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Impressum
Auftraggeber:
Nationaler Normenkontrollrat
Willy-Brandt-Str. 1, 10557 Berlin
+49-30-18-400-1318 | [email protected]
www.normenkontrollrat.bund.de
Auftragnehmer
CSC Deutschland GmbH
Unter den Linden 16
10117 Berlin
Capgemini Deutschland GmbH
Potsdamer Platz 5
10785 Berlin
Bibliografische Angabe
Nationaler Normenkontrollrat, 2016: E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann -
ein Arbeitsprogramm (Analysedokument). Berlin.
Zu diesem Dokument:
Das vorliegende Dokument ist das das begleitende Analysedokument zur Kurz- und Langfassung des
Gutachtens „E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann - ein Arbeitsprogramm“.
Dieses Dokument, in dem Projekt- und Umsetzungsbeispiele zusammengetragen wurden sowie das
eigentliche Gutachten können auf der Website des Nationalen Normenkontrollrates aufgerufen wer-
den. Dort findet sich auch das zugehörige Vorgängergutachten „E-Government in Deutschland: Vom
Abstieg zum Aufstieg“ aus dem Jahr 2015 (www.normenkontrollrat.bund.de).
Nationaler Normenkontrollrat
Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) ist ein beim Bundeskanzleramt eingerichtetes, unabhängiges
Beratungs- und Kontrollgremium der Bundesregierung. Der NKR sorgt dafür, dass bei gesetzlichen Re-
gelungen die Folgekosten für Bürger, Unternehmen und Verwaltung deutlich und nachvollziehbar aus-
gewiesen werden. Ziel ist es, den Entscheidungsträgern in Regierung und Parlament die Konsequenzen
ihrer Entscheidungen bewusst zu machen und unnötige Bürokratie zu vermeiden. Gesetzliche und
praktische Maßnahmen zur Digitalisierung der Verwaltung bergen aus Sicht des NKR ein enormes Po-
tential zur Vereinfachung des Gesetzesvollzugs und zum Abbau bürokratischer Aufwände.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 1
Inhaltsverzeichnis
1. Zu diesem Analysedokument ..........................................................................................................3
2. Handlungsfeld: „verbindliches Serviceleitbild“ ................................................................................4
2.1. 2015er-Gutachten ...................................................................................................................4
2.2. Studien- und Umfrageergebnisse ............................................................................................5
2.3. Deutsche, europäische und internationale Projekt- und Umsetzungsbeispiele ......................5
3. Handlungsfeld: „innovative Organisation“ ................................................................................... 11
3.1. 2015er-Gutachten ................................................................................................................ 11
3.2. Studien- und Umfrageergebnisse ......................................................................................... 12
3.3. Deutsche, europäische und internationale Projekt- und Umsetzungsbeispiele ................... 13
3.3.1. Praxisbeispiele für innovationsfördernde Organisationsstrukturen ............................. 18
3.3.2. IT-Kompetenz von Verwaltungsmitarbeitern stärken .................................................. 20
3.4. Weitere Daten ...................................................................................................................... 24
4. Handlungsfeld: „föderale E-Government-Infrastruktur“ .............................................................. 26
4.1. 2015er-Gutachten ................................................................................................................ 26
4.2. Studien- und Umfrageergebnisse ......................................................................................... 28
4.3. Deutsche, europäische und internationale Projekt- und Umsetzungsbeispiele ................... 28
4.3.1. Software Factories ........................................................................................................ 28
4.3.2. Länderportale ............................................................................................................... 32
4.3.3. Rahmenarchitekturen und Standards ........................................................................... 33
5. Handlungsfeld „flexible Finanzierung“ ......................................................................................... 38
5.1. 2015er-Gutachten ................................................................................................................ 38
5.2. Studien- und Umfrageergebnisse ......................................................................................... 38
5.3. Deutsche, europäische und internationale Projekt- und Umsetzungsbeispiele ................... 40
5.3.1. Österreich: IT Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen ......................... 40
5.3.2. Anreize durch E-Government Benchmarks ................................................................... 42
5.3.3. Finanzierungsmodelle für Stiftungen ............................................................................ 44
6. Handlungsfeld „nachhaltige Wirtschaftlichkeit“ .......................................................................... 47
6.1. 2015er-Gutachten ................................................................................................................ 47
6.2. Studien- und Umfrageergebnisse ......................................................................................... 48
6.3. Deutsche, europäische und internationale Projekt- und Umsetzungsbeispiele ................... 49
6.3.1. Partizipation im E-Government .................................................................................... 49
6.3.2. E-Government und öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) .......................................... 50
6.3.3. Verwaltungsebenenübergreifende Zusammenarbeit ................................................... 51
6.4. Weitere Daten ...................................................................................................................... 52
Referenzen ............................................................................................................................................ 55
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 2
Tabellenverzeichnis .............................................................................................................................. 59
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................................... 59
Steckbriefverzeichnis ............................................................................................................................ 59
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 3
1. Zu diesem Analysedokument
Dieses Dokument sammelt Hintergrundmaterialien zum Gutachten „E-Government in Deutschland:
Wie der Aufstieg gelingen kann - ein Arbeitsprogramm“ (Normenkontrollrat 2016). Für die im Gut-
achten enthaltenen Handlungsfelder, Lösungsbausteine und Umsetzungsmaßnahmen wurden Projekt-
und Umsetzungsbeispiele sowie Daten zusammengetragen, die die Kernaussagen und Handlungsemp-
fehlungen des Gutachtens unterstützen.
Das Gutachten wurde in einem Hypothesen-getriebenen Ansatz erstellt. Für diese Dokumentation so-
wie für die Erstellung des Gutachtens selbst wurden keine neuen Daten durch Umfragen, Interviews
oder andere Methoden erhoben. Die Fakten existieren bereits in einem ausreichenden Maße. Die in
diesem Analysedokument aufgeführten Projekt- und Umsetzungsbeispiele sowie Daten unterstützen
daher bei der Validierung und Überarbeitung der Hypothesen. Mit diesem Dokument wurden zum ei-
nen relevante Studien und Umfrageergebnisse recherchiert, die eine im Vergleich zum 2015er-Gutach-
ten nochmals erweiterte Faktenlage für die jeweiligen Themenbereiche schaffen. Diese Forschungser-
gebnisse inspirieren und kontextualisieren die im 2016er-Gutachten beschriebenen Umsetzungsmaß-
nahmen und stellen sicher, dass keine der Vorschläge dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Tech-
nik entgegenlaufen. Zum anderen wurden deutsche, europäische und weltweite Projekt- und Umset-
zungsbeispiele recherchiert, mit denen exemplarisch dargestellt wird, wo und in welchem Umfang be-
reits Digitalisierung in der Verwaltung umgesetzt ist. Diese Projekt- und Umsetzungsbeispiele de-
monstrieren auf praktische Weise die Erfahrungen, die andere Länder gesammelt haben, sowie
Leuchttürme in der deutschen Verwaltungslandschaft. Die Ergebnisse des 2015er-Gutachtens sowie
ihre Bedeutung für das diesjährige Gutachten werden jeweils zu Beginn der Kapitel zusammengefasst
und thematisch eingeordnet.
Das Handlungsfeld „verbindliches Serviceleitbild“ gibt einen Überblick über die Einführung eines nut-
zerorientierten, agilen und offenen Service Standards für digitale Angebote. Prägend sind dabei der
britische „Digital by Default Service Standard“ sowie dessen Adaptierung in weiteren Staaten wie den
USA oder Australien, die aufgeführt werden. Im Handlungsfeld „föderale E-Government-Infrastruktur“
werden Maßnahmen und Beispiele für die Umsetzung von IT-Infrastrukturen (wie etwa Basis-Register
in den Niederlanden oder die „X-Road“ in Estland) und IT-Architekturen und Standards aus der Praxis
vorgestellt. Nachfolgend wird dann für das Handlungsfeld „innovative Organisation“ ein Blick auf die
Umsetzung zentraler E-Government-Organisationen im europäischen Ausland geworfen sowie ein
Überblick über mögliche Rechtsformen einer solchen Organisation für Deutschland geschaffen. Für das
Handlungsfeld „flexible Finanzierung“ werden Maßnahmen für ein anreizstiftendes Regime, das föde-
rale Kooperation in der Digitalisierung ermöglichen kann, beleuchtet. Da das Handlungsfeld „nachhal-
tige Wirtschaftlichkeit“ querschnittlich zu den anderen aufgeführten wirkt, sind für dieses vor allem
Projekt- und Umsetzungsbeispiele des Entscheidungs- und Umsetzungsmanagements aufgeführt. Es
sind Beispiele ausgewählt, die demonstrieren, dass für ein Gelingen des E-Government neue Formen
der Kooperation und Partizipation entscheidend sind. Beispiele wie der Open-Data-Aktionsplan der
Bundesregierung oder das PPP (Private-Public-Partnership bzw. ÖPP für öffentlich-private Partner-
schaft)-Länderportal Berlin.de zeigen, dass der Staat durch Einbeziehung von Akteuren der Gesell-
schaft und Wirtschaft sein Angebot verbessern kann. Um gute und richtige Entscheidungen treffen zu
können, muss auch die IT-Kompetenz in der Verwaltung ausgebaut werden. Die e-Governance
Academy in Estland demonstriert, wie digitale Kompetenz in der Verwaltung erhöht werden kann.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 4
2. Handlungsfeld: „verbindliches Serviceleitbild“
Der NKR fordert:
„Nach Einschätzung des NKR gibt es in Deutschland kein zugkräftiges Leitbild, wie Verwaltungsservices
mit Hilfe von E-Government optimal angeboten werden können. Es fehlt zudem an einem verwaltungs-
politischen Leitbild, wie dies in einer optimalen Arbeitsteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen
wirtschaftlich zu realisieren ist. Mit der Nationalen E-Government-Strategie haben sich Bund und Län-
der zwar auf gute, allgemeine Leitsätze geeinigt, konkrete und inspirierende Handlungsaufträge lassen
sich daraus – insbesondere für die Politik – jedoch nicht ableiten. Die Herausforderung besteht also
darin, ein programmatisches Leitbild zu formulieren, das sowohl motivierend nach außen und nach
innen wirkt und das darüber hinaus dazu beiträgt, bestehende föderale Arbeitsteilungen und Organi-
sationsformen in Frage zu stellen“ (Normenkontrollrat, Leistungsbeschreibung für ein Gutachten für
den Nationalen Normenkontrollrat, Bürokratieabbau durch Digitalisierung – Handlungsempfehlungen
für ein wirksames E-Government in Deutschland (kurz: E-Government in Deutschland – Wie der Auf-
stieg gelingen kann), S. 4).
2.1. 2015er-Gutachten
Das 2015er-Gutachten kommt in seinem Analyseteil zum Schluss, dass in Deutschland kein wirksames
E-Government existiert. Das liege daran, dass sich die Verwaltung in einem Teufelskreis zwischen ho-
hen Investitionen und zu geringer Nutzung von Verwaltungsleistungen für Bürgerinnen und Bürger be-
fände. Dieser Teufelskreis könne nur durchbrochen werden, wenn die Verwaltung ein Angebot schaffe,
dass von den Bürgerinnen und Bürgern bundesweit und flächendeckend genutzt würde.
Hierzu empfiehlt das Gutachten, dass die in der Studie identifizierten Erfolgsfaktoren wie Zugang, Be-
nutzbarkeit, Nutzen und Verbindlichkeit aus Sicht der Benutzer ebenso wie die Erfolgsfaktoren auf
Verwaltungsseite, Zusammenarbeit und gemeinsame technische Basiskomponenten, gleichermaßen
bei der Entwicklung von Verwaltungsleistungen berücksichtigt werden. Dies müsse ganzheitlich ge-
schehen, so dass weiterhin nicht nur vereinzelte Dienstleistungen angeboten würden. Nur so würden
die Nutzerzahlen steigen, was notwendig sei, um den Teufelskreis zu durchbrechen.
Grundlegend für ein wirksames E-Government sei darüber hinaus, die Leistungen aus der Nutzersicht
zu betrachten. Für Nutzer seien die vier bereits genannten Erfolgsfaktoren gleichwertig wichtig, wenn
es um die Attraktivität eines Angebotes ginge. Darum müssten digitale Angebote konsequent nutzer-
orientiert entwickelt werden. Dazu gehöre neben der Einheitlichkeit und einem ansprechenden Design
ebenso der Ansatz der Lebenslagen, in denen sich Bürgerinnen und Bürger wiederfinden müssten.
Um dies zu verwirklichen gibt das 2015er-Gutachten priorisierte Handlungsempfehlungen ab, deren
Zielsetzung als Serviceleitbild für ein wirksames E-Government betrachtet werden können. Unabhän-
gig der Betrachtung als fachliche oder technische Aufgabe, sollte der E-Government-Gedanke auf allen
Ebenen der Umsetzung innerhalb von Politik und Verwaltung eine zentrale Rolle einnehmen. Auch
müssten digitale Transaktionen und Interaktionen zur Regel werden. Unter dem Stichwort „Digital-by-
Default“ müsse das Prinzip des Vorrangs für E-Government-Verfahren sowohl durch gesetzgeberische
als auch konzeptionelle Maßnahmen unterstützt werden. Ein weiterer Aspekt, den das 2015er-Gut-
achten aus Sicht der Nutzerorientierung als notwendig erachtet, ist die Umsetzung des „Once-only“-
Prinzips, dass das Einholen bereits vorhandener Bürgerdaten verhindern soll. Bereits erhobene Bürger-
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 5
oder Unternehmensdaten sollten, sofern eine Zustimmung zur Weiternutzung vorliegt, auch für an-
dere Verfahren genutzt werden, um die Prozesse zu beschleunigen und den Aufwand für Bürgerinnen
und Bürger zu minimieren.
Außerdem muss aus Sicht des Gutachtens insgesamt die Entwicklung von E-Government eng in die
Verwaltungsmodernisierung eingebunden sein. Dazu müssten Verwaltungsleistungen mit Hilfe der
technologischen Möglichkeiten so konzipiert werden, dass verbesserte und rechtssichere Verfahren
ermöglicht werden, um eine höhere Wirtschaftlichkeit zu erzielen.
2.2. Studien- und Umfrageergebnisse
Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland mit behördlichen Dienstleistungen, Statis-
tisches Bundesamt, 2015
Das Statistische Bundesamt veröffentlichte im August 2015 die Ergebnisse einer Zufriedenheitsbefra-
gung zu behördlichen Dienstleistungen in verschiedenen Lebenssituationen. Die Befragung wurde im
Rahmen der Regierungsinitiative „amtlich einfach – Staat der kurzen Wege“ durchgeführt. Auf einer
Skala von -2 (sehr unzufrieden) bis +2 (sehr zufrieden) lag der Gesamtindikator bei 1,06 und es lässt
sich zusammenfassen, dass die Bürgerinnen und Bürger überwiegend zufrieden mit der öffentlichen
Verwaltung in Deutschland sind und ein hohes Vertrauen in deren rechtsstaatliches Handeln besteht.
Gleichwohl sind in der Studie aber auch eine Unzufriedenheit mit dem Serviceangebot und dem Digi-
talisierungsgrad sehr gut dokumentiert (Statistisches Bundesamt Deutschland, 2015).
2.3. Deutsche, europäische und internationale Projekt- und Umsetzungsbeispiele
Es werden die folgenden Projekt- und Umsetzungsbeispiele aufgeführt:
• USA: Digital Service Playbook,
• UK: Digital by Default Service Standard,
• Australien: Digital Service Standard Australien und
• Neuseeland: Better Public Service Program.
USA: Digital Service Playbook
Nach dem Vorbild des Government Digital Service im Vereinigten Königreich wurde in den USA eine
zentrale Organisationseinheit für die digitale Transformation der Verwaltung, U.S. Digital Service
(USDS, The White House, 2016a), eingerichtet. Aufgabe dieser Organisation ist es, die Entwicklung di-
gitaler Angebote nutzerzentriert und erfolgreich umzusetzen. Aus diesem Grund etablierte die USDS
ein sogenanntes U.S. Digital Service Playbook (The White House, 2016b) in denen 13 Prinzipien vorge-
schrieben werden, nach denen digitale Leistungen entwickelt, getestet und betrieben werden. Wie in
Abbildung 1 zu erkennen ist, orientierte sich die Organisation deutlich am Digital by Default Service
Standard aus dem Vereinigten Königreich.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 6
Abbildung 1: U.S. Digital Service Playbook
USA: Usability.gov – Sammlung von Anleitungen und Design-Richtlinien zur Nutzerzentrierung
Mit usability.gov (U.S. Department of Health and Human Services, 2016) betreibt das US Gesundheits-
ministerium eine Online-Wissensplattform, auf der Anleitungen, Design-Konzepte und Best-Practices
zur Nutzerzentrierung von digitalen Leistungen angeboten werden. Diese Plattform bietet neben Wis-
sensmanagement auch die direkte Teilhabe und den Informationsaustausch von Praktikern des priva-
ten und des öffentlichen Sektors bei der Entwicklung von digitalen Leistungen. Es verfügt über Ratge-
ber und Werkzeuge zum Projekt-Management, zur Evaluation und Nutzerzufriedenheitserhebung so-
wie Architekturen oder Design-Prinzipen.
Die Informationen sind frei sowie zum großen Teil kostenlos verfügbar und können daher beliebig oft
wiederverwendet werden. Die vom Ministerium entwickelten Web-Design und Usability Anleitungen
sind ebenso frei zu beziehen und können bei Bedarf für die Entwicklung eigener Anwendungen genutzt
werden.
