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Leitthema Anaesthesist 2017 · 66:479–490 DOI 10.1007/s00101-017-0329-x Online publiziert: 4. Juli 2017 © Der/die Autor(en) 2017. Dieser Artikel ist eine Open-Access-Publikation. L. Martin 1,2 · M. Derwall 1 · C. Thiemermann 2 · T. Schürholz 3 1 Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Deutschland 2 The William Harvey Research Center, Centre for Translational Medicine & Therapeutics, Queen Mary University London, London, Großbritannien 3 Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsmedizin Rostock, Rostock, Deutschland Herz in der Sepsis Molekulare Mechanismen, Diagnose und Therapie der septischen Kardiomyopathie Molekulare Mechanismen der septischen Kardiomyopathie Das Überleben septischer Patienten ist klar mit dem Ausmaß des Multiorganver- sagens assoziiert. Hierbei fällt der kom- plexen Fehlregulation von Makro- und Mikrozirkulation eine entscheidende Rolle zu, die u. a. auf einem intravasalen Volumenmangel und einer peripheren Vasoplegie basiert [17]. Ältere Untersu- chungen (mit insuffizienter Volumen- und Katecholamintherapie) postulierten eine globale Ischämie als Ursache für die septische Kardiomyopathie [16, 36]. Dies konnte jedoch durch Arbeiten von Cunnion et al. eindrücklich widerlegt werden: Die Autoren fanden bei Patien- ten mit septischem Schock nach Kathe- terisierung des Sinus coronarius einen ähnlichen bis leicht erhöhten koronaren Fluss im Vergleich zu Probanden ohne septischen Schock [18]. Des Weiteren be- legen Positronen-Emissions-Tomogra- fie(PET)-Untersuchungen mittels 18F- Fluordesoxyglucose (FDG) keine globa- le kardiale Hypoxie während der Sepsis [38], sodass heute davon ausgegangen werden kann, dass eine globale Hypo- perfusion und Hypoxie keine Rolle in der septischen Kardiomyopathie spielen. Vielmehr besteht zunehmend Evidenz, dass die abgeschwächte adrenerge Ant- wort kardiomyozytärer Filamente einen globalen und direkten Mechanismus der septischen Kardiomyopathie darstellt [95, 100]. Hierfür scheinen suprazellulä- re (Abnahme β1-adrenerger Rezeptoren und Zunahme β3-adrenerger Rezepto- ren) und intrazelluläre (Abnahme sti- mulierender G-Proteine und Zunahme inhibierender G-Proteine) Mechanis- men von entscheidender Bedeutung zu sein [12, 109]. Diese Veränderungen resultieren in einer reduzierten Aktivität der Adenylatzyklase, die mit reduzierten Spiegeln von zyklischem Adenosinmo- nophosphat (cAMP) einhergeht, das die negativen Ergebnisse der Untersuchung des cAMP-abhängigen Inotropikums Milrinon (Phosphodiesterase-3-Inhibi- tor) zumindest teilweise erklärt [8]. Zirkulierende Faktoren, Zytokine und Stickstoffmonoxid Bereits 1985 beschrieb die Arbeitsgruppe um Parillo, dass das Serum von Patienten mit akutem septischen Schock Faktoren enthält, die die Kontraktionskraſt von isolierten Kardiomyozyten vermindert (. Tab. 1;[84]). Dieselbe Arbeitsgruppe konnte 4 Jahre später zeigen, dass ih- re Ergebnisse auf dem Vorhandensein von Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF- α) beruhten [76]. In folgenden Unter- suchungen wurde belegt, dass hierbei auch Interleukin-1β (IL-1β) eine Rolle spielt [53], und mehrere jüngere Stu- dien postulieren eine Schlüsselrolle für diverse proinflammatorische Zytokine (. Tab. 1)inderFrühphasederseptischen Kardiomyopathie [111]. In einer klini- schen Observationsstudie untersuchten Landesberg et al. den Zusammenhang zwischen diversen im Serum vorhan- denen pro- und antiinflammatorischen Zytokinen (IL-1β, IL-6, IL-8, IL-10, IL- 18, TNF-α) und der kardialen Funktion bei 105 Patienten mit schwerer Sepsis und septischem Schock [57]. Überra- schenderweise zeigte sich für keines der untersuchten Zytokine eine signifikante Korrelation mit der systolischen oder der diastolischen myokardialen Kontraktili- tät der Patienten [57]. Aufgrund ihrer relativ kurzen Halbwertszeit nach ex- perimenteller Gabe (zwischen maximal 8 und 48 h) können Zytokine nicht für die prolongierte kardiale Dysfunktion über Tage in der Sepsis verantwortlich sein. Sowohl TNF-α und IL-6 als auch IL-1β induzieren die Freisetzung nach- geschalteter Faktoren in der Kaskade proinflammatorischer Mediatoren (wie z. B. Stickstoffmonoxid oder freie Sauer- stoffradikale). Kumar et al. postulierten daher, dass die zuvor gezeigten Effekte diverser Zytokine durch Stickstoffmon- oxid (NO) vermittelt werden [54]. In der Tat verhindert die erapie mit nichtspezifischen NO-Inhibitoren, wie z. B. N-Methyl-L-Arginin oder Methy- lenblau, eine sepsisassoziierte kardiale Dysfunktion [49, 54], auch wenn das Outcome der Patienten unverändert ist [49]. Die funktionelle Rolle von NO in der septischen Kardiomyopathie ist bis heute nicht vollständig verstanden. Dies liegt zum einen an dem Vorhan- densein verschiedener Isoformen der induzierbaren Stickstoffmonoxidsyntha- sen (iNOS) und deren unterschiedlichen Wirkungsweisen am Herz [47] sowie Der Anaesthesist 7 · 2017 479

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Leitthema

Anaesthesist 2017 · 66:479–490DOI 10.1007/s00101-017-0329-xOnline publiziert: 4. Juli 2017© Der/die Autor(en) 2017. Dieser Artikel isteine Open-Access-Publikation.

L. Martin1,2 · M. Derwall1 · C. Thiemermann2 · T. Schürholz3

1 Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen,Deutschland

2 The WilliamHarvey Research Center, Centre for Translational Medicine & Therapeutics, QueenMaryUniversity London, London, Großbritannien

3 Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsmedizin Rostock, Rostock,Deutschland

Herz in der SepsisMolekulare Mechanismen, Diagnose undTherapie der septischen Kardiomyopathie

Molekulare Mechanismen derseptischen Kardiomyopathie

Das Überleben septischer Patienten istklarmitdemAusmaßdesMultiorganver-sagens assoziiert. Hierbei fällt der kom-plexen Fehlregulation von Makro- undMikrozirkulation eine entscheidendeRolle zu, die u. a. auf einem intravasalenVolumenmangel und einer peripherenVasoplegie basiert [17]. Ältere Untersu-chungen (mit insuffizienter Volumen-und Katecholamintherapie) postulierteneine globale Ischämie als Ursache fürdie septische Kardiomyopathie [16, 36].Dies konnte jedoch durch Arbeiten vonCunnion et al. eindrücklich widerlegtwerden: Die Autoren fanden bei Patien-ten mit septischem Schock nach Kathe-terisierung des Sinus coronarius einenähnlichen bis leicht erhöhten koronarenFluss im Vergleich zu Probanden ohneseptischen Schock [18].DesWeiterenbe-legen Positronen-Emissions-Tomogra-fie(PET)-Untersuchungen mittels 18F-Fluordesoxyglucose (FDG) keine globa-le kardiale Hypoxie während der Sepsis[38], sodass heute davon ausgegangenwerden kann, dass eine globale Hypo-perfusion und Hypoxie keine Rolle inder septischenKardiomyopathie spielen.Vielmehr besteht zunehmend Evidenz,dass die abgeschwächte adrenerge Ant-wort kardiomyozytärer Filamente einenglobalen und direkten Mechanismus derseptischen Kardiomyopathie darstellt[95, 100]. Hierfür scheinen suprazellulä-re (Abnahme β1-adrenerger Rezeptoren

und Zunahme β3-adrenerger Rezepto-ren) und intrazelluläre (Abnahme sti-mulierender G-Proteine und Zunahmeinhibierender G-Proteine) Mechanis-men von entscheidender Bedeutung zusein [12, 109]. Diese Veränderungenresultieren in einer reduzierten Aktivitätder Adenylatzyklase, die mit reduziertenSpiegeln von zyklischem Adenosinmo-nophosphat (cAMP) einhergeht, das dienegativen Ergebnisse der Untersuchungdes cAMP-abhängigen InotropikumsMilrinon (Phosphodiesterase-3-Inhibi-tor) zumindest teilweise erklärt [8].

