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6. Unreine öffentliche Güter Prof. Dr. Christian Holzner LMU München WS 2011/2012

6. Unreine öffentliche Güter - LMU

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Page 1: 6. Unreine öffentliche Güter - LMU

6. Unreine öffentliche Güter

Prof. Dr. Christian Holzner

LMU München

WS 2011/2012

Page 2: 6. Unreine öffentliche Güter - LMU

6. Unreine öffentliche Güter

6.1 Allmendegüter

6.2 Klub-/Mautgüter

LiteraturRichard Cornes und Todd Sandler, The Theory ofExternalities, Public Goods, and Club Goods, CambridgeUniversity Press, Cambridge, 1986, Kapitel 10.Giacomo Corneo, Öffentliche Finanzen: Ausgabenpolitik, MohrSiebeck, Tübingen, 2003, Kapitel II.6.Jean Hindricks und Gareth D. Myles, Intermediate PublicEconomics, MIT Press, Cambridge, MA, 2006, Kapitel 6 und7.4.5.Wellisch, Finanzwissenschaft I - Rechtfertigung derStaatstätigkeit, Vahlen, München, 1999, Kapitel 3. [*]

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6.1 Allmendegüter

6.1.1 Klassifiktion

Ausschließbarkeit

Ja Nein

Riv

alit

ät

JaPrivate Güter

(Kapitel 2)

Unreine öffentl. Güter

(Allmendegüter)

NeinMautgüter Reine öffentliche Güter

(Kapitel 6)

Abbildung 1: Klassifikation

Definition:

Es herrscht Rivalität in der Nutzung, d.h. der Konsum einesNutzers mindert den Konsum eines anderen Nutzers, aber es gibtkeinen Ausschluss von der Nutzung des Gutes.

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Page 4: 6. Unreine öffentliche Güter - LMU

Entscheidender Punkt:

Jedes dieser Güter weist bei geringer Nutzung die Eigenschafteneines öffentlichen Gutes auf. Bei starker Inanspruchnahmebehindern sich aber die Nutzer des Gutes im Konsum gegenseitig.Es entsteht ein externer Effekt.

Beispiele:

Allmendewiese

Straße mit Stau

Fischgründe (Überfischung der Weltmeere)

Überlastete Websites (Fußball-Live-Ticker in der Schlussphaseeines wichtigen Spiels)

Erdorbit für Satelliten

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Unterscheidung zu externen Effekten wie in Kapitel 5:

Hier entsteht der externe Effekt zwischen Nutzern desselbenGutes, während es im vorigen Kapitel (vorrangig) um externeEffekte von Nutzern eines Gutes (oder Faktors) auf Drittegegangen ist.

Wir behandeln hier also einen Spezialfall externer Effekte.

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Beispiele:

Autofahren:

- Jeder Autofahrer behindert die anderen Autofahrer(Allmendeproblem),

- Autofahren verschmutzt die Umwelt (negativer externerEffekt).

Arbeitsmarkt:

- Eine intensivere Arbeitssuche verringert dieArbeitsmarktchancen anderer Arbeitsuchenden(Allmendeproblem),

- Eine intensivere Arbeitssuche erhöht die Chance einesArbeitgeber einen geeigneten Bewerber zu finden (positiverexterner Effekt).

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6.1.2 Das Allmendeproblem

Welcher Art sind die allokativen Probleme bei unreinenöffentlichen Gütern?

Wir werden zeigen, dass bei unreinen öffentlichen Gütern eineBereitstellung ohne Ausschlussmechanismus zur Übernutzungdes Gutes führt.

Betrachten wir das Problem des Weltraumschrotts im Erdorbit:

Die Zahl der im Erdorbit kreisenden Satelliten sei x.

Für Satelliten gibt es eine Nachfrage, die in der nachfolgendenGraphik mit GZB gekennzeichnet ist.