UK: Digital by Default Service Standard
Im April 2014 etablierte das Government Digital Service (GDS) im Vereinigten Königreich den Digital
by Default Service Standard (Cabinet Office, 2016a). Dieser legte die Grundsätze fest, nach denen jede
Verwaltungsleistung, die auf dem zentralen Regierungsportal GOV.UK veröffentlicht werden soll, ent-
wickelt und betrieben werden muss. Die ursprünglich 26 und nach einer Überarbeitung im Juni 2015
verbliebenen 18 Kriterien (s. Abbildung 2), geben Faktoren wie Nutzerzentrierung, Offenheit und Agi-
lität als grundlegende Prinzipien von modernen und nutzerfreundlichen Leistungen vor. Auf Grundlage
dieser Leitlinien überprüft das GDS in einem 3-stufigen Assessmentverfahren alle digitalen Angebote
und unterstützt die Entwickler bei der (Weiter-)Entwicklung.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 7
Abbildung 2: Digital by Default Service Standard UK
Der neue Ansatz für die Umsetzung digitaler Verwaltungsangebote diente der Standard als Vorbild für
die Übernahme in einer Reihe weiterer Staaten, die die Digitalisierung ihrer Verwaltungen vorantrei-
ben wollten.
UK: Assessment-Verfahren zur Einhaltung des Service Standards
Alle Dienstleistungen, die britische Behörden über das zentrale Zugangsportal GOV.UK anbieten wol-
len, müssen den Kriterien des „Digital by Default Service Standard“ entsprechen. Der Government Di-
gital Service überprüft die Erfüllung der Kriterien in einem dreistufigen Assessment-Verfahren (wäh-
rend der Entwicklung und vor Release). Wenn eine Dienstleistung diese Kriterien nicht erfüllt, wird
keine Zertifizierung vergeben und die Dienstleistung wird nicht auf GOV.UK veröffentlicht oder ver-
linkt. In diesem Fall unterrichtet GDS den zuständigen Minister darüber, warum die Dienstleistung
nicht akzeptiert wurde und was geändert werden muss, damit der Standard eingehalten wird.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 8
Die Einhaltung des Standards wird über die Entwicklung hinaus auch beim Betrieb der Dienstleistung
überprüft. Sollte der Standard nicht eingehalten werden, wird die angebotene Leistung von GOV.UK
für den Zeitraum bis zur Wiedereinhaltung des Standards entfernt.
Behörden erhalten dadurch den Anreiz, sich bereits bei der Entwicklung und beim laufenden Betrieb
von Dienstleistungen am Standard zu orientieren, damit die Leistung auf dem zentralen Portal veröf-
fentlicht wird (Cabinet Office, 2016c).
Australien: Digital Service Standard Australien
Im Juli 2015 wurde in Australien das Digital Transformation Office (Australian Government Digital
Transformation Office, 2016a) eingerichtet, dessen Zweck es ist, die digitale Transformation von Re-
gierungsleistungen voranzutreiben und so die Nutzerzufriedenheit der australischen Bürgerinnen und
Bürger mit der Regierung zu verbessern. Das Büro ist dabei direkt dem Prime Minister zugeordnet und
arbeitet eng mit den Ministerien und dem Privaten Sektor zusammen. Es fungiert als Inkubator für
innovative Projekte und setzt dabei auf Methoden, die die schnelle Umsetzung von digitalen Angebo-
ten ermöglichen soll. Dafür wurde ein australischer Digital Service Standard (Australian Government
Digital Transformation Office, 2016b) nach dem Vorbild des britischen Digital by Default Standards
entwickelt, der sich derzeit in einer Beta-Phase befindet. In den 14 Prinzipien sind auch hier die Nut-
zerzentrierung, die Offenheit und die Agilität zentrale Leitlinien für die Entwicklung von Angeboten (s.
Abbildung 3). Ebenso wurde ein Prototyp eines zentralen Regierungsportals GOV.AU nach dem briti-
schen Modell entwickelt, das alle digitalen Angebote, die dem Service Standard entsprechen, veröf-
fentlichen soll.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 9
Abbildung 3: Digital Service Standard Australien (Australian Government Digital Transformation Office, 2016b)
Neuseeland: Better Public Service Programm
Im Jahr 2012 beschloss der neuseeländische Premierminister einen 10-Punkte-Plan, der die Prioritäten
für eine bessere öffentliche Verwaltung darstellte. Das „Better Public Service Programm“ (State Ser-
vice Commissioner, 2016) umfasst dabei alle Leistungsbereiche der Verwaltung. Die Punkte 9 und 10
zielen insbesondere auf die digitale Transformation von Verwaltungsleistungen ab. Ziel ist es, Transak-
tionen zwischen Bürgerinnen und Bürger so umzusetzen, dass sie über digitale Wege abgewickelt wer-
den können.
Dafür entwickelte die zuständige Arbeitsgruppe eine Blaupause (Department of Internal Affairs New
Zealand, 2015a), die eine gemeinsame Vision von digitalen Verwaltungsangeboten darstellte und 2014
vom neuseeländischen Kabinett beschlossen wurde.
In dieser Blaupause wurden in 10 Umsetzungspunkten drei grundlegende Verständnisse für Verwal-
tungsleistungen etabliert:
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 10
• digital by design – Leistungen werden digital konzipiert und entworfen,
• digital by default – Digitale Leistungen werden die Norm in der Regierung und
• digital by choice – Nutzer werden sich für digitale Angebote entscheiden, da diese am
einfachsten zu bedienen sind.
Im Umsetzungspunkt 6 (Department of Internal Affairs New Zealand, 2015b) der Blaupause sollen spe-
ziell digitale Service Standards identifiziert werden, die grundlegend dafür sind, dass Transaktionen mit
der Verwaltung vereinfacht werden können. Dabei wurden vorrangig die Erfahrungen der Nutzerinnen
und Nutzer als Maßgabe für die Weiterentwicklung identifiziert. Gemeinsam mit allen beteiligten Be-
hörden identifizierte die Arbeitsgruppe dieses Umsetzungspunktes weitere Standards, die für die Ent-
wicklung und den Betrieb von digitalen Verwaltungsleistungen notwendig sind.
Zur Umsetzung digitaler Verwaltungsleistungen hat die Neuseeländische Regierung im Zusammenspiel
mit dem Better Public Service Programm das sogenannte Webtool Kit (Department of Internal Affairs
New Zealand, 2016) etabliert, das Standards und Anleitungen für digitale Leistungen vorgibt. In dieser
Anleitung werden Hinweise zur Umsetzung eines digitalen Lebenszyklus von Anwendungen gegeben,
die sich nach dem Digital by Default Service Standard ableiten. Grundlegend für den Betrieb von digi-
talen Anwendungen ist demnach, die Bedürfnisse der Nutzer im Fokus zu haben. Die Entwicklung,
Umsetzung und der Betrieb innerhalb eines Lebenszyklus werden analog zum Service Design Handbuch
in verschiedene Phasen von Entwicklung, Test, Betrieb sowie Lebensende einer Anwendung unterteilt.
Im Vordergrund aller Überlegungen muss demnach die Nutzerzentrierung stehen.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 11
3. Handlungsfeld: „innovative Organisation“
Im Handlungsfeld Organisation stellt der NKR die Frage: „Wie müssen die institutionellen Rahmenbe-
dingungen konkret ausgestaltet sein, um eine föderale E-Government-Infrastruktur zügig und wirt-
schaftlich einzuführen und zu betreiben“? In der Beantwortung dieser Fragestellung sollen sowohl die
Entscheidungs- als auch die Umsetzungsebene berücksichtigt werden. Darüber hinaus betont der NKR,
dass mit einem größtmöglichen Maß an Kooperation und Koordination Mehrfachentwicklungen ver-
mieden und Best-Practice-Lösungen verbreitet werden sollen. Im Ziel geht es um eine schlagkräftige
und nachhaltige Kampagnenfähigkeit zur Umsetzung wirksamen E-Governments.
3.1. 2015er-Gutachten
Das 2015er-Gutachten beschreibt in Kapitel 4.4.6: “Organisation und übergreifende Zusammenarbeit”
die Herausforderungen an die Organisation für ein gelingendes E-Government. Diese gliedern sich in
die folgenden Punkte:
• Verteilte Zuständigkeiten und technische Ressourcen – verfassungsrechtliche Aufteilung von
Zuständigkeiten erschweren eine effiziente Abbildung.
• Trennung fachlicher und technischer Expertise – Auslagerung von IT-Betrieb in spezialisierte
Einheiten führt zu erhöhten Abstimmungsaufwänden.
• Organisationale Abbildung von Prozessen – elektronische Abbildung von Fachverfahren kann
Änderungen in Organisationsabläufen herbeiführen.
• Personal – erhöhte Anforderung an Beschäftigte.
Das 2015er-Gutachten kommt zu der Feststellung, dass sich in einem wirksamen E-Government Bund,
Länder und Kommunen nicht nur auf gemeinsame Basiskomponenten, sondern auch auf ihre konkrete
inhaltliche Ausgestaltung geeinigt haben.
Außerdem sollen unterschiedliche Regelungen, die oftmals eine Zusammenarbeit erschweren, aufge-
löst sein.
Dazu sind der Ausbau der übergreifenden Koordinierung und Lenkung der IT-Standardisierung sowie
eine Bündelung von IT-Kompetenz notwendig. Eine solche Bündelung muss einzelne Organisations-
grenzen überwinden, kann jedoch durchaus in der Obhut der öffentlichen Hand erfolgen.
Hierfür müssen übergreifende Gremien etabliert werden, die eine gemeinsame Koordinierung und
Steuerung des Gesamtvorhabens übernehmen.
Die Schaffung handlungsstarker Gremien kann auf existierenden Strukturen wie dem IT-Planungsrat
für die Koordinierung zwischen Bund und Ländern aufsetzen.
Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe müssen diese Gremien mit einem operativen Unterbau mit ent-
sprechenden Mitteln versehen werden.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 12
3.2. Studien- und Umfrageergebnisse
EFI Jahresgutachten 2016 der Expertenkommission Forschung und Innovation
Am 17. Februar 2016 hat die Expertenkommission Forschung und Innovation ihr aktuelles Jahresgut-
achten an die Bundesregierung überreicht. Ein Kapitel des Berichts beschäftigt sich mit der Digitalisie-
rung und steht unter dem Titel „E-Government in Deutschland: Viel Luft nach oben.“
In dem Jahres-Gutachten warnen die Wissenschaftler Bund und Länder gleichermaßen davor, dass
Deutschland durch die starke Vernachlässigung von E-Government wichtige Potenziale für Innovation
und Wertschöpfung brachliegen lasse.
Die Expertenkommission macht für diese defizitäre Situation vor allem die föderalen Strukturen in
Deutschland verantwortlich: Bislang würden Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden ihre
E-Government-Angebote weitgehend in Eigenregie aufbauen. Verwaltungsorganisation sei in Deutsch-
land zwar grundsätzlich Ländersache, allerdings könnten Bund und Länder auf Grundlage von Artikel
91c des Grundgesetzes im Bereich der Informationstechnik – die auch E-Government umfasst – zusam-
menarbeiten.
Es sei daher dringend geboten, den Aufbau in Deutschland zentral zu koordinieren. Dazu solle die Bun-
desregierung ihr koordinierendes Engagement im Bereich der digitalen Transformation deutlich ver-
stärken.
Da er nur über sehr begrenzte Ressourcen und Regelungskompetenzen verfüge sei der IT-Planungsrat
als politisches Steuerungsgremium dafür nicht geeignet. Er diene daher vor allem einem „stetigen Er-
fahrungsaustausch zwischen Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen“.
Ein zusätzliches Hemmnis sei, dass der Ausbau von E-Government in Deutschland am Prinzip der Frei-
willigkeit ausgerichtet sei und auf rechtsverbindliche Vorgaben weitgehend verzichtet wurde. Da die
Interessen der föderalen Akteure am Ausbau von E-Government sehr unterschiedlich seien, habe das
Fehlen übergeordneter und rechtsverbindlicher Vorgaben zu einem unübersichtlichen und technisch
heterogenen E-Government-Angebot geführt.
Das Gutachten gibt daher die Handlungsempfehlung, dass die Bundesregierung eine zentrale Koordi-
nierungsstelle für E-Government im Kanzleramt schaffen solle. Diese sollte durch den IT-Planungsrat
unterstützt werden, der mit entsprechenden Kompetenzen auszustatten ist, um eine konstruktive Zu-
sammenarbeit aller Akteure sicherzustellen.
Die Wissenschaftler schließen sich mit diesem Vorschlag der AG FITKO an, die ebenso den Aufbau einer
selbstständigen, von Bund und Ländern getragenen Organisation vorsieht, die den IT-Planungsrat bei
der Wahrnehmung seiner Koordinierungs- und Steuerfunktion unterstützt (Expertenkommission For-
schung und Innovation, 2016).
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 13
3.3. Deutsche, europäische und internationale Projekt- und Umsetzungsbeispiele
Nachfolgend werden die folgenden Projekt- und Umsetzungsbeispiele aufgeführt:
• Europäische Beispiele von zentralen e-Government Gremien: Plattform „Digitales Öster-
reich“, E-Government Schweiz, Abteilung für staatliche Informationssysteme (RISO) Est-
land sowie der Government Digital Service GOV.UK Verify im Vereinigten Königreich.
• Praxisbeispiele für innovationsfördernde Organisationsstrukturen: Government Digital
Service (UK), EGIZ (AT), GovLab (USA), Microsoft Ventures Accelerator, Stiftung Preußi-
scher Kulturbesitz, Kulturstiftung des Bundes und Technologiestiftung Berlin.
• IT-Kompetenz von Verwaltungsmitarbeitern stärken: Maßnahme „E-Government Kom-
petenz“ des IT-Planungsrates, Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV), e-
Governance Academy Estland.
Europäische Beispiele von zentralen e-Government Gremien
Die Entscheidungsebene im Bereich des E-Government in Deutschland ist in einer Vielzahl von Gremien
und beteiligter Akteure aufgeschlüsselt.
Ein Blick auf die europäischen Nachbarländer zeigt, dass es dort zentrale Gremien gibt, die für die Um-
setzung der digitalen Strategien verantwortlich sind. Diese arbeiten z.T. auch mit Unternehmen zu-
sammen, um gesonderte Themenfelder innovativer umsetzen zu können. Eine exemplarische Über-
sicht kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden:
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 14
Land Gremium Organisatorische Zugehörigkeit
Aufgaben Entscheidungskompetenzen
Österreich Plattform „Digitales Öster-
reich“
Bundeskanzler-
amt
Die Plattform „Digitales Österreich“ bildet das
strategische Dach für alle E-Government
Agenden in Österreich.
• Koordinations- und Strategiegremium
der Bundesregierung
• untersteht direkt dem Bundeskanzler
Schweiz E-Government Schweiz Finanzministe-
rium
E-Government Schweiz ist eine tripartite Or-
ganisation. Alle Ebenen delegieren Mitglieder
in die Steuerung der Organisation.
Sie ist verantwortlich für die Umsetzung der
E-Government Strategie.
• plant und kontrolliert die Umsetzung
der Strategie
• kann Stellungnahmen zu Umsetzung
und Themen abgeben
Estland Abteilung für staatliche In-
formationssysteme (RISO)
Ministerium für
Wirtschaft und
Kommunikation
RISO leitet und koordiniert die Arbeit der Ko-
ordinierungskomitees, bestehend aus den IT-
Leitern der Ministerien und Landkreise.
• gibt Empfehlungen für Standards, Or-
ganisation und rechtlichen Rahmen
• kann Entwicklungen stoppen, wenn
diese nicht den Leitlinien entsprechen
UK Government Digital Ser-
vice
Cabinet Office GDS ist verantwortlich für die Umsetzung der
digitalen Transformation des öffentlichen
Sektors unter Mitwirkung aller Ministerien.
• ist Dienstleister und Berater für Mini-
sterien in Form von konkreten An-
wendungen und Schulungen
• entwickelt Standards und Design Prin-
zipien
Tabelle 1: zentrale E-Government Organisationen in Europa
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 15
Österreich: Plattform Digitales Österreich
Die Plattform Digitales Österreich (PDÖ) ist das Koordinations- und Strategiegremium der Bundesre-
gierung für E-Government in Österreich. Die PDÖ wurde 2005 als übergreifende Plattform im Bundes-
kanzleramt zur Koordinierung einer einheitlichen E-Government-Strategie von Bund, Ländern, Städ-
ten, Gemeinden und Wirtschaft gegründet.
Durch die Einbindung aller Gebietskörperschaften in Kooperation mit der Wirtschaft werden E-Govern-
ment Projekte, Strategien und Richtlinien seither gemeinsam geplant, abgestimmt und umgesetzt. Dies
ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg Österreichs im internationalen
E-Government Vergleich.
Abbildung 4: institutioneller Aufbau des E-Government in Österreich
Mitglieder der Plattform sind Vertreter des Bundes, der Länder, des Gemeinde- und Städtebundes, der
Wirtschaft, des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und der freien Berufs-
stände. Zur Absicherung der Nachhaltigkeit wurden die organisatorischen und betrieblichen Agenden
des E-Governments in einem Bereich des Bundeskanzleramtes – IKT-Strategie des Bundes – zusam-
mengefasst.