Zirkulierende Faktoren,Zytokine und Stickstoffmonoxid

Bereits 1985 beschrieb dieArbeitsgruppeumParillo, dass das SerumvonPatientenmit akutem septischen Schock Faktorenenthält, die die Kontraktionskraft vonisolierten Kardiomyozyten vermindert(. Tab. 1; [84]). Dieselbe Arbeitsgruppekonnte 4 Jahre später zeigen, dass ih-re Ergebnisse auf dem Vorhandenseinvon Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α) beruhten [76]. In folgenden Unter-suchungen wurde belegt, dass hierbeiauch Interleukin-1β (IL-1β) eine Rollespielt [53], und mehrere jüngere Stu-dien postulieren eine Schlüsselrolle fürdiverse proinflammatorische Zytokine(. Tab.1) inderFrühphasederseptischenKardiomyopathie [111]. In einer klini-schen Observationsstudie untersuchtenLandesberg et al. den Zusammenhangzwischen diversen im Serum vorhan-

denen pro- und antiinflammatorischenZytokinen (IL-1β, IL-6, IL-8, IL-10, IL-18, TNF-α) und der kardialen Funktionbei 105 Patienten mit schwerer Sepsisund septischem Schock [57]. Überra-schenderweise zeigte sich für keines deruntersuchten Zytokine eine signifikanteKorrelationmit der systolischen oder derdiastolischen myokardialen Kontraktili-tät der Patienten [57]. Aufgrund ihrerrelativ kurzen Halbwertszeit nach ex-perimenteller Gabe (zwischen maximal8 und 48 h) können Zytokine nicht fürdie prolongierte kardiale Dysfunktionüber Tage in der Sepsis verantwortlichsein. Sowohl TNF-α und IL-6 als auchIL-1β induzieren die Freisetzung nach-geschalteter Faktoren in der Kaskadeproinflammatorischer Mediatoren (wiez. B. Stickstoffmonoxid oder freie Sauer-stoffradikale). Kumar et al. postuliertendaher, dass die zuvor gezeigten Effektediverser Zytokine durch Stickstoffmon-oxid (NO) vermittelt werden [54]. Inder Tat verhindert die Therapie mitnichtspezifischen NO-Inhibitoren, wiez. B. N-Methyl-L-Arginin oder Methy-lenblau, eine sepsisassoziierte kardialeDysfunktion [49, 54], auch wenn dasOutcome der Patienten unverändert ist[49]. Die funktionelle Rolle von NOin der septischen Kardiomyopathie istbis heute nicht vollständig verstanden.Dies liegt zum einen an dem Vorhan-densein verschiedener Isoformen derinduzierbaren Stickstoffmonoxidsyntha-sen (iNOS) und deren unterschiedlichenWirkungsweisen am Herz [47] sowie

Der Anaesthesist 7 · 2017 479

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Leitthema

Tab. 1 Zirkulierende Faktoren, die zurmyokardialenDysfunktion beitragen

Klassifikation Zirkulierender Faktor Referenz

Zytokine Interleukin (IL-1 β, IL-6)Tumor-Nekrose-Faktor-α

[53, 64, 76]

Komplementfaktoren C5a [79]

„Pathogen-associatedmolecularpatterns“ (PAMP)

Lipopolysaccharid (LPS), Lipoteichonsäuren(LTA)

[6, 32]

„Damage-associatedmolecularpatterns“ (DAMP)

High-Mobility-Group-Protein B1 (HMGB1)HistoneHeparansulfat

[34, 46, 68]

Matrixmetalloproteinasen (MMP) MMP-9 [56]

zum anderen an der fehlenden Evidenz,ob NO selbst oder dessen Metaboliten(Peroxynitrit) für die zytokinvermitteltekardiomyozytäre Dysfunktion verant-wortlich sind [54]. Peroxynitrit, dasdurch die Reaktion von NO und Super-oxidradikalen gebildet wird, führt übereine Dysfunktion der mitochondrialenAtmungskette zu einer kardiomyozy-tären Kontraktionseinschränkung [15].Des Weiteren wurde kürzlich eine mi-tochondriale NOS identifiziert, die zurseptischen Kardiomyopathie durch dievermehrte Produktion von NO und dieÖffnung mitochondrialer „permeabilitytransition pores“ beiträgt [15]. Auchwenn zunehmende Evidenz darüberbesteht, dass NO zu der zytokinindu-zierten kardiomyozytären Dysfunktionbeiträgt, fehlen weitere Studien, die dieRolle der verschiedenen iNOS-Formensowie die schlussendlichen Zielstruk-turen (z. B. Kalziumhaushalt) von NOin Tiermodellen und humanen Studienuntersuchen.

Toll-like-Rezeptoren und„pathogen-associatedmolecular patterns“

Im Herz exprimieren eine Vielzahl voninfiltrierenden Immunzellen sowie dieKardiomyozyten selbst Toll-like-Rezep-toren (TLR) und Zelloberflächenprote-ine (z. B. CD14), die Wandbestandteilepathogener Mikroorganismen (u. a. Li-popolysaccharide, LPS) sowie endogene„danger molecules“ (s. Abschn. „Endo-theliale Dysfunktion und „danger-as-sociated molecular patterns“) erkennen[5, 6, 9, 10, 24, 27, 48, 51, 77, 104].Infiltrierende Immunzellen scheinenim Hinblick auf die kardiomyozytäreKontraktionsstörung v. a. eine indirekte

Rolle einzunehmen, dadieDepletionvonneutrophilen Granulozyten eine septi-sche Kardiomyopathie im Mausmodellnicht verhindern kann [87]. Vielmehrscheinen infiltrierende Immunzellenüber die TLR-vermittelte Produktionproinflammatorischer Zytokine indirektzur kardiomyozytären Inflammationund Kontraktionsstörung beizutragen[28]. Über eine TLR/MyD88-abhängi-ge Signaltransduktion kommt es zurAktivierung des nukleären Transkripti-onsfaktors NFκB, was in der vermehrtenExpression diverser proinflammatori-scher Zytokine resultiert. Bis heute sind9 TLR bekannt, von denen TLR-4 deram besten untersuchte TLR des Herzensist [111]. Baumgarten et al. konnteneindrücklich zeigen, dass der Knockoutvon TLR-4 die Abnahme der kardio-myozytären Kontraktilität verhindert[10]. Jüngere Arbeiten beschreiben desWeiteren andere TLR (TLR-2, -5, -9)in der Pathophysiologie der septischenKardiomyopathie [50, 63, 90]. Nebendem TLR-4–/– verhindert ebenso derTLR–3–/– in Mäusen die Progression derseptischen Kardiomyopathie [30]. Auchwenn diese und weitere Arbeiten eineklare Evidenz für die kritische Rolle vonTLR in der septischen Kardiomyopathieliefern, limitiert die ACCESS-Studie de-ren klinische Translation. Die Therapiemit Eritoran (einem synthetischen TLR-4-Antagonisten) zeigte in dieser Studiekeinen Vorteil im 28-Tage-Outcome beiPatienten (n = 1961) mit schwerer Sepsis[80]. Pathophysiologisch lassen sich die-se (negativen) Ergebnisse u. a. durch dieVielfalt vorhandener „pattern recogni-tionreceptors“ (wiez. B.TLR-4)erklären,die jeweils unterschiedliche/spezifischeAffinitäten zu unterschiedlichen PAMP/DAMP (s. Abschn. „Endotheliale Dys-

funktion und „danger-associated mo-lecular patterns“) aufweisen. Nach demheutigenWissensstandwundert es dahernicht, dass der undifferenzierte Einsatzeines TLR-4-Antagonisten nicht in derLage sein konnte, das Outcome von sep-tischen Patienten mit unterschiedlichemErregerspektrum zu verbessern.