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Bei der “Angebotskurve” betrachten wir die Durchschnittskosten(DK) Kurve (ABC). Sie gibt an, welche Kosten eineRaumfahrtagentur für einen Satellitenstart auf sich nehmen muss.

- Sind nur wenige Satelliten im Orbit (zwischen A und B),verändern sich die Kosten jedes weiteren Satelliten nicht. DieDK-Kurve verläuft horizontal.⇒ Reines öffentliches Gut (keine Rivalität)

- Wenn die Zahl der Satelliten aber hinreichend groß ist,verursacht die Kollisionsgefahr zusätzliche Kosten (ab B), dajeder zusätzliche Satellit nun mit zusätzlichem Treibstoff fürAusweichmanöver ausgestattet werden muss.⇒ Unreines öffentliches Gut (Rivalität)

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Die Kosten des Satellitenstarts setzen sich aus zwei Komponentenzusammen:

Direkte Kosten C für den Transport in den Erdorbit: diese sindkonstant und unabhängig von der Dichte der Satelliten imOrbit, und

Indirekten Kosten durch zusätzlichen Treibstoff fürAusweichmanöver Z(x) mit Zx > 0 wenn x > xB (xB ist dieAnzahl der Satelliten, die dem Punkt B in der Graphikentspricht).

Die durchschnittlichen Kosten belaufen sich auf C + Z(x).Diese stellen die Kosten pro Satellitenstart dar, an denen sichdie Raumfahrtagentur orientiert (private Kosten). Diese wirdsolange Starts durchführen, bis die GZB der Kunden diesenprivaten Kosten entspricht (DK-Kurve in der Graphik).

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Es ergeben sich variable Gesamtkosten aus allen Starts in Höhevon

x [C + Z(x)] (1)

Dies sind die gesellschaftlich relevanten Kosten.

Die sozialen Grenzkosten betragen

∂x [C + Z(x)]

∂x= C + Z(x) + x

∂Z(x)

∂x(2)

Die sozialen Grenzkosten übersteigen die privaten um denletzten Term. Dieser Term gibt an, um wieviel ein weitererSatellit die Kosten aller anderen Satelliten erhöht (wennx > xB). Dieser Term heißt auch marginale Ballungskosten(GK-Kurve in der Graphik).

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0

DK

GK

GZBGK, DK

xistxopt

x

A B

D

GZB

C

E

Abbildung 2: Allmende-Problem

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Wie viele Satelliten werden im Gleichgewicht in den Erdorbitgeschossen?

Was entspricht einer effizienten Nutzung des Erdorbits?

Wohlfahrtsverlust:

- Fehlender Ausschluss führt zur Übernutzung des Erdorbits(Weltraumschrott): xopt < xist.

- Der daraus resultierende Wohlfahrtsverlust beträgt ...

Ergebnis:Bei unreinen öffentlichen Gütern führt der fehlende Ausschlusszu einer exzessiven Nutzung der Güter.

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Anderes Beispiel: Überfischung

Sei w der Lohn eines Fischers (Opportunitätskosten desFischens) und Li seine Arbeitszeit.

Wenn L =∑

j Lj die gesamte Arbeitszeit der Fischer auf demTeich ist, ist der gesamte Fang F (L) mit F ′ > 0 > F ′′.

Der Preis von Fisch sei eins.

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Der Gewinn eines Fischers ist proportional zu seinemArbeitseinsatz relativ zum Gesamteinsatz

(oder: mit jeder Arbeitsstunde erzielt ein Fischer denDurchschnittsertrag aller Fischer).

πi =Li

LF (L) − wLi (3)

πi = 0 ⇒F (L̂)

L̂= w (4)

Gleichgewicht:

Es werden solange Fischer ausfahren, bis der Gewinn null ist.

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Effizienz:

Nehmen wir an, der Teich würde exklusiv von einem Fischergenutzt.