Die Führungsebene der Plattform bildet der Chief Information Officer (CIO) des Bundes (Vorsitz), die
Leitung des Bereichs IKT-Strategie im Bundeskanzleramt (Geschäftsführung) und der Sprecher der
Plattform.
Damit solle eine zielgerichtete Kommunikation der festgelegten Strategien sowie eine beschleunigte
Umsetzung gewährleistet werden (Bundeskanzleramt Österreich, 2016).
Schweiz: E-Government Schweiz
E-Government Schweiz ist eine tripartite Organisation. Der Bundesrat, die Konferenz der Kantonsre-
gierungen sowie der Städte- und der Gemeindeverband delegieren Mitglieder in die Steuerung der
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 16
Organisation. Dieses Gremium ist für die Umsetzung der E-Government-Strategie verantwortlich. Ko-
ordiniert werden die Akteure von der Geschäftsstelle, die administrativ beim Informatiksteuerungsor-
gan des Bundes (ISB) angegliedert ist. Das ISB ist eine eigenständige Verwaltungseinheit im Eidgenös-
sischen Finanzdepartement (EFD). Bund und Kantone finanzieren die Organisation E-Government
Schweiz paritätisch und agieren als gleichberechtigte Partner.
Abbildung 5: Aufbau des zentralen E-Government-Organs E-Government Schweiz
Zur Umsetzung eines verpflichtenden Umsetzungsregimes wurde ein IT-Staatsvertrag als „Öffentlich-
rechtliche Rahmenvereinbarung über die E-Government Zusammenarbeit in der Schweiz (2016–
2019)“ zwischen Bundesrat und den Kantonen vereinbart.
Diese Rahmenvereinbarung regelt die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen bei der Umsetzung
der E-Government-Strategie Schweiz. Zusätzlich dazu wurde die Organisation „E-Government
Schweiz“ mit ihren Organen beschlossen. Diese Organisation wird mit der Kompetenz ausgestattet, die
koordinierte Umsetzung sicherzustellen. (Gremienstruktur s.o.)
Im Kern der Vereinbarung steht, dass Bund, Kantone und Gemeinden eine koordinierte Umsetzung der
E-Government-Strategie sicherstellen und einander bei der Erfüllung des gemeinsamen Leitbildes un-
terstützen. Dabei bewahren die Kantone ihre Eigenständigkeit.
Die Finanzierung der im Schwerpunktplan aufgeführten Projekte und Leistungen sowie der Geschäfts-
stelle wird durch den Bund und die Kantone gemeinsam sichergestellt. Der Bund und die Kantone
übernehmen je die Hälfte der Kosten (E-Government Schweiz, 2016a).
Estland: Abteilung für staatliche Informationssysteme (RISO)
Die Abteilung für staatliche Informationssysteme ist im Estnischen Ministerium für Wirtschaft und
Kommunikation angesiedelt. Es leitet und koordiniert die Arbeit der Koordinierungskomitees, beste-
hend aus den IT-Leitern der Ministerien und Landkreise.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 17
Zu den Aufgaben von RISO gehören unter anderem die Entwicklung von Strategiepapieren sowie die
Organisation der Standardisierung von öffentlichen IT-Systemen. Dafür entwickelt die Abteilung Emp-
fehlungen für Standards und gibt den rechtlichen Rahmen und verfasst Standardisierungsreports.
RISO ist außerdem für die Entwicklung von trans-europäischen Systemen im Rahmen des Projektes
Electronic Simple European Networked Services (e-SENS) verantwortlich (Estnisches Ministerium für
Wirtschaft und Kommunikation, 2016).
Vereinigtes Königreich: Government Digital Service GOV.UK Verify
Government Digital Service (GDS) ist eine Organisationseinheit des britischen Cabinet Offices, welche
die Aufgabe hat, die staatlichen Behörden und ihre Leistungen zu digitalisieren. Sie berät Ministerien
bei der digitalen Transformation und arbeitet dabei nutzerzentriert und agil. Als Dienstleister betreibt
sie die zentrale Regierungsseite GOV.UK, auf der alle Ministerien und Behörden des Landes vertreten
sind und Bürgerinnen und Bürger zentral Regierungsinformationen und Verwaltungsleistungen abru-
fen können. GDS arbeitet dabei auch kollaborativ mit dem privaten Sektor zusammen, wie etwa das
Beispiel GOV.UK Verify zeigt.
Zusammen mit dem non-profit Unternehmen Open Identity Exchange (OIX) arbeitet GDS an der Single-
Sign-On Lösung GOV.UK Verify, über den Bürgerinnen und Bürger über einen konsistenten Zugang ihre
Identität online für Verwaltungsleistungen nachweisen können. Dieser Zugang wird nicht zentral vom
Staat verwaltet, sondern Bürgerinnen und Bürger können sich über zertifizierte Unternehmen, bei de-
nen sie ohnehin schon Kunden sind, registrieren. Diese Registrierung dauert 10 Minuten und im An-
schluss besitzen Bürgerinnen und Bürger einen sicheren Zugang zu allen Verwaltungsleistungen. Der-
zeit befindet sich GOV.UK Verify in der Open Beta Phase. Im April 2016 wurde das Angebot in Betrieb
genommen und nun sukzessive um Verwaltungsleistungen ausgebaut.
Die staatliche Zusammenarbeit von GDS und OIX zeigt, dass eine solche Form der Zusammenarbeit
erfolgreich sein kann und zu erhöhten staatlichen Nachfragen an solchen Kooperationsmöglichkeiten
führt, die weitere Marktteilnehmer dazu bringt, in neue Lösungen zu investieren (Cabinet Office,
2016b).
Abbildung 6: Logo der Single-Sign-On Lösung GOV.UK Verify
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 18
3.3.1. Praxisbeispiele für innovationsfördernde Organisationsstrukturen
Verwaltungsabteilungen in Regierungszentrale
Government Digital Service (UK)
Name Government Digital Service (Vereinigtes Königreich)
Aufgabenstellung Die Organisation ist das Zentrum der Digitalisierung der Regierung im Vereinig-
ten Königreich. Ziel ist es, eine digitale Kultur einzurichten, die nutzerorientiert
ist und die die Umsetzung von digitalen Verwaltungsdienstleistungen bestmög-
lich und kostengünstig ermöglichen soll.
Budget Das GDS hat bis 2019 ein jährliches Budget in Höhe von 112,5 Mio. Pfund.
Rechtsform Das GDS ist ein Sekretariat im Cabinet Office als Teil der Abteilung „Efficiency
and Reform Group“.
Träger Britische Regierung
Mandat GDS betreibt die zentrale Regierungsplattform GOV.UK und bestimmt die Richtli-
nien, wie Ministerien ihre Informationen dort zu veröffentlichen haben. Dabei ist
die Nutzerorientierung immer im Fokus.
Webseite https://www.gov.uk/government/organisations/government-digital-service
Steckbrief 1: Government Digital Service (UK)
Universitäre Forschungseinrichtungen
EGIZ (AT)
Name E-Government Innovationszentrum (Österreich)
Aufgabenstel-
lung
Unterstützung des Bundeskanzleramts bei der weiteren Entwicklung der IKT-
Strategie des Bundes und Forschung im Bereich technischer Innovationen im
E-Government Umfeld.
Tätigkeiten:
• Information und Weiterbildung,
• Strategische Beratung für die öffentliche Verwaltung,
• Entwicklung von Prototypen,
• Interoperabilität und internationale Projekte sowie
• Förderung der Synergien mit der heimischen Wirtschaft.
Budget Gesamtkoordination des E-Government ist im Bundeskanzleramt angesiedelt.
Rechtsform Teil des Instituts für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikati-
onstechnologie (IAIK) der TU Graz
Träger 2005 als gemeinsame Initiative von Bundeskanzleramt und Technische Universi-
tät Graz ins Leben gerufen
Webseite https://www.egiz.gv.at
Steckbrief 2: EGIZ (AT)
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 19
GovLab (USA)
Name The GovLab
Aufgabenstel-
lung
Das GovLab hat es sich zum Ziel gesetzt, (Regierungs-) Organisationen bei der
Entwicklung von innovativen Lösungen zu unterstützen. Dabei setzt das GovLab
auf die Kollaboration von interdisziplinären Wissens- und Entscheidungsträgern
sowie auf die Möglichkeiten durch technologischen und wissenschaftlichen Fort-
schritt. Die Arbeit des GovLab ist in vier Bereiche untergliedert:
• Projekte / Entwicklung:
o Entwicklung eines Wirkungsanalysewerkzeugs für das Open Data Pro-
gramm des britischen Gesundheitssystems,
o Studie zu datengetriebener Verbrechensprävention,
Entwicklung eines Werkzeugs zur Unterstützung bei der Entwick-
lung von Crowdsourcing-Kampagnen, Projekte bestehen immer aus
den Phasen 1. Definition, 2. Prototyp, 3.Test/Anpassung und 4. Fer-
tigstellung.
• Observatory: Veröffentlichung von (Zwischen-)Ergebnisse der verschiedenen
Projekte sowie Artikel zu den Themen auf Blog des GovLab.
• GovLab Academy:
Seminare, Workshops und Project Clinics für Verwaltungsmitarbei-
ter. Die Kurse bestehen aus Präsenz- und Online-Angeboten.
• Community:
o Entwicklung eines Network of Innovators (NoI). Darin weltweite Ver-
netzung mit Experten in den Bereichen Open Data, Data Science, Com-
munity Engagement, Citizen Science, Crowdsourcing, Nudges: Random-
ized Control Trials, Prize-Backed Challenges und Lab Design.
o Das NoI wird in Zusammenarbeit mit Innovationsteams aus dem öffent-
lichen Sektor von sechs Staaten betrieben (US, UK, AR, MX, AU und ES).
Budget Projektvolumen seit 2013:
• 12,8 Mio. US-Dollar
Hauptunterstützer:
• MacArthur Foundation
• Knight Foundation
• Google.org
Träger New York University
Michigan Institute of Technology - Media Lab
Webseite http://www.thegovlab.org/
Steckbrief 3: GovLab (USA)
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 20
Projekt- und Umsetzungsbeispiele aus der Wirtschaft
Microsoft Ventures Accelerator
Name Microsoft Start-Up Accelerator
Aufgabenstel-
lung
Microsoft Ventures ist eine globale Initiative des Unternehmens, um Start-Ups
auf der ganzen Welt zu befähigen, ihre Unternehmen aufzubauen. Microsoft ar-
beitet dazu mit Start-Ups in jedem Reife-Stadium und gibt ihnen die Werkzeuge,
Ressourcen, Wissen und das Know-how an die Hand, das sie benötigen, um er-
folgreich zu sein.
Budget Die Finanzierung erfolgt durch das Unternehmen Microsoft. Das Programm ist
für Teilnehmer kostenfrei.
Träger Microsoft
Angebot In Berlin haben junge Start-Ups die Möglichkeit, vier Monate lang die Förderung
von Microsoft in Anspruch zu nehmen. Die Förderung umfasst die Bereitstellung
von Büros und die Nutzung von Microsoft-Systemen sowie der Austausch mit
dem Partnernetzwerk des Software-Konzerns. Startups lernen, wie sie ihre Ge-
schäftsidee streng nach Lean-Prinzipien entwickeln, ohne die Kundensicht zu ver-
lieren.
Jedes Team kann dazu auf technische Infrastrukturen wie Cloud-Dienste im Wert
von 60.000 Dollar sowie auf jegliche Software des Konzerns zurückgreifen.
Darüber hinaus erhalten sie Coaching und Workshops zu Technologie, Design,
Business Development, Marketing und HR.
Webseite https://www.microsoftventures.com/locations/berlin
Steckbrief 4: Microsoft Start-Up Accelerator
3.3.2. IT-Kompetenz von Verwaltungsmitarbeitern stärken
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die ebenenübergreifende Zusammenarbeit gestal-
ten müssen, gehen an die Grenzen ihrer Belastung, um einen Konsens und Weiterentwicklung zu er-
reichen. Sie büßen dabei Motivation und Innovation ein. Das muss auf den Entscheidungs- und Umset-
zungsebenen geändert werden.
Das 2015er-Gutachten stellt als eine der Herausforderungen für die Umsetzung von E-Government die
Personalentwicklung als wichtige Voraussetzung für ein Gelingen dar. Verwaltungsmitarbeiter müssen
hinsichtlich Kollaboration und Nutzerorientierung aber auch generell im Bereich der E-Government
Kompetenz geschult werden.
Maßnahme „E-Government Kompetenz“ des IT-Planungsrates Der IT-Planungsrat hat hierzu bereits eine Maßnahme initiiert, die die Kompetenz für E-Goverment in
der Verwaltung stärken soll (IT-Planungsrat, 2015b). In einer ersten Phase wurde das Potsdamer Insti-
tut für eGovernment (IfG.CC) mit einer Studie beauftragt, die einen Ist-Zustand der Fort- und Weiter-
bildungen im Bereich des E-Government aufzeigen sollte. Die Studie kam zu der Erkenntnis, dass das
Angebot für E-Government Fort- und Ausbildungen nicht ausreichend sei. Die notwendige Kompetenz
für die Umsetzung von E-Government-Maßnahmen würde demnach nicht vermittelt. Dadurch könne
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 21
das Potential von E-Government nicht abgerufen werden. In dieser Studie wurden daher Handlungs-
empfehlungen ausgesprochen.
Darauf aufbauend sollen in einer zweiten Phase mit den beteiligten Akteuren die Weiterentwicklungen
des Bildungsangebotes erarbeitet werden. Die Arbeitsgruppe „E-Government Kompetenz“ soll in ei-
nem Leitfaden Empfehlungen ausarbeiten und diese vorlegen. Dazu hat die AG vier Arbeitspakete de-
finiert. Im ersten Arbeitspaket sollen Rollen, Bedarfe und Nachfragepotenzial von Bildungsangeboten
mit Hilfe wissenschaftlicher Unterstützung abgeschätzt werden. Das zweite Arbeitspaket umfasst eine
Bildungslandkarte, die eine im Internet freizugängliche Übersicht an Aus- und Fortbildungsangeboten
im Bereich E-Government darstellt. Dadurch können auch Lücken im Angebot identifiziert werden. Ar-
beitspaket 3 umfasst Empfehlungen für die Personalentwicklung sowie die Gewinnung von Fachkräf-
ten. Das vierte und letzte Arbeitspaket soll Fortbildungen anregen, die speziell die Vorhaben des IT-
Planungsrates im Blickfeld haben.
Die Arbeitsgruppe hat bereits ein Eckpunktepapier (IT-Planungsrat, 2016) vorgelegt, das die Empfeh-
lungen des Arbeitspaketes 3 zur Entwicklung von Konzepten für die Personalgewinnung, -bindung so-
wie -entwicklung beinhaltet. Diese umfassen Maßnahmen wie die Steigerung der Arbeitsgeberattrak-
tivität und die zielgruppenorientierte Ansprache geeigneter Bewerber auf Hochschul- und Bewerber-
messen durch die Verwaltung.
Die Umsetzung der Maßnahme befindet noch in der Ausarbeitung durch die Arbeitsgruppe
„E-Government-Kompetenz“ unter Federführung der Länder Hessen und Sachsen.
Ausweitung der BAköV Schulungsangebotes nach Vorbild der e-Governance Academy Estland
Ergänzend zur Maßnahme des IT-Planungsrates umfasst das Schulungsangebot der BAköV, als zentrale
Fortbildungseinrichtung des Bundes, Seminarangebote im Bereich der Informationstechnologie. Diese
könnten konsequent ausgebaut und an neue Trends angepasst werden. Ein Internationales Beispiel
hierfür ist etwa die e-Governance Academy in Estland.
Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV)
Name Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV)
Aufgabenstel-
lung
Als zentrale ressortübergreifende Fortbildungseinrichtung des Bundes und Quali-
fizierungsdienstleister für alle Bundesbehörden hat die Bundesakademie für öf-
fentliche Verwaltung die Aufgabe, dazu beizutragen, die Leistungsfähigkeit der
Bundesverwaltung zu erhalten und kontinuierlich zu verbessern sowie die Politik
zu unterstützen.
Budget Die Finanzierung der BAköV erfolgt aus den Haushaltsmitteln des BMI
Rechtsform Die BAköV ist ein organisatorisch verselbständigter Teil des Bundesministeriums
des Innern
Träger Bundesregierung
Angebote Die BAköV bietet folgendes Seminarangebot zum Thema IT-Kenntnisse:
• die Rolle der Führungskraft bei IT-gestützter Verwaltungsmodernisierung
und IT-Sicherheit in der Behörde,
• IT als Führungsinstrument,
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 22
Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV)
• Internet und Intranet für Führungskräfte,
• Steuerung des IT-Einsatzes,
• Rolle der Führungskräfte in der IT-Fortbildung und
• Sensibilisierung in IT-Sicherheitsfragen.
Webseite http://www.bakoev.bund.de/
Steckbrief 5: Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV)
e-Governance Academy Estland
Name e-Governance Academy (Estland)
Aufgabenstellung Die Akademie wurde 2002 als Stiftung gegründet (in Kooperation mit der UNDP
und der Soros Foundation). Sie führt Studien und Analysen im Bereich von IT und
E-Government durch sowie Seminare und Weiterbildungen für höhere Verwal-
tungsbeamte. Über Forschung und Vernetzung findet zusätzlich ein weiterer
Wissenstransfer statt.
Budget Die Finanzierung erfolgt auftragsbezogen.