Endotheliale Dysfunktion und„danger-associated molecularpatterns“

Neben Kardiomyozyten sind kardialeFibroblasten und Endothelzellen maß-geblich an der Pathophysiologie der sep-tischen Kardiomyopathie beteiligt. Kar-diale Fibroblasten machen 60–70% derGesamtzellzahl im Herz aus und setzenTNF-α sowie MMP-9 während der sep-sisassoziierten kardialen Inflammationfrei [102]. Im Rahmen der Sepsis kommtes zu einer Vielzahl von pathophysiolo-gischen Mechanismen am Endothel, diezur septischen Kardiomyopathie beitra-gen [96]. Neben der inadäquaten undheterogenen Verteilung des regionalenBlutflusses (u. a. durch Induktion derendothelialen Stickstoffmonoxidsyntha-se (eNOS) mit resultierenden erhöhtenlokalen NO-Spiegeln) kommt es durchModulation der endothelialen Glyko-kalyx zu einer Störung der kapillärenSchrankenfunktion [70]. Die Hauptbe-standteile dieser endothelialen, lumina-len, kohlenhydratreichen Schicht sindnegativ geladene Heparansulfatproteo-glykane (HSPG), die fortwährend einedem Umbau unterliegende Diffusions-barriere für Plasmamoleküle darstellenund somit maßgeblich die vaskulärePermeabilität regulieren [60].

Heparansulfate

Die systemische Inflammationsreaktionin der Sepsis wird durch 2 entscheiden-de Wege induziert und aufrechterhal-ten: Neben Wandbestandteilen pathoge-ner Mikroorganismen werden endoge-ne „danger molecules“ (DAMP) freige-setzt, die im Blut zirkulieren und diesystemische Inflammation triggern. Zuihnen gehören lösliche Heparansulfate(HS), die von zelloberflächenassoziiertenHSPG durch die β-Endoglykosidase He-

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paranaseabgespaltenwerdenundimBlutzirkulieren. Die β-Endoglykosidase He-paranase ist ein universeller Modulatordieser HSPG und ist neben der Inflam-mation an Prozessen der Tumorinvasionund Metastasierung beteiligt [70]. Un-ter dem Einfluss proinflammatorischerZytokine kommt es durch die Hepara-nase zu einer Degradation der HSPG[62, 65, 110]. Dies führt zum einen zurFreisetzungzirkulierenderproinflamma-torischer HS [42, 43] und zum ande-ren zur sepsisassoziiertenmikrovaskulä-renPermeabilitätsstörung[23].Nebenei-nererhöhtenHeparanaseaktivität inLun-gengeweben von Patienten mit sepsisas-soziiertem akuten Lungenversagen [92]konnten Arbeiten unserer Arbeitsgrup-pe sowohl eine erhöhte Aktivität als aucherhöhte Heparanaselevel im Plasma vonPatienten mit septischem Schock aufzei-gen [69]. Zudem triggern zirkulierendeHS imBlut von Patientenmit septischemSchock maßgeblich die kardiomyozytä-re Inflammation [69], da die Stimulati-on von Kardiomyozyten mit HS zu ei-nem Anstieg des TLR-vermittelten nu-kleären Transkriptionsfaktors NFκB so-wie zur Liberation proinflammatorischerZytokine führt [69]. Heparansulfatefrei-es Serum septischer Patienten (HS mit-tels Affinitätschromatographie und mo-noklonalem Antikörper entfernt) indu-zierteinesignifikantgeringereInflamma-tion in Kardiomyozyten, verglichen mitunbehandeltem Serum septischer Pati-enten. Durch Hinzufügen der entferntenHS und Stimulation der Zellen lässt sichdie Inflammationsreaktion in ähnlichemAusmaß wie nach Stimulation mit un-behandeltem Serum reproduzieren [69].Des Weiteren können HS in vitro einemitochondriale Dysfunktion inmurinenKardiomyozyten induzieren, die zur Re-duktiondermetabolischenReserve führt[22].

Extrazelluläre Histone und High-Mobility-Group-Protein B1

Neben HS agieren auch Histone als en-dogeneDAMP, die überTLR-2 undTLR-4 zu einer Reduktion des mitochondri-alen Membranpotenzials und der zellu-lären ATP-Spiegel führen [45]. Alham-di et al. beschreiben, dass zirkulierende

Zusammenfassung · Abstract

Anaesthesist 2017 · 66:479–490 DOI 10.1007/s00101-017-0329-x© Der/die Autor(en) 2017. Dieser Artikel ist eine Open-Access-Publikation.

L. Martin · M. Derwall · C. Thiemermann · T. Schürholz

Herz in der Sepsis. Molekulare Mechanismen, Diagnose undTherapie der septischen Kardiomyopathie

ZusammenfassungDie Bedeutung der septischen Kardio-myopathie wird auch 95 Jahre nachderen Erstbeschreibung im klinischenAlltag noch häufig unterschätzt. Neuesteechokardiographische Verfahren belegeneine deutlich unterschätzte Prävalenz beiPatienten im septischen Schock, da sie einemyokardiale Dysfunktion auch bei erhaltenerlinksventrikulärer Ejektionsfraktion demas-kieren. In umfangreicher Forschungsarbeitder letzten Jahre wurden neben systemischenFaktoren diverse komplexe zugrundeliegende molekulare Mechanismen sowiemetabolische und strukturelle Veränderun-gen identifiziert. Diese Erkenntnisse stellenAnsätze für zukünftige, dringend benötigtekausale Therapien dar, um die bis dato zur

Verfügung stehenden supportiven Ansätze zuergänzen. Die vorliegende Übersichtsarbeitfasst wesentliche aktuelle Aspekte dermolekularen Mechanismen der septischenKardiomyopathie zusammen, stellt aktuelleund zukünftige Strategien in Diagnoseund Therapie vor und zeigt die dringlicheNotwendigkeit weiterer experimenteller undklinischer Untersuchungen zur Verbesserungder Diagnosestellung sowie zur Identifikationneuer innovativer Therapieansätze in derseptischen Kardiomyopathie auf.

SchlüsselwörterSepsis · Kardiomyopathie · Septischer Shock ·Kardiale Inflammation · Kalziumhaushalt

Heart in sepsis. Molecular mechanisms, diagnosis and therapy ofseptic cardiomyopathy

AbstractAn impairment of cardiac function is a keyfeature of cardiovascular failure associatedwith sepsis; however, its clinical relevance isstill underestimated. Recent advancementsin echocardiography in patients with septicshock enable a better characterizationof septic cardiomyopathy by unmaskinga severe, cardiac dysfunction even in thepresence of preserved left ventricular ejectionfraction. The pathophysiology of septiccardiomyopathy involves a complex mixtureof systemic factors and molecular, metabolic,and structural changes of the cardiomyocytes.A better understanding of these factors willenable the discovery of new therapeutic

targets for urgently needed disease-modify-ing therapeutic interventions. To date, thecornerstone of therapeutic management liesin control of the underlying infectious processand hemodynamic stabilization. This reviewsummarizes the pathogenesis, diagnosis,and treatment of septic cardiomyopathy, andhighlights the importance of further urgentlyneeded studies aimed at improving diagnosisand treatment for septic cardiomyopathy.

KeywordsSepsis · cardiomyopathy · Septic shock ·Cardiac inflammation · Calciummetabolism

Histone im Plasma septischer Patientenerhöht vorliegen und mit dem kardialenTroponin T korrelieren. Die Autoren be-schreiben des Weiteren, dass hohe Spie-gel von Plasmahistonen signifikant mitdemNeuauftreten einer linksventrikulä-ren Dysfunktion sowie mit Arrhythmi-en assoziiert sind [1]. Dies scheint durchKomplement- (C5a-)vermittelte Neutro-philenaktivierung vermittelt zu sein, diein der Bildung neutrophiler extrazellulä-rer Netze (NET) resultiert [46].

Das High-Mobility-Group-ProteinB1 (HMGB1) ist ein weiteres kritischesDAMP, das LPS-abhängig von Kardio-myozyten freigesetzt wird. Die HMGB1-assoziierte kardiale Dysfunktion wirddurch erhöhte Level intrazellulärer re-aktiver Sauerstoffspezies (ROS) TLR-4-vermittelt induziert. Des Weiterenerhöht HMGB1 TLR-4/ROS-vermitteltden Kalziumausstrom aus dem sarko-plasmatischen Retikulum (SR), was zueiner Abnahme des Kalziumgehalts imSR führt und in einer eingeschränkten

Der Anaesthesist 7 · 2017 481

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Leitthema

Kopplung von Erregung undmyozytärerKontraktion resultiert ([114]; s. Abschn.„Kalziumhaushalt und Kardiomyofila-mente“).