Problem:

maxL

F (L) − wL (5)

FOC : F ′(L∗) − w = 0 (6)

Vergleich von (6)und (4) zeigt, dass L̂ > L∗: Es kommt zuÜberfischung.

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w

LLL*

F/LF´

^

Abbildung 3: Übernutzung von Allmendegütern

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6.1.3 Politikmaßnahmen bei Allmendegütern

Angesichts der Wohlfahrtsverluste stellt sich die Frage, wie man dieFehlallokation vermeiden kann.

1) Nutzungs- oder Zugangsgebühren

Um die effiziente Nutzung zu erreichen, kann der Staat nunNutzungsgebühren verlangen. Im Fall der Fischer wird danneine Lizenzgebühr verlangt.

Dazu muss der externe Effekt, den der marginale Fischer allenanderen Fischern verursacht, internalisiert werden. Die Gebührmuss daher der Differenz zwischen Grenz- undDurchschnittskosten im Optimum entsprechen.

Zeichnen Sie die Gebühr in die nachfolgende Graphik ein.

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w

LLL*

F/LF´

^

Abbildung 4: Nutzungsgebühren

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2) Eigentumsrechte (siehe auch “Coase-Theorem” Kapitel 5)

Das unreine öffentliche Gut kann einfach dadurch zu einemprivaten Gut werden, indem man Eigentumsrechte definiert.

So könnte man im Falle des Gewässers die Rechte an eine(gewinnmax.) Firma geben, die gegen Nutzungsentgelt denFischern Fangrechte verkauft.

Das Nutzungsentgelt ist ein effektiver Ausschluss-mechanismus, der unter Wettbewerbsbedingungen zuroptimalen Lösung führt.

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Nicht immer ist eine solche privatwirtschaftliche Lösunggeeignet, um ein optimales Ergebnis zu erreichen. Denn oftbedeutet die Vergabe eines Eigentumsrechtes, dass man demneuen Eigentümer eine Monopolstellung gewährt, die ebenfallszu Wohlfahrtsverlusten führen würde.

Überlegen Sie, welchen Preis pro Lizenz eine solche Firmasetzen würde?

Welche Einnahmen würde der Staat erzielen, wenn er dieEigentumsrechte versteigert?

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w

LLL*

F/LF´

^

Abbildung 5: Monopol als Eigentümer

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3) Mechanismen zur Selbstkontrolle

Elinor Ostrom: Nobelpreisträgerin 2009“Elinor Ostrom has challenged the conventional wisdom thatcommon property is poorly managed and should be eitherregulated by central authorities or privatized. Based onnumerous studies of user-managed fish stocks, pastures,woods, lakes, and groundwater basins, Ostrom concludes thatthe outcomes are, more often than not, better than predictedby standard theories. She observes that resource usersfrequently develop sophisticated mechanisms fordecision-making and rule enforcement to handle conflicts ofinterest, and she characterizes the rules that promotesuccessful outcomes.”

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Analyse zahlreicher Einzelfälle weltweit (z.B. regionaleBewirtschaftungsformen für Hochgebirgsalmen in der Schweizund Japan sowie Bewässerungssysteme in Spanien und denPhilippinen)

Beispiel (Türkei), wie sich das Dilemma der Überfischung lösenlässt:

- Dort haben Fischer in einem Ort eine Art Kooperativegegründet, in der jeder einen bestimmten Meeresabschnittzugeteilt bekommt.

- Weil die Bereiche unterschiedlich attraktiv sind, rotieren diejeweiligen Seegebiete zwischen den Betroffenen.

- So bekommt jeder eine faire Chance - und gleichzeitig werdenalle Fischer von ihren Konkurrenten überwacht.

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6.1.4 Weitere Anwendungsfelder

Beispiel: Wanderung bei fehlenden Bodentiteln

In weniger entwickelten Regionen der Welt existieren oft nochimmer keine Eigentumsrechte. Bauern müssen für ihr Viehständig nach geeigneten Landstrichen suchen (Nomadentum).

