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30.08.2015
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Leseprobe: Kluge Impulse zum Umgang mit
digitalen Medien // Von Marcus Klug
Bereits 1970 beschrieb Alvin Toffler die Auswirkungen von
Technologisierung und Beschleunigung auf unsere Kultur.
„Der Zukunftsschock ist die Reaktion auf Überstimulation. Er
tritt ein, wenn das Individuum gezwungen wird, oberhalb
seines Anpassungsbereiches zu reagieren.“ Die Gedanken von
Toffler sind 2015 aktueller denn je, denn viele Menschen
fühlen sich angesichts der Digitalisierung überfordert. Aber
welche Strategien führen zu mehr Souveränität?
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A wie Analog
Analog ist die Blaupause des Digitalen. Unser Gehirn durchdringt
Zusammenhänge auf eine andere Art, wenn wir vor dem Eintritt ins
Digitale gelernt haben, vorerst auf das Digitale zu verzichten. Wenn ich
lerne zu rechnen, rechne ich zunächst im Kopf auf einem Blatt Papier
mit einem Stift in der Hand. Und bevor ein Film mit digitalen Mitteln
auf der Leinwand auftaucht, zeichnet ein Illustrator das Storyboard dazu.
Auch Unternehmer im Silicon Valley haben dieses Prinzip erkannt – das
Wechselspiel zwischen Analog und Digital. So schreibt Andre Wilkens
in seinem Buch „Analog ist das neue Bio“: „Im Silicon Valley boomen
die Waldorfschulen. Die Kinder der digitalen Elite lernen dort ohne
Bildschirme, aber mit viel physischer und menschlicher Interaktion,
handwerkliches Arbeiten, durch Basteln“. Und selbst bei Steve Jobs
waren die iPods zu Hause verboten.
Es ist also ein Trugschluss, zu glauben, dass das Analoge mit dem
Digitalen schon sehr bald verschwinden wird. Es geht stattdessen darum,
die Logik unserer Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben, Rechnen und
Zeichnen mental zu verinnerlichen, bevor die Digitalisierung eintritt.
Der Begriff des „Be-Greifens“ bringt diesen Sachverhalt auf den Punkt:
„Stein auf Stein, das Häuschen wird bald fertig sein“ lernt sich besser,
wenn man dabei die Fäuste wiederholt übereinander kreuzt. Haptik und
Erinnerung bilden bei der menschlichen Gedächtnisbildung somit eine
Symbiose.
Schon Friedrich Nietzsche wusste, dass das Schreibwerkzeug an
unseren Gedanken mitschreibt. Wenn ich meine Woche plane, nehme
ich zunächst ein Blatt Papier und verzeichne dort alle Aktivitäten mit
farblich markierten Zetteln. Dasselbe mache ich mit Präsentationen. Ich
nutze eine Storyboard-Vorlage und zeichne in diese Vorlage die
wichtigsten Bildeinstellungen, die erst später digitalisiert werden. Auf
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diese Weise übe ich mich permanent im „Be-Greifen“, wechsle aber
auch die Schreibwerkzeuge, um genügend Abstand und Reflexionsraum
zwischen den Medien zu schaffen. Analog und Digital. Stift und
Tastatur. Oder Stift und Touchpad.
Ich muss dabei immer an eine schöne junge Frau denken, die einst in
einem Seminar erschien, und die digital aufgewachsen ist: Born digital.
Diese junge Frau erzählte mir von ihrer Passion des Briefeschreibens.
„Für mich ist es eine enorme Abwechslung“, so erzählte sie, „wenn ich
den Strom der digitalen Kommunikation einmal bewusst im Alltag
unterbreche, um meinen Freunden längere Briefe zu schreiben.“
D wie Digital
Stellen Sie sich vor, das Reisen in fremde Kulturen wäre für Sie das
Wichtigste im Leben und jetzt hätten Sie endlich die Möglichkeit dazu,
eine Weltreise zu unternehmen, ohne sich Sorgen um Ihre Finanzen zu
machen.