Rechtsform Stiftung / NGO
Träger Die Akademie ist unabhängig. Sie wurde von den Vereinten Nationen, dem Open
Society Institute und der Regierung Estlands gegründet.
Angebote Kernbereiche der Schulungen und Beratung der Akademie sind: • Ausprägung einer IT-Politik: Best Practice in der IT Politik und gesetzliche
Rahmenbedingungen,
• IKT Koordination im Public Sector: Methoden und Organisation, internatio-
nale Kooperation,
• Estlands elektronische ID Card und öffentliche Schlüsselinfrastruktur,
• Estlands digitale Signatur – Konzepte und Lösungen,
• Prinzipien von Datenservices und zentrale Register in Estland,
• Governmental interoperability solution X-Road,
• Bürger und Unternehmensportal eesti.ee,
• Bildung eines staatlichen IT-Budgets,
• Große IT Entwicklungsprojekte im Public Sector, E-Service Technologien für
den Public Sector,
• Prinzipien zum Entwickeln, Betreiben und Überprüfen von öffentlichen IT
Projekten,
• Überblick über das Steuersystem Estlands und Online Services der Finanzver-
waltung,
• Strategische Planung und Management in der IT: Theorie und Praxis,
• IT in der Bildung (Bildungsstrategien, e-schools etc.),
• M-Governance.
Webseite http://www.ega.ee/
Steckbrief 6: e-Governance Academy Estland
E-Government-Kompetenz durch universitäre Studiengänge verbessern
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 23
Neben den staatlichen, verwaltungswissenschaftlichen Hochschulen und dem Weiterbildungsangebot
der BAköV können auch universitäre Studiengänge, etwa als postgraduierte Master-Studien, weiter
ausgebaut werden. Ein Beispiel für ein bestehendes Weiterbildungsstudium stellt der Studiengang
„Professional MSc Management und IT“ mit der Fachvertiefung auf E-Government, der Donau-Univer-
sität Krems in Österreich dar. Das Programm kann in vier Semestern durchgeführt werden, wobei in
den ersten beiden Semestern die Grundlage für die fokussierte, anwendungsorientiertere Fachvertie-
fung aufgebaut wird. Die Fachvertiefung E-Government wird dann als einjähriges, eigenständiges Aus-
bildungsprogramm "Certified E-Government Programme" erfüllt.
Die Inhalte des Studiengangs enthalten berufsgruppenspezifische Module für Verwaltung und Wirt-
schaft. Darüber hinaus können einzelne Vorlesungen in einer Wirtschaftsvariante sowie einer Spezia-
lisierung für die öffentliche Verwaltung absolviert werden. Gelehrte Inhalte sind etwa:
• Betriebswirtschaftslehre und Management,
• Grundlagen der Verwaltungsmodernisierung und rechtliche Rahmenbedingungen,
• Wirtschafts- und Informationsrecht,
• Personalmanagement und Kommunikation,
• Informations- und Kommunikationstechnologie,
• E-Government Technologie und Kommunikationsarchitekturen,
• E-Government Anwendungen und Services,
• E-Government Policies,
• Informations- und Kommunikationstechnologie,
• Governance in der Informationsgesellschaft.
In Kooperation mit den deutschen Universitäten und Hochschulen kann auf dieser Grundlage die Kom-
petenz von Verwaltungsmitarbeitern im Schwerpunkt E-Government weiter ausgebaut und vertieft
werden.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 24
3.4. Weitere Daten
Konzept für eine von Bund und Ländern gemeinsam getragene Organisation zur Unterstützung des
IT-Planungsrats“ - AG Föderale IT-Kooperation (FITKO)
Bei der 14. Sitzung des IT-Planungsrates legte die AG FITKO einen Bericht zur föderalen IT-Kooperation
vor. Darin enthalten war das Konzept einer selbstständigen Einrichtung, die von Bund und Ländern
gemeinsam getragen werden soll (Projektphase 2).
Der IT-Planungsrat beauftragte zu diesem Konzept eine Anpassung und Konkretisierung, woraufhin
eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein Konzept für eine gemeinsam getragene Organisation konkreti-
sierte (Projektphase 3).
Ziel ist die Bündelung vorhandener personeller und finanzieller Ressourcen und Strukturen in diese
Organisation, die um spezifische Fachkompetenz ergänzt werden soll. Damit soll die Organisation die
Unterstützung des IT-Planungsrats, bei der Koordinierung übergreifender Projekte und Anwendungen
gewährleisten.
Die AG FITKO sieht die Notwendigkeit einer solch zentralen Organisation, um die strukturellen Defizite
im Bereich der föderalen IT-Kooperation abzubauen, da diese verhindern, dass das Potenzial der föde-
ralen Zusammenarbeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschöpft werden kann.
Darüber hinaus soll die gemeinsame Organisation Leistungen für IT-Kooperationen des IT-Planungsrats
erbringen. Schwerpunkt soll dabei die Ermöglichung einer gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung von
Bund und Ländern sein, die folglich zu einer Entlastung bestehender Arbeitsgremien führen könnte.
Der Aufgabenkatalog der Organisation soll sich an den Funktionen des IT-Planungsrats orientieren:
• föderale IT-Planung (föderale IT-Strategie, strategisches Bedarfsmanagement, Standardi-
sierung und Architekturmanagement),
• Projekte des IT-Planungsrats (Projekt- und Anforderungsmanagement, Dienstleistersteu-
erung),
• Anwendungen des IT-Planungsrats (Anforderungsmanagement, Dienstleistersteuerung
und Informationsaufbereitung) sowie
• Querschnittsaufgaben (Finanzmanagement, Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit)
(IT-Planungsrat, 2015a).
Australien: Public Sector Innovation Toolkit
Das Public Sector Innovation Tookit wurde vom Department of Industry, Innovation and Science ent-
wickelt, um Verwaltungsmitarbeitern bei der Steigerung der Innovationskraft und Effektivität zu un-
terstützen. Der Werkzeugkoffer enthält unter anderem:
• Materialien zum Einführung des Innovationsmanagements in Organisationen bzw. Pro-
jekten,
• Prozesse zur Entwicklung und Beurteilung von Ideen,
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 25
• Fallbeispiele und Wettbewerbe für innovative Projekte der Verwaltung sowie
• eine Übersicht und Beschreibung von einer Vielzahl an Aktivitäten, Werkzeugen und Pro-
zessen für die Steigerung der Innovationskraft und Effektivität.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 26
4. Handlungsfeld: „föderale E-Government-Infrastruktur“
Der NKR geht davon aus, dass gemeinsame technische Basiskomponenten für eine föderale
E-Government-Infrastruktur notwendig sind, um ein wirksames E-Government-Angebot zu realisieren
und das Serviceleitbild zu verwirklichen und fragt in diesem Kontext „Welche Mindestanforderungen
sind an die Basiskomponenten zu stellen?“ Dabei soll geprüft werden, in welcher Form bestehende
Basiskomponenten genutzt und weiterentwickelt werden können (Normenkontrollrat, Leistungsbe-
schreibung für ein Gutachten für den Nationalen Normenkontrollrat, Bürokratieabbau durch Digitali-
sierung – Handlungsempfehlungen für ein wirksames E-Government in Deutschland (kurz: E-Govern-
ment in Deutschland – Wie der Aufstieg gelingen kann), S. 4).
4.1. 2015er-Gutachten
Das 2015er-Gutachten stellt in seiner Untersuchung zur Nutzung von Basiskomponenten und in seinen
Handlungsempfehlungen die These auf, dass sich der Bund, die Bundesländer und die Kommunen für
ein wirksames E-Government in Deutschland auf gemeinsame Basiskomponenten einigen können und
es ein ebenenübergreifendes Verständnis zu der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung dieser Basis-
komponenten geben wird.
Grundlage für diese These ist die Erkenntnis, dass es in der Verwaltungspraxis oftmals Basiskomponen-
ten gibt, die unabhängig von konkreten Anwendungsfällen, ebenenübergreifend immer wieder benö-
tigt werden. Trotzdem sei die Nutzung von Basiskomponenten in kommunalen Portalen eher wenig
bis gar nicht vorhanden und würde auch von Bundesland zu Bundesland stark divergieren. Das wider-
spreche der Aussage von politischen Entscheidungsträgern, die der Nutzung von Basiskomponenten
eine große Wichtigkeit zusprechen. In der näheren Betrachtung sei dies darauf zurückzuführen, dass
Kommunen erhebliche Aufwände haben, bestehende Basiskomponenten wiederzuverwenden und da-
her zögern, diese in ihr Angebot aufzunehmen. Das Gutachten sieht vor allem in der unzureichenden
Umsetzungsunterstützung, in der aufwändigen Integration von Lösungen sowie in den zusätzlich ent-
stehenden Betriebskosten große Hemmnisse.
Dennoch sei ein großer Bedarf nach einheitlichen Lösungen für ähnlich gelagerte Problemstellungen
vorhanden, denn durch den steigenden Kostendruck der öffentlichen Hand müssten viele Akteure
auch unter Betrachtung der Wirtschaftlichkeit ihre Prozesse optimieren. Das Gutachten gibt daher die
Empfehlung, anstatt eigene Lösungen zu entwickeln, Basiskomponenten bundesweit einheitlich zu
entwickeln und zentral zu betreiben. Die Entwicklung könne sich dabei an dem Einer-für-Alle Prinzip
orientieren, um klare Verantwortlichkeiten zu definieren und ein einheitliches Projektmanagement je
Komponente sicherzustellen, ohne eine einzelne Stelle zu überlasten. Leitgedanke jeder Entwicklung
müsse dafür die Wiederverwendung von Lösungen sein. Die Kosten könnten dafür auf alle umgelegt
werden. Das Gutachten kommt zu der Erkenntnis, dass in der technischen Abstimmung und Wieder-
verwendung großes Verbesserungspotenzial liege.
Um den föderalen Strukturen gerecht werden zu können, sollten die Bundesländer zudem die Finan-
zierung von länderspezifischen Anpassungen und der Bereitstellung von Fachkomponenten überneh-
men. In diesen Fällen sei es aber zwingend notwendig, dass eine Rückwärtskompatibilität beachtet
wird, sodass eine länderübergreifende Kompatibilität möglich ist. Daraus resultierend sollen die Ent-
wicklung und der Betrieb in Zusammenarbeit mit einer größtmöglichen Zahl von Kommunen stattfin-
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 27
den. Diese könnten freiwillige Selbstverpflichtungen zur Nutzung der Basiskomponenten unterzeich-
nen, die durch die Vorleistungen der Länder bekräftigt würden. So ließe sich ein System interoperabler
Basiskomponenten auf der Grundlage bundeseinheitlicher und entwicklungsfähiger Standards etablie-
ren. Das 2015er-Gutachten hat in seiner Untersuchung hierzu bereits Interviews mit Experten durch-
geführt, in denen sowohl relevante und benötigte Basiskomponenten abgefragt, als auch Handlungs-
empfehlungen für die Anpassung bestehender Basiskomponenten entworfen wurden.
Die Experten identifizierten folgende Komponenten als wichtige Bestandteile eines wirksamen
E-Governments:
• Identifikation & Autorisierung, die als grundlegend für E-Government betrachtet wer-
den. Darunter zu verstehen sind etwa ein eID-Service und der Aufbau eines interoperab-
len Bürgerkontos.
• Bezahlung, im Sinne eines einfachen und vertrauenswürdigen ePayment-Dienstes und
zusätzlich die Umsetzung von E-Rechnungen.
• Datenerfassung, die in Form von intelligenten Formular- oder Antragsassistenten die Da-
tenerfassung vereinheitlicht und für jeden konkreten Fall nur die notwendigen Daten auf-
nimmt.
• Dokumentenverwaltung, für die verwaltungsinterne Prozessabwicklung durch den Auf-
bau von Dokumentenmanagementsystemen (DMS) mit Vorgangsbearbeitung sowie
Workflow-Management.
• Archiv, im Sinne von Belegarchiven und eine Anbindung von DMS an ein Langzeitarchiv.
Dies umfasst auch das rechtssichere Scannen von Dokumenten.
• Schnittstellen, um den automatisierten Datenaustausch zwischen öffentlichen Stellen zu
ermöglichen, beispielsweise durch Registerabfragen.
• Wissensmanagement, dass sich etwa in Form des existierenden Projekts Förderales In-
formationsmanagement (FIM) darstellt aber auch Kollaborationswerkzeuge beinhaltet,
die verwaltungsinterne Zusammenarbeit beschleunigt.
Neben diesen verwaltungsinternen Basiskomponenten hat das 2015er-Gutachten zudem Basiskompo-
nenten identifiziert, die in der Kommunikation und Nutzung zwischen Bürgerinnen und Bürgern und
der Verwaltung relevant sind. Diese sind:
• Portale, die einen zentralen Zugang zu Verwaltungsleistungen, auch ebenenübergrei-
fend, bieten.
• Information & Anwendungen, für Bürgerinnen und Bürger über vereinfachte Zugänge
wie Portale und Applikationen.
• Kommunikation, die sich in rechtssicheren E-Mail-Verfahren abbilden kann.
Dadurch ergibt sich ein Gesamtbild von Basiskomponenten, die nach dem 2015er-Gutachten relevant
für ein wirksames E-Government sind.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 28
4.2. Studien- und Umfrageergebnisse
Studie zum E-Government-Gesetz der Hochschule Harz und der Materna GmbH, 2015
Die Hochschule Harz hat im März 2015 gemeinsam mit dem IT-Dienstleistungsunternehmen Materna
GmbH eine Studie veröffentlicht, die die Umsetzung des E-Government-Gesetzes (EGovG) untersuchte
(Hochschule Harz / Materna, 2015). Das Ziel der Studie war, einen Überblick über den Umsetzungs-
stand des Gesetzes aufzuzeigen und Handlungsempfehlungen abzuleiten. Für diese Studie befragten
die Wissenschaftler Verwaltungen der 300 größten Städte in Deutschland sowie alle Ressorts der Län-
der- und der Bundesverwaltung.
Die Umfrage zeigte die Bedeutung der Bereitstellung von Basiskomponenten, die neben der Unterstüt-
zung durch die Landesverwaltung in Form von Standardisierungen als klare Forderungen der Befragten
offengelegt wurde. Bei der Befragung nach konkreten Rahmenbedingungen für die Umsetzung des
EGovG sagten 64 Prozent der Befragten, dass die zentrale Bereitstellung von Basiskomponenten sehr
wichtig sei. Weitere 23 Prozent sahen diese Bereitstellung als wichtig an.
Als Handlungsempfehlung formuliert die Studie daraus, Plattformen mit Basis-Diensten/-Komponen-
ten, wie etwa das Kaufhaus des Bundes, auch auf Landesebene zu schaffen. Dadurch könnten Kommu-
nen auf erprobte Anwendungen zurückgreifen und müssten nicht eigene Lösungen schaffen.
4.3. Deutsche, europäische und internationale Projekt- und Umsetzungsbeispiele
Nachfolgend werden die folgenden Projekt- und Umsetzungsbeispiele aufgeführt:
• Software Factories: Register Factory, IsyFact-Standard, Niederlande: 13 Basis-Register,
Estland: X-Road Infrastruktur,
• Länderportale: Bayernportal, Serviceportal Baden-Württemberg, E-Government-Platt-
form des Freistaates Sachsen,
• Wissensmanagement zur Nutzerzentrierung: USA: Usability.gov und
• Rahmenarchitekturen und Standards: SAGA 5, Rahmenarchitektur des Bundes, Refe-
renzarchitektur elektronische Verwaltungsarbeit, Zentrales Architekturmanagement der
Bundesagentur für Arbeit, UfAB VI.
4.3.1. Software Factories
Register Factory
Ein Beispiel für die Modularisierung und Standardisierung in der Softwareentwicklung der öffentlichen
Hand in Deutschland ist die Register Factory des Bundesverwaltungsamtes (Bundesverwaltungsamt,
2016a). In der Register Factory werden, ähnlich wie in einer Fabrik, standardisierte Fertigkomponenten
gebaut, die für die Umsetzung von Registern mehrfach eingesetzt und verwendet werden können. Da-
bei bedient sich dieser Standard der Logik, dass Register, also strukturierte Verzeichnisse von Daten,
die ein gemeinsames Merkmal verbindet, trotz hoher fachlicher und betrieblicher Anforderungen, wie
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 29
komplexe Regelwerke, Zugriffsrechte und ein dauerhafter Betrieb, dennoch ähnliche funktionale An-
forderungen besitzen. Register unterscheiden sich daher fachlich, haben aber einen gleichen Kern und
können daher mit standardisierten Komponenten kurzfristig und mit begrenzten Mitteln umgesetzt
werden, ohne dass IT-technische Individuallösungen geschaffen werden müssen. Dafür bietet die Re-
gister Factory ein Lösungskonzept, das aus mehreren Fertigkomponenten abgestimmt werden kann
und somit mehrfach verwendbar ist.
Die Register Factory besteht aus fünf Säulen:
(1) Blaupausen: Die Blaupausen beschreiben die Architektur und Konzepte der Anwendungsland-
schaft. Dies beinhaltet die Architekturen eines Registers auf fachlicher Ebene
(A-Architektur), die software-technische Umsetzung (T-Architektur) sowie die darunter liegende
Hardware und Systemsoftware (TI-Architektur).
