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8/9/2019 Arbeit Medienpdagogik 29 08 Endfassung Berarbeitet
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Inhaltsverzeichnis
1. EinleitungDer Fokus dieser Seminararbeit soll auf die Medienerziehung und Mediensozialisation
in der Familie gerichtet werden. Mitunter ein Grund fr die Wahl dieses Themas ist die
Tatsache, dass in der Literatur hufig lediglich die schulische Medienpdagogik
thematisiert und die elterliche Beeinflussung des kindlichen Medienverhaltens dadurch
oft vernachlssigt wird. Wie auf den folgenden Seiten aufgezeigt werden soll, haben
jedoch gerade die Eltern einen sehr starken Einfluss auf den Umgang ihrer Kinder mit
den Medien.
Hufig sind die Eltern aber mit der Steuerung und Nutzung des Fernsehers, von
Computerspielen und auch immer mehr und immer frher von den Multimedia- und
Internetorientierungen ihrer Kinder berfordert (vgl. Burkhardt 2001: 17). Vielfach
verfgen sie selber nicht ber gengend Medienkompetenz, geschweige denn
medienpdagogische Kompetenz, um ihre Kinder ausreichend bei der Mediennutzung
untersttzen und beraten zu knnen. Oftmals ist den Eltern ihre Bedeutung im Rahmen
der kindlichen Medienerziehung und Mediensozialisation ebenso wenig bewusst, wie
ihre Rolle als Vorbilder fr das Medienverhalten der Kinder.
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Die Schwerpunkte dieser Seminararbeit sollen daher einerseits auf einer Abgrenzung
der familiren Medienerziehung von derjenigen in der Schule liegen und andererseits
darauf, in welchen Bereichen denn die offenbar vorliegenden Defizite bei der
elterlichen/familiren Medienerziehung und Mediensozialisation auszumachen sind.
Ausserdem sollen fr die zu erwartenden Problembereiche verschiedene
Lsungsanstze prsentiert werden. Folgende Fragestellungen sollen daher auf
Antworten hin untersucht werden:
Welche Unterschiede lassen sich zwischen der schulischen und der
elterlichen/familiren Praxis ausmachen?
In welchen Bereichen der familiren Medienerziehung und
Mediensozialisation lassen sich Defizite und Probleme aufzeigen?
Wie knnte/kann man diesen Problembereichen begegnen und allenfalls
Verbesserungen bewirken?
Einleitend soll zudem angemerkt werden, dass die folgenden Ausfhrungen
grsstenteils auf die audiovisuellen und die Neuen Medien beschrnkt bleiben werden,
da diese einerseits das grsste innerfamilire Konfliktpotenzial zu besitzen scheinen
und das Erlernen des Umgangs mit ihnen andererseits noch nicht in entsprechenden
Institutionen eingebettet zu sein scheint, wie dies etwa bei der Vermittlung von
Lesekompetenz der Fall ist.
Definitionen der zentralen Begriffe
Um die soeben gestellten Fragen berhaupt beantworten zu knnen, sollen in diesem
Abschnitt nun die relevanten Begriffsdefinitionen vorgenommen werden.
Einerseits soll in dieser Seminararbeit zwischen (Medien)Erziehung und
(Medien)Sozialisation unterschieden werden, ohne die beiden Begriffe vollstndig
voneinander loslsen zu wollen. Erziehung wird hierbei als klar auf intentionales,
geplantes und normativ orientiertes Handeln bezogen verstanden. Es liegen daher Ziele
und Normen vor, auch wenn diese nicht allzu eng festgelegt sein mssen (vgl. Gudjons
1997: 177ff.). Anders soll die Bedeutung des Sozialisationsbegriffs gehandhabt werden:
So umfasst der Begriff Sozialisation - nach Klaus Hurrelmann und Dieter Ulich - den
Prozess der Persnlichkeitsentwicklung im Wechselspiel von Subjekt,
gesellschaftlichen Institutionen und Gesamtgesellschaft (vgl. Hurrelmann/Ulich 1998:
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3). In Bezug auf die Medien kommen hier also auch die ausserschulischen
Bedingungen zum Tragen. Im Verlauf dieser Arbeit sollen sowohl medienerzieherische
als auch mediensozialisatorische Aspekte der elterlichen Mediensteuerung thematisiert
werden.
Die Zentralitt der beiden Begriffe Medienerziehung und Mediensozialisation bei
den folgenden Ausfhrungen soll damit begrndet werden, dass man die bewusste
Erziehung (auch im Umgang mit den Medien) oft Fachkrften wie Pdagogen und
Lehrern zuschreibt, whrend sozialisatorische Praktiken eher in der Familie beobachtet
werden. Wie im nchsten Kapitel aufgezeigt werden soll, fhrt dies jedoch zu
Konkurrenzverhltnissen zwischen Pdagogen und Eltern. In dieser Arbeit sollen
einerseits Vorschlge zur Schmlerung dieser Konflikte aufgezeigt werden und
andererseits Lsungswege, wie den Eltern hierfr medienerzieherische Fertigkeiten
vermittelt werden knnen.
Diese berlegungen fhren zwangslufig zu einem weiteren zentralen Begriff fr die
folgenden Kapitel, nmlich demjenigen der Medienkompetenz. Die eigene
Medienkompetenz der Eltern ist eine Grundvoraussetzung fr ihre medienpdagogische
Kompetenz und somit fr die Umsetzung medienerzieherischer und
mediensozialisatorischer Leitstze, also der Vermittlung von Medienkompetenz an die
Kinder. Das Verstndnis von Medienkompetenz soll im Folgenden von Dieter Baackes
Begriffsdefinition bestimmt werden, welcher Medienkompetenz mit vier Kategorien
operationalisierte: Als ersten Bereich nennt er die Fhigkeit zurMedienkritik, und zwar
auf analytischer, reflexiver und ethischer Ebene. Als zweite Kategorie fhrt er die
Medienkunde,also das Wissen ber heutige Medien und Mediensysteme, an; einerseits
auf einer informativen Dimension und andererseits auf einer instrumentell-
qualifikatorischen Dimension. Der dritte Pfeiler des Medienkompetenz-Begriffs lautet
Mediennutzung, welche rezeptiv anwendend, sowie interaktiv anbietend gelernt werden
muss. Der letzte Bereich ist derjenige der Mediengestaltung, unterteilt in innovative
(Vernderungen und Weiterentwicklungen des Mediensystems) und kreative (Betonung
sthetischer Varianten) Kompetenzen (vgl. Baacke 1997: 3f.).