Möglicher Grund: Geringe Ertragskraft des Bodens erfordertgroße Flächen, um das Überleben zu ermöglichen. Bei großenArealen sind Eigentumsrechte aber schwer durchzusetzen.

Allmendeproblem: Die fehlenden Eigentumsrechte führen zueiner Übernutzung des Bodens (und der Holzvorräte sowie derWasserressourcen).

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Beispiel: Sahel-Zone und Guinea-Küste

Den Effekt der Überbevölkerung wollen wir anhand eineseinfachen Wanderungsmodells näher untersuchen.

Es gibt zwei Regionen mit einer Bevölkerung von S (Sahel)und G (Guinea). Die Gesamtbevölkerung ist B = S + G.

Die Bewohner der gesamten Region können ihren Standort freiwählen.

Der Output, den die Bevölkerung erwirtschaftet, sei s(S) bzw.g(G). Das Grenzprodukt in jeder Region ist abnehmend(s′, g′ > 0; s′′, g′′ < 0).

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In der Region G existieren Eigentumsrechte. Der einzelneArbeitnehmer erhält das Grenzprodukt seiner Arbeit als Lohn.Die Bodenrente erhält der Landbesitzer.

In der Region S dagegen existieren keine Eigentumsrechte amBoden. Aus Sicht des Individuums verdient man in dieserRegion das Durchschnittsprodukt s/S.

Das Wanderungsgleichgewicht ist in der nachfolgendenGraphik dargestellt. Die Zahl der Personen in der Sahel-Regionist von links nach rechts abgetragen; die Zahl der Personen inder Guinea-Region von rechts nach links.

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0

s’, s/S

G

s/S

D

A

s’C

S

g’, g/G

g/G

g’

EF

Abbildung 6: Sahel-Zone und Guinea

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Was wäre die effiziente Aufteilung der Bevölkerung?

Solange ein Einkommensdifferential zwischen den Regionenbesteht, findet Wanderung statt. Wann ist dasWanderungsgleichgewicht erreicht?

Wie groß ist der Wohlfahrtsverlust? Warum fallen individuelleund kollektive Rationalität auseinander?

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Was halten Sie von folgenden Politikmaßnahmen?

Hilfslieferungen an die unterentwickelte Region S

Hilfslieferung an Region G

Schaffung von Eigentumsrechten in S

Quelle: H.-W. Sinn, “The Sahel Problem”, Kyklos 41, 1988,187-213.

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6.1.5 Reichen Nutzungsgebühren zur Finanzierung?

Gerade im Zusammenhang mit der Straßennutzung tritt häufigdie Frage auf, ob man unreine öffentliche Güter durch eineoptimale Nutzungsgebühr finanzieren kann.

Der in Geld bewertete Zeitaufwand der Autofahrer DK(x; B)hängt von der Zahl der Durchfahrten x und der Breite derStraße ab (mit DKx > 0 und DKB < 0).

Die Grenzzahlungsbereitschaft der Autofahrer ist wiederumdurch GZB(x) angegeben.

Verbreiterung der Straße verursacht konstante Grenzkosten c.

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Der soziale Planer max. Konsumentenrente minus Kosten:

maxx,B

∫ x

0

GZB(u)du − xDK(x; B) − cB (7)

Die Bedingungen erster Ordnung für x lautet:

GZB(x) = DK(x; B) + xDKx (8)

Interpretation:

(8): Die GZB des letzten Nutzers muss den sozialen GK (=DK und Ballungsexternalität) entsprechen. Die optimale Mautbeträgt t = xDKx.

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Die Bedingungen erster Ordnung für B lautet:

− xDKB = c (9)

Interpretation:

(9): DKB gibt in Geldeinheiten die Zeitersparnis proAutofahrer wieder, wenn die Straße marginal verbreitert wird.

