischer Positionen von Punkten. Jeder Satz von Koordinaten ist auf ein >Koordinatensystem

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bezogen, welches durch Anheften an vermarkte, materielle Punkte zu einem >Bezugsrahmen wird. Die Koordinaten sind jeweils einem Ortsvektor zugeordnet, welcher von einem Koordinatenursprung ausgeht; oft wird hierfür das >Geozentrum verwendet. Legt man eine euklidische Raumstruktur im Sinne der >Newtonschen Raumzeit zugrunde, so bieten sich in natür-licher Weise dreidimensionale, rechtwinklig kartesische Koordinaten als primärer Koordinatentyp an. Alternativ können aber auch (meist rechtwinklige) krummlinige Koordinaten eingeführt werden, die mit den kartesischen Koordinaten funktional zusammenhängen; hierzu gehören insbesondere >Polarkoordinaten und >ellipsoidische Koordinaten. Durch Festhalten je-weils einer Koordinate entstehen Koordinatenflächen, durch Fixieren jeweils zweier Koordinaten werden Koordinatenlinien erzeugt; diese sind im Falle kartesischer Koordinaten Ebenen bzw. Geraden, während für krummlinige Koordinaten ge-krümmte Flächen bzw. Kurven entstehen. Zu der Klasse der krummlinigen Koordinaten gehören u.a. die >Flächennormalen-koordinaten, die eine Aufspaltung des dreidimensionalen Raumes in zwei (horizontale) Lagekoordinaten und eine Höhenko-ordinate gestalten.

Koordinatensystem - Coordinate system >Bezugssystem, das mit der Möglichkeit ausgestattet ist, Punkte durch >Koordinaten zu beschreiben. Neben den drei Raum-koordinaten muß im allgemeinen noch die Zeit als vierte Koordinate eingeführt werden. Für beide Komponenten, Raum und Zeit, müssen geeignete Maßvorschriften angegeben sein. Legt man die Newtonsche Mechanik der Definition von Koordina-tensystemen zugrunde, so legt man implizit einen Euklidschen bzw. ebenen Raum zugrunde (>Newtonsche Raumzeit). Im Euklidschen Raum kann man >kartesische Koordinaten, aber auch gekrümmte Koordinaten einführen. Man beachte, daß die Einführung von gekrümmten Koordinaten, z.B. Kugelkoordinaten nichts an der Ebenheit des zugrunde gelegten Raumes ändert. Heute wissen wir jedoch, daß wir in einem gekrümmten Raum leben (>Einsteinsche Raumzeit) - einen Euklidschen bzw. ebenen Raum können wir nur lokal einführen. Damit können beispielsweise auch kartesische Koordinaten lokal ver-wendet werden. Zur Beschreibung geometrischer Positionen von Punkten im Raum verwendet man in der Geodäsie im we-sentlichen drei Typen von Koordinatensätzen: - rechtwinklig kartesische bzw. rechtwinklig krummlinige Koordinaten (vor allem Kugelkoordinaten bzw. rotation-sellipsoidische Koordinaten), - >Flächennormalenkoordinaten, bei denen die räumliche Beschreibung von Punkten des Erdraumes in eine zweidimensiona-le Lagebestimmung mittels geeignet gewählter >Flächenkoordinaten (z.B. >ellipsoidische Koordinaten) und eine eindimensi-onale Höhenbestimmung entlang geradliniger Lote (z.B. >ellipsoidische Höhe) aufgespalten ist, sowie - >natürliche Koordinaten, wobei die Positionen von Raumpunkten durch die Richtungen der Lotlinien mittels Kugelkoordi-naten (>astronomische Koordinaten) und durch die Werte des >Schwerepotentials der Punkte (>geopotentielle Kote) be-schrieben wird. Eine Aufspaltung der dreidimensionalen Beschreibung von Punkten in eine zweidimensionale Lagebestimmung und eine eindimensionale Höhenbestimmung ist dann möglich, wenn die entsprechenden Koordinatenflächen und dazu rechtwinkligen Koordinatenlinien die >Äquipotentialflächen und >Lotlinien des >Schwerefeldes annähern. Die Koordinaten in Richtung der Lotlinien sind für die Definition der verschiedenen >Höhensysteme von Bedeutung. Diese Aufspaltung in eine Lage- und Höhenbestimmung hat nicht nur historische Gründe (>Zwei- + Eindimensionale Geodäsie), sondern orientiert sich an den natürlichen Empfindungen von "horizontal" und "vertikal". Trotz der Möglichkeiten moderner satellitengestützter Beobach-tungsverfahren bzw. geodätischer Raumverfahren, direkt dreidimensionale Positionen messen zu können, wird auch in Zu-kunft diese Aufspaltung von Bedeutung sein.

Koordinatenzeit - Coordinate time Zeitkoordinate eines Koordinatensystems für ein 4-dimensionales Raumzeitgebiet. Diese Koordinatenzeit ist ein theoretisch unentbehrliches Hilfsmittel, wird in der Regel jedoch von keiner realen Uhr angezeit. Angezeigte Zeiten werden >Eigenzei-ten genannt.

Koordinierte Weltzeit (UTC) - Coordinated Universal Time (UTC) Mittlere Zeit eines weltweiten Ensembles von hochgenauen >Atomuhren.

Korrespondierende Höhen - Correponding heights >Astronomische Zeit- und Längenbestimmung.

Kosmische Geodäsie - Cosmic Geodesy Sammelbegriff für verschiedene Meßanordnungen der >Geodäsie. Diese nutzen die von im Kosmos befindlichen unter-schiedlichen Objekten paarweise gebildeten Geraden zur Ortsbestimmung auf der Erde. Solche auch einen Erdort treffenden Geraden entstehen z. B. bei Bedeckungen und Finsternissen von Fixsternen, Sonne, Mond und Planeten. Diese Meßanord-nungen sind heute fast bedeutungslos geworden, da die >geodätischen Raumverfahren genauere und aussagekräftigere Er-gebnisse liefern und unabhängig von meteorologischen Sichtbedingungen sind.

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Kovarianzfunktion eines homogen-isotropen Prozesses auf der Kugel - Covariance function of a homogeneous-isotropic process on the sphere >Gradvarianzen.

Krassowski-Ellipsoid Von Krassowski 1940 mittels einer >translativen Lotabweichungsausgleichung bestimmtes >Referenzellipsoid. Die große Halbachse des Ellipsoides beträgt 6378245m, die reziproke Abplattung 298,3 (>Rotationsellipsoid). Das Referenzellipsoid von Krassowski wurde zahlreichen Landesvermessungen in den osteuropäischen Ländern zugrunde gelegt. Von Krassowski stammt auch ein dreiachsiges Referenzellipsoid.

Kreuzkopplung - Cross-coupling Einwirkung der Horizontalbeschleunigung in der Ebene Balken/Vertikale bei rotativen >Federgravimetern wegen (kleiner) Auslenkung des Waagebalkens aus der Horizontalen, Fehlerquelle bei >Gravimetern auf bewegten Trägern.

Kreuzkorrelation - Cross-correlation Kreuzweise Multiplizierung digitaler Signale, z.B. zweier verschiedener Datenströme, mit gestaffelten zeitlichen Verzöge-rungen zur Auffindung eines Korrelationsmaximums.

Kreuzungspunkt - Crossover point Schnittpunkt der >Bahnspuren von Satelliten.

Kreuzungspunkt-Analyse - Crossover analysis Verfahren zur Verbesserung der radialen Komponente in der >Altimetrie. Am >Kreuzungspunkt kann die >Meereshöhe zweimal bestimmt werden. Die beiden Höhen sind nicht identisch, weil radiale Bahnfehler auftreten und die Altimetermes-sung und ihre Korrekturen Fehler besitzen. Die Differenz der beiden Höhen wird als >Kreuzungspunkt-Differenz bezeichnet. Die Redundanz im >Kreuzungspunkt kann genutzt werden, um Bahnfehler zu bestimmen und Fehler der Korrekturen aufzu-decken.

Kreuzungspunkt-Differenz - Crossover difference Differenz der beiden (auf das Ellipsoid bezogenen) >Meereshöhen, die am >Kreuzungspunkt aus den Messpunkten der bei-den sich kreuzenden >Bahnspuren interpoliert werden.

Krümmung - Curvature Quotient aus dem Winkel zwischen zwei differentiell benachbarten Kurventangenten und der Länge des den beiden Tangen-ten zugeordneten Bogenelementes der Kurve.

Krümmungshalbmesser - Radius of curvature Reziprokwert der Krümmung.

Krümmungslinie - Line of curvature Oberflächenkurve, deren Tangente entweder in die Richtung der größten oder in der kleinsten Krümmung der Fläche fällt.

Krümmungslinien des Rotationsellipsoides - Line of curvature of a rotational ellipsoid Meridiane und Parallelkreise des >Rotationsellipsoides.

Krustenbewegungen >Erdkrustenbewegungen.

Kugelflächenfunktionen - Surface spherical harmonics Vollständiges Orthogonalsystem im Hilbertraum der auf der Einheitskugel definierten Funktionen. Die Kugelflächenfunktio-nen ergeben sich als Produkte der >zugeordneten Legendreschen Funktionen vom Grad n und der Ordnung m und der trigo-

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nometrischen Funktionen sin und cos mit dem Multiplikationsfaktor m im Argument. Mit Hilfe der Kugelflächenfunktionen kann eine weitgehend beliebige auf der Einheitskugel definierte Funktion als Reihe dargestellt werden. Die Reihenkoeffizien-ten ergeben sich aus Oberflächenintegralen über die darzustellende Funktion. Zumeist verwendet man die numerisch vorteil-hafteren vollständig normierten Kugelflächenfunktionen und vollständig normierten Reihenkoeffizienten. Sie können mit Hilfe eines Normierungsfaktors aus den nicht normierten Größen berechnet werden. Abhängig vom Grad n und der Ordnung m der Kugelflächenfunktionen ergeben sich unterschiedliche Nullstellen und damit unterschiedliche charakteristische Struk-turen auf der Einheitskugel. Man unterscheidet zonale, tesserale und sektorielle Kugelflächenfunktionen, wobei Zonen, Gradabteilungszellen und Sektoren entstehen, in denen die entsprechenden Kugelflächenfunktionen gleiches Vorzeichen aufweisen.

Kugelfunktionen - Solid spherical harmonics Kugelfunktionen ergeben sich als Lösungen der Laplaceschen Differentialgleichung, formuliert in Kugelkoordinaten. Man erhält zwei Gruppen von Lösungen, wobei der Grad n die Werte 0,1,2,.... annimmt Vn1=rnYn(Theta,Lambda) und Vn2=r(n+1)Yn(Theta,Lambda). r ist die radiale Koordinate (Abstand vom Ursprung des Koordinatensystems), Theta die Poldis-tanz (Ergänzung der Breite zu 90 Grad) und Lambda die Länge. Die Funktionen Yn(Theta,Lambda) bezeichnet man als >Laplacesche Kugelflächenfunktionen des Grades n.

Kugelfunktionsentwicklung des Gravitationspotentials - Gravitational potential in a series of solid spherical harmonics Darstellung des Gravitationspotentials im Außenraum der Erde durch eine unendliche Reihe von >Kugelfunktionen. Man bezeichnet eine solche Reihendarstellung auch als Spektraldarstellung des Gravitationspotentials oder als Multipol-Entwicklung des Gravitationsfeldes. Die Koeffizienten dieses Reihenansatzes werden als Potentialkoeffizienten bezeichnet. Durch die Kugelfunktionsentwicklung ist die Beschreibung des Gravitationspotentials in eine Richtungsabhängigkeit und eine radiale Abhängigkeit aufgespalten. Die Richtungsabhängigkeit des Gravitationspotentials wird durch die Struktur der >Kugelflächenfunktionen beschrieben, deren Gewichtung geschieht durch die Potentialkoeffizienten. Das Abklingen der spektralen Anteile des Gravitationspotentials vom Grad n kommt durch die >Gradvarianzen zum Ausdruck, die durch >Kau-la's Näherungsformel genähert beschrieben werden. Mit wachsendem Grad weist die Reihensumme zunehmende Details auf. Die radiale Abhängigkeit des Gravitationspotentials für Feldpunkte mit zunehmender Entfernung von der Erde kommt durch die Exponenten des radialen Abstandes des Aufpunktes vom Ursprung zum Ausdruck.

Kugelfunktionskoeffizienten (Potentialkoeffizienten) - Solid spherical harmonics coefficients (potential coefficients) Reihenkoeffizienten, die bei der Darstellung einer >harmonischen Funktion in eine Reihe nach >Kugelfunktionen auftreten.

Kulmination - Culmination Durchgang eines Gestirns durch den lokalen Meridian. Man unterscheidet zwischen oberer und unterer Kulmination.

Kulminationspunkt - Culminating point Derjenige Punkt der Himmelskugel, in dem der Meridiandurchgang eines Gestirns erfolgt.

Künstliche Satelliten - Artificial satellites Hochziel, das die Erde umkreist. Es gibt passive und aktive Erdsatelliten. Passive Satelliten sind nur mit >Retroreflektoren, aktive Satelliten sind mit Meßsystemen z. B. zur Erderkundung oder >Altimetrie ausgerüstet.

Kurventheorie Theorie der Raum- bzw. Flächenkurven. Grundlage der Kurventheorie sind die Ableitungsgleichungen für das Frenetsche >Dreibein einer Raumkurve (Frenetsche Formeln) und für das Darbouxsche Dreibein einer Flächenkurve (Formeln von Burali-Forti). Die in den Frenetschen Formeln auftretenden Koeffizienten sind die Krümmung und die Windung der Raum-kurve; die Koeffizienten in den Formeln von Burali-Forti bezeichnet man als Normalkrümmung, geodätische Krümmung und geodätische Torsion der Flächenkurve. Zwischen diesen Koeffizienten bestehen enge Beziehungen. In der Theorie der Lan-desvermessung wird die Kurventheorie auf Flächenkurven angewandt, die auf der Oberfläche eines >Rotationsellipsoids definiert sind. Von Bedeutung sind insbesondere der >Normalschnitt und die >geodätische Linie.

Lagebezugsrahmen - Horizontal base network of benchmarks Realisierung eines >Lagebezugssystems.

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Lagebezugssystem - Horizontal base network >Geodätisches Bezugssystem zur mathematischen Beschreibung der Lage von Punkten auf einer >Bezugsfläche, zumeist einem >Referenzellipsoid. Als Lagekoordinaten verwendet man häufig >Flächenkoordinaten. Lagebezugssysteme werden durch >Lagefestpunktfelder realisiert. Ein Beispiel einer solchen Realisierung (Lagebezugsrahmen) ist das im amtlichen Vermessungswesen der Bundesrepublik Deutschland verwendete >DHDN 1990. Die auf diese Weise realisierten Lagebe-zugssysteme werden zunehmend durch >Bezugsrahmen abgelöst, die mit Hilfe des Global Positioning Systems (>GPS) erstellt wurden. Diese Bezugsrahmen bestehen aus vermarkten Punkten an der Erdoberfläche, deren dreidimensionale Koor-dinaten in einem >globalen geozentrischen Koordinatensystem mit Lagegenauigkeiten von wenigen Zentimetern festgelegt sind. Beispiele sind der internationale Bezugsrahmen >ITRF, der europäische Bezugsrahmen >EUREF, bzw. der deutsche Bezugsrahmen >DREF.

Lagefestpunktfeld - Horizontal network of benchmarks Gesamtheit der Lagefestpunkte, durch die ein >Lagebezugssystem realisiert wird. Ein Lagefestpunktfeld besteht in der höchsten Genauigkeitsstufe aus einem >Trigonometrischen Punktfeld, wie beispielsweise dem >DHDN 1990. Die Trigono-metrischen Punktfelder werden zunehmend durch >Bezugsrahmen abgelöst, die mit Hilfe des Global Positioning Systems (>GPS) erstellt werden. Diese Bezugsrahmen bestehen aus vermarkten Punkten an der Erdoberfläche, deren dreidimensionale Koordinaten in einem >globalen geozentrischen Koordinatensystem mit Lagegenauigkeiten von wenigen Zentimetern festge-legt sind. Beispiele sind der Internationale Bezugsrahmen >ITRF, der Europäische Bezugsrahmen >EUREF, bzw. der Deut-sche Bezugsrahmen >DREF.

Lagenetz - Horizontal network Lagefestpunktfeld oder Teil eines Lagefestpunktfeldes mit den zugehörigen Bestimmungsstücken. Ein Beispiel eines Lage-netzes ist das Trigonometrische Netz, in dem die Lagefestpunkte im wesentlichen durch Winkel- bzw. Richtungsmessungen verknüpft sind.

LAGEOS LAGEOS 1, Laser Geodynamic Satellite, geodätische Satellit, Kugelform, Durchmesser 60cm, von der NASA gestartet am 4. Mai 1976, Flughöhe 5860km über der Erdoberfläche, Bahnneigung 109.8°, ausgerüstet mit Retroreflektoren. LAGEOS 2, Laser Geodynamic Satellite, geodätische Satellit, Kugelform, Durchmesser 60cm, von der NASA gestartet am 22. Oktober 1992, Flughöhe 5620km über der Erdoberfläche, Bahnneigung 52.6°, ausgerüstet mit Retroreflektoren.

Lagrangesche Störungsgleichungen Differentialgleichungssystem erster Ordnung für geeignet gewählte Bahnelemente (i.a. die Keplerelemente) zufolge eines vom kugelsymmetrischen Feld abweichenden Störpotentials. Die Störungsgleichungen erlauben, die Variation der Bahnele-mente mit der Zeit zu analysieren. Man unterscheidet säkulare (zeitlich lineare), langperiodische und kurzperiodische Bahn-störungen.

Längengradmessungen - Longitude measurements Variante der Methode der >Gradmessungen bzw. der Methode >Dreieckskettenmessung. Dreiecksketten, die unter einem kleinen Winkel zu einem Parallelkreis verlaufen, können nicht auf einen Meridian reduziert werden. Die Reduktion auf einen Parallelkreis erfordert neben den >astronomischen Azimutmessungen und den >astronomischen Breitenmessungen auch genaue >astronomische Zeit- und Längenbestimmungen. Dreiecksketten längs eines Parallels erfordern astronomische Be-stimmungen der Ortszeit zumindest am Anfangs- und am Endpunkt, als deren Differenz sich der Längenunterschied ergibt. Aus Längengradmessungen können große und kleine Halbachse der Meridianellipse oder die große Halbachse und die Ab-plattung bzw. die Exzentrizität des Erdellipsoides abgeleitet werden.

Laplacesche Azimutgleichung Bestimmungsgleichung zur Durchführung einer >astronomisch-geodätischen Lotabweichungsausgleichung.

Laplacescher Widerspruch Widerspruch zwischen den >geodätischen und >astronomischen Koordinaten, der im Zuge einer astronomisch-geodätischen Netzausgleichung (>translativen bzw. >projektiven Lotabweichungsausgleichung) minimiert wird.

Laplace-Gleichung - Laplace equation Die Laplace-Gleichung als homogene Potentialgleichung ergibt sich aus der >Poisson-Gleichung, Lap u=f, mit verschwin-dender rechten Seite ( f = 0), Lap u=0. Genügt die skalare Feldfunktion u in einem Gebiet des dreidimensionalen Raumes der Laplace-Gleichung und ist dort einschließlich der ersten und zweiten partiellen Ableitungen stetig, so wird u als harmonische

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Funktion oder >Potentialfunktion bezeichnet. Für das >Gravitationspotential V ist der Gültigkeitsbereich der Laplace-Gleichung der Raum außerhalb der anziehenden Massen. grad V beschreibt ein konservatives Vektorfeld, den Gravitations-vektor, für den in eben diesem Raum Quellenfreiheit gilt, also die Divergenz verschwindet. Die Untersuchung der Lösbarkeit bzw. die Ableitung spezieller Lösungen der Laplace-Gleichung (bzw. der Poisson-Gleichung) ist Gegenstand der >Potential-theorie.

Laplacepunkt - Laplace station >Lotabweichungspunkt, für den zusätzlich mindestens ein >astronomisches Azimut gemessen wurde.

Laplacesche Differentialgleichung - Laplace equation >Laplace-Gleichung

Laplacesche Kugelflächenfunktionen - Laplace's spherical harmonics Laplacesche Kugelflächenfunktionen des Grades n setzen sich aus der Linearkombination von >Kugelflächenfunktionen des Grades n und der Ordnungen m für m=0,..,n zusammen. Die Laplaceschen Kugelflächenfunktionen bilden ein orthogonales Funktionensystem auf der Einheitskugel. Die Normen der Laplaceschen Kugelflächenfunktionen enthalten die >Gradvarian-zen.

Laseraltimeter - Laser altimeter >Altimeter.

Laserentfernungsmeßsysteme - Laser distance measurement system Laserentfernungsmeßsysteme dienen zur Entfernungsmessung zu Satelliten (>SLR), sehr leistungsstarke Systeme messen auch bis zum Mond (>LLR). Ein >Impulslaser generiert eine Folge pikosekundenlanger Laserpulse, die über ein optisches Teleskop auf einen Satelliten gerichtet sind. Das Teleskop wird dem Satelliten nachgeführt. Der Satellit, ausgestattet mit >Retroreflektoren, leitet die Laserpulse wieder zurück zur Bodenstation. Hier werden sie vom Teleskop wieder empfangen und auf einen >Detektor geleitet. Die Entfernung berechnet sich aus der Laufzeit, multipliziert mit der >Lichtgeschwindig-keit. Ein >Laufzeitmeßsystem, entweder ein >Laufzeitzähler oder ein >Event-Timer erfaßt die Laufzeitdifferenz zwischen den ausgesendeten und empfangenen Laserpulsen. Die Meßgenauigkeit ist abhängig von der Länge des Laserpulses, dem Detektor und dem Laufzeitmeßsystem. Der Einfluß der Atmosphäre (troposphärische >Refraktion) wird modellmäßig be-rücksichtigt. Neuere Laserentfernungsmeßsysteme (z.B. >WLRS) nutzen heute zur Bestimmung des atmosphärischen Ein-flusses simultane Messungen auf zwei unterschiedlichen Wellenlängen. Die Laufzeitdifferenz der in der Wellenlänge unter-schiedlichen Impulse, die synchron ausgesendet werden, wird mit >Streakkameras gemessen. Weltweit gibt es etwa 40 Lase-rentfernungsmeßsysteme. Die internationale Zusammenarbeit wird im Rahmen des International Laser Ranging Service (>ILRS) koordiniert.

Laserentfernungsmessungen zu Mond – Lunar laser ranging Laserentfernungsmessungen zum Mond (LLR) beruhen auf Laufzeitmessungen von Laserpulsen zu den Reflektoren auf der Mondoberfläche, die von den bemannten amerikanischen Raumfahrtmissionen der Amerikaner zum Mond (Apollo-Missionen 11, 14 und 15), sowie von der sowjetischen automatischen Mondmissionen Luna 17 und 21, ausgesetzt wurden. Nur sehr leistungsfähige Laserentfernungsmesssysteme sind in der Lage, die Entfernung zum Mond zu messen.

Laserentfernungsmessungen zu Satelliten – Satellite laser ranging Laserentfernungsmessungen zu Satelliten (SLR) basieren auf Laufzeitmessungen von Laserpulsen von einer Bodenstation zu einem Satelliten und zurück. Die Entfernung errechnet sich aus der Laufzeit, multipliziert mit der >Lichtgeschwindigkeit. Korrektionen wegen der troposphärischen >Refraktion müssen berücksichtigt werden. Mit der Entwicklung leistungsstarker >Impulslaser, hochempfindlicher >Detektoren und Picosekunden genauer >Laufzeitmeßsysteme konnte das Meßverfahren zu einem bedeutenden >geodätisches Raumverfahren entwickelt werden. >Laserentfernungsmesssyteme erlauben es heute, Entfernungen bis zu geostationären Satelliten mit Zentimetergenauigkeit zu messen. Die meßbaren Satelliten sind mit >Retroreflektoren ausgestattet.

Laserkreisel - Laser gyroscope Laserkreisel werden in der >Inertialvermessung und in der Navigation als Beschleunigungsmesser eingesetzt. Erste erfolgrei-che Versuche, mit Hilfe eines Laserkreisel die Drehgeschwindigkeit der Erde zu bestimmen, wurden mit einem 1mx1m großen Laserkreisel, dem CII in Neuseeland durchgeführt. Dabei umläuft monochromes Laserlicht eine Fläche, die von 4 Spiegeln quadratisch aufgespannt ist, in beiden Umlaufrichtungen. Befinden sich die Spiegel in Ruhe, so ist die Umlaufdauer für beide Umlaufrichtungen über den gleichen Weg gleich lang. Dreht sich aber das Spiegelquadrat bzw. die Fläche um die

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Flächennormale (Achse senkrecht zur Fläche), so ist die Umlaufzeit mit der Drehung länger als die Umlaufzeit gegen die Drehung. Dies bewirkt, daß zwischen den beiden Laserstrahlen eine Schwebungsfrequenz auftritt, die abhängig von der Drehgeschwindigkeit ist. Diesen Effekt nennt man Sagnac-Effekt. Die Empfindlichkeit des Kreisels ist abhängig von der vom Laserlicht umlaufenen Fläche. Mit Hilfe eines 4mx4m großen Quadrats ist man in der Lage die Variationen der Drehge-schwindigkeit zu erfassen. An der Realisierung eines Ringes dieser Ausdehnung, dem Großring "G", wird gearbeitet.

LAST (Lokale scheinbare Sternzeit) - LAST (Local Apparent Sidereal Time) >wahre Ortsternzeit

Laufzeitmeßsystem Meßsystem zur Bestimmung der Zeitdifferenz, die in der >Laserentfernungsmessung zwischen dem ausgesandten Laserim-puls und dem vom Satelliten oder Mondreflektor reflektierten und wieder empfangenen Impuls vergeht. Eingesetzt werden >Laufzeitzähler oder >Event-Timer, in besonderen Fällen auch >Streakkameras.

Laufzeitzähler Elektronisches Zeitmeßsystem, das die Zeit zwischen einem Start- und einem Stopereignis mißt. Start- und Stopereignisse werden in der >Laserentfernungsmessung durch ausgesandte Laserimpulse bzw. durch die reflektierten Laserpulse festgelegt, die ein >Detektor in elektronische Impulse umwandelt. Es gibt Laufzeitzähler mit Meßgenauigkeiten von 30ps.

Lawinendiode Lichtempfindliche Halbleiterdioden werden bei der >Laserentfernungsmessung als >Detektor für sehr schwache Lichtpulse, z. B. den vom Satelliten reflektierten >Laserimpuls eingesetzt. Beim Auftreffen bereits eines oder weniger Photonen lösen sich aus dem Halbleiter lawinenartig Elektronen, die einen elektronisch meßbaren Impuls für das >Laufzeitmeßsystem liefert.

Legendresche Funktionen (zugeordnete Legendresche Funktionen erster Art) – Legendre functions (associated Legendre functions of the first kind) Erste (für die Geodäsie wichtige) Gruppe von Lösungen der Legendreschen Differentialgleichung. Die zugeordneten Legend-reschen Funktionen (erster Art) des Grades n und der Ordnung m bilden ein vollständiges Orthogonalsystem. Im Falle m=0 ergeben sich die >Legendreschen Polynome. Die zugeordneten Legendreschen Funktionen lassen sich nach der Formel von Ferrer aus den Legendreschen Polynomen durch Differentiation herleiten.

Legendresche Polynome - Legendre's polynomials Lösungen der Legendreschen Differentialgleichung für m=0. Die Legendreschen Polynome bilden ein vollständiges Ortho-gonalsystem. Sie können mit Hilfe der Formel von Rodrigues berechnet werden.

Legendresche Reihen - Legendre series Spezielle Potenzreihen zur Lösung der geodätischen Hauptaufgaben.

Legendresche Differentialgleichung – Legendre’s differential equation Bei der Lösung der in Kugelkoordinaten formulierten >Laplacegleichung mit Hilfe eines Separationsansatzes auftretende Differentialgleichung. Als Lösungen der Legendreschen Differentialgleichung ergeben sich die >zugeordneten Legendre-schen Funktionen und als Sonderfall für die Ordnungen m=0 die >Legendreschen Polynome.

Legendrescher Satz - Legendre`s theorem Rechenverfahren für sphärische Dreiecke nach den Regeln der ebenen Trigonometrie mit korrigierten sphärischen Winkeln und unveränderten sphärischen Strecken.

Level-of-no-motion Isobare Wasserschicht, von der angenommen wird, dass sie mit einer Äquipotentialfläche zusammenfällt, so dass keinerlei Bewegung innerhalb der Schicht auftritt.

Libration - Libration Jede wirkliche (physische) oder scheinbare (optische) Schwingung um eine Normallage.

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Librationen des Mondes - Librations of the Moon Variationen der Orientierung der Mondoberfläche aus der Sicht eines Beobachters auf der Erde. Physische Librationen wer-den durch die Variationen der Mondrotation hervorgerufen. Die viel größeren optischen Librationen sind auf die Variationen der Bahnbewegung des Mondes um die Erde, auf die Schiefe des Mondäquators gegen die Bahnebene des Mondes und auf die täglichen Änderungen der geometrischen Perspektive eines Beobachters auf der Erde zurückzuführen.

Lichtablenkung - Deflection of light Winkel, um den die geradlinige Ausbreitung eines Photons durch das Gravitationsfeld der Sonne abgelenkt wird. Der Photo-nenpfad wird dabei radial weg von der Sonne um einen Winkel von 1,75" am Sonnenrand abgelenkt. Die Korrektion dieses Effektes ist unabhängig von der Wellenlänge; sie ist in der Reduktion zur Umrechnung eines mittleren Ortes in einen schein-baren Ort berücksichtigt.

Lichtausbreitung, Universalität der - Light propagation, universality of Die Universalität der Lichtausbreitung besagt, dass der Wert der Lichtgeschwindigkeit c im Vakuum unabhängig ist von Frequenz, Polarisation und Geschwindigkeit der Lichtquelle, wenn man eine c-unabhängige Definition des Meters zugrunde legt. Darüber hinaus ist dieser Wert unabhängig vom Bewegungszustand des Beobachters (Experimente von Michelson und Morley). Diese Ergebnisse liegen der Neudefinition des Meters über die Lichtlaufzeit zugrunde.

Lichtgeschwindigkeit – Speed of light Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes. Aufgrund der gültigen Definition des Meters beträgt der Wert der Lichtgeschwin-digkeit im Vakuum 299 792 458 m/s.

Lichtjahr - Light-year Die Entfernung, die das Licht im Vakuum in einem Jahr zurücklegt.

LLR (Laserentfernungsmessungen zum Mond) - LLR (Lunar Laser Ranging) >Laserentfernungsmessungen zum Mond.

LMST (Mittlere Ortsternzeit) - LMST (Local Mean Sidereal Time) >Mittlere Ortsternzeit.

LOD (Tageslänge) - LOD (Length Of the Day) Integral der Differenz Dt zwischen Weltzeit >UT1 und Atomzeit >UTC über einen Tag ergibt die Veränderungen der Tages-länge (Length Of the Day - LOD). Dt tritt bei der >Transformation zwischen raumfesten und erdfesten Bezugsrahmen auf.

Lokal bestanschließendes Ellipsoid - Local best fitting ellipsoid Regionale Approximation des >Geoides durch ein >Rotationsellipsoid (>Referenzellipsoid). Bedingungen für die regionale Anpassung sind: - Parallelität der globalen Koordinatensysteme (>globales geozentrisches Koordinatensystem, >konventio-nelles geodätisches Koordinatensystem), - Minimum der Quadratsumme der >Lotabweichungen oder alternativ der >Geoid-höhen bzw. der >Schwereanomalien. Im Gegensatz zum >mittleren Erdellipsoid sind die lokal bestanschließenden Ellipsoide in der Regel nicht geozentrisch gelagert (>Geozentrum). Die Bestimmung eines lokal bestanschließenden Ellipsoides wurde früher mit den Methoden der >Gradmessung angestrebt. Flächenhafte Erweiterungen bzw. Modifikationen dieses Verfahrens sind die Konzepte der >projektiven Lotabweichungsausgleichung bzw. der >translativen Lotabweichungsausgleichung. Heutzutage wird die Bestimmung eines >mittleren Edellipsoides, also eines >global bestanschließenden Ellipsoides, ange-strebt. Die Bestimmung lokal bestanschließender Ellipsoide hat nur noch historische Bedeutung und ist insofern noch von Bedeutung als lokal bestanschließende Ellipsoide noch in Gebrauch sind.

Lokales Ellipsoidisches Koordinatensystem - Local ellipsoidal coordinate system Erdfestes >Koordinatensystem mit dem Ursprung im Topozentrum. Der Ursprung liegt in einem beliebigen Punkt der Erd-oberfläche mit einer >ellipsoidischen Höhe h. Durch die geodätische Zenitrichtung (Richtung der äußeren Ellipsoidnormalen) des Punktes ist die z-Achse des Koordinatensystems festgelegt. Die x-Achse weist nach geodätisch Nord und steht recht-winklig auf der z-Achse. Damit liegt sie in der geodätischen Meridianebene. Die y-Achse weist nach geodätisch Ost und ergänzt das lokale ellipsoidische Koordinatensystem zu einem Linkssystem. Die relative Position eines beliebigen Punktes Q bzgl. dem Topozentrum P kann durch - rechtwinklig kartesische Koordinaten oder durch - sphärische Polarkoordinaten (el-lipsoidische Zenitdistanz, ellipsoidisches Azimut, räumliche Distanz), angegeben werden.

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Longitudinale Lotabweichungskomponente - East-west component of the deflection of the vertical Komponente der >astrogeodätischen Lotabweichung in Länge. Die andere Komponente ist die Lotabweichung in Breite (meridionale Lotabweichungskomponente).

Loran-Verfahren - Loran method Ein Verfahren (Loran = Long Range Navigation) zur Lagebestimmung einer Beobachtungsstation nach dem Impuls-Hyperbelverfahren; die Lage des Meßpunktes wird aus den Laufzeitdifferenzen der durch zwei Senderpaare ausgestrahlten Impulsfolgen ermittelt.

Lorentz-Transformation - Lorentz transformation Transformation inertialer Raumzeitkoordinaten in der Speziellen Relativitätstheorie. Bewegt sich ein inertiales System mit Koordinaten (t', x') mit einer Geschwindigkeit v gegenüber einem anderen Inertialsystem mit Koordinaten (t, x) entlang ihrer gemeinsamen x-Achsen, so lautet die Lorentz-Transformation: t'=(t-vx/c2)/sqrt(1-v2/c2), x'=(x-vt)/sqrt(1-v2/c2), y'=y, z'=z.

Lotabweichung - Deflection of the vertical Winkel zwischen der Lotrichtung in einem Punkt und der diesem Punkt durch eine Projektion zugeordneten Normalen auf einem Rotationsellipsoid. Man unterscheidet die >astrogeodätische Lotabweichung und die >gravimetrische Lotabweichung.

Lotabweichung in Breite - Deflection of the vertical in latitude Komponente der >Lotabweichung in Richtung wachsender Breite (>meridionale Lotabweichungskomponente).

Lotabweichung in Länge - Deflection of the vertical in longitude Komponente der >Lotabweichung in Richtung wachsender Länge (>longitudinale Lotabweichungskomponente).

Lotabweichungskomponente in der Horizontebene - Horizontal component of the deflection of the vertical Komponente der Lotabweichung in azimutaler Richtung (azimutale Lotabweichungskomponente).

Lotabweichungspunkt Punkt eines Lagenetzes, dessen >Lotabweichung bekannt ist.

Lotkrümmung - Curvature of the plumb line Krümmung der Lotlinie des Schwerefeldes. Sie wird durch die Komponenten des >Gravitationstensors beschrieben. Der Gravitationstensor beschreibt allgemein die lokale Geometrie des >Gravitationsfeldes; die einzelnen Komponenten können als Krümmungs- bzw. Torsionsgrößen interpretiert werden. Die Lotkrümmung tritt beim >astronomischen Nivellement auf und steht in engem Zusammenhang zur >orthometrischen Reduktion.

Lotlinie - Plumb line Feldlinie des Schwerefeldes der Erde (>Schwerepotential, >Gravitationspotential).

Lotrichtung - Plumb line direction >Richtung der Tangente an die >Lotlinie

Lotstörung (Lotschwankung) - Perturbation of the vertical Änderung der Lotrichtung als Folge der Gezeiten.

Lovesche Zahlen - Love numbers Zahlen zur Beschreibung der Übertragungsfunktion des Gezeitenpotentials auf die viskoelastische Antwort der Erde. Die radiale Verlagerung der Erdoberfläche im Verhältnis zum Gezeitenpotential wird i.a. mit h bezeichnet, die Potentialänderung der gezeitenbedingten Massenverlagerungen im Verhältnis zum primären Gezeitenpotential mit k. Zur Kennzeichnung der gezeitenbedingten Lotschwankung wird die Shida-Zahl l verwendet.

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Loxodrome - Loxodrome Linie auf einer Bezugsfläche mit konstantem geodätischen Azimut.

Lunation - Lunation Zeitraum zwischen zwei aufeinanderfolgenden Neumonden.

Lunisolar-Nutation - Luni-solar nutation Periodischer Anteil der Richtungsänderungen der Erdrotationsachse im Raum zufolge der >Präzession-Nutation. Die Erdrota-tionsachse bewegt sich dabei relativ zum raumfesten System aufgrund der Einflüsse von Sonne und Mond mit Perioden zwischen wenigen Tagen und 18,6 Jahren. Die luni-solare Nutation läßt sich sehr genau modellieren und durch harmonische Reihenentwicklungen in Abhängigkeit von der Zeit darstellen, wobei die Argumente der einzelnen harmonischen Terme aus Kombinationen fünf astronomischer Grundargumente berechnet werden.

Lunisolar-Präzession – Luni-solar precession In der Theorie der Erdrotation die säkularen Terme der Reihenentwicklungen für die räumliche Bewegung der Erdachse unter dem Einfluß der Gravitationswechselwirkung der Erde mit Sonne und Mond; sie stellen eine rückläufige Bewegung der Himmelspole um die Pole der Ekliptik in etwa 25000 Jahren dar.

Magnetische Aufnahme (magnetische Vermessung) - Magnetic survey Die Bestimmung der magnetischen Deklination, der magnetischen Inklination und der magnetischen Feldstärke.

Magnetische Deklination (Mißweisung) - Magnetic declination Das vom Norden über Osten gezählte astonomische Azimut der magnetischen Nordrichtung.

Magnetische Inklination (Inklination) - Magnetic dip (magnetic inclination) Negativer Höhenwinkel (Inklinationswinkel) der magnetischen Feldlinien.

Magnetische Nordrichtung - Magnetic North Nordrichtung der horizontalen Projektion der magnetischen Feldlinien.

Magnetischer Sturm (magnetisches Gewitter) - Magnetic storm Plötzliche und starke Störung des magnetischen Feldes der Erde.

Magnetisches Azimut - Magnetic bearing Rechtsläufig gezählter Horizontalwinkel zwischen der magnetischen Nordrichtung des Standpunktes und einem Zielpunkt.

Magnitude der Mondfinsternis - Magnitude of a lunar eclipse Verhältnis des Teils des Halbmessers der Mondscheibe, der maximal vom Schatten der Erde bei einer Mondfinsternis abge-deckt wird, zum Halbmesser der Mondes.

Magnitude einer Sonnenfinsternis - Magnitude of a solar eclipse Verhältnis des Teils des Halbmessers der Sonnenscheibe, der maximal vom Mond bei einer Sonnenfinsternis abgedeckt wird, zum Halbmesser der Sonne.

Markscheidewesen Bergmännisches Vermessungswesen; Anwendungsgebiet der >Geodäsie.

Massenanziehung >Gravitation

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Mathematische Geodäsie - Mathematical Geodesy Sammelbegriff für grundlegende Aufgaben der >Geodäsie. Einesteils werden geodätische Erkenntnisse nach den Theorien der Mathematik, insbesondere der >Geometrie und mathematischen Statistik, aus den Messungsdaten gewonnen und z.B. als Erdmodelle, Bezugssysteme, Zeitreihen bestimmter Phänomene abgebildet und gegebenenfalls transformiert, andernteils werden mathematische Modelle für die Meßordnungen und die Messungen aufgestellt. Eine Abgrenzung zur >theoretischen Geodäsie ist Auffassungssache und kaum scharf möglich.