Wie schon angetnt, sind alle diese Fhigkeiten und die daraus resultierende
Medienkompetenz nicht zuletzt auch fr Erzieher wichtig. Denn wie soll man gewisse
Fhigkeiten bei einem Kind als wnschenswert erachten, wenn der Erzieher diese
selber nicht besitzt? Medienerfahrungen werden ja durch die Eltern besttigt oderdifferenziert. Sie sind zugleich Vorbild und Regulativ fr den Medienumgang und den
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sinnvollen Gebrauch. Die mangelnde Medienkompetenz vieler Eltern und die stndig
steigende Belastung der Familien durch immer neue technische und inhaltliche mediale
Angebote begrndet die Intensivierung der medienpdagogischen Elternarbeit (vgl.
Schorb 1999: 404). So muss das Ziel eine familire Medienerziehung sein, welche
die Erziehung derFamilie ebenso einschliesst wie die Erziehung in derFamilie (vgl.
Burkhardt 2001: 67).
Um den Fokus berhaupt vollumfnglich auf die familire Medienerziehung und
Mediensozialisation richten zu knnen, muss zunchst die Frage nher diskutiert
werden, wieso denn das schon angesprochene Konkurrenzverhltnis zwischen
elterlicher und schulischer Medienpdagogik besteht. Erst wenn man die Eigenheiten
dieser beiden Einflussgrssen1 auf die kindliche Mediennutzung kennt, kann man
eruieren, wo man in der familialen Medienerziehung und Mediensozialisation ansetzen
muss, um Verbesserungen in den im Rahmen dieser Seminararbeit noch zu
diskutierenden Problemfeldern bewirken zu knnen.
2. Abgrenzung der schulischen Medienpdagogik von derjenigen in
der Familie
Die Medienerziehung im Kindergarten und in der Schule beginnt ja erst, wenn die
Medienbiographie des Kindes schon relativ fortgeschritten ist und seine Mediennutzung
bereits mancherlei Prgung erfahren hat. Dass die Familie die erste und wahrscheinlich
einflussreichste Instanz fr Medienerziehung und Mediensozialisation darstellt, ist
daher nicht zu bezweifeln (vgl. Burkhardt 2001: 18). Die Eltern haben schon viel frher
Zugang zum Medienverhalten ihrer Kinder als die Lehrkrfte. Auch sind Kindergarten
und Schule rumlich und atmosphrisch sehr viel weiter entfernt von medialen
Tatorten wie TV und Computer. Die Eltern knnen daher als prdestinierte Agenten
fr die Steuerung der kindlichen Mediennutzung angesehen werden. Gerade im
Kindesalter findet der Medienkonsum ja vorwiegend zuhause statt. Der Stellenwert der
Eltern im Rahmen der Medienerziehung und Mediensozialisation von Kindern kann
daher gar nicht hoch genug eingeschtzt werden (vgl. Burkhardt 2001: 47).
Nach Ulrich Oevermann kann die naturwchsige sozialisatorische Praxis in der Familie
jedoch systematisch vom pdagogischen Handeln im Rahmen des Lehrerberufes
1 Natrlich haben auch die Peers, Geschwister und etliche weitere Umweltbedingungen einen Einfluss
auf das kindliche Medienverhalten. Diese beeinflussen jedoch - anders als Erziehungsberechtigte - eherunbewusst das Verhalten des Kindes. Gerade in Fragen der Medienerziehungsoll in dieser Arbeit derFokus daher auf den Eltern und der Schule liegen; Medienpdagogische Interventionen lassen sich hieram besten umsetzen.
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unterschieden werden, da letzteres gezielt und bewusst auf eine Erziehung und Bildung
ausserhalb der elterlichen Praxis angelegt ist. Der Autor findet zudem, dass die Eltern
als typische Vertreter dieser naturwchsigen Sozialisationspraxis ihre partielle
Nichtzustndigkeit einzusehen, und Teile ihrer sozialisatorischen Autoritt abzugeben
htten (vgl. Oevermann 1996: 141).
Zwischen der ffentlichen Erziehung und dem Anspruch auf eine familire
Erziehungsautonomie herrscht also ein Widerspruch, welcher zu einer stndigen
Konkurrenzsituation zwischen Pdagogen und Eltern fhrt, die sich nicht selten in
Konflikten entldt. Nach Wolfgang Burkhardt sollte dieser Widerspruch durch die
Verringerung des Kompetenzgeflles zwischen Pdagogen und Eltern beseitigt werden
(vgl. Burkhardt 2001: 371). Gerade weil die Eltern schon viel frher Zugang zum
Medienverhalten ihrer Kinder haben, soll die Argumentation dieser Arbeit in die
Richtung von Burkhardts Vorschlgen gehen und die eher resignative
Autonomieabgabe der Eltern an die Fachkrfte, wie sie Oevermann proklamiert, nicht
als Ziel betrachtet werden. Die Medienerziehung sollte eine Gemeinschaftsaufgabe von
Elternhaus und externen Bildungsinstitutionen sein (vgl. Burkhardt 2001: 19). In den
folgenden Kapiteln soll gezeigt werden, dass elterliche Medienerziehung nicht
ausschliesslich sozialisatorisch vor sich gehen muss, sondern sehr wohl auch bewusst,
reflektiert und zielgerichtet funktionieren kann und immer mehr auch muss. Von einer
gefrderten Medienkompetenz bei einzuschulenden Kinder profitieren nicht zuletzt
auch die Kindergrten und Schulen.
Um jedoch berhaupt wissen zu knnen, welche medienpdagogischen Kompetenzen
man den Eltern vermitteln sollte und wie man dies vollziehen knnte, muss zuerst
errtert werden, in welchen Bereichen etwaige Defizite auszumachen sind.
3. Defizite in der elterlichen Medienerziehung und Mediensozialisation
Es herrscht weitgehend bereinstimmung darber, dass viele Eltern der medialen
Entwicklung nur bedingt gewachsen sind. Daher sollen in diesem Kapitel die
schwerwiegendsten Defizite in der familiren Medienpdagogik aufgezeigt werden.
Viele Eltern wissen nicht, dass neben der Fhigkeit zur Selektion von Medienangeboten
auch der Umgang mit den ausgewhlten Medienangeboten gelernt werden muss und
dass sich auch als kindergerecht prsentierte Medienprodukte nicht immer ohne
elterliche Begleitung verarbeiten lassen (vgl. Burkhardt 2001: 20). Um den kindlichenMedienkonsum zu begrenzen, wird meistens die Dauer oder die Tageszeit fr die
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Zuwendung zum Fernsehgert festgelegt. Seltener werden auch inhaltliche Grenzen
gesetzt, indem bestimmte Sendungen aus dem erlaubten Repertoire ausgeschlossen
werden. Die meisten Eltern empfehlen ihren Kindern jedoch keine Sendungen oder
beschrnken den Fernsehkonsum nicht auf wenig problematische Beitrge (vgl.