Die Straße sollte verbreitert werden solange die Summe der ZBfür eine breitere Straße (xDKB) die Kosten der Verbreiterungc übersteigt (Samuelson-Regel).

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Falls DK(x; B) homogen vom Grade λ ist, gilt aufgrund desEulerschen Theorems:

DKxx + DKBB = λDK (10)

Unter Verwendung der optimalen Maut t und derOptimalbedingung (9) erhalten wir:

tx = cB + λDKx (11)

Interpretation:Auf der linken Seite stehen die Mauteinnahmen.Der erste Ausdruck auf der rechten Seite misst die Baukostender Straße.Das Aufkommen aus der Nutzungsgebühr reicht also nur dannzur Finanzierung, wenn der Homogenitätsgrad λ ≥ 0.

Welche inhaltliche Bedeutung hat λ?

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6.2 Klub-/Mautgüter

6.2.1 Klassifiktion

Ausschließbarkeit

Ja Nein

Riv

alit

ät

JaPrivate Güter

(Kapitel 2)

Unreine öffentl. Güter I

(Allmendegüter)

(Kapitel 6)

Nein

Unreine öffentl. Güter II

(Mautgüter/Clubgüter)

(Kapitel 7)

Reine öffentliche Güter

(Kapitel 4)

Abbildung 7: Klassifikation

Definition von Klubgütern:

Güter, bei denen es bei hinreichender Nutzung zu “Crowding”kommt, und ein Ausschluss prinzipiell möglich ist.

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Frage:

Können öffentliche Güter in effizientem Umfang auch von Privatenbereitgestellt werden, wenn es einen Ausschlussmechanismus gibt?

Eigenschaften eines solchen Klubs:

Die Mitglieder teilen sich die Nutzung eines unreinenöffentlichen Gutes, wobei der Umfang des “Crowding” von derNutzung (bzw. der Zahl der Nutzer im Club) abhängt.

Die Mitgliedschaft in einem Klub ist freiwillig (im Gegensatzz.B. zu staatlicher Zwangsfinanzierung über Steuern).

Es gibt einen Ausschlussmechanismus, so dassNicht-Mitglieder oder Nicht-Zahler von der Nutzung des Gutesausgeschlossen werden können.

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Die Idee der Klubs wurde von James Buchanan popularisiert(J.M. Buchanan, “An Economic Theory of Clubs”, Economica 32,1965, 1-14).

Beispiele:

Tennisverein

Private Schwimmbäder

Private Autobahnen

Private Schulen und Hochschulen

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6.2.2 Ein einfaches Modell der Klubgüter

Die Gesellschaft habe n identische Mitglieder, die(zunächst)alle das Klubgut in fixem Umfang nutzen.

Der einzelne Haushalt hat die Nutzenfunktion

U = u(x, G) (12)

mit

x: Konsum des privaten Gutes

G: Konsum des Clubguts (alle Nutzer konsumieren die gleicheMenge / Qualität)

Der Nutzen steigt im Konsum der beiden Güter, Ux, UG > 0.

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Die Kosten der Bereitstellung seien

C(n, G) (13)

mit CG > 0, und Cn ≥ 0.

Im Fall eines reinen öffentlichen Gutes gilt Cn = 0,

mit Überfüllung (Crowding) Cn > 0.

Die Kosten C(n, G) werden unter den Klubmitgliederngleichmäßig aufgeteilt, d.h. Kosten C(n, G)/n pro Haushalt.

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Der Preis des privaten Gutes sei auf 1 normiert.