Mechanische Abplattung - Mechanical flattening Verhältnis der Differenz von polarem >Trägheitsmoment und mittlerem äquatorialen Trägheitsmoment zum polaren Träg-heitsmoment der Erde. Dabei wurde angenommen, daß das zugrunde gelegte Koordinatensystem mit dem Hauptträgheits-achsensystem übereinstimmt.

Mechanische Uhr - Mechanical clock Der Uhrentakt einer mechanischen Uhr wird durch einen mechanischen, periodischen Vorgang erzeugt, beispielsweise durch ein Pendel oder eine Unruh. Auch gleichmässig mit der Zeit ablaufende Vorgänge, wie das Rinnen von Sand oder Wasser durch eine enge Röhre, dienten früher als Zeitmessperiode, die allerdings immer wieder neu initialisiert werden musste (z.B. durch Umdrehen der Sanduhr).

Meeresgeodäsie Objektgerichtetes, auf Meeresgebiete der Erde bezogenes Aufgabenfeld der >Geodäsie. Ihre Ziele sind die Vermessung und Abbildung von Meeresoberfläche und Parametern des Erdschwerefeldes (Äquipotentialflächen) sowie deren zeitlichen, z.B. gezeitenbedingten, Änderungen. Höhenunterschiede zwischen Meeresoberfläche und einer mittleren Äquipotentialfläche sind das Oberflächenrelief, oft ungenau als "Meerestopographie" (Topographie: Ortsbeschreibung) bezeichnet. Die Messungen erfolgen heute fast ausschließlich mittels künstlicher Erdsatelliten (>Altimetrie). Es bestehen enge Verbindungen zur >Ozea-nographie. Ortung und Führung von Fahrzeugen auf den Meeren gehören nicht zur Meeresgeodäsie, sondern zur Navigation und Nautik; Seekarten dafür schafft das Seevermessungswesen.

Meeresgezeiten (Ozeangezeiten) - Tides (ocean tides) >Gezeitenwirkungen auf die Wassermassen der Ozeane. Ähnlich wie bei >Erdgezeiten dargestellt, wird die Meeresoberflä-che vom Gezeitenpotential durch Sonne und Mond angeregt; die beobachtbaren Meeresgezeiten sind jedoch entscheidend durch die Kontinente und Küsten beeinflußt, die den die Erde umrundenden Flutberg aufstauen. Dies kann in Buchten zu einem Gezeitenhub bis zu 17 m führen und daher für Gezeitenkraftwerke ausgenutzt werden. Andererseits gibt es im Ozean singuläre Punkte ohne Gezeitenhub. Stehen Sonne, Mond und Erde während der Zeit von Vollmond und Neumond auf einer Geraden, so führt dies zur (verstärkten) Springtide, stehen sie bei Halbmond im rechten Winkel zueinander, so führt dies zur (verminderten) Nipptide. Die Meeresgezeitenhöhen werden seit langem durch >Pegel registriert. Sie werden u.a. auch zur Reduktion von Satellitenaltimetermessungen benötigt. Die Gezeitenwassermassen verursachen selbst ein sekundäres Gezei-tenpotential und tragen durch ihre Auflast zur Deformation der Erdkruste bei, >Erdgezeiten. Wegen der Bedeutung für die Schifffahrt werden die Meeresgezeiten nach dafür angepaßten >Gezeitenmodellen in Deutschland vom Bundesamt für See-schiffahrt und Hydrographie vorausberechnet.

Meereshöhe - Sea height Höhe des Meeresspiegels über einem >mittleres Erdellipsoid. Begrifflich zu trennen von der orthometrischen Höhe, die ebenfalls als Meereshöhe (Höhe über dem Meeresniveau) bezeichnet wird.

Meereshöhe (Orthometrische Höhe) - Orthometric height Höhe über dem Meeresniveau, beser mit >Orthometrischer Höhe zu bezeichnen. In der Altimetrie wird unter >Meereshöhe die Höhe des Meeresspiegels über dem Ellipsoid verstanden..

Meeresspiegel (Meeresoberfläche) - Sea surface Grenzfläche zwischen >Atmosphäre und >Hydrosphäre. Der aktuelle Meeresspiegel unterliegt zahlreichen, räumlich und zeitlich stark variierenden Einflüssen. Oberflächenwellen werden durch Schwankungen des Wind- und Luftdruckfeldes angeregt. Der Meerespiegel steigt und fällt vor allem an den Küsten durch die Anziehungskräfte von Sonne und Mond im etwa halb- und ganztägigen Rhythmus (>Gezeiten). Der Meeresspiegel tendiert dazu, Luftdruckschwankungen auszuglei-chen (siehe >inverser Barometereffekt). Schließlich ergeben sich Wasserstandsänderungen durch Verlagerung von Meeres-strömungen und Dichteunterschiede des Wassers, die durch Veränderungen von Temperatur- und Salzgehalt verursacht werden. Sekundärkräfte wie die Corioliskraft, Reibung und Reflexion beeinflussen ebenfalls den Meerespiegel. Der >mittlere Meeresspiegel richtet sich in erster Näherung nach dem Erdschwerefeld, d.h. senkrecht zur Lotrichtung aus.

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Meerestopographie - Sea surface topography Differenz zwischen dem aktuellen >Meeresspiegel und dem >Geoid. Sie beträgt ca. 1 - 2 m und bildet sich durch nicht-gravitative Kräfte wie hydrostatische und hydrodynamische Vorgänge aus. Die Meerestopographie läßt deshalb grundsätzlich Rückschlüsse auf Meeresströmungen zu, ist aber mit ausreichender Genauigkeit schwierig zu bestimmen. Eine geometrische Bestimmung durch Differenzbildung von Meeresspiegel und Geoid ist nur für langwellige Strukturen sinnvoll, solange das Geoid für kurze Wellenlängen keine cm-Genauigkeit aufweist. Mit Hilfe der Bahnverfolgung von Satelliten (>Gravitations-feldbestimmung mittels Satellitenmethoden und den Messungen der >Altimetrie werden Meerestopographie und Schwerefeld gemeinsam geschätzt. Das Fehlerbudget erzwingt dabei jedoch auch eine Beschränkung der Meerestopographie auf großska-lige Strukturen. Die >dynamische Topographie liefert nur relative Höhen und beruht nur auf hydrostatischen Annahmen. Sie kann deshalb nur einen Teil der Meerestopographie und diesen nur relativ approximieren.

Mehrdeutigkeitslösung >Phasenmehrdeutigkeiten.

Mehrdeutigkeitssuchfunktionen Algorithmen zur Festsetzung der >Phasenmehrdeutigkeiten bei >GPS.

Mehrdimensionale Geodäsie Sammelbezeichnung für mehrere unterschiedliche Methoden der Messung, Rechnung und Abbildung in der >Geodäsie. Als Wissenschaft von Raum und Zeit im Bereich des Planeten kann Geodäsie nur in dessen vier Dimensionen, drei räumlichen und einer zeitlichen, arbeiten. Sie sind in bestimmten Entwicklungsetappen entstandene Unterscheidungen von Methoden: >vierdimensionale (bzw. drei+eindimensionale) Geodäsie, >dreidimensionale Geodäsie, >zwei+eindimensionale Geodäsie. Die Abbildung geodätischer Erkenntnisse, die geodätische Information, hat - formal - immer fünf Dimensionen: drei räumli-che, eine zeitliche und eine charakterisierende (Art des topographischen Objekts).

Meridian - Meridian 1. astronomischer Meridian: Halbkreis auf der Richtungskugel mit dem Mittelpunkt im Beobachtungspunkt oder im Geozent-rum, der sich durch den Schnitt der Ebene, die parallel zur Rotationsachse der Erde und zur Lotrichtung im Beobachtungs-punkt ist mit der Richtungskugel ergibt. 2. geodätischer Meridian: Halbellipse, die durch den Schnitt des >Rotationsellipsoids mit einer Halbebene entsteht, die von der kleinen (polaren) Ellipsoidhalbachse begrenzt wird. Jedem Meridian ist eindeutig eine geographische Länge L, 0 360L° ≤ ≤ ° , zugeordnet. Die Meridiane bilden zusammen mit den >Parallelkreisen ein orthogonales Parameternetz auf dem Rotationsellipsoid.

Meridian von Greenwich - Greenwich meridian Nullmeridian der astronomisch und geodätisch definierten Längen.

Meridianbogen - Arc of meridian Ein von zwei Punkten verschiedener geographischer Breite abgegrenzter Teil des Meridians einer geodätischen Bezugsflä-che.

Meridiandurchgang (Kulmination) - Meridian transit (culmination) Durchgang eines Gestirns durch den lokalen Meridian des Beobachters.

Meridianellipse - Meridian ellipse Ellipse, die durch den Schnitt des >Rotationsellipsoids mit einer Ebene entsteht, die die kleine (polare) Ellipsoidhalbachse enthält.

Meridianhöhe - Meridional height Die beim Meridiandurchgang erreichte Höhe eines Gestirns über dem scheinbaren Horizont.

Meridiankonvergenz - Meridian convergence 1. sphärische bzw. ellipsoidische Meridiankonvergenz, siehe >Geodätische Parallelkoordinaten, 2. Gaußsche, ebene Meridiankonvergenz, siehe >Gauß-Krüger-Koordinaten.

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Meridiankrümmungshalbmesser - Radius of curvature in the meridian Einer der >Hauptkrümmungsradien des >Rotationsellipsoides. Er liegt in der Meridianebene durch den betrachteten Punkt. Der andere Hauptkrümmungsradius ist der <Querkrümmungshalbmesser.

Meridianschnitt - Meridional section Schnittkurve einer Rotationsfläche mit einer Ebene, die die Rotationsachse der Fläche enthält.

Meridianstreifen - Meridional zone Ein von zwei Meridianen begrenztes Flächenstück, siehe >Meridianstreifensystem.

Meridianstreifensystem >Gauß-Krüger- Koordinaten, >UTM-Koordinaten.

Meridionale Lotabweichungskomponente - South-north component of the deflection of the vertical Komponente der >astrogeodätischen Lotabweichung in Breite. Die andere Komponente ist die Lotabweichung in Länge (longitudinale Lotabweichungskomponente).

Messkunde >Metrologie

Messtechnik >Metrologie

MESZ (Mitteleuropäische Sommerzeit) In den Sommermonaten (derzeit Ende März bis Ende Oktober) wird die amtliche Zeit >MEZ um eine Stunde vorgestellt. Die Begründung, dass dadurch Energie eingespart würde, ist allerdings umstritten.

Methode der Höhenstandlinien - Method of position line by altitude Ein in der Nautik gebräuchliches halbgraphisches Verfahren der geographischen Ortsbestimmung aus den zu bekannter mittlerer Zeit von Greenwich gemessenen Höhenwinkeln der Komponenten geeigneter Sternpaare. Mit Näherungswerten der geographischen Koordinaten wird für jeden Stern eine Standlinie gerechnet und in die Karte eingetragen. Der Schnittpunkt beider Standlinien gibt die Beobachtungsposition.

Methode der kleinsten Quadrate - Least squares method >Ausgleichungsrechnung

Methode gleicher Höhen - Method of corresponding altitudes >Simultane astronomische Ortsbestimmung.

Metrische Höhe - Metric heights Durch ein Längenmaß charakterisierte Höhe; sie kann nicht notwendigerweise als metrischer Abstand von einer >Höhenbe-zugsfläche interpretiert werden. >Geometrische Höhen sind immer metrischer Natur, während >physikalische Höhen i.a. keine metrischen Höhen sind; sie können aber durch geeignete Faktoren in metrische Höhen überführt werden. Man spricht dann von physikalisch definierten metrischen Höhen.

Metrologie - Metrology Wissenschaft vom Messen, d. h. von der Quantifizierung qualitativer Sachverhalte. Ihr Ziel liegt in der Schaffung und dem richtigen Gebrauch der theoretischen, methodischen und instrumentellen Voraussetzungen und Mittel für die Bestimmung geordneter Mengen von Elementen gleicher Art und Eigenschaften. Ihre Hauptgebiete sind die Meßkunde als ein System von theoretischen Aussagen und methodischen Regeln sowie die Meßtechnik, bestehend aus den Meß- und Hilfsmitteln und methodischen Regeln für ihre Anwendung im konkreten Fall. Die Metrologie bietet das allgemeine wissenschaftliche Fun-

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dament für die unterschiedlich gearteten Meßaufgaben in verschiedenen Disziplinen von Wissenschaft und Technik, so in starkem Maße auch für die >Geodäsie.

MEZ (Mitteleuropäische Zeit) Zeitzone entlang des 15. Längengrades (Ost), die um eine Stunde (später) von der >Weltzeit abweicht.

mGal (milliGal) >Schwereeinheiten.

Mikrochannel-Plate Photomultiplier >Photomultiplier, >Detektor, empfindlich für sehr geringe Lichtmengen, wandelt Lichtpulse in elektronische Impulse um. Wird in der >Laserentfernungsmessung eingesetzt. Sie zeichnen sich durch besonders hohe Lichtempfindlichkeit (Quantenef-fizienz) und eine besonders konstante interne Laufzeit aus.

Minkowskische Raumzeit - Minkowski space time >Bezugssystem der >speziellen Relativitätstheorie Einsteins für Raum und Zeit. Im Unterschied zur >Newtonschen Raumzeit ist in der Minkowskischen Raumzeit die Gleichzeitigkeit von Ereignissen relativ, d.h. vom Bezugssystem abhängig. Dagegen ist in der >Einsteinschen Raumzeit (Bezugssystem der >allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins) die Gleichzeitigkeit von Ereignissen vom Bezugssystem und vom Gravitationsfeld abhängig. In der Minkowskischen Raumzeit unterscheidet man wie in der Einsteinschen Raumzeit zwischen >Eigenzeit und >Koordinatenzeit. Es gibt kein globales Bezugssystem mehr für die Zeit, sondern viele lokale Bezugssysteme. Dagegen kann der Raumanteil der Minkowskischen Raumzeit noch als absolu-tes Element betrachtet werden. In der Minkowskischen Raumzeit gilt die Minkowskische Metrik während in der Einstein-schen Raumzeit die Einsteinsche Metrik gilt. Die Struktur der Minkowskischen Raumzeit kann wie die der Newtonschen Raumzeit im Unterschied zur Struktur der Einsteinschen Raumzeit als flach angesehen werden.

Minute - Minute Der 1440. Teil eines Tages bzw. der 60.Teil einer Stunde; dient zur Zeitmessung.

Mittelbreitenformel - Mid-latitude formula Spezielle Potenzreihen zur Lösung der geodätischen Hauptaufgaben.

Mittelpunktsgleichung - Equation of center >Wahre Anomalie minus >mittlere Anomalie. Differenz zwischen dem aktuellen Winkel in der elliptischen Bewegung und dem Winkel, den der Körper bei einer konstanten Winkelgeschwindigkeit einnehmen würde.

Mittelpunktsgleichung des Rotationsellipsoides Gleichung des Rotationsellispoides in rechtwinklig-kartesischen Koordinaten, wenn der Ursprung des rechtwinklig-kartesischen Koordinatensystems in den Mittelpunkt des Rotationsellipsoides gelegt wird und die z-Achse in Richtung der kleinen Halbachse zeigt.

Mittlere Anomalie - Mean anomaly Der Zeit proportional veränderliche Winkelangabe zur Beschreibung der Lage eines Massenpunktes in der Keplerbahn. Die mittlere Anomalie ist das Produkt aus der >mittleren Bewegung und der Zeit seit dem Durchgang durch das >Perizentrum.

Mittlere Bewegung - Mean motion Konstante Winkelgeschwindigkeit eines fiktiven Körpers mit derselben Umlaufzeit wie ein realer Körper in ungestörter elliptischer Bewegung auf einer Bahn mit vorgegebener großen Halbachse.

Mittlere Koordinaten eines Gestirns (mittlerer Sternort) - Mean coordinates of a celestial body (mean place of a star) Diejenigen Koordinaten, die sich auf ein bestimmtes mittleres Äquinoktium beziehen.

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Mittlere Normalschwere - Mean normal gravity Mittelwert der >Normalschwere auf dem >Niveauellipsoid. Die mittlere Normalschwere ist von den Parametern des >Geodä-tischen Referenzsystems abhängig und nimmt für das >GRS 80 den Zahlenwert 9.797 644 656 m/s2 an; oft verwendet man den Näherungswert 9.80 m/s2.

Mittlere Ortssternzeit - Mean local siderial time >Mittlere Sternzeit, bezogen auf den lokalen Ort.

Mittlere Ortszeit - Local mean time Mittlere Sonnenzeit des durch den Ort verlaufenden Meridians.

Mittlere Sonne (fiktive Sonne) - Mean sun (fictitious sun) Fingiertes Gestirn, das gleichzeitig mit der wahren Sonne durch den Frühlingspunkt geht und sich mit gleichförmiger Ge-schwindigkeit auf dem Himmelsäquator bewegt.

Mittlere Sonnenzeit - Mean solar time Unter Annahme einer sich gleichmässig bewegenden Sonne (in Wirklichkeit einer gleichmässig um die Sonne laufenden Erde) und einer gleichmässig rotierenden Erde kann eine mittlere Sonnenzeit definiert werden, die dem um 12 erhöhten >Stundenwinkel (modulo 24) der mittleren Sonne entspricht.

Mittlere Sternzeit - Mean sidereal time Unter Annahme einer gleichmässig rotierenden Erde, der >Stundenwinkel des >Frühlingspunktes von >Greenwich aus gese-hen.

Mittlere Sternzeit Greenwich - Greenwich Mean Siderial Time Mittlere Sternzeit für die Orte, die auf dem >Meridian von Greenwich liegen (>GMST).

Mittlere Zeit von Greenwich (Weltzeit) - Greenwich mean time Die mittlere Ortszeit des Meridians von Greenwich und daher Epoche der astronomischen Ephemeriden.

Mittlerer Abstand - Mean distance Halbachse einer elliptischen Bahn.

Mittlerer Meeresspiegel - Mean sea level Die über längere Zeiträume gemittelte Meeresoberfläche. Sie richtet sich in erster Näherung nach dem Erdschwerefeld, d.h. senkrecht zur Lotrichtung aus, fällt jedoch nicht völlig mit einer Äquipotentialfläche des Erdschwerefeldes, bzw. dem >Ge-oid zusammen. Durch stationäre Strömungsysteme bildet sich zusätzlich eine permanente >Meerestopographie von 1-2 m aus. Schließlich unterliegt der mittlere Meerespiegel einer ständigen Deformation von ca. 0,1 - 0,2 m durch die >permanente Tide von Sonne und Mond. Der mittlere Meeresspiegel wird beschrieben durch >Meereshöhen, die als Abweichungen von einem mittlerem >Erdellipsoid ähnliche Beträge besitzen wie die >Geoidundulationen. Die genaue Kartierung des Mittleren Meeresspiegels ist durch >Satellitenaltimetrie möglich. Durch den dominanten Einfluß des Erdschwerefeldes und die unre-gelmäßige Verteilung der Erdmassen bilden sich im mittleren Meeresspiegel tektonische Strukturen wie Tiefseegräben, Bruchzonen und unterseeische Berge ab.

Mittlerer Ort - Mean place Heliozentrische Koordinaten eines Himmelsobjektes, die sich auf den mittleren Äquator und den mittleren Frühlingspunkt der Standardepoche (J2000) beziehen.

Mittlerer raumfester Bezugsrahmen - Mean celestial reference frame >Bezugsrahmen, >Bezugssystem

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Mittlerer Sonnentag (mittlerer Tag) - Mean solar day (mean day) Das Zeitintervall von der mittleren Länge des wahren Sonnentages.

Mittleres Äquinoktium - Mean equinox Die mittleren Lagen von Himmelsäquator und Frühlingspunkt zu einer bestimmten Epoche.

Mittleres Erdellipsoid - Mean ellispoid Es gibt zwei gleichwertige Definitionen: a) Physikalische Definition: Globale Approximation des Geoides durch ein Niveauellipsoid. Für die Parameter Masse, Schwerepotential, dynamische Abplattung und Rotationsgeschwindigkeit werden in den Formeln für das >Niveauellipsoid die entsprechenden Werte für die Erde (Schwerepotentialwert des Geoides) eingesetzt. b) Geometrische Definition: Globale Approximation des Geoides durch ein Rotationsellipsoid, so dass Geoidhöhen, Lotab-weichungen oder Schwereanomalien gewissen Minimumsbedingungen genügen.

MJD (Modifiziertes Julianisches Datum) - MJD (ModifiedJulian Date) >Modifiziertes Julianisches Datum.

Modelle der Gradvarianzen - Models of degree variances Modelle der Gradvarianzen sind bedeutsam bei der Approximation und Prädiktion physikalischer Feldfunktionen, wie bei-spielsweise des Gravitationspotentials. Häufig verwendet wird das von Kaula 1959 angegebene empirische globale Modell der Gradvarianzen für das Gravitationspotential ("Kaula's rule of thumb").

Modifiziertes Julianisches Datum (MJD) - Modified Julian Datum (MJD) Wurde eingeführt, um das >Julianische Datum JD mit den relativ grossen Tageszahlen etwas handlicher zu gestalten. Aus-serdem beginnt MJD um Mitternacht: MJD = JD - 2400 000,5.

Molodensky-Badekas-Modell - Molodensky-Badekas-Model Modell zur >Transformation zwischen globalen Koordinatensystemen (Datumstransformationsmodell). Es ist dadurch ausge-zeichnet, dass der Drehpunkt im Fundamentalsystem eines regionalen Netzes angenommen wird und die Drehachsen den Koordinatenachsen des >konventionellen Geodätischen Koordinatensystems entsprechen.

Molodensky-Problem - Molodensky-Problem Freies geodätisches Randwertproblem mit dem Ziel, die Geometrie der Erdoberfläche und das äußere Schwerefeld der Erde aus geodätischen Beobachtungen auf der Erdoberfläche zu bestimmen. Das Problem wurde in dieser Form von M.S. Molo-densky in den Jahren 1940-1950 erstmals formuliert. Die für die Praxis der Erdmessung wichtigste von verschiedenen Vari-anten ist die Formulierung auf der Grundlage des skalaren freien >geodätischen Randwertproblems: Auf der Erdoberfläche S, die alle Massen des Erdkörpers einschließt, sind >Schwerewerte g(B,L) und >geopotentielle Koten C(B,L) als kontinuierliche Funktionen der >geographischen Koordinaten B,L gegeben. Die geographischen Breiten B und Längen L beziehen sich auf ein dem Erdkörper mittels einer geodätischen >Datumsfestlegung angeheftetes Referenzellipsoid E, dessen kleine (polare) Halbachse in Richtung der Erdrotationsachse zeigt. Der Erdkörper rotiere mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit um die raum- und körperfeste Rotationsachse. Die meßbaren Schwerewerte gP und geopotentiellen Koten CP in beliebigen Punkten P der Randfläche S dienen als Randwerte, die mit dem Schwerepotential W durch Randbedingungen funktional verknüpft sind. Ziel des Molodensky-Problems ist die Bestimmung der auf die Ellipsoidnormale durch P bezogenen ellipsoi-dischen Höhe hP sowie des Schwerepotentials im Außenraum der Erde, welches die (um den Zentrifugalterm) erweiterte Laplacesche Differentialgleichung erfüllt. Um die geforderte Ausgangssituation herzustellen, sind an den meßtechnisch bestimmten Schwerewerten und geopotentiellen Koten zunächst Gezeiten- und atmosphärische Reduktionen anzubringen, um rechnerisch die Wirkungen der im Außenraum der Erde tatsächlich existierenden Massen von Sonne und Mond sowie der Atmosphäre zu beseitigen. Auch geodynamische Effekte sind ggf. durch Reduktionen der Randwerte zu berücksichtigen. Da die ellipsoidische Höhe der Randpunkte P unbe-kannt ist, gehört das Molodensky-Problem zur Klasse der freien Randwertprobleme. Die durch die Randbedingungen herge-stellten Beziehungen zwischen den Unbekannten und den beobachtbaren Größen (Observablen) sind nichtlinear und können durch Einführung von Näherungen für die unbekannte Potentialfunktion W(x) und die unbekannte ellipsoidische Höhe h(B,L) linearisiert werden. Als Approximation für das Potential W benutzt man ein >Normalschwerepotential, i. allg. das Potential U eines >Niveauellipsoids, so daß W aus dem bekannten Normalpotential U und dem noch unbekannten Störpoten-tial T zusammengesetzt ist, W=U+T. Da die Zentrifugalanteile in W und U identisch sind, ist das Störpotential im Außen-raum der Erdoberfläche S harmonisch und im Unendlichen regulär. Eine Approximation der Randfläche S wird mit Hilfe einer Telluroidabbildung konstruiert: Zu jedem Oberflächenpunkt P wird ein Telluroidpunkt Q bestimmt, der auf derselben Ellipsoidnormale liegt (BQ=BP, LQ=LP) und für den weiter gilt: U0-UQ=CP. (U0 Normalpotential auf dem Referenzellipsoid

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E); aus dieser Bedingung folgt die >ellipsoidische Höhe hQ des Punktes Q, die mit der >Normalhöhe des Punktes P zahlen-mäßig identisch ist. Die Menge aller den Punkten P zugeordneten Bildpunkte Q erzeugt das Telluroid S' als Näherung der Erdoberfläche. Damit läßt sich die ellipsoidische Höhe hP in die bekannte Normalhöhe HP und ein unbekanntes Reststück, die Höhenanomalie zP, zerlegen. Nach Linearisierung und weiteren Vereinfachungen (sphärische Approximation) ergeben sich aus den Randbedingungen das Theorem von Bruns sowie die Fundamentalformel der Physikalischen Geodäsie, welche in diesem Zusammenhang auch als Freiluftanomalie bezeichnet wird. Die Fundamentalformel der Physikalischen Geodäsie ist als Randbedingung zu der außerhalb des Telluroids gültigen Feldgleichung aufzufassen; dieses Randwertproblem gehört zur Klasse der schiefachsigen >Randwertprobleme der Potentialtheorie. Eine analytische Lösung dieses >Geodätischen Randwertproblems ergibt sich in Form einer Reihenentwicklung, deren Hauptterme durch die >Stokessche Integralformel gegeben werden. Das gravimetrische Zusatzglied beschreibt den Einfluß der unregelmäßigen Geländegestalt und ist im we-sentlichen der >Geländereduktion äquivalent. Eine entsprechende Formel kann auch für das Störpotential T angegeben wer-den. Verfeinerungen der hier skizzierten Theorie von Molodensky betreffen die Berücksichtigung von nichtlinearen Termen der Reihenentwicklungen sowie die Einbeziehung der Elliptizität der Erde. Während in der klassischen Geodäsie das Molo-densky-Problem im Zusammenhang mit der Bestimmung von ellipsoidischen Höhen für Punkte der Erdoberfläche gesehen wurde, liegt nunmehr, nachdem die ellipsoidischen Höhen über Satellitenmethoden ermittelt werden können, der Schwer-punkt auf der Ermittlung von >Normalhöhen mittels der umgestellten Formel HP=hP-zP. Wenn zP nach der Theorie von Mo-lodensky aus gravimetrischen Messungen bestimmt wird, sind hierfür keine zeitaufwendigen Nivellements mehr notwendig.

Monat - Month Im Mittel der 12. Teil eines Jahres; einige Monate umfassen 31 Tage, einige 30, der Monat Februar variabel 29 oder 28 Tage, jenachdem ob ein Schaltjahr vorliegt oder nicht (>Gregorianischer Kalender).

Mondfinsternis - Lunar eclipse Verfinsterung des Mondes durch den Erdschatten.

Mondgeodäsie - Moon geodesy Selenodäsie (Selene: griechische Mondgöttin), ein objektgerichtetes Aufgabenfeld der >Geodäsie. Ziele sind die Vermessung und Abbildung von Figur, Oberfläche und Schwerefeld des Erdmondes im Rahmen der Selenologie (Mondforschung). Die Messungen erfolgten früher nach astrometrischen Methoden, heute fast ausschließlich von unbemannten Raumsonden aus nach Methoden der >Photogrammetrie, >Fernerkundung und >Gravimetrie auf bewegten Trägern.

Mondkalender - Moon calendar Zeitzählung, die sich am Mondlauf orientiert. Insbesondere in der islamischen Welt gebräuchlich.

Mondphasen - Phases of the moon Die Lichtformen des Mondes im Verlauf einer >Lunation.

Morgenweite Winkel zwischen Aufgangspunkt eines Gestirns (insbes. der Sonne) und dem Ostpunkt des Horizonts. Entspr. Abendweite, bezogen auf den Westpunkt.

MOZ >Mittlere Ortszeit.

MTLRS (Modulares Transportables Laser Ranging System) Mobiles Laserentfernungsmeßsystem für den Einsatz in geodynamischen Projekten z.B. im Bereich des östlichen Mittel-meers (WEGENER, MEDLAS), zur punktuellen Beobachtung von Bewegung der Erdkruste. Es gibt nur zwei Systeme vom Typ MTLRS. Es wurde als Gemeinschaftsprojekt der Technischen Universität Delft und dem Institut für Angewandte Geo-däsie (IfAG), heute Bundesamt für Kartographie und Geodäsie einwickelt.

Multipath Mehrwegeausbreitung von Messgrössen, insbesondere bei >GPS von Bedeutung. In der Umgebung der Empfangsantenne kann es durch reflektierende Oberflächen zu Umwegsignalen und Signalüberlagerungen kommen. Multipath hängt von der geometrischen Anordnung der verwendeten Satelliten ab und zeigt typische Periodenlängen von etwa 15 bis 30 Minuten. Für einen gegebenen Aufstellungsort wiederholt sich der Multipatheffekt nach 24 Stunden Sternzeit. Bei Trägerphasenmessungen

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können die Positionsegebnisse durch Multipath um wenige Zentimeter und bei Codemessungen bis zu einigen Metern ver-fälscht werden. Multipath gehört damit zu den am meisten kritischen Fehlerquellen bei GPS. Einzelne Hersteller von >GPS-Empfängern bieten Optionen zur Multipathunterdrückung an. Durch längere Messdauer lassen sich die Effekte weitgehend herausmitteln.

Nadir - Nadir Richtung des Schwerevektors (Lotrichtung); entgegengesetzte Richtung zum Zenit.

Nadirdistanz - Nadir distance Vertikalwinkel, dessen Nullrichtung zum Nadir weist.

Natürliche Koordinaten - Natural coordinates Im Schwerefeld der Erde definierter Satz von drei Koordinaten zur Beschreibung einer Position im Raum. Er setzt sich aus den >astronomischen Koordinaten Länge L und Breite B und dem Wert des Schwerepotentials W in einem Punkt P zusam-men. Die astronomische Breite B wird vom Äquator aus nach Norden positiv und nach Süden negativ gezählt. Die astrono-mische Länge L ist der Winkel zwischen den astronomischen Meridianebenen von Greenwich und des Punktes P und wird nach Osten positiv gezählt. Der in Richtung des >Nadirs weisende >Schwerevektor (>Lotrichtung) kann mit dem Zenitrich-tungseinheitsvektor mit Hilfe von B und L dargestellt werden. Bei bekanntem >Schwerefeld der Erde ist mit den natürlichen Koordinaten die Lage eines Punktes P bzgl. des >globalen geozentrischen Koordinatensystems bekannt: P liegt im Schnitt-punkt der gekrümmten Koordinatenflächen L=const, B=const, W=const. Mit dem Gradienten des Schwerepotentials, g=gradW kann ein Zusammenhang zwischen den natürlichen Koordinaten (B,L,W) und den rechtwinklig kartesischen Koor-dinaten (x,y,z) hergestellt werden. Die Methoden der >Geodätischen Astronomie liefern im Prinzip die Breite und Länge (>astronomische Breitenbestimmung, >astronomische Zeit- und Längenbestimmung). Das >Schwerepotential läßt sich (be-zogen auf das >Vertikaldatum) mit Hilfe des >geodätischen Nivellements messen. Die Genauigkeit einer Positionsbestim-mung des Punktes P hängt davon ab, wie genau die Funktion W(x,y,z) bekannt ist. In diesem Zusammenhang spricht man häufig auch von astronomischer bzw. geographischer Ortsbestimmung (>astronomische Ortsbestimmung, >simultane astro-nomische Ortsbestimmung). Eine weitere Möglichkeit besteht in der >Transformation natürlicher Koordinaten in ellipsoidi-sche Koordinaten und der anschließenden Transformation in das >globale geozentrische Koordinatensystem (>Transformati-on zwischen globalen Koordinatensystemen). Auch hierfür sind die Methoden der Geodätischen Astronomie erforderlich.

Nautik - Nautics >Meeresgeodäsie

Nautische Dämmerung - Nautic(al) twilight >Dämmerung.

Nautisches Dreieck - Nautical triangle >Astronomische Dreieck.

Navigation - Navigation >Satellitennavigation; >Radionavigation.

Navstar-GPS >Global Positioning System, Satellitennavigationssystem.

Navy Navigation Satellite System (NNSS) >Transit, satellitengestütztes Radionavigationssystem.

Neigung der Bahnebene (Bahnneigung) - Inclination of orbit (orbital inclination) Der im aufsteigenden Knoten zwischen der Bahnebene und einer Fundamentalebene durch den Massenmittelpunkt des Sys-tems zweier Massen gebildete Winkel i. Für 0 < i....90° heißt die Bewegung in der Bahn direkte (prograde) Bewegung, für 90° < i...180° retrogarde Bewegung; >Keplersche Bahnelemente.

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Netz - Network (framework, net) 1) System flächenhaft verteilter Beobachtungsstationen, deren Bestimmung durch die Beobachtung der Verbindungslinien der Beobachtungsstationen erfolgt, wodurch eine netzartige Struktur entsteht, 2) Netz von Koordinatenlinien auf einer Fläche F(u,v) mit den Koordinatenlinien u = const und v = const.

Netzausgleichung - Net adjustment Auswertung der in einem geodätischen >Netz gemessenen Beobachtungen mit Hilfe der >Ausgleichungsrechnung. In der Regel werdenauf den Punkten geodätischer Netze mehr Beobachtungen durchgeführt, als zur eindeutigen Festlegung der Punktkoordinaten und ggf. weiterer Parameter erforderlich sind. Die aus den unvermeidbaren Beobachtungsungenauigkeiten entstehenden Widersprüche in den Beobachtungsgleichungen werden durch Hinzufügen von Beobachtungsverbesserungen v unter der Minimumsbedingung der Ausgleichungsrechnung vTPv = min. (P Matrix der Beobachtungsgewichte) beseitigt. Da die Koordinaten der geodätischen Netzpunkte aus geodätischen Beobachtungen erst nach Festlegung eines >geodätischen Datums definiert sind, enthält die Normalgleichungsmatrix einen >Datumsdefekt, der durch Einführung von externen Bedin-gungsgleichungen aufgehoben wird. Führt man die für die Beseitigung des Datumsdefekts exakt notwendige Zahl und Art von Bedingungen, die sog. Datumsbedingungen ein, so bezeichnet man diese Vorgehensweise als freie Netzausgleichung; wird eine größere Anzahl von Bedingungen gewählt, so spricht man von einem Netz mit Zwangsanschluß.

Newtonsche Raumzeit - Newtonian space time >Bezugssystem der Newtonschen Mechanik für Raum und Zeit. Die Newtonsche Raumzeit ist charakterisiert durch ein absolutes Bezugssystem für die Zeit und ein davon unabhängiges absolutes Bezugssystem für den Raum. In der Newtonschen Raumzeit ist die Gleichzeitigkeit von Ereignissen möglich. Es gilt die Euklidsche Metrik, weshalb man auch von einem ebenen Raum spricht. Als globales Bezugssystem kann ein >Inertialsystem zugrunde gelegt werden.

Newtonsches Gravitationsgesetz - Newton's law of gravitation >Gravitation.

Newton-System - Newton system Rein translatorisch sich bewegendes freifallendes >Bezugssystem mit beliebig beschleunigtem Ursprung. Das Newton-System stellt ein lokales >Inertialsystem in der Umgebung des Urspungs des Bezugssystems dar. Man bezeichnet es auch als Quasi-Inertialsystem. Ein Inertialsystem wird durch ein Newton-System um so besser approximiert, je homogener das Gravi-tationsfeld ist, in dem das Newton-System frei fällt. Man erhält zunehmend bessere Approximationen für ein Inertialsystem, wenn der Ursprung des Newton-Systems sich in den folgenden Massenzentren befindet: - Geozentrum: Massenzentrum der Erde, - Baryzentrum des Erde-Mond-Systems: Massenzentrum des Erde-Mond-Systems, - Heliozentrum: Massenzentrum des Sonnensystems, - Galaktisches Zentrum: Massenzentrum der Milchstraße.

Nichtinertialsystem - Non-Inertial system >Bezugssystem, in dem die Bedingungen für ein >Inertialsystem nicht erfüllt sind.

Niedere Geodäsie Methodische Begriffsbildung der >Geodäsie nach F. R. Helmert. Sie erfolgte analog zu dem früher gebräuchlichen Begriff "niedere Geometrie" zur Unterscheidung von der >"höheren Geodäsie". "Niedere" umfaßte die geometrischen bzw. geodäti-schen Theorien der Geraden und ebenen Flächen, in der Geodäsie die Benutzung der Ebene als Bezugsfläche für Rechnung und Abbildung. Das ist in Gebieten geringer Ausdehnung möglich, wo die Krümmung der Erdoberfläche näherungsweise vernachlässigt werden kann.- Weil den beiden Begriffen im Laufe der Zeit Wertungen im Sinne von einfach-schwierig oder unbedeutend-bedeutend unterstellt wurden, werden sie heute nur noch wenig angewandt.

Niedrig-Niedrig-SST - Low-low SST >Meßverfahren der >Satellitengeodäsie, bei der die Relativbewegung zweier niedrig fliegender Satelliten gemessen wird (Satellite to Satellite Tracking - >SST).

Niveauellipsoid - Level ellipsoid Erdmodell, welches sowohl die Figur als auch das Schwerefeld der Erde global annähert. Nach dem Theorem von Stokes ist das Schwerepotential im Außenraum einer gegebenen, um eine raumfeste Achse mit konstanter Winkelgeschwindigkeit w rotierende Fläche S eindeutig bestimmt, wenn das Schwerepotential auf S bekannt ist. Da ein an den Polen abgeplattetes >Rotationsellipsoid mit der großen Halbachse a und der kleinen Halbachse b die Figur der Erde bereits recht gut annähert,

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wird in der Regel ein solches Ellipsoid als geometrisches Erdmodell gewählt. Ferner wird vorausgesetzt, dass dieses Rotati-onsellipsoid um die kleine, polare Halbachse mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit w rotiert und das aus Gravitations- und Zentrifugaltermen zusammengesetzte Normalschwerepotential auf der Oberfläche des Rotationsellipsoids konstant ist. Ein mit diesen Eigenschaften ausgestattetes Rotationsellipsoid nennt man Niveauellipsoid. Über die das Normalschwerefeld im Außenraum des Niveauellipsoids erzeugende innere Massenverteilung wird nichts ausgesagt. Nach der von P. Pizetti (1894) und C. Somigliana (1929) entwickelten Theorie des Niveauellipsoids gelingt eine geschlossene Darstellung des zuge-hörigen >Normalschwerepotentials im System der elliptischen Koordinaten. Mit dem auf der Ellipsoidoberfläche konstantem Normalschwerepotential U = U0, der Winkelgeschwindigkeit w und der großen Halbachse a sowie der kleinen Halbachse b ist das Normalpotential eindeutig festgelegt; anstelle dieses Parametersatzes kann auch das Quadrupel a, J2, GM, w benutzt werden, wobei J2=-C20 der zonale >Kugelfunktionskoeffizient zweiten Grades ist und GM die >geozentrische Gravitations-konstante bedeutet. Numerische Werte dieser vier Fundamentalparameter sind von der >IAG offiziell in den >Geodätischen Referenzsystemen, zuletzt >GRS80, festgelegt worden. Durch Gradientenbildung des Normalpotentials U entsteht der Nor-malschwerevektor g=gradU, dessen Betrag als >Normalschwere bezeichnet wird. Der Normalschwerevektor g steht in jedem Punkt P senkrecht auf der durch P laufenden Äquipotentialfläche U=U(P)=const. Eine solche, durch einen beliebigen Punkt P verlaufende Äquipotentialfläche des Normalschwerefeldes wird auch als Sphärop bezeichnet; mit Ausnahme der Randfläche des Niveauellipsoids sind diese Äquipotentialflächen keine Ellipsoide. Aus der Theorie von Somigliana und Pizzetti folgt das Theorem von Clairaut, welches die geometrische Abplattung mit der gravimetrischen Abplattung verbindet. Da die ellipti-schen Koordinaten wenig anschaulich sind, geht man gewöhnlich auf die in der Praxis häufig verwendeten Polarkoordinaten über, wodurch die geschlossene Darstellung des Normalpotentials U in eine unendliche Kugelfunktionsreihe über geht. Die Reihe enthält nur zonale Kugelflächenfunktionen von geradem Grad, die als Funktionen der ersten numerischen Exzentrizität des Ellipsoides und des Kugelfunktionskoeffizienten zweiten Grades J2 dargestellt werden können. Diese Reihe konvergiert sehr rasch, so dass in der Regel eine Summation bis n=4 ausreicht.