Intrazelluläre molekularePathomechanismen

Neben den beschriebenen suprazellulä-ren Mechanismen kommt es zu einerVielzahl intrazellulärer Veränderungenin den Kardiomyozyten. Eine kritischeRolle spielen dabei die mitochondrialeDysfunktion sowie eine Dysregulationdes Energie- und Kalziumhaushalts, diein den folgenden Abschnitten diskutiertwerden.

Mitochondrien und Energie-haushalt

Derzeit existieren mehrere Theorien zurRolle der Mitochondrien in der septi-schen Kardiomyopathie: Neben einerkausalen Beteiligung der Mitochondrienan der Pathophysiologie der septischenKardiomyopathie postuliert eine ande-re Theorie ein Epiphänomen. LetztereTheorie vermutet, dass die sepsisasso-ziierte myokardiale Dysfunktion eineprotektive Adaptation an den reduzier-ten myokardialen Energiestatus wäh-rend der septischen Kardiomyopathiedarstellt, der aus der mitochondrialenDysfunktion resultiert (vergleichbar zuder Hibernation während der myo-kardialen Ischämie; [15]). Das Herzist reich an Mitochondrien, die nebendemEnergiehaushalt eine entscheidendeRolle in der Regulierung der Kalzium-homöostase spielen. Als Beispiel hier-für ist der im Rahmen der septischenKardiomyopathie stattfindende Anstiegder intrazellulären Ca2+-Konzentrati-on zu nennen, der mit einer erhöhtenmitochondrialen Ca2+-Konzentrationund assoziierter mitochondrialer ROS-Produktion einhergeht, die wiederumKomplex V der Atmungskette (ATP-Synthase) und auch den Zitratzyklushemmt [15]. Daher scheint das Aus-maß der mitochondrialen Dysfunktioneine kritische Komponente in der Pa-thophysiologie und der Prognose derseptischen Kardiomyopathie darzustel-len [13, 61, 98]. Cimolai et al. fassen

die Rolle der mitochondrialen Funkti-on in ihrer Übersichtsarbeit zusammen[15]. Die mitochondriale Dysfunktionscheint, nach initialer Inflammationsre-aktion, ein Phänomen der späten Phaseder septischenKardiomyopathie zu sein.

Zu den Veränderungen der Mito-chondrien während der septischen Kar-diomyopathie zählen ultrastrukturelleSchäden, die zur Freisetzung mitochon-drialer DNA [97] und zur Zunahme dermitochondrialen „permeability transiti-on pore“ führen [58]. Die pharmakolo-gische Inhibition der mitochondrialen„permeability transition pore“ mittelsCiclosporinderviaten kann die kardialeFunktion verbessern und die Sterblich-keit im Mausmodell der polymikrobiel-len Sepsis reduzieren [58]. In ähnlicherWeise schützt die Gabe von Vitamin Edie mitochondrialen Strukturen undFunktionen, was in einer reduziertenBildung mitochondrialer ROS resultiertund somit die kardiale Funktion in dermurinen Sepsis verbessert [112]. JüngereUntersuchungen zeigen zudem, dassMi-tochondrien eine entscheidende Mengean DAMP produzieren (mitochondrialeROS, mitochondriale DNA, ATP undZytochrom C). Diese Moleküle wer-den von fragmentierten Mitochondrienin die Zirkulation freigesetzt, triggerndie systemische Inflammationsreakti-on und führen zu einer Reduktion derEnzymaktivitäten der mitochondrialenAtmungskette sowie der zellulären ATP-Level [15].

Durchdie Induktion von „uncouplingproteins“ (UCP) kommt es zu einer Ent-kopplung der ATP-Synthese vom Sauer-stoffverbrauch, die in einer reduziertenRate an produziertem ATP im Verhält-nis zum genutzten Sauerstoff und einemreduzierten Verhältnis von Kreatinphos-phat zu ATP resultiert (reduzierte kar-diale Effizienz; [11]). Die Bedeutung die-ses, unter physiologischen Bedingungenzur Wärmegenerierung und zum Abbaumitochondrialer ROS genutzten, Mecha-nismus wird im Rahmen der septischenKardiomyopathie kontrovers diskutiert:Uncoupling protein 2 und 3 scheinen (jenachZeitpunkt) sowohl protektive Effek-te aufzuweisen als auch mit einer redu-zierten kardialen Funktion im RahmenderSepsisassoziiertzusein[98,106,116].

Mehrere Untersuchungen zeigen desWeiteren eine Zunahme von Auto- undMitophagie („Qualitätskontrolle zur Eli-mination defekter Mitochondrien“) imHerz während der Sepsis [15]. Piquereauet al. untersuchten indiesemZusammen-hang die Rolle von Parkin/PARK2, einerSignalkaskade, die maßgeblich an derUbiquitinierung von Zellorganellen be-teiligt ist. Im Vergleich zu Wildtyptierenkam es bei PARK2–/–-Tieren zu keinerErholung der kardialen Funktion 48 hnach LPS-Administration und zu einerpersistierenden, reduzierten Aktivitätder oxidativen Phosphorylierung undmitochondrialen Sauerstoffverbrauchs-rate. Diese Ergebnisse liefern Hinweise,dass PARK2 und der Mechanismusder Mitophagie für die Erholung derkardialen Funktion von substanziellerBedeutung sein könnten [86].

Kalziumhaushalt undKardiomyofilamente

Die Rolle des Kalziumhaushalts in derseptischen Kardiomyopathie wird ver-deutlicht, wenn man bedenkt, dass diezuvor beschriebenen Pathomechanis-men (Inflammation und mitochondrialeDysfunktion) nur über eine Beeinflus-sung des intrazellulären Kalziumgehaltsoder der myofilamentären Integritätzur kardiomyozytären Kontraktions-störung beitragen können [37]. Nebender Abnahme der Kalziumsensitivi-tät kardialer Myofilamente durch dievermehrte Phosphorylierung von inhi-bitorisch wirksamem Troponin-I [66]spielt die Dysfunktion intrazellulärerKalziumtransporter eine entscheidendeRolle [37]. Hobai et al. fassen die Rol-le intrazellulärer Kalziumtransporter inder septischen Kardiomyopathie in ihrerÜbersichtsarbeit ausführlich zusammen[37]. Kardiomyozyten, isoliert von sep-tischen Patienten, zeigen in vitro eineAbnahme der Kontraktionsamplitude,die durch die Abnahme der Amplitu-de intrazellulärer Kalziumströme unddurch die Abnahme sarkoplasmatischerKalziumspiegel begründet ist [7].

Unter physiologischen Bedingungenkommt es während der elektromecha-nischen Kopplung über L-Typ-Kalzi-umkanäle zu einem Kalziumeinstrom

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Abb. 19 ATPasedes sarkoplasmati-schen Retikulums(SERCA2).ADPAde-nosindiphosphat,ATPAdenosin-triphosphat, LT-CCL-Typ-Ca2+-Kanal,RyR Ryanodinrezep-tor, TnC Troponin C,TnT Troponin T,TnI Troponin I

in die Kardiomyozyten, was ein Frei-setzen von Kalzium aus dem SR zurFolge hat. Intrazelluläres Kalzium bindetan Troponin I, das die Bindungsstel-len von Aktin und Myosin freigibt undderen Bindung ermöglicht [37]. AmEnde erfolgt die aktive Wiederaufnah-me des intrazellulären Kalziums in dasSR. Hierfür ist die Kalzium-ATPase desSR (SERCA2) maßgeblich verantwort-lich, die über Phospholamban reguliertwird (. Abb. 1). Während der septi-schen Kardiomyopathie ist die Funktionvon SERCA2 inhibiert. Dies resultiert,durch die gestörte Wiederaufnahme vonKalzium in das SR, in einer gestör-ten diastolischen Relaxation [6]. Auchwenn diese Arbeiten eine kritische Rol-le intrazellulärer Kalziumtransporter inder septischen Kardiomyopathie bele-gen, fehlen bis heute Arbeiten, die diebeteiligten Signalwege identifizieren.