Die Budgetrestriktion eines Haushalts (Klubmitglieds) lautet:

M = x +C(n, G)

n(14)

mit M : exogenes Einkommen des Haushalts

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Maximierungsproblem des Klubs:

Gegenüber einem reinen öff. Gut gibt es jetzt zwei Fragen:

1. Wie viele Mitglieder sollte der Klub aufnehmen (Zahl derNutzer bzw. Intensität der Nutzung) - Wahl von n?

2. In welcher Qualität sollte das Klubgut bereitgestellt werden -Wahl von G?

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Nehmen wir an, ein Klub maximiere den Nutzen einesrepräsentativen Mitglieds:

Durch Verwendung der Budgetrestriktion erhalten wir:

maxG,n

u

(

M −C(n, G)

n, G

)

(15)

FOCs:

G : −uxCG

n+ uG = 0 (16)

n : −ux

(

nCn − C

n2

)

= 0 (17)

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Die optimale Qualität des Klubgutes:Aus (16) folgt:

nuG

ux

= CG (18)

⇒ Dies entspricht der Samuelson Bedingung. Warum?

- Auf der rechten Seite stehen die Grenzkosten derBereitstellung.

- Die linke Seite gibt die Summe derGrenzzahlungsbereitschaften an (Samuelson-Regel).

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Die optimale Mitgliederzahl des Klubgutes:Aus (17) folgt:

Cn =C

n(19)

⇒ Bereitstellungskosten pro Kopf sind minimal, wenn Grenzkosteneines weiteren Nutzers = Durchschnittskosten (siehe Graphik).

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n

C/n

Cn

n*

EUR

Abbildung 8: Optimale Klubgröße

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Wettbewerb der Klubs -Optimale Aufteilung der Bevölkerung

Frage:Klub maximiert Nutzen eines repräsentativen Mitglieds. Aber führtauch der Wettbewerb zwischen Klubs zu einer effizientenAllokation?

Wenn die optimale Clubgröße n∗ klein ist relativ zurGesamtbevölkerung N : Typischerweise ja.

Idee: Kein Club wird mehr (oder weniger) als n∗ Mitgliederaufnehmen.

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Wir maximieren dazu den Gewinn eines kompetitiven Clubs.

Sei F der Mitgliedsbeitrag und U∗ das für den Haushaltoptimale Nutzenniveau (das z.B. durch das Angebot deranderen Clubs bestimmt ist).

Der gewinnmaximierende Club betrachtet

maxG,n,F

π = nF − C(G, n) (20)

s.t. U(M − F ; G) ≥ U∗ (21)

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Bedingungen erster Ordnung:

∂π

∂G= −CG + λUG = 0 (22)

∂π

∂n= F − Cn = 0 (23)

∂π

∂F= n − λUx = 0 (24)

wobei λ der Lagrangemultiplikator ist.

Überprüfen Sie, ob die wettbewerbliche Lösung mit der Lösungin (18) und (19) übereinstimmt.

Beachten Sie dabei, dass im kompetitiven Gleichgewicht alleKlubs Nullgewinn erzielen.

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Ergebnis:

Falls sich Klubs in hinreichender Zahl replizieren lassen und dieBevölkerung groß ist, führt Wettbewerb unter den Klubs zum sozialoptimalen Ergebnis.

- Es bilden sich dann (ungefähr) N/n∗ Klubs der optimalenGröße (genau N/n∗, wenn das eine ganze Zahl ist).

- Das Ergebnis ist effizient, da es nicht möglich ist, irgendeinIndividuum besser zu stellen.

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Was ist aber, wenn die Bevölkerung relativ zu n∗ klein ist. Bsp.:n∗ < N < 2n∗). Kann es ein Gleichgewicht (GGW) mit 2 Klubsmit je N/2 Mitgliedern geben?

Nein,

Denn wenn ein Mitglied aus Klub 1 austritt und in Klub 2eintritt, steigt sein Nutzen und der Nutzen der bisherigenMitglieder von Klub 2.

Im GGW muss folglich ein Klub n∗ Mitglieder haben und derandere N − n∗.

Die Mitglieder des größeren Klubs haben einen höherenNutzen; sie haben keinen Anreiz zu wechseln oder Mitgliederdes kleineren Klubs aufzunehmen.