(2) Bausteine: Die Bausteine der Register Factory sind wiederverwendbare Softwarelösungen. Diese
Bausteine liegen in unterschiedlichen Formen vor: Es gibt fachliche und technische Services im
Sinne einer Serviceorientierten Architektur (SOA), querschnittlich nutzbare Komponenten sowie
wieder verwendbare Bibliotheken und Programmiervorlagen.
(3) Betriebsplattform: Eine einheitliche Plattform über alle Register ermöglicht einen standardisier-
ten und effizienten Systembetrieb. Die Betriebsplattform der Register Factory besteht aus Hard-
ware und Netzen sowie der benötigten Middleware mit Anwendungs- und Datenbankservern. Sie
sieht eine hochverfügbare Produktionsumgebung sowie Entwicklungs- und verschiedene Testum-
gebungen vor.
(4) Methodische Vorgaben zum Software-Engineering: Grundlage für die Umsetzung von Projekten
mit der Register Factory ist eine standardisierte Vorgehensweise nach dem V-Modell XT. Die spe-
zifische Methodik der Register Factory umfasst:
• Richtlinien und Methoden für fachliche und technische Modellierung,
• Richtlinien und Vorgaben für Generierung von Code und Konzepten,
• Konventionen für die Implementierung,
• Methodik zur Systemspezifikation und Systementwurf mit entsprechenden Dokument-
vorlagen und
• eine einheitliche Vorgehensweise zur Auswahl von Fremdprodukten.
(5) Entwicklungswerkzeuge: Die Register Factory setzt auf Automatisierung und Werkzeugunterstüt-
zung bei der Erstellung von Registern. Dazu bietet sie vorkonfigurierte Werkzeuge für Modellie-
rung, Programmierung, Installation, Tests oder die Fehlerverfolgung.
Aufgrund seiner Erfahrung bietet das Bundesverwaltungsamt die Register Factory auf dem IsyFact
Standard als Einer-für-Alle-System anderen Behörden und auch nicht-behördlichen Anwendern zur
Nutzung und Weiterentwicklung an.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 30
IsyFact-Standard
Die Logik hinter dem IsyFact-Standard (Bundesverwaltungsamt, 2016b) ist, dass bei der Entwicklung
von Anwendungssystemen für bestimmte Domänen oftmals dieselben Probleme erkennbar werden.
Auch wenn sich Anwendungen in ihren Datenstrukturen, Benutzeroberflächen oder Prozessen unter-
scheiden, gelten in der Regel dieselben Richtlinien der Architektur oder Gestaltung von Benutzer-
schnittstellen. Diese Richtlinien sind daher anwendungsübergreifend wiederverwendbar. Dafür muss
ein funktionierendes Wissensmanagement zur Entwicklung vorhanden sein, so dass aufbauend auf ei-
ner Entwicklung spätere Projekte darauf zugreifen können. Ein Mittel dazu sind so genannte Software-
Factories, die wie IsyFact, technisches Wissen für komplexe IT-Anwendungslandschaften bündeln und
Entwicklungen so optimieren.
IsyFact wird als Open-Source Projekt des Bundesverwaltungsamtes zur Softwareentwicklung frei zur
Verfügung gestellt. Dabei kann jeder Anwender die Standards nach seinen Anforderungen anpassen.
Die Weiterentwicklung des Standards obliegt jedoch dem Bundesverwaltungsamt, dennoch können
Nutzerinnen und Nutzer Vorschläge einreichen.
Basis-Register
Die Idee von zentralen Registern, in denen Daten einmal aufgenommen und berechtigten Behörden
zur Verfügung gestellt werden, wird auch in anderen europäischen Ländern umgesetzt. Nachfolgend
werden Beispiele für die Umsetzung von Basis-Registern und deren Austausch von Daten vorgestellt.
Niederlande: 13 Basis-Register
2011 hat die niederländische Regierung ihr nationales Umsetzungsprogramm für E-Government er-
neuert, in dem der Aufbau von 13 Basis-Registern vorgesehen ist. Alle Basis-Register sollen dabei in ein
Gesamtsystem - ohne Einschränkung der Führung der Register durch die zuständigen Verwaltungsstel-
len - integriert werden.
Die geplanten und zum Teil bereits umgesetzten niederländischen Basis-Register umfassen folgende
Bereiche:
• Gemeindliche Personendaten,
• Unternehmensregister auf Grundlage des Handelsregisters,
• Gebäuderegister,
• Adressenregister,
• Topographisches Basisregister,
• Grundstückskataster,
• KFZ-Kennzeichenregister (ausgehend von der Steuerverwaltung),
• Register der Arbeitsverhältnisse und Sozialleistungsberechtigungen,
• Grundstücksbewertungsdaten,
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 31
• Register der Nicht-Eingesessen (z.B. im Ausland wohnende Eigentümer von Grundstü-
cken in den Niederlanden,
• Großmaßstäbliche Generalkarte und
• Register des Untergrunds (Versorgungsleitungen etc.).
Um den Informationsaustausch zwischen den Zugriffsberechtigten und den Basisregistern sicherzu-
stellen, gibt es in den Niederlanden vier Bausteine für den Informationstransfer, die in allen Registern
zur Anwendung kommen. Diese sind ein einheitlicher Standard (Digikoppeling), eine Meldestelle für
Fehler bei der Registration (Digimeldung), eine automatische Benachrichtigung bei der Änderung von
Daten (Digilevering) und ein Systemkatalog in dem hinterlegte Daten gefunden werden können (Stel-
selcatalogue).
In den Niederlanden gilt dabei das Prinzip, das vorhandene Daten genutzt werden müssen und Bürge-
rinnen und Bürger sowie Unternehmen nicht nach Daten gefragt werden dürfen, die der Verwaltung
bereits vorliegen. Somit ist eine enge Anbindung von behördlicher Seite an die Registernutzung gege-
ben (Köhl et al., 2014 S.38f).
Estland: X-Road Infrastruktur – Schnittstelle zwischen Registern und Datenbanken
Estlands IT-Infrastruktur basiert auf zahlreichen Registern und Datenbanken, die dezentral aufgebaut
sind und von unterschiedlichen Behörden verantwortet werden. Ein wichtiger Bestandteil dieser Inf-
rastruktur ist die sogenannte „X–Road“ (Republic of Estonia Information System Authority Estonia,
2016a) über die alle dezentralen Komponenten des Systems miteinander verbunden sind. Diese Um-
gebung ermöglicht es allen behördlichen und privaten Anwendern, die Datenbanken und Register ab-
zurufen, unabhängig der Plattform, die sie dafür nutzen. Abbildung 7 zeigt die Vernetzung der digitalen
Angebote in Estland über X-Road.
Abbildung 7: X-Road Infrastruktur Estland (Republic of Estonia Information System Authority Estonia, 2016b)
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 32
X-Road wurde bereits bei der Entwicklung so konzipiert, dass neue Verwaltungsleistungen jederzeit
integriert und Einzelleistungen online geschaltet werden können.
Bei der Nutzung behalten die Anwender die Hoheit über ihre Daten. So können sie stetig einsehen und
überprüfen, welche Daten aufbewahrt werden sowie wer zu welchem Zweck und Zeitpunkt darauf
zugegriffen hat. Abgehende Daten werden digital signiert und verschlüsselt. Eingehenden Daten wer-
den authentifiziert und protokolliert.
Ende 2015 kündigten Estland und Finnland an, eine gemeinsame Datenaustauschplattform auf Basis
von Estlands X-Road zu entwickeln, die die Datenbanken in beiden Ländern als Schnittstelle verbinden
soll. Dadurch soll den Bürgerinnen und Bürgern beider Länder die Nutzung von grenzübergreifenden
E-Services ermöglicht werden.
4.3.2. Länderportale
Bayernportal
In der E-Government-Strategie des Landes Bayern ist neben dem E-Government-Gesetz und dem
eGovernment-Pakt, das BayernPortal (Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesent-
wicklung und Heimat, 2016) ein wichtiger Bestandteil. Das BayernPortal stellt eine zentrale Informati-
onsquelle zu allen Verwaltungsleistungen, Behörden und vielen staatlichen und kommunalen Online-
diensten im Freistaat dar. Auf dem Bayernportal können mit der BayernID, einer Single-Sign-On Lösung
in Form eines Bürgerkontos, online vorhandene Verwaltungsleistungen genutzt werden.
Das BayernPortal stellt dazu Basisdienste für Kommunen betriebskostenfrei zur Verfügung. Diese um-
fassen: Authentifizierung, BayernID und ePayment für den kommunalen Bereich. Damit soll die Ent-
wicklung neuer E-Government-Auftritte gefördert werden. Online-Verwaltungsleistungen können ma-
nuell oder über einen Import-Webservice zusammen mit weiteren Informationen auf dem Bayernpor-
tal online gestellt werden.
Kommunen können dadurch auf dem Portal, die Erreichbarkeit ihrer bestehenden Online-Verfahren
erhöhen.
Serviceportal Baden-Württemberg
Das Land Baden-Württemberg stellt auf seinem Serviceportal Service-BW (Ministerium für Inneres,
Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg, 2016) Zugang zu Informationen und Verwaltungs-
dienstleistungen zur Verfügung. Es ist dabei nach dem Lebenslagenprinzip mit über 50 Lebenslagen
aufgebaut, so dass Nutzerinnen und Nutzer schnellstmöglich, die für sie passenden Lösungen finden
können. Zudem werden rund 1.000 Verwaltungsleistungen angeboten, die online abgewickelt werden
können. Diese umfassen etwa die Melderegisterauskunft, die Beantragung eines Wahlscheins, die Ge-
werbeanmeldung oder Gewerberegisterauskunft. Zusätzliche Onlinedienste sind vorgesehen.
Bürgerinnen und Bürger können sich einen personalisierten Zugang einrichten, in dem sie persönliche
Dokumente und Informationen speichern können. Dies soll schnellere Verfahren und eine einfachere
Handhabung ermöglichen. Unternehmen haben die Möglichkeit, den Einheitlichen Ansprechpartner
zu nutzen.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 33
In die Entwicklung des Serviceportals wurden die Kommunen in Baden-Württemberg mit eingebun-
den. Die Informationen der Webseite können auch auf den digitalen Auftritten von Kreisen, Städten
und Gemeinden abgerufen werden. Die technische Integration wird dabei kostenlos durch das Land
übernommen, um mögliche Doppellösungen zu vermeiden.
Es besteht darüber hinaus auch die Anbindung und Verknüpfung an weitere Portale, wie dem Lande-
sportal Baden-Württemberg, dem Beteiligungsportal BW oder dem Geodatenportal Baden-Württem-
berg.
E-Government-Plattform des Freistaates Sachsen
Die Bereitstellung von E-Government Basiskomponenten durch ein Bundesland für die Kommunen
kann am Beispiel der E-Government-Plattform des Freistaates Sachsen (Sächsisches Staatsministe-
rium des Innern, 2016) betrachtet werden.
Landes- und Kommunalbehörden können die zentral verfügbare Software nutzen, um Basiskomponen-
ten fachunabhängig oder fachübergreifend in ihren Bereichen einzusetzen. Dadurch sollen kostenin-
tensive Individuallösungen vermieden werden. Komponenten, die ein hohes Nutzungs- und Nachnut-
zungspotenzial aufweisen, müssen nur einmal entwickelt werden und können dann von den Akteuren
beschafft werden.
4.3.3. Rahmenarchitekturen und Standards
SAGA 5 in der Bundesverwaltung
Im November 2011 hat der IT-Rat die verbindliche IT-Spezifikation SAGA5 (Standards und Architektu-
ren für E-Government-Anwendungen, Der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik,
2016a) für die Bundesverwaltung beschlossen. SAGA ist eine Zusammenstellung von Referenzen auf
Spezifikationen und Methoden für Software-Systeme der öffentlichen Verwaltung. Die „Koordinie-
rungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung“
(KBSt) hatte die erste Version von SAGA im Rahmen der Initiative BundOnline 2005 veröffentlicht. Nach
dem Abschluss von BundOnline wurde SAGA als technische Konkretisierung der IT-Strategie des Bun-
des fortgeschrieben und im November 2011 in der fünften Version vorgelegt.
Durch den Beschluss des IT-Rates sollte erreicht werden, dass die Auswahl von Technologien in allen
IT-Projekten nach transparenten Kriterien und einheitlichen Qualitätsanforderungen erfolgt. Durch
den flächendeckenden Einsatz von SAGA können Interoperabilität, Wirtschaftlichkeit und Sicherheit
der IT-Landschaft des Bundes gestärkt werden. Schwerpunktfelder von SAGA5 sind daher Kommuni-
kationsschnittstellen, Datenaustauschformate und Standards der IT-Sicherheit.
Darüber hinaus werden folgende Ziele verfolgt:
• Wirtschaftlichkeit,
• Agilität,
• Offenheit,
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 34
• Sicherheit,
• Interoperabilität,
• Wiederverwendbarkeit und
• Skalierbarkeit.
Rahmenarchitektur des Bundes
Das Bundeskabinett hat im Jahr 2007 ein Konzept "IT-Steuerung Bund" beschlossen, in dem gemein-
same IT-Standards und Architekturen für die Bundesverwaltung erarbeitet werden sollten. Dafür war
ein aktives Architekturmanagement für die Bundesverwaltung aufzubauen, mit dem die Bundesver-
waltung nachhaltig einen effektiven und wirtschaftlichen Einsatz ihrer Informationstechnik sicherstel-
len sollte.
Der IT-Rat hat hierzu im März 2009 die Grundlagen der Rahmenarchitektur IT-Steuerung Bund vorge-
legt (Rat der IT-Beauftragten, 2009). Darin wurden die Prinzipien, Ansätze und Begrifflichkeiten fest-
gelegt, nach denen das Architekturmanagement ausgestaltet werden soll. Eingeführt wurde der Begriff
der "Dienste", die Schnittstellen zwischen der Fachseite und dessen IT-Unterstützung darstellen. Da-
mit sollte das Architekturmanagement zu einer serviceorientierten Verwaltungsmodernisierung bei-
tragen. Geschärft wurden die grundlegenden Begriffe der Fachaufgaben, mit denen die Bundesver-
waltung ihre originären und ressortspezifischen Aufgaben erfüllt und den Querschnittaufgaben, die
für viele oder zum Teil für alle Behörden gleichermaßen anfallen. Die Leistungserbringung wird fortan
in Fach-IT und Querschnitts-IT unterschieden, deren Schnittstelle die Dienste bilden. Diese fungieren
als konzeptionelle Einheit und sollen funktionale Anforderungen erfüllen. Die Zusammenwirkung der
Begriffe ist in Abbildung 8 dargestellt.
Abbildung 8: Zusammenhang grundlegender Begriffe (Rat der IT-Beauftragten, 2009, S.7)
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 35
Weiterhin wurden Planungs- und Steuerungsinstrumente etabliert, die ressortübergreifend eingesetzt
werden sollen. Diese sind in Abbildung 9 dargestellt:
Abbildung 9: Die Planungs- und Steuerungsinstrumente der IT-Steuerung Bund (Rat der IT-Beauftragten, 2009, S.10)
Ist-Zustand: Um planerische Maßnahmen angemessen durchführend zu können, ist eine Übersicht
über die Ausgangssituation zu erstellen. Diese soll sowohl eine übergreifende Steuerungsperspektive
beinhalten, die auf die Detailtiefe verzichtet und nur einen groben Aufbau von IT-Lösungen betrachtet
sowie eine Beschreibung des Ist-Zustands in der Form, dass sie dem Soll-Zustand leicht gegenüber zu
stellen ist.
Soll-Bebauungsplan: Dieser ist das zentrale Instrument für die Darstellung künftiger Zustände der IT
der Bundesverwaltung und für die Planung der Transformation. Er besteht aus Zwischenständen, die
kurz- bis mittelfristig vorgesehene Meilensteine abbilden sowie den Soll-Zustand, der die langfristige
Ausrichtung der IT des Bundes darstellt. Der Soll-Zustand ist jedoch kein „idealer“ Zustand, sondern
folgt realistischen Einschätzungen von Rahmenbedingungen. Zusätzlich ist im Soll-Bebauungsplan die
Transformationsplanung als Instrument vorgesehen, die die Schritte darstellt, die zum Übergang von
Ist-Zustand zum Soll-Zustand benötigt werden und die die dazu benötigten Maßnahmen abbildet.
Durch diese Aufteilung sollen angestrebte Zielzustände der IT beschrieben und leichter planbar gestal-
tet werden können.
IT-Rahmenkonzept: Im Rahmenkonzept sollen konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Planung in-
nerhalb eines Haushaltsjahres beschrieben werden. Im Unterschied zur Transformationsplanung defi-
niert das Rahmenkonzept den für das Haushaltsjahr relevanten Ausschnitt an Maßnahmen und legt
Zuständigkeiten für deren Durchführung fest.
Referenzarchitektur elektronische Verwaltungsarbeit
Im November 2013 führte die damalige Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik,
Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe, eine Referenzarchitektur elektronische Verwaltungsarbeit
ein (Der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, 2013). Hintergrund war das in 2012
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 36
erschienene Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit (OeV), das DOMEA als organisato-
rische Basis von Dokumentenmanagementsystemen ablöste und somit die Grundlage für die Einfüh-
rung flexibler Vorgangsbearbeitungssysteme schuf.