Klinik und Diagnosestellung derseptischen Kardiomyopathie

Die septische Kardiomyopathie stellteine komplexe kardiale Dysfunktion dar,die beide Ventrikel betrifft [3]. Nebenunspezifischen Risikofaktoren (Alter,Adipositas) sind bisher keine spezifi-schen Risikofaktoren bekannt. Klinischzeigt sich dies mit allen Zeichen desKreislaufversagens im Zusammenhangmit einer systemischen Infektion. DieUnterschiede zur klinischen Manifes-tation einer kardialen Dysfunktion beiPatienten mit dekompensierter Herz-insuffizienz nichtseptischer Ätiologieliegen in den Besonderheiten der ver-änderten globalen hämodynamischenParameter (Vorlast, Nachlast, Mikro-

zirkulation). Im Gegensatz zu anderenmyokardialen Pathologien ist daher fürdie septische Kardiomyopathie ein mul-timodaler Ansatz für die Diagnostikund die Therapiesteuerung erforderlich.Im Folgenden werden die wichtigs-ten verfügbaren, intensivmedizinischenParameter und Methoden zusammen-gefasst und in den Kontext ihrer der-zeitigen Relevanz für die Diagnostikund Therapiesteuerung der septischenKardiomyopathie eingeordnet.

Klinischer Verlauf und Prognose

Aufgrund der Komplexität der Dia-gnosestellung und Quantifizierung derseptischen Kardiomyopathie ist einePrognosestellung in der Akutphase derErkrankung schwierig. Gleiches gilt fürdieBeschreibungdesklinischenVerlaufs.Trotz der ausgeprägtenHeterogenität dereingesetzten Methoden zur Diagnose-stellung findet häufig eine Reduktionder linksventrikulären Ejektionsfraktion(LVEF) im klinischen Alltag als Syno-nym der linksventrikulären DysfunktionGebrauch. Zu beachten ist hierbei, dasses im Rahmen des septischen Schocksneben einer Umverteilung des Blutflus-ses zwischen den Organsystemen zueiner absoluten oder relativen Hypo-volämie (reduzierte Vorlast) und einerReduktion des vaskulären Tonus (redu-zierte Nachlast) kommt. Insbesonderedie Reduktion des vaskulären Tonus(reduzierte Nachlast) kann temporärdie kardiale Dysfunktion im Rahmendes septischen Schocks maskieren (er-haltene LVEF bei bereits manifestermyokardialer Dysfunktion). Es ist indiesem Zusammenhang von entschei-

dender Bedeutung, sich vor Augen zuführen, dass die LVEF vielmehr denvaskulären Tonus als die myokardialeKontraktilität widerspiegelt [88]. An die-ser Stelle wird noch einmal der wichtigeZusammenhang zwischen „cardiac out-put“ (CO) und systemisch vaskuläremWiderstand (SVR) erwähnt. Werdan etal. untersuchten in 31 Patienten mit sep-sisassoziiertem Multiorganversagen dieKorrelation zwischen CO und SVR. Mitabnehmender Nachlast (Abfall des SVR)steigt (bis zu physiologischen Grenzen)das CO. Eine Erhöhung des SVR (z. B.durch vasoaktive Substanzen) führt hin-gegen zu einer Abnahme des CO undzur Demaskierung einer etwaigen myo-kardialen Dysfunktion [107].

Seit den Untersuchungen von Parkeret al. aus den Jahren 1984 und 1990[82, 83] wird die Frage der Prognoseder septischen Kardiomyopathie kon-trovers diskutiert [111]. Die Autorenbeschrieben, dass überlebende Patientenim septischem Schock, im Vergleichzu später verstorbenen Patienten, einereduzierte links- und rechtsventrikuläreEF sowie eine ausgeprägte linksventri-kuläre Dilatation aufwiesen [82, 83]. Seitdiesen Pionierarbeiten untersuchten di-verse (meist kleine) klinische Studien dieFrage nach der Prognose der septischenKardiomyopathie. Eine jüngst erschiene-ne Metaanalyse, die 62 Originalarbeiten(mit über 700 Patienten) mit dieserFragestellung zusammenfasst, konntezeigen, dass sich zwischen überleben-den Patienten mit septischem Schock imVergleich zu verstorbenen Patienten keinUnterschied in links- und rechtsventri-kulärer EF zeigt [39]. Diese Metaanalysewiderlegt zum einen die Ergebnisse vonParker et al. undwirft zugleich erneut dieFrage nach der Relevanz der links- undrechtsventrikulären EF im klinischenVerlauf und in der Prognose der sep-tischen Kardiomyopathie auf. Mit demVerständnis, dass die LVEF eng mit derlinksventrikulären Nachlast assoziiertist, lassen sich die Ergebnisse von Par-ker et al. neu interpretieren. Patientenmit niedriger LVEF haben keinen Über-lebensvorteil; vielmehr ist die erhöhteLetalität von Patienten mit einer nied-rigen linksventrikulären Nachlast (undnormaler LVEF) durch die persistieren-

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Leitthema

de ausgeprägte Vasoplegie als Ausdruckeiner hohen Krankheitsschwere zu er-klären [88]. Zusammenfassend bleibengroße klinische Studien mit neuen me-thodischen Ansätzen zur Diagnose derseptischen Kardiomyopathie abzuwar-ten, um die Frage der Prognose derseptischen Kardiomyopathie suffizientbeantworten zu können.

Hämodynamisches Monitoringund Elektrokardiographie

Invasiv gemessene arterielle und venöseBlutdrücke stellen wichtige, wenngleichmit einemerhöhtenKomplikationsrisikoverbundene, Methoden zu Diagnosestel-lung und Therapieüberwachung bei kri-tisch kranken Patienten dar. Dabei ist fürden zentralen Venendruck seit Länge-rem bekannt, dass dieser im septischenSchock nur schlecht mit dem links-ventrikulären enddiastolischen Druck(LVEDP), also dem optimalen linksven-trikulärenFüllungsdruck, korreliert [81].Der pulmonalarterielle Katheter (PAK)ermöglicht im Gegensatz zum zentra-len Venenkatheter (ZVK) eine deutlichdifferenziertere Messung der hämody-namischen Verhältnisse. So können u. a.CO sowie pulmonalarterieller und sys-temischer Gefäßwiderstand ermitteltwerden. Außerdem stellt die per PAKermittelte gemischtvenöse Sättigung inden Pulmonalgefäßen ein indirektesKorrelat für das Sauerstoffangebot bzw.dessen Ausschöpfung dar. Der periope-rative Einsatz des PAK ist allerdingsmit der Ausnahme von herzchirurgi-schen Patienten nicht weit verbreitet[26]. Sein Einsatz scheint aufgrund sei-nes signifikanten Risikoprofils nur beiRechtsherzinsuffizienz, pulmonalarteri-ellem Hypertonus und im Rahmen vonkomplexen, operativen Eingriffen (v. a.in derKardiochirurgie und in derGefäß-chirurgie) gerechtfertigt [93]. Eine klareEmpfehlung für den Einsatz in der Sepsisgibt es nicht, wenngleich einzelne Au-toren einen Einsatz im Zusammenspielmit der Echokardiographie im Rahmeneines multimodalen Diagnostikansat-zes für die septische Kardiomyopathiebefürworten [44].

Dieweniger invasivenPulskonturana-lyseverfahren zeigen eine starke Abhän-

gigkeit vom systemischen Gefäßwider-stand. Da dieser in der Sepsis stark vari-ieren kann, ist dieses Verfahren für dieDiagnostikder septischenKardiomyopa-thie nur eingeschränkt verwendbar [29].Ein 12-Kanal-EKG ist einfach durchzu-führen und sollte daher bei angenomme-ner kardialer Dysfunktion zur selbstver-ständlichen bettseitigen Basisdiagnostikgehören. Allerdings sind mit einer septi-schenKardiomyopathie assoziierteEKG-Veränderungen relativ unspezifisch undkönnendaherbeiunklarerGrunderkran-kungeinakutesKoronarsyndromvortäu-schen [52].

Laborparameter

Neben den klassischen Parametern derInflammation wie Prokalzitonin (PCT),dem C-reaktiven Protein (CRP) und derLeukozytenzahl, können Marker einerHerzinsuffizienzwiedasN-terminaleproB-Typ natriuretische Peptid (NT-pro-BNP)dieDiagnose erleichtern [14]. Inei-ner aktuellen Untersuchung an über 900Patienten zeigten sich sowohl NT-pro-BNP als auch hochsensitives kardialesTroponin T (hs-cTNT) hochgradig mitder Ausbildung eines septischen Schocks(mit und ohne septische Kardiomyopa-thie) assoziiert. In dieser Untersuchungwar NT-pro-BNP als Prädiktor derNeunzigtageletalität der Patientenpo-pulation dem hs-cTNT überlegen [71].Diese Untersuchung zeigt jedoch auch,dass sowohl NT-pro-BNP als auch hs-cTNT im Hinblick auf die Diagnoseeiner septischen Kardiomyopathie nureine niedrige Spezifität aufweisen.