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( )��

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Abbildung 9: Nutzen und Klubgröße

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Welche Aufteilung ist aus gesellschaftlicher Sicht optimal?- Ein (zu großer) Klub?- 2 gleich große Klubs?- Ein optimaler und ein zu kleiner Klub?

Das hängt von den funktionalen Formen ab.

Beispiel (siehe Graphik):N = 1: Gesamtbevölkerungn: Mitgliedschaft in Klub 1(1 − n): Mitgliedschaft in Klub 2

Nutzenfunktion sei

u1(n) = n3(1 − n), u2(n) = (1 − n)3n

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���

��

��

Abbildung 10: Wohlfahrt und Klubgröße

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GGW: Ein Klub mit Größe n∗ = 3/4, ein Klub mit1 − n∗ = 1/4.

Optimum: Maximiere Gesamtwohlfahrt:

W = nu1(n) + (1 − n)u2(n)

Wohlfahrtsfunktion hat Maximum bei n̂ = 0.79 > n∗ (bzw.n = 0.21): ein Klub ist größer als die gleichgewichtige Größe,der andere kleiner.

Wenn die optimale Klubgröße groß ist, ist das GGW nichtmehr notwendigerweise effizient.

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6.2.3 Variable Nutzung des Klubgutes

Wie vorher betrachten wir identische Individuen, doch ist dieNutzung des Klubgutes nun variabel (Zahl der Besuche desKlubs).

Sei v die Zahl der Besuche pro Klubmitglied. Die Gesamtzahlder Besuche ist V = nv.

Die Nutzenfunktion des Haushalts ist nun U = U(x, G, v, V ),wobei der Nutzen des Haushalts in die Nutzung des Clubgutessteigt (Uv > 0), aber wegen des Crowding Effekts in derNutzung durch alle Mitglieder abnimmt (UV < 0).

Die Kostenfunktion C(G, nv) berücksichtigt nun auch, dassdie Kosten mit der Nutzung ansteigen, Cv > 0.

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Maximierungsproblem des Klubs:

Durch Verwendung der Budgetrestriktion erhalten wir:

maxG,n,v

U(M − C(G, nv)/n, G, v, nv) (25)

Die Bedingungen erster Ordnung lauten:

G : −UxCG/n + UG = 0 (26)

n : −UxCV (G, nv)vn − C(G, nv)

n2+ UV v = 0 (27)

v : −UxCV (G, nv) + Uv + UV n = 0 (28)

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Die optimale Qualität des Clubgutes

Aus (26) folgt, dass die optimale Qualität wiederum durch dieSamuelson-Regel gegeben ist:

nUG

Ux

= CG (29)

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Die optimale Mitgliederzahl des Klubs

Durch Umstellen von (27) erhält man:

− vUV

Ux

+CV (G, nv)v

n=

C(G, nv)

n2(30)

Interpretation:

Auf der linken Seite steht der Grenznachteil eines weiterenKlubmitglieds.

- Erstens erleidet das Klubmitglied höhere Crowdingkosten durchdas neue Mitglied, das den Klub im Umfang v nutzt(ausgedrückt als Grenzzahlungsbereitschaft in Einheiten desNumerairegutes x).

- Zweitens entstehen durch das neue Mitglied höhereNutzungskosten, die auf alle n Mitglieder umgelegt werden.

Auf der rechten Seite steht die Verringerung der pro KopfKosten durch ein weiteres Mitglied (Grenzvorteil).

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Page 58: 6. Unreine öffentliche Güter - LMU

Die optimale Nutzung des Klubgutes

Durch Umstellen von (28) erhält man

Uv

Ux

= CV (G, nv) − nUV

Ux

(31)

Interpretation:

- Auf der linken Seite steht der Grenzvorteil eines weiterenBesuchs.

- Auf der rechten Seite steht der Grenznachteil. Er bestehterstens aus den zusätzlichen Nutzungskosten und zweitens denzusätzlichen Crowdingkosten, die bei allen n Clubmitgliedernanfallen.