Digital ist vor allem da nützlich, wo es um die Produktion,
Vernetzung und Distribution von Daten geht. Vielen Daten. Stichwort:
Big Data. Timothy Ferriss hat die Vorzüge des Digitalen eindrucksvoll
in seinem recht unterhaltsamen Werk „Die 4-Stunden Woche“
beschrieben: Ferriss war über lange Zeit Workaholic mit 80-Stunden-
Woche. Auf dem Weg zu einem alternativen Lebensentwurf entdeckte er
dann die Vorzüge des Digitalen für sich: Kann uns Digital tatsächlich
dabei helfen, den eigenen Lebenszielen Vorrang zu geben und sich
selbst mehr zu entlasten?
Das Entscheidende bei dieser Frage ist der Weg aus dem Hamsterrad.
Statt vor lauter digitalen Möglichkeiten die Orientierung zu verlieren
und sich von Digital überrollen zu lassen, können wir diesen Gedanken
auch umkehren. Outsourcing, Delegation und die Regelung des
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alltäglichen Informationsflusses sind Hilfsmittel, die geschickt
eingesetzt werden sollten, um möglichst schnell Zeiträume für den
Entwurf eines alternativen Lebensentwurfes zu schaffen, so die
Grundidee von Ferriss. Aber auch wenn Sie die Idee von Ferriss
vielleicht nicht so wirklich überzeugt, so gibt es doch mittlerweile eine
ganze Reihe von digitalen Möglichkeiten, sein Einkommen passiv zu
generieren, um dadurch das tägliche Hamsterrad ein Stück weit
runterzuschalten oder dieses gar weitgehend hinter sich zu lassen. Die
Antwort zu dieser Alternative finden Sie im Internet.
Zunächst sollten Sie eine eigene Nische ausbilden. Wer den Markt
bereits überprüft hat und seine eigene Nische gefunden hat, für den gibt
es unterschiedliche Medien, die dabei nützlich sein können, passives
Einkommen zu generieren. Beispiele für solche Medien sind Blogs,
YouTube als Video-Plattform, Podcasts oder das Vertreiben von E-
Books auf Amazon. Einen ersten Überblick finden Sie in dem E-Book
„Passives Einkommen. Wie Sie selbstständig in Heimarbeit online Geld
verdienen, Ihre finanzielle Freiheit erlangen und dem Hamsterrad
entkommen“ von Radek Mitch.
Und wie sehen solche alternativen Lebensentwürfe aus, die auf den
Möglichkeiten des Digitalen fußen? Mir fallen dazu gerade zwei
konkrete Beispiele ein. Erstes Beispiel: Tim Pritlove produziert in
seinem Studio am Prenzlauer Berg in Berlin Podcasts, in denen er sich
thematisch mit Computern, Netzwerken und Kommunikation
auseinandersetzt. Das macht er seit 2005. Und seit 2008 sind diese
Produktionen in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten gerückt. Dabei
werden seine Sendungen zu unterschiedlichen Nischen-Themen wie
„Elektronisches Geld“ rein über das Internet distribuiert. Die Hörer
abonnieren seine Sendungen und zahlen, wenn sie ihnen gefallen. Auf
diese Weise verdient Pritlove monatlich bis zu 2.500 Euro. Und er
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bekommt teilweise auch Spenden für Sendungen, die bereits vor längerer
Zeit ausgestrahlt worden sind, da sie noch im Netz verfügbar sind.
Zweites Beispiel: Anja Förster und Peter Kreuz. Anja und Peter sind
miteinander verheiratet. Sie leben und arbeiten in Heidelberg und in
Frankreich, halten Keynote-Vorträge in Europa und der ganzen Welt.
Stets interessiert, von anderen Kulturen zu lernen, haben sie bereits über
70 Länder bereist. Ursprünglich hatten beide zunächst ein MBA-
Studium in den USA absolviert, bevor sie über einen längere Zeit im
höheren Angestelltenverhältnis in der freien Wirtschaft tätig waren. Sie
war als Managerin für die Unternehmensberatung Accenture tätig und
leitete Projekte in den Bereichen Human Performance und Change
Management. Er lebte und arbeitete in den USA, war Senior Berater bei
Andersen Consulting und Assistant Professor für Internationales
Marketing & Management an der Wirtschaftsuniversität Wien. Dann
gründeten beide zusammen im Jahr 2002 ein eigenes Unternehmen. Das
Motiv für diesen konsequenten Schritt: das Gefühl individueller Freiheit.