Mit dem OeV wurde es Bundesbehörden ermöglicht, modulare Lösungen einzuführen, die Vorteile wie
Flexibilität, Interoperabilität und große Herstellerunabhängigkeit erreichen können. Aufbauend auf
der Rahmenarchitektur des Bundes soll die Referenzarchitektur ein Modell entwickeln, in dem Verwal-
tungsmitarbeiter in einem Kern-System auf Fach- und Querschnittdienste sowie auf Basisdienste zu-
rückgreifen können.
Wie in Abbildung 10 dargestellt sind die Dienste als Module über Schnittstellen mit dem DMS des Nut-
zers verbunden. Schnittstellen sind auf offenen Standards aufgebaut, sodass die Interoperabilität ge-
währleistet wird.
Die Referenzarchitektur ermöglicht es somit, die Bedarfe der verschiedenen Nutzerrollen der Verwal-
tung, von Referenten über Sachbearbeiter zu Registraturkräften, abzudecken und alle Phasen des Le-
benszyklus eines Dokumentes abzubilden. Medienbrüche und redundantes Speichern werden vermie-
den, während moderne Zusammenarbeitswerkzeuge wie Blogs und Wikis ermöglicht werden.
Abbildung 10: Vollständige Referenzarchitektur elektronische Verwaltungsarbeit (Der Beauftragte der Bundesregierung
für Informationstechnik, 2013, S.21)
Zentrales Architekturmanagement der Bundesagentur für Arbeit
Als eine der größten Verwaltungsorganisation in Deutschland besitzt die Bundesagentur für Arbeit (BA)
eine der größten IT-Landschaften Deutschlands. Um die Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit herzu-
stellen, benötigt sie daher eine leistungsfähige IT-Unterstützung. Dafür legt sie besonderen Wert auf
die Zuverlässigkeit der angebotenen IT-Dienstleistungen. Um den stetigen Veränderungen bei der
technologischen Entwicklung sowie den wechselnden politischen und wirtschaftlichen Geschäftspro-
zessen gerecht zu werden, setzt sie auf anpassungsfähige IT-Architekturen. Grundlegend ist dabei die
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 37
Erkenntnis, dass moderne Technologien eine höhere Wirtschaftlichkeit besitzen, da eine Gefährdung
durch Ausfall oder ineffiziente Nutzung von Prozessen vermieden wird.
Aus diesem Grundgedanken wurde 2015 die IT-Strategie entwickelt, die für jeden IT-Bereich den Ori-
entierungsrahmen und die mittel- und langfristige Ausrichtung der IT darstellt. Sie basiert auf zwei
Teilbereichen:
Serviceorientierte Architektur (SOA) (Bundesagentur für Arbeit, 2015): Die Serviceorientierte Architek-
tur ist ein Architekturprinzip, in dem jeweils benötigte IT-Funktionalitäten über unabhängige Services
angeboten werden können. Dadurch wird verhindert, dass Siloverfahren und Doppellösungen entste-
hen, deren Entwicklung und Wartung unwirtschaftlich sind. Die Bundesagentur setzt daher auf eine
plattformunabhängige Serviceorientierung mit einer modularen Entwicklung von IT-Komponenten, die
auf allen Architekturebenen stattfindet. Bei der fachlichen Architektur sind die jeweiligen fachlichen
Domänen und die fachbezogenen Funktionen spezifiziert. Die IT hat dabei alle Fachbereiche bei der
Definition und Fortführung ihrer fachlichen Architektur zu unterstützen.
Im Rahmen der IT-Gesamtarchitektur erfolgt eine Zuweisung der IT-Services an die erforderlichen
Funktionen. Die Gesamtheit der Services wird dabei im Enterprise-Architecture-Management aufge-
listet und verwaltet. Unter der Softwarearchitektur kann die Struktur einzelner Services verstanden
werden, die Leitlinien für die Interoperabilität vorgibt. Zuletzt basiert die SOA auf der Systemarchitek-
tur, die Plattformen zum Betrieb der Services sowie deren Kommunikation miteinander (Enterprise
Service Bus) definiert und einführt.
Rollenbasierte Oberflächen (ROBASO, Bundesagentur für Arbeit, 2015): Ähnlich wie in der Referenzar-
chitektur elektronische Verwaltungsarbeit orientiert sich ROBASO an den speziellen Aufgabenberei-
chen der Mitarbeiter. Arbeitsabläufe werden von einer definierten Benutzergruppe, deren Rollen klar
spezifiziert sind, ausgeführt. Unterschiedliche Benutzergruppen benötigen jedoch für ihre Aufgaben-
erfüllung andere Oberflächen. Deshalb sind für diese Rollen jeweils auf die benötigten IT-Funktionen
zugeschnittene Oberflächen ein weiterer Baustein der IT-Strategie der BA. Dadurch werden die Mitar-
beiter in ihrer Arbeit unterstützt, da sie nicht mehr zwischen verschiedenen Anwendungen einzelner
Fachverfahren hin und her wechseln müssen.
UfAB VI -Unterlage für Ausschreibung und Bewertung von IT-Leistungen
Die Unterlage für Ausschreibung und Bewertung von IT-Leistungen (UfAB, Der Beauftragte der Bun-
desregierung für Informationstechnik, 2016b) in der Version VI 1.0 soll als Leitfaden für IT-Beschaffer
der Bundesverwaltung dienen und eine Übersicht über die Regelungen der öffentlichen Vergabe ge-
ben. Dabei soll sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Prinzipien des Vergabeverfahrens erläu-
tern und praxiserprobte Bewertungsmethoden, Beispiele und Hinweise für eine bessere Umsetzung
von Vergaben ermöglichen. Die UfAB soll ebenso eine einheitliche Darstellung von IT-Vergaben in der
Bundesverwaltung in Form, Aufbau und Inhalt umsetzen, so dass die Auswertung der Angebote objek-
tiv, transparent und nachvollziehbar durchgeführt werden kann. Angebote von Bietern können dem-
nach in einer vorgegebenen Struktur vergleichbar gemacht und bewertet werden. Auf Bieterseite er-
leichtert eine solche Struktur die Angebotserstellung. Darüber hinaus wird mit der UfAB angestrebt,
Verwaltungsaufwände zu reduzieren.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 38
5. Handlungsfeld „flexible Finanzierung“
„Wie müsste ein Finanzierungsregime ausgestaltet sein, um eine föderale E-Government-Infrastruktur
zügig und wirtschaftlich einzuführen und zu betreiben und die vorhandenen IT-Budgets effizienter zu
bewirtschaften“ – dies ist die zentrale Fragestellung des NKR in Bezug auf Finanzierungsmodelle. Dabei
wird ein „gemeinsames einzelprojektbezogenes Budget von Bund und Länder“ ebenso angedacht wie
ein „Nutzungszwang gemeinsamer IT-Lösungen“.
Mit dem Thema Anreizmechanismen soll der effizientere und effektivere Mitteleinsatz für IT unter-
stützt werden.
Darüber hinaus soll das Zahlenwerk des 2015er-Gutachten konkretisiert werden.
5.1. 2015er-Gutachten
Das 2015er-Gutachten sieht als wichtigen Faktor für ein wirksames E-Government neben dem gemein-
samen Vertrieb von Online-Angeboten und der personellen Ausstattung, eine ausreichende finanzielle
Grundlage an.
Da die Einsparpotenziale enorm seien und die Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt durch wirk-
sames E-Government geschaffen werden könne, sollten Bund, Länder und Kommunen ein geeignetes
anreizstiftendes Finanzierungsregime etablieren, das initiale Investitionen ermögliche.
Das Gutachten sieht hier vorranging den Bund in der Pflicht, übergreifende Komponenten in Zusam-
menarbeit mit den Ländern zu entwickeln und zu betreiben. Das kann über eine Anreizfinanzierung
erfolgen: Der Bund finanziert die Angebote, die Länder verpflichten sich im Gegenzug, die erstellten
Komponenten zu nutzen. Diese Finanzierungszusagen würden jedoch verfallen, wenn sich die Länder
nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können.
Länderspezifische Anpassungen und die Verfügbarkeit von Fachkomponenten sollen zudem die Bun-
desländer übernehmen. Der Betrieb muss dann in Zusammenarbeit mit den Kommunen erfolgen, die
ähnlich der Beziehung von Bund und Ländern, die Finanzierung nur gegen Selbstverpflichtung erhalten
und ihre Expertise bei der Weiterentwicklung einbringen.
5.2. Studien- und Umfrageergebnisse
Zukunftspanel Staat & Verwaltung 2015 - Wegweiser GmbH Berlin Research & Strategy und Hertie
School of Governance
Die jährliche Umfrage „Zukunftspanel Staat & Verwaltung“ der Wegweiser GmbH Berlin Research &
Strategy zusammen mit der Hertie School of Governance im Jahr 2015 hat unter anderem nach Hin-
dernissen zur Umsetzung der Digitalen Agenda gefragt. Bei der Erhebung wurden 1.201 Entscheidungs-
träger der öffentlichen Verwaltung aus Bund, Ländern und Kommunen zu aktuellen Modernisierungs-
maßnahmen im Bereich des E-Government befragt.
Die Teilnehmer sahen die fehlende Finanzierung (67,6%) als größtes Hindernis zur Umsetzung der Di-
gitalen Agenda.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 39
Darüber hinaus wurde die ungenügende Koordination im föderalen System als größtes Hindernis für
die Umsetzung gesehen (66,1%).
Um die Digitalisierung im föderalen System zu stärken, ergibt sich nach Ansicht der Befragten die Not-
wendigkeit nach der Bereitstellung von mehr Bundes- und Länderfördermitteln (84,7%).
Weitere wichtige Maßnahmen sind nach Ansicht der Befragten überdies:
• vermehrte Einrichtung von Modellkommunen oder -regionen (59,9 %),
• Verabschiedung eigener digitaler Agenden in den Bundesländern und Kommunen (51 %),
• eigene E-Government-Gesetze der Länder (43,4 %),
• mehr Fachgremien in horizontalen Konferenzen wie Städte- und Landkreistage, Landes-
ministerkonferenzen usw. (43,3 %),
• vertiefte Zusammenarbeit über den IT-Planungsrat (41,4 %).
Dagegen sprachen sich viele Befragte gegen folgende Maßnahmen aus:
• stärkere Orientierung an der CIO-Struktur des Bundes (44,5 %),
• eine systematische Messung der Umsetzung (40,6 %),
• eine IT-Ressourcenbündelung des Bundes (38,3 %).
Aus diesen Ergebnissen lässt sich abbilden, dass für die Befragten vorrangig die Bereitstellung von Bun-
des- und Länderfördermitteln, die Einrichtung von Modellkommunen/-regionen, die Entwicklung eige-
ner digitaler Agenden der Bundesländer und Kommunen sowie mehr Fachgremien in horizontalen Kon-
ferenzen die wichtigsten Maßnahmen zur Stärkung der Digitalisierung sind (Wegweiser GmbH Berlin
Research & Strategy / Hertie School of Governance, 2015).
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 40
5.3. Deutsche, europäische und internationale Projekt- und Umsetzungsbeispiele
Für die Umsetzung einer wirtschaftlichen und wirksamen Digitalisierung der Verwaltung in Deutsch-
land ist das Zusammenwirken aller föderalen Akteure notwendig. Dies kann aufgrund des Grundgeset-
zes nicht vom Bund erzwungen werden, sondern muss durch eine freiwillige Selbstverpflichtung von
allen beteiligten Ebenen erfolgen. Um das zu ermöglichen, kann der Bund ein anreizstiftendes Finan-
zierungssystem etablieren, das die Kooperationsbereitschaft erhöht. Auch in anderen föderal und de-
zentral aufgebauten Ländern gibt es diese Kooperationsbereitschaft für ein gemeinsames E-Govern-
ment. Dies kann durch eine Finanzierung des Bundes erfolgen. Jedoch sind auch dieser Maßnahme
verfassungsrechtliche sowie haushälterische Grenzen gesetzt, so dass auch andere Instrumente gleich-
wertigen Nutzen bringen können. Nachfolgend werden daher einige Maßnahmen und Beispiele auf-
geführt, die als Anreize für die föderale Kooperation dienen könnten:
• Österreich: IT Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen, finanzielle Beteili-
gung des Bundes, E-Government Gütesiegel, Open Source-Plattform,
• UK: Assessment-Verfahren zur Einhaltung des Service Standards,
• Schweiz: Organisatorische Basis für föderale Strukturen im E-Government und
• Anreize durch E-Government Benchmarks: EU: E-Government Benchmark der EU Kom-
mission, D-A-CH: eGovernment Monitor der Initiative D21 und dem Institut ipima.
5.3.1. Österreich: IT Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen
Finanzielle Beteiligung durch den Bund - kommunalnet.at
Um die Kommunen in Österreich bei ihren Bemühungen zur Umsetzung von E-Government zu unter-
stützen, hat der Bund im Jahr 2004 die Kommunalplattform „Kommunalnet.at“ finanziell gefördert.
Die als Intranet geplante Plattform bot den Kommunen unabhängig von ihrer Größe und der verbun-
denen Finanzkraft von Beginn an die Möglichkeit, einheitliche Bedingungen beim Zugang zu
E-Government Anwendungen und Wissenstransfer herzustellen.
Kommunalnet.at wird im Jahr 2016 von 94% aller österreichischen Gemeinden genutzt. Rund 2.100
Gemeinden und Gemeindeverbänden bieten kommunale Leistungen an. Die Plattform wird betrieben
vom Österreichischen Gemeindebund, dessen Landesverbänden und der Kommunalkredit Austria
(Bundeskanzleramt Österreich, 2005).
IT Kooperation durch Vereinbarung
Bereits im Juni 1998 wurde zwischen dem Österreichischen Bund und den Bundesländern eine Verein-
barung zur Kooperation im Bereich Informationstechnologie (IT) geschlossen.
Eine Kooperationsvereinbarung in der Verwaltungsreform II im Jahr 2005 legte Bedingungen für die
Erarbeitung von E-Government-Konventionen fest. Zur Spezifikation von Konventionen sollten Arbeits-
und Projektgruppen sowie Einzelpersonen eingesetzt werden. Das IKT-Board des Bundes, die
E-Government-Länderarbeitsgruppe sowie der Gemeindebund und der Städtebund konnten dafür
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 41
Vertreter in diese Gruppen entsenden. Im Idealfall sollte es die Genehmigung von allen Akteuren ge-
ben. Bei fehlender Einstimmigkeit, konnten Standards etabliert werden, wenn die Bereitschaft zur
Nachbesserung gegeben war (Kusto et al., 2014, S.21).
Zertifizierung mit dem österreichischen E-Government Gütesiegel
Das 2003 auf Initiative des IKT-Boards der österreichischen Bundesregierung geschaffene
E-Government Gütesiegel ermöglicht auf eine einfache und schnelle Art, die Vertrauenswürdigkeit und
Sicherheit einer E-Government Webseite zu signalisieren.
Das Grundkonzept des Projektes E-Government Gütesiegel liegt darin, dass die Bürgerinnen und Bür-
ger einfach und schnell die Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit einer E-Government Anwendung,
Website oder Dienstleistung erkennen können.
Behörden, die E-Government Leistungen anbieten, haben die Möglichkeit, sich für das Gütesiegel zu
bewerben und sich damit als innovativer Anbieter darzustellen.
Um das Gütesiegel zu erhalten, müssen Qualitätskriterien erfüllt werden und eine aktive Beteiligung
bei der Überprüfung und Implementierung gegeben sein. Bei Änderung der Kriterien, zum Beispiel
durch technische Neuerungen, kann der Gütesiegelträger innerhalb eines vorgegebenen Zeitraumes
seine Leistung anpassen. Bei einem Verstoß gegen die Kriterien kann die Berechtigung zur Führung des
Gütesiegels entzogen werden.
Das Gütesiegel wird für die Dauer von drei Jahren vergeben. Eine Verlängerung beziehungsweise Neu-
vergabe ist möglich. Die Beantragung und Führung des Gütesiegels sind mit keinerlei Kosten verbun-
den (Bundeskanzleramt Österreich, 2003a).
E-Government Open Source Plattform zur technologischen Weiterentwicklung von Basiskomponen-
ten
Österreichs E-Government basiert in vielen Fällen auf Open Source Lösungen. Eine Reihe von Basismo-
dulen, und insbesondere die Module für Online Applikationen sind daher von Beginn an als Open
Source Entwicklung gestartet worden. Dazu wurde eine eigene Open Source-Plattform geschaffen und
in Betrieb genommen, um als adäquate Rahmenstruktur zur Weiterentwicklung, Kommunikation und
Distribution von Open Source Projekten zu dienen.
Auf Basis der angewandten Open Source-Lizenz stehen die veröffentlichten Software-Projekte nicht
nur Behörden, sondern vor allem auch Unternehmen der Wirtschaft – zur Nutzung oder Weiterent-
wicklung – zur Verfügung (Bundeskanzleramt Österreich, 2003b).
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 42
5.3.2. Anreize durch E-Government Benchmarks
Benchmarks können als Anreiz dienen, Rückstände im Bereich der Digitalisierung aufzuholen, wenn ein
direkter Vergleich zwischen anderen Staaten und Ländern offengelegt wird. Durch Benchmarking wer-
den innovative Behörden aufgezeigt, die sich durch einen hohen Stand an Digitalisierung auszeichnen.
Behörden, deren Digitalisierungsvorhaben nicht gut entwickelt sind, geraten dadurch unter Druck,
mehr zu investieren.