Burkhardt 2001: 54).
Zudem ist gerade bei Eltern, die meist private Programme sehen, die Diffusion
zwischen erwachsenen und kindlichen Sehinteressen auffllig. Man findet dies hufig
bei bildungsmssig unterprivilegierten Familien, wo die Kinder ungnstige
Fernsehroutinen von den Eltern bernehmen. Dieser soziokonomische Aspekt soll im
nchsten Kapitel nochmals aufgegriffen werden.
Ein weiteres Problem kann auch der Besitz eines eigenen Fernsehgerts im
Kinderzimmer sein. Vor allem Einzelkinder werden dadurch frhzeitig autonom und
knnen unkontrolliert fernsehen. Allgemein kann gesagt werden, dass, je wahlloser in
einer Familie ferngesehen wird, die Wahrscheinlichkeit desto grsser ist, dass Kinder
Ungeeignetes (mit)sehen (vgl. Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 266f.). Wenn das
Ende des Fernsehens mit der Zeit des Zubettgehens bereinstimmt, ist zudem zu
bedenken, dass die letzten Eindrcke vor dem Einschlafen vom Fernseher ausgehen.2
Bezglich des Computers gelten hingegen in vielen Familien andere
medienerzieherische Vorgaben als beim Fernseher. Die ernsthaften Beschftigungen,
im Sinne von Informationsbeschaffung und Lernen, werden kaum durch Restriktionen
eingeschrnkt und sogar begrsst. Dient der PC jedoch Unterhaltungsbedrfnissen, ist
die Computerbeschftigung vielen Eltern ebenso suspekt wie das Einschalten des
Fernsehgerts (vgl. Burkhardt 2001: 367). Die Eltern befinden sich daher in einem
Spannungsfeld zwischen erwnschter, fr das sptere Berufsleben ntzlicher
Kompetenzaneignung durch die Kinder einerseits und den vermuteten schdlichen
Wirkungen andererseits (vgl. Vollbrecht 2001: 86). So betreffen auch nach Hans
Rudolf Leu Regelungen des Inhaltes nur Computerspiele, obwohl die Eltern
keineswegs einen berblick ber alle vorhandenen Spiele haben. Im Vergleich zum
Fernsehen deutet sich insgesamt ein noch grsseres Gewhrenlassen bezglich der
Zuwendung zum Computer an (vgl. Leu 1993: 48). Diese im Jahre 1993 gemachten
Ausfhrungen von Leu drften mehr als 10 Jahre spter eine noch strkere Geltung
haben als damals. In Zeiten von Online-Games, Ego-Shootern und Internet-
2 Bedenklich ist auch, wenn ein berhastet ins Bett geschicktes Kind wenig spter die Eltern beimFernsehen berrascht und sich dadurch vernachlssigt und ungeliebt fhlt. Der von ihnen bevorzugteFernseher gewinnt an Reiz (vgl. Eicke 1998: 29).
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Rollenspielen knnen weder Eltern noch Kinder die ungemeine Flle an
Spielangeboten berschauen oder kontrollieren.
Bettina Hurrelmann spricht ausserdem von einer berfunktionalisierung des
Fernsehens fr das Familiensystem (Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 268) in
vielen Familien. Je nach Familienvoraussetzungen kann das Medium fr die
Beziehungsgestaltung in der Familie unersetzlich werden, da es in der Lage ist,
Bindungen zu stabilisieren, Beziehungsprobleme zu kompensieren und Konflikte unter
den Familienmitgliedern zu entschrfen (Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 268).
Diese beziehungsgestaltenden Funktionen des Fernsehens knnen fr die
Familiendynamik gefhrlich werden, falls sie ber bestehende Spannungen
hinwegtuschen, Konflikte lediglich verlagern und entwicklungsnotwendige
Vernderungen des Familiensystems verhindern. Eine Fernseherziehung der Kinder ist
in einer solchen Situation kaum noch mglich, da das Medium soziale Funktionen an
sich bindet, auf welche wegen der Brchigkeit der Familienkonstellation nicht
verzichtet werden darf (vgl. Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 268).
Zudem stellt Hurrelmann auf der Basis einer Befragung fest, dass die Mtter in viel
strkerem Masse fr die Fernseherziehung ihrer Kinder zustndig sind als die Vter und
dadurch auch viel besser ber das kindliche Fernsehverhalten informiert sind. Wenn die
Mtter jedoch (vollzeit-)erwerbsttig sind, sehen ihre Kinder hufig Sendungen, die
ihre Mtter nicht zu benennen wissen (vgl. Hurrelmann 1996: 72).
Allgemein ist bei alleinstehenden, bei schichtarbeitenden Eltern oder dort, wo beide
Eltern berufsttig sind, nur selten davon auszugehen, dass sie ihren Kindern einen
entspannten Umgang mit dem Fernsehen vorleben. Viel eher ist anzunehmen, dass das
Fernsehen zum Beispiel als Disziplinierungsmittel eingesetzt wird und dass eine
diskursive oder kognitive Verarbeitung des Gesehenen eher die Ausnahme darstellt
(vgl. Jud-Krepper 1997: 93). Die Erwerbsttigkeit der Eltern korrespondiert in starkem
Masse mit ihrer Kenntnis oder Unkenntnis ber das Fernsehverhalten ihrer Kinder (vgl.
Burkhardt 2001: 54).
So sind fr das Ausmass der Defizite bei der elterlichen Mediensteuerung die
Familienform und der soziokonomische Hintergrund in grossem Masse
mitbestimmend. Diese beiden Pfeiler bestimmen die jeweiligen Medienerziehungsstile
weitgehend. Auf diese Aspekte soll im nchsten Kapitel eingegangen werden.
4. Verschiedene Familienformen und Medienerziehungstypen
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Zwei-Eltern-Familien mit einem Kind
Die Eltern dieses Typus geben sich gegenber dem Fernsehkonsum ihres
Kindes aufgeschlossen und erziehungssicher. In diesen Familien kennen die
Erziehenden Art und Umfang der Fernsehnutzung ihres Kindes besser als
andere Eltern, und die Vter bernehmen hufiger als in anderen
Familientypen Aufgaben der Fernseherziehung.
Zwei-Eltern-Familien mit zwei Kindern
In dieser Familienform wird seltener als in anderen Familien gemeinsam
ferngesehen. Vielmehr bilden sich vor dem Fernsehgert Untergruppen,
die Kinder sehen berdurchschnittlich hufig ohne elterliche Aufsicht fern,
sei dies alleine, oder aber mit dem Bruder oder der Schwester. Aus
Rcksicht auf das jngere Kind wird das Fernsehen am Abend deutlicher
begrenzt als in den meisten anderen Familien. Gesprche ber die Nutzung
werden zwar gefhrt, jedoch nicht mit derselben Nachdrcklichkeit, wie das
in den Ein-Kind-Familien der Fall ist. Oft ist auch der Bruder/die
Schwester Partner(in) solcher fernsehbezogener Gesprche.