Selbst zu entscheiden, zu ordnen, gestalten und Ideen
zusammenzuführen.
Förster und Kreuz setzen auf clevere Weise analoge und digitale
Medien gleichermaßen ein, um ihren Status und ihre Unabhängigkeit
weiter zu zementieren. Im Wesentlichen wollen sie als Querdenker
wahrgenommen werden, die mit Vorträgen und Büchern frische Impulse
für Wirtschaft und Management vermitteln. Dazu nutzen sie auch einen
eigenen Blog, Webvideo-Kanäle wie Vimeo und YouTube oder
entwickeln gar Apps für das Smartphone. So war beispielsweise ihre
App „99 Zitate für Business Querdenker“ bereits 2010 über vier Wochen
Platz eins im App-Store in der Kategorie „Business“.
Was Sie bei all diesen Möglichkeiten nicht vergessen sollten: Auch
kostenlose Inhalte können dazu beitragen, mehr Einkommen zu
generieren. Denn wer wie Förster und Kreuz eine kostenfreie App wie
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„99 Zitate für Business Querdenker“ anbietet, erweitert möglicherweise
auch seine Zielgruppe um neue Interessenten und lenkt damit die
Aufmerksamkeit auf sich. Die Kommunikationsexpertin Kerstin
Hoffmann hat diese Strategie ausgiebiger in ihrem Buch „Prinzip
Kostenlos“ beschrieben.
G wie Getting Things Done
Ein Musiker hat ständig Ideen für neue Songs. Und so fängt er immer
wieder von neuem mit einem weiteren Song an, hört aber ebenso schnell
wieder damit auf, weiter am Arrangement zu arbeiten, da schon bereits
die nächste Idee im Kopf wie angeflogen kommt. Fragt man den
Musiker danach, warum er keinen Song zu Ende bringt, so antwortet er:
„Ich habe eine Leidenschaft für alles Neue. Und so liebe ich es, ständig
neue Ideen auszuhecken, ohne je mit nur einem Song zum Ende zu
gelangen.“ Das Problem daran: Jede nicht beendete Idee gleicht einem
unabgeschlossenen Gedanken im Kopf, der anderen Gedanken die
Energie raubt. Genau dieses Problem ist auch der Aufhänger für die
Selbstmanagement-Methode „Getting Things Done“, zu Deutsch: „Wie
Sie die Dinge besser im Alltag geregelt bekommen“.
David Allen – Autor, Berater und Erfinder der Selbstmanagement-
Methode GTD – ist davon überzeugt, dass unabgeschlossene Gedanken
das Hauptproblem in unserer modernen Arbeitswelt bilden. Das gilt
gleichermaßen für gestresste Unternehmer, Manager und Gestalter sowie
für alle Menschen, die viele Aufgaben gleichzeitig erledigen müssen und
bei denen sich häufig auch Aufgaben zwischen Arbeit und Freizeit
überlappen. In der neuesten Ausgabe seines Klassikers „Getting Things
Done“ (2015) hat Allen noch einmal wesentliche Erkenntnisse seines
Selbstmanagement-Ansatzes auf die Anforderungen unserer zunehmend
digitalisierten Arbeitswelt angewandt.
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Zunächst erfassen Sie bei GTD sämtliche Dinge, die Sie beschäftigen –
ganz gleich welcher Art – bevor Sie diese Dinge in einem zweiten
Schritt weiter systematisieren und sich genauer überlegen, was Sie mit
damit überhaupt unternehmen wollen. Mit all den Gedanken, Ideen und
unabgeschlossenen Projekten, die Sie sicherlich recht häufig in ihrem
Alltag als Belastung empfinden!