EU: E-Government Benchmark der EU Kommission
Seit 2001 misst der Benchmark den Fortschritt von E-Government in Europa und gleicht seit 2012 den
Status quo des E-Governments mit den Zielen des eGov-Aktionsplans der Europäischen Kommission
ab. Der Benchmark basiert auf der Befragung von rund 28.000 Bürgerinnen und Bürgern der EU27+-
Staaten sowie der Analyse von Online-Angeboten in ausgewählten Lebenslagen.
Der EU Benchmark misst seine Bewertung anhand von folgenden Indikatoren:
Benutzerzentriertheit: Diese zeigt an, in welchem Umfang Informationen zum Service online zur Ver-
fügung stehen und wie diese wahrgenommen werden.
• Online Verfügbarkeit: Diese zeigt an, ob ein Service online verfügbar ist - offline (0%),
nur Informationen sind verfügbar (50%), online (100%).
• Online-Benutzerfreundlichkeit: Diese zeigt an, ob Hilfe- und Supportfunktionen sowie
Feedbackfunktionen zur Verfügung stehen. Es erfolgt eine Qualitätsbewertung der einfa-
chen und schnellen Bedienung.
Transparenz: Diese zeigt den transparenten Umgang der Verwaltungen an mit:
• ihren eigenen Zuständigkeiten und Leistungen,
• dem Ablauf der Servicebereitstellung und
• der Behandlung personenbezogener Daten.
Grenzüberschreitende Mobilität: Diese zeigt an, inwieweit EU-Bürgerinnen und Bürger Online-Ser-
vices in einem anderen Land nutzen können.
• Online Verfügbarkeit: Diese zeigt an, ob ein Service online verfügbar ist; offline (0%), nur
Informationen sind verfügbar (50%), online (100%).
• Online-Benutzerfreundlichkeit: Diese zeigt an, ob Hilfe- und Supportfunktionen sowie
Feedbackfunktionen zur Verfügung stehen. Auch hier erfolgt eine Qualitätsbewertung
der einfachen und schnellen Bedienung.
Schlüsselelemente: Diese zeigen an, in welchem Umfang die fünf folgenden technischen Vorausset-
zungen für eine Online-Serviceabwicklung gegeben sind: eID, eDokumente, Authentifizierungsquellen,
Dokumentensafe/eSafe, SingleSign On.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 43
Wirksamkeit: Diese zeigt das Ausmaß an, in dem es gelingt, die Online-Nutzer zufriedenzustellen, Wie-
derverwendung des Online-Service zu erreichen und die Erwartungen an den Service zu erfüllen.
• Wirkung: Durchschnitt der Wahrscheinlichkeit einer Wiederverwendung und Überein-
stimmung mit vermeintlichen Vorteilen,
• E-Government Leistungsfähigkeit: Durchschnitt der Nutzerzufriedenheit und Erwar-
tungserfüllung,
• E-Government Verwendung: Anzahl der Menschen, die eChannel genutzt haben, um mit
der Verwaltung in Kontakt zu treten (European Commission, 2015).
D-A-CH und Schweden: eGovernment Monitor der Initiative D21 und dem Institut ipima
Der eGovernment MONITOR ist eine Studie der Initiative D21 und dem Institute for Public Information
Management (ipima), durchgeführt von TNS Infratest und unterstützt durch zahlreiche Partner aus
Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
Seit 2010 liefert die Untersuchung jährlich ein umfassendes Bild über die aktuelle E-Government-Situ-
ation in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Schweden. Im Vordergrund stehen die Nutzung,
Zufriedenheit, Treiber und Barrieren. Ergebnisse werden durch Befragungen und Interviews von Bür-
gerinnen und Bürgern sowie weiteren Nutzern und Experten erhoben. Ebenso evaluiert die Studie ver-
schiedene E-Government-Möglichkeiten und die Einstellung der Bürgerinnen und Bürger. Dabei beant-
wortet sie auch Fragen rund um die Themen Mobile Government und Open Government.
Um spezifischere Aussagen treffen zu können sowie aktuellen Entwicklungen und Diskussionen ge-
recht zu werden, wird der Fragebogen jährlich im Partnerkreis überarbeitet und angepasst.
Kennzahlen werden anhand von folgenden Indikatoren gemessen:
• E-Government Nutzung und Kenntnis in der Bevölkerung,
• Zufriedenheit mit dem aktuell verfügbaren E-Government-Angebot,
o z.B. Einfache Bedienbarkeit (Navigation), Auffindbarkeit der benötigten Informatio-
nen, durchgängige/vollständige Abwicklung der Dienste online wo immer möglich,
Statusinformationen über Bearbeitungsstand.
• E-Government Treiber, z.B. Digitales Bürgerkonto,
• E-Government Barrieren:
o Barrieren, die einer (intensiveren) Nutzung von Online-Behördendiensten im Weg
stehen, z.B. mangelnde Bekanntheit vieler Online-Angebote, mangelnde Datensi-
cherheit/Datenschutz, mangelnde Durchgängigkeit, d.h. keine vollständige Abwick-
lung der Angebote im Internet möglich, einfache Handhabung nicht gegeben (Usabi-
lity).
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 44
o Barrieren, die Personen davon abhalten, Online-Behördendienste zu nutzen, z.B.
unzureichende Hilfestellung durch die Behörden, undurchschaubare Struktur der
Online-Angebote, Anschaffung zusätzlicher notwendiger Hardware, keine schnellere
Bearbeitung der Vorgänge im Vergleich zum analogen Vorgehen.
• Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber E-Government
o z.B. eiD, De-Mail-Konto, Mobile-Government-Angebote.
• Bedeutung und Nutzung mobiler Endgeräte (Initiative D21 / ipima, 2016).
5.3.3. Finanzierungsmodelle für Stiftungen
Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Name Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Aufgabenstellung Die Stiftung hat den Zweck, bis zu einer Neuregelung nach der Wiedervereini-
gung die ihr übertragenen preußischen Kulturgüter für das deutsche Volk unter
Beachtung der Tradition zu bewahren, zu pflegen und zu ergänzen.
Budget Der Haushaltsplan sieht für das Jahr 2016 Gesamtausgaben in Höhe von 289
Mio. Euro vor.
Rechtsform Rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts
Träger Die Stiftung ist eine bundesunmittelbare Stiftung. Der Bund und alle sechzehn
Bundesländer tragen und finanzieren sie gemeinschaftlich.
Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der Bundesländer bilden den Stif-
tungsrat, das oberste Entscheidungsorgan der Stiftung.
Die Stiftung untersteht der Aufsicht des Beauftragten der Bundesregierung für
Angelegenheiten der Kultur und der Medien.
Mandat Die Stiftung übernimmt eine zentrale Rolle bei kulturellen Aufgaben, die von ge-
samtstaatlichem Interesse sind. Dazu zählen etwa der Erhalt von schriftlichem
Kulturgut und die Digitalisierung des kulturellen Erbes.
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat in unterschiedlichen Themenbereichen
gesamtstaatliche Aufgaben übernommen. Dies gilt etwa für die Erforschung und
Dokumentation des Museumswesens.
Aufgrund ihrer Konstruktion als spartenübergreifende Kultureinrichtung verfügt
die Stiftung zudem über umfassende Kenntnisse bei der Erhaltung von Kulturgut
und bei dessen Digitalisierung.
Webseite https://www.preussischer-kulturbesitz.de
Steckbrief 7: Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Kulturstiftung des Bundes
Name Kulturstiftung des Bundes
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 45
Kulturstiftung des Bundes
Aufgabenstel-
lung
Zweck der Stiftung ist die Förderung von Kunst und Kultur im Rahmen der Zu-
ständigkeit des Bundes. Ein Schwerpunkt soll die Förderung innovativer Pro-
gramme und Projekte im internationalen Kontext sein.
Die Stiftung strebt eine Zusammenarbeit mit der "Kulturstiftung der Länder" an.
Die Stiftung soll ein eigenständiges Förderprofil entwickeln. Leistungen der Stif-
tung werden in der Regel als Projektförderung gewährt. Institutionelle Förderun-
gen von Einrichtungen sind grundsätzlich ausgeschlossen.
Budget Die jährlich aus dem Haushalt der Staatsministerin für Kultur bereitgestellten
Mittel betragen grundsätzlich 40 Mio. Euro.
Rechtsform Rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts
Träger Die Trägerschaft hat der Bund inne. Im Stiftungsrat als oberstes Entscheidungs-
gremium sind jedoch auch Vertreter der Länder und Kommunen sowie benannte
Künstler vertreten.
Die Stiftung unterliegt der staatlichen Aufsicht nach Maßgabe des jeweils im Lan-
des Sachsen-Anhalt geltenden Stiftungsrechts. Zuständige Stiftungsbehörde ist
das Regierungspräsidium in Halle/Saale.
Mandat Die Kulturstiftung des Bundes fördert Kunst und Kultur im Rahmen der Zustän-
digkeit des Bundes. Schwerpunkt ist dabei die Förderung innovativer Programme
und Projekte im internationalen Kontext. Dieses Ziel wird durch Projektförderung
auf Initiativen des Stiftungsrates und des Vorstandes, durch allgemeine Projekt-
förderung auf Antrag und die Entwicklung eigener Programme zu aktuellen The-
menstellungen erreicht.
Webseite http://www.kulturstiftung-des-bundes.de
Steckbrief 8: Kulturstiftung des Bundes
Technologiestiftung Berlin
Name Technologiestiftung Berlin
Aufgabenstellung Die Technologiestiftung Berlin leistet einen Beitrag zur Lösung zentraler Zu-
kunftsfragen und bringt wichtige Impulse für die gesellschaftliche und wirtschaft-
liche Entwicklung der Stadt. Die Stiftung identifiziert, konzipiert und entwickelt
relevante Technologiethemen, die geeignet sind, Berlin als bedeutenden Stand-
ort stärken.
Ziele der Technologiestiftung Berlin:
• die drei relevantesten Technologiethemen für Berlin fokussieren und dafür
Handlungsempfehlungen erarbeiten,
• ein Forum für die dynamisch wachsende Innovationsszene Berlins bieten
• Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit für die Umsetzung der
Handlungsempfehlungen gewinnen,
• durch Dienstleistungen an der Schnittstelle von Wissenschaft, Wirtschaft und
Verwaltung Themen entwickeln.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 46
Technologiestiftung Berlin
Budget Die Stiftung verfügt über ein Stiftungskapital in Höhe von ca. 32,6 Mio. Euro und
verfügte 2014 über Erträge in Höhe von ca. 2 Mio. Euro. Sie wird gefördert aus
Mitteln des Landes Berlin und der Investitionsbank Berlin und kofinanziert von
der Europäischen Union - Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung.
Webseite https://www.technologiestiftung-berlin.de/de/startseite/
Steckbrief 9: Technologiestiftung Berlin
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 47
6. Handlungsfeld „nachhaltige Wirtschaftlichkeit“
Der NKR legt den Schwerpunkt auf einen realistischen Entscheidungs- und Umsetzungszeitplan, mit
dem binnen 5 Jahren eine spürbare Ausweitung eines wirksamen E-Governments erreicht werden
kann. Der NKR fragt nach, welche politischen Gremien und Entscheidungsträger ihr „Commitment“ in
den Prozess einbringen müssen und wie durch wen entschieden werden soll. Konkret wird darüber
hinaus nach einer geeigneten Projektstruktur gefragt, die Politikbereiche, Stakeholder und Entschei-
dungsebenen einbezieht. Auch das Monitoring und Berichtswesen an politische Gremien soll definiert
werden. Eine neue Qualität der föderalen Zusammenarbeit wird als ein Garant für eine nachhaltig wirt-
schaftliche Umsetzung des E-Governments gesehen.
6.1. 2015er-Gutachten
Das 2015er-Gutachten attestiert der politischen Ebene ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass den
Herausforderungen des E-Government für die Verwaltung nur mit übergreifender Zusammenarbeit
effektiv begegnet werden kann.
Belege hierfür seien Einrichtung von Entscheidungsgremien (IT-Planungsrat, IT-Rat) im Bereich IT-Steu-
erung und E-Government zur Verbesserung der verwaltungs- oder ressortübergreifenden Zusammen-
arbeit. Beispielweise kann der IT-Planungsrat IT-Standards verbindlich vorschreiben. Diese Kompetenz
wurde jedoch lediglich erst einmal wahrgenommen.
Die eingeholten Empfehlungen von Verwaltungsexperten postulieren, dass für übergreifende Zusam-
menarbeit eine Bestandsaufnahme zu politischen, rechtlichen, organisatorischen und technischen
Rahmenbedingungen zur Umsetzung gesicherter Infrastrukturen der 16 Bundesländer notwendig sei.
Das Gutachten kommt ferner zu der Handlungsempfehlung, dass angemessene Rahmenbedingungen
gewährleistet werden müssten. Dies sei die Einrichtung einer übergreifenden Koordinierung und Len-
kung der IT-Standardisierung in der öffentlichen Verwaltung. Den Rahmen hierfür gibt Art. 91c Abs. 2
GG. Eine konkrete Maßnahme sei, dass ein wirksames E-Government unabhängig von der Verwal-
tungsebene gemeinsamen Kernregelungen folgen muss. Die Etablierung von Standards sei unabding-
bar für die Zusammenarbeit auf allen Ebenen. So können auch bestehende Silos aufgebrochen und
Insellösungen vermieden werden.
Das Gutachten sagt aus, dass die unterschiedlichen Regelungen der Verwaltungsebenen oftmals noch
die Zusammenarbeit erschweren würden. Eine Einigung auf wesentliche Kernregelungen für
E-Government kann dies vermeiden. Nach dem Gutachten 2015 sei der IT-Planungsrat ein geeignetes
Gremium für diese Aufgabe. Daneben könnten regelmäßige E-Government-Arbeitsgruppen bei den
Fachministerkonferenzen etabliert werden.
Bund, Länder und Kommunen müssten gemeinsam Online-Angebote bereitstellen und sich auf ein-
heitliche Vertrauensniveaus für Verwaltungsleistungen einigen. Die Gestaltung der Online-Angebote
hätte dafür einem einheitlichen Aufbau zu folgen.
Querschnittsaufgaben müssten gemeinsam bearbeitet und in spezialisierten Einrichtungen gebündelt
werden.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 48
Eine Zusammenarbeit auch über Verwaltungsgrenzen hinweg sei demzufolge unerlässlich. Das Gutach-
ten sieht im Föderalismus sowie im Ressort- und Subsidiaritätsprinzip keine Legitimation für mangeln-
den Willen zur Zusammenarbeit über Behörden-, Ressort- oder Ebenengrenzen hinaus.
Bei den priorisierten Handlungsempfehlungen formuliert das Gutachten, dass politischer Wille für die
Umsetzung von E-Government notwendig sei. Zielführend sei etwa, viel stärker als bisher konkrete
Rahmenbedingungen beim elektronischen Vollzug auf allen Ebenen zu formulieren. Dadurch würden
mehr zustimmungspflichtige Bundesgesetze entstehen, die eine Bindewirkung bei Ländern erzeuge,
da diese über den Bundesrat involviert wären.
Das Einsparpotential von E-Government verpflichte alle Verwaltungsebenen, ein gemeinsames Ver-
ständnis einer effizienten föderalen E-Government-Infrastruktur zu entwickeln. Der Bund könne über
eine Anreizfinanzierung die Bundesländer verpflichten, gemeinsame Komponenten zu nutzen und wei-
terzuentwickeln.
Einheitliche Standards könnten darüber hinaus ein kompetitives Umfeld für Softwareentwicklung und
-betrieb schaffen. Dies befördere die Innovationskraft und verhindere starke Abhängigkeiten und Mo-
nopolbildungen.
Verwaltungsintern sei aber zur Steuerung und konkreten Umsetzung Technik- und IT-Projekt-Kompe-
tenz notwendig. Ziel müsse es daher sein, IT-Kompetenz aufzubauen.
Dafür müsse eine durchgängige Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichergestellt wer-
den. Hier könne eine stärkere Bündelung der Expertise etwa durch IT-Konsolidierung oder verwal-
tungsübergreifende Zusammenarbeit helfen.
6.2. Studien- und Umfrageergebnisse
Moving into the e-government era - Conditions for the success of e-government strategies using the
example of Estonia – Studie des Vodafone Institute for Society and Communications GmbH 2014
Das Vodafone Institut hat 2014 eine Studie veröffentlicht, die am Beispiel von Estland die erfolgreiche
Einführung einer E-Government Strategie zeigen sollte.
Ein zentrales Ergebnis der Studie sagt aus, dass für die erfolgreiche Digitalisierungsstrategie in Estland
neben der breiten politischen Unterstützung von politischen Entscheidungsträgern auch die Verlage-
rung und Zentralisierung von Kompetenzen in eine Organisation benötigt wurde, die ein klares Mandat
zur Etablierung von Digitalisierung in ebenenübergreifenden Verwaltungseinheiten besaß. Dies sei in
Estland die Abteilung für staatliche Informationssysteme (RISO) des Ministeriums für Wirtschaft und
Kommunikation. Auch Länder wie England und Dänemark seien diesem Beispiel gefolgt.
Allerdings sei es nicht ratsam, die Einführung von Digitalisierung zu erzwingen, sondern sie inkremen-
tell umzusetzen und mit offenen Technologien auszustatten, so dass eine permanente Weiterentwick-
lung möglich wird. Dadurch können alle beteiligten Behörden ihre Prozesse digitalisieren und anschlie-
ßen (Deißner/Rieger, 2014).