Niveaufläche (Äquipotentialfläche) - Level surface (equipotential surface) Gesamtheit aller Punkte, in denen das >Potential einen konstanten Wert aufweist. Der Gradient des >Potentials steht immer senkrecht auf einer Äquipotentialfläche; die Gradienten in den Punkten einer Äquipotentialpäche haben i.a. verschiedene Beträge und Richtungen. Die Gleichung der Aquipotentialfläche des >Potentials u lautet in rechtwinkligen Koordinaten u( x,y,z) = const.

Niveausphäroid - Level spheroid >Sphäroid.

Nivellementnetz (Nivellementfestpunktfeld) - Levelling network >Höhennetz, in dem die Punkte des >Höhenfestpunktfeldes durch die Methode des >geodätischen Nivellements bzw. des >geometrischen Nivellements verbunden sind.

Nivellementpunktfeld (Nivellementnetz) Gesamtheit der durch >geodätisches Nivellement bestimmten Höhenfestpunkte (Nivellementpunkte) eines >Höhenfestpunkt-feldes. Das Nivellementpunktfeld ist die Grundlage der amtlichen Höhenvermessungen. Es ist nach Ordnungen von 1 bis 4 gegliedert (1 repräsentiert die genaueste Ordnung).

Normale - Normal Eine in einem Kurvenpunkt zur Kurventangete in diesem Punkt senkrechte Gerade. Die in der Schmiegungsebene enthaltene Normale heißt Hauptnormale, die senkrecht auf der Schmiegungsebene stehende Normale heißt Binormale (>Flächennorma-le).

Normale Schwerebeschleunigung - Normal acceleration of gravity Gradient des >normalen Schwerepotentials (< Normalschwere, <Niveauellipsoid).

Normaler Schweregradient - Normal gravity gradient >Schweregradient des >normalen Schwerepotentials (<Niveauellipsoid).

Normales Schwerepotential - Normal geopotential Potential des Schwerefeldes eines Erdmodells (>Niveauellipsoid).

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Normalgleichungsmatrix - Normal equations Quadratische Matrix, die im Zuge der >Ausgleichungsrechnung berechnet wird.

Normalhöhe - Normal height Abstand eines Punktes P von einem auf dem >Quasigeoid zugeordneten Punkt P'. Die Normalhöhe ist eine Variante der physikalisch definierten >metrischen Höhen. Sie ist ein Element der Theorie von >Molodensky zur Lösung des >Geodäti-schen Randwertproblems, dem >Molodensky-Problem. Man gelangt zum Begriff der Normalhöhe, indem für die Erdoberflä-che und das >Schwerefeld der Erde Näherungen eingeführt werden. Diese Näherungen sind das >Telluroid für die Erdober-fläche und das Normalschwerefeld für das Schwerefeld. Das Schwerefeld wird durch seine >Äquipotentialflächen beschrie-ben. Die Äquipotentialfläche mit dem Potentialwert W0 durch einen Bezugspunkt P0 definiert das >Vertikaldatum. In den meisten Fällen entspricht diese Äquipotentialfläche dem >Geoid. Das Normalschwerefeld beruht auf einem >Niveauellipsoid mit dem Normalpotentialwert U0. Die Zuordnung des Normalschwerefeldes zum wirklichen Schwerefeld wird durch Gleich-setzen des Potentialwertes von Niveauellipsoid U0 und dem Wert des Schwerepotentials W0 vollzogen. Einem Oberflächen-punkt P mit dem Potentialwert WP wird ein Punkt Q des Normalschwerefeldes mit dem Normalpotentialwert UQ zugeordnet, indem beide Werte gleichgesetzt werden: UQ=WP. Damit wird der Potentialdifferenz W0-WP im Schwerefeld die Potentialdif-ferenz U0-UQ im Normalschwerefeld zugewiesen. Der metrische Abstand des Punktes Q vom Niveauellipsoid, die Normal-höhe, wird durch die Definition: HP=CP/g=(W0-WP)/g=(U0-UQ)/g=HQ mit der >geopotentiellen Kote CP und dem mittleren Normalschwerewert g zwischen dem Ellipsoidpunkt Q' und dem Punkt Q festgelegt. Die durch die Punkte Q definierte Flä-che wird als >Telluroid bezeichnet. Das Telluroid folgt genähert der Erdoberfläche. Der Abstand zwischen Telluroidpunkt Q und dem Oberflächenpunkt P wird als >Höhenanomalie z bezeichnet. Trägt man die Normalhöhen entlang der Lotlinie des Normalschwerefeldes vorzeichengerecht vom Oberflächenpunkt P nach unten ab, so gelangt man zu einem Punkt P' des >Quasigeoides. Das Quasigeoid kann somit als >Höhenbezugsfläche der Normalhöhen interpretiert werden. Es stimmt, ab-hängig von der Topographie und der Inhomogenität des Schwerefeldes bis auf wenige Dezimeter mit dem Geoid überein und erreicht beispielsweise für den Mt. Blanc etwa 2m. Mit dem durch Integration zu erhaltenden mittleren Normalschwerewert g zwischen Niveauellipsoidpunkt und Telluroidpunkt kann eine genäherte Formel für die Normalhöhe des Punktes P abgeleitet werden. Die hierzu notwendigen numerischen Werte der großen Halbachse a, der kleinen Halbachse b, der Winkelgeschwin-digkeit der Erde w, der geozentrischen Gravitationskonstanten GM und der Abplattung f sowie der Normalschwere g0(B) eines Punktes der Ellipsoidoberfläche der >ellipsoidischen Breite B0, berechnet nach der >Normalschwereformel hängen vom speziellen >Geodätischen Referenzsystem ab. Eine vereinfachte Definition der Normalhöhe ergibt sich nach Vignal (>Vignal-Höhe). Die Normalhöhe eines Punktes P kann auch ausgehend von der Normalhöhe HA des Ausgangspunktes A mit Hilfe des >geodätischen Nivellements oder aus dem Ergebnis des >geometrischen Nivellements und der >Normalhöhen-reduktion entlang der Nivellementlinie von Punkt A nach P bestimmt werden. Die Äquipotentialflächen des Schwerepotenti-als besitzen keine konstanten Normalhöhen. Eine ruhende Wasserfläche als Teil einer Äquipotentialfläche besitzt also keine konstante Normalhöhe. Das Quasigeoid als Bezugsfläche der Normalhöhen ist keine Äquipotentialfläche des Schwerefeldes; es stimmt aber im Meeresbereich weitgehend mit dem Geoid überein. Das >Deutsche Haupthöhennetz wurde im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands auf Normalhöhen umgestellt und löst das System der >normalorthometrischen Höhen ab (>DHHN12 bzw. >DHHN85 und >SNN76). Die amtliche Bezeichnung des aktuellen >deutschen Haupthöhennetzes ist >DHHN92.

Normalhöhennull (NHN) - Normal height null (NHN) Höhenbezugsfläche für die >Normalhöhen im System des >Deutschen Haupthöhennetzes 1992 (>DHHN92). Die Bezugsflä-che stimmt mit einem entsprechend definierten >Quasigeoid überein.

Normalhöhenreduktion (Normalreduktion, normale Reduktion) - Normal height reduction Reduktionsgröße zur Überführung des Egebnisses des >geometrischen Nivellements in den Unterschied von >Normalhöhen. Die Normalhöhenreduktion für die Nivellementlinie zwischen den Punkten A und B besteht aus einer Summe, die den mittle-ren Oberflächenschwerewert und das Ergebnis des geometrischen Nivellements zwischen hinreichend nahen Oberflächen-punkten enthält sowie die Mittelwerte der Normalschwere zwischen zugehörigen Ellipsoid- und Telluroidpunkten in den Endpunkten A und B.

Normalnull (NN) - Normal Nul (NN) Höhenbezugsfläche für die >normalorthometrischen Höhen im System des >Deutschen Haupthöhennetzes 1912 bzw. 1985 (>DHHN12, >DHHN85).

Normalorthometrische Höhe (sphäroidische Höhe) - Normal orthometric height (spheroidal Höhe) Abstand eines Punktes P von einer >Höhenbezugsfläche ">Normalnull", gemessen längs der >Ellipsoidnormalen des >Ni-veauellipsoides eines >Normalschwerefeldes. Normalorthometrische Höhen werden in der (deutschen) amtlichen Bezeich-nungsweise auch als "Höhen über Normalnull (NN)" bezeichnet. Normalorthometrische Höhen wurden als Näherungshöhen für die >orthometrischen Höhen eingeführt als noch keine gemessenen >Schwerewerte zur Verfügung standen. Sie sind damit keine reinen >physikalischen Höhen sondern nur als Näherungen hierfür zu verstehen. Die normalorthometrische Höhe eines Punktes P kann aus dem Ergebnis des >geometrischen Nivellements und der >normalorthometrischen Reduktion ent-

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lang der Nivellementlinie von Punkt A nach Punkt P berechnet werden. Die Höhenbezugsfläche NN (>Normalnull) ist über die normalorthometrischen Höhen eines >Höhenfestpunktfeldes definiert. Sie ist keine Äquipotentialfläche des >Normal-schwerefeldes oder des >Schwerefeldes. Die Wegabhängigkeit des normalorthometrischen Höhensystems wird mit der Ver-wendung von >Normalschwerewerten nicht beseitigt. Normalorthometrische Höhen waren offiziell bis 1992 die amtlichen Höhen des amtlichen Haupthöhennetzes in der Bundesrepublik Deutschland (>DHHN12 bzw. >DHHN85). Das amtliche deutsche Höhensystem wurde im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands auf >Normalhöhen umgestellt.

Normalorthometrische Reduktion - Normal orthometric reduction Reduktionsgröße zur Überführung des Egebnisses des >geometrischen Nivellements in den Unterschied >normalorthometri-scher Höhen. Die normalorthometrische Reduktion für die Nivellementlinie zwischen den Punkten A und B besteht aus einer Summe, die die mittleren >Normalschwerewerte und das Ergebnis des geometrischen Nivellements zwischen hinreichend nahen Oberflächenpunkten enthält, sowie die Mittelwerte der Normalschwere zwischen Normalnull (NN) und den Oberflä-chenpunkten in den Endpunkten A und B. In der Praxis wurden die mittleren Normalschwerewerte entlang der (ellipsoidi-schen) >Lotlinien verwendet, wobei statt der ellipsoidischen Höhen mangels Kenntnis die normalorthometrischen Höhen eingesetzt wurden. Die normalorthometrische Reduktion ist als Näherung der >orthometrischen Reduktion gedacht, indem statt der gemessenen >Schwerewerte die entsprechenden >Normalschwerewerte eingesetzt wurden. Die normalorthometri-schen Höhen der >deutschen Haupthöhennetze wurden mit einer Näherungsformel für die Berechnung der normalorthometri-schen Reduktionen bestimmt. Die Formel wurde vom ehemaligen "Reichsamt für Landesaufnahme" eingeführt.

Normalpotential - Normal potential Gravitationspotential des >Niveauellipsoides.

Normalschnitt - Normal section In der Landesvermessung die Kurve, die durch den Schnitt des >Rotationsellipsoids mit der Normalschnittebene entsteht, welche durch die Ellipsoidnormale in einem gegebenen Punkt P1 und einen weiteren Punkt P2 der Ellipsoidfläche aufge-spannt wird. Jeder Normalschnitt(bogen) ist eine geschlossene, ebene Kurve die i.allg. wieder ellipsenförmig ist. Während im Ausgangspunkt P1 die geodätische Krümmung (>Kurventheorie) des Normalschnittbogens verschwindet, ist diese in den anderen Kurvenpunkten ungleich Null, so dass ein Normalschnittbogen keine >geodätische Linie ist. Ein in P1 errichteter und durch P2 verlaufender Normalschnitt fällt in der Regel nicht mit dem entsprechenden, in P2 errichteten und durch P1 verlau-fenden Normalschnitt (Gegennormalschnitt) zusammen. Betrachtet man darüber hinaus Zielpunkte, die nicht auf der El-lipsoidfläche liegen, so unterscheiden sich die beiden in P1 errichteten Normalschnittebenen, welche den Zielpunkt in der ellipsoidischen Höhe h bzw. dessen Lotfußpunkt P2 auf der Ellipsoidfläche enthalten; daraus resultiert eine Reduktion des ellipsoidischen Azimuts, die sog. Zielhöhenreduktion.

Normalschwere - Normal gravity Betrag des Schwerevektors in einem Punkt des >Normalschwerefeldes mit der >ellipsoidischen Breite B und der >ellipsoidi-schen Höhe h (>Normalschwerevektor). Der Berechnung der Normalschwere in einer ellipsoidischen Höhe h wird ein be-stimmtes >Niveauellipsoid zugrunde gelegt.

Normalschwereformel - Normal gravity formula Formel zur Berechnung des >Schwerewertes in einem Oberflächenpunkt des >Niveauellipsoides mit den Werten eines spe-ziellen >Geodätischen Referenzsystems.

Normalschweregradient - Normal gravity gradient Differentialquotient, der die Änderung der >Normalschwere mit der >ellipsoidischen Höhe angibt. In Abhängigkeit vom gewählten >Geodätischen Referenzsystem sind die entsprechenden Ellipsoidparameter und die >Normalschwere eines El-lipsoidpunktes der >ellipsoidischen Breite, berechnet nach der >Normalschwereformel einzusetzen.

Normalschwerepotential (Normalpotential) - Normal gravity potential Eine in geschlossener analytischer Form darstellbare Approximation des >Schwerepotentials der Erde. Das Normalpotential U weist ähnliche Eigenschaften wie das tatsächliche, bezüglich seines funktionalen Verhaltens aber unbekannte Schwerepo-tential W auf und approximiert dieses global, ohne jedoch die lokalen, durch Masseninhomogenitäten und topographische Einflüsse bedingten Details wiederzugeben. Das einfachste Normalpotential wird durch das einparametrige, isotrope Modell U=GM/r (GM geozentrische >Gravitationskonstante, r geozentrischer Radius) gegeben. Um auch die Auswirkungen der Erdrotation und der Erdabplattung zu erfassen, wird in der Geodäsie und der Geophysik in der Regel das Potential eines >Niveauellipsoids als Normalschwerepotential benutzt. Noch bessere Annäherungen an das Schwerepotential der Erde erhält man, wenn der gravitative Anteil im Normalpotential durch eine >Kugelfunktionsentwicklung niedrigen Grades darstellt und mit dem >Zentrifugalpotential kombiniert wird. Selbstverständlich wächst mit höherem Approximationsgrad auch der Re-

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chenaufwand.

Normalschwerevektor - Normal gravity vector Schwerevektor in einem Punkt des >Normalschwerefeldes. Der Normalschwerevektor ergibt sich als Gradient des >Normal-schwerepotentials.

Normalzeit - Normal time > Zonenzeit.

Null-Geodäte - Null geodesic Trajektorie eines Lichtstrahles in der >Einsteinschen Raumzeit. In der >Einsteinschen Gravitationstheorie legt der metrische Tensor g die Geometrie der Raumzeit fest. Lichtstrahlen werden hier durch geodätische Linien von g der Länge Null (ds2= 0) repräsentiert.

Nullkreis - Null circle Bezugskreis der >sphärische Koordinaten.

Nullmeridian - Meridian of origin (prime meridian) >Meridian, dem die (geodätische bzw. astronomische) Länge L=0 zugeordnet ist. Weltweit wird heute der mittlere Meridian von >Greenwich als Nullpunkt der Längenzählung verwendet.

Numerische Exzentrizität - Numerical excentricity Parameter des >Rotationsellipsoid, der die Abplattung beschreibt.

Nutation - Nutation Kurzperiodische Glieder der Reihenentwicklungen für die räumliche Bewegung der Erdachse unter dem Einfluß der Gravita-tionswirkung von Sonne und Mond; sie stellen genähert eine elliptische Bewegung der Himmelspole um ihre mittlere Lage mit einer Periode von etwa 18,6 Jahren dar, wobei die großen Achsen der Nutationsellipsen auf die Pole der Ekliptik gerich-tet sind. Die Ursache der Nutation liegt in der mit der gleichen Periode erfolgenden Schwankung der Neigung der Bahnebene des Mondes gegen den Erdäquator. Die Achsen der Nutationsellipsen betragen 18,42'' und 13,72'', (>Präzession und Nutati-on).

NUVEL (Northern University VELocity model) Modell der >Plattenkinematik, d.h. Geschwindigkeitsvektoren (Rotationen) der festen Platten der äußersten Erdschicht (>Li-thosphäre) aus geologisch-geophysikalischen Beobachtungsdaten. Es wurde von Wissenschaftlern der Northwestern Univer-sity, Evanstone, IL/USA, entwickelt. Das ursprüngliche Modell beschreibt die relative Bewegung von jeweils zwei benach-barten Platten gegeneinander. Die Bewegungen aller (berücksichtigten) Platten der Erde (insgesamt 12) werden dann zu einem konsistenten globalen Modell zusammengefügt, wobei die größte, die Pazifikplatte als fest (in Ruhe befindlich) ange-nommen wird. Um diese willkürliche Festlegung zu beseitigen, wird in einem dritten Schritt die Summe (Integral) aller Bewegungen über die gesamte Erdoberfläche zu Null gemacht ("no net rotation", NNR). Das erste, 1990 veröffentlichte Modell, trägt die Bezeichnung NUVEL-1. Die zugehörige Lösung NNR-NUVEL-1 entstand 1991. Eine Überprüfung der Beobachtungsdaten ergab dann einen Fehler in den verwendeten Altersbestimmungen der geologisch-geophysikalischen Strukturen (kontrovers gepolte Magnetstreifen entlang der mittelozeanischen Rücken) von etwa 4,4 %, d.h. die abgeleiteten Geschwindigkeiten der Meeresbodenausbreitung und damit der Plattenrotationen waren mit dem Faktor 0.9562 gegenüber NUVEL-1 zu multiplizieren. Das so abgeleitete Modell wurde 1994 unter dem Namen NUVEL-1A publiziert.

Obere Kulmination - Upper transit Meridiandurchgang eines Gestirns, bei dem seine Zenitdistanz das Minimum erreicht.

Okkultation - Occultation Bedeckung eines Raumobjektes durch ein anderes mit größerem scheinbaren Durchmesser. Beispiele sind der Durchgang des Mondes vor einem Fixstern oder einem Planeten oder das Verschwinden eines Satelliten hinter seinem Zentralkörper. Wird die Beleuchtungsquelle eines reflektierenden Himmelskörpers durch die Okkultation bedeckt, so nennt man dieses Phäno-men auch Finsternis oder Eclipse. Die Bedeckung der Sonne durch den Mond wird mit Sonnenfinsternis (solar eclipse) be-

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zeichnet.

Operationelle Schweremessung - Operational gravity measurement >Schweremessung, operationelle.

Opposition - Opposition Stellung zweier Gestirne, bei der sich ihre scheinbaren geozentrischen ekliptikalen Längen um 180° unterscheiden, (> Kon-junktion).

Orientierung der Erde - Orientation of the Earth Beschreibung der momentanen Lage der Erde im Raum. Ihre zeitliche Änderung ergibt die >Erdrotation.

Ort eines Sternes - Position of a star Position eines Sternes auf der Himmelskugel, üblicherweise angegeben in den Äquatorkoordinaten Rektaszension und Dekli-nation. Nach Korrektur der Einflüsse der astronomischen Refraktion spricht man vom beobachteten Ort zu einem Zeitpunkt T. Die Reduktion aufgrund der täglichen Aberration und der geozentrischen Parallaxe liefert hieraus den scheinbaren Ort zur Zeit T. Den wahren Ort gewinnt man hieraus mit Hilfe der Korrekturen für die >jährliche Aberration und die >jährliche Parallaxe und daraus dann durch Korrektur aufgrund der astronomischen >Nutation den mittleren Ort zum Zeitpunkt T. Dieser bezieht sich in der Regel auf einen mittleren Aquinox (mittlerer Äquator und mittleres Äquinoktium (Frühlingspunkt)) der Zeit T. Reduktion aufgrund der Präzession für die Zeit ( T-T0) ergibt den mittleren Ort zur Zeit T, bezogen auf das mitt-lere Äquinox T0. Berücksichtigt man schließlich noch die Eigenbewegung des Sternes für die Zeit (T-T0), so gewinnt man den mittleren Ort zur Zeit T0, bezogen auf das Äquinox T0.

Ort, mittlerer - Position, mean >Ort eines Sternes.

Ort, scheinbarer - Position, apparent >Ort eines Sternes.

Ort, wahrer - Position, true >Ort eines Sternes.

Orthodrome >Geodätische Linie

Orthometrische Höhe (Meereshöhe) - Orthometric height (sea level height) Abstand eines Punktes P vom >Geoid, gemessen längs der >Lotlinie. Die Lotlinien sind als Orthogonaltrajektorien der >Ä-quipotentialflächen des >Schwerepotentials gekrümmte Linien. Sie unterscheiden sich von der Lotliniensehne selbst bei Höhen von 10km um weniger als 0.01mm. Die orthometrische Höhe ist eine Variante der physikalisch definierten >metri-schen Höhen. Man erhält sie aus der geopotentiellen Kote C und dem mittleren >Schwerewert g entlang der Lotlinie: H=C/g. Die verschiedenen Varianten der orthometrischen Höhen unterscheiden sich nach der Art und Weise wie die mittlere Schwe-re entlang der Lotlinie definiert ist. Da sie nicht gemessen werden kann, muß sie aus dem Oberflächenschwerewert und ge-wissen Hypothesen über den Dichteverlauf innerhalb der gravitierenden Massen hergeleitet werden. Eine häufig verwendete Näherung der orthometrischen Höhe ist die >Helmert-Höhe. Die Hypothesen, die zur Bestimmung eines mittleren Schwere-wertes entlang der Lotlinien innerhalb der Massen notwendig sind, werden als Hauptnachteil der orthometrischen Höhen gewertet. Die Äquipotentialflächen des Schwerepotentials besitzen keine konstanten orthometrischen Höhen, sind also keine äquiorthometrischen Flächen. Eine ruhende Wasserfläche als Teil einer Äquipotentialfläche besitzt somit keine konstante orthometrische Höhe. Die Äquipotentialfläche mit dem Potentialwert W0 durch einen Bezugspunkt P0 definiert das >Verti-kaldatum. In den meisten Fällen entspricht diese Äquipotentialfläche dem >Geoid. Die orthometrische Höhe eines Punktes P kann ausgehend von der orthometrischen Höhe des Ausgangspunktes A mit Hilfe des >geodätischen Nivellements oder aus dem Ergebnis des >geometrischen Nivellements und der >orthometrischen Reduktion entlang der Nivellementlinie von Punkt A nach Punkt P berechnet werden.

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Orthometrische Reduktion - Orthometric reduction Reduktionsgröße zur Überführung des Egebnisses des >geometrischen Nivellements in den Unterschied von >orthometri-schen Höhen. Die orthometrische Reduktion für die Nivellementlinie zwischen den Punkten A und B besteht aus einer Sum-me, die den mittleren Oberflächenschwerewert und das Ergebnis des geometrischen Nivellements zwischen hinreichend nahen Oberflächenpunkten enthält sowie die mittleren Schwerewerte zwischen Oberflächenpunkten und Geoidpunkten ent-lang der Lotlinien in den Punkten A und B. Die orthometrische Reduktion steht in engem Zusammenhang mit der >Lot-krümmung und ist deshalb auch beim >astronomischen Nivellement zu beachten.

Ortssternzeit - Local siderial time Sternzeit, die auf einen bestimmten Ort bezogen ist.

Ortszeit - Local time >Sonnenzeit, die auf einen bestimmten Ort bezogen ist.

Oskulierende Bahnelemente - Osculating orbit elements >Bahnelemente, die der momentanen Position und Geschwindigkeit eines Raumobjektes (Satellit, Planet, Mond) in einer gestörten Bahn äquivalent sind. Oskulierende Elemente beschreiben somit die ungestörte Keplerbahn zu den einzelnen Zeit-punkten.

Ostpunkt - East point Der östliche Schnittpunkt des Himmelsäquators mit dem scheinbaren Horizont.

Ozeangezeiten (Meeresgezeiten) - Ocean tides >Meeresgezeiten.

Ozeanographisches Nivellement - Ocean levelling Verfahren zur Bestimmung der Höhendifferenz von zwei Punkten des Meeresspiegels. Beim >hydrostatischen Nivellement werden Höhenunterschiede aus Salzgehalt, Temperatur und Druckmessungen bestimmt, beim >hydrodynamischen Nivelle-ment schließt man von Strömungsgeschwindigkeiten auf die Neigung des Meeresspiegels.

Parallaktische Montierung - Parallactic mounting Teleskopmontierung bei der eine Achse (Stundenachse) parallel zur Erdrotationsachse steht. Die zweite, auf der Stundenach-se senkrecht stehende Achse, wird Dehlinationsachse genannt (azimutale Montierung).

Parallaktischer Winkel - Parallactic angle (angle at the star) Im astronomischen Dreieck der Winkel am Gestirn; >Parallaxe eines Gestirns.

Parallaxe eines Gestirns - Parallax Änderung der scheinbaren Richtung zu einem Gestirn bei Wechsel des Standortes. Üblicherweise wird der Ort eines Sternes auf das >Baryzentrum bezogen. Werden topozentrisch gemessene Sternpositionen auf das Geozentrum bezogen, so nennt man die erforderliche Korrektur geozentrische Parallaxe. Die Korrektur eines geozentrischen Sternortes auf das Baryzentrum erfolgt wegen der jährlichen Parallaxe. Aufgrund der jährlichen Bewegung der Erde um die Sonne ändert sich die geozentri-sche Richtung zu einem Stern in Bezug auf quasi-inertiale Achsen (>Quasi-Inertialsystem). Unter der jährlichen Parallaxe II versteht man denjenigen Winkel, unter dem die mittlere Strecke Erde-Sonne (>Astronomische Einheit, A.E.) vom Stern aus erscheint. Näherungsweise gilt: II=A.E./d, wenn d die Distanz des Sternes vom Baryzentrum bezeichnet. Die Einheit Parsec (pc) ist diejenige Distanz d, für welche II gerade eine Bogensekunde beträgt: 1pc=3,0856x1013km =3,2615 Lichtjahre. Der erdnächste Stern alpha (Proxima) Centauri weist z.B. eine Parallaxe von 0."76 auf. Die Korrekturen der Äquatorkoordinaten Rektaszension und Deklination eines Sternes aufgrund der jährlichen Parallaxe kann mit Hilfe der Sternkonstanten (>Aber-ration) und der kartesischen äquatoriellen Koordinaten der Sonne (die den >astronomischen Jahrbüchern zu entnehmen sind) berechnet werden. Die geozentrische Parallaxe hängt von der beobachteten Zenitdistanz, dem Abstand des Beobachters und des Gestirns vom Geozentrum ab. Damit und mit dem Stundenwinkel können die Korrekturen aufgrund der geozentrischen Parallaxe für Rektaszension und Deklination berechnet werden. Die geozentrische Parallaxe ist in der Regel für Sterne ver-nachlässigbar klein und spielt nur bei Beobachtungen von Körpern im Sonnensystem eine Rolle.

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Parallaxe, jährliche - Parallax, annual Änderung der scheinbaren Richtung zu einem Gestirn bei Wechsel des Standortes vom Geozentrum zum Baryzentrum; >Par-allaxe eines Gestirns.

Parallaxe, tägliche - Parallax, daily Änderung der scheinbaren Richtung zu einem Gestirn bei Wechsel des Standortes vom Topozentrum zum Geozentrum; >Parallaxe eines Gestirns.

Parallelkreis - Parallel 1) Ein zu einem definierten Großkreis paralleler Kleinkreis der Himmelkugel, 2) Breitenkreis.

Parsec - Parsec Einheit Parsec (pc) ist diejenige Distanz d, für welche die >jährliche Parallaxe II gerade eine Bogensekunde beträgt: 1pc=3,0856x1013km =3,2615 Lichtjahre.

Partialtide - Partial tide Terme der harmonischen Entwicklung des Gezeitenpotentials eines >Gezeitenmodells (orts- und zeitabhängigen Wellen).

Partielle Finsternis (Finsternis) - Partial eclipse Teilweise >Okkulation.

Passage - Transit Durchgang eines Gestirns durch den lokalen Meridian des Beobachters (Meridiandurchgang).

Passageinstrument - Transit instrument Durchgangsinstrument zur Beobachtung der Durchgangszeit von Gestirnen durch eine bestimmte Vertikalebene, insbesonde-re durch den Meridian. Es besteht im wesentlichen aus einer stabil gelagerten Horizontalachse, um die das senkrecht zu ihr angebrachte Fernrohr schwenkbar ist. Dabei muss die optische Achse des Fernrohres eine Vertikalebene beschreiben. Zur bequemen Beobachtung bei steilen Zielungen werden meist gebrochene Fernrohre verwendet. Die durch das Objektiv einfal-lenden Lichtstrahlen werden durch ein Prisma in die durchbohrte Horizontalachse geleitet. Das Okular befindet sich an dem einen Achsende. Die Horizontalachse liegt zur Beobachtung von Meridiandurchgangszeiten in der Ost-West-Richtung. Vor-teil des Passageinstrumentes ist seine prinzipielle Einfachheit. Jedoch müssen folgende Justierbedingungen sorgfältig ein-gehalten werden: - Horizontale Lage der Achse - genaue Ost-West-Richtung der Achse - Rechtwinkligkeit von optischer Achse und Horizontalachse. Restfehler werden durch spezielle Meßanordnungen bestimmt und durch Korrekturgrößen berücksichtigt. Die Beobachtung der Meridiandurchgangszeiten erfolgt visuell (mit einem Registriemikrometer), photographische oder photoelektrisch.

Passiver Satellit - Passive satellite Ein künstlicher Erdsatellit ohne Sendevorrichtung für Licht oder eine andere, für die Zwecke der Satellitengeodäsie geeignete elektromagnetische Strahlung (z.B. ein Ballonsatellit).

P-Code Neben dem >C/A-Code einer der beiden von >GPS Satelliten abgestrahlten Navigationscodes. P steht für Precision oder Protected. Es handelt sich um sog. PRN (Pseudo Random Noise) Codes, eine Folge von +1 und -1 mit zufallsähnlichem Charakter. Der P-Code hat eine Länge von insgesamt etwa 267 Tagen. Jedem Satelliten ist ein Teilstück von 7 Tagen zuge-ordnet, das zu Beginn jeder GPS Woche (0h Universalzeit von Sonnabend auf Sonntag) auf den Anfang zurückgesetzt wird. Damit ist jeder Satellit über seine PRN Sequenz identifizierbar. Der P-Code hat die Grundfrequenz 10,23 Mhz des Satelliten-oszillators und enthält somit eine Information über den Aussendezeitpunkt am Satelliten. Die entsprechende Wellenlänge beträgt knapp 30 m. Der P-Code wird auf beiden Trägerfrequenzen L1 und L2 abgestrahlt, während der >C/A-Code nur auf L1 verfügbar ist. Aus der Korrelation des empfangenen Codesignals mit der bekannten Codesequenz im Empfänger werden die >Pseudoentfernungen bestimmt. Das Messrauschen des P-Codes beträgt bei modernen Empfängern weniger als 1m. Unter der Sicherungsmassnahme >Anti-Spoofing (A-S) wird der P-Code durch Überlagerung mit dem geheimen W-Code in

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den verschlüsselten Y-Code umgewandelt. Nur autorisierte (vorwiegend militärische) Nutzer haben Zugang zum Y-Code. Für Trägerphasenmessungen (>GPS Beobachtungsgrössen) muss das empfangene Signal zunächst vom Code befreit werden (Rekonstruktion der Trägerphase). Die Hersteller von leistungsfähigen zivilen >GPS-Empfängern haben spezielle Techniken entwickelt, um auch unter A-S Trägerphasenmessungen auf der L2 Frequenz ohne vollständige Rekonstruktion des Trägers vornehmen zu können.

PDGPS Präzises DGPS. Variante der Methode des >DGPS zur Erzielung höherer Genauigkeiten. Beim PDGPS ist es erforderlich, auf der Nutzerseite die >Phasenmehrdeutigkeiten der Trägerwellen zu lösen. Dazu müssen die Trägerphasenbeobachtungen von den Referenzstationen zum Nutzer übertragen werden. Hierzu sind Übertragungskanäle im Dezimeter- oder Meter-Band erforderlich. In Betracht kommt auch eine Übertragung über Mobilfunk oder über Satelliten. Für einen flächendeckenden PDGPS Dienst müssen Referenzstationen im Abstand von 50 bis 70 km eingerichtet werden. In Deutschland wird ein derar-tiger Dienst von den Landesvermessungsbehörden unter der Bezeichnung >SAPOS (Satellitenpositionierungsdienst) aufge-baut.

PDOP Position >DOP; Skalare Grösse, durch die der Einfluss der Satellitengeometrie auf die Genauigkeit der dreidimensionalen Positionsbestimmung bei der Satellitennavigation, insbesondere bei GPS beschrieben wird. PDOP kann als reziproker Wert des Volumens eines Tetraeders gedeutet werden, das aus Satelliten- und Nutzerposition gebildet wird. Durch Multiplikation der Standardabweichung einer Pseudoentfernungsmessung mit PDOP ergibt sich die Standardabweichung der aus GPS Mes-sungen abgeleiteten 3D-Position. Je kleiner der PDOP, umso genauer ist das Positionsergebnis. Bei voll ausgebautem GPS Raumsegment ist PDOP meistens kleiner als drei. Bei Verdeckungen einzelner Satelliten, insbesondere beim >kinematischen GPS, kann PDOP kurzzeitig wesentlich höhere Werte annehmen.

Pendelgravimeter - Pendulum gravimeter Ab etwa der Mitte des 17. Jahrhunderts eingeführtes (Absolut-) >Gravimeter.

Pendelmessung - Pendulum measurement Ein Verfahren zur Bestimmung der Schwerebeschleunigung mittels Pendel (>Gravimeter).

Perigäum - Perigee Der Bahnpunkt eines die Erde umrundenden Satelliten, in dem er größte Erdnähe (kleinsten Abstand vom Geozentrum) erreicht. Zuweilen wird der Begriff "Perigäum" auch bei der scheinbaren Bewegung der Sonne um die Erde verwendet.

Perihel - Perihelion Sonnennächster Punkt einer Bahn im Schwerefeld der Sonne, (> Aphel).

Periode - Period Zeitintervall für einen Bahnumlauf eines Himmelskörpers bzw. Satelliten um einen Zentralkörper, bzw. ein Zyklus eines periodischen Phänomens.

Perizentrum - Pericenter Punkt der größten Annäherung einer Bahnbewegung eines Satelliten oder Himmelskörpers an das Kraftzentrum (>Perigäum, >Perihel).

Persönliche Gleichung - Personal equation Der einem Beobachter eigentümliche systematische Beobachtungsfehler.

Phasenmehrdeutigkeiten Ganze Anzahl von Wellenzügen in der Entfernung Satellit-Empfänger bei der Nutzung von Trägerwellen für die Positionsbe-stimmung mit >GPS oder >GLONASS. Die Festsetzung der Phasenmehrdeutigkeiten auf eine ganze Zahl (integer ambiguity fixing) ist der wesentliche Schlüssel zum Erzielen einer hohen Genauigkeit beim GPS, insbesondere bei kurzen Messzeiten. Wichtigste Methoden zur Mehrdeutigkeitsfestsetzung sind die geometrische Methode, die Kombination von Träger und Code sowie die >Mehrdeutigkeitssuchfunktionen. Der Grundgedanke besteht darin, einen Näherungswert für die >Pseudoentfer-

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nung zu bestimmen, der genauer ist als die Hälfte der Trägerwellenlänge. Beim geometrischen Verfahren wird über einen längeren Zeitraum bis zu mehreren Stunden oder Tagen beobachtet, um aus der Veränderung der Satellitenkonfiguration die Mehrdeutigkeiten mit genügender Genauigkeit zu schätzen. Das Verfahren ist insbesondere für grössere Punktabstände (100 km bis mehrere 1000 km) geeignet. Bei der Code/Trägerkombination wird solange beobachtet, bis das Messrauschen der Codemessung unter der Hälfte der verwendeten Trägerwellenlänge liegt. Das Verfahren führt häufig bereits nach sehr kurzer Zeit zum Erfolg und ist insbesondere für Echtzeitanwendungen bei Fahrzeugen geeignet. Zur Beschleunigung der Lösung werden die aus Linearkombinationen (>GPS Beobachtungsgrössen) von L1 und L2 erzeugten Signale mit grösserer Wellen-länge (wide lane, extra wide lane) verwendet. Nachteilig kann der stärkere Einfluss von >Multipath bei Codemessungen sein. Sehr leistungsfähig sind Mehrdeutigkeitssuchfunktionen, die je nach Abstand von der >Referenzstation innerhalb weniger Sekunden bis hin zur Echtzeit zu einem Ergebnis führen. Die meisten handelsüblichen >RTK Systeme nutzen diese Technik, da sie ebenfalls für kinematische Anwendungen geeignet ist. Voraussetzung ist, dass sich systematische Fehler von Satelli-tenbahn und Ionosphäre auf die beteiligten Stationen gleich auswirken. Dies trifft nur für eng benachbarte Stationen zu, so dass die Reichweite des Verfahrens auf etwa 10 km beschränkt ist. Bei aktiven >Referenzstationen kann die Reichweite durch Vernetzung der Stationen auf etwa 30 bis 50 km erweitert werden.

Photomultiplier Lichtempfindlicher Detektor; wird in der >Laserentfernungsmessung eingesetzt, um die vom Ziel (Satellit oder Mondreflek-tor) reflektierten Laserimpulse zu detektieren und in elektronischen Impulse umzuwandeln. Sie müssen sich durch eine hohe Quanteneffizienz (empfindlich auf Einzelphotonen) und durch sehr konstante interne Laufzeiten auszeichnen.

Physikalisch definierte metrische Höhen - Physically defined metric heights >Physikalische Höhen, die durch einen Faktor in metrische Größen überführt wurden.

Physikalische Geodäsie - Physical geodesy Sammelbegriff für bedeutende Aufgaben der >Geodäsie. Dabei wird der Einfluß der im irdischen Raum wirkenden physika-lischen Kräfte, wie Gravitation, Fliehkraft, Gezeitenkräfte, tektonische Kräfte, auf die mit geodätischen Mitteln meßbaren Objekte und erkennbaren Phänomene, z.B. Erdfigur, Erdschwerefeld, Erdrotation und Polbewegung, Höhen und Höhensys-teme, Erdgezeiten, Plattentektonik, untersucht und interpretiert. Eine Schlüsselrolle für den geodätischen Erkenntnisprozeß bei der Messung physikalischer Phänomene hat die sog. Geometrisierung physikalischer Erscheinungen (>Geodäsie).