Zwei-Eltern-Familien mit mehr als zwei Kindern
Hier sehen die Eltern das Fernsehen oft pauschal als problematisch oder
schdlich. Diese Eltern sind zudem weniger als andere ber die
Fernsehvorlieben und -nutzungsmuster des einzelnen Kindes informiert: Das
Fernsehgert luft, die Zusammensetzung der kindlichen Runde wechselt
immer wieder. Dies erklrt dann auch, dass Eltern dieses Typus seltener als
andere das Fernsehen zum Gesprchsthema machen (vgl.
Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 163ff.).
Zusammenfassend sieht Hurrelmann die Ein-Kind-Familien als an die modernen
Familienentwicklungen am meisten angepasst und mit ihrer hohen, die
Generationsgrenzern teilweise auflsenden Medienakzeptanz, weniger problematisch
als andere Familientypen. Auch in Familien mit zwei Kindern kommt man nach
Hurrelmanns Ergebnissen im Grossen und Ganzen mit dem Fernsehen zurecht (vgl.
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Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 259f.). Grund hierfr ist oftmals die
wirtschaftliche Lage, welche in diesen Familienformen meistens weniger prekr ist als
in den anderen Typen. So geht die Distanz von Kindern aus bildungsmssig und sozial
begnstigten Familien gegenber dem Fernseher mit dem entsprechenden elterlichen
Vorbild und dem Angebot zahlreicher anderer kultureller oder sonstiger
(Freizeit-)Angebote einher (vgl. Burkhardt 2001: 61).
Eine hhere Anflligkeit fr Probleme mit dem Fernsehen zeigen hingegen die
kinderreichen Familien und jene der Alleinerziehenden. Als Grnde hierfr knnen bei
beiden Familientypen die knappen Ressourcen genannt werden. Will heissen: Den
Kindern Alternativen zum Fernsehen zu erffnen kostet hufig Geld, braucht
Wohnraum und Bewegungsfreiheit, oder erfordert besondere Initiativen und
Kompetenzen von Seiten der Eltern (vgl. Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 261).
Wie im vorigen Kapitel schon diskutiert, hat das Fernsehen in Familien aus einem
benachteiligten soziokonomischen Milieu spezifische Funktionswerte, zum Beispiel
als Lckenfller fr Langeweile und Interaktionsleere, oder als einzig mgliche
Freizeitattraktion. Entsprechend zurckhaltender fallen in einem solchen Umfeld die
Restriktionen aus (vgl. Burkhardt 2001: 61). Zudem schlgt sich die niedrige Bildung
der Eltern bei beiden Familienformen hufig in einem besonders hohen Fernsehkonsum
nieder, viel strker als bei den Ein-Kind- und Zwei-Kind-Familien (vgl.
Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 261).
Gerade den Ein-Eltern-Familien und den kinderreichen Familien muss seitens der
Medienpdagogik offensichtlich besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, da in
diesen Familienformen oft Ressourcenknappheiten verschiedenster Art auszumachen
sind.
5. Anstze fr ein medienpdagogisch kompetentes Verhalten der
Eltern
Wie im vorangehenden Kapitel aufgezeigt wurde, gibt es etliche verschiedene
Familienformen und Medienerziehungsstile. Es hat sich herauskristallisiert, dass in
unterschiedlichen Familienformen die Probleme mit dem Medienumgang verschieden
gross sind. Daher mssen medienpdagogische Hilfestellungen die Eltern dort
abholen, wo sie sich befinden, je nach Familiensituation. Ansonsten luft man mit
Interventionsversuchen Gefahr, an der Realitt der Familien vorbeizugehen (vgl.
Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 265).
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Nachfolgend sollen nun einige Merkpunkte aufgefhrt werden, welche man im Rahmen
der medienbezogenen Elternbildung an die Erziehungsberechtigten berbringen sollte.
Im zweiten Punkt dieses fnften Kapitels sollen dann verschiedene Broschren und
Elternratgeber vorgestellt werden, um danach in einem dritten Punkt auf die
Vermittlung von medienerzieherischen Tipps an die Eltern und die dabei womglich
auftretenden Probleme einzugehen.
Nach Bettina Hurrelmann sollten sich die Eltern bewusst mit der Rolle des Fernsehens
in der Organisation ihres Alltags auseinandersetzen: Lassen sich fernsehfreie Zeiten
einfhren? Knnte man Lcken im Tagesablauf der Kinder anders ausfllen als mit
Fernsehen? Was bezweckt man als Eltern mit einem Fernseher im Kinderzimmer? Was
verndert sich dadurch in der Familie? Hierzu empfiehlt die Autorin einen Verzicht,
wenn das Kind zum Dauersehen neigt und natrlich dann, wenn die Eltern ohnehin eine
geringe Erziehungssicherheit in Bezug auf den Fernsehgebrauch ihrer Kinder besitzen.
Eltern sollten ihre Kinder bei der Verarbeitung von Fernsehangeboten zudem
beobachten, da diese individuell und in ihren emotionalen Folgen abhngig von den
entwicklungsspezifischen Themen des einzelnen Kindes ist. Die Eltern sind daher auch
hier die kompetentesten Helfer. Gerade in grossen Familien gilt es, problematische
gruppendynamische Prozesse zwischen den Kindern wahrzunehmen. Hier wre es oft
angebracht, die Vter strker in die Pflicht zu nehmen, da diese, wie im dritten Kapitel
schon aufgezeigt, fr die Fernseherziehung bisher weniger Verantwortung bernahmen
als die Mtter (vgl. Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 267ff.).
Urban Zehnder formulierte im Jahr 1988 folgende Merkpunkte im Umgang mit dem
Fernsehen, welche trotz der mittlerweile verstrichenen Zeit immer noch von grosser
Bedeutung sind:
Die Eltern sind Vorbilder
Zum Fernsehen gehrt eine Programmzeitschrift
Kinder unter 5 Jahren sollten nicht fernsehen
Fernsehen soll kein Erziehungsmittel sein3
Wichtiger als das Wieviel ist das Was; noch wichtiger ist das Warum
Gemeinsam fernsehen kann Geborgenheit vermitteln
ber das Fernseherlebnis reden hilft, es zu verarbeiten
3 Eine gute Tat mit Fernsehen zu belohnen wre kontraproduktiv: Ein Kind muss erfahren, dass auchTV-Vorschriften zu den normalen Spielregeln gehren (vgl. Eicke 1998: 30).