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Ineffizienz der (Wettbewerbs-)Lösung

Die obigen Bedingungen beschreiben eine effiziente Lösung,die sich allerdings mit dem bisherigen Instrumentarium nichterreichen lassen wird (egal ob der Klub im Wettbewerb stehtoder nicht).

Denn die individuellen Anreize der Klubmitglieder führen zueiner Übernutzung relativ zur Optimallösung.

Da der Klub annahmegemäß nur eine Gebühr pro Kopferhebt, entstehen dem einzelnen Mitglied aus der zusätzlichenNutzung keine zusätzlichen Kosten. Dies führt zu einerÜbernutzung.

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Nehmen wir an, das repräsentative Klubmitglied hat eineMitgliedsgebühr von F ∗ bezahlt und alle übrigen Mitgliedernutzen den Klub im Umfang v∗.

Die Nutzungsentscheidung des Mitglieds ergibt sich aus

maxv

U(M − F ∗; G∗; v; (n − 1)v∗ + v) (32)

Ableiten nach v und Nullsetzen ergibt:

Uv + UV = 0 (33)

Das Mitglied dehnt die Nutzung aus, solange bis derGrenznutzen eines weiteren Besuchs die marginalenCrowdingkosten erreicht.

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Umstellen und Division durch Ux ergibt

Uv

Ux

= −UV

Ux

(34)

Nun können wir die individuelle Nutzungsentscheidung mit demOptimum in (46) vergleichen.

Das Mitglied vernachlässigt in seiner Entscheidung zweiKosten:

Die zusätzlichen Nutzungskosten (CV )

Die Crowdingkosten der übrigen Klubmitglieder ((n − 1)UV

Ux)

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6.2.4 Zweiteilige Gebühr bei variabler Nutzung

Um das obige Problem zu vermeiden, benötigt der Klub alszweites Instrumentarium eine nutzungsabhängige Gebühr.

Sei p der Preis pro Nutzung durch ein Klubmitglied.

Der Klub maximiert den Nutzen des repräsentativenKlubmitglieds

U = U(x, G, v, V ) (35)

unter Beachtung der Budgetrestriktion des Mitglieds

M = x + F + pv (36)

und der Budgetrestriktion des Klubs

nF + npv = C(G; nv) (37)

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Der Klub maximiert

maxG,n,v,F

L = U(M − F − pv; G; v; nv) + λ(nF + npv − C(G; nv))

Die Bedingungen erster Ordnung lauten:

∂L

∂G= UG + λ(−CG) = 0 (38)

∂L

∂n= UV v + λ(F + pv − CV v) = 0 (39)

∂L

∂v= −Uxp + Uv + UV n + λ(np − CV n) = 0 (40)

∂L

∂F= −Ux + λn = 0 (41)

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Was ist die Optimalbedingungen für die Qualität des Klubs?

Auflösen von (41) liefert

λ =Ux

n(42)

Einsetzen in (38) gibt die Optimalbedingung (SamuelsonBedingung) für die Qualität des Klubs G (vgl. (29)

nUG

Ux

= CG (43)

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Page 65: 6. Unreine öffentliche Güter - LMU

Einsetzen in (39) und Verwenden der Klub-Budgetrestriktion(37) gibt die Optimalbedingung für die Größe des Klubs n(vgl. (30)),

−vUV

Ux

+CV (G, nv)v

n=

C(G, nv)

n2(44)

Einsetzen in (40) gibt die Optimalbedingung für dieNutzung des Klubs v (vgl. (46)),

Uv

Ux

= CV (G, nv) − nUV

Ux

(45)

Wie hoch muss der Klub den Nutzungspreis p setzen, um dieOptimalitätsbedingung zu implementieren?

p = CV (G, nv) − (n − 1)UV

Ux

(46)

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