Physikalische Höhe (potentialtheoretisch definierte Höhe) - Physical height Höhe eines physikalisch definierten >Höhensystems. Eine wichtige physikalische Höhe ist die (>geopotentielle Kote). Sie gibt die Differenz des >Schwerepotentials zwischen einem Raumpunkt und einem Datumspunkt an, der das >Vertikaldatum definiert. Physikalische Höhen können in entsprechender Weise mittels anderer physikalischer Skalarfelder definiert werden, sofern eine eindeutige Höhenzuordnung möglich ist. Ein Beispiel ist das Druckfeld der Atmosphäre, das zur Definition der >barometrischen Höhe herangezogen wird. Physikalische Höhen können i.a. nicht eindeutig durch ein metrisches Maß be-schrieben werden; man erhält auf diese Weise >physikalisch definierte metrische Höhen.

Pizzetti-Lotabweichung - Pizzetti's deflection of the vertical Lotabweichung, die sich bei Projektion eines Oberflächenpunktes auf das Geoid längs der (gekrümmten Lotlinie) und dann auf das Rotationsellipsoid als Rechenfläche längs der Ellipsoidnormalen ergibt (>Pizzetti-Projektion). Sie ist definiert als die Abweichung der Ellipsoidnormalen im Projektionspunkt auf dem Ellipsoid von der Richtung der Lotlinie im Geoidpunkt.

Pizzetti-Projektion - Pizetti projection Ein Verfahren der Zuordnung zwischen Punkten der physischen Erdoberfläche und dem Bezugsellipsoid; dabei wird der betrachtete Punkt längs seiner Lotlinie zunächst auf das Geoid und von dort mittels der Ellipsoidnormalen auf das Ellipsoid projiziert.

Planet - Planet Ein nicht selbstleuchtender Himmelskörper, der eine periodische Bahn im Schwerefeld eines Fixsternes durchläuft.

Planetare Geodäsie - Planetary geodesy Gelegentlich zu findende Bezeichnung für Forschungen der >Geodäsie, wenn besonders betont werden soll, daß alle auf den Erdkörper als Planeten im Sonnensystem wirkenden Kräfte beachtet werden, z.B. Gezeitenkräfte, Strahlungsdruck der Sonne.

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Planetare Nutation - Planetary nutation Die durch Planeten verursachten Anteile der >Nutation.

Planetographische Koordinaten - Planetographic coordinates Koorddinaten für kartographische Zwecke, die auf einer Äquipotentialfläche des Planeten als Referenzfläche beruhen und den astronomischen Koordinaten (bzw. natürlichen Koordinaten) des Erdraumsystems entsprechen.

Planetozentrische Koordinaten - Planetocentric coordinates Koordinaten, bezogen auf ein Koordinatensystem mit dem Ursprung im Massenmittelpunkt des Planeten, der z-Achse in Richtung seiner mittleren Rotationsachse und der x-Achse in Richtung der Schnittlinie der durch die z-Achse definierten Äquatorebene mit einer festgelegten Ausgangsmeridianebene.

Plattenkinematik - Plate kinematics Bewegungen der Platten der >Lithosphäre nach dem Modell der >Plattentektonik. Die großen Lithosphärenplatten bewegen sich entsprechend der Theorie gleichförmig und in sich undeformierbar als Kugelkappen über die darunterliegenden Schich-ten des Erdmantels. Nach einem Theorem von Euler lassen sich solche Bewegungen durch einen einzigen dreidimensionalen geozentrischen Rotationsvektor d beschreiben. Der Geschwindigkeitsvektor v in einem Punkt an der Erdoberfläche mit dem Ortsvektor r ist dann: v=d x r. Diese Formel gilt für alle Punkte derselben Lithosphärenplatte. Für n Platten auf der Erde wären dann n Vektoren d zur Beschreibung der Plattenkinematik erforderlich. Solche Modelle der Plattenkinematik wurden erstmals um 1970 aus geologisch-geophysikalischen Beobachtungen erstellt. Dabei wurden drei Typen von Messdaten ver-wendet: - Geschwindigkeiten der Meeresbodenausbreitung - Azimute der Transform-Verwerfungen - Azimute von Erdbeben-Herdflächen. International bekannt geworden sind z.B. die Modelle von Minster und Jordan (1974, 1978). In den Jahren 1990 bis 1994 wurden die bis dahin umfassendsten und für den Rest des Jahrhunderts meist akzeptierten Geschwindigkeitsmodelle von Wissenschaftlern der Northwestern University (>NUVEL) veröffentlicht. Die Geschwindigkeitsmodelle werden zunächst als Relativbewegungen der einzelnen Platten gegeneinander dargestellt (relative Rotationsvektoren). Sie werden dann zu einem globalen Modell zusammengefaßt, wobei im allgemeinen die Pazifik-Platte als größte und stabilste Platte fixiert, d. h. als in Ruhe befindlich angesehen wird. Später wird dann eine zusätzliche Bedingung eingeführt, mit der die Summe (das Integral) der Bewegungen aller auf den verschiedenen Platten liegenden Punkte der Erdoberfläche zu Null gemacht werden ("no net rotation", NNR). Als internationaler Standard wurde das Modell NNR NUVEL-1A akzeptiert. Es beruht auf den Meßdaten von 277 Geschwindigkeitswerten der Meeresbodenausbreitung, 121 Azimuten der Transform-Verwerfungen sowie 724 Azimuten von Erdbeben-Herdflächen und beschreibt die Bewegungen von zwölf großen Lithosphärenplatten mit ihren Rota-tionsvektoren. Während den genannten geologisch-geophysikalischen Modellen Meßdaten zugrunde liegen, die eine mittlere Bewegung über Millionen von Jahren angeben, können aus Beobachtungen mit >geodätischen Raumverfahren auch aktuelle plattenkinematische Modelle abgeleitet werden, die nur die Bewegungen im Beobachtungszeitraum (einige Dekaden) wie-dergeben. Grundlage sind die gemessenen Geschwindigkeiten der geodätischen Beobachtungsstationen (>GPS und >SLR zu Satelliten sowie >VLBI). Die berechneten Plattenrotationsvektoren aus der Geodäsie stimmen erstaunlich gut mit denen aus geologischen Zeiträumen überein. Das deutet auf eine über lange Zeit gleichförmige Bewegung der Platten hin. Für präzise geodätische >Bezugssysteme ist die Abweichung zwischen den Modellen allerdings häufig zu groß. Im allgemeinen ergibt sich eine gute Übereinstimmung, aber vor allem an den Plattenrändern (Pazifikküste Nord- und Südamerikas, Japan) auch große Diskrepanzen.

Poisson-Gleichung - Poisson equation Die für eine skalare Feldfunktion u definierte inhomogene, partielle Differentialgleichung 2. Ordnung (inhomogene Potenti-algleichung), Lap u(x,y,z)=f(x,y,z), heißt Poisson-Gleichung. Eine koordinatenfreie Darstellung der Poisson-Gleichung lautet: Lap u(x,y,z) =div grad u(x,y,z) = f(x,y,z). Die Poisson-Gleichung gehört zur Klasse der elliptischen Differentialglei-chungen, die in den partiellen Ableitungen zweiter Ordnung linear sind und eine große Anzahl stationärer Prozesse beschrei-ben. Sie ist deshalb von großer Bedeutung bei der Beschreibung des >Gravitationspotentials V. V genügt innerhalb anzie-hender Massen, die durch eine Dichteverteilung darstellbar sind, der Poisson-Gleichung, wobei die rechte Seite f proportional zu dieser Massendichte ist. Für f = 0 ergibt sich die homogene Potentialgleichung, die >Laplace-Gleichung.

Poissonsche Konstante - Poisson´s ratio Das in einem begrenzten Bereich konstante Verhältnis zwischen der Querkontraktion und der Längsdehnung eines Körpers.

Polaris - Polaris >Polarstern.

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Polarisazimut - Polaris azimuth >astronomisches Azimut von >Polaris.

Polarkoordinaten - Polar coordinates Krummlinige >Koordinaten, die sich auf einen festen Punkt des Raumes, den sog. Pol, beziehen. Die ebenen Polarkoordina-ten eines Punktes P bestehen aus dem (euklidischen) Abstand zum Pol und dem Winkel zwischen einer vom Pol ausgehenden festen Richtung und der Richtung zum Punkt P. Durch Bezug auf die geographische Nordrichtung entspricht dieser Winkel, im Uhrzeigersinn gemessen, dem geographischen Azimut, durch Bezug auf Gitternord dem Richtungswinkel. Räumliche Polarkoordinaten setzen sich z.B. aus der Entfernung zum festen Punkt, dem Azimut und dem Höhenwinkel (lokales System) oder dem geozentrischen Abstand, der geozentrischen Breite und der geographischen Länge (globales System) zusammen.

Polarkreis - Polar circle Jeder der beiden Breitenkreise, deren Polabstand gleich der Schiefe der Ekliptik ist.

Polarstern (Polaris) - Pole star (Polaris) Der nahe am nördlichen Himmelspol stehende Stern alpha Ursae minoris.

Polbewegung (Polschwankung) - Polar motion Richtungsänderung der Erdrotationsachse in Bezug auf ein >erdfestes Bezugssystem, das z.B. durch Punkte auf der Erdober-fläche gegeben wird. Sie besitzt eine Größenordnung von mehreren Metern. Bereits 1765 errechnete der schweizer Mathema-tiker Leonhard Euler, daß der Pol (der damals als starr angenommenen Erde) eine kreisförmige Bahn mit einer Periode von ungefähr 305 Tagen beschreiben müßte. Heute weiß man, daß die Polbewegung sich hauptsächlich aus einer jährlichen Vari-ation und der nach dem Amerikaner Seth Carlo Chandler (1846-1913) benannten >Chandler-Bewegung mit einer Periode von ungefähr 14 Monaten zusammensetzt. Die Chandler-Bewegung ist eine Eigenschwingung des Erdkörpers, der mit einem angestoßenen Spielzeugkreisel verglichen werden kann. Die Überlagerung von Chandler- und Jahresperiode führt zu einem schwebungsartigen An- und Abschwellen der Amplitude zu maximal zehn Metern mit einer Schwebungsperiode von ca. 6,3 Jahren. Messungen der Polbewegung erfolgten erstmals von dem Bonner Astronom Friedrich >Küstner (1856 - 1936) Ende des letzten Jahrhunderts. Im Wavelet-Spektrum des kurzperiodischen Bereichs dominieren unregelmäßig auftretende Schwankungen mit Perioden zwischen drei und fünf Monaten. Ähnlich wie bei den Variationen der Tageslänge besteht ein Einfluß der eintägigen und halbtägigen >Meeresgezeiten auf die Polbewegung, auch wenn die Gesamtwirkung nur etwa 1/100 der Chandler-Bewegung beträgt. Die Analyse der langfristigen Polbewegung zeigt eine deutliche Variation von unge-fähr elf Jahren. Diese wird mit Vorgängen im Erdinneren in Zusammenhang gebracht, steht möglicherweise aber auch in Verbindung mit dem entsprechenden Zyklus der Sonnenaktivität. Daneben gibt es weitere sog. dekadische Variationen mit Perioden um 30 Jahre und zwischen 70 und 80 Jahren. Als Ursachen hierfür werden geodynamische Kopplungen zwischen dem >Erdkern und dem >Erdmantel vermutet. Die säkulare Polbewegung, d.h. die durch eine Gerade approximierbare lang-fristige Änderung der Lage des Pols, liegt bei ungefähr 3,4 mas/Jahr in Richtung 79° West. Sie wird vor allem auf das Ab-schmelzen der polaren Eismassen zurückgeführt.

Poldistanz - Polar distance Komplement der Deklination zu 90 Grad.

Polhöhenschwankung - Latitude variation Die durch die >Polbewegung hervorgerufene Schwankung der Polhöhe.

Polkoordinaten - Pole coordinates Polkoordinaten, in einem zweidimensionalen Koordinatensystem (xp, yp). Sie dienen zur Angabe der Richtung der Erdrotati-onsachse in Bezug auf ein >erdfestes Bezugssystem. Gemäß Definition durch den >IERS bzw. dessen Vorläuferorganisatio-nen verläuft die x-Achse in Richtung des Meridians von Greenwich und die y-Achse ist positiv in Richtung 90° West. Lie-gen Polkoordinaten über einen gewissen Zeitraum vor, läßt sich die Polbewegung beschreiben.

Polschwankungen Polschwankungen zeigen sich aus Beobachtung der >Polbewegung.

Polwanderung - Polar wandering Säkulare Bewegung der Rotationsachse der Erde gegenüber der gegenwärtigen Lage der Kontinente, >Polbewegung.

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Positionsastronomie - Position astronomy >Astrometrie.

Positionsbestimmung auf See - Positioning at sea Teilgebiet der >Meeresgeodäsie. Im Vordergrund steht die Bereitstellung genauer Positionen in einem wohldefinierten >Be-zugssystem. Unterschiede gegenüber den Methoden der kontinentalen Geodäsie sind in den Einflüssen der maritimen Um-welt zu sehen, vor allem im Bewegungseinfluss und in den unterschiedlichen Ausbreitungsbedingungen für Messsignale über und unter Wasser. Die Genauigkeitsanforderungen sind mit mehreren 100 m bis zu wenigen cm sehr unterschiedlich; sie ergeben sich aus den Anwendungen für die Meerestechnik (z.B. Positionierung von Bohrplattformen), Meeresbergbau, Offs-hore Aktivitäten, Meeresbodenvermessung (z.B. mit Fächersonar), seismischen und gravimetrischen Aufnahmen. Neue Herausforderungen entstehen durch die Umsetzung des Internationalen Seerechtes, insbesondere im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Festlandsockels. Höchste Anforderungen ergeben sich für die Bestimmung von Erdkrustenbewegungen am Meeresboden. Zu den Methoden der Positionsbestimmung auf See gehören die terrestrische >Radionavigation, die >Satelli-tennavigation, >akustische Verfahren, >Inertialverfahren und integrierte Navigation. Die Radionavigation spielt wegen des geringen Genauigkeitspotentials mit Ausnahme von LORAN-C heute keine Rolle mehr. In der satellitengestützten Positions-bestimmung auf See nahm von 1967 bis Anfang der 90er Jahre >Transit eine führende Rolle ein, insbesondere als wesentli-che Komponente der integrierten Navigation für Forschungsschiffe. Seither wird wegen der kontinuierlichen und weltweiten Verfügbarkeit vor allem >GPS eingesetzt. Für anspruchsvolle Aufgaben kann mit dem >Differential GPS Modus eine Genau-igkeit von wenigen Metern erzielt werden. Mit dem >kinematischen GPS kann in Küstennähe im Überdeckungsbereich von >Referenzstationen eine Genauigkeit von 0,1 m und besser, auch für die Höhenkomponente erreicht werden. Anwendungen finden sich in der Hydrographie und z.B. für Messbojen. Mit erhöhtem Beobachtungs- und Auswerteaufwand kann auch für den offenen Ozean die Positionierung von Messplattformen durch kinematisches GPS mit Zentimetergenauigkeit erfolgen. Dies spielt für die Überwachung untermeerischer Kontrollpunkte in der Plattentektonik im Zusammenhang mit >akustischen Messverfahren eine Rolle. Eine Verbesserung in der Operationalität, Zuverlässigkeit und Genauigkeit kann durch eine zu-sätzliche Einbeziehung von >GLONASS erwartet werden. Für die Positionsbestimmung und Navigation unter Wasser kom-men vorrangig akustische Verfahren in Betracht, da die Reichweite elektromagnetischer Wellen stark begrenzt ist. Aus der Signallaufzeit akustischer Signale können Positionen von Objekten auf dem Meeresboden, im Wasserkörper und an der Meeresoberfläche dreidimensional bestimmt werden. Die Genauigkeit liegt standardmässig im Meterbereich. Durch sorgfäl-tige Modellierung der Laufzeiten sind 0,1 m erreichbar. Das Messverfahren eignet sich insbesondere als autonomes Verfah-ren für lokale Untersuchungen. Die Verknüpfung mit einem globalen Bezugssystem kann über GPS/GLONASS erfolgen. Ein weiteres autonomes Messverfahren ist durch die >Inertialtechnik gegeben. Aufwendige Plattformsysteme (Kreisel und Beschleunigungsmesser) liefern dreidimensionale Wegfortschritte. Einfachere Lagesensoren dienen zur Orientierungsbe-stimmung, z.B. von Schiffen. Wegen starker Kreiseldriften benötigen Plattformsysteme externe Stützinformationen, da sonst die Genauigkeit sehr schnell verloren geht. Eine ideale Kombination ist mit GPS/GLONASS gegeben. Die Inertialmessungen dienen dabei vor allem zur Interpolation der Satellitenergebnisse und zur Überbrückung von Datenlücken. Für diese Aufgabe lassen sich auch kostengünstige Inertialsensoren einsetzen. Bei der integrierten Navigation werden unterschiedliche Messver-fahren zusammengeführt, um die Nachteile eines Verfahrens mit den Vorteilen anderer Verfahren auszugleichen. Dabei werden insbesondere Verfahren mit Langzeit- und Kurzzeitstabilität kombiniert. Das klassische integrierte System für For-schungsschiffe bestand aus einem Transitempfänger für die Langzeitstabilität und die Ermittlung absoluter Positionen und einem Dopplersonar (Logge) und Kreisel (Gyro) für die Wegfortschritte zur Interpolation der sog. Satellitenfixe. Je nach Verfügbarkeit wurden noch Radionavigationssysteme zur besseren Fehlermodellierung hinzugenommen. Aus heutiger Sicht bilden GPS/GLONASS Empfänger mit DGPS/DGLONASS Schnittstellen das Herzstück einer integrierten Anlage. Zur Überbrückung von Datenlücken und zur Erfassung der Schiffsorientierung können inertiale Lagesensoren zugeschaltet wer-den. LORAN-C als ziviles Radionavigationssystem dient vor allem der unabhängigen Kontrolle, trägt aber nicht zur Genau-igkeit bei. Die wesentliche Rolle der integrierten Navigation kann vor allem darin gesehen werden, den Raum- und Zeitbezug für ein marines >Geoinformationsystem bereitzustellen.

Positionsbestimmung mittels Satelliten - Positioning with satellites Die Positionsbestimmung mittels Satelliten knüpft an die >Grundgleichung der Satellitengeodäsie an mit dem Ziel, durch Messungen zu (bekannten) Satellitenpositionen die (unbekannte) Position eines Punktes P auf der Erdoberfläche zu bestim-men. Handelt es sich um Streckenmessungen (z.B. Laserentfernungsmessungen), so läßt sich aus drei gemessenen Strecken die gesuchte Position bestimmen (räumlicher Bogenschnitt). Andere Meßverfahren (Phasendifferenzen / Streckendifferenzen, Pseudoentfernungen) lassen sich in ähnlicher Weise auf geometrische Grundbeziehungen zurückführen.

Positionskatalogen - Position catalogue >Fundamentalkatalog.

Post-Newtonsche Approximation - Post-Newtonian approximation Näherung der Einsteinschen Gravitationstheorie für kleine Geschwindigkeiten v, verglichen zur Lichtgeschwindigkeit c und schwache Gravitationsfelder U (Gravitationspotential), d.h. für (v/c) ~ U/c << 1. In dieser Näherung können die Komponen-ten des metrischen Tensors vereinfacht werden; die Metrik in dieser Form erlaubt die Herleitung der anomalen Periheldre-hung der Planeten um die Sonne (Merkur: 43" pro Jahrhundert) sowie der Lichtablenkung im Schwerefeld der Sonne (1,75"

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am Sonnenrand). Für die Berechnung von Uhrengangraten (gravitative Rotverschiebung) benötigt man zusätzlich zur Metrik der >Speziellen Relativitätstheorie nur den (2w/c2)-Term von g00 des metrischen Tensors. Für die Beschreibung von Prozes-sen im Sonnensystem, wo die gravitative Wechselwirkung eine Rolle spielt, stellt die post-Newtonsche Theorie ein universel-les Werkzeug dar. Speziell für Tests der Einsteinschen Gravitationstheorie hat man eine parametrisierte post-Newtonsche Theorie entwickelt. Der post-Newtonsche Grenzfall einer ganzen Reihe unterschiedlicher Gravitationstheorien läßt sich mit Hilfe sogenannter PPN-Parameter erfassen. Am bekanntesten sind der Nichtlinearitätsparameter und der Raum-krümmungsparameter.

Potential - Potential Gruppe von skalaren Funktionen, die im Rahmen der >Potentialtheorie untersucht werden.

Potentialkoeffizient (Kugelfunktionskoeffizient) - Potential coefficient (spherical harmonics coefficient) Im engeren Sinn versteht man darunter die Reihenkoeffizienten, die bei der >Kugelfunktionsentwicklung des Gravitationspo-tentials auftreten. In diesem Zusammenhang ist auch die >Quellendarstellung der Potentialkoeffizienten als Volumenintegra-le über die Dichtefunktion der Erde von Bedeutung.

Potentialtheorie - Potential theory Im klassischen Sinne ist die Potentialtheorie die Theorie des Newtonschen >Gravitationspotentials und dessen grundlegende Beschreibung durch die >Poisson-Gleichung, Lap u(x,y,z) = f(x,y,z), und insbesondere durch die homogene Potentialglei-chung, die >Laplace-Gleichung, Lap u(x,y,z) = 0. Die moderne Potentialtheorie dehnt die Untersuchung auf allgemeinere Potentiale und andere partielle Differentialgleichungen aus. Ist ein Vektorfeld v(x,y,z) in einem bestimmten Gebiet des drei-dimensionalen, euklidischen Raumes konservativ (also das Kurvenintegral 2. Art wegunabhängig), so existiert zu dem Vek-torfeld eine skalare Feldfunktion u(x,y,z), die als Potential bezeichnet wird. Das Vektorfeld ergibt sich dann als Gradienten-feld des Potentials, grad u(x,y,z) = v(x,y,z). Eine gleichwertige Bedingung ist die Wirbelfreiheit des Vektorfeldes, rot v(x,y,z) = 0. Zur Lösbarkeit der Potentialgleichung ist es notwendig, zusätzliche Randbedingungen zu formulieren, was auf ein >Randwertproblem der Potentialtheorie führt.

Potsdamer Schweresystem - System of Potsdam >Schwerereferenznetz, aufgebaut auf Pendelbeobachtungen in Potsdam, mit Bedeutung in den Jahren 1909-1971; die darauf bezogenen Schwerewerte sind nach neueren Messungen und damit auch gegenüber z.B. dem >IGSN71 um ca. 150 mikro m/s2 zu groß (mit regionalen Variationen: Westdeutschland: 150 mikro m/s2, Länder der ehemaligen DDR: 140 mikro m/s2, weltweit im Allgemeinen zwischen diesen Werten).

PPS (Präziser Positionierungsdienst) - PPS (Precise Positioning Service) Für die autorisierte, vorwiegend militärische Nutzergemeinschaft des >GPS garantierter Nutzungsumfang. Im Rahmen des PPS können die Sicherungsmassnahmen >Selective Availability (SA) und >Anti-Spoofing (A-S) empfängerseitig kompen-siert werden. Die garantierte Genauigkeit beträgt 15 m.

PRARE (Precise Range- and Range-Rate Equipment) Satellitenbahnvermessungssystem, entwickelt in Deutschland (DARA: Deutsche Agentur für Raumfahrtangelegenheiten), das aufbauend auf dem >Dopplereffekt zur genauen Bestimmung von Entfernung und Relativgeschwindigkeit eines Satelli-ten eingesetzt wird. Eingesetzt wurde PRARE auf dem europäischen Satelliten ERS2 und dem russischen Satelliten METE-OR 3.

Präzession - Precession Langperiodische bzw. säkulare Richtungsänderung der Erdrotationsachse in bezug auf ein >raumfestes Bezugssystem als Teil der >Präzession-Nutation.

Präzession-Nutation - Precession-nutation Präzession und Nutation sind langfristige und periodische Richtungsänderungen der Erdrotationsachse in bezug auf ein >raumfestes Bezugssystem, das z.B. durch die Positionen extragalaktischer >Radioquellen gegeben ist. Aufgrund der Präzes-sion bewegt sich die Erdachse relativ zum raumfesten System auf einem Kegel mit einem Öffnungswinkel von 23,5°, dem Winkel zwischen Erdäquator und Erdbahn (>Ekliptik). Die Umlaufperiode beträgt ungefähr 25800 Jahre. Verursacht wird diese langsame Bewegung durch Gezeitenkräfte des Mondes und der Sonne. Da die Erde keine Kugel ist, sondern genähert durch ein abgeplattetes Rotationsellipsoid beschrieben werden kann und ihre Rotationsachse um 23,5° gegenüber der Eklip-tiknormalen geneigt ist, versuchen die auf die Erde wirkenden Anziehungskräfte (Drehmomente) die Erdachse aufzurichten. Die Erdachse aber weicht aus und umläuft den eben genannten Kegelmantel, dessen Bahn sich sehr genau berechnen läßt.

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Wegen des Umlaufs der Knotenlinie um die Erdbahn entgegengesetzt zur Bewegung der Erde ist das >tropische Jahr, das unsere Jahreszeiten bestimmt, etwa 20 Minuten kürzer als das >siderische Jahr, das auf dem Umlauf der Erde in bezug auf die Fixsterne beruht. Neben der Präzession gibt es noch periodische Richtungsänderungen der Erdrotationsachse im Raum, die Nutation. Die Erdrotationsachse bewegt sich dabei relativ zum raumfesten System aufgrund der Einflüsse von Sonne und Mond mit Perioden zwischen wenigen Tagen und 18,6 Jahren. Die luni-solare Nutation läßt sich sehr genau modellieren und durch harmonische Reihenentwicklungen in Abhängigkeit von der Zeit darstellen, wobei die Argumente der einzelnen har-monischen Terme aus Kombinationen fünf astronomischer Grundargumente berechnet werden. Das seit 1980 von der >Inter-nationalen Astronomischen Union (>IAU) empfohlene Nutationsmodell von Wahr (1981) enthält 106 Terme, jeweils für die Nutation in Schiefe und die Nutation in Länge. Neue theoretische Nutationsmodelle berücksichtigen dagegen bis zu mehrere Tausend Terme und sind wesentlich genauer als das Wahrsche Modell. In diese neuen Modelle wurden neben den ‘in-phase’ Termen auch sog. ‘out-of-phase’ Terme aufgenommen, d.h. die jeweiligen Sinus-Glieder der harmonischen Reihenentwick-lungen wurden um Cosinus-Glieder ergänzt und umgekehrt. Inzwischen ist die Genauigkeit der Modelle soweit vorangetrie-ben, daß sogar die Einflüsse einiger Planeten berücksichtigt werden (>Planetare Nutation). Aus den Differenzen zwischen den mit >VLBI gemessenen Nutationskomponenten und dem Nutationsmodell von Wahr (1981) lassen sich Korrekturen zu den astronomischen Nutationstermen ermitteln. Eine Wavelet-Analyse ergibt deutlich eine weitere Nutationskomponente mit einer Periode von 420 bis 440 Tagen und einer von 1989 bis 1997 abnehmenden Amplitude. Dies ist eine freie Nutation, die durch Richtungsunterschiede der Rotationsachsen des inneren >Erdkerns und des >Erdmantels bedingt ist (>Free Core Nuta-tion, FCN). Laut IAU-Resolution aus dem Jahre 2000 ersetzt ab dem 1.1.2003 das semi-empirische Modell MHB 2000 (Ma-thews, Herring, Buffet, 2000) das bisherige IAU-Modell.

Präzise Ephemeriden - Precise ephemeris Nachträglich aufgrund von Satellitenbeobachtungen auf global verteilten Stationen berechnete genaue Bahndaten für operati-onelle Satellitensysteme. Für das >Transit-Doppler System wurden präzise Ephemeriden aus Beobachtungen auf 20 Statio-nen (TRANET) mit einer Genauigkeit von 1-2 m berechnet. Die Koordinatengenauigkeit der abgeleiteten Einzelstationen beträgt etwa 0,5 m bis 1 m. Weltweit wurde zwischen 1970 und 1990 eine sehr grosse Zahl von geodätischen Kontrollpunk-ten auf diese Weise bestimmt. Für >GPS-Satelliten werden präzise Ephemeriden seit 1994 u.a. durch den >International GPS Service for Geodynamics (>IGS) auf der Grundlage von kontinuierlichen Beobachtungen auf etwa 200 Stationen (Stand Ende 1997) berechnet und verbreitet. Die endgültigen Bahnen haben eine Genauigkeit von etwa 10 cm.

Prismenastrolabium Gerät zur genauen Vermessung der Zenitdistanz von Sternen. Beim 30° Prismenastrolabium befindet sich ein gleichseitiges Prisma vor dem Objektiv, durch welches die Lichtstrahlen laufen müssen, bevor sie auf die Bildebene fokussiert werden. Mit Hilfe eines Quecksilberhorizontes erreicht man, dass von einem Stern zwei Bilder in der Fokalebene entstehen. Das Prisma ist dabei so montiert, dass im Falle einer Zenitdistanz von genau 30° diese beiden Bilder zu einem einzigen verschmelzen.

Prismenreflektor >Retroreflektor.

Problem von Molodensky - Molodensky problem Freies >geodätisches Randwertproblem; die von M.S. Molodensky in den Jahren 1940-1950 erstmals formulierte Aufgabe, die Geometrie der Erdoberfläche und das äußere Schwerefeld der Erde aus geodätischen Beobachtungen auf der Erdoberflä-che zu bestimmen. Die für die Praxis der Erdmessung wichtigste von verschiedenen Varianten ist die Formulierung auf der Grundlage des skalaren freien >geodätischen Randwertproblems. Auf der Erdoberfläche S, die alle Massen des Erdkörpers einschließt, sind >Schwerewerte g(B,L) und >geopotentielle Koten C(B,L) als kontinuierliche Funktionen der >geographi-schen Koordinaten B,L gegeben. Die geographischen Breiten B und Längen L beziehen sich auf ein dem Erdkörper mittels einer geodätischen >Datumsfestlegung angeheftetes Referenzellipsoid E, dessen kleine (polare) Halbachse in Richtung der Erdrotationsachse zeigt. Der Erdkörper rotiere mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit w um die raum- und körperfeste Rotationsachse. Die meßbaren Schwerewerte g und geopotentiellen Koten C in beliebigen Punkten P dienen als Randwerte, die mit dem Schwerepotential W durch Randbedingungen funktional verknüpft sind: g=|grad W|, C=W0-W. W0 bezeichnet den (in der Regel unbekannten) Potentialwert im (globalen) Referenzpunkt P0, dem Ausgangspunkt des Nivellements. Ziel des Molodensky-Problems ist die Bestimmung der auf die Ellipsoidnormale durch P bezogenen ellipsoidischen Höhe hP sowie des Schwerepotentials W im Außenraum der Erde, welches die erweiterte >Laplacesche Differentialgleichung, Lap W=2w2, erfüllt. Um die geforderte Ausgangssituation herzustellen, sind an den meßtechnisch bestimmten Schwerewerten und geopotentiellen Koten zunächst Gezeiten- und atmosphärische Reduktionen anzubringen, um rechnerisch die Wirkungen der im Außenraum der Erde tatsächlich existierenden Massen von Sonne und Mond sowie der Atmosphäre zu beseitigen. Auch geodynamische Effekte sind ggf. durch Reduktionen der Randwerte zu berücksichtigen. Da die ellipsoidische Höhe der Randpunkte unbekannt ist, gehört das Molodensky-Problem zur Klasse der freien Randwertprobleme. Die durch die Randbe-dingungen hergestellten Beziehungen zwischen den Unbekannten und den beobachtbaren Größen (Observablen) sind nichtli-near und können durch Einführung von Näherungen für die unbekannte Potentialfunktion W und die unbekannte ellipsoidi-sche Höhe h(B,L) linearisiert werden. Als Approximation für das Potential W benutzt man ein >Normalschwerepotential, i. allg. das Potential U eines >Niveauellipsoids, so daß W aus dem bekannten Normalpotential U und dem noch unbekannten Störpotential T zusammengesetzt ist, T=W-U. Da die Zentrifugalanteile in W und U identisch sind, ist das Störpotential im

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Außenraum der Erdoberfläche S harmonisch, d.h. Lap T = 0, und im Unendlichen regulär. Eine Approximation der Randflä-che S wird mit Hilfe einer Telluroidabbildung konstruiert: Zu jedem Oberflächenpunkt P wird ein Telluroidpunkt Q be-stimmt, der auf derselben Ellipsoidnormale liegt (BQ=BP, LQ=LP) und für den weiter gilt: U0-UQ=CP, (U0 Normalpotential auf dem Referenzellipsoid E); aus dieser Bedingung folgt die >ellipsoidische Höhe hQ des Punktes Q, die mit der >Normal-höhe HP des Punktes P zahlenmäßig identisch ist. Die Menge aller den Punkten P zugeordneten Bildpunkte Q erzeugt das Telluroid als Näherung der Erdoberfläche. Damit läßt sich die ellipsoidische Höhe hP in die bekannte Normalhöhe HP und ein unbekanntes Reststück, die Höhenanomalie zP zerlegen, hP=HP+zP. Nach Linearisierung und weiteren Vereinfachungen (sphärische Approximation) ergeben sich aus den Randbedingungen das Theorem von Bruns, zP=TP/gQ (mit der auf den Punkt Q bezogenen Normalschwere gQ) sowie die >Fundamentalformel der Physikalischen Geodäsiemit der Schwereanoma-lie, Dg=-dT/dr-2T/r, welche in diesem Zusammenhang auch als Freiluftanomalie bezeichnet wird. Die Fundamentalformel der Physikalischen Geodäsie ist als Randbedingung zu der außerhalb des Telluroids gültigen Feldgleichung aufzufassen; dieses Randwertproblem gehört zur Klasse der schiefachsigen >Randwertprobleme der Potentialtheorie. Eine analytische Lösung dieses >Geodätischen Randwertproblems für die Höhenanomalie ergibt sich in Form einer Reihenentwicklung, deren Hauptterme durch die Stokessche Integralformel gegeben sind und einem gravimetrischen Zusatzglied, das den Einfluß der unregelmäßigen Geländegestalt beschreibt und im wesentlichen der >Geländereduktion äquivalent ist. Eine entsprechende Formel kann auch für das Störpotential T angegeben werden. Verfeinerungen der hier skizzierten Theorie von Molodensky betreffen die Berücksichtigung von nichtlinearen Termen der Reihenentwicklungen sowie die Einbeziehung der Elliptizität der Erde. Während in der klassischen Geodäsie das Molodensky-Problem im Zusammenhang mit der Bestimmung von el-lipsoidischen Höhen für Punkte der Erdoberfläche gesehen wurde, liegt nunmehr, nachdem die ellipsoidischen Höhen über Satellitenmethoden ermittelt werden können, der Schwerpunkt auf der Ermittlung von >Normalhöhen mittels der umgestell-ten Formel HP=hP-zP. Wenn zP nach der Theorie von Molodensky aus gravimetrischen Messungen bestimmt wird, sind hier-für keine zeitaufwendigen Nivellements mehr notwendig.

Problem von Stokes - Stokes' problem >Stokes-Problem.

Projektive Lotabweichungsausgleichung Bestimmung eines lokal bestanschließenden Ellipsoides durch Änderungen der Parameter des Geodätischen Datums unter der Voraussetzung paralleler globaler Koordinatensysteme (globales geozentrisches Koordinatensystem, konventionelles geodätisches Koordinatensystem). Die Korrektion des Geodätischen Datums wird so bestimmt, daß die Quadratsumme der Lotabweichungen in den Punkten, in denen astronomische Messungen vorliegen, minimal wird. Dabei werden drei räumliche Verschiebungen des Ellipsoides sowie Änderungen der Parameter des Rotationsellipsoides zugelassen.

Proleptischer Julianischer Kalender - Julian proleptic calendar Extrapolierter >Julianischer Kalender.

Pseudoentfernung - Pseudorange Mit einem Uhrfehler behaftete Entfernungsmessung bei >GPS. Das Navigationsprinzip bei GPS beruht auf der Einweg-Entfernungsmessung zwischen mindestens vier Satelliten und einem Nutzer. Wesentliche Beobachtungsgröße ist die Laufzeit eines Signals (Code-, Trägerphase) von der Satellitenantenne zur Empfangsantenne. Die Signallaufzeit wird aus dem Ver-gleich von Uhrablesungen im Sender und im Empfänger bestimmt und über die Ausbreitungsgeschwindigkeit (Lichtge-schwindigkeit) in eine Entfernung umgewandelt. Im allgemeinen kann nicht vorausgesetzt werden, dass beide Uhren mitein-ander synchronisiert sind, sodass die gemessene Laufzeit noch einen systematischen Fehler (Uhrfehler) enthält, durch den die ermittelte Entfernung verfälscht wird. Durch die Einbeziehung eines vierten Satelliten wird neben den drei Koordinaten X, Y, Z der Nutzerantenne jeweils der Uhrfehler mitbestimmt.

Pulsarzeit - Pulsar time Zeitskala, abgeleitet aus der extrem gleichmässigen Strahlungsperiode von Pulsaren.

Quarzuhr - Quarz clock >Uhr, deren Takt aufgrund der sehr stabilen, elektrischen Schwingungseigenschaften von Quarzen gebildet wird. Die Quarzuhr unterliegt sowohl Temperatur- als auch Alterungseinflüssen.

Quasar - Quasar extragalaktische >Radioquelle.

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Quasigeoid - Quasi geoid Bezugsfläche für die >Normalhöhen. Trägt man die im >Molodensky-Problem bestimmte >Höhenanomalie in Richtung der >Ellipsoidnormale über dem Referenzellipsoid ab, so entsteht eine Fläche, die nach R.A. Hirvonen (1960) als Quasigeoid bezeichnet wird. Dieselbe Fläche entsteht, indem man die Normalhöhe vom Oberflächenpunkt P aus jeweils längs der El-lipsoidnormale vorzeichengerecht nach unten abträgt. Das Quasigeoid ist selbst keine Äquipotentialfläche, stimmt aber mit dem >Geoid relativ gut überein. Die Abweichungen zwischen Geoid und Quasigeoid sind von der Topographie und den Inhomogenitäten des Erdschwerefeldes abhängig; während diese Unterschiede auf dem freien Ozean praktisch verschwinden, erreichen sie beispielsweise für den Mt. Blanc etwa 2m.

Quasigeoidhöhe - Quasi geoid height Abstand des >Quasigeoids von einem mittels einer geodätischen >Datumsfestlegung gelagerten und orientierten Erdellipsoid, gemessen längs der >Ellipsoidnormalen. Die Quasigeoidhöhe ist zahlenmäßig identisch mit der >Höhenanomalie und nimmt global Werte zwischen -110m und +70m an.

Quasigeoidundulation - Quasi geoid undulation Quasigeoidhöhe.

Quasi-Inertialsystem - Quasi-inertia system >Newton-System.

Quellendarstellung der Potentialkoeffizienten - Source representation of the potential cofficients Darstellung der Potentialkoeffizienten des Gravitationspotentials durch Volumenintegrale über die Dichtefunktion der Erde. Man gelangt zu diesen Formeln durch Entwicklung des reziproken Abstandes des Aufpunktes von den >Quellpunkten in eine Reihe nach >Legendreschen Polynomen, Anwendung des >Additionstheorems der Kugelflächenfunktionen und anschließen-der Integration über alle Quellelemente der betrachteten Massenanordnung.

Quellenfreiheit eines Gravitationsfeldes Fehlen von felderzeugenden (aktiven schweren) Massen im Falle von Gravitationsfeldern. In diesen Raumbereichen gilt die >Laplacesche Gleichung.

Quellpunkt Veränderlicher, das Integrationsgebiet durchlaufender Punkt mit differentieller (räumlicher, flächenhafter, etc.) Massenbele-gung dm (>Gravitationspotential).

Querkontraktion - Lateral contraction Relative Querschnittsverminderung eines auf Dehnung beanspruchten Körpers.

Querkrümmungshalbmesser (Normalkrümmungshalbmesser) - Radius of curvature in the prime vertical Einer der >Hauptkrümmungsradien des >Rotationsellipsoides. Er liegt in der zur Ebene des Meridianschnittes einer Rotati-onsfläche senkrechten Normalschnittebene in einem betrachteten Punkt. Der andere Hauptkrümmungsradius ist der <Meridi-ankrümmungshalbmesser.