Ein wesentlicher Kniff bei GTD sind die Open Ends, die offene
Enden. Da die Anzahl an Informationen in der modernen Arbeitswelt
stark angestiegen ist – unter anderem bedingt durch die Digitalisierung –
fällt es uns zunehmend schwerer im Alltag abzuschalten. Einerseits, so
sagt David Allen, müssen wir heute viel mehr Details in der
Wissensarbeit im Auge behalten (etwa im Bildungssektor, in der
Beratung oder im Management), andererseits wird von uns gleichzeitig
verlangt, stets so flexibel wie möglich zu agieren.
Daher benötigen wir eine Selbstmanagement-Methode, die beiden
Anforderungen gleichermaßen gerecht wird: nämlich einerseits den
Überblick über all die Einzelschritte zu bewahren, die wir bearbeiten,
andererseits aber auch so flexibel wie möglich auf Umstellungen und
veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Dies erfordert viel
Konzentration. GTD sorgt hier für mentale Entlastung, um diesen
anspruchsvollen Anforderungen überhaupt gerecht zu werden.
Der Kniff bei GTD lautet, all die Dinge, die uns beschäftigen,
zunächst möglichst lückenlos zu dokumentieren und wie „offene Enden“
zu behandeln. Obwohl die Bearbeitung von einzelnen Ideen und
Projekten noch nicht abgeschlossen ist, tun wir so, als ob das schon der
Fall wäre. Das bedeutet, dass wir deren Bearbeitung beispielsweise auf
einen anderen Zeitpunkt verschieben, um in der Zwischenzeit unsere
Konzentration auf die gegenwärtig anstehenden Aufgaben zu verlagern.
Wir gaukeln somit unserem Gehirn quasi vor, schon mit den anderen
Dingen abgeschlossen zu haben, damit es uns nicht ständig
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unaufgefordert mit seinen lauten Zwischenrufen dazwischenfunkt. Auf
diese Weise laufen wir erst gar nicht Gefahr, immer wieder an andere
Dinge denken zu müssen, die wir noch nicht erledigt haben, während wir
aktuell eigentlich mit ganz anderen Sachen beschäftigt sind. Das ist das
Kernproblem vieler Menschen heutzutage in der Organisation.
Ich wende GTD jetzt seit ungefähr vier Jahren an: Und ich kann nur
sagen – ein echter Befreiungsschlag für den Geist! Obwohl GTD als
Selbstmanagement-Strategie schon komplexer ist und man eine gewisse
Zeit benötigt (etwa zwei Jahre, so Allen), diesen Ansatz als neue
Organisationsgewohnheit im Alltag zu etablieren, kenne ich keine
Methode, die so wirkungsvoll ist, wenn es darum geht, mehr Klarheit im
Kopf zu gewinnen und sich mental von der Last jener negativen
Energien zu befreien, die mit unabgeschlossenen Projekten verbunden
ist. Dabei gewinnen auch unsere Entscheidungen und Handlungen an
Klarheit. Allen hat auch dazu in seiner Methode die passende Vorlage
entwickelt.
Wenn Sie mit GTD beginnen, durchlaufen Sie immer wieder
folgenden Algorithmus: Nachdem Sie alle Gedanken erfasst haben, die
Sie beschäftigen (schriftlich auf Papier oder digital), alle Gedanken, die
mit Projekten zusammenhängen, die Sie erledigen müssen oder wollen,
entscheiden Sie in einem zweiten Schritt, wie die konkrete Bearbeitung
aussehen soll: Sind es Dinge, die Sie sofort erledigen können? Dann
sollten Sie diese Dinge auch sofort erledigen: Das ist die Zweiminuten-
Regel von David Allen. Oder sind es Dinge, die erst später relevant sind,
irgendwann/vielleicht, Dinge, die Sie vielleicht auch delegieren können,
oder Dinge, die an sich gar nicht von Bedeutung sind. Dann gehören
diese Dinge in den Müll! So in etwa lautet der Algorithmus von Allen,
der Ihnen dabei hilft, mehr Klarheit in Ihren Entscheidungen zu
gewinnen und auf dieser Basis dementsprechend auch effizienter zu
handeln!