Echokardiographie

Führendes Problem bei der Ermittlungder Herzfunktion in der Sepsis ist diein der Regel isolierte Betrachtung desHerzens unterMissachtungder extrakar-dialen Kreislaufsituation. Kein derzeitverfügbares Messverfahren vereint dieEvaluierung von Herz und Kreislaufsuffizient [33]. Auch wenn eine echo-kardiographische Untersuchung beimseptischen, hämodynamisch-instabilenPatienten unabdingbar ist, steht dieEchokardiographie für die Erfassung desAusmaßes der septischen Kardiomyopa-

thie seit Jahren in der wissenschaftlichenDiskussion. Die Evaluation der kardialenFunktion mittels konventioneller echo-kardiographischer Parameter (LVEF) ist,wie bereits angemerkt, zumeist durchVeränderungen des komplexen Systemsaus Vor- und Nachlast beeinflusst. Wei-terführende echokardiographische Ver-fahren zur Quantifizierung der links-und rechtsventrikulären Kontraktilität,wie z. B. der mittels Gewebe-Dopp-ler ermittelte „myocardial performanceindex (MPI)“ und „myocardial velo-city index (MVI)“ sind durch derenWinkelabhängigkeit und fehlende Re-produzierbarkeit limitiert. Eine neuereMethode der Quantifizierung der direk-ten kardialenFunktion stellt dieMessungder „strain“ und „strain rate“ mithilfedesmultiplanarenGewebe-Dopplerodermithilfe von „speckle tracking“ dar. Letz-teres hat gegenüber demGewebedopplerden großen Vorteil, dass es retrospek-tiv und winkelunabhängig durchgeführtwerden kann [35]. Die Methode des„speckle tracking“ wurde erstmals 2004beschrieben. Sie basiert auf einem se-miautomatischen Algorithmus, der dieVerschiebung von akustischen „speck-les“ im Myokard verfolgt. Im Vergleichzur LVEF unterliegt diese „Speckle“-Verschiebung einer deutlich geringerenBeeinflussung durch Vor- und Nach-last sowie durch Veränderungen dermyokardialen „Compliance“, da es diemyokardiale Deformation direkt quan-tifiziert [78]. Die Untersuchungen vonShahul et al. verdeutlichen dies: DieAutoren evaluierten bei 35 Patientenmit septischem Schock und erhaltenerEF sowie bei 15 Patienten mit Sep-sis und erhaltener EF mittels „speckletracking“ die „longitudinalen strains“ zuden Zeitpunkten Diagnosestellung und24 h später. Die „globalen longitudinalenstrains“ verschlechterten sich signifikantüber 24 h in der Gruppe der Patientenmit septischem Schock (auch nach Ad-justierung gegen LVEDP und gegen denEinsatz von Vasopressoren), wohinge-gen die Gruppe der Patienten mit Sepsiskein Unterschied aufwies [94]. Die neue-re SPECKS-Studie liefert weitere Evidenzfür den Einsatz der „Speckle-tracking“-Echokardiographie. Ng et al. konntenzeigen, dass Patienten im septischen

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Tab. 2 Klassifikation des „Afterload-rela-ted cardiac performance“ (ACP)Kardiale Funktion ACP (%)

Normal >80

Leicht eingeschränkt 60–80

Moderat eingeschränkt 40–60

Schwer eingeschränkt <40

Schock, im Vergleich zu Patienten mitSepsis, signifikant schlechtere globaleund segmentale „longitudinale strains“aufwiesen [78]. Diese Ergebnisse bele-gen eine potenzielle Rolle der „Speckle-tracking“-Echokardiographie in der sep-tischen Kardiomyopathie, auch wenngroße randomisierte, klinische Studienbisher fehlen.

„Afterload-related cardiacperformance“

Eine vorgeschlagene Möglichkeit derVerbesserung einer Prognosestellung istdie zu der Echokardiographie komple-mentäre Quantifizierung der myokar-dialen Leistungsfähigkeit mittels erwei-tertem hämodynamischen Monitoring.So zeigten Werdan et al. bereits 2011,dass eine auf die Nachlast bezogenekardiale Leistungsfähigkeit („afterload-related cardiac performance, ACP“) bei63% der verstorbenen Patienten in ihrerStudie einen Wert unter 60% aufwiesen.Hingegen zeigten 75% der Überleben-den einen ACP über 60% (. Tab. 2;[107]).

ACP(%) =100×CO

{560.68×((MAP − CVP)× 80 ÷ CO)−0,645

}

ACP „Afterload-related cardiac per-formance“, CO cardiac output, MAP(mittlerer arterieller Blutdruck), CVPzentraler Venendruck

AuchwenndieACPweiterhindieVor-last unberücksichtigt lässt, zeigt eine jün-gere Untersuchung an 141 Patienten diepotenzielle Bedeutung des ACP in derPrognose der septischen Kardiomyopa-thie. Im Gegensatz zum CO oder dem„cardiac power index“ korrelierte ACPmit der Dreißigtagesterblichkeit [108].

Zusammenfassend lässt sich für dieDiagnose und dieTherapiesteuerung der

septischen Kardiomyopathie feststellen,dass derzeit nur ein multimodaler An-satz aus Klinik, Laborparametern, in-vasiven hämodynamischen Messgrößenund bettseitiger Ultraschallbildgebungeine adäquate Diagnosestellung undTherapiesteuerung der septischen Kar-diomyopathie erlaubt.

Therapie der septischenKardiomyopathie

Obwohl die septische Kardiomyopathieeine komplexe Erkrankung ist, sieht mansie simplifiziert immer noch als reversi-ble Dysfunktion des rechten und linkenVentrikels [3]. Eine spezifische Therapieder kardialen Dysfunktion gibt es nicht,was vielleicht auch der Tatsache geschul-det ist, dass das Herz eher als „Opfer“in der Sepsis gesehen wird [3]. Die ak-tuell gültigen Leitlinien zur Behandlungdes septischen Schocks stellen daher denGrundpfeiler in der Therapie der septi-schen Kardiomyopathie dar. Der folgen-de Abschnitt gibt eine Übersicht über(spezifischere) Therapieansätze von ex-perimentellen Versuchen bis hin zur kli-nischenAnwendung und schließtmit ei-nemAusblick über mögliche, zukünftigeTherapieansätze.

Vasopressoren

Die derzeit gültigen Leitlinien zur The-rapie der Sepsis und des septischenSchocks empfehlen vorrangig den Ein-satz von Noradrenalin als Vasopressorbei Patienten, die trotz adäquater Vo-lumentherapie eine Hypotension auf-weisen [89]. Generell sind α-Rezeptor-stimulierende Substanzen zu bevorzu-gen, die neben ihrem α-stimulierendenEffekt (mit resultierender Erhöhung derlinksventrikulären Nachlast bei gleich-zeitiger potenziellerAbnahmedesCO) jenach Substanz einen unterschiedlichen,β-stimulierenden Effekt (Noradrena-lin<Dopamin<Adrenalin) haben, deru. a. positive Effekte auf die Gewebsper-fusion und einen positiven Effekt auf dasrechte Herz hat [19].