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Zwischen Fernsehen und Schlafen braucht es eine Pause
Der Standort des Fernsehgerts will gut berlegt sein
Beim Essen strt das Fernsehen
Der Fernseher ist kein Babysitter Video macht zeitunabhngig (vgl. Zehnder 1988)
Viele der genannten Merkpunkte lassen sich ohne weiteres auf andere mediale
Ttigkeiten, wie zum Beispiel die Nutzung des Computers oder den Gebrauch von
Spielkonsolen bertragen. So drfen auch diese Medien nicht zum Erziehungsmittel
werden. Zudem braucht es auch zwischen Videospielkonsum und Zubettgehen eine
gewisse Zeit, um die Eindrcke verarbeiten zu knnen. Ausserdem fhrt auch ein imKinderzimmer jederzeit zur freien Verfgung stehender PC oftmals zu innerfamiliren
Konflikten, wenn die Eltern dessen Nutzung versuchen zu regulieren.
Myrtek und Scharff warnen jedoch vor einer zu restriktiven Kontrolle der kindlichen
Medienentwicklung und weisen darauf hin, dass man heutzutage unmglich das
Fernsehen gnzlich verbieten knne, da sich die Kinder dadurch gegenber den
Gleichaltrigen benachteiligt fhlen wrden. Das Fernsehen als Babysitter oder im
Kinderzimmer, so finden auch diese beiden Autoren, zeuge jedoch fr die
Verantwortungslosigkeit der Eltern. Es wird daher auch hier fr eine sinnvolle Auswahl
des Programms und eine Beschrnkung des Fernsehkonsums pldiert (vgl.
Myrtek/Scharff 2000: 144ff.). Daher muss nicht jedes Fernsehprogramm oder
Computerspiel auf Lernen und Bildung ausgerichtet werden, sondern darf den
Heranwachsenden auch einfach Spass machen - so wie die Erwachsenen sich das ja
auch zugestehen (vgl. Lange 2000: 53). So sollte die Frderung der Freizeitkompetenz
von Familien, zu welcher auch ein aktiver Fernsehgebrauch gehrt, das Ziel
pdagogischer Interventionen zu diesem Problembereich sein (vgl.
Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 270).
Eine Mglichkeit zur Umsetzung der soeben diskutierten Anstze sieht Wolfgang
Burkhardt in der Institutionalisierung von Eltern-Kind-Kontakten, welche durch
folgende Punkte erfolgen kann:
Die Strkung der Elternposition durch die vermehrte Interaktion innerhalb
der Familie (aber auch mit anderen Familien, in Erwartung des Entstehens
informeller sozialer Netzwerke).
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Die Institutionalisierung bzw. Ritualisierung von Gesprchen ber
Medienereignisse, welche nicht dem Zufall berlassen werden, sondern analog zur
Tages- und Wochenstrukturierung stattfinden.
Die Betonung kommunikativ-interaktiver Momente: Die Medienereignissewerden nach der Rezeption reflektiert und im Eltern-Kind-Dialog diskutiert.
Die Betonung aktiv-produzierender Momente: Die Eltern stellen
Medienereignisse mit ihren Kindern selber her (z.B. Hrspiele, Videosequenzen,
Lokalzeitung usw.).
Die Betonung des Novittsaspektes, des Abenteuer- und des
berraschungseffektes: Eltern und Kinder erkunden gemeinsam neue Terrains
(Was leistet ein neues Medium? Wo sind seine sthetischen Reize? Wo sind die
Mngel?).
Die thematische Fokussierung anstelle des Aufgreifens zuflliger Impulse
nach dem Reiz-Reaktions-Schema.
Als Grundvoraussetzungen fr die Effizienz dieser Eltern-Kind-Interaktionen nennt
Burkhardt zunchst die Notwendigkeit des Anknpfens an die geistige Landschaft des
Kindes: Das Vorleben von Werten, anstelle von ausschliesslicher Informations- und
Wissensvermittlung. Die Kommunikation sollte dabei nicht eingleisig vor sich gehen,
sondern Feedback-Mglichkeiten bereithalten (vgl. Burkhardt 2001: 351f.). So sollten
die Eltern nach einer rezipierten Sendung nicht belehren oder ein Gesprch erzwingen,
dem Kind jedoch aufmerksam zuhren, da dessen usserungen wichtige Signale sein
knnen (vgl. Eicke 1998: 29).
5.1 Broschren und andere Elternratgeber
Nun mssen die im vorangehenden Abschnitt diskutierten Merkpunkte natrlich auch
entsprechend an die Eltern berbracht werden, was zum Beispiel durch das Verteilen
von Broschren an Elternabenden geschehen kann. Diese Ratgeber informieren die
Eltern ber verschiedene Medien und deren Nutzung. Zudem knnen die
Erziehungsberechtigten darin medienerzieherische Tipps im Umgang mit dem
Medienverhalten des Kindes finden. An dieser Stelle ist die Broschre FLIMMO 4
ganz besonders hervorzuheben. Zu verdanken hat FLIMMO diese Sonderstellung
einerseits der Tatsache, dass es den Charakter einer Programmzeitschrift hat und
4 Flimmo Online: http://www.flimmo.de
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andererseits seiner besonderen Nhe zu den Medienkonsumenten. Dies kommt nicht
nur durch das Abonnement fr Eltern zum Ausdruck, sondern auch durch die kostenlos
ausgelegten Broschren in Medienmrkten. Das Beratungsangebot von FLIMMO
bezieht sich auf Sendungen, die 3- bis 13-Jhrige gerne sehen - und dies sind natrlich
nicht nur Kindersendungen. Das Besondere dabei ist, dass bewusst auf eine
Kategorisierung der Sendung in gut oder schlecht verzichtet wird. Anstelle der
Ausbung von Programmkritik, werden die Fernsehvorlieben der Kinder ernst
genommen und die Programme aus ihrer Sicht betrachtet. Vor diesem Hintergrund
werden die Sendungen verschiedenen Rubriken zugeordnet, die deutlich machen, was
Kinder bedenkenlos sehen knnen und was ihnen Probleme bereitet und schwer
verdaulich ist (vgl. Burkhardt 2001: 170f.). Natrlich gibt es noch eine grosse Anzahl
weiterer Broschren zu diesem Thema, welche an dieser Stelle des Platzmangels wegen
nicht alle aufgefhrt und beschrieben werden knnen.5
Ratgeber zu Internet, Computer und Multimedia sind ebenfalls vorhanden. Als Beispiel
soll hier das Buch Kids, Bits & Bytes genannt werden, welches sich damit
auseinandersetzt, inwieweit der Computer ein geeignetes Spielzeug fr Kinder darstellt,
welche Spiele zu empfehlen, welche eher abzulehnen sind und welche Rolle die Eltern
im Prozess der Medienerziehung spielen. Zudem werden die Eltern nach ihrer eigenen
Medienkompetenz befragt (vgl. Lerchenmller/Hilse 1998: 7).