Radaraltimeter - Radar altimeter >Altimeter

Radaraltimetrie - Radar altimetry >Altimetrie

Radaraltimetrie, ionosphärische Laufzeitkorrektur Die Verzögerung des Radarimpulses durch die >Ionosphäre. Sie ist abhängig von der Frequenz f und proportional zum Ge-samtelektronengehalt TEC (Total Electron Content). Die Längenkorrektur (in mm) beträgt in erster Näherung -40250 TEC / f2, wobei TEC in e/m2 und f in Hz anzugeben ist. Sie kann bei Frequenzen im Ku-Band (13,5 - 13,8 GHz) bis zu 0.15 m betragen. TEC-Werte schwanken aber erheblich in Abhängigkeit von Tageszeit, Jahreszeit und >geomagnetischer Aktivität.

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Sie sind entsprechend schwer vorherzusagen. Altimeter, die mit zwei deutlich getrennten Frequenzen messen, erlauben mit hoher Genauigkeit eine in-situ Abschätzung des TEC. >Topex war das erste Zwei-Frequenz Altimeter. >Envisat und >Jason werden ebenfalls mit zwei Frequenzen betrieben.

Radaraltimetrie, toposphärische Laufzeitkorrektur Das Radarsignal wird durch Luftmoleküle verzögert. Die entsprechende Längenkorrektur kann in Trocken- und Feuchtanteil zerlegt werden. Der Trockenanteil (in mm) ist proportional zum Boden-Luftdruck p (hP) und beträgt in Abhängigkeit von der geographischen Breite B -2.277 p ( 1 + 0.0026 cos2B). Der Trockenanteil variiert wenig und beträgt ca. -2.30 m. Der Feucht-anteil (in mm) hängt vom Wasserdampfgehalt der Atmosphäre ab und beträgt in guter Näherung - 381.5 e/T2 dz, wobei e der Partialdruck des Wasserdampfes (hP), T die Temperatur in K ist und die Integration vom Boden bis zur Höhe des Satelliten erfolgt. In den Tropen ergeben sich Beträge von etwa -0.35 m, an den Polen verschwindet der Feuchtanteil fast vollständig. Der Wasserdampfgehaltes wird von meteorologische Dienste übernommen. Alle derzeit arbeitenden >Altimetermissionen besitzen aber auch eigene Radiometer, die eine unabhängige Schätzung des Feuchtanteils der troposphärischen Laufzeitkor-rektur erlauben.

Radiogalaxie - Radio galaxy Extragalaktische >Radioquelle

Radiointerferometrie (VLBI) - Radio interferometry (VLBI) Beobachtungsverfahren der Astronomie und der >Geodäsie mittels >Interferometern. Geodätische Anwendungen der VLBI nutzen Paare von >Radioteleskopen zur simultanen Beobachtung extragalaktischer Radioquellen, wie z.B. Quasare und Radiogalaxien, um daraus Rückschlüsse auf >Erdrotation und >Kontinentaldrift ziehen zu können. Die Abstände zwischen den Radioteleskopen können dabei bis zu 10000 km betragen. Das elektromagnetische Rauschen der Radioquellen kommt wegen der jeweiligen Radioquellen - Radioteleskop - Geometrie zu unterschiedlichen Zeiten auf der Erde an. Die vom Emp-fänger verstärkten Analogsignale im Frequenzbereich von mehreren GHz werden mit einem Mischer auf eine Basisbandfre-quenz von wenigen MHz heruntergemischt und in der Formatiereinheit digitalisiert. Die Bitströme werden dann zusammen mit hochgenauen Zeitzeichen von Stationsuhren auf Magnetbänder aufgezeichnet. Sowohl der Mischprozess als auch die Stationsuhren werden von Frequenzstandards gesteuert, die auch als >Atomuhren bezeichnet werden. Die zeitliche Differenz der Ankunftszeiten der Signale an den beiden Stationen (Laufzeitunterschied) ist die primäre Beobachtungsgröße der geodä-tischen Radiointerferometrie. Zur Bestimmung der Laufzeitunterschiede werden die aufgezeichneten Datenströme mit Hilfe eines zentralen >VLBI-Korrelators kreuzkorreliert. Durch die Rotation der Erde werden bei der Korrelation kohärenter Sig-nale Interferenzwellen erzeugt, die dem Verfahren ihren Namen gegeben haben. Durch Variation der zeitlichen Verzögerun-gen kann die maximale Amplitude der Interferenzwellen am Korrelator ermittelt und damit der Laufzeitunterschied bei der Aufnahme wiederhergestellt werden. Zur Bestimmung von Erdrotationsparametern und Entfernungen zwischen Radiotele-skopen werden von diesen 24 Stunden lang in ständigem Wechsel mehrere Hundert Anzielungen verschiedener Radioquellen durchgeführt. Auf ihrem Weg zu den Radioteleskopen unterliegen die Signale u.a. relativistischen und >Refraktionseinflüs-sen der Atmosphäre und der >Ionosphäre. Die Auswertung der beobachteten Laufzeitunterschiede liefert z.B. die Entfernun-gen zwischen den Radioteleskopen im Abstand von mehreren Tausend km mit einer Genauigkeit von wenigen Millimetern. Wegen des Bezuges der Radiointerferometer-Messungen zum inertialen Referenzsystem der Radioquellen liefert die Radi-ointerferometrie insbesondere die >Nutationswinkel der Erdrotationsachse und die Rotationsphase der Erde (>UT1) mit höchster Langzeitstabilität. Organisiert werden weltweite VLBI-Beobachtungen u.a. vom >IVS.

Radionavigation - Radion navigation Verfahren der Navigation, die auf dem Empfang von Radiosignalen beruhen. Zu unterscheiden sind satellitengestützte und bodengebundene Verfahren. Wichtigste Verfahren der >Satellitennavigation sind >GPS und >GLONASS. Bis zum Anfang der 90er Jahre spielte >Transit insbesondere in den marinen Geowissenschaften eine führende Rolle. Die bodengebundenen Verfahren haben mit dem Aufkommen der Satellitennavigation weitgehend an Bedeutung verloren, da sie hinsichtlich Reichweite und Genauigkeit beschränkt sind. Generell gilt die Regel, dass bei zunehmender Trägerfrequenz die Genauigkeit zunimmt und die Reichweite abnimmt. Das global verfügbare OMEGA Verfahren (10 - 14 KHz) erreichte nur eine Genauig-keit von mehreren Kilometern und wurde Ende 1997 abgeschaltet. DECCA (70 - 130 KHz) hat als Küstennavigationssystem mittlerer Genauigkeit insbesondere in Europa verbreitete Anwendung in den Geowissenschaften gefunden, wird aber inzwi-schen weitgehend von >Differential GPS abgelöst. Lediglich LORAN-C (100 KHz) wird mit einer Reichweite von etwa 2000 km als unabhängige Komponente bei der >integrierten Navigation oder auch als Einzelsystem weiterhin Bedeutung haben. Die Genauigkeit liegt je nach Konfiguration zwischen 50 m und 300 m.

Radioquelle - Radio sources Sammelbegriff für extragalaktische Objekte, die elektromagnetische Strahlung aussenden wie Quasare oder Radiogalaxien.

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Radiosonde - Radiosonde Wettersensoren für Luftdruck, Temperatur, Feuchte und Windparameter, die an einem Ballon in die hohen Schichten der Atmosphäre aufsteigen und ihre Messwerte über Funk an eine Bodenstation übermitteln.

Radioteleskop - Radio telescope Beobachtungsinstrument für elektromagnetische Strahlung aus dem Weltraum im Frequenzfenster zwischen einigen Mhz und etwa 100 Ghz. Ein in der Regel beweglicher Spiegel parabolischer Form bündelt die elektromagnetische Strahlung in seinem Brennpunkt, wo sie in einem Empfangshorn mit Erreger in elektrische Energie umgesetzt werden. Von der Genauigkeit der Reflektoroberfläche und der Formstabilität des Paraboloids hängt die optimale Empfangsfrequenz der Radioteleskope ab. Radioteleskope werden in der Radioastronomie eingesetzt und finden weite Verbreitung in der geodätischen >Radiointerfe-rometrie. Zur Steigerung der Auflösung astronomischer Beobachtungen und für Anwendungen in der Radiointerferometrie werden Radioteleskope oft zu >Interferometern verbunden.

Randbedingung - Boundary condition > Randwertproblem.

Randwertproblem (Randwertaufgabe) - Boundary value problem Aufgabe der mathematischen Physik, die Lösung einer vorgegebenen Differentialgleichung unter ebenfalls vorgegebenen Randbedingungen zu bestimmen. Die >Randwertprobleme der Potentialtheorie beziehen sich auf die >Laplacesche Differen-tialgleichung Lap V(x,y,z)=0 für die >harmonische Funktion V(x,y,z), die im dreidimensionalen Raum als Funktion der >kartesischen Koordinaten x,y,z oder als Funktion krummliniger Koordinaten definiert ist. Auch das >geodätische Rand-wertproblem kann nach einigen Modifikationen und Vereinfachungen auf die Laplacesche Differentialgleichung bezogen werden. Falls die Geometrie des Randes fest vorgegeben ist, bezeichnet man das zugehörige Problem als fixes Randwert-problem; ist dagegen der Ortsvektor des Randes vollständig oder teilweise unbekannt, so entsteht ein freies Randwertprob-lem.

Randwertproblem der Potentialtheorie - Boundary value problem of the potential theory Aufgabe der mathematischen Physik, die Lösung der >Laplacesche Differentialgleichung Lap V(x,y,z)=0 für die >harmoni-sche Funktion V(x,y,z) bei Vorgabe gewisser Randbedingungen zu bestimmen. Die Funktion V(x,y,z) sei im dreidimensiona-len Raum als Funktion der >kartesischen Koordinaten x,y,z oder als Funktion krummliniger Koordinaten definiert, erfülle gewisse Stetigkeitsbedingungen und sei regulär im Unendlichen. Folgende Randwertprobleme lassen sich hinsichtlich ihrer Randbedingungen unterscheiden: 1. Randwertproblem (Dirichlet-Problem): Die gesuchte Funktion nehme auf dem Rand die Werte einer gegebenen Funktion an. 2. Randwertproblem (Neumann-Problem): Die Richtungsableitung der gesuchten Funktion in Richtung der äußeren Norma-len auf die Randfläche nehme auf dem Rand die Werte einer gegebenen Funktion an. 3. Randwertproblem (gemischtes oder Robin-Problem): Die Linearkombination der gesuchten Funktion und seine Richtungs-ableitung in Richtung der äußeren Normalen auf die Randfläche nehme auf dem Rand die Werte einer gegebenen Funktion an.

Raumfestes Bezugssystem (Zälestisches Bezugssystem, CRS) - Space fixed reference system (Celestial Reference System, CRS) >Bezugssystem, das als >Quasi-Inertialsystem, bzw. >Newton-System ein >Inertialsystem annähern soll. Träger raumfester Bezugssysteme können kompakte Radioquellen, Sterne, Planeten, Monde oder geeignet ausgerüstete Meßplattformen, wie zum Beispiel künstliche Erdsatelliten sein.

Raumtriangulation - Spatial triangulation Ein Verfahren zur Bestimmung der relativen Lage der Punkte eines räumlichen Punktfeldes durch Strecken- und Richtungs-messungen zwischen diesen Punkten (< dreidimensionale Geodäsie).

Raumzeit - Space time >Bezugssystem für Raum und Zeit. Je nach der zugrunde gelegten Theorie bzw. den Genauigkeitsanforderungen unterschei-det man >Newtonsche Raumzeit, >Minkowskische Raumzeit und >Einsteinsche Raumzeit.

Rechtläufige Bewegung - Direct motion (progressive motion) Die Bewegung eines Planeten (oder Satelliten) in westöstlicher Richtung, das heißt, von der Nordseite der Ekliptik gesehen, entgegen dem Uhrzeigersinn (< rückläufige Bewegung, >Neigung der Bahnebene).

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Rechtswert Der vom >Mittelmeridian aus gezählte Ordinatenwert der >Gauß-Krüger-Koordinaten.

Reduzierte Breite - Reduced latitude Projiziert man die Meridianellipse auf einen Kreis mit einem der großen Halbachse entsprechenden Radius, so gehen alle Punkte der Meridianellipse in Kreispunkte über, deren geozentrische Breiten als reduzierte Breiten bezeichnet werden.

Reduzierte Länge der geodätischen Linie - Reduced length of the geodetic line Der Quotient aus dem Bogenelement eines geodätischen Kreises und der dem Bogenelement zugeordneten geodätischen Azimutdifferenz, gemessen in der Kreismitte.

Referenzellipsoid (Bezugsellipsoid) - Reference ellipsoid >Rotationsellipsoid, das als Bezugsfläche für eine Landesvermessung dient. Den klassischen Landesvermessungen liegt zumeist ein >konventionelles Ellipsoid oder ein >lokal bestanschließendes Ellipsoid zugrunde. Für globale Aufgaben ist ein >mittleres Erdellipsoid bzw. ein >Niveauellipsoid vorzuziehen.

Referenzfläche (Bezugsfläche) - Reference surface Rechen- und Bezugsfläche für geodätische Berechnungen. Bei Aufspaltung der räumlichen Beschreibung von Punkten des Erdraumes in eine zweidimensionalen Lagebestimmung und eine eindimensionale Höhenbestimmung verwendet man häufig unterschiedliche Referenzflächen für Lage und Höhe: für die Lagebestimmung wird i.a. ein >Referenzellipsoid gewählt, während die >Höhenbezugsfläche abhängig vom gewählten >Höhensystem ist.

Refraktion - Refraction Atmosphärische und >ionosphärische Verzögerung der Signallaufzeit und >Beugung der im Vakuum geradlinigen Ausbrei-tung von elektrooptischen und elektromagnetischen Wellen. Im Zusammenhang mit geodätischen Messungen zu Satelliten und in der >Radiointerferometrie kann die Refraktion in >atmosphärische Refraktion und >ionosphärische Refraktion unter-teilt werden. Die Verzögerung führt bei Laufzeitmessungen, z.B. bei elektro-optischen und elektro-magnetischen Entfer-nungsmessungen zu Streckenmessfehlern, beim >Nivellement und trigonometrischer Höhenübertragung zu Höhenfehlern. Richtungsmessungen mit Theodoliten leiden unter >Seitenrefraktion.

Refraktionszahl (Brechzahl) - Rafraction number U.a. in der elektro-optischen Entfernungsmessung benutzte Maßzahl N zur einfacheren Handhabung des >Brechungsindex n. Es gilt die Beziehung: (N = (n - 1)106)

Rektaszension - Right ascension Der auf dem Himmelsäquator nach Osten gemessene Bogen zwischen dem >Frühlingspunkt und dem >Stundenkreis des Gestirns.

Relative Koordinaten Koordinaten, die sich auf ein lokales >erdfestes Koordinatensystem beziehen. Zumeist versteht man darunter ein >topozentri-sches astronomisches Koordinatensystem, das in der Regel das geodätische Beobachtungssystem darstellt.

Relative Lotabweichung - Relative deflection of the vertical >Lotabweichung, die von der Definition der zugrunde gelegten Referenzfläche (zumeist Refernzellipsoid) abhängt.

Relative Schweremessung - rlative gravimetry Verfahren der >Schweremessung zur Bestimmung von Differenzen der Schwerebeschleunigung.

Relative Zeit - Relative time Zeitspannen werden von verschiedenen Beobachtern verschieden beurteilt, wenn sie sich in gegenseitiger Bewegung und/oder an Orten unterschiedlicher Gravitation befinden. Im Gegensatz zur >absoluten Zeit genügt die relative Zeit den Anforderungen der Einsteinschen Relativitätstheorien.

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Relativgravimeter - Relative gravimeter Meist statisches Gravimeter, Federgravimeter. Spezialisierter, in Lotrichtung ausgerichteter >Beschleunigungsmesser als Federwaage mit konstanter Masse zur Messung von Relativwerten der >Schwere g=g0 + f z, mit Additionsparameter g0, Eichfaktor f, Gravimeterablesung z aus Messung einer Federkraft, meist mit Nullstellung der ausgelenkten Probemasse. Die Eichfunktion f(z) wird durch >Gravimetereichung, g0 durch Anschlußmessung auf einem bekannten Punkt z.B. eines >Schwerereferenznetzes bestimmt. Die Feder als kraftmessendes Element kann verschiedene Formen annehmen, z.B. Rotati-ons-, Linear-, elektromagnetische, elektrostatische, Gasdruck-Feder. Wichtig sind die (Material-) Eigenschaften der Feder, z.B. zeitliches Kriechen (Gravimeter->Gang), Bruchfestigkeit, Temperatureinfluß. Relativgravimeter wurden seit ca. 1930 entwickelt und sind das meistbenutzte Instrument zur Ausmessung des >Erdschwerefeldes, da billiger, einfacher zu benut-zen, robuster als >Absolutgravimeter, genau (bis einige 10-8 m/s2 ). Empfindlichkeitssteigerung rotatorischer Systeme durch >Astasierung; nachteilig ist wegen (kleiner) Änderungen des Winkels des 'Waagebalkens' gegenüber der Horizontalen die Empfindlichkeit gegenüber Horizontalbeschleunigungen durch >Kreuzkopplung. Heute z.B. Relativgravimeter von LaCoste-Romberg, Worden, Scintrex.

Relativistische Effekte in der Geodäsie - Relatvistic effects in geodesy Effekte der Speziellen oder Allgemeinen Relativitätstheorie in der modernen, hochgenauen Geodäsie. Diese Effekte haben die größte Wirkung auf den Gang von Atomuhren sowie die Propagation elektrodynamischer Signale, spielen daher bei der Etablierung terrestrischer Zeitskalen (>TAI, >UTC, >TT), bei der Verbreitung von Zeitsignalen (GPS) sowie bei der >VLBI und den Laserentfernungsmessungen (insbesondere >LLR) eine wichtige Rolle.

Relativitätstheorie, allgemeine (ART) - Relativity theory, general Alternative Bezeichnung der >Einsteinschen Gravitationstheorie.

Relativitätstheorie, spezielle (SRT) - Relativity theory, special Spezialfall der >Einsteinschen Gravitationstheorie im Falle verschwindender Gravitationsfelder. In der SRT redet man über eine flache 4-dimensionale Raum-Zeit. In ihr existiert eine Klasse ausgezeichneter inertialer, kartesischer Koordinatensyste-me in welchen der metrische Tensor die Form g=diag(-1,1,1,1) annimmt. Das 4-dimensionale Längenelement ist dann durch ds2=-c2dt2+dx2 mit der Lichtgeschwindigkeit c gegeben. Ein wichtiger Effekt der SRT ist etwa die Geschwindigkeitsabhän-gigkeit bewegter Atomuhren, welche bei GPS Messungen berücksichtigt werden muss.

RETrig (Réseau Européen Trigonométrique) - RETrig (Readjustment of European Triangulation) Europäisches Lagefestpunktfeld in Form eines Dreiecksnetzes. Das >ED50 diente als Grundlage der Ausgleichung des RETrig (>Ausgleichungsrechnung). Es wurde in einer abschließenden Ausgleichung 1987 im System des ED50 berechnet, ohne daß eine Neubestimmung des >geodätischen Datums stattgefunden hat. Diese abschließende Berechnung wird auch als ED87 bezeichnet.

Retrograde Bewegung - Retrograde motion >Rechtläufige Bewegung.

Retroreflektor - Retro reflector Reflektor, der Licht wieder in die Richtung zum Ausgangsort zurückleitet. Drei zueinander orthogonal stehende optische Flächen, realisiert durch Spiegel- oder Prismenflächen, lenken das Licht in die gleiche Richtung zurück. Satelliten, deren Entfernung mit >Laserentfernungsmeßsystemen gemessen werden kann, müssen mit Retroreflektoren ausgestattet sein.

REUN (Réseau Européen Unifié de Nivellement) - UELN (United European Levelling Net) Vereinigtes Europäisches Nivellementnetz, >Nivellementpunktfeld zur Definition des europäischen >Vertikaldatums. Die Höhen des REUN sind >geopotentielle Koten. Eine erste Berechnung geht auf das Jahr 1958/59 zurück. Neuberechnungen liegen mit dem UELN73 (>UELN) und dem >REUN86 vor.

REUN86 Neuberechnung des >REUN aus dem Jahre 1986.

Rezente Krustenbewegung - Recent crustal movement In die heutige Zeit hineinreichende >Erdkrustenbewegungen.

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Richtungsreduktion - Arc-to-chord reduction 1. Die sich beim Übergang von der beobachteten Richtung zur Richtung einer definierten Linie auf der geodätischen >Be-zugsfläche (z.B. geodätische Linie auf dem Bezugsellipsoid) ergebende Richtungsdifferenz; wird auch mit Azimutreduktion bezeichnet. 2. Die Differenz zwischen dem Richtungswinkel einer definierten Oberflächenkurve (z.B. der geodätischen Linie) auf der >Bezugsfläche und dem aufgrund der Koordinatendifferenzen abgeleiteten Wert des Richtungswinkels.

Richtungswinkel - Grid bearing Der Winkel zwischen einer Flächenkurve (z.B. einer geodätischen Linie) in einem Punkt und der Linie von konstanter Ordi-nate eines Flächenkoordinatensystems (z.B. Gauß-Krüger-Koordinaten, Soldner-Koordinaten o.ä.): 1. sphärischer bzw. ellipsoidischer Richtungswinkel, siehe >Geodätische Parallelkoordinaten, 2. Gaußscher Richtungswinkel, siehe >Gauß-Krüger-Koordinaten.

Riemannscher Krümmungstensor Aus einem metrischen Fundamentaltensor abgeleiteter Tensor 4.Stufe, welcher die Krümmungsverhältnisse einer Mannigfal-tigkeit beschreibt.

Rotation - Rotation (revolution) Bewegung, bei der sich alle Punkte eines Körpers auf Kreisen um eine gemeinsame Achse drehen.

Rotation der Erde - Rotation of the Earth Erdrotation ist die zeitliche Änderung der >Orientierung der Erde. Sie kann durch einen Rotationsvektor dargestellt werden, der die Richtung der momentanen Drehachse der Erde hat, und dessen Länge dem Betrag der Drehgeschwindigkeit der Erde entspricht. Die Rotation der Erde ist nicht gleichförmig und wird durch die >Erdrotationsparameter angegeben: >Präzession und >Nutation sind langfristige und periodische Richtungsänderungen des Rotationsvektors in bezug auf ein >raumfestes Bezugssystem. Die >Polbewegung ist die Richtungsänderung des Rotationsvektors in bezug auf ein >erdfestes Bezugssys-tem. Änderungen der Geschwindigkeit der Erdrotation werden ausgedrückt durch die Abweichung der >Weltzeit (>Universal Time, >UT) von der gleichförmigen Atomzeit oder durch die Veränderungen der >Tageslänge (length of day, lod). Die Mes-sungen der Erdrotationsparameter erfolgten seit Ende des 19. Jahrhunderts mit astronomischen Methoden. Seit den siebziger Jahren dieses Jahrhunderts werden >geodätische Weltraumverfahren eingesetzt, wie z.B. >VLBI, >SLR, >LLR und neuer-dings auch >GPS. Die heute erreichbaren Meßgenauigkeiten der Erdrotationsparameter liegen bei besser als 3*10-5s bzw. - betrachtet auf der Erdoberfläche - bei unter 1 cm. Informationen über das langfristige Verhalten der Erdrotationsparameter erhält man aus historischen Aufzeichnungen über Mond- und Sonnenfinsternisse und aus der Untersuchung von Sedimentab-lagerungen. Die gemessenen Erdrotationsparameter zeigen ein breites Spektrum von Schwankungen, deren Interpretation wertvolle Rückschlüsse auf den Aufbau des Erdkörpers und das dynamische Verhalten des Erdinneren sowie der >Atmo-sphäre, der >Hydrosphäre und der >Kryosphäre erlaubt. Ja sogar anthropogene Einflüsse auf die Erdrotation, wie z.B. der Einfluß von Massenverlagerungen aufgrund eines erhöhten CO2-Ausstoßes, sind bereits Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Mittel- und langperiodische sowie langfristige Massenverlagerungen wirken sich auf die Erdrotation aus. Wegen der Erhaltung des gesamten >Drehimpulses der Erde in kurzen Zeiträumen erfährt die Rotation der festen Erde Ände-rungen, die spiegelbildlich zu denen in der Atmosphäre und den Ozeanen sind. Die halbjährliche Periode der Schwankungen der Tageslänge ist z.B. nicht nur im Zusammenhang mit einem entsprechenden Verhalten der Stürme um die Antarktis zu sehen, sondern auch die Meeresströmungen spielen dabei eine Rolle. Aus den von hydrodynamischen Modellen oder aus der >Altimetrie gelieferten Änderungen des Meeresspiegels und der Geschwindigkeiten der Wassermassen werden globale Dreh-impulsänderungen der Weltozeane berechnet, woraus sich der Einfluß auf die Erdrotationsparameter ermitteln läßt. Im kurz-periodischen Bereich spielen hierbei die durch Sonne und Mond verursachten >Meeresgezeiten, hauptsächlich mit Perioden von ungefähr einem Tag und einem halben Tag, die wichtigste Rolle. Ihr Einfluß auf das Rotationsverhalten der Erde, also auf Polbewegung und Tageslänge, entsteht einerseits durch die Veränderung der Massenverteilung andererseits durch die geänderten Meeresströmungen. Er kann heutzutage anhand von Gezeiten- und Strömungsmodellen ebenfalls vorhergesagt und durch die hochgenauen geodätischen Weltraumverfahren nachgewiesen werden. Die Variation der Tageslänge mit einer Periode von ungefähr einem Jahr beruht weitgehend auf atmosphärischen Ursachen, wobei die deutlich zu erkennende Ver-stärkung der Jahresvariation alle vier bis sechs Jahre mit Klimaveränderungen in Verbindung gebracht wird, die durch das sog. >El-Niño-Phänomen verursacht werden. Dabei handelt es sich um charakteristisch verlaufende Meeresströmungen im südlichen Pazifik, verbunden mit Schwankungen der meteorologischen Parameter. Auch Variationen des >Grundwasserspie-gels oder der Vegetation und das Wechselspiel zwischen dem Vorrücken der Vereisungen und den Warmzeiten beeinflusst durch die veränderten >Trägheitsmomente der Erde die Erdrotation.

Rotationsellipsoid (Umdrehungsellipsoid) - Ellipsoid of revolution (ellipsoid of rotation) Fläche zweiter Ordnung, die durch Drehung einer abgeplatteten Meridianellipse um die kleine Halbachse entsteht. Die Form der Meridianellipse wird durch die große Halbachse a und die kleine Halbachse b beschrieben. Sie definieren die Formpara-meter des Rotationsellipsoides. Als zweiter geometrischer Parameter wird häufig statt der kleinen Halbachse b die geometri-sche Abplattung f, die lineare Exzentrizität E oder die erste numerische Exzentrizität e bzw. die zweite numerische Exzentri-

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zität e’ verwendet.

Rotationsfläche - Surface of revolution Eine Fläche, die durch Rotation einer ebenen Kurve um eine in der Kurvenebene enthaltene Achse entsteht.

Rotationsvektor der Erde - Rotation vector of the Earth Dient zur Beschreibung der >Rotation der Erde: seine Richtung entspricht derjenigen der momentanen Drehachse der Erde, und seine Länge ist gleich dem Betrag der Drehgeschwindigkeit der Erde.

Rotierendes Gradiometer - Rotating gradiometer Beim rotierenden >Gradiometer sind die Beschleunigungsmesser auf einer rotierenden Scheibe angeordnet; diese Konfigura-tion ist besonders geeignet zur Messung von Nebendiagonalelementen des Gravitationstensors.

RTK (Real Time Kinematic) >Echtzeitkinematik.

Rubidiumuhr - Rubidium clock >Atomuhr; wird nur als Sekundärstandard eingesetzt, da die Frequenz (6,834 682 641 Ghz) alterungsbedingt wegdriftet (Driftrate ungefähr 10-11 pro Monat).

Rückläufige Bewegung - Retrograde motion Die Bewegung eines Planeten (oder satelliten) in ost-westlicher Richtung, das heißt, von der Nordseite der Ekliptik her gese-hen, im Uhrzeigersinn (> rechtläufige Bewegung).

Rückstreukoeffizient - Backscatter coefficient (radar cross section) Maß für die Eigenschaft eines Radarziels, Energie zu reflektieren.

SA (Selective Availability) >Selective Availability, Sicherungsmassnahme bei >GPS.

Säkulare Variation - Secular variation Zeitproportionale Anteile eines kinematischen Vorganges.

SAPOS Satellitenpositionierungsdienst der deutschen Landesvermessung; stellt Korrekturwerte für >DGPS Messverfahren durch das behördliche Vermessungswesen bereit. Nutzer können aus vier abgestuften Servicebereichen Korrekturinformationen in standardisierten Datenformaten zur Verbesserung ihrer GPS Messungen heranziehen. Durch Relativmessungen zu den per-manenten >Referenzstationen der Vermessungsverwaltung wird unmittelbar eine Verknüpfung mit dem amtlichen >Raumbe-zugssystem geschaffen.

Satellit - Satellite Natürlicher oder künstlicher, in eine Umlaufbahn gebrachter Körper mit vergleichsweise kleiner Masse, dessen Bahn im Schwerefeld mehrerer endlicher Massen stets in der Umgebung einer dieser Massen (des Zentralkörpers) bleibt.

Satellitenaltimetrie - Satellite altimetry Satellitengestützes Radarverfahren zur Erkundung der Meeresoberfläche. Dabei werden in >Nadirrichtung mit einer Träger-frequenz im Ku-Band (13,5-13,8 GHz) und mit Wiederholraten von mindestens 1 KHz frequenzmodulierte Impulse von wenigen Nanosekunden Dauer ausgestrahlt. Der Radarimpuls wird bis auf eine von Wind und Seegang abhängige Streuung reflektiert und nach wenigen Millisekunden Laufzeit wieder empfangen. Das Impulsecho wird quantisiert und einer theoreti-schen Impulsantwort angepaßt, wobei drei Parameter ermittelt werden: 1. Die Laufzeit des Impulses, 2. die Neigung der ansteigenden Flanke des Impulsechos und 3. die Energie des Impulsechos. Aus der halben Laufzeit wird die Höhe über dem

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>Meeresspiegel berechnet. Die Neigung der ansteigenden Flanke ist korreliert mit der >signifikanten Wellenhöhe und die Energiebilanz des Impulsechos ist proportional zum >Rückstreukoeffizienten der Meeresoberfläche, der empirische Rück-schlüsse auf den Betrag (nicht die Richtung) der Windgeschwindigkeit zulässt. >Signifikante Wellenhöhe und Windge-schwindigkeit werden direkt für Schiffsroutenberatung und von Wetterdiensten genutzt. Die Höhenmessung durch Radaral-timetrie bedarf jedoch zahlreicher Korrekturen, um Messungen zu verschiedenen Zeiten und unter unterschiedlichen Mess-bedingungen miteinander vergleichen zu können: Der Radarimpuls des Altimeters wird durch die Atmosphäre verzögert. Bei der Radaraltimetrie sind deshalb >troposphärische und >ionosphärische Laufzeitkorrekturen anzubringen. Die Signallaufzeit wird auch durch die Elektronik des Altimeters beeinflußt und die Rückstreuung des Radarimpulses von der Meeresoberfläche erfordert Korrekturen (>Seegangsfehler). Schließlich wird der zeitvariable Anteil der >Meeresgezeiten, der >Erdgezeiten der festen Erde und der >Polgezeiten aus den Altimetermessungen reduziert, um eine gezeitenfreie Meeresoberfläche ableiten zu können. Mit einer präzisen >Bahnbestimmung lassen sich dann die so korrigierten Altimetermessung zu einer genauen Kar-tierung des >Meeresspiegels nutzen. Da die meisten >Altimetermissionen ihre >Bahnspur nach einer festen Zahl von Tagen erneut überfliegen, läßt sich durch wiederholte Vermessungen auch die Variabilität des >Meeresspiegels genau erfassen. Gleichbleibend genaue Altimetermessungen über mehrere Jahre erlauben es schließlich, einen fast ausschließlich durch das Schwerefeld geprägten >mittleren Meeresspiegel zu bestimmen und die Frage eines säkularen Meerespiegelanstiegs zu unter-suchen.

Satellitenaufnahme - Satellite photograph Photographische Bild, gewonnen von einem Satelliten aus.

Satellitengeodäsie - Satellite geodesy Eine zu den >geodätischen Raumverfahren gehörende wichtige Methode der >Geodäsie, die als Erkenntnismittel künstliche Erdsatelliten benutzt. Sie kann sowohl zur Vermessung der Erdoberfläche als auch zur Bestimmung von Parametern des Erdschwerefeldes eingesetzt werden. Die Satelliten können als Zielpunkte dienen (>geometrische Satellitengeodäsie), als Sensoren im Gravitationsfeld der Erde (>dynamische Satellitengeodäsie) oder als Messplattformen, also als Plattformen für Fenerkundungssensoren (>Satellitenfernerkundung).

Satellitengradiometrie - Satellite gradiometry Das >Gradiometer befindet sich im Satelliten, um die >Gravitationsgradienten der Erde entlang der Flugbahn zu beobachten. Zur vollständigen und hochgenauen Bestimmung des >Gravitationsfeldes der Erde sollte eine polnahe Bahn niedriger Flug-höhe ausgewählt werden. Probleme bei der Messung werden u.a. durch den Einfluß der Atmosphäre verursacht, weswegen der Satellit >drag-free gehalten werden sollte. Weitere Fehlerquellen bilden >Trägheitsbeschleunigungen, verursacht durch Drehbewegungen des Satelliten, aber auch Eigengravitation.

Satellitennavigation - Satellite navigation Teilgebiet der >Radionavigation mit Hilfe künstlicher Erdsatelliten. Im wesentlichen sind zwei Konzepte im Gebrauch. Bei der Nutzung des >Dopplereffektes wird die Frequenzverschiebung der Satellitensignale im Bodenempfänger gemessen und in Entfernungsdifferenzen umgerechnet, aus denen bei bekannten Satellitenpositionen die Nutzerposition abgeleitet werden kann. Dieses Konzept wurde im >Navy Navigation Satellite System (Transit) von 1967 bis 1996 sehr erfolgreich verwendet. Ein aktuelles auf dem Dopplerprinzip beruhendes System ist >DORIS. Ein sehr leistungsfähiges und konzeptionell einfaches Verfahren, das die Verfügbarkeit hoch präziser Uhren im Satelliten voraussetzt, beruht auf der Messung der Zeitdifferenz zwischen ausgesandten und empfangenen Signalen und der daraus abgeleiteten Entfernungen. Für operationelle Systeme ohne Beschränkung der Nutzeranzahl wird ein Ein-Wege-Verfahren gewählt, bei dem die Signale nur vom Satelliten ausge-sandt werden. Hierzu gehören das NAVSTAR >Global Positioning System GPS und >GLONASS. Ein Zwei-Wege-Verfahren, bei dem die Bodenstationen die Signale zum Satelliten zurücksenden, ist >PRARE.

Satellitenphotographie - Satellite photography Beobachtungsverfahren zur Bestimmung der Raumrichtung von >künstlichen Erdsatelliten. Dieses Raumverfahren wurde in den 60er und 70er Jahren in der Satellitengeodäsie eingesetzt. Mit Hilfe von >ballistischen Meßkameras wurden nachts die künstlichen Satelliten, wenn sie von der Sonne angestrahlt wurden, mit dem Sternenhintergrund photographiert. Die Aus-messung der Aufnahmen ergab die Raumrichtung zum Satelliten in Bezug auf die Richtung zu den Sternen. Satellitenphoto-graphie war Grundlage für die >Hochzieltriangulation, bzw. >Satellitentriangulation zum Aufbau des Satellitenweltnetzes.

Satellitenspur - Satellite track Das photographische Bild eines sich relativ zur Aufnahmekammer bewegenden Satelliten (>Satellitenphotographie).

Satellitentriangulation - Satellite triangulation Ein Verfahren der Hochzieltriangulation, bei dem als Hochziele künstliche Erdsatelliten verwendet werden (>Satellitenpho-

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tographie).

Schaltsekunde - Leap second Zur Angleichung von >UTC und >UT1 bei Bedarf am Ende eines Halbjahres eingefügte (oder weggelassene) Sekunde. Dafür verantwortlich zeichnet das >BIPM. Durch die Schaltsekunde wird gewährleistet, dass die beiden Zeitskalen um nie mehr als 0,9 s auseinanderlaufen.

Schattenellipse - Ellipse of shadow Die Schnittlinie des Kernschattenkegels des Mondes mit der Erdoberfläche (< Finsternis).

Scheinbare Helligkeit - Apparent magnitude Empfangene Strahlungsleistung pro Fläche von einem astronomischen Objekt, üblicherweise charakterisiert durch eine Grö-ßenklasse m (Magnitude). Die Größenklassen sind ein logarithmisches Maß und hängen mit den scheinbaren Helligkeiten zusammen. Die Kalibrierung wird mit einem geeigneten Referenzstern vorgenommen.

Scheinbare Koordinaten - Apparent coordinates Koordinaten des >scheinbaren Ortes eines Himmelsobjektes.

Scheinbare mittlere Sonne - Fictitious mean sun >Ort der mittleren Sonne.

Scheinbare Ortszeit (wahre Ortszeit) - Apparent local time Am aktuellen Sonnenstand orientierte Zeitmessung für einen bestimmten Ort. Sie variiert mit der tatsächlichen Umlaufbewe-gung der Erde um die Sonne und mit der tatsächlichen >Rotation der Erde. Eine >Sonnenuhr zeigt beispielsweise die wahre Ortszeit an.

Scheinbare Sonne - Apparent sun >Scheinbarer Ort der Sonne.

Scheinbare Sonnenzeit - Apparent solar time Entspricht der >scheinbaren Ortszeit für den Ort >Greenwich.

Scheinbare Sternzeit (wahre Sternzeit) - Apparent siderial time >Stundenwinkel des wahren Frühlingspunktes. Im Gegensatz zur >mittleren Sternzeit ist die Unregelmässigkeiten in der Rotation der Erde berücksichtigt (>Nutation).

Scheinbarer Durchmesser eines Gestirns - Apparent diameter of a celestial body Winkel, unter dem der Durchmesser eines Gestirns dem Beobachter erscheint.

Scheinbarer Horizont (astronomischer Horizont, topozentrischer Horizont) - Apparent horizon (topocentric horizon, visible horizon) Schnittkreis der Horizontebene in einem Erdpunkt mit der Himmelskugel.

Scheinbarer Ort - Apparent place Reduzierte Position eines Himmelsobjektes auf der geozentrisch gelagerten Himmelskugel. Von der direkt beobachtbaren Richtung wurden alle Effekte abgezogen, die von der topozentrischen Position des Beobachters abhängen, wie Refraktion, tägliche Aberration und geozentrische (tägliche) Parallaxe. Die auf den wahren Äquator und das Äquinoktium bezogene Position gibt somit die Richtung an, die vom Geozentrum aus beobachtet werden würde.

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Scheinbarer Sternort - Apparent place of a star >scheinbarer Ort eines Sternes.

Scheitelpunkt >Zenit

Schichtbelegung - Mass layer Schichtbelegungen werden als Modelle für potentialerzeugende Massenbelegungen benutzt. Sie haben eine wichtige Bedeu-tung in der >Potentialtheorie, insbesondere bei der Lösung von >Randwertaufgaben der Potentialtheorie, vgl. >Greensche Integralformeln. Beim Modell der einfachen Schicht geht man von der Vorstellung aus, daß die anziehenden Massen auf einer einfachen, stückweise glatten, geschlossenen Fläche im Raum verteilt sind, deren Dicke verschwindet. Beim Modell der Doppelschicht geht man von einem in Richtung der Flächennormale angeordneten Dipol aus, wobei der Abstand der enge-gengesetzt geladenen, gleichgroßen Massenelemente gegen Null, die Masse selber gegen unendlich geht, so daß das Dipol-moment konstant bleibt. Mit der Dichte der Doppelschicht bzw. Dipoldichte erhält man das Potential einer Doppelschicht (Dipolpotential).