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Der Musiker, der so viele Songideen hatte, ist übrigens ein Freund von
David Allen. Als er GTD für sich entdeckte, löste er sein eigentliches
Problem mit den Ideen in seinem Kopf. Innerhalb nur eines Jahres
beendete er die Arbeit an mehr als 100 Songs und erlebte das als
mentalen Befreiungsschlag, was seine Produktivität anbelangte – so das
glückliche Ende unserer Geschichte!
N wie Nachrichtendiät
In einem Jahr verschlingen viele Menschen heutzutage etwa 10.000
Kurznachrichten vor ihrem Bildschirm. Nur ein einziges Mal, so erzählt
Rolf Dobelli in seinem Essay „Vergessen Sie die News!“, hatte eine
Kurznachricht für ihn wirklich Relevanz. Er fuhr zum Flughafen, wo
man ihm mitteilte, dass sein Flug wegen eines isländischen Vulkans
annuliert worden sei. Ansonsten gilt: Nachrichten sind wie
„Zuckerbonbons für den Geist“; sie schaffen nur kurzfristig
Befriedigung, ohne unseren Hunger nach Wissen wirklich zu
befriedigen.
Das hängt auch damit zusammen, dass News-Produzenten bewusst
auf unsere kurzfristige Aufmerksamkeit setzen. Denn unser zentrales
Nervensystem reagiert unverhältnismäßig auf skandalöse, laute,
personenbezogene und schnell wechselnde Reize. Die Folge: Alles
Feinsinnige, Hintergründige und Komplexe wird von den News-
Produzenten systematisch ausgeblendet. In der Wissenschaft nennt man
dieses Phänomen „availability bias“. Auf unseren Alltag bezogen
bedeutet das: „Sie können den Hang zur Überbewertung packender
Geschichten durch innere Kontemplation nicht wettmachen“.
Wer regelmäßig News liest – auch wenn dies bewusst geschieht und
nicht im Flug – dessen Wahrnehmung wird verzerrt. Und diese
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Verzerrung wirkt sich auch auf unser Verhalten aus. Dobelli nennt
hierzu das Beispiel von Nachrichten zu Flugzeugabstürzen. Wenn
Flugzeugabstürze als Aufhänger häufig in den Nachrichten auftauchen,
bewerten wir Flugzeugabstürze mit der Zeit als besonders wichtig,
obwohl diese rein statistisch betrachtet nur in den seltensten Fällen
auftreten. Und mit den Nachrichten zu den Flugzeugabstürzen verändert
sich auch unser Risikoverhalten. Am Flughafen reagieren wir dann auf
Durchsagen zu verspäteten Flugzeugen womöglich mit Panik: Ist
vielleicht mal wieder eine Maschine abgestürzt? Eine irrationale
Reaktion.
Die Empfehlung lautet: „Vergessen Sie die News!“. Ich bin dieser
Empfehlung bereits vor längerer Zeit gefolgt und habe meine News-
Aggregatoren in beruflicher Hinsicht beinahe vollständig ausgeschaltet,
mit Ausnahme von Twitter und Google+. Wenn ich überhaupt noch den
täglichen Nachrichtenstrom überfliege, um beispielsweise neue Blog-
Artikel zu schreiben, überfliege ich nur solche News, die
kontextbezogen sind. Die Filterkriterien dazu lauten: Wer einzelnen
Entscheidern und Experten in seinen Social Media-Kanälen folgt, erhält
schon vorab eine Auswahl an Nachrichten, die für die eigene
Kommunikation relevant sein könnte. Hinzu kommen Schlagworte
(Metadaten, Tags oder Hashtags). Allgemeine News in Zeitungen und
Fernsehen verfolge ich dagegen in den meisten Fällen so gut wie gar
nicht mehr. Nur ab und an schaue ich mir die Nachrichten um 20:15 Uhr
im Fernsehen an.
Sie glauben trotzdem, „etwas Wichtiges“ zu verpassen? Das
Argument von Dobelli dazu: „Wenn etwas Wichtiges geschieht, erfahren
Sie davon, selbst wenn Sie in einem newsgeschützten Kokon leben.