Des Weiteren findet man auch im Internet unzhlige Portale und Foren fr Eltern,
welche, neben allgemeiner Elternberatung zu Erziehung und Entwicklung von Kindern,
auch die Medienerziehung und Programmempfehlungen fr Familien beinhalten.
Aufgrund der zahlreichen Publikationen zu diesem Thema, sollen die eben aufgefhrten
Angebote fr die Eltern lediglich als Einblick in die thematischen Schwerpunkte
solcher Ratgeber gelten und keineswegs als reprsentativ fr alle Erscheinungen zu
dieser Materie gesehen werden. Auf die zahlreichen Bcher, CD-Roms und
Zeitschriften kann im Umfang dieser Arbeit aus Platzgrnden nicht nher eingegangen
werden. Die Ratgeberliteratur lsst jedoch inhaltliche Kongruenzen erkennen: Durch
die Beschreibung des Familienalltags als Medienalltag will sie den Stellenwert
medialer Hardware, Software und deren Nutzungsfolgen vor Augen fhren. Auch wird
meistens auf die hufigsten bzw. wichtigsten Fragen eingegangen und versucht diese zu
5 Wolfgang Burkhardt beschreibt und diskutiert in seinem Buch Frderung kindlicherMedienkompetenz durch die Eltern eine grosse Anzahl von Broschren und weiteren Ratgebern. Um
einige zu nennen: Geflimmer im Zimmer, Nur noch diese Sendung, Alles auf Empfang, Kreuzund Quer durch das Medienwunderland - Ein Reisefhrer fr Mtter und Vter etc. (vgl. Burkhardt2001: 156f.).
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beantworten. Ausserdem wird durch die Heranfhrung an einen
verantwortungsbewussten, mit Spass und Freude verbundenen Medienkonsum oftmals
beabsichtigt, die Selbstverantwortung der Kinder zu strken. Gegenpositionen, die sich
auf die Gefhrdungen durch die Medieneinflsse konzentrieren, sind unter den
allgemeinen Ratgebern inzwischen selten geworden (vgl. Burkhardt 2001: 149f.).
5.2 Die Vermittlung von medienpdagogischen Richtlinien an die Eltern
Bezglich Zugang und Erreichbarkeit der Eltern unterscheidet Burkhardt zwischen
zwei Modelltypen, namentlich einem Pull-Modell und einem Push-Modell. Bei
ersterem mssen sich die Eltern Information und Beratung selbst abholen, was natrlich
elterliche Motivation voraussetzt, welche hufig aus innerfamiliren, auf Medien
bezogenen Konfliktsituationen resultiert. Bei den Push-Modellen hingegen werden
informierende und beratende Angebote an die Eltern herangefhrt. Push-Modelle
schliessen nachdrckliche Beratungs- und Interventionsformen ein, so, dass die
elterliche Erziehungsautonomie tangiert werden kann, was jedoch einerseits durch die
jeweiligen Konfliktsituationen und andererseits durch die Freiwilligkeit der
Inanspruchnahme der Hilfen gerechtfertigt ist.
Weiter unterscheidet Burkhardt zwischen informationsorientierten und
beratungsorientierten Modelltypen. Informationsorientierte Modelle haben in der Regel
alle Eltern als Zielgruppe, mit der Absicht, durch Information medienpdagogische
Qualifikationen zu vermitteln. Beratungs- bzw. problemorientierte Modelle bieten
hingegen mehr als Informationsleistungen an: Ihre Zielgruppen sind Eltern bzw. Kinder
mit problematischem Fernsehkonsum oder anderen Problemen bei der
Medienerziehung. Die gezielte, durch persnliche Kontaktaufnahme und Beratung
durchgefhrte Ansprache dieser Gruppe ist bedeutender als die Versorgung mit
Verffentlichungen oder Materialien (vgl. Burkhardt 2001: 336f.).
Gerade weniger medienkompetente Eltern sind jedoch oftmals schlecht zu erreichen. Je
weniger sie den Medienkonsum ihrer Kinder berschauen knnen, desto weniger sind
sie auch bereit sich fortbilden zu lassen. Mit Elternabenden, Internetseiten und
Broschren erreicht man hauptschlich jene Eltern, die die Bedeutung von elterlicher
Medienerziehung sowieso schon kennen und bereits Problembewusstsein haben (vgl.
Schorb 1999: 402ff.). Familien, die aus pdagogischer Sicht eine medienpdagogische
Qualifizierung am ntigsten htten, ussern ihre Wnsche nach Hilfestellungen undLsungsvorschlgen am seltensten (vgl. Burkhardt 2001: 372). Solchen Familien muss
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man mit den vorhin thematisierten Push-Modellen entgegenkommen, da sich solche
Probleme, mangels Eigeninitiative der Eltern, meist nicht ohne Intervention lsen
lassen.
Ein weiteres Problem bei der medienpdagogischen Qualifizierung von Eltern ist die im
dritten Kapitel schon angesprochene Tatsache, dass gerade der Fernsehkonsum, aber
auch Video- und Computerspiele, hufig von hoher innerfamilirer Funktionalitt sind.
In problembelasteten Familien knnen sie stabilisierend wirken. Man muss sich also
fragen, welche Auswirkungen etwaige Interventionen auf ein innerhalb der Familie
ohnehin schon isoliertes Kind haben. Was geschieht, wenn das Kind sich nicht mehr
hinter den PC zurckziehen kann (vgl. Burkhardt 2001: 25)? Fr eine Qualifizierung
der Eltern braucht es hier einfhlsame berlegungen und Konzepte, ohne die elterliche
Erziehungsautonomie einzuschrnken oder die Routinen der Alltagsbewltigung der
Familien generell in Frage zu stellen (vgl. Burkhardt 2001: 125).
Eine Mglichkeit zur Lsung der eben besprochenen Probleme wre die Einbettung
von Ratschlgen zum Medienumgang in entsprechende Fernsehsendungen, um auch
jene Eltern zu erreichen, die nicht so rege an Elternabenden teilnehmen oder nur selten
im Internet surfen.6 Die Erzieher werden dadurch nicht aus ihrem Tagesrhythmus
gerissen, aber trotzdem mit Information versorgt.
6. Schlussteil
Die im Verlauf dieser Seminararbeit herausgearbeiteten Antworten zu den einleitend
gestellten Fragen sollen nun in zusammenfassender Art und Weise nochmals aufgezeigt
werden.