Schiefe der Ekliptik - Obliquity of the ecliptic Winkel e zwischen Ekliptik und Himmelsäquator. Bezeichnet de die Nutation in der Schiefe, so schreibt man: e=e0+de. e0 ist hierbei die mittlere Schiefe der Ekliptik. Zur Epoche J2000.0 beträgt diese rund 23.4 Grad. Aufgrund von Störungen durch die anderen Planeten schwankt die mittlere Schiefe der Ekliptik. Genähert gilt: e0=23°26'21.448"-46.8150"T-0.00059"T2+0.001813"T3. Hierin bezeichnet T die seit der Epoche J2000.0 verstrichene Zeit in Jahrhunderten, T = (JD - 2451545.0)/36525. JD ist das >Julianische Datum.

Schmiegungsebene - Osculating plane Die durch drei differentiell benachbarte Punkte einer Raumkurve definierte Ebene.

Schmiegungskugel - Osculating sphere Eine sphärische Hilfsfläche für metrische Operationen auf einem Sphäroid; ihr Radius ist gleich dem Gaußschen Krüm-mungshalbmesser.

Schwere - Gravity Betrag der Schwerebeschleunigung |g|. Die Schwerebeschleunigung g ergibt sich als Gradientenfeld g= grad W des >Schwerepotentials W der Erde.

Schwere Masse >Gravitation erzeugende aktive schwere Masse wirkt auf einen Körper, der passive schwere Masse besitzt. Die schwere Masse ist begrifflich von der >trägen Masse zu trennen, obwohl sie sich zahlenmäßig als gleich erweist (>Äquivalenzprin-zip).

Schwereänderung, zeitliche - Variation of gravity, temporal Die als Folge der Gezeiten oder von Massenverlagerungen im Erdkörper auftretende Änderung der Schwerebeschleunigung.

Schwereanomalie - Gravity anomaly (1) im Molodensky-Problem die Differenz zwischen der gemessenen Schwere g in einem Punkt P der Erdoberfläche und der berechneten Normalschwere in dem P zugeordneten Punkt Q auf dem Telluroid. Diese Schwereanomalie wird auch als Freiluftanomalie an der Erdoberfläche bezeichnet. (2) im Stokes-Problem die Differenz zwischen der Schwere g in einem Geoidpunkt P und der berechneten Normalschwere in dem P zugeordneten Punkt Q auf dem Referenzellipsoid. Da die Schwere g im Geoidpunkt je nach angewandter Schwerere-duktion auf unterschiedliche Weise aus dem im zugehörigen Punkt P der Erdoberfläche gemessenen Schwerewert berechnet wird, entstehen verschiedene Varianten der Schwereanomalie, die >Freiluftanomalie, die >Bogueranomalie (Bouguerplatte-nanomalie bzw. topographisch reduzierte Bougueranomalie) und die >isostatische Anomalie.

Schwerebeschleunigung (Schwere) - Acceleration of gravity (gravity) 1) Die von der Schwerkraft hervorgerufene Beschleunigung.

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2) Betrag des Schwerebeschleunigungsvektors.

Schwerebezugsrahmen - Gravity reference frame Schwerefestpunktfeld; Realisierung eines >Schwerebezugssystems durch ein Netz von Schwerefestpunkten.

Schwerebezugssystem - Gravity reference system >Geodätisches Bezugssystem zur Beschreibung des >Schwerefeldes der Erde durch Schwerewerte an ausgewählten Punkten. Schwerebezugssysteme werden durch >Schwerefestpunktfelder bzw. >Schwerebezugsrahmen realisiert, die i.a. als >Schwe-rereferenznetze gemessen wurden. Ein Beispiel einer solchen Realisierung (Schwerebezugsrahmen) ist das deutsche Schwe-regrundnetz >DSGN94.

Schwereeinheiten - Gravity units Einheiten der Schwerebeschleunigung in m/s2; dies entspricht der Anschauung eines beschleunigt fallenden Körpers. Äqui-valent dazu ist N/kg; dies entspricht der fühlbaren Kraft je Masse, mit der ein Körper auf seine Unterlage wirkt. Unterteilun-gen dieser SI-Einheiten werden regelgerecht gebildet insbesondere durch Präfixe, z.B. Mikro (10-6) und Nano (10-9). Neben diesen offiziellen SI-Einheiten haben sich noch erhalten das Gal=cm/s2 bzw. insbesondere das milliGal=10-5 m/s2, da es eine handliche Größe zur Darstellung von >Schwereanomalien ist. Das mikroGal=10-8 m/s2 ist eine passende Einheit für Genau-igkeitsangaben und Schwereänderungen. "Gal" erinnert an Galilei. Daneben wird in anderen Teilen der Technik insbesondere auch ein Mittelwert der >Schwere g als Einheit benutzt, z.B. 1mikro g=10-6 g , mit g ca. 9.81 m/s2.

Schwerefeld - Gravity field Feld der Schwerkraft eines Himmelskörpers, insbesondere der Erde (>Schwerepotential). Das Schwerefeld ergibt sich als Summe aus dem Gravitationsfeld und dem Zentrifugalfeld.

Schwerefestpunkt - Gravity benchmark >Vermarkter Punkt eines Schwerereferenznetz.

Schwerefestpunktfeld Menge von >Schwerefestpunkten, die zu einem >Schwerereferenznetz verbunden ist.

Schweregradient - Gravity gradient Tensor der zweiten Ableitungen des >Schwerepotentials W in alle drei Raumrichtungen; die Tensorkomponenten werden auch als Schweregradienten bezeichnet. Die Veränderungen des Schwerevektors in der astronomischen Horizontalebene werden durch die horizontalen Schweregradienten, die Veränderungen in Richtung des astronmischen Zenits durch den vertikalen Schweregradienten beschrieben.

Schweregrundnetz - Primary gravity network >Schwerereferenznetz.

Schweremessung - Gravity measurement Messung des >Schwerewertes für Zwecke der Geodäsie, Geophysik und Metrologie mit >Gravimetern, vgl. >operationelle Schweremessung.

Schwerenetz - Gravity net >Schwerereferenznetz.

Schwerepotential - Gravity potential Das Schwerepotential der Erde setzt sich aus dem >Gravitationspotential V und dem >Zentrifugalpotential Z zusammen: W=V+Z. Es gehorcht im Innenraum der Erde als geschlossenem, beschränktem Raumgebiet mit der Massenbelegung ρ der erweiterten >Poisson-Gleichung, Lap W= π ρ− + 24 2G w , (mit G >Gravitationskonstante und w Winkelgeschwindigkeit der >Rotation der Erde). Das Schwerepotential ist samt seinen ersten Ableitungen im Innen- und Außenraum eindeutig, endlich und stetig (bis auf die Fälle r gegen Unendlich und grad W = 0). Die wichtigste Unstetigkeitsfläche ist die physische Erdober-

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fläche - der Rand - mit einem Dichtesprung von ρ = 32, 7 /g cm (mittlere Dichte der Erdkruste) auf ρ = 30,0013 /g cm (Dichte der Luft). Eine ausgezeichnete >Äquipotentialfläche des Schwerepotentials ist das >Geoid. Der Begriff Schwerefeld bezeich-net im eigentlichen Sinne das Vektorfeld der Schwerebeschleunigung g= grad W, wird aber oft für das Skalarfeld des Schwe-repotentials selber benutzt. Die Schwerkraft ist die Kraft mg , die ein Körper mit der (passiven) >schweren Masse m im Schwerefeld der Erde erfährt. grad W gibt im Punkt P der >Äquipotentialfläche die Richtung der stärksten Änderung von W an, die sogenannte Lotrichtung. Die Lotlinien durchschneiden die >Äquipotentialflächen W = const. senkrecht, ihr Verlauf ist durch grad W als deren Tangente im jeweiligen Punkt der >Äquipotentialfläche definiert. Durch den >Schweregradienten lassen sich weitere, differentialgeometrische Eigenschaften des Schwerepotentials beschreiben. Die Bestimmung des äußeren Schwerefeldes der Erde (und seiner zeitlichen Änderung) ist eine der Hauptaufgaben der Geodäsie. Da das >Zentrifugalpo-tential aus der Bestimmung der Rotationsgeschwindigkeit der Erde sehr genau bekannt ist, konzentriert sich die Lösung dieser Aufgabe auf die Bestimmung des >Gravitationspotentials. Die >Potentialtheorie, insbesondere die Analyse von >Randwertproblemen der Potentialtheorie, liefert dazu wesentliches theoretisches Rüstzeug. Zur Modellbildung wird das Schwerepotential in ein zu definierendes >Normalpotential U und einen zu bestimmenden Rest, das harmonische >Störpoten-tial T zerlegt, wobei das >Normalpotential U neben einem harmonischen Anteil U* das (bekannte) >Zentrifugalpotential Z enthält: W = U + T =(U*+Z)+ T.

Schwerereduktionen - Gravity reduction Reduktionen, die zu den auf der Erdoberfläche gemessenen Schwerewerten addiert werden, um im Rahmen des >Stokes-Problems die auf das >Geoid bezogenen >Schwereanomalien zu erhalten. Die Schwerereduktionen sind erforderlich, um die außerhalb des Geoids liegenden topographischen Massen gedanklich zu beseitigen, so dass das Geoid Randfläche eines regularisierten Erdkörpers wird. Mit der topographischen Reduktion dgT wird der Einfluss der topographischen Massen auf die Schwere g im Aufpunkt P der Erdoberfläche beseitigt. dgT läßt sich nach dem Gravitationsgesetz berechnen. Dabei wird das Gelände entweder durch Kreisringe um den Aufpunkt und davon ausgehende Strahlen oder durch Quadrate in einem Koordinatengitter in vertikale Säulen zerlegt. Häufig wird die topographische Reduktion in die Bouguersche Plattenreduktion dgP und die Geländereduktion dgG aufgeteilt. Bei der Plattenreduktion wird die Gravitation einer unendlich ausgedehnten, horizontalen Platte (Bouguerplatte) konstanter Dichte rho mit der Mächtigkeit der Aufpunktshöhe HP berücksichtigt (G Gra-vitationskonstante, HP >orthometrische Höhe des Punktes P): dgP=2 pi G rho HP. Mit dem Dichtewert rho=2390 kg/m3 nimmt der Bouguergradient den Wert 0.1x10-5s-2=0.1 mGal/m an. Die Geländereduktion dgG stellt gedanklich durch Abtra-gen der Massen oberhalb bzw. Auffüllen fehlender Massen unterhalb des Aufpunktniveaus eine horizontale Fläche her; dgG ist stets positiv. Die isostatische Reduktion dgI resultiert aus der Verteilung der topographischen Massen unterhalb des Ge-oids nach einem >Isostasiemodell. Auf diese Weise wird die Erdkruste gedanklich regularisiert, so dass eine Kruste konstan-ter Mächtigkeit und Dichte entsteht. Die isostatische Reduktion kann mittels einer Zerlegung der isostatischen Ausgleichs-massen in Kompartimente, die entweder von Kreisringen und Strahlen oder von Gitterlinien des Koordinatensystems be-grenzt werden, und Summation über die Wirkungen aller Kompartimente berechnet werden. Mit der Freiluftreduktion dgF wird die gemessene, u.U. topographisch-isostatisch reduzierte Schwere auf das Geoid fortgesetzt. Wegen der Unkenntnis des Schwereverlaufs längs der >Lotlinie wird i.allg. ein vereinfachtes Verfahren auf der Grundlage des >Normalschweregradien-ten verwendet, der den tatsächlichen Schweregradienten ersetzt. Mit dem globalen Mittelwert des Freiluftgradienten dg/dh=-0.3086 x 10-s-2=-0.3086 mGal/m ergibt sich die Rechenformel: dgF=dg/dh x HP (HP orthometrische Höhe des Aufpunktes P); nichtlineare Terme bezüglich HP werden i.allg. nicht berücksichtigt.

Schwerereferenznetz - Gravity reference net Netz von eindeutig identifizierbaren Schwerefestpunkten, die der Verknüpfung von verschiedenen Messungen dienen, z.B. von Messungen mit >Absolutgravimetern und >Relativgravimetern, von Messungen zu verschiedenen Zeitpunkten zur Auf-deckung von zeitlichen Schwereänderungen, zur Verknüpfung von unter- mit übergeordneten (großräumigen) Schwererefe-renznetzen, zum Vergleich mit geometrischen Messungen etc. Darin eingeschlossen ist die Festlegung eines einheitlichen Niveaus und Maßstabs (>Gravimetereichung) für nachgeordnete >operationelle Schweremessungen.

Schwereschwankung - Gravity variation Periodische Schwereänderung (> Schwereänderung).

Schwerewert - Gravity value >Schwere.

Schwerkraft - Gravity Gradient des >Schwerepotentials.

Sea state bias >Seegangsfehler.

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Seasat Eine der ersten >Altimetermissionen.

Seegangsfehler - Sea state bias Bei der >Satellitenaltimetrie auftretender Effekt, der das Radarecho über dem Meeresspiegel durch Seegang verfälscht. Bei Seegang führen nicht alle vom Radarsignal getroffenen Flächenelemente zu dem gleichen >Rückstreukoeffizienten. Der Seegangsfehler besteht im wesentlichen aus dem >elektromagnetischen Bias. Weitere Fehleranteilen werden durch das Alti-meter selbst und die Analyse des Radarechos verursacht. Der Seegangsfehler wird empirisch und zwar proportional zur >Signifikanten Wellenhöhe bestimmt. Typische Faktoren für Seasat, Geosat und ERS-1 liegen zwischen 3-7%. Bei To-pex/Poseidon wurden auch lineare oder quadratische Abhängigkeiten von der Windgeschwindigkeit berücksichtigt.

Seegravimeter - Sea gravimeter >Gravimeter auf bewegtem Träger zur Schweremessung vom Schiff aus.

Seevermessungswesen Zweig der Geodäsie, der für die Erstellung von Seekarten zuständig ist; >Meeresgeodäsie, >Ozeanographie.

Seitenrefraktion - Lateral refraction >Refraktionseffekt in der Nähe von vertikalen Ebenen, z.B. Wänden, wegen der dort auftretenden starken horizontalen Tem-peraturgradienten. Insbesondere bei hochgenauen vermessungstechnischen Problemstellungen, z.B. in Tunneln, hat die Sei-tenrefraktion erhebliche Auswirkungen auf Richtungsmessungen mit >Theodoliten und Streckenmessungen mit elektroopti-schen Distanzmessern (>EDM).

Sektorielle Kugelflächenfunktionen - Sectorial surface spherical harmonics >Kugelflächenfunktionen, die nur von der Länge abhängen. Die Nullstellen der sektoriellen Kugelflächenfunktionen liegen auf gleichabständigen Meridianen.

Sektorielle Potentialkoeffizienten - Sectorial potential coefficients >Potentialkoeffizienten, die als Faktoren der >sektorielle Kugelflächenfunktionen auftreten.

Sekundäre vereinbarte Bezugsrahmen - Secondary conventional reference frames Verdichtungen eines >Bezugsrahmens.

Sekunde - Second 86400. Teil eines Tages, 3600. Teil einer Stunde, 60. Teil einer Minute. Früher als der 31556925,9747ste Teil der Länge des >tropischen Jahres anno J1900 (>Ephemeridenzeit) definiert; heutzutage als >SI-Sekunde festgelegt.

Selective Availability (SA) >GPS Sicherungsmassnahme. Für zivile GPS Nutzer wird im Rahmen des >Standard Positioning Service SPS eine Genauig-keit von etwa 100 m bei der Positionsbestimmung mit einem einzelnen GPS Empfänger gewährleistet. Um diese Einschrän-kung gegenüber dem wesentlich höheren Genauigkeitspotential (>Fehlerbudget) von GPS zu erreichen, werden im Rahmen von SA zum einen die >Broadcastephemeriden manipuliert (epsilon -Technik) und zum anderen die Stabilität der Satelliten-uhr durch ein Störsignal verringert (dithering, delta -Technik). Aufgrund von SA ändert sich auch für einen fest aufgestellten GPS Empfänger die angezeigte Position kontinuierlich. Ungünstige Satellitengeometrie (>PDOP) verursacht zeitweise auch grössere Fehler als 100 m, insbesondere in der Höhenkomponente. Durch Relativmessungen (>Differential GPS) lassen sich die SA Effekte weitgehend beseitigen.

Selenodäsie Vermessung und Abbildung von Figur, Oberfläche und Schwerefeld des Erdmondes im Rahmen der >Selenologie; >Mond-geodäsie.

Selenologie Mondforschung.

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Selenozentrisch - Selenocentric Bezogen auf das Massenzentrum des Mondes.

SGN (Staatliches Gravimetrisches Netz) >Schweregrundnetz der früheren DDR, entstanden bis 1968 im System des >IGSN71.

Shida-Zahl - Shida number >Lovesche Zahlen.

Shoran-Verfahren - Shoran method Shoran (= Short Range Navigation) und Hiran (= High Precision Shoran) sind elektromagnetische Streckenmeßverfahren, bei denen die Entfernung aus Signallaufzeiten zwischen Bodenstationen und einem Flugzeug ermittelt wird.

Siderisches Jahr (Sternjahr) - Sidereal year Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen der Sonne durch den Stundenkreis desselben Sterns (ohne Eigenbewegung). Länge etwa 365,256 360 42 Tage.

Signifikante Wellenhöhe (SWH) - Significant wave height (SWH) Mittelwert der >Wellenhöhen desjenigen Drittels aller Wellen, die die höchsten Amplituden aufweisen.

Simultane Astronomische Ortsbestimmung Gleichzeitige Bestimmung mehrerer Größen des >astronomischen Dreiecks, also Breite, Länge und/oder Azimut aus Stern-beobachtungen. Am bekanntesten ist die Höhenstandlinienmethode, die zur simultanen Bestimmung von astronomischer Länge und Breite eines Ortes auf der Erdoberfläche dient. Die Zenitdistanz zi mehrerer Sterne Si in unterschiedlichen Azimu-ten wird gemessen bei gleichzeitiger Registrierung der Zeit >UTC. Bei bekannten Sternkoordinaten ai, di wird durch die gemessene Zenitdistanz ein Raumvektor bestimmt, der vom Stern ausgehend die Erdoberfläche im Beobachtungsort B er-reicht. B liegt auf einem Kleinkreis der Erdkugel, dessen Mittelpunkt derjenige Erdort ist, in dem der Stern Si im Beobach-tungsmoment im Zenit steht. Zur eindeutigen Bestimmung der Position des Punktes B(F, L) benötigt man drei solcher Klein-kreise oder Positionskreise, die in B einen gemeinsamen Schnittpunkt haben. Praktisch löst man die Aufgabe differentiell, wenn man Näherungskoordinaten von B(F0,L0) hat. In ein ebenes, nach Norden orientiertes Koordinatensystem x, y, das der quadratischen Plattkarte in einem vorzugebenden Maßstab entspricht, wird der "gegißte" Ort B0 als Mittelpunkt eingetragen. Bei bekannten Näherungkoordinaten genügt die Beobachtung von zwei Sternen Si. Die Ortsbestimmungsaufgabe erfolgt i.a. graphisch. Unter den Azimuten Ai werden die Richtungen nach den Sternen Si aufgetragen. Da B0 nur genähert mit dem gesuchten Punkt B zusammenfällt, werden die Positionskreise sich nicht in B0, sondern in B' schneiden. Dieser Punkt wird gefunden, indem man die Positionskreise durch die als Standlinien 1 und 2 bezeichneten Tangenten ersetzt. Die Standlinien stehen senkrecht auf den Richtungen B0Si. Ihr Abstand Dzi von B0 ist gleich der Differenz zwischen zi, der gemessen und z0i, der aus den Sternkoordinaten und den Näherungwerten der Standortkoordinaten berechneten Zenitdistanz. Die aus der simul-tanen astronomischen Ortsbestimmung abgeleiteten Koordinaten des Beobachtungsortes B sind: F=F0+DF, L=L0+DL. DF und DLsinB0 werden aus der Graphik abgegriffen. Hat man mehr als zwei Sterne Si beobachtet, entsteht eine fehlerzeigende Figur, deren Inkreismittelpunkt B' entspricht. Im Fall mehrerer beobachteter Sterne empfiehlt sich eine vermittelnde Ausglei-chung zur Bestimmung von DF und DL. Eine wichtige Variante dieses Verfahrens benutzt n>3 Sterne in einer konstanten Höhe, also in zirkumzenitaler Position. Für diese Methode gleicher Höhen wurden spezielle Instrumente mit konstruktiv festgelegten Beobachtungshöhen gebaut, z.B. Prismenastrolabien, transporable Zenitkameras u.a. Die Azimute der n Sterne sollen gleichmäßig über den Horizont verteilt sein. Zirkummeridiane Sterne tragen am meisten zur Genauigkeit der Breite F und Sterne nahe dem I. Vertikal (Ost- und Weststerne) am meisten zur Genauigkeit der Länge L (bzw. der Zeit) bei.

SIRGAS >Vereinbartes erdfestes Bezugssystem für Südamerika (Sistema de Referencia para América del Sur), das 1997 von den südamerikanischen Ländern als offizielles >Bezugssystem eingeführt wurde. Es ist definitionsgemäß mit dem >IERS erdfes-ten Bezugssystem (>ITRF) identisch. Die Realisierung erfolgte durch die präzise Vermessung von etwa 60 Punkten an der Erdoberfläche des Kontinents mit dem >GPS und deren koordinatenmäßige Festlegung im >IERS erdfesten Bezugsrahmen (>ITRF) von 1994 zur Meßepoche (1995.4).

SI-Sekunde - SI second 9 192 631 770 Periodenlängen der Strahlung, die beim Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grund-zustandes der Atome Cs-133 auftritt.

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Skylab Eine der ersten >Altimetermissionen.

SLR (Laserentfernungsmessungen zu Satelliten) - SLR (Satellite Laser Ranging) >Laserentfernungsmessungen zu Satelliten.

SNN76 (Staatliches Nivellementnetz 1976) >Amtliches Haupthöhennetz der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik bis es durch die Wiedervereinigung Deutschlands durch das >DHHN92 abgelöst wurde.

Soldner-Koordinaten - Soldner coordinates Spezielle Anordnung von>Geodätischen Parallelkoordinaten.

Soldnersche Bildkugel Regionale Approximation des >Referenzellipsoides um einen Bezugspunkt durch eine Kugel. Die Soldnersche Bildkugel hat mit dem Referenzellipsoid im Bezugspunkt einen gemeinsamen Parallelkreis (Breitenkreis). Der Radius der Soldnerschen Bildkugel ist der Querkrümmungsradius des Berührungsparallelkreises (>Rotationsellipsoid).

Solstitium (Sonnenwende) - Solstice Einer der beiden Punkte der Ekliptik, an denen die scheinbare Länge der Sonne 90° oder 270° beträgt bzw. die Zeitpunkte, zu denen die Sonne diese entsprechenden Positionen einnimmt.

Sommerzeit - Summer time Eingeführte Verschiebung der amtlichen Stundenzählung um ein oder zwei Stunden während der Sommermonate, ursprüng-lich mit der Absicht, Energie einzusparen. Man erreicht dadurch, dass die Sonne später auf-, aber eben auch später untergeht, so dass die BürgerInnen eines Landes abends noch mehr vom hellen Tag haben (bei gleichbleibenden Arbeitszeiten). Obwohl der Nutzen umstritten ist, halten viele Staaten an der Sommerzeit fest.

Sonenuntergang, Sonnenaufgang - Sunrise, sunset Zeitpunkte, zu denen der obere Rand der Sonne den astronomischen Horizont berührt, bzw. wenn die wahre Zenitdistanz des Mittelpunktes der Sonnenscheibe, bezogen auf das Geozentrum, 90°50' beträgt, basierend auf einen angenommenen Wert von 34' für die Refraktion und 16' für den (scheinbaren) Radius der Sonnenscheibe.

Sonne - Sun Fixstern; Zentralkörper unseres Planetensystems.

Sonnenfinsternis - Solar eclipse Bedeckung der Sonne durch den Mond, (>Okkultation).

Sonnenjahr - Solar year Zeitraum eines vollständigen scheinbaren Umlaufs der Sonne auf der Richtungskugel; er entspricht der Revolutionsbewe-gung der Erde um die Sonne; (> siderisches Jahr, >tropisches Jahr).

Sonnenkalender - Solar calendar Am Lauf der Sonne orientierte Zeitzählung. Hier spielt insbesondere die Länge des >tropischen Jahres eine grosse Rolle, an die das Kalenderjahr bestmöglich angeglichen wird.

Sonnentag - Solar day Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen der Sonne durch den Ortsmeridian (Süden). Man unterschei-det den mittleren vom wahren Sonnentag, jenachdem, ob die mittlere Sonne (fiktiv) oder die wahre Sonne betrachtet wird. Der Sonnentag ist um etwa 4 Minuten länger als der >Sterntag, da sich die Erde während eines Tages um etwa 1 Grad ent-

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lang ihrer Umlaufbahn um die Sonne weiterbewegt hat und sie daher noch ein kleines Stückchen (eben das eine Grad) weiter rotieren muss, damit die Sonne wieder in der gleichen Himmelsrichtung zu sehen ist.

Sonnenuhr - Solar clock Uhr, die den aktuellen Sonnenstand, also die wahre bzw. >scheinbare Ortszeit anzeigt, z.B. mit Hilfe eines Stabes, der einen Schatten auf eine Skala wirft.

Sonnenwende (Solstitium) - Solstice >Solstitium

Sonnenzeit - Solar time Direkt aus dem aktuellen Sonnenstand abgeleitete Zeit, beispielsweise mit einer >Sonnenuhr.

Sonnenzeitsekunde - Solar time second 86400. Teil eines >Sonnentages. Wegen der ungleichmässigen Bewegung der Erde um die Sonne und der Erde um ihre eige-ne Achse ist die wahre Sonnenzeitsekunde eine ungleichmässige Zeiteinheit.

Space Telescope Auch Hubble Space Telescope (HST) genannt; ein 1990 auf einem Satelliten um die Erde errichtetes Observatorium. Kern-stück ist ein 2,4 m Spiegel; 5 weitere Instrumente liefern Bilder und spektroskopische Daten im Sichtbaren und im UV. Anfängliche Probleme mit dem Hauptspiegel (sphärische Aberration) wurden 1993 durch das An-bringen von Korrekturspie-gel weitestgehend behoben. Eines der derzeit leistungsfähigsten optischen Teleskope.

Spektraltypen oder –klassen - Spectral types or classes Klasseneinteilung von Sternen nach ihren Spektren, vor allem zufolge unterschiedlicher Temperaturen der Sternatmosphären. Vom heißesten Typ zum kältesten lauten die Klassen O, B, A, F, G K, und M.

Sphärische Astronomie - Spherical astronomy Derjenige Teil der Astronomie, der sich mit der Messung der Örter und scheinbaren Bewegungen von Himmelskörpern sowie ihrer Einordnung in geeignete Koordinatensysteme beschäftigt.

Sphärische Harmonische - Spherical harmonics >Kugelfunktionen, >Kugelflächenfunktionen.

Sphärische Koordinaten - Spherical coordinates Geodätische Polarkoordinaten auf der Einheitskugel. Die Schnittkreise der das Koordinatensystem repräsentierenden Ebenen mit der Kugel heißen Grundkreis und Nullkreis.

Sphäroid - Spheroid Im Unterschied zu einem geometrisch definierten Ellipsoid physikalisch definierte Approximation der Normalfigur der Erde. Man erhält ein Sphäroid durch Abbruch der >Kugelfunktionsentwicklung des Gravitationspotentials der Erde mit einem gewissen Grad. Die Isoskalarflächen solcher abgebrochener Kugelfunktionsentwicklungen sind Äquipotentialflächen des Gravitationspotentials. Die Sphäroide werden deshalb auch als Niveausphäroide bezeichnet. Für den Grad 2 erhält man das Sphäroid von Bruns für den Grad 4 das Sphäroid von Helmert. Das Sphäroid von Bruns ist eine Fläche 14., das Sphäroid von Helmert eine Fläche 22. Ordnung. Als geodätische Bezugsflächen sind sie deshalb weniger geeignet als die >Referenzel-lipsoide bzw. die >Niveauellipsoide.

Sphäroid von Bruns - Bruns' spheroid Bei Grad 2 abgebrochene Kugelfunktionsentwicklung des Gravitationspotentials der Erde; Das >Sphäroid von Bruns ist eine Äquipotentialfläche des Gravitationspotentials und somit ein Niveausphäroid. Es ist eine Fläche 14. Ordnung.

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Sphäroid von Helmert - Helmert's spheroid Bei Grad 4 abgebrochene Kugelfunktionsentwicklung des Gravitationspotentials der Erde; Das >Sphäroid von Helmert ist eine Äquipotentialfläche des Gravitationspotentials und somit ein Niveausphäroid. Es ist eine Fläche 22. Ordnung.

Sphärop (Sphäroppotentialfläche) Durch einen beliebigen Punkt P verlaufende Äquipotentialfläche des Normalschwerefeldes (>Niveauellipsoid).

Spiegelungsmatrix Transformationsmatrix zur Änderung des Orientierungssinnes zweier rechtwinkliger Dreibeine. Für rechtwinklige Dreibeine im dreidimensionalen Raum gibt es drei Möglichkeiten einer Spiegelung.

Sprungsekunde - Leap second >Schaltsekunde.

SQUID (Superconducting Quantum Interference Device) Instrument, das unter Ausnutzung der Supraleitfähigkeit sehr kleine Verschiebungen feststellen kann.

SST (Satellite to Satellite Tracking) Beobachtung der Relativbewegung zweier (frei fallender) Satelliten. Die Entfernungsänderungen zwischen den beiden Satel-liten sind ein Maß für die Inhomogenitäten des >Gravitationsfeldes der Erde, welches somit hochgenau bestimmt werden kann. Man unterscheidet zwei Konfigurationen: bei Hoch-Niedrig-SST befindet sich einer der beiden Satelliten in einer hohen Umlaufbahn um die Erde (im Fall der >GPS-Satelliten etwa 20 000 km über der Erdoberfäche), der andere in einer niedrigen (z.B. 400 km). Bei Niedrig-Niedrig-SST befinden sich beide Satelliten in einer niedrigen Umlaufbahn um die Erde (Flughöhe etwa 400 km über der Erdoberfläche).

SST (Sea Surface Topography) Vorwiegend in der >Altimetrie gebräuchliche Abkürzung für Meerestopographie (Abweichung der Meeresoberfläche von einer Äquipotentialfläche).

SST (Sea Surface Temperature) Vorwiegend in der Ozeanographie und Altimetrie gebräuchliche Abkürzung für Meerestemperatur.

Standard Positioning Service (SPS) Für die zivile Nutzergemeinschaft des >GPS garantierter Nutzungsumfang. Nach dem >Federal Radionavigation Plan ist für den zivilen Gebrauch eine Genauigkeit der Positionsbestimmung mit einem einzelnen GPS Empfänger von 100 m 2D-RMS garantiert. Dieses Genauigkeitsmaß bedeutet, dass in 95% der Zeit eine horizontale Positionsgenauigkeit von 100 m erwartet werden kann. Die möglichen Fehler in der Positionsbestimmung können kurzzeitig jedoch ein Vielfaches dieses Betrages erreichen. Die Genauigkeitseinschränkung wird durch die Maßnahmen >Selective Availability (SA) und >Anti-Spoofing (A-S) erreicht. Für höhere Genauigkeitsanforderungen muß GPS deshalb grundsätzlich im Relativmodus verwendet werden (>Differential GPS).

Standardepoche - Standard epoch Zeitpunkt zur Definition eines besonderen Ereignisses oder der Gültigkeit eines Zahlen- oder Formelwerks.

Standardkoordinaten - Standard coordinates Die Koordinaten der schiefachsigen gnomomischen Abbildung eines Ausschnittes der Himmelskugel auf eine vorgegebene Ebene.

Standardzeit - Standard time Gesetzlich definierte Zeitzählung; heutzutage meist die dem Längengrad entsprechende Zeitzone, die sich von >UTC um eine ganze Zahl von Stunden unterscheidet.

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Standlinie - Position line, (line of position) Ein differentieller Teil einer Höhengleiche oder einer Azimutgleiche in der Nachbarschaft eines vorgegebenen Erdortes, (>Simultane astronomische Ortsbestimmung).

Stationärer Punkt - Stationary point Position (eines Planeten), an der die Änderungsrate der scheinbaren Rektaszension (des Planeten) verschwindet.

Statische Geodäsie - Static geodesy Begriffsbildung der Geodäsie, bei der von der Annahme ausgegangen wird, dass sich die Positionen und Schwerefeldfunkti-onale zeitlich nicht ändern.

Stellartriangulation - Stellar triangulation Ein Verfahren der Hochzieltriangulation, bei dem die Richtungsmessungen von den terrestrischen Punkten nach den Hoch-zielen durch die photographische Aufnahme der Hochziele gegenüber dem Sternhintergrund vorgenommen wird.

Stereographische Koordinaten - Stereographic coordinates >Isotherme Ellipsoidkoordinaten, bei deren Verwendung als ebene Koordinaten die Orte konstanten Abbildungsmaßstabes genähert auf konzentrischen Kreisen um den beliebig wählbaren Koordinatenursprung liegen. Es sind verschiedene, sich geringfügig unterscheidende Definitionen gebräuchlich.

Sternbedeckung - Star occultation Bedeckung eines Gestirns durch ein anderes mit wesentlich größerem scheinbarem Durchmesser, >(Okkultation).

Sterneckmethode - Sterneck method >Astronomische Breitenbestimmung.

Sternmagnitude - Stellar magnitude Helligkeitsmaß eines als Punktquelle betrachteten Himmelsobjektes auf einer logarithmischen Skala.

Sternort, beobachteter - Star position (place of star), observed >Ort eines Sternes.

Sternort, mittlerer - Star position (place of star), mean >Ort eines Sternes.

Sternort, scheinbarer - Star position (place of star), apparent >Ort eines Sternes.

Sternort, wahrer - Star position (place of star), true >Ort eines Sternes.

Sternpaar - Star pair Die Benennung für zwei Fixsterne, deren Beobachtungswerte gemeinsam weiterverwendet werden. Die ein Sternpaar bilden-den Einzelsterne heißen Komponenten. Sternpaare werden beobachtet z.B. zur >Breitenbestimmung nach Horrebow-Talcott, zur >Zeitbestimmung nach der Methode der korrespondierenden Höhen oder zur geographischen >Ortsbestimmung nach der Methode der Höhenstandlinien.

Sterntag - Sidereal day Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen eines Sterns (ohne Eigenbewegung) durch den Ortsmeridian (Süden). Man unterscheidet den mittleren vom wahren Sterntag, jenachdem, ob eine gleichmässig oder eine ungleichmässig

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rotierende Erde betrachtet wird. Der Sterntag ist um etwa 4 Minuten kürzer als der >Sonnentag.

Sternzeit - Sidereal time Aus der Lage des >Frühlingspunktes und der Erdrotation abgeleitete Zeitzählung. Meist auf den Ort >Greenwich bezogen.

Sternzeit, mittlere - Sidereal time, mean Gegeben durch den Stundenwinkel des mittleren Früblingspunktes.

Sternzeitsekunde - Sidereal time second 86400. Teil eines >Sterntages. Wegen der ungleichmässigen Drehung der Erde um ihre eigene Achse ist die wahre Sternzeit-sekunde eine ungleichmässige Zeiteinheit.

Sternzeituhr - Stelar time clock Uhr, die die aktuelle Lage des Frühlingspunktes anzeigt. Da dies nicht direkt möglich ist, wird eine Uhr so abgeglichen, dass während eines >Sterntages 86400 Sekunden verstreichen.

Stokes-Problem (Problem von Stokes) - Stokes' problem Die von G.G. Stokes 1849 formulierte Aufgabe, die Gestalt des >Geoids und des Schwerepotentials im Außenraum des Geoids aus terrestrischen geodätischen Messungen zu bestimmen. Diese Aufgabe kann in Form eines dritten >Randwertprob-lems der Potentialtheorie formuliert werden. Auf dem >Geoid G, das alle terrestrischen Massen einschließe, sei die >Schwe-re g(B,L) als kontinuierliche Funktion der >geographischen Koordinaten B,L gegeben. Die geographische Breite B und Länge L beziehe sich auf ein dem Geoid mittels einer geodätischen >Datumsfestlegung angeheftetes Referenzellipsoid E, dessen kleine (polare) Halbachse in Richtung der Erdrotationsachse zeigt. Das Geoid rotiere mit der konstanten Winkelge-schwindigkeit w um eine raum- und körperfeste Rotationsachse. Da die Schwere g mit dem Betrag des Schwerevektors g=|grad W| identisch ist, andererseits das Geoid die Äquipotentialfläche W(P)= W0 = const. repräsentiert, entspricht g in jedem Geoidpunkt P (bis auf das Vorzeichen) der Ableitung des Schwerepotentials W in Richtung der äußeren Flächennor-malen n: g=-dW/dn. Die Form der Geoidfläche, d.h. der Abstand N zwischen dem Referenzellipsoid E und dem Geoid G, die >Geoidhöhe, ist jedoch nicht bekannt, so dass mit den bezüglich der Geoidhöhe N nichtlinearen Randbedingungen, g=-dW/dn, W=W0, und der im Raum außerhalb des Geoids gültigen Feldgleichung (erweiterte >Laplacesche Differentialglei-chung), LapW=2w2, ein freies Randwertproblem resultiert. Den beiden Randbedingungen stehen als Unbekannte die Geoid-höhe N(B,L) und das Schwerepotential W im Außenraum des Geoids gegenüber. Um das ursprünglich nichtlineare Problem zu linearisieren, werden Näherungen für die Randfläche G und das Schwerepotential W eingeführt. Als Approximation für W benutzt man ein >Normalschwerepotential, i. allg. das Potential U eines >Niveauellipsoids, so dass W aus U und dem noch unbekannten Störpotential T zusammengesetzt ist, W=U+T. Da die Zentrifugalanteile in U und W identisch sind, ist das Störpotential im Außenraum des Geoids harmonisch, d.h., Lap T=0, und im Unendlichen regulär. Als Näherung für die räum-liche Lage des Geoidpunktes P wird der Durchstoßpunkt Q auf der Ellipsoidoberfläche verwendet, welcher auf derselben Ellipsoidnormale wie P liegt, so dass das Referenzellipsoid als Näherung für die Geoidfläche dient. Nach Linearisierung bezüglich des Näherungspotentials U und der Näherungspunkte Q sowie weiteren Vereinfachungen ergeben sich aus den Randbedingungen das Theorem von Bruns, N=T/gQ, (mit der auf den Ellipsoidpunkt Q bezogenen Normalschwere gQ) sowie die Fundamentalformel der Physikalischen Geodäsie, (-dT/dr-2T/r)=g-gQ=Dg, mit der Schwereanomalie Dg als Differenz zwischen der Schwere im Geoidpunkt P und der Normalschwere im zugeordneten Ellipsoidpunkt Q. Auch das linearisierte Problem ist nicht exakt lösbar. Unter Vernachlässigung der Elliptizität der Erde (Fehler von der Ordnung 0.3%) entsteht als Lösungsformel für die Geoidhöhe in einem Punkt P des Geoides die >Stokessche Integralformel, wobei im Integranden das Produkt aus der >Stokes'schen Funktion und den Schwereanomalien stehen, und das Integral im Prinzip über die ganze Erde zu erstrecken ist. Eine entsprechende Formel kann auch für das Störpotential T angegeben werden. Die Berechnung der Geoidhöhe N aus der Stokesschen Integralformel bezeichnet man auch als gravimetrische Geoidbestimmung. Um die für das Stokes-Problem erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, sind alle Massen außerhalb des Geoids rechnerisch zu beseiti-gen. Neben den Gezeiten- und atmosphärischen Reduktionen sind an den zunächst auf die Erdoberfläche S bezogenen Schweremessungen g >topographische und ggf. >isostatische Reduktionen sowie die >Freiluftreduktion anzubringen. Mit der aus >Bouguerscher Plattenreduktion und >Geländereduktion zusammengesetzten topographischen Reduktion werden ge-danklich die topographischen Massen zwischen der Erdoberfläche und dem Geoid beseitigt. Da diese Maßnahme das gesam-te Schwerefeld im Außenraum des Geoids stark beeinflusst und einen großen >indirekten Effekt auf den Verlauf der Äquipo-tentialflächen und damit des Geoids ausübt (größer als 1000m in der vertikalen Position), werden gedanklich die topographi-schen Massen entsprechend einem >Isostasiemodell in das Erdinnere verlagert; auf diese Weise bleibt die Gesamtmasse der Erde praktisch unverändert, so daß sich die Äquipotentialflächen - und damit das Geoid - nur geringfügig verschieben und der indirekte Effekt klein bleibt. Darüber hinaus ist die gemessene Schwere - nach erfolgter topographischer und ggf. isostati-scher Reduktion - von der Erdoberfläche mittels der Freiluftreduktion nach unten auf das Geoid fortzusetzen. Hierzu ver-wendet man i.allg. den >Normalschweregradienten, der oft durch einen globalen Mittelwert, dg/dh=-0.3086 10-5 s-2, angenä-hert wird. Die Zusammenfassung aller Reduktionen ergibt die auf das Geoid reduzierte Schwere, aus der die Schwereano-malie, Dg=g-gQ, am Geoid berechnet wird. Aufgrund des großen Rechenaufwandes wird mitunter auf das Anbringen z.B. der Bouguerschen Plattenreduktion und der isostatischen Reduktion verzichtet, so dass verschiedene Arten von >Schwereanoma-

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lien entstehen. Da die Dichte der topographischen Massen und der >isostatischen Ausgleichsmassen i.allg. nicht ausreichend genau bekannt ist, ist eine hochgenaue Geoidbestimmung wegen fehlerbehafteter Dichteannahmen nicht möglich. Aus die-sem Grunde wird das Geoid in der modernen Geodäsie gewöhnlich durch das >Quasigeoid ersetzt.