Dopamin und Noradrenalin sind dieam häufigsten untersuchten Vasopres-soren in der Behandlung des septischenSchocks [115]. Neben den genannten

β-stimulierenden Effekten hemmt Ad-renalin die Durchblutung im Splanch-nikusgebiet, verursacht mehr Arrhyth-mien und einen durch Erhöhung derHerzfrequenz gesteigerten Sauerstoffver-brauch im Myokard, sodass Adrenalinin der Behandlung der septischen Kar-diomyopathie eine untergeordnete Rollespielt. Das v. a. im angloamerikanischenSprachraum genutzte Dopamin zeig-te sich im Hinblick auf die Letalitätsowie unerwünschte Nebenwirkungenwie Arrhythmien und Herzfrequenz inmehreren Metaanalysen dem Norepi-nephrin unterlegen [3, 115], obwohlrandomisierte klinische Studien (RCT)keinen eindeutigen Vorteil für Noradre-nalin belegen konnten [67, 85]. Einemultizentrische RCT untersuchte 1679Patientenmit einemSchockunterschied-licher Genese. Von den 858 Patientenmit Dopamin als erstem Vasopressorund 821 Patienten mit Norepinephrinals erstem Vasopressor hatten 63,2 %resp. 61,1 % eine Sepsis als Ursache desSchocks [21]. Die Letalität der gesamtenPatientengruppen auf der Intensivstati-on war mit Dopamin tendenziell höherals mit Noradrenalin (50,2 % vs. 45,9%;p = 0,07) und war am Ende des Kran-kenhausaufenthalts (59,4 % vs. 56,6%;p = 0,24) sowie bis nach 12 Monatenvergleichbar hoch (65,9 % vs. 63,0%;p = 0,34) [21]. Basierend auf diesenDaten ist Noradrenalin der zu präferie-rende Vasopressor in der Therapie desseptischen Schocks bzw. der septischenKardiomyopathie.

Neben den oben genanntenVasopres-soren ist Vasopressin ein potenter Vaso-pressor, der direkt über V1-Rezeptorenwirkt und die Wirkung anderer Vaso-pressoren verstärken kann [3]. Russel etal. untersuchten in der 2008 publiziertenVASST-Studie denEinsatz vonVasopres-sin bei Patienten mit septischem Schockund Norepinephrintherapie im Hinblickauf die 28-Tage- und die Neunzigtage-letalität. Analog zu weiteren RCT zeigtesich auch in dieser Studie kein VorteilderVasopressin- undNorepinephrinthe-rapie im Hinblick auf das Überleben derPatienten [59, 73, 91]. Diese Untersu-chungen belegen eine Stellung von Vaso-pressinalsReservetherapeutikumimthe-rapierefraktärenseptischenSchock, spre-

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chen jedoch gegen den Einsatz von Va-sopressin als Erst- oder „Single“-Vaso-pressor in der Therapie des septischenSchocks.

Inotropika

Auchwenndie derzeit gültigenLeitlinienzurTherapie des septischen Schocks denEinsatz von Dobutamin bei Patientenmit persistierenderHypoperfusion, trotzadäquater Volumentherapie und Einsatzeines Vasopressors, empfehlen [89], ste-hen die Dobutamintherapie und derenDosis zur Behandlung der septischenKardiomyopathie seit Jahren in derwissenschaftlichen Diskussion. Ältereexperimentelle Arbeiten belegen poten-ziell positive Effekte von Dobutamin(5 μg × kgKG–1 × min–1) auf die Mi-krozirkulation und Durchblutung imSplanchnikusgebiet [20]. Gordon et al.[31] untersuchten in einer großen Studiean 516 Patienten den therapeutischenNutzen einer zusätzlichen Levosimen-dantherapie bei Patienten mit Sepsis.Die Ergebnisse dieser Studien belegen,dass die zusätzliche Therapie mit Levo-simendan weder einen Einfluss auf dasAuftreten und die Schwere einer Organ-dysfunktion noch auf die Sterblichkeithat. Im Gegenteil, eine Therapie mitLevosimendan war mit einer erhöhtenWahrscheinlichkeit eines prolongiertenWeanings und eines erhöhten Risikos ansupraventrikulären Tachykardien asso-ziiert [20]. Nadeem et al. beschreiben ineiner Metaanalyse mit 83 Originalarbei-ten, dass der Einsatz von Dobutamin imseptischen Schock mit einem erhöhten„stroke work index“, einem erhöhtempulmonalarteriellen Druck sowie ei-nem reduzierten mittleren arteriellenDruck (MAP) assoziiert ist. Die Auto-ren konnten des Weiteren zeigen, dassdie Therapie mit Dobutamin in einerreduzierten Herzfrequenz, einem er-höhtem CO sowie einem reduziertenSauerstoffangebot bei erhöhter Sauer-stoffausschöpfung resultierte [75]. Einegroße RCT untersuchte des Weiterenden Einfluss einer Kombinationsthera-pie aus Dobutamin und Norepinephrinim Vergleich zu einer Adrenalinthera-pie bei 330 Patienten mit septischemSchock [2]. Es ergab sich kein Einfluss

auf das 28-Tage-Überleben zwischenden Gruppen. Die fehlende eindeutigeEvidenz für einen positiven Effekt einerDobutamintherapie in der septischenKardiomyopathie, trotz diverser großerklinischer Studien, zeigt zum einen, dassdie zahlenmäßige Verbesserung einzel-ner kardialer/hämodynamischer Para-meter keine uneingeschränkte Trans-lation auf das Outcome der Patientenzulässt und wirft zum anderen die Fragenach der richtigen Dosis vonDobutaminin der Therapie der septischen Kardio-myopathie auf. Bis zur Klärung dieserFragen durch weitere große RCT kannDobutamin (bis zu 20 μg × kgKG–1 ×min–1), analog der gültigen LeitlinienzurTherapie des septischen Schocks, beiPatienten mit persistierender Hypoper-fusion (bei vermutetem insuffizientenCO) trotz adäquater Volumentherapieund dem Einsatz eines Vasopressors alsInotropikum eingesetzt werden [89].

Im Gegensatz zu Dobutamin, das sei-ne Hauptwirkung über die Stimulationkardialer β1-Rezeptoren ausübt, ist Levo-simendan ein „Ca2+ sensitizer“ und In-odilator, der zusätzlich immunmodulie-rende und antiapoptotische Effekte auf-weist. Zumindest bei fortgeschrittener,dekompensierterHerzinsuffizienz ließensich positive Effekte im Hinblick auf re-duzierte proinflammatorische Zytokine,antioxidative Effekte und geringere BNP-Spiegel im Vergleich zu Dobutamin fest-stellen [4]. Die positiven Effekte von Le-vosimendan inderSepsiswerdenkontro-vers diskutiert: Experimentelle Untersu-chungen in diversen Tiermodellen desseptischen Schocks konnten eine Ver-besserung der linksventrikulären Kon-traktilität und globalen Hämodynamik,eine reduziertemetabolischeAcidose so-wie eine abgeschwächte Organdysfunk-tion (Leber, Nieren und Lungen) belegen[8, 103, 105, 115]. Ähnliche positive Ef-fekte einer Levosimendantherapie zeig-ten mehrere (kleinere) klinische Studi-en bei Patienten mit septischem Schock[25, 115]. Zangrillo et al. fassen die ak-tuell vorhandene Evidenz aus 7 RCT fürden Einsatz von Levosimendan in ih-rer systematischen Übersichtsarbeit zu-sammen [113]. Die Autoren schlussfol-gern, dass die Therapie mit Levosimen-dan (0,05–0,2 μg × kgKG–1 × min–1) im

Vergleich zu anderen (konventionellen)Inotropikamit einer signifikant reduzier-tenLetalität assoziiert ist (relativesRisiko–0.14).DieAutorenweisen jedochaufdieHeterogenität des genutzten EndpunktsLetalität (Krankenhausletalität: 2 Studi-en; 28-Tage-Letalität: 2 Studien; Dreißig-tageletalität: 2 Studien, keine Angabenzur Studiendauer: eine Studie) sowie diesuboptimale methodische Qualität von4 der inkludierten 7 Studien hin. Auchunter Berücksichtigung der hohen Kos-ten einer Levosimendantherapie ist beidieser relativ geringenund inhomogenenEvidenz der Einsatz von Levosimendanindividuell kritisch abzuwägen.

Neben diesen pharmakologischenAnsätzen zur Steigerung der Kontrakti-lität untersuchten Thiele et al. in ihrer2012 publizierten Arbeit den Benefitdes Einsatzes einer „intra-aortic balloonpump“ (IABP) im Rahmen des kardio-genen Schocks. Die Untersuchung zeigt,dass der Einsatz der IABP zu keinerReduktion der Dreißigtagesterblichkeitführt [101]. Auch wenn derzeit großeklinische Studien zum Einsatz der IABPim Rahmen der septischen Kardiomyo-pathie fehlen, legt diese Arbeit nahe,dass die IABP im Rahmen des septi-schen Pumpversagens derzeit keinenStellenwert hat.