6.1 Unterschiede zwischen der schulischen und familiren
Medienerziehung
Im zweiten Kapitel wurde untersucht, inwiefern sich die Medienerziehung und
Mediensozialisation in der Schule von derjenigen in der Familie unterscheidet. Eine
Teilantwort hierzu lieferte die Erkenntnis, dass die naturwchsige sozialisatorische
Praxis in der Familie systematisch vom pdagogischen Handeln im Rahmen des
Lehrerberufes zu unterscheiden ist, da letzteres gezielt und bewusst auf eine Erziehung
und Bildung ausserhalb der elterlichen Praxis angelegt ist (vgl. Oevermann 1996: 141).
Wichtig ist diese Unterscheidung gerade deshalb, weil Schule und Familie in Fragen
der Medienerziehung aufeinander angewiesen sind. Von einer gefrderten
6 Bestes Beispiel hierfr sind aktuelle Formate wie Super-Nanny.
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Medienkompetenz bei einzuschulenden Kindern profitieren nicht zuletzt auch die
Kindergrten und Schulen.
Auch wurde im zweiten Kapitel darauf hingewiesen, dass die Eltern, im Unterschied zu
den Lehrkrften, schon viel frher Zugang zum Medienverhalten ihrer Kinder haben.
Der Medienkonsum findet ja gerade im Kindesalter vorwiegend zuhause statt. Der
Stellenwert der Eltern im Rahmen der Mediensozialisation von Kindern kann daher gar
nicht hoch genug eingeschtzt werden (vgl. Burkhardt 2001: 47).
Um Konflikt- und Konkurrenzsituationen verhindern zu knnen, sollte das
Kompetenzgeflle zwischen Eltern und Lehrkrften daher geschmlert werden.
6.2 Defizite in der familiren Medienerziehung und
Mediensozialisation
Um eruieren zu knnen, wo man zur Linderung der im zweiten Kapitel diskutierten
Konflikte zwischen Eltern und Lehrkrften bezglich der kindlichen Medienerziehung
ansetzen muss, wurde der Fokus im dritten Kapitel dann gnzlich auf die Familie
gerichtet, um die familire Medienpdagogik auf etwaige Defizite hin untersuchen zu
knnen.
Einerseits wurde darauf hingewiesen, dass viele Eltern gar nicht wissen, dass neben der
Fhigkeit zur Selektion von Medienangeboten auch der Umgang mit den ausgewhlten
Medienangeboten gelernt werden muss und sich daher auch als kindergerecht
prsentierte Medienprodukte nicht immer ohne elterliche Begleitung verarbeiten lassen
(vgl. Burkhardt 2001: 20). Ausserdem wurde bemngelt, dass die meisten Eltern ihren
Kindern keine Sendungen empfehlen und den Fernsehkonsum nicht auf wenig
problematische Beitrge beschrnken (vgl. Burkhardt 2001: 54).
Ausserdem ist gerade bei Eltern, die meist private Pogramme sehen, die Diffusion
zwischen erwachsenen und kindlichen Sehinteressen auffllig. Man findet dies hufig
bei bildungsmssig unterprivilegierten Familien, wo die Kinder ungnstige
Fernsehroutinen von den Eltern bernehmen (vgl. Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996:
266f.). So mangelt es in vielen Familien an Sinn fr die Vitalitt und Kreativitt von
Kindern.
Bettina Hurrelmann spricht zudem von einer berfunktionalisierung des Fernsehens
fr das Familiensystem (Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 268) in vielen Familien.
Diese beziehungsgestaltenden Funktionen des Fernsehens knnen fr die
Familiendynamik gefhrlich werden, falls sie ber Spannungen hinwegtuschen,
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Konflikte verlagern und entwicklungsnotwendige Vernderungen des Familiensystems
verhindern. Eine Fernseherziehung der Kinder ist in einer solchen Situation kaum noch
mglich (vgl. Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 268).
Auch hat sich gezeigt, dass fr das Ausmass der Defizite bei der elterlichen
Mediensteuerung die jeweilige Familienform und der soziale Hintergrund in grossem
Masse mitbestimmend sind.
Es wurden dann verschiedene Familienformen vorgestellt und konstatiert, dass die
Ein-Kind-Familien an die modernen Familienentwicklungen am meisten angepasst
und in Bezug auf die Medienerziehung weniger problematisch als andere
Familientypen sind. Auch in Familien mit zwei Kindern kommt man im Grossen und
Ganzen mit dem Fernsehen zurecht. Eine hhere Anflligkeit fr Probleme mit dem
Fernsehen zeigen hingegen die kinderreichen Familien und die Familien der
Alleinerziehenden. Als Grund hierfr knnen bei beiden Familientypen die knappen
Ressourcen genannt werden (vgl. Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 261ff.). Hier
wird der Fernsehkonsum zum Lckenfller fr Langeweile und Interaktionsleere, oder
zur einzig mglichen Freizeitattraktion. Entsprechend zurckhaltender fallen in solch
einem Umfeld die Restriktionen aus (vgl. Burkhardt 2001: 61).
Des Weiteren gelten bezglich des Computers in vielen Familien andere
medienerzieherische Vorgaben als beim Fernseher: Die ernsthaften Beschftigungen,
im Sinne von Informationsbeschaffung und Lernen, werden kaum durch Restriktionen
eingeschrnkt und sogar begrsst (vgl. Burkhardt 2001: 367).
6.3 Vorschlge zur Lsung medienerzieherischer Defizite in der
Familie
Bei den im vierten Kapitel vorgestellten Familien- und Erziehungsstrukturen kann man
denkbar schlecht von derMedienerziehung sprechen. So mssen auch wnschenswerte
medienpdagogische Kompetenzen von Eltern je nach Familienstruktur,
wirtschaftlichen und sozialen Verhltnissen errtert und gefrdert werden.
So wurde zu Beginn des fnften Kapitels festgehalten, dass sich Eltern bewusst mit der
Rolle des Fernsehers und anderen Medien in der Organisation ihres Alltags
auseinandersetzen und zudem die Verarbeitung von Fernsehangeboten ihrer Kinder
beobachten sollten (vgl. Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 267ff.).
Danach wurden verschiedene Merkstze fr Eltern aufgefhrt, welche unter anderem
die Vorbildfunktion der Eltern thematisieren und betonen, dass der Fernseher kein
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Erziehungsmittel sein darf, dass ber das Fernseherlebnis gemeinsam reflektiert werden
sollte und dass auch die Standorte von Fernseher und Co. gut berlegt werden mssen.
Vor einer zu restriktiven Kontrolle des kindlichen Medienkonsums wurde jedoch
gewarnt und darauf hingewiesen, dass man heutzutage unmglich das Fernsehen
gnzlich verbieten knne, da sich die Kinder dadurch gegenber den Gleichaltrigen
benachteiligt fhlen wrden.