Familie, Freunde und Kollegen – also der soziale Filter – werden Ihnen
zuverlässiger als alle Newsunternehmen über die relevanten Ereignisse
berichten“. Außerdem hat der Verzicht auf Nachrichten eine positive
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psychologische Wirkung: Statt bei jeder neuen beunruhigen Meldung
Cortisol auszuschütten (ein Stresshormon), gewinnen wir an Klarheit
und Entscheidungskraft, wenn wir auf den Newskonsum verzichten.
Was Sie außerdem unternehmen sollten: Fördern Sie Ihre
Denkfähigkeit, in dem sie die eingesparte Zeit für den regelmäßigen
Newskonsum für das bewusstere Lesen von guten Magazinartikel und
Büchern nutzen! Das ist für mich nicht nur eine moderne Form der
Kontemplation, sondern auch ein Art von Muskeltraining. Denn Sie
fördern damit nicht nur Ihren Geist, sondern trainieren damit gleichfalls
auch Ihre Willensstärke und Ihr Durchhaltevermögen – wie bei einem
Marathonlauf!
Ich selbst lese beispielsweise nur relativ ungern Romane. Ich führe
aber eine Liste mit Romanen, die ich einmal gerne lesen würde. Im
letzten Sommerurlaub am Strand in Kroatien im Schatten unter einem
Baum habe ich es endlich gepackt: Ich habe den Roman „Atlas
Shrugged“ von Ayn Rand gelesen, der im Jahr 2012 unter dem Titel
„Der Streik“ neu aufgelegt worden ist. In der deutschen Version umfasst
der Roman mehr als 1.200 Seiten Umfang. Dabei handelt es sich um
einen philosophischen Roman, der wie ein Krimi angelegt ist, und zu
den einflussreichsten Büchern der USA zählt.
Der Roman erzählt die Geschichte von Dagny Taggart, Erbin einer
transkontinentalen Eisenbahnlinie, die das rätselhafte Verschwinden
erfolgreicher Großindustrieller zu verhindern versucht. Anhand dieser
Geschichte entwickelt Rand ihre Philosophie des Objektivismus, die den
Verstand zum Maß aller Dinge erklärt. Auch wenn man vielleicht nicht
mit einzelnen Aussagen von Rand einverstanden ist, so enthält das Buch
doch einige wichtige Denkimpulse, über die es sich lohnt, einmal
genauer nachzudenken.
Wer sich ausreichend Zeit für die Lektüre solcher anspruchsvollen
Romane nimmt, bekommt weitaus mehr geboten als ein „Zuckerbonbon
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für den Geist“, wie das bei dem Konsum von Nachrichten der Fall ist.
Denn Romane wie „Der Streik“ trainieren unseren Geist für komplexe
Zusammenhänge!
Weiterführende Quellen
Allen, D. (2015): Getting Things Done. The Art of Stress-Free
Productivity. Penguin: New York.
Dobelli, R. (2012): Die Kunst des klaren Denkens. 52 Denkfehler, die
Sie besser anderen überlassen. München: Carl Hanser.
Dobelli, R. (2012): Die Kunst des klugen Handelns. 52 Irrwege, die Sie
besser anderen überlassen. München: Carl Hanser.
Dobell, R. (2011): Vergessen Sie die News! Für eine gesunde
Nachrichtendiät. In: Schweizer Monat 984, März 2011, S. 14-22. Auch
abrufbar unter folgender Online-Quelle: http://www.dobelli.com/no-
news?lang=de.
Ferriss, T. (2015): Die 4-Stunden Woche. Mehr Zeit, mehr Geld, mehr
Leben. Berlin: Econ Verlag.
Förster, A.; Kreuz, P. (2014): Hört auf zu arbeiten! Eine Anstiftung,
das zu tun, was wirklich zählt. München: Random House.
Förster, A.; Kreuz, P. (2015): Macht was ihr liebt! 66 ½ Anstiftungen,
das zu tun, was im Leben wirklich zählt. München: Pantheon Verlag.