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 49
6.3. Deutsche, europäische und internationale Projekt- und Umsetzungsbeispiele
Nachfolgend werden die folgenden Projekt- und Umsetzungsbeispiele aufgeführt:
• Partizipation im E-Government: Digitale Agenda Wien, Partizipationsprojekt zum Open-
Data-Aktionsplan der Bundesregierung,
• E-Government und PPP: Berliner Landesportal Berlin.de,
• Beispiele verwaltungsebenenübergreifender Zusammenarbeit in Deutschland: Gemein-
sames Kerndatensystem für Flüchtlinge, Beispiel – elektronischer Aktenaustausch,
• Weitere Daten: Relevante Akteure im Bereich des E-Governments in Deutschland.
6.3.1. Partizipation im E-Government
Die Entwicklung von E-Government Lösungen erfordert Kollaboration, Partizipation und Vernetzung,
um eine hohe Qualität und Akzeptanz der Angebote sicherzustellen. Entscheidungen in den Projekt-
strukturen müssen bereits unter Einbeziehung der Nutzer erfolgen, sonst kann kein höchstmöglicher
Grad an Akzeptanz erreicht werden. Aus diesem Grund müssen kontinuierlich (Online-)Partizipations-
möglichkeiten zu E-Government Fragestellungen angeboten werden. Auch hierfür gibt es bereits Pro-
jekt- und Umsetzungsbeispiele aus Deutschland und Österreich.
Digitale Agenda Wien
Die Ideen für neue digitale Services der Stadt Wien am Smartphone wurden gemeinsam mit Bürgern,
der Wirtschaft sowie Mitarbeitern der Stadt in einem dreistufigen Prozess erarbeitet:
Bis 31.01.2015 wurde dazu unter dem Titel „Digitale Agenda Wien KONKRET“ gemeinsam mit einer
Community aus interessierten Akteuren nach neuen smarten App-Services der Stadt Wien gesucht.
Ideen und Vorschläge konnten auf einer zentralen Online-Partizipationsplattform vorgestellt werden.
Die Ideen wurden dann bei einem ganztägigen Open-Space-Workshop am 13.02.2016 im TechGate
Vienna ausgearbeitet und zu Prototypen erweitert.
Abbildung 11: Prinzip der Erarbeitung einer „Digitalen Agenda Wien KONRET“
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 50
Dazu eingeladen waren die Erfinder und Inputgeber von ausgewählten Ideen sowie engagierte Mitar-
beiter der Stadt. In der dritten Phase sollen die ausgewählten Ideen in die Praxis umgesetzt werden
(Stadt Wien, 2016).
Partizipationsprojekt zum Open-Data-Aktionsplan der Bundesregierung
Zwischen März und November 2015 haben das Bundesministerium des Innern (BMI) und die Initiative
D21 gemeinsam ein Partizipationsprojekt zum Thema Open Data in der Bundesverwaltung durchge-
führt.
Das Projekt fand im Rahmen der Verpflichtung 4, „Konsultation, Engagement und Erfahrungsaus-
tausch“, des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zur Umsetzung der Open-Data-Charta der
G8 („Open-Data-Aktionsplan“) statt.
Es wurden in zwei Online-Partizipationsphasen und fünf Workshops Ideen für die Verwendung von
offenen Daten der Bundesverwaltung gesammelt und Herangehensweisen für deren Umsetzung erar-
beitet. Neben der Sammlung dieser Vorschläge in der ersten Online-Partizipationsphase bestand ein
wichtiges Ziel dieses Projekts darin, die gegenseitige Vernetzung der potentiellen Datennutzerinnen
und Datennutzer aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft mit den Anbietern der Daten aus
der Bundesverwaltung zu stärken. Die Ergebnisse dieses Projekts wurden in einem Bericht zusammen-
gefasst und in der zweiten Phase der Online-Partizipation im Herbst 2015 von Nutzerinnen und Nut-
zern kommentiert und ergänzt.
In der ersten Phase der Online-Partizipation reichten 195 Nutzerinnen und Nutzer 254 Ideen ein, be-
werteten diese über 2.500 Mal und diskutierten sie in 233 Kommentaren. Im Anschluss an diese Phase
fanden Workshops zu den Themenbereichen „Open Data Policies”, „Energiewende und Klimaschutz“,
„Verkehr und Mobilität”, „Staatliche Transparenz und Partizipation” sowie „Öffentliche Einnahmen
und Ausgaben” mit insgesamt über 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus allen Akteursgruppen
statt.
Die Workshops wurden als Grundlage für ein besseres gegenseitiges Verständnis für Standpunkte,
Ideen und Herausforderungen der verschiedenen Akteursgruppen herangezogen. Darüber hinaus
wurde in den Workshops geklärt, in welchen Bereichen die politischen Fragen zum Thema Open Data
noch stärker bearbeitet werden sollen. Dazu zählten zum Beispiel Vorschläge zur Verbesserung der
Transparenz von Beteiligungsverfahren sowie Grundsatzverpflichtungen zur offenen Bereitstellung
von Daten. Die Diskussion und Besucherzahlen der Workshops – auch seitens der Verwaltung – zeigten
ein reges Interesse (Bundesministerium des Inneren, 2015a).
6.3.2. E-Government und öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP)
Berliner Landesportal Berlin.de
Die Bedeutung von E-Government für die Verwaltungsmodernisierung und die Möglichkeit der Reali-
sierung durch eine öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP bzw. PPP für Public-Private-Partnership) sind
schon frühzeitig untersucht worden. Hierdurch kann ein zusätzlicher qualitativer Nutzen entstehen,
der vor allem mittelbar die Wirtschaftlichkeit der Vorhaben positiv beeinflusst.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 51
Abbildung 12: Berlin.de als PPP-Portal von Wirtschaft und Land (Hart / Welzel, 2004, S. 42)
Der größte kommunale Internet-Marktplatz als PPP in Deutschland ist in Berlin durch eine Fusion und
technische sowie organisatorische Weiterentwicklung der beiden größten öffentlich-privaten lokalen
Marktplatz-Betreiber „Berlin.de“ und „BerlinOnline“ entstanden. Das Land Berlin leistet durch das Ein-
bringen der Domain Berlin.de einen unmittelbaren Beitrag. Berlin.de wird von der BerlinOnline Stadt-
portal GmbH & Co. KG, einem Tochterunternehmen der BV Deutsche Zeitungsholding und der Investi-
tionsbank Berlin, betrieben.
Die Angebote des Landes sind im Themenbereich „Politik, Verwaltung, Bürger“ zusammengefasst. Sie
werden von den jeweiligen Behörden selbst erstellt und gepflegt. Die Angebote der einzelnen Landes-
einrichtungen werden durch die Senatskanzlei koordiniert. Sie bilden das offizielle Internetangebot des
Landes Berlin.
Die BerlinOnline Stadtportal GmbH & Co. KG verantwortet die technische Plattform sowie den stö-
rungsfreien Betrieb der Portalfunktionen. Sie trägt die redaktionelle Verantwortung für die Themen-
bereiche „Kultur und Ausgehen“, „Tourismus“ und „Themen“ sowie für die Werbeeinblendungen auf
Berlin.de.
Das Themenportal „Wirtschaft“ wird unter Koordination der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Tech-
nologie und Forschung von der Marketinggesellschaft des Landes Berlin „Berlin Partner“ und der Ber-
linOnline Stadtportal GmbH & Co. KG gemeinsam gestaltet.
6.3.3. Verwaltungsebenenübergreifende Zusammenarbeit
E-Government hört nicht an Zuständigkeitsgrenzen auf. Verwaltungsübergreifende Zusammenarbeit
ist ein wesentlicher Bestandteil für den Erfolg einer E-Government Umsetzung. In den letzten Monaten
wurden, bedingt durch die Flüchtlingskrise, in diesem Bereich neue Wege gegangen, so dass Zusam-
menarbeit zwischen Verwaltungen sowohl auf horizontaler als auch vertikaler Ebene verbessert
wurde.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 52
Gemeinsames Kerndatensystem für Flüchtlinge
In einem gemeinsamen Kerndatensystem werden alle relevanten Stammdaten eines Flüchtlings er-
fasst. Allen öffentlichen Stellen, die Daten aus dem Kerndatensystem für ihre Aufgabenerfüllung be-
nötigen, werden die erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt. Diese Behörden sollen nicht
nur zum Datenabruf aus dem Register berechtigt sein, sondern zusätzlich auch Befugnisse zur Über-
mittlung bzw. Aktualisierung von Daten erhalten. Dadurch werden Doppelregistrierungen vermieden
und die Datenübermittlung vereinfacht (Bundesministerium des Inneren, 2015b).
Beispiel – elektronischer Aktenaustausch zu Gerichten
Gemeinsam mit den Ländern hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den sicheren elektro-
nischen Datenaustausch zu Gerichten initiiert und umgesetzt. Im November 2015 wurde begonnen,
nach technischen Lösungen für ein rechtssicheres und weitgehend automatisiertes Verfahren zu su-
chen. Seit Anfang des Jahres 2016 wurde dieser Datenaustausch in einem Pilotprojekt erfolgreich an
fünf Verwaltungsgerichten in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen getes-
tet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2016).
Dänemark: Verbindliche Vereinbarung von Regierung, lokale Parlamente und dänische Regionen auf
Open Source Standards und Software
In 2003 veröffentlichte die dänische Regierung die Software Strategy, welche die Basis für eine Anwen-
dung von Open Source Software bildet. Wettkampf, Qualität und Kohärenz in IT-Lösungen des öffent-
lichen Sektors zu erreichen, war das Ziel der Strategie. Seit der Veröffentlichung wurden verschiedene
Initiativen gestartet. Zur Umsetzung von Open Source wurde ein Centre of Excellence for Open Source
and Open Standards (CEOSOS) gegründet. (Digitaliseringsstyrelsen, 2012a)
Im Jahr 2007 haben die dänische Regierung, die lokalen Parlamente und die dänischen Regionen eine
verpflichtende Vereinbarung geschlossen, mit der die Nutzung von Open-Source-Standards und -Soft-
ware eingeführt wurde. Teil dieser Vereinbarung ist die verpflichtende Nutzung von sieben Standards,
z. B. für den Dokumentenaustausch oder für Webseiten und Portale. (Digitaliseringsstyrelsen, 2012b)
6.4. Weitere Daten
Relevante Akteure im Bereich des E-Governments in Deutschland
IT-Planungsrat (ITPR)
Name Planungsrat für die IT-Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung zwischen
Bund und Ländern
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 53
IT-Planungsrat (ITPR)
Aufgabenstel-
lung • Koordinierung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Fragen der In-
formationstechnik,
• Beschlussfassung über fachunabhängige und fachübergreifende IT-Interope-
rabilitäts- und IT-Sicherheitsstandards,
• Steuerung von E-Government-Projekten, die dem IT-Planungsrat zugewiesen
wurden,
• Übernahme der in §4 des IT-Staatsvertrages genannten Aufgaben für das
verbindungsnetz.
Budget Die Finanzierung der Geschäftsstelle tragen zur Hälfte der Bund, zur Hälfte die
Länder nach dem Königsteiner Schlüssel.
Rechtsform Geschäftsstelle im Bundesministerium des Innern angesiedelt,
Unterabteilung IT I/Geschäftsstelle IT-Planungsrat
Der ITPR unterliegt aber der fachlichen Weisung der bzw. des jeweiligen Vorsit-
zenden.
Träger Dem IT-Planungsrat gehören als Mitglieder der Beauftragte der Bundesregierung
für Informationstechnik und jeweils ein für Informationstechnik zuständiger Ver-
treter jedes Landes an.
An den Sitzungen des IT-Planungsrats können drei Vertreter der kommunalen
Spitzenverbände sowie der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die In-
formationsfreiheit beratend teilnehmen.
Zu den Sitzungen des IT-Planungsrats können weitere Personen - insbesondere
Ansprechpartner/-innen der Fachministerkonferenzen - hinzugezogen werden,
soweit sie fachlich durch Entscheidungen des IT-Planungsrats betroffen sind.
Mandat Der IT-Planungsrat entscheidet durch Beschluss/Empfehlung. Er entscheidet auf
Antrag des Bundes bzw. dreier Länder. Entscheidungen des IT-Planungsrats wer-
den im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Beschlüsse des IT-Planungsrats bedürfen der Zustimmung des Bundes und 11
Ländern, welche mindestens zwei Drittel ihrer Finanzierungsanteile abbildet.
Empfehlungen für die öffentliche Verwaltung kann der IT-Planungsrat mit einfa-
cher Mehrheit der anwesenden Mitglieder aussprechen.
Webseite: http://www.it-planungsrat.de/
Steckbrief 10: IT-Planungsrat
Nationales E-Government Kompetenzzentrum e.V.
Name Nationales E-Government Kompetenzzentrum e.V.
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 54
Nationales E-Government Kompetenzzentrum e.V.
Aufgabenstel-
lung • Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Forschung und Lehre
durch Vergabe von Stipendien oder finanzielle Unterstützung von Forschun-
gen oder wissenschaftlichen Arbeiten entsprechend den vom Vorstand zu
verabschiedenden Vergaberichtlinien, die gemeinsam mit den Förderungs-
möglichkeiten in geeigneter Weise veröffentlicht werden
• Schaffung einer Bildungsplattform zum Thema E-Government
• Information der Allgemeinheit über Gesetzesinitiativen und Ähnliches zum
Thema E-Government
• Förderung von innovativen wissenschaftlichen Modellprojekten im Bereich
E-Government durch eigene Begleitforschung oder Vergabe von Forschungs-
aufträgen an Hilfspersonen im Sinne des § 57 AO
Budget Der Verein finanziert sich insbesondere aus Zuwendungen und Mitgliedsbeiträ-
gen.
Rechtsform eingetragener Verein
Träger Mitglieder sind Vertreter aus Verwaltung, Forschung und der Wirtschaft
Webseite: http://www.negz.org/
Steckbrief 11: Nationales E-Government Kompetenzzentrum e.V.
Kompetenzzentrum Öffentliche IT
Name Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT)
Aufgabenstellung Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT erforscht praxisrelevante Konzepte und
entwickelt Anwendungen für die bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwi-
schen öffentlicher Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft.
Das Kompetenzzentrum unterstützt die (Weiter-) Entwicklung von Strategien für
die föderale IT-Infrastruktur, fördert effiziente Prozesse und sichere IT-Lösungen,
begleitet die strategische Ausrichtung im Bereich sicherer Identitäten und ver-
trauenswürdiger Kommunikation und identifiziert Trends sowie interdisziplinäre
Forschungs-und Entwicklungsaufgaben.
Budget Förderung durch das Bundesministerium des Innern
Rechtsform Rechtlich nicht selbständige Einrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förde-
rung der angewandten Forschung e.V.
Träger Das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS
Webseite http://www.oeffentliche-it.de
Steckbrief 12: Kompetenzzentrum Öffentliche IT
E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 55
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E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann – Ein Arbeitsprogramm. 59
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: zentrale E-Government Organisationen in Europa .............................................................. 14
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: U.S. Digital Service Playbook ..............................................................................................6
Abbildung 2: Digital by Default Service Standard UK ..............................................................................7
Abbildung 3: Digital Service Standard Australien (Australian Government Digital Transformation
Office, 2016b) ..........................................................................................................................................9
Abbildung 4: institutioneller Aufbau des E-Government in Österreich ................................................ 15
Abbildung 5: Aufbau des zentralen E-Government-Organs E-Government Schweiz ........................... 16
Abbildung 6: Logo der Single-Sign-On Lösung GOV.UK Verify .............................................................. 17
Abbildung 7: X-Road Infrastruktur Estland (Republic of Estonia Information System Authority Estonia,
2016b) ................................................................................................................................................... 31
Abbildung 8: Zusammenhang grundlegender Begriffe (Rat der IT-Beauftragten, 2009, S.7) ............... 34
Abbildung 9: Die Planungs- und Steuerungsinstrumente der IT-Steuerung Bund (Rat der IT-
Beauftragten, 2009, S.10) ..................................................................................................................... 35
Abbildung 10: Vollständige Referenzarchitektur elektronische Verwaltungsarbeit (Der Beauftragte
der Bundesregierung für Informationstechnik, 2013, S.21) ................................................................. 36
Abbildung 11: Prinzip der Erarbeitung einer „Digitalen Agenda Wien KONRET“ ................................. 49
Abbildung 12: Berlin.de als PPP-Portal von Wirtschaft und Land (Hart / Welzel, 2004, S. 42) ............ 51
Steckbriefverzeichnis Steckbrief 1: Government Digital Service (UK) ..................................................................................... 18
Steckbrief 2: EGIZ (AT) .......................................................................................................................... 18
Steckbrief 3: GovLab (USA) ................................................................................................................... 19
Steckbrief 4: Microsoft Start-Up Accelerator ....................................................................................... 20
Steckbrief 5: Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV) .................................................... 22
Steckbrief 6: e-Governance Academy Estland ...................................................................................... 22
Steckbrief 7: Stiftung Preußischer Kulturbesitz .................................................................................... 44
Steckbrief 8: Kulturstiftung des Bundes ............................................................................................... 45
Steckbrief 9: Technologiestiftung Berlin ............................................................................................... 46
Steckbrief 10: IT-Planungsrat ................................................................................................................ 53
Steckbrief 11: Nationales E-Government Kompetenzzentrum e.V. ..................................................... 54
Steckbrief 12: Kompetenzzentrum Öffentliche IT ................................................................................ 54