Stokessche Funktion (Stokes-Funktion) - Stokes' function Die in der >Stokesschen Integralformel als Lösung des >Stokes-Problems auftretende Kernfunktion S(y). Das Argument y ist der Zentriwinkel zwischen den geozentrischen Radiusvektoren xP des Aufpunkts P und des laufenden Integrationspunkts xP', auf den sich die Schwereanomalie Dg(xP') bezieht. Mit den geozentrischen Breiten und geographischen Längen dieser Orts-vektoren ergibt sich y aus dem Kosinussatz der sphärischen Trigonometrie. Die Stokessche Funktion S(y) kann als Reihen-entwicklung nach >Legendreschen Polynomen Pn(cos y) oder in geschlossener Form dargestellt werden. Sie weist für y=0 eine Singularität auf.

Stokessche Integralformel (Formel von Stokes) - Stokes' formula Integralformel, mit der einerseits >Geoidhöhen N als Lösung des >Stokes-Problems, π= ∫(4 ) ( )N R G DgS y d s , andererseits

>Quasigeoidhöhen z als Lösung des >Molodensky-Problems, ( )π= +∫ 1(4 ) ( )z R G Dg G S y d s berechnet werden. (R mittlerer Erdradius, g >mittlere Normalschwere, S(y) >Stokessche Funktion, s Parameterbereich der Einheitskugel mit dem Flächen-element ds). Die in die Formel für N einzusetzende >Schwereanomalie Dg bezieht sich auf das >Geoid; in der Formel für z ist die Schwereanomalie Dg an der Erdoberfläche (>Freiluftanomalie) und das gravimetrische Zusatzglied G1 (>Molo-densky-Problem) einzusetzen. Die sphärischen Integralformeln werden numerisch mit Hilfe von schnellen Fourier-transformationen (FFT: Fast Fourier Transformation) ausgewertet, wobei vorausgesetzt wird, dass die Schwereanomalien (ggf. nach Interpolation) auf einem regelmäßigen Gitter vorliegen.

Stokessches Theorem - Stokes´s theorem Ein Satz der Potentialtheorie: Für einen sich mit konstanter Winkelgeschwindigkeit um eine feste Achse drehenden Körper, dessen Gesamtmasse und Winkelgeschwindigkeit bekannt sind, ist das Potential der Schwerebeschleunigung außerhalb einer die Masse vollständig umschließenden vorgegebenen Niveaufläche eindeutig bestimmt.

Störkräfte - Disurbance forces Störkräfte werden in die >Bewegungsgleichung eines Satelliten bei der >Störungsrechnung eingeführt. Wesentliche Störkräf-te werden hervorgerufen durch: a) das >Gravitationspotential der Erde, b) die Gravitation von Mond und Sonne, c) die Gravitationswirkung aufgrund von Meeres- und Erdgezeiten, d) die Atmosphärenreibung, e) den Strahlungsdruck der Sonne, f) die Erdalbedostrahlung, Die Störkräfte werden unterschieden in gravitative (a bis c) und nichtgravitative (d bis f) Anteile.

Störpotential - Perturbation potential Abweichung des tatsächlichen Schwerepotentials im betrachteten Punkt vom normalen Schwerepotential; >Molodensky-Problem, >Stokes-Problem.

Störungsrechnung - Calculation of perturbations Behandlung der Bahnstörungen bei der Bahnbestimmung, in der Geodäsie insbesondere zur Gravitationsfeldbestimmung. Dominanter Anteil sind die Störungen durch die Abweichung des Gravitationsfeldes der Erde von der Kugelsymmetrie, wie sie in den >Lagrangeschen Störungsgleichungen zum Ausdruck kommen. Generell kann die Summe aller Störbeschleuni-gungen in die >Bewegungsgleichung eines Satelliten eingeführt und bei der Bahnbestimmung (z.B. durch analytische oder numerische Integration der Bewegungsgleichung) berücksichtigt werden.

Strahlungsdruck - Radiation pressure Der durch das Auftreten einer Strahlung auf die Flächeneinheit ausgeübte Druck infolge einer Impulsübertragung der Strah-lungsquanten; insbesondere von Bedeutung bei Berücksichtigung der >Störkräfte bei der >Bahnbestimmung künstlicher Erdastelliten.

Streakkamera - Streak camera Spezielle Kamera mit der zeitlich sehr kurz aufeinander folgende Lichtimpulse erfaßt werden können. Die Lichtimpulse

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werden auf einen sehr schnell sich bewegenden, elektronischen Bildträger abgebildet. Der zeitliche Abstand wird dadurch in einen räumlichen Abstand transformiert. Mit einer Streakkamera können die zeitlichen Abstände Pikosekunden genau ermit-telt werden. Streakkameras werden eingesetzt, um simultan >Laserentfernungsmessungen zu Satelliten auf zwei Wellenlän-gen auszuführen. Durch die Dispersion der Atmosphäre ist die Lichtausbreitung von der Wellenlänge abhängig. In der Wel-lenlänge unterschiedliche Laserpulse weisen bei gleicher Entfernung geringfügig unterschiedliche Laufzeiten auf. Die Lauf-zeitdifferenz wird mit Streakkameras gemessen, sie wird genutzt, um den Einfluß der >troposphärische Refraktion zu bestimmen.

Streckenreduktion – Distance reduction 1) Die Differenz zwischen einer gemessenen Entfernung und ihrer Abbildlung auf einer geodätischen Bezugsfläche. 2) Die Differenz zwischen einer Streckenlänge auf der Bezugsfläche und dem allein aus den Koordinatendifferenzen der Streckenendpunkte abgeleiteten Näherungswert der Entfernung.

Stunde - Hour 24. Teil eines Tages, dient als Zeiteinheit zur Festlegung von Ereignissen innerhalb einer Tag- und Nachtspanne. Die Stunde des >bürgerlichen Datums wird ab Mitternacht gezählt, die Stunde des Julianischen Datums ab Mittag. Bezogen auf die Erdrotation entspricht die Stunde einem Winkel von 15 Grad.

Stundenkreis (Deklinationskreis) - Hour circle (declination circle) Großkreis durch den nördlichen Himmelspol. Er steht senkrecht auf dem Himmelsäquator.

Stundenkreis des Frühlingspunktes - Hour circle of the vernal equinox >Stundenkreis des Frühlingspunktes; wird auch mit Äquinoktialkolur bezeichnet.

Stundenwinkel - Hour angle Winkel zwischen einem Himmelsobjekt und dem Ortsmeridian, ausgedrückt als Zeit (15 Grad = 1 Stunde). Er wird von Süden aus positiv in Richtung Westen gezählt bzw. negativ in Richtung Osten. Ein Stundenwinkel von -1 Stunde deutet an, dass ein Himmelsobjekt in einer Stunde kulminieren wird.

Subsatellitenbahn (Subsatellitenkurve) - Sub-satellite trace Darstellung von Breite und Länge des im erdfesten Bezugssystem gegebenen geozentrischen Ortsvektors der Satellitenbahn.

Subsatellitenpunkt - Sub-satellite point Darstellung von Breite und Länge des im erdfesten Bezugssystem gegebenen geozentrischen Ortsvektors des Satellitenortes.

Supraleitender Beschleunigungsmesser - Super conducting accelerometer >Beschleunigungsmesser.

Supraleitendes Gradiometer - Super conducting gradiometer >Gradiometer.

Supraleitendes Gravimeter - Super conducting gravimeter >Federgravimeter, bei dem die Probemasse durch die Federkraft im Elektromagnetfeld einer supraleitenden Spule schwebend gehalten wird. Die durch Abgriff und Rückkopplung gesteuerte erforderliche Stromstärke ist das Messgnal. Hauptsächlich zur stationären Registrierung von >Erdgezeiten mit einer Messflösung von etwa 1 nm s-2 genutzt. Benötigt besondere Maß-nahmen zur Aufrechterhaltung der Supraleitfähigkeit, z.B. Helium, mehrstufige Thermohülle. (Niedriger) Langzeit>gang muss z.B. durch Vergleich mit >Absolutgravimetrie kontrolliert werden.

SWH (signficant wave height) >Signifikante Wellenhöhe.

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Szintillation -Scintillation Flimmern in der Atmosphäre aufgrund turbulenter Bewegungen der Luftmassen, die wiederum durch zeit- und ortsvariable Temperatur- und Feuchtigkeitsverteilungen entstehen.

Tag - Day Zeiteinheit, meist am Lauf der Sonne orientiert (>Sonnentag), umfasst ein Tag den hellen Zeitabschnitt (Sonne über dem Horizont), eine Nacht den dunklen Zeitabschnitt (Sonne unter dem Horizont). Allerdings wird bei der Zeitzählung der Tag als Summe von Tag und Nacht behandelt. Seine Länge beträgt 24 Stunden.

Tag- und Nachtgleiche ( Frühlings-, Herbstpunkt) - Equinox An zwei Tagen im Jahr (Frühlings- und Herbstanfang) sind Tages- und Nachtlänge identisch. Die Sonne geht genau im Osten auf und im Westen unter.

Tageslänge - Length of day (lod) Dient dazu, die Änderungen der Geschwindigkeit der Erdrotation auszudrücken; alternativ zur Darstellung der Abweichun-gen der >Weltzeit von der gleichförmigen >Atomzeit. Die Schwankungen der Tageslänge können unterschiedlichen Perio-denbereichen zugeordnet werden. Im kurzperiodischen Bereich mit Perioden von ungefähr einem Tag und einem halben Tag wirken sich die durch Sonne und Mond verursachten >Meeresgezeiten am stärksten auf die Tageslänge aus. Im Periodenbe-reich von wenigen Wochen bis Monaten dominieren die Perioden von 14 und 28 Tagen aufgrund der durch den Mond verur-sachten >Gezeiten sowie weitere, stark variierende Schwankungen zwischen 50 und 90 Tagen. Letztere werden im wesentli-chen durch die zonalen Winde angeregt. Eine Wavelet-Analyse der beobachteten Tageslängen zeigt im Bereich der mittleren Perioden die saisonalen Schwankungen von einem halben und einem ganzen Jahr. Diese werden in erster Linie durch Varia-tionen des >Drehimpulses der Atmosphäre erzeugt, die sich in der Erdrotation widerspiegeln. Dekadische Fluktuationen der Tageslänge führt man auf Drehimpulsänderungen im flüssigen >Erdkern zurück, die durch mechanische oder elektromecha-nische Kopplung an den >Erdmantel weitergegeben werden. Wegen der >Gezeitenreibung und aufgrund langfristiger Mas-senverlagerungen kommt es zudem zu einer säkularen Verlängerung des Tages um derzeit ca. 1,5 Millisekunden in 100 Jahren.

Tageszahlen - Day numbers Größen, die die manuelle Umrechnung von mittleren Örtern in scheinbare Örter erleichtern.

Tägliche Aberration - Diurnal aberration Die durch die Erdrotation verursachte astronomische >Aberration.

Tägliche Bewegung - Diurnal motion Scheinbare tägliche Bewegung eines Himmelskörpers auf der Himmelskugel von Ost nach West zufolge der Erdrotation.

Tägliche Drehung - Daily rotation <Transformation zwischen raumfesten und erdfesten Bezugsrahmen.

TAI (Internationale Atomzeit) - TAI (International atomic time) Aus einem weltweiten Ensemble von Atomuhren abgeleitete Zeit. Sie repräsentiert ein statistisches Mittel von gewichteten Einzelbeiträgen. Derzeit beste Realisierung einer Zeitmessung, für die das >BIPM verantwortlich zeichnet.

TCB (baryzentrische Koordinatenzeit) - TCB (barycentric coordinate time) Zeit, die eine im Baryzentrum des Sonnensystems ruhende Uhr anzeigt.

TCG (geozentrische Koordinatenzeit) - TCG (geocentric coordinate time) Zeit, die eine im Massenzentrum der Erde ruhende Uhr anzeigt.

TDB (baryzentrisch dynamische Zeit) - TDB (barycentric dynamic time) Zeit, die als Basis der Bewegungsgleichungen von Himmelskörpern im Sonnensystem gilt. Wurde in TB umbenannt.

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TDT (terrestrisch dynamische Zeit) - TDT (Terrestrial Dynamical Time) Zeit, die eine auf dem >Geoid der Erde befindliche >Atomuhr anzeigt. Wurde in >TT umbenannt.

TEC (Gesamter Elektroneninhalt) - TEC (Total Electron Content) Integral der Elektronendichte einer vertikalen Säule von 1m^2 Querschnitt.

Telluroid - Telluroid Die im >Molodensky-Problem durch eine Abbildung der Erdorberfläche entstehende Näherungsfigur der Erde.

Temps atomique internationale >TAI

Terminator - Terminator Grenzlinie zwischen dem beleuchteten und dunklen Bereich der Scheibe des Mondes, eines Planeten oder eines (planetaren) Satelliten.

Terrestrial Reference Systems (TRS) Erdbezogenes >Bezugssystem.

Terrestrische Dynamische Zeit (TDT) - Terrestrial Dynamical Time (TDT) >TDT.

Terrestrische Refraktion - Terrestrial refraktion Atmosphärische >Refraktion.

Tesserale Kugelflächenfunktionen - Tesseral surface spherical harmonics >Kugelflächenfunktionen, die von der Breite und von der Länge abhängen.

Tesserale Potentialkoeffizienten - Tesseral potential cofficients >Potentialkoeffizienten, die als Faktoren der >tesseralen Kugelflächenfunktionen auftreten.

Tethered Satellite - Tethered Satellite Kleiner Satellit, der über ein Kabel mit einem Mutter-Raumschiff verbunden ist. Aus der gegenseitigen Bewegung der beiden Satelliten kann man auf Inhomogenitäten des >Schwerefeldes schließen.

Theorem von Bruns (Brunssche Formel, Formel von Bruns) - Bruns' theorem 1) Beziehung zwischen der >Höhenanomalie und dem Störpotential(>Molodensky-Problem), 2) Beziehung zwischen der >Geoidhöhe und dem Störpotential (>Stokes-Problem).

Theorem von Clairaut (Clairautsches Theorem) - Theorem of Clairaut (Clairaut's theorem) Mathematische Formel, welche die geometrische Abplattung mit der gravimetrischen Abplattung verbindet; >Niveauel-lipsoid.

Theorem von Stokes - Theorem of Stokes Nach dem Theorem von Stokes ist das Schwerepotential im Außenraum einer gegebenen, um eine raumfeste Achse mit konstanter Winkelgeschwindigkeit w rotierende Fläche S eindeutig bestimmt, wenn das Schwerepotential auf S bekannt ist; >Niveauellipsoid.

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Theorem von Villarceau - Theorem of Villarceau Methode zur Bestimmung des Unterschiedes der >Geoidhöhen zweier Punkte A und P, dN , über die Differenzen der >el-lipsoidischen Höhen, dh, und der >orthometrischen Höhen, dH: dN=dh-dH.

Theoretische Geodäsie - Theoretical Geodesy Sammelbegriff für unterschiedliche Forschungen und Arbeiten in der >Geodäsie, insbesondere zur Unterscheidung von der Datengewinnung (Messung). Alle Aufgaben der Geodäsie haben theoretische Aspekte, so z.B. Modellbildung, Interpretation, Datenanalyse, auch die Messung selbst und die dazu benutzten Geräte, ohne daß deren Summe als eigenes Gebiet der Geodä-sie bezeichnet werden könnte; insbesondere ist eine Abgrenzung zur >mathematischen Geodäsie Auffassungssache und scharf kaum möglich. Wesentliche theoretische Grundlagen der Geodäsie stammen aus der >Metrologie, der euklidischen Geometrie, Newtonschen und relativistischen Mechanik, Astrometrie und mathematischen Geographie.

Theoretischer Schleifenwiderspruch - Theoretical loop misclosure Abweichung eines fehlerfrei ausgeführten >geometrischen Nivellements entlang einer geschlossenen Schleife vom Wert Null. Der theoretische Schleifenwiderspruch kann als negative Summe der >dynamischen Reduktionen entlang einer ge-schlossenen Schleife berechnet werden. Die Größe des theoretischen Schleifenwiderspruchs hängt von der Inhomogenität des Schwerefeldes ab und zusätzlich von den Höhenunterschieden entlang der Schleife. Der theoretische Schleifenwiderspruch ist ein Maß dafür, wie stark das reale Schwerefeld von einem radialsymmetrisch strukturierten Schwerefeld im Bereich der Schleife abweicht. Damit ist der theoretische Schleifenschlußfehler ein Effekt, der aus der Nichtparallelität der Niveauflä-chen folgt.

Theorie von Somigliana-Pizzetti - Theory of Somigliana-Pizzetti Nach der von P. Pizetti (1894) und C. Somigliana (1929) entwickelten Theorie des >Niveauellipsoids gelingt eine geschlos-sene Darstellung des zugehörigen >Normalschwerepotentials im System der elliptischen Koordinaten.

TIGO (Transportables Integriertes Geodätisches Observatorium) Transportable >Fundamentalstation zum Einsatz auf der Südhalbkugel (seit 2002 in Concepcion, Chile). TIGO verfügt über Messsysteme für die Raumverfahren >VLBI, >SLR, >GPS sowie über ein Supraleitendes Gravimeter, Seismometer und meteorologische Sensoren.

Topex >Altimetermissionen.

Topex/Poseidon >Altimetermissionen.

Topographische Korrektion (Geländereduktion) - Terrain correction (topographic correction) Die Geländereduktion dgG als Teil der >Schwerereduktionen stellt gedanklich durch Abtragen der Massen oberhalb bzw. Auffüllen fehlender Massen unterhalb des Aufpunktniveaus eine horizontale Fläche her; dgG ist stets positiv.

Topographische Lotabweichung - Topographic deflection of the vertical Einfluß der Topographie über dem Geoid auf die >Lotrichtung.

Topographische Reduktion - Topographic reduction >Schwerereduktion zufolge der Topographie über dem Geoid; Summe der Bouguerschen Plattenreduktion und der topogra-phischen Reduktion

Topographisch-isostatische Lotabweichung - Topographic-isostatic deflection of the vertical Einfluß der Topographie über dem Geoid auf die Lotrichtung mit Berücksichtigung der isostatischen Kompensation.

Topozentrisch - Topocentric Mit Bezug zu einem Ort, i.a. einem Punkt der Erdoberfläche, üblicherweise im Zusammenhang mit einem Koordinatensys-tem.

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Topozentrische Koordinaten - Topocentric coordinates Die Koordinaten in einem System, dessen Nullpunkt in einem bestimmten Ort liegt (>Topozentrum), z.B. in einem Punkt der physischen Erdoberfläche.

Topozentrischer Horizont - Topocentric horizon Scheinbarer Horizont, >Topozentrisches Astronomisches Koordinatensystem.

Topozentrisches Astronomisches Koordinatensystem - Topocentric astronomical coordinate system Lokales astronomisches Koordinatensystem, Erdfestes >Koordinatensystem mit dem Ursprung im Topozentrum, d.h., in einem beliebigen Punkt der Erdoberfläche. Durch die Zenitrichtung ist die z-Achse des Koordinatensystems festgelegt. Die x-Achse weist nach astronomisch Nord und steht rechtwinklig auf der z-Achse. Damit liegt sie in der lokalen astronomischen Meridianebene. Die y-Achse weist nach astronomisch Ost und ergänzt das lokale astronomische Koordinatensystem zu ei-nem Linkssystem. Die xy-Ebene ist Tangentialfläche an die lokale >Äquipotentialfläche des >Schwerefeldes und damit lokale Horizontalfläche. Die relative Position eines beliebigen Punktes Q bzgl. dem Ursprung P im topozentrischen astrono-mischen Koordinatensystem kann durch: - rechtwinklig kartesische Koordinaten oder mittels - sphärischer Polarkoordinaten: z (Zenitdistanz), a (>astronomisches Azimut), d (räumliche Distanz) angegeben werden. Das topozentrische astronomische Koordinatensystem hat als erdgebundenes Beobachtungssystem in der Geodäsie große Bedeutung, da die Lotrichtung bzw. die Horizontalebene in nahezu allen Vermessungsmethoden eine wichtige Orientierungs-rolle spielen. Damit kann dieses System als natürliches Koordinatensystem betrachtet werden (>natürliche Koordinaten).

Topozentrum - Topocentre Ursprung eines Koordinatensystems; zumeist Punkt der Erdoberfläche.

Torsionsfedergravimeter - Bifilar-, Trifilargravimeter >Federgravimeter mit Torsionsfeder z.B. an einer vertikalen Torsionsfeder. Der Torsion entgegen wirken 2 (3) schräge Fäden (Bifilar-, Trifilargravimeter), deren geometrische Anordnung so verändert werden kann, dass sich durch eine große Torsi-onswinkeländerung je Schwereänderung eine große Empfindlichkeit ergibt.

Totale Finsternis - Total eclipse >Finsternis.

Träger erdfester Bezugssysteme - Carrier of earth fixed reference systems Materielle Marken zur Definition erdbezogener >Bezugssysteme.

Träger raumfester Bezugssysteme - Carrier of space fixed reference systems Materielle Marken zur Definition raumbezogener >Bezugssysteme.

Trägergeglättete Codemessungen - Carrier smoothed pseudoranges Verfahren zur Verbesserung der Nutzerposition beim >Differential GPS. Die wesentlich genaueren Trägerphasenbeobach-tungen werden über geeignete Gewichtsfunktionen mit den ungenaueren Codemessungen kombiniert und erzeugen ein ge-glättetes Ergebnis, ohne die >Phasenmehrdeutigkeiten exakt zu lösen. Die Genauigkeit beträgt im DGPS Modus 0,5 bis 1 m und kann auch mit preiswerten Handgeräten erzielt werden. Typische Anwendungen liegen im >Geoinformationswesen.

Trägheitsbeschleunigung (Inertialbeschleunigung) - Inertial acceleration Zweite Ableitung nach der Zeit der Positionsänderung eines Probemassenpunktes in einem von gravitativen Beschleunigun-gen freien geometischen 3D-Referenzrahmen mit dem Charakter eines Vek-tors und der Einheit m/s2 (>Schwereeinheiten). Wegen der allgegenwärtigen Gravitation abstraktes Konstrukt, dass physikalisch näherungsweise in einem frei fallenden Referenzrahmen oder auf der Erde nach rechnerischer Eliminierung der Gravitation realisiert werden kann. Bestimmung der Trägheitsbeschleunigung entweder aus der kinematischen Beschleunigung, also der zeitlichen Ableitung der Positions- / Geschwindigkeitsänderung des Probemassenpunktes auf seiner geometrischen Trajektorie oder durch Messung der Kraft gemäß dem Newton'schen Gesetz (>Beschleunigungsmesser). Eine Diskussion, ob die Trägheitsbeschleunigung nach Mach durch die Gravitation ferner Massen oder nach der allgemeinen Relativitätstheorie als flach gedachte Idealisierung eines allgemein gravitationsbestimmten gekrümmten Raumes erklärt werden sollte, erübrigt sich für die Anwendung, da die New-tonsche Vorstellung ausreicht.

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Trägheitsmoment - Moment of inertia Das Trägheitsmoment eines Massensystems, bezogen auf eine gegebene Achse (Drehachse, Trägheitsachse), ist das Integral (die Summe) der Produkte sämtlicher Massenelemente des Systems mit den Quadraten ihrer Abstände von der Trägheitsach-se.

Trägheitsnavigationssystem (Inertialnavigationssystem) - Inertial Measurement Unit (IMU) Komplex aus im Allgemeinen drei orthogonalen >Beschleunigungsmessern und drei Rotationssensoren (Trägheitssensoren) sowie Rechen-, Speicher- und Anzeigemoduln. Aus den gemessenen >Trägheitsbeschleunigungen in kontrollierten Richtun-gen wird durch zweifache Integration über die Zeit bei bekannten Anfangsbedingungen und unter Berücksichtigung der Erdrotation und des Erdschwerefeldes eine (relative) Position ermittelt. Nach der Entwicklung eines "künstlicher Horizonts" mit Kreiseln für die Fliegerei wurden in den vierziger Jahren für militärische Anwendungen volle INS entwickelt, dann auch zunehmend für zivile Navigation genutzt. Meist wurde zunächst der Sensorkomplex aus Kreiseln, Analogregelkreisen und Kardanrahmen mit Stellmotoren zu sich selbst raumparallel gesteuert (kreiselstabilisierte Plattform), allenfalls der Erdkrüm-mung nachgeführt; die Höhe wurde oft unabhängig ermittelt, z.B. barometrisch. In diesem Fall ergibt sich die relative Positi-on besonders übersichtlich aus der direkten Integration der Beschleunigungen. Begünstigt durch schnelle Computer und Fortschritte in der Sensorentwicklung, geht die Entwicklung heute häufig unter Verzicht auf eine Plattform zur direkten Verbindung des Sensorkomplexes mit dem Fahrzeug (fahrzeugfest, "strap-down") und Beobachtung der Richtungsänderung mit rechnerischer Berücksichtigung bei der Integration (analytische Plattform). An Stelle der Kreisel als Rotationssensoren treten heute häufig Corioliskreisel (z.B. Stimmgabeln) oder Sagnackreisel (faseroptische- oder Laserkreisel), die robuster und billiger sind. Bei den Beschleunigungsmessern sind mikromechanische auf dem Vormarsch. Stärken des Verfahrens sind Echtzeitfähigkeit und Autonomie, d.h. die Unabhängigkeit von Peilsendern, Satelliten etc.; Hauptnachteil ist die schlechte Fehlerfortpflanzung, d.h. für längere Missionsdauern (Langstreckenflug, U-Boot) ist hoher Aufwand nötig. Daher bietet sich die Integration mit Navigationsmethoden komplementärer Eigenschaften an, insbesondere mit >GPS.

Trägheitstensor - Inertia tensor Der Trägheitstensor beschreibt die Massenmomente eines räumlich ausgedehnten Körpers bzgl. eines Koordinatensystems mit dem Ursprung im Massenmittelpunkt. Er kann als symmetrische (dreidimensionale) Matrix angeschrieben werden. Die Diagonalelemente stellen dann die Trägheitsmomente um die drei (rechtwinklig aufeinander stehenden) Koordinatenachsen dar, während die gemischten außerhalb der Diagonalen stehenden Elemente als Deviations- oder Zentrifugalmomente be-zeichnet werden. Durch eine Hauptachsentransformation läßt sich das Koordinatensystem im Körper so orientieren, daß nur die Diagonalelemente belegt sind. Man bezeichnet die so orientierten Achsen mit Hauptträgheitsachsen und die entsprechen-den Größen als Hauptträgheitsmomente. Die Hauptträgheitsachsen geben diejenigen Achsen an, um die eine stabile Rotation möglich ist (extremale Hauptträgheitsmomente), bzw. eine labile Rotation (mittleres Hauptträgheitmoment). Das Skalarpro-dukt aus Trägheitstensor und dem Drehvektor (mit den Winkelgeschwindigkeiten als Koordinaten) ergibt den Drehimpuls des ausgedehnten Körpers.

Transformation zwischen globalen Koordinatensystemen (Datumstransformation) - Transformation between global coordinate systems (datum transformation) Übergang von einem ersten erdfesten globalen Koordinatensystem (Startsystem) zu einem zweiten (Zielsystem). Start- bzw. Zielsystem können entweder ein >globales geozentrisches Koordinatensystem oder ein >konventionelles geodätisches Koor-dinatensystem sein. I.a. unterscheiden sich die Koordinatensysteme in ihren Ursprüngen, den Orientierungen ihrer Koordina-tenachsen und ihren Maßstäben. Man spricht deshalb auch von einer Ähnlichkeitstransformation. Zur mathematischen Dar-stellung einer Koordinatentransformation zwischen dreidimensionalen rechtwinklig kartesischen Koordinaten verwendet man Translationen entlang dreier Raumrichtungen durch Translationsvektoren und Drehungen um drei Drehachsen durch >Dreh-matrizen. Ein skalarer Faktor berücksichtigt die unterschiedlichen Maßstäbe. I.a. kann man davon ausgehen, daß alle Trans-formationsparameter klein sind. Eine Transformation zwischen Koordinatensystemen mit unterschiedlichem Orientierungs-sinn erfordert zusätzlich eine Spiegelung, die durch >Spiegelungsmatrizen vollzogen werden kann. Zur Formulierung eines speziellen Transformationsmodells ist es notwendig, den Drehpunkt und die Drehachsen zu definieren, wobei sich die Dreh-achsen im Drehpunkt schneiden. Beispielsweise können folgende Vereinbarungen getroffen werden: - Bursa-Wolf-Modell: Drehpunkt Ursprung des Startsystems, Drehachsen Koordinatenachsen des Startsystems; - Molodensky-Badekas-Modell: Drehpunkt Topozentrum (Fundamentalpunkt), Drehachsen Koordinatenachsen des Startsystems; - Veis-Modell: Drehpunkt Topozentrum (Fundamentalpunkt), Drehachsen Koordinatenachsen eines >lokalen ellipsoidischen Koordinatensystems. Die Transformationsparameter werden mit Hilfe einer räumlichen >Helmert-Transformation aus den Koordinaten identischer Punkte berechnet.

Transformation zwischen globalen und lokalen Koordinatensystemen - Transformation between global and local coordinate systems Übergang von einem erdfesten globalen Koordinatensystem (Startsystem) zu einem erdfesten lokalen Koordinatensystem (Zielsystem) oder umgekehrt. Start- bzw. Zielsystem können entweder ein >globales geozentrisches Koordinatensystem bzw. ein >topozentrisches astronomisches Koordinatensystem oder ein >konventionelles geodätisches Koordinatensystem bzw. ein >lokales ellipsoidisches Koordinatensystem sein. Die Transformationsformeln zwischen dem >globalen geozentrischen Koordinatensystem und einem >topozentrischen astronomischen Koordinatensystem sind grundlegend für die Modellbildung

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der >Dreidimensionalen Geodäsie. Die Transformation beinhaltet zwei Drehungen (>Drehmatrix), nämlich um die astrono-mischen Koordinaten Lambda und Phi, die die z-Achse des lokalen Systems bzgl. des globalen Systems festlegen, sowie eine anschließende Spiegelung (>Spiegelungsmatrix). Setzt man die sphärischen Polarkoordinaten im lokalen astronomischen System ein, so erhält man eine Verknüpfung terrestrischer Beobachtungen d,a,z (Distanz, Azimut, Zenitdistanz) mit Koordi-natendifferenzen dx,dy,dz bezogen auf das globale geozentrische Koordinatensystem. Entsprechende Transformationsglei-chungen ergeben sich für den Übergang zwischen einem >konventionellen geodätischen Koordinatensystem und einem >lokalen ellipsoidischen Koordinatensystem.

Transformation zwischen lokalen Koordinatensystemen - Transformation between local coordinate systems Übergang von einem ersten erdfesten lokalen Koordinatensystem (Startsystem) zu einem zweiten (Zielsystem). Start- bzw. Zielsystem können entweder ein >topozentrisches astronomisches Koordinatensystem oder ein >lokales ellipsoidisches Ko-ordinatensystem sein. Nimmt man die Ursprünge beider Koordinatensysteme in einem Punkt im Bereich der Erdoberfläche an (>Topozentrum), dann unterscheiden sie sich lediglich um kleine Klaffungswinkel, wenn die entsprechenden Koordina-tenflächen und dazu rechtwinkligen Koordinatenlinien des topozentrischen astronomischen Koordinatensystems die >Äqui-potentialflächen und >Lotlinien des >Schwerefeldes annähern. Die beiden infinitesimalen Drehwinkel um die lokale y- und x-Achse des lokalen ellipsoidischen Koordinatensystem können als Abweichungen eines Lotes von einer Ellipsoidnormalen im Punkt P interpretiert werden. Sie werden >astrogeodätische Lotabweichungen genannt (Ostkomponente der Lotabwei-chung = Lotabweichungskomponente in Länge, Nordkomponente der Lotabweichung = Lotabweichungskomponente in Breite). Der infinitesimale Winkel um die z-Achse des lokalen ellipsoidischen Koordinatensystem wird als >Lotabwei-chungskomponente in der Horizontebene = azimutale Komponente bezeichnet. Die Lotabweichungskomponenten und die azimutale Komponente können in Abhängigkeit von den Klaffungswinkeln zwischen den beiden globalen Koordinatensys-temen (>globales geozentrisches Koordinatensystem bzw. >konventionelles geodätisches Koordinatensystem) ausgedrückt werden. Damit sind die Differenzen der Azimute und Zenitdistanzen im topozentrischen astronomischen Koordinatensystem und im lokalen ellipsoidischen Koordinatensystem festgelegt. Die Differenzen zwischen astronomischem und ellipsoidi-schem Azimut können in Abhängigkeit von den Lotabweichungen und den Klaffungswinkeln der globalen Koordinatensys-teme angegeben werden; gleiches gilt für die Differenzen zwischen der (astronomischen) Zenitdistanz und der ellipsoidi-schen Zenitdistanz. Mit diesen Formeln können also astronomisches Azimut und beobachtete Zenitdistanz in die entspre-chenden auf das Ellipsoid bezogenen Größen umgerechnet werden. Aus theoretischen und praktischen Gründen wird bei der Lagerung und Orientierung >geodätischer Netze die Parallelität der >globalen erdfesten Koordinatensysteme angestrebt, so daß die kleinen Klaffungswinkel in den meisten Fällen zu Null angenommen werden können.

Transformation zwischen natürlichen und ellipsoidischen Koordinaten - Transformation between natural and ellispoidal coordinate systems Übergang von dem im Schwerefeld der Erde definierten System >natürlicher Koordinaten (Richtugsgrößen Phi und Lambda, Potential W) in das System >ellipsoidischer Koordinaten (B,L,h). Die Transformation erfordert die Kenntnis der infinitesima-len Drehwinkel e1,e2,e3 zwischen den beiden globalen Koordinatensystemen (>globales geozentrisches Koordinatensystem bzw. >konventionelles geodätisches Koordinatensystem) sowie die Komponenten der >astrogeodätischen Lotabweichung (Ost- und Nordkomponente) und die Lotabweichungskomponente in der Horizontebene. Die ellipsoidischen Koordinaten B und L können dann aus den astronomischen Koordinaten Phi und Lambda, den Lotabweichungskomponenten und den Klaf-fungswinkeln e1,e2,e3 berechnet werden. Die natürlichen Koordinaten eines Punktes P umfassen neben den Richtungskom-ponenten der (astronomischen) Zenitrichtung noch den Wert des Schwerepotentials W der Äquipotentialfläche durch diesen Punkt. Er entspricht der >geopotentiellen Kote C nach einer entsprechenden Festlegung des >Vertikaldatums und beschreibt die Höhenlage des Punktes (>Höhensystem). Die geopotentiellen Koten können mit Hilfe des >geodätischen Nivellements bestimmt werden. Um ein Längenmaß zu erhalten, kann (theoretisch gleichwertig) die Länge der Lotlinie, gemessen von einer Bezugsfläche (>Geoid) angegeben werden. Dieses Höhenmaß ist die >orthometrische Höhe H des Punktes. Die Höhen-lage des Punktes P, bezogen auf ein konventionelles geodätisches Koordinatensystem mit einem >Rotationsellipsoid als >Referenzfläche ist die >ellipsoidische Höhe h des Punktes P. Geoid und Ellipsoid weichen um die Geoidhöhe N voneinan-der ab, so daß gilt: h=H+N.