Hoffmann, K. (2012): Prinzip Kostenlos. Wissen verschenken –
Aufmerksamkeit steigern – Kunden gewinnen. Weinheim: Willey-
VCH Verlag.
Radek, M. (2015): Passives Einkommen – Wie Sie selbstständig in
Heimarbeit online Geld verdienen, Ihre finanzielle Freiheit erlangen
und dem Hamsterrad entkommen. Eigen produziertes E-Book,
kostenfrei auf Amazon erhältlich.
Rand, A. (2012): Der Streik. München: Verlag Kai M. John.
Wilkens, A. (2015): Analog ist das neue Bio. Berlin: Metrolit Verlag.
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Sie suchen nach weiteren Impulsen zum Umgang mit digitalen
Medien?
Bei dem Text handelte es sich um eine Leseprobe aus dem Buch
„Morgen weiß ich mehr. Intelligenter Lernen und Arbeiten nach der
digitalen Revolution“ von Marcus Klug und Michael Lindner, welches
im Frühjahr 2016 als E-Book auf Amazon und anderen Plattformen
veröffentlicht wird.
Weitere Informationen zum Buch finden Sie hier:
www.digitalistbesser.org
Der Autor
Marcus Klug ist Redner, Blogger
und Autor. In seinen Vorträgen und
Texten beschäftigt er sich mit den
Auswirkungen der Digitalisierung
auf die Bereiche Arbeit, Wissen,
Lernen und Selbstmanagement. Die
Basis zu diesen Schwerpunkten bildet die Online-Präsenz
„Digitalistbesser.org: Plattform für Veränderung und lebenslanges
Lernen“. Daneben arbeitet er als Online-Redakteur und Entwickler von
digitalen Wissensformaten für das Dialog- und Transferzentrum Demenz
(DZD) an der Universität Witten/Herdecke.
www.marcusklug.de
www.digitalistbesser.org
www.dialogzentrum-demenz.de
Vorschau: Frühjahr 2016 auf Amazon.de
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E-Book von Marcus Klug und Michael Lindner:
Wie können wir intelligenter lernen und arbeiten
nach der digitalen Revolution?
Warum gibt es heute – angesichts der digitalen Revolution – so wenig positive
Zukunftsvisionen, wo doch die Möglichkeiten so immens groß sind? Google und
Facebook haben Informationsbeschaffung und Kommunikation sehr viel einfacher
gemacht, dennoch bleiben wir heute weit hinter den Möglichkeiten zurück, die
digitale Technologien bieten. Wie sieht es beispielsweise mit der Idee aus, durch
das Internet Wissen weltweit zu verbreiten und wesentlich mehr Menschen
Bildung zugänglich zu machen? Oder wie sieht es mit dem Grad an
Selbstbestimmung in der modernen Arbeitswelt aus? Ermöglichen uns digitale
Technologien nicht auch mehr Freiheit und Gestaltung?
Die beiden Autoren dieses Buches – Marcus Klug und Michael Lindner –
wollen diese Fragen ausgehend von Zukunftsvisionen von gestern und heute näher
erforschen, um das positive Veränderungspotenzial für Kultur, Wissen und Arbeit
für die digitalen Welt von morgen freizulegen. Dabei bekommen Leser auf dieser
Entdeckungsreise nicht nur kluge Impulse für ihre eigenen Zukunftsvisionen an
die Hand, sondern lernen auch gleich die passenden Strategien für die digitale
Welt von morgen besser kennen. Wie sorgen wir zukünftig für mehr Energie in
der Umsetzung unserer Ideen? Wie können wir uns erfolgreicher auf ein Leben in
der Zukunft einstellen, wenn ein hohes Maß an geistiger Flexibilität und
Lernbereitschaft gefragt ist?
All diese Fragen werden im strategischen Teil dieses Buches beantwortet: Die
Leser erfahren, wie Sie die Möglichkeiten der digitalen Revolution auf
intelligentere Weise für sich nutzen können, und wie sich Lernen und Arbeiten in
der Zukunft verändern werden.
Fortlaufende Infos zum Stand des Buches gibt es hier:
www.digitalistbesser.org