Das Ziel pdagogischer Interventionen zu diesem Problembereich sollte es daher sein,
die Freizeitkompetenz von Familien zu frdern, zu welcher auch ein aktiver
Fernsehgebrauch gehrt (vgl. Hurrelmannn/Hammer/Stelberg 1996: 270).
Eine Mglichkeit, um solche Anstze durchzusetzen, liegt in der Institutionalisierung
von Eltern-Kind-Kontakten, welche durch eine vermehrte Interaktion innerhalb der
Familie, die Ritualisierung von Gesprchen ber Medienereignisse, die Betonung
kommunikativ-interaktiver und aktiv-produzierender Momente und die thematische
Fokussierung geschehen kann. Die Kommunikation sollte dabei nicht eingleisig vor
sich gehen, sondern Feedback-Mglichkeiten offen lassen (vgl. Burkhardt 2001: 351f.).
Ebenfalls im fnften Kapitel, wurden dann Broschren und andere Ratgeber fr Eltern
thematisiert, mit welchen die besprochenen Anstze an die Eltern weitergegeben
werden knnen. Die Ratgeberliteratur beschreibt den Familienalltag meist als
Medienalltag und will den Stellenwert medialer Hardware, Software und deren
Nutzungsfolgen vor Augen fhren. Auch wird meistens auf die hufigsten bzw.
wichtigsten Fragen eingegangen und versucht, diese zu beantworten. Durch die
Heranfhrung an einen verantwortungsbewussten und mit Spass und Freude
verbundenen Medienkonsum wird zudem beabsichtigt, die Selbstverantwortung der
Kinder zu strken (vgl. Burkhardt 2001: 149f.).
Im letzten Punkt des Kapitels wurde dann schliesslich darauf hingewiesen, dass bei der
Vermittlung solcher Richtlinien und Informationen oft Probleme auftauchen, denn
gerade weniger medienkompetente Eltern sind oftmals schlecht zu erreichen: Je
weniger sie den Medienkonsum ihrer Kinder berschauen knnen, desto weniger sind
sie auch bereit sich fortbilden zu lassen (vgl. Schorb 1999: 402ff.). Familien, die aus
pdagogischer Sicht eine medienpdagogische Qualifizierung am ntigsten htten,
ussern ihren Wunsch nach Hilfestellungen und Lsungsvorschlgen am seltensten
(vgl. Burkhardt 2001: 372). Bei solchen Familien sind Interventionen seitens der
Medienpdagogik ntig, da die Eltern zur Lsung der Probleme nicht gengendEigeninitiative und Motivation besitzen.
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Man muss sich allerdings fragen, welche Auswirkungen etwaige Interventionen auf ein
innerhalb der Familie ohnehin schon isoliertes Kind haben (vgl. Burkhardt 2001: 25).
So braucht es fr eine angemessene Qualifizierung einfhlsame berlegungen und
Konzepte, um die elterliche Erziehungsautonomie nicht einzuschrnken oder die
Routinen der Alltagsbewltigung der Familien nicht generell in Frage zu stellen (vgl.
Burkhardt 2001: 125). Eine Mglichkeit hierfr ist die Vermittlung von Ratschlgen im
Umgang mit den Medien via Fernseher, um auch jene Eltern zu erreichen die nicht so
rege an Elternabenden teilnehmen oder nicht so oft im Internet surfen. Durch eine
solche Vermittlung werden die Erzieher auch nicht aus ihrem Tagesrhythmus gerissen,
jedoch trotzdem mit Informationen versorgt.
6.4 Fazit & Ausblick
Die Ausfhrungen in den vorangehenden Kapiteln lassen den Schluss erkennen, dass
pdagogische Hilfen breit gefchert sein mssen und reine Verhaltensrezepte nicht
ausreichen. Dabei mssen die unterschiedlichsten Probleme bei der Medienerziehung,
verschiedenste Familienformen und soziokonomische Gegebenheiten miteinbezogen
werden. So mssen die Untersttzungsangebote fr die Eltern zielgruppenorientiert
sein, wobei gerade ohnehin schon strker belastete Familien nicht diskriminiert,
sondern gezielter betreut werden sollten. Von pdagogischer Seite muss
situationsspezifisch abgewogen werden, ob eine Familie genug Eigenmotivation zur
medienerzieherischen Weiterbildung hat, oder ob mit professionellen Hilfestellungen
interveniert werden muss.
Die Medienpdagogik darf den Eltern daher nicht bloss Wissen vermitteln, sondern
muss ihnen praktische Handlungsmglichkeiten zeigen und Selbsterfahrung
ermglichen. Medienpdagogische Hilfe zur Selbsthilfe ist das Stichwort. Notwendig
ist die Bereitschaft der Eltern zur kritischen Reflexion des eigenen Verhaltens, der
Ausgangslage der Familie und der eigenen Interessen gegenber einem immer
unbersichtlicher werdenden Angebot.
Um den Stand der Medienerziehung zu heben ist es zudem ntig, viel strker als bisher
die positiven Mglichkeiten der Medienangebote hervorzuheben. Gerade das Fernsehen
ist fr viele Eltern nur mit Abwehrgefhlen verbunden und wird dennoch ausgiebig
genutzt. Diese ambivalente und verdrngende Haltung ist eines der Haupthindernisse
bei der Vermittlung von Medienkompetenz in den Familien. Eltern haben in der Regelkeine positiven Medienkompetenzziele, sondern allenfalls Ziele, die sie durch das
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Medium erreichen wollen. Dass Fernsehen - und Medien im Allgemeinen - einfach
Spass machen knnen, dass Kinder dadurch ihre eigenen Emotionen kennenlernen und
inhaltliche Interessen entwickeln, dass sie schliesslich lernen, Qualittsunterschiede
wahrzunehmen und selbstbewusst auszuwhlen diese Aspekte der Medienkompetenz
sollten hervorgehoben werden. Ntig ist hier eine Pdagogik, die den Eltern die
Bedeutung von Medienkompetenz in einer Informationsgesellschaft vermittelt und als
eine lohnende Aufgabe darstellt (vgl. Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996: 273ff.).
Im Hinblick auf die noch zu erwartenden Innovationen im Medienbereich, welche
einen zunehmend aktiveren Nutzer voraussetzen, sind Selbstbestimmung und Interesse
vielleicht die wichtigsten Komponenten der Medienkompetenz berhaupt. Die
Weichenstellung durch Basiserfahrungen im Umgang mit Medien ist hier von
entscheidender pdagogischer Bedeutung (vgl. Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996:
271f.). Die Medienpdagogik muss daher die Erziehungsberechtigten zu selbstndigem
Informationserwerb fhren, um dann loslassen zu knnen. Diese Fhigkeit ist - gerade
angesichts der enormen Geschwindigkeit der Medienentwicklung - von herausragender
Bedeutung (vgl. Burkhardt 2001: 365).
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