Transformation zwischen raumfesten und erdfesten Bezugsrahmen - Transformation between space fixed and earth fixed reference frames Übergang von einem >vereinbarten raumfesten Bezugsrahmen (>CCRF) zu einem >vereinbarten erdfesten Bezugsrahmen (>CTRF) oder umgekehrt. Ein konsistentes System von >Bezugsrahmen, raumfesten und erdgebundenen, wie z. B. die Be-zugsrahmen >ITRF und >ICRF des >Internationalen Erdrotationsdienstes IERS, enthält auch die Parameter, um die Trans-formation zwischen den Bezugsrahmen in konsistenter Weise durchzuführen. Die Transformationen für spezielle mit einer Jahreszahl versehenen Bezugsrahmen entsprechen den folgenden Schritten, wenngleich sich gewisse Abweichungen der numerischen Werte ergeben können. Die Transformation vom CCRF ins CTRF könnte im Prinzip mittels dreier (zeitabhän-ger) Winkel erfolgen, beispielsweise mit Hilfe der Eulerschen Winkel (>Eulersche Drehmatrix) oder der kardanischen Win-kel (>kardanische Drehmatrix). Abweichend davon wird die räumliche Drehung in der >Astronomie und >Geodäsie verein-barungsgemäß aus verschiedenen Gründen in eine Folge davon abweichender Transformationsschritte zerlegt, die aber wie-derum aus Elementardrehungen zusammengesetzt sind. Grundsätzlich handelt es sich beim Übergang zwischen den beiden Bezugsrahmen um zwei Transformationsschritte

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- Transformation vom mittleren raumfesten Bezugsrahmen (mean celestial reference frame) der Epoche T0=J2000 in den wahren raumfesten Bezugsrahmen (true celestial reference frame) zur Epoche T; die Transformation beinhaltet die Drehun-gen zufolge >Präzession und Nutation in den Schritten: - Transformation vom mittleren raumfesten Bezugsrahmen der Epo-che T0=J2000 (CCRF ) in den mittleren raumfesten Bezugsrahmen T (CCRFT): Präzession (precession) sowie - Transfor-mation vom mittleren raumfesten Bezugsrahmen der Epoche T (CCRFT) in den wahren raumfesten Bezugsrahmen zur sel-ben Epoche T (true celestial reference frame - CRFT): Nutation (nutation) - Transformation vom wahren raumfesten Bezugsrahmen der Epoche T in den erdfesten Bezugsrahmen der Epoche T; die Transformation beinhaltet die Drehungen zufolge der tägliche Rotation der Erde und der Polbewegung in den Schritten: - Transformation vom wahren raumfesten Bezugsrahmen der Epoche T (true celestial reference frame - CRFT) in den wahren erdfesten Bezugsrahmen T (true terrestrial reference frame - TRFT): tägliche Drehung (daily rotation) sowie - Transformati-on vom wahren erdfesten Bezugsrahmen der Epoche T (TRFT) in den >vereinbarten erdfesten Bezugsrahmen derselben Epoche T (CTRFT): >Polbewegung (polar motion) Die Transformation der rechtwinklig- >kartesischen Koordinaten bzgl. des mittleren raumfesten Bezugsrahmens der Epoche T0=J2000 (CCRFT0 ), r0, in Koordinaten des vereinbarten erdfesten Bezugsrahmens der Epoche T (CTRFT), r, gelingt durch die Folge von Drehungen, ausgedrückt in Form von >Drehmatrizen: r=S N P r0. Die erste Transformation P beschreibt die allgemeine (lunisolare und planetare) Präzession für den Zeitraum zwischen den Epochen T0 und T. Sie setzt sich aus drei Einzeldrehungen, den äquatorialen Präzessionsparametern, zusammen, wobei die Zeitdifferenz T-T0 in Julianischen Jahrhun-derten der >baryzentrischen dynamischen Zeit >TDB (Barycentric Dynamical Time - TDB) gemessen wird. Die Präzessi-onsparameter entstammen einem numerischen Modell, das von der >IAU im Jahre 1976 verbindlich angenommen worden war. In der Zwischenzeit sind genauere Werte bekannt; die vereinbarten Parameter werden jedoch noch beibehalten, um die Gültigkeit und Konsistenz der Systeme über einen angemessenen Zeitraum zu gewährleisten. Die zweite Drehung N be-schreibt die >astronomische Nutation zur Epoche T. Sie setzt sich ebenfalls aus drei Einzeldrehungen zusammnen. Die Dre-hungen enthalten die mittlere >Schiefe der Ekliptik und die astronomischen Nutationskomponenten in Länge sowie in Schie-fe. Diese Parameter basieren auf einem numerischen Modell von Wahr, das 1980 von der IAU als verbindlich angenommen worden war. Die mittlere Schiefe der Ekliptik zur Epoche T stellt den Winkel zwischen dem mittleren >Ekliptiksystem und dem mittleren >Äquatorsystem dar und kann aus einer Reiehenentwicklung berechnet werden. Die wahre Ekliptschiefe zur Epoche T ergibt sich aus der Summe der mittleren Schiefe der Ekliptik und der Nutation in Schiefe. Die astronomischen Nutationskomponenten in Länge und in Schiefe können ebenfalls aus Reihenentwicklungen entnommen werden. Die voll-ständigen Reihenentwicklungen sind beispielsweise in den >IERS - Conventions gegeben wie auch verbesserte Theorien für Präzession und Nutation. Die Drehmatrix S beschreibt die >tägliche Drehung, ausgedrückt durch die >scheinbare Sternzeit des Meridians von Greenwich (Greenwich Apparent Siderial Time - >GAST) und zwei Drehungen zufolge der Polbewegung, ausgedrückt durch die >Polkoordinaten. Das wahre raumfeste Bezugssystem (CRFTT) ist durch den wahren raumfesten Äquator (true celestial equator) und durch den wahren raumfesten Ephemeridenpol (true Celestial Ephemeris Pole - CEP) zur Epoche T definiert. Das vereinbarte erdfeste Bezugssystem (CTRFT) ist durch den vereinbarten mittleren erdfesten Äquator (conventional mean terrestrial equator) und dem vereinbarten erdfesten Pol (Conventional Terrestrial Pole - CTP) zur selben Epoche T definiert. Die Lage des CEP bzgl. dem CTP ist durch die Parameter der >Polbewegung (>Polkoordinaten) be-schrieben. Der Winkel zwischen der x-Achse des CRFT (Richtung des wahren >Frühlingspunktes zur Epoche T) und der x-Achse des CTRFT (die in der mittleren astronomischen Meridianebene von Greenwich liegt) ist durch den >Stundenwinkel des wahren Frühlingspunktes von Greenwich, der >scheinbaren Sternzeit des Meridians von Greenwich (>GAST), definiert. Die scheinbare Sternzeit Greenwich GAST unterliegt einer ständigen i.a. ungleichförmigen Veränderung wegen der >Rotati-on der Erde. Sie kann aus der mittleren Sternzeit Greenwich (Greenwich Mean Siderial Time - GMST) berechnet werden. Die mittlere Sternzeit Greenwich GMST selbst erhält man aus einem zeitlichen Polynomansatz, der aus der Differenz Dt der aus Beobachtungen erhaltenen Weltzeit >UT1 (Universal Time 1 - UT1) und der Atomzeit >UTC (Universal Time Coordina-ted - UTC) abgeleitet wird. Die Integration von Dt über einen Tag ergibt die Veränderungen der Tageslänge (Length Of the Day - LOD). Die Zeitdifferenz Dt kann nicht in Form einer analytischen Funktion angegeben werden. Sie muß zusammen mit den Polkoordinaten durch Beobachtung erfaßt werden und kann erst im nachhinein bekannt gegeben werden.

Transit (NNSS) Auf dem >Dopplereffekt beruhendes satellitengestütztes >Radionavigationssystem der amerikanischen Marine. Transit ist das Vorgängersystem von >GPS und wurde im zivilen Bereich seit 1967 bis Anfang der 90er Jahre weltweit für die Positi-onsbestimmung und Navigation, insbesondere in den marinen Geowissenschaften eingesetzt. Das System wird seit Ende 1996 mit dem Vollausbau von GPS nicht mehr für Navigationszwecke unterstützt. Grundprinzipien der Positionsbestim-mung mit Transit haben Eingang in das französische >DORIS-System und teilweise in GPS gefunden. Transitsatelliten be-wegen sich auf Polbahnen in etwa 1000 km Bahnhöhe. Sie senden auf zwei Frequenzen stabile Trägersignale (150 MHz, 400 MHz), denen in der sog. >Broadcastmessage Informationen zur aktuellen Satellitenposition aufmoduliert sind. Aus den be-kannten Satellitenkoordinaten und der in einem Empfangsgerät gemessenen Dopplerverschiebung der Satellitensignale lassen sich Nutzerkoordinaten in einem globalen geozentrischen Bezugssystem (z.B. >WGS84) berechnen. Ein Satellitendurchgang, d.h. die Dauer der Radiosichtbarkeit über dem Horizont des Beobachters während eines Satellitenumlaufs beträgt etwa 18 Minuten. Aus der Beobachtung eines Satellitendurchgangs läßt sich bei bekannter Höhe und bekannter Eigengeschwindigkeit des Beobachters die zweidimensionale Position (geographische Länge, geographische Breite) eines Fahrzeuges (z.B. auf der Meeresoberfläche) mit einer Genauigkeit von 30 m bis 50 m bestimmen. Zur Ableitung von dreidimensionalen Koordinaten ist die Beobachtung mehrerer (bis zu 50) Satellitendurchgänge erforderlich. Die erzielbare Genauigkeit für eine Einzelstation betrug in der operationellen Phase etwa 5 m für >Broadcastephemeriden und etwa 1 m für nachträglich berechnete >präzise Ephemeriden. Mit dem Translocationsverfahren, d.h. durch Simultanbeobachtung auf mindestens zwei Stationen, ließen sich Relativgenauigkeiten von etwa 0,5 m erreichen (vgl. >Differential GPS). Die globalen Verfahren der geodätischen Positions-bestimmung wurden für etwa 20 Jahre durch das Transitverfahren nachhaltig geprägt. Transit kann als Wegbereiter der Nut-

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zung von GPS in den Geowissenschaften gesehen werden.

Translation - Translation Parallele Bewegung eines ausgedehnten Körpers oder auch eines Bezugssysteme im Sinne der Euklidschen Geometrie.

Translative Lotabweichungsausgleichung - Translational adjustment of the deflections of the vertical Bestimmung eines lokal bestanschließenden Ellipsoides durch Änderungen der Parameter des Geodätischen Datums unter der Voraussetzung paralleler globaler Koordinatensysteme (globales geozentrisches Koordinatensystem, konventionelles geodätisches Koordinatensystem). Die Korrektion des Geodätischen Datums wird so bestimmt, daß die Quadratsumme der Lotabweichungen in den Punkten, in denen astronomische Messungen vorliegen, minimal wird. Hierzu werden auf das El-lipsoid reduzierte Größen verwendet und Netzverschiebungen, Netzdrehungen sowie Maßstabsänderungen und Änderungen der Parameter des Rotationsellipsoides zugelassen.

Transportable Zenitkamera - Transportable zenith camera >Simultane astronomische Ortsbestimmung.

Trigonometrisches Nivellement - Trigonometric levelling Methode zur Bestimmung des Unterschiedes der >ellipsoidischen Höhen zweier Punkte A und P aus der Messung von Zeni-distanzen und der >astrogeodätischen Lotabweichungen längs des Meßweges. An den gemessenen wegen Refraktion korri-gierten Zenitdistanzen werden die atsrogeodätischen Lotabweichungen in Zielrichtung berücksichtigt. Die Komponenten der astrogeodätischen Lotabweichungen in den Diskretisierungspunkten der Linie ergeben sich als Differenzen der Zenitrichtun-gen des >topozentrischen astronomischen Koordinatensystems und des >lokalen ellipsoidischen Koordinatensystems mit den Ursprüngen in den hinreichend nahe beieinander liegenden Punkten des Profils von A nach P.

Trigonometrisches Punktfeld - Network of triangulation stations Gesamtheit der Trigonometrischen Punkte (TP) eines >Lagefestpunktfeldes. Das Trigonometrische Punktfeld ist die Grund-lage der amtlichen Lagevermessung. Es ist nach Ordnungen von 1 bis 4 und nach Gebieten gegliedert. Die Ordnung 1 reprä-sentiert die genaueste Stufe. Die TP 1. Ordnung werden in Hauptdreieckspunkte und Zwischenpunkte 1. Ordnung gegliedert.

Tropisches Jahr - Tropical year Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen der Sonne durch den Frühlingspunkt. Im Jahr 1900 belief sich die Länge auf 365, 242 198 79 Tage. Seitdem nimmt sie um 0,000 006 14 Tage bzw. 0,530496 Sekunden pro julianischem Jahrhundert (36 525 Tage) ab. Als mittlere Länge wird meist der Zahlenwert 365,2422 verwendet; >Besselsches Jahr.

Tropopause - Tropopause Grenzschicht der Atmosphäre, oberhalb der >Troposphäre, in der die statische Stabilität abrupt zunimmt und sich die Tempe-ratur sprunghaft ändert.

Troposphäre - Troposphere Untere, z.T. wasserdampfhaltige Schicht der >Atmosphäre, in der sich Klima- und Wetterphänomene abspielen. Die Höhe der Troposphäre variiert mit Jahreszeit und Breite von bis zu 18 km in den Tropen bis 8 - 10 km im Sommer an den Polen. Die Troposphäre wird nach oben durch die >Tropopause begrenzt.

TT (terrestrische Zeit) - TT (terrestrial time) Neue Bezeichnung für >TDT.

UELN (Vereinigtes Europäisches Nivellementnetz) - UELN (United European Levelling Net) >Nivellementfestpunktfeld zur Definition des europäischen >Vertikaldatums. Eine ältere hierzu parallel verwendete Be-zeichnung ist >REUN.

Uhr - Clock Zeitmesser, Zählung periodisch wiederkehrender Vorgänge und Veranschaulichung des Zählerstandes. Waren früher >me-chanische Uhren und >Quarzuhren in Gebrauch, so erfolgt heutzutage die Zeitmessung in erster Linie durch >Atomuhren.

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Umlaufzeit - Orbital period Zeitdifferenz zwischen zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen eines Gestirns durch einen bestimmten Punkt seiner Bahn (z.B. Perihel).

Universalinstrument - Universal instrument Ein dem >Theodolit im Prinzip ähnliches Meßinstrument, mit dem man von einem stabilen Pfeiler (selten von einem Stativ) aus Vertikal- und Horizontalwinkel messen kann. Beliebige Punkte über dem Horizont (Sterne, terrestrische Meßpunkte) sind mit dem Fernrohr anzielbar. Das wird erreicht durch Verwendung eines geradsichtigen, exzentrisch an einem Ende der hori-zontalen Kippachse angebrachten oder eines zentrischen, gebrochenen Fernrohrs (wie beim >Passageinstrument). Wichtiges Merkmal eines Universalinstruments ist, dass Höhenwinkel (Zentriwinkel) und Horizontalwinkel mit gleich hoher Genauig-keit gemessen werden können. Dazu verfügt das Universalinstrument über zwei sehr genau geteilte Meßkreise mit 20 bis 35cm Durchmesser in vertikaler und horizontaler Anordnung. Die Teilung in Grad oder in Gon ist meist auf Glasringen aufgebracht. Zur Ablesung an der Teilung werden mechanische oder optische Mikrometer mit visueller oder elektronischer Registrierung verwendet. Im Gesichtsfeld des Fernrohrs ist zur Erfassung des Ziels ein System von horizontalen und/oder vertikalen Strichen sichtbar. Dieses und ein meßbar beweglicher Faden ermöglichen Mehrfachanzielungen bei gleichzeitiger Zeitregistrierung bewegter Objekte. Zur präzisen Aufstellung verfügt das Universalinstrument über spezielle Libellen oder Neigungskompensatoren. Die Justierung der vertikalen Drehachse (Stehachse) erfolgt mit einer aufsetzbaren Flüssigkeitsli-belle (Reit- oder Hängelibelle) oder einer optisch-mechanischen Ziellinienstabilisierung. Die Nullpunktfixierung des Höhen-kreises geschieht mit einer Indexlibelle oder durch einen gedämpften mechanischen Pendelkompensator. Für Messungen, bei denen die Höheneinstellung des Fernrohrs über mehrere Minuten nicht verändert werden darf, benützt man an der Horionta-lachse senkrecht zu dieser anklemmbare Horrebowlibellen (vgl. >astronomische Breitenbestimmung, >astronomische Zeit- und Längenbestimmungen). Mit ihrer Hilfe kann man auch aus der Stellung der Libellenblasenenden Neigungsänderungen von wenigen Bogensekunden messen.

Untere Kulmination - Lower transit Derjenige Meridiandurchgang eines Gestirns, bei dem seine Zenitdistanz das Maximum erreicht.

Untergang eines Gestirns - Setting of a star Der Durchgang eines Gestirns durch den absteigenden Knoten seiner Bahn auf dem scheinbaren Horizont.

UT (Weltzeit) - UT (Universal Time) Mittlere Sonnenzeit für Greenwich, direkt aus astronomischen Beobachtungen bestimmt.

UT0 >UT; Mittlere Sonnenzeit für Greenwich, direkt aus astronomischen Beobachtungen bestimmt.

UT1 Entspricht >UT0, korrigiert um den Einfluss der Polbewegung auf die Beobachtungsstation.

UT1R Entspricht >UT1, wobei kurzperiodische Terme (< 35 Tage) weggelassen sind.

UT2 Entspricht >UT1, korrigiert um jahreszeitliche Schwankungen der Erdrotation.

UTC (koordinierte Weltzeit) - UTC (Universal Time Coordinated) Statistische Zeit, die dem gewichteten Mittel vieler weltweit verteilter >Atomuhren entspricht. Ihr Stand wird mittels >Schaltsekunden an die tatsächliche Erdrotationsphase >UT1 angeglichen (>BIPM).

UTM-Abbildung - UTM projection Werden die >UTM-Koordinaten als ebene, rechtwinklige kartesische Koordinaten verwendet, so entsteht die konforme UTM-Abbildung.

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UTM-Koordinaten (Universal Transverse Mercator Koordinaten) - UTM coordinates (Universal transverse Mercator coordinates) >Gaußsche Koordinaten X,Y auf einem >Rotationsellipsoid, die sich auf ein Meridianstreifensystem beziehen. Neben der allgemeinen Bedingung, dass das >Bogenelement der Fläche die isotherme Form besitzt, wird hierbei gefordert, dass ein vorgegebener >Meridian L=L0=const., der sog. Grund- oder Hauptmeridian, die Abszissenlinie Y=0 bildet, wobei deren Abszissenwert X(Y=0) bis auf einen globalen, konstanten Maßstabsfaktor m0=0,9996 mit der Bogenlänge des vom Äquator aus gezählten Meridianbogens übereinstimmen soll. Die Ordinatenlinien X=const. Eines Gaußschen Systems auf der El-lipsoidoberfläche sind im Allgemeinfall weder geschlossene noch ebene Kurven und unterscheiden sich von >geodätischen Linien; die Abszissenlinien Y=const. sind zwar in sich geschlossene, aber keine ebenen Kurven. Die sich orthogonal schnei-denden Parameterlinien X=const., Y=const. werden als UTM-Gitterlinien bezeichnet. Um die mit der Entfernung zum Hauptmeridian betragsmäßig anwachsenden, bei der Bearbeitung >trigonometrischer Netze der Landesvermessung erforder-lichen Richtungs- und Streckenreduktionen klein zu halten, führt man einerseits den o.g. Maßstabsfaktor m0<1 ein und be-grenzt den Gültigkeitsbereich der UTM-Koordinaten auf eine Längenausdehnung von 3° beiderseits des Hauptmeridians; den hiermit entstehenden 6° breiten Meridianstreifensystemen (Zonen) werden auf beiden Seiten des Hauptmeridians jeweils ca. 0.5° breite Überlappungszonen angeschlossen, so dass die Streifensysteme faktisch eine Längenausdehnung von etwa 7° besitzen. Mit UTM-Meridianstreifensystemen lassen sich ausgedehnte Gebiete der Erdoberfläche bis hin zur gesamten Erde konsistent darstellen (Weltkoordinatensystem). Die in den Überlappungszonen liegenden Punkte erhalten doppelte Koordina-tensätze, die sich jeweils auf das rechte und linke Streifensystem beziehen. Den Meridianstreifen werden Zonennummern zugeordnet, die sich aus der (vom Meridian von Greenwich ausgehend nach Osten positiv gezählten) geographischen Länge L0 der entsprechenden Hauptmeridiane ergeben (L0 in Grad): Zonennummer = (L0+3)/6+30 . Das Gebiet der Bundesrepu-blik Deutschland liegt größtenteils in den Zonen 32 und 33. Vereinbarungsgemäß werden die Abszissen und Ordinaten mit den Symbolen N(North) und E(East) bezeichnet, die mit den Gaußschen Koordinaten X,Y in folgendem Zusammenhang stehen: - N=X für Punkte auf der nördlichen Hemisphäre - N=X+10 000 000m auf der südlichen Hemisphäre - E=Y+500 000m Die UTM-Systeme werden zu den Polen hin durch die Parallelkreise |B|=80° begrenzt. Zur Kennzeichnung eines Bereiches innerhalb einer Zone wird jeder Meridianstreifen in Nord-Süd-Richtung durch Bänder mit einer Breitendifferenz DB=8° unterteilt. Das UTM-System im westeuropäischen Bereich hat das auf das >Internationale Ellipsoid bezogene Zentraleuropä-ische Dreiecksnetz mit dem Europäischen Datum 1950 (ED50) als Grundlage. Auf UTM-Koordinaten beruht u.a. die Interna-tionale Weltkarte.

UTM-System - UTM system >UTM-Koordinaten.

Veis-Modell - Model of Veis Modell zur >Transformation zwischen globalen Koordinatensystemen.

Vening Meinesz-Integralformel (Formel von Vening Meinesz) - Vening-Meinesz formulas Die aus der >Stokesschen Integralformel abgeleitete Beziehung zwischen den >Lotabweichungskomponenten in Nord- und Ost-Richtung (>gravimterische Lotabweichung) und den >Schwereanomalien.

Vereinbarter Bezugsrahmen (CRF) - Conventional Reference Frame (CRF) >Bezugsrahmen, dem gewisse Vereinbarungen über die >Träger bzw. Koordinaten ausgewählter Bezugspunkte sowie über weitere Parameter zugrunde gelegt worden sind, so daß es möglich ist, daran geodätisch anzuschließen.

Vereinbarter erdfester Bezugsrahmen (CTRF) - Conventional Terrestrial Reference Frame (CTRF) Erdfester >Bezugsrahmen, dem gewisse Vereinbarungen über die >Träger bzw. Koordinaten ausgewählter Bezugspunkte sowie über weitere Parameter zugrunde gelegt worden sind, so daß es möglich ist, daran geodätisch anzuschließen.

Vereinbarter erdfester Pol (CTP) - Conventional Terrestrial Pole (CTP) Koordinatensystemachse, die einerseits im erdfesten Bezugsrahmen als auch im raumfesten Bezugsrahmen beschrieben werden kann und somit eine wichtige Schlüsselrolle bei der >Transformation zwischen raumfesten und erdfesten Bezugs-rahmen einnimmt.

Vereinbarter mittlerer erdfester Äquator - Conventional mean terrestrial equator xy-Ebene eines >vereinbarten erdfesten >Bezugsrahmens.

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Vereinbarter raumfester Bezugsrahmen (CCRF) - Conventional Celestial Reference Frame (CCRF) Raumfester >Bezugsrahmen, dem gewisse Vereinbarungen über die >Träger bzw. Koordinaten ausgewählter Bezugspunkte sowie über weitere Parameter zugrunde gelegt worden sind, so daß es möglich ist, daran geodätisch anzuschließen.

Vereinbartes Bezugssystem (CRS) - Conventional Reference System (CRS) >Ideales Bezugssystem, dem ein gewisses Modell zur Realisierung zugrunde gelegt worden ist. Dieses Modell umfaßt die Zuordnung von numerischen Werten zu den fundamentalen Parametern des physikalischen Systems, das dem Bezugssystem zugrunde gelegt wurde. Die Wahl von Fundamentalkonstanten beruht auf den jeweils bestmöglichen Beobachtungen. Darin liegt eine gewisse Willkür, die durch internationale und allgemein akzeptierte Vereinbarungen geregelt wird.

Vereinbartes erdfestes Bezugssystem (CTRS) - Conventional Terrestrial Reference System (CTRS) Erdfestes >Bezugssystem, dem gewisse Vereinbarungen über die Modellierung eines >idealen erdfesten Bezugssystems zugrunde gelegt worden sind.

Vereinbartes raumfestes Bezugssystem (CCRS) - Conventional Celestial Reference System (CCRS) Raumfestes >Bezugssystem, dem gewisse Vereinbarungen über die Modellierung eines >idealen raumfesten Bezugssystems zugrunde gelegt worden sind.

Vergrößerung - Augmentation Betrag, um den der scheinbare Halbmesser eines Himmelskörper von der Erdoberfläche aus größer erscheint als vom Geo-zentrum.

Vergrößerungsverhältnis - Augmenting relation >Geodätische Parallelkoordinaten, >konforme Abbildung, >Gauß-Krüger-Koordinaten.

Vermessungs-, Karten-, Liegenschaftswesen - Surveying, mapping, Der Teil der >Geodäsie der sich mit wichtigen Aufgaben in der Verwaltung und Gesellschaft befasst.

Vertikal - Vertical Scheinbare Richtung der Schwere im Beobachtungspunkt.

Vertikaldatum (Höhendatum) - Vertical datum (height datum) Bezugspunkte, auf die sich in eindeutiger Weise die Höhen eines >Höhenfestpunktfeldes beziehen. Beispiele sind der Ams-terdamer Pegel, der als Vertikaldatum für viele europäische Höhensysteme und für das Vereinigte Europäische Nivellement-netz (>REUN) dient und der Höhenfestpunkt Wallenhorst, der als Vertikaldatum für das >DHHN92 verwendet wird und ebenfalls vom Amsterdamer Pegel abgeleitet wurde. Das Vertikaldatum legt i.a. auch die >Höhenbezugsfläche eines >Hö-hensystems fest. Dem Vertikaldatum wird i.a. ein Potentialwert W0 zugeordnet, der eine Äquipotentialfläche des Schwerepo-tentials definiert.

Vertikaler Schweregradient - Vertical gravity gradient >Schweregradient.

Vertikalkreis - Vertical circle Großkreis durch den Zenit eines Beobachters. Steht senkrecht auf der Horizontebene des Beobachters.

Very Long Baseline Interferometry - Very Long Baseline Interferometry >VLBI; >Radiointerferometrie.

Vierdimensionale Geodäsie - Four dimensional geodesy >Drei+Eindimensionale Geodäsie.

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Vignal-Höhe - Vignal height Eine nach Vignal benannte Variante der >Normalhöhe. Zuweilen wird sie aufgrund einer etwas anderen Interpretation auch den >orthometrischen Höhen zugeordnet. Man erhält sie, indem für den >Normalschweregradienten ein konstanter Wert eingesetzt wird. Die Vignal-Höhe ist eine in den meisten Fällen ausreichend genaue Näherung für die Normalhöhe.

VLBI (Radiointerferometrie mit langen Basen) - VLBI (Very Long Baseline Interferometry) >Radiointerferometrie.

VLBI-Korrelator - VLBI correlator Prozessor zur >Kreuzkorrelation von >VLBI-Datenströmen verschiedener >Radioteleskope, die in den meisten Fällen von Magnetbändern gelesen werden. Bei geodätischer Zielsetzung werden aus den Maxima der Kreuzkorrelationskoeffizienten die Laufzeitdifferenzen, bei astronomischer Zielsetzung Korrelationsamplitude und >Interferometer-Phase bestimmt.

Vollständig normierte Potentialkoeffizienten - Fully nomalized potential coefficients Die Potentialkoeffizienten als Faktoren der vollständig normierten >Kugelflächenfunktionen in einer >Kugelfunktionsent-wicklung des Gravitationspotentials können nach gewissen Gesichtspunkten normiert werden, um die Unterschiede in den Größenordnungen der numerischen Werte eines Satzes von Potentialkoeffizienten aus numerischen Gründen zu begrenzen. Die vollständig normierten Potentialkoeffizienten sind die übliche Form der Normierung der Kugelfunktionsentwicklung.

Vollständig normierten Kugelflächenfunktionen - Fully nomalized surface spherical harmonics Die Kugelflächenfunktionen in einer Reihenentwicklung des Gravitationspotentials nach Kugelfunktionen können nach gewissen Gesichtspunkten normiert werden, um die Unterschiede in den Größenordnungen der numerischen Werte des zuge-hörigen Satzes von Potentialkoeffizienten aus numerischen Gründen zu begrenzen. Die vollständig normierten Kugelflächen-funktionen in Kombination mit den >vollständig normierten Potentialkoeffizienten stellen die übliche Form der Darstellung des Gravitationspotentials dar.

Volltensor-Gradiometer - Full-tensor gradiometer >Gradiometer, das alle fünf verschiedenen Elemente des Gravitationstensors mißt.

WADGPS (Wide Area Differential GPS) - WADGPS (Wide Area Differential GPS) Durch Einbeziehung von Monitorstationen und Übertragung eines flächenhaften Korrekturmodells erweiterte Methode des >DGPS. Zur Datenübertragung werden dann Kommunikationssatelliten verwendet.

Wahre Anomalie - True anomaly Winkel des Radiusvektors vom Zentralkörper (Erde bzw. Sonne im Brennpunkt der Bahnellipse) zum umlaufenden Körper (Satelliten bzw. Planeten), gezählt mathematisch positiv vom Perizentrum aus. Die wahre Anomalie v dient als Winkelkoor-dinate neben dem Betrag des Radiusvektors zur Festlegung der Position eines Körpers (Satelliten bzw. Planeten) in seiner Bahn. Der Zusammenhang der wahren Anomalie mit der Zeit wird über die >exzentrische Anomalie E in der Kepler-Gleichung hergestellt.

Wahre Ortssternzeit - Apparent local siderial time >Scheinbare Sternzeit des aktuellen Ortes.

Wahre Ortszeit - Apparent time >Scheinbare Ortszeit.

Wahre Sonnenzeit - True solar time (true solar hour) Temps solaire vrai (heure solaire vraie)

Scheinbare Sonnenzeit - Wahre Sternzeit >Scheinbare Sternzeit.

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Wahrer erdfester Bezugsrahmen - True terrestrial reference frame Zwischenstufe bei der >Transformation zwischen raumfesten und erdfesten Bezugsrahmen. Der wahre erdfeste Bezugsrah-men unterscheidet sich vom >wahren raumfesten Bezugsrahmen durch die tägliche Drehung der Erde.

Wahrer raumfester Äquator - True celestial equator >Äquator des >wahren raumfesten Bezugsrahmens.

Wahrer raumfester Bezugsrahmen - True celestial reference frame Zwischenstufe bei der >Transformation zwischen raumfesten und erdfesten Bezugsrahmen. Der wahre raumfeste Bezugs-rahmen unterscheidet sich vom mittleren raumfesten Bezugsrahmen durch die Effekte der Präzession-Nutation seit der Epo-che des mittleren raumfesten Bezugsrahmens.

Wahrer raumfester Ephemeridenpol - True Celestial Ephemeris Pole (CEP) >CEP; >CIP.

Wasserdampfradiometer - Water vapour radiometer Passiver Sensor zur Bestimmung des Wasserdampfes und des flüssigen Wassers entlang eines Zielstrahls von der Erdoberflä-che aus durch die Atmosphäre. Empfangen wird die Strahlung der H2O-Moleküle bei ca. 21 und 31,4 Ghz innerhalb einer Richtkeule von ca. 3 - 6°. Neben meteorologischen Untersuchungen werden Wasserdampfradiometer auch für die Bestim-mung von >Refraktionseffekten bei hochgenauen weltraumgeodätischen Messaufgaben z.B. mit >GPS oder >VLBI einge-setzt.

Wasserstoffmaser >Atomuhr mit hochgenauer Periodenkonstanz (Frequenz 1,420 405 751 Ghz), die sowohl lang-, als auch kurzfristig im Ge-nauigkeitsrahmen von 10-14 bleibt. Wie auch die >Caesiumuhr dient der Wasserstoffmaser als Primärstandard.

Wellenhöhe - Wave height Vertikaler Abstand zwischen Wellenberg und Wellental.

Weltlinie - World line Darstellung der Bewegung eines Punktes, etwa des Massenzentrums eines Planeten, Satelliten oder Lichtteilchens in der Einsteinschen Raumzeit. Die Punktdynamik wird hier durch eine Kurve, die Weltlinie, dargestellt.

Weltzeit - Universal time >UT.

Wendekreis - Tropic Jeder der beiden Breitenkreise, deren Äquatorabstand gleich der Schiefe der Ekliptik ist.

Westpunkt - West point Der westliche Schnittpunkt des Himmelsäquators mit dem scheinbaren Horizont.

WGS72 (World Geodetic System 1972) Weltweites Geodätisches System 1972, >World Geodetic System.

WGS84 (World Geodetic System 1984) Weltweites Geodätisches System 1984, >World Geodetic System.

Windung (Torsion) - Torsion Der Quotient aus dem Winkel zwischen zwei differentiell benachbarten Binormalen einer Kurve und der Länge des den

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beiden Binormalen zugeordneten Bogenelements der Kurve.

WLRS (Wettzell Laser Ranging System) Laserentfernungsmeßsystem der Fundamentalstation Wettzell, das sowohl Entfernungsmessungen zu Satelliten (>SLR) als auch Entfernungsmessungen zum Mond (>LLR) erlaubt.

Woche - Week Willkürliche Periode von Tagen, üblicherweise sieben Tage; ungefähr gleich der Zahl der Tage zwischen den vier Phasen des Mondes.

World Geodetic System (WGS) Weltweites Geodätisches System. International vereinbartes konsistentes geodätisches Bezugssystem. Es enthält neben den Parametern des Normalfeldes wie sie für die >Geodätischen Referenzsysteme vereinbart sind, einen Satz von >Potentialkoef-fizienten der Erde sowie wohldefinierte Fundamentalkonstanten, wie Parameter zur Beschreibung der >Rotation der Erde, die Lichtgeschwindigkeit und weitere wichtige Konstanten. Das WGS wird von Zeit zu Zeit den neuesten Meßergebnissen ange-paßt. Beispiele sind das WGS72 und das WGS84. Das WGS84 basiert beispielsweise auf einer >Kugelfunktionsentwichlung des Gravitationspotentials vollständig bis zum Grad 180. Die in den letzten Jahren international >vereinbarten erdfesten Bezugsrahmen (International Terrestrial Reference Frame - ITRF)repräsentieren aber eine höhere Genauigkeit als das WGS84.

Zeit - Time 1) unabhängiger Parameter (meist mit t bezeichnet) von Bewegungsgleichungen. 2) zu den drei Raumkoordinaten gleichberechtigte weitere Koordinate zur Fixierung von Ereignissen im vierdimensionalen Raum-Zeit-Gefüge. 3) Interpretation eines Bewegungsablaufs durch Vergleich mit einem bereits standardisierten Bewegungsablauf.

Zeitbestimmung - Time determination Ermittlung des momentanen Fehlers der Zeitangabe einer >Uhr mit Hilfe geeigneter Sternbeobachtungen.

Zeitdienst - Conservation of time (time service) Gesamtheit aller Arbeiten, die mit Zeitbestimmung und Zeitvergleich zusammenhängen.

Zeitgleichung - Equation of time >Wahre minus >mittlere Sonnenzeit, resultiert aus der leicht elliptischen Umlaufbahn der Erde um die Sonne. Variiert zwi-schen +17 Minuten (Anfang November) und -14 Minuten (Anfang Februar).

Zeitmass - Measure of time Geeignete Dauer eines wiederkehrenden Vorgangs als Messgrundlage für einen zu untersuchenden Vorgang.

Zeitmessung - Time measurement Zählung der Perioden wiederkehrender Vorgänge.

Zeitnormal - Time normal Hochpräziser Generator für periodisch wiederkehrende Ereignisse, heutzutage durch >Atomuhren realisiert.

Zeitskala - Time scale Festlegung des Beginns einer >Zeitmessung sowie des verwendeten >Zeitmasses. Gebräuchliche Zeitskalen sind >UTC, >UT1, >TAI und >TT bzw. >TDB oder TB. Dynamische Zeitskalen weichen von den korrespondierenden Koordinaten-Zeitskalen säkular ab. Die Variation TT-TB bleibt periodisch (< 1.7 ms). Am 1. Januar 1977 um 0 Uhr TAI stimmen verein-barungsgemäss die Koordinaten-Zeitskalen mit der dynamischen Zeitskala TT überein. Das Zeitmass ist einheitlich die >SI-Sekunde. Der Unterschied TT-TAI wurde für den 1.1.1977, 0 Uhr TAI zu 32,184 s festgelegt.

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Zeitvergleich - Time comparison Die Messung oder Schätzung des momentanen Unterschiedes der Zeitangaben zweier Uhren.

Zeitzeichen - Time signal (radio time signal, wireless time signal) Durch Radiowellen verbreitete Signale zu vollen Stunden, Minuten und Sekunden der mittleren Zeit von Greenwich oder irgendeiner >Zonenzeit, deren Korrektionen gegenüber den Nominalwerten so klein wie möglich gehalten werden.

Zeitzone - Time zone Normalerweise hätte jeder Ort seine eigene Zeit. Um dem dadurch entstehenden Wirrwar von Zeitangaben zu entgehen, wurden 24 Zeitzonen eingeführt. Alle 15 Längengrade beginnt im Mittel eine neue Zeitzone, deren Zeitskala um eine Stunde verschoben ist. Wegen politischer Grenzen wird diese Regel allerdings oft modifiziert angewendet.

Zenit - Zenith Schnittpunkt der Lotrichtung mit der Himmelskugel; >Astronomischer Zenit; >Ellipsoidischer Zenit; >Geodätischer Zenit.

Zenitdistanz - Zenith distance Ergänzung des Höhenwinkels zu neunzig Grad.

Zenitrefraktion - Zenithal refraction Die durch eine anomale Dichteverteilung in der Atmosphäre hervorgerufene Ablenkung der zirkumzenitalen Lichtstrahlen; >astronomische Refraktion.

Zentraleuropäisches Netz (ZEN) - Central European Network >ED50.

Zentralmeridian - Central maridian >Hauptmeridian; >UTM-Koordinaten; >Gauss-Krüger-Koordinaten.

Zentralpunkt (Fundamentalpunkt) - Initial point (point of origin) Ausgangspunkt für die Berechnung geodätischer Koordinaten auf einem Bezugsellipsoid.

Zentrifugalkraft (Fliehkraft) - Zentrifugal force Trägheitskraft (Scheinkraft), die in einem rotierenden Bezugssystem wirkt; die Zentrifugalkraft wirkt beispielsweise in Punk-ten der Erde zufolge ihrer Rotation, die nicht auf der Rotationsachse liegen. Die >Schwerkraft setzt sich aus der >Gravitati-onskraft und der Zentrifugalkraft zusammen. Für die Zentrifugalkraft existiert ein Potential, das >Zentrifugalpotential.

Zentrifugalpotential - Zentrifugal potential Das Zentrifugalpotential Z der Erde ist eine skalare Feldfunktion, die sich aufgrund der >Rotation der Erde (Rotationsge-schwindigkeit w) ergibt und Bestandteil des >Schwerepotentials der Erde ist. Es ist nur vom Abstand p des betrachteten Punktes P von der Rotationsachse abhängig. Fällt die Rotationsachse mit der z-Achse eines dreidimensionalen, kartesischen Koordinatensystems zusammen, schreibt sich das Zentrifugalpotential als: Z=0.5 w2 p2.

Zinger-Methode - Zinger method >Astronomische Zeit- und Längenbestimmung.

Zirkummeridian - Circum-meridional Position eines Gestirns kurz vor oder nach der Kulmination, >astronomische Breitenbestimmung, >simultane astronomische Ortsbestimmung, >astronomische Zeit- und Längenbestimmung.

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Zirkummeridianzenitdistanz - Circum-meridional zenith distanc Zenitdistanz eines Gestirns kurz vor oder nach der Kulmination; >Zirkummeridian.

Zirkumpolar - Circumpolar Eigenschaft eines Sterns, im Lauf von 24 Stunden immer über dem Horizont eines Ortes mit der Breite B zu bleiben. Er kann also in oberer und unterer Kulmination beobachtet werden. Zirkumpolar ist ein Stern, wenn seine Deklination größer ist als das Komplement der Breite B.

Zirkumzenital - Circumzenithal Gestirn in der Umgebung des Zenits betreffend, >simultane astronomische Ortsbestimmung.

Zonenzeit Zeit innerhalb einer >Zeitzone.

Zweite Geodätische Hauptaufgabe - Inverse Geodetic Problem Randwertproblem der >Geodätischen Linie. Die zur >Ersten Geodätischen Hauptaufgabe inverse Aufgabe, aus gegebenen geodätischen Koordinaten B1,L1 und B2,L2 die Länge S der Geodätischen Linie zwischen P1 und P2 sowie deren Azimute A1, A2 abzuleiten.

Zwei+eindimensionale Geodäsie - Two+onedimensional geodesy Klassische Methode der Geodäsie, bei der die zwei Lagekoordinaten auf einer Bezugsfläche und eine zuzuordnende Höhen-koordinate nach unterschiedlichen Meßanordnungen getrennt voneinander bestimmt werden (>Höhe hat im Unterschied zur Lage meist auch eine physikalische Bedeutung).

Zodiaklicht - Zodiacal light Nebeliges Licht, im Osten vor der Dämmerung, im Westen nach der Dämmerung. Es hat Dreiecksform entlang der Ekliptik mit der Basis am Horizont und der Spitze in unterschiedlicher Höhe. Es kann am ausgeprägtesten in mittleren Breiten an Frühlingsabenden und an Herbstmorgen beobachtet werden.

Zonale Kugelflächenfunktionen - Zonal spherical harmonics Kugelflächenfunktionen, die nur von der Breite abhängen.

Zonale Potentialkoeffizienten - Zonal potential coefficients >Potentialkoeffizienten, die als Faktoren der >zonalen Kugelflächenfunktionen auftreten.

Zonennummer - Zone number >UTM-Koordinaten.

Zonenzeit (Normalzeit) - Legal time (standard time, zone time) Die innerhalb einer Zeitzone gesetzlich festgelegte Zeit. Sie unterscheidet sich von der mittleren Zeit von Greenwich (Welt-zeit) in der Regel um volle Stunden. Die Zonenzeit geht der Weltzeit für östlich von Greenwich gelegene Orte voraus.

Zugeordnete Legendresche Funktionen - Adjoint Legendre’s Functions >Legendresche Funktionen. Lösungen der >Legendreschen Differentialgleichung.

Zwei- + Eindimensionale Geodäsie - Two and one dimensional geodesy Variante der >geodätischen Modellbildung: Aufspaltung der dreidimensionalen Punktbestimmung in eine >zweidimensionale Lagebestimmung und eine eindimensionale >Höhenbestimmung. Beiden Festlegungen liegen im Allgemeinen unterschiedli-che >Bezugsflächen zugrunde, deren gegenseitige Lage nur verhältnismässig ungenau bekannt ist.

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Zweidimensionale Lagebestimmung Bestimmung der Koordinaten eines Punktes bzgl. Einer zweidimensionalen >Bezugsfläche (Ebene, Kugel, Ellipsoid); >Geo-dätische Modellbildung, >Koordinatensysteme.