β-Rezeptoren-Blocker

Pathophysiologisch geht eine Tachykar-die immermit einem erhöhten kardialenSauerstoffverbrauch einher. Daher liegtes nahe, einen therapeutischen Ansatzin der Herzfrequenzreduktion bei Pa-tienten mit septischer Kardiomyopathiezu sehen [115]. Der Einsatz von Esmo-lol zur Kontrolle der Herzfrequenz inder Sepsiswurde als offene, randomisier-te Phase-2-Studie in einem Zentrum aninsgesamt 144 Patienten im septischenSchock überprüft [74]. Ab einer Herz-frequenz von 95/min wurde Esmolol bei77 Patienten so titriert, dass die Herz-frequenz zwischen 80/min und 94/mineingestellt war, undmit der Standardthe-rapie verglichen. Im Ergebnis konnteneine reduzierte 28-Tage-Letalität (80,5 %vs. 49,4 %; p < 0,001) sowie eine um 5Ta-ge reduzierte, mediane Aufenthaltsdauer

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aufder Intensivstationbelegtwerden (p=0,03; [74]).

Allerdings warfen die Autoren selbstmehrere Fragen auf, die die Generalisier-barkeit ihrer Ergebnisse infrage stellen.Zumeinenwar die Letalität derKontroll-und Interventionsgruppe ungewöhnlichhoch, was die Frage nach einem selek-tierten Patientenkollektiv aufwirft. Zumanderen gibt die Studie keine Aufschlüs-se darüber, ob und in welchem Umfangnichtkardiale Mechanismen zu diesemErgebnis beigetragenhaben [74].DenEf-fekt einer reinen Herzfrequenzkontrollesollte die Anwendung von Ivabradine(I [f] [funny channel current] inhibi-tor) klären. Eine entsprechende Studiezum Einsatz von Ivabradine auch beimseptisch bedingten multiplen Organdys-funktionen (MODIfY; NCT01186783) ist2010 initiiert worden.Mit Ausnahme derPublikation des Studienprotokolls zu-sammen mit retrospektiven Daten [22]stehen weitere Informationen jedochbisher aus (clinicaltrials.gov; Accessiondate 12.03.2017).

Andere Mechanismen einer β-Re-zeptoren-Blockade, die neben der Herz-frequenzkontrolle diskutiert werden,sind Effekte auf Inflammation sowieStoffwechsel und Gerinnung [40, 99]. Jenachdem,welche β-Rezeptorenblockiertwerden, kann es zu vermehrter Inflam-mation (β2-Blockade) oder verminderterInflammation (β1-Blockade) kommen[72]. Die vermuteten pleiotropen Effektehaben u.U. auch zu den widersprüchli-chenErgebnissen inBezug auf reduzierteHerzfrequenz und ihre Assoziation miteinem Anstieg des Schlagvolumens bei-getragen. Zumindest im experimentellenseptischen Schock sind die vordergrün-dig negativen Ergebnisse auf die Makro-zirkulation (Abnahme des CO und desMAP) begleitet von einer verbessertenMikrozirkulation des Intestinums. In-duziert wurde der septische Schock aninsgesamt 14 Schweinen durch Infusi-on von Pseudomonas aeruginosa. NachStabilisierung durch Volumentherapiewurde mit Esmolol (7,5 μg × kgKG–1 ×min–1) zwischen 90 und 300min nachBakterieninfusion therapiert, bis dieHerzfrequenz unter 90/min fiel. DieVerbesserung der Mikrozirkulation inder mit Esmolol therapierten Gruppe

könnte aber auch zumindest teilweisedurch die vermehrte Gabe von Volumenerreicht worden sein (Esmololgruppe625ml (500–938ml) vs. Kontrollgruppe250ml (250–438ml); p = 0,093; [41]).

Eine weitere experimentelle Studieuntersuchte die Wirkung des ultrakurzwirksamen β1-Rezeptoren-BlockersLan-diolol (Halbwertzeit 4min) in einem En-dotoxämiemodell am Schwein [55]. Indiesem Model wurden repetitiv Landio-lol (bis 200 μg/kgKG und min) vor undwährend einer LPS-Infusion (100 μgBolus gefolgt von 1 μg/kgKG und h)appliziert und die Hämodynamik undGewebeoxygenierung zerebral gemes-sen. Kurita et al. konnten darstellen,dass die Dosierung eines β-Rezeptoren-Blockers nur nach einer Zielherzfre-quenz nicht sinnvoll ist, sondern sogardie zerebrale Oxygenierung reduzierenkann. Dies gilt besonders bei einemAbfall des MAP und des HZV und beihöherer Dosierung des β-Rezeptoren-Blockers [55].

Zusammenfassend kann gefolgertwerden, dass die Herzfrequenzkontrol-le in der septischen Kardiomyopathieeinen potenziellen therapeutischen An-satz darstellen könnte. Das Fehlen vongroßen RCT lässt jedoch derzeit keineEmpfehlung für den Einsatz von β-Re-zeptoren-Blockern in der Therapie derseptischen Kardiomyopathie zu.

Fazit für die Praxis

4 Die Bedeutung der septischen Kar-diomyopathie wird im klinischenAlltag häufig unterschätzt. Eine ein-heitliche Definition der septischenKardiomyopathie gibt es bis heutenicht.

4 Experimentelle und klinische Un-tersuchungen zur Verbesserungder Diagnosestellung sowie zurIdentifikation neuer innovativerTherapieansätze in der septischenKardiomyopathie sind dringendnotwendig.

4 DieQuantifizierungdermyokardialenLeistungsfähigkeit in Abhängigkeitder Nachlast zusammen mit der„Speckle-tracking“-Echokardiogra-phie könnten Methoden zur Verbes-serung der Prognosestellung und

Therapiesteuerung der septischenKardiomyopathie sein.

4 Nach wie vor gibt es keine spezifi-schen Therapeutika für die Behand-lung der septischen Kardiomyopa-thie. Die aktuell gültigen Leitlinienzur Behandlung des septischenSchocks stellen daher den Grund-pfeiler in der Therapie der septischenKardiomyopathie dar.

4 Noradrenalin wird als Vasopressorder erstenWahlbei Patientenmit sep-tischem Schock, die trotz adäquaterVolumentherapie eine Hypotensionaufweisen, empfohlen.

4 Dobutamin kann bei Patienten mitpersistierender Hypoperfusion trotzadäquater Volumentherapie unddes Einsatzes eines Vasopressors alsInotropikum eingesetzt werden.

4 AufgrundderhohenKosten sowiedergeringen und inhomogenen Evidenzist der Einsatz von Levosimendanindividuell kritisch abzuwägen.

4 Die Herzfrequenzkontrolle könnteeinen potenziellen therapeutischenAnsatz zur Behandlung der septi-schen Kardiomyopathie darstellen,jedoch fehlen bisher große randomi-sierte klinische Studien.

Korrespondenzadresse

Dr. med. L. MartinKlinik für Operative Intensivmedizin undIntermediate Care, Uniklinik RWTH AachenPauwelsstraße 30, 52074 Aachen, [email protected]

Förderung. Diese Arbeit wurde unterstützt durchein Forschungsstipendium der Deutschen For-schungsgemeinschaft an Lukas Martin (DFG, MA7082/1-1).

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. L.Martin,M. Derwall, C. Thie-mermannundT. Schürholz geben an, dass kein Inter-essenkonflikt besteht.

Dieser Beitragbeinhaltet keine vondenAutorendurchgeführten Studien anMenschenoder Tieren.

Open Access.Dieser Artikelwird unter der CreativeCommonsNamensnennung4.0 International Lizenz(http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche dieNutzung, Vervielfäl-tigung, Bearbeitung, VerbreitungundWiedergabein jeglichemMediumundFormat erlaubt, sofern

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Fachnachrichten

Deutscher Herzbericht 2016:Immer noch sterben mehrFrauen an Herzkrankheiten alsMänner

Frauen mit Herzerkrankungen habeneine schlechtere Prognose als Män-ner. Werden Frauen seltener behandeltund weniger gut versorgt? Die Deut-sche Herzstiftung will eine genaueUrsachenanalyse.

Wie bereits in den Vorjahren sterben in

der Summe mehr Frauen als Männer anHerzkrankheiten, wie der Deutsche Herz-

bericht 2016 dokumentiert. 110.915 Frauen

gegenüber 97.061 Männern starben 2014an KHK/Herzinfarkt, Herzklappenerkrankun-

gen, Rhythmusstörungen, Herzinsuffizienzund angeborenen Herzfehlern. Besonders

auffallend ist die deutlich höhere Sterb-

lichkeit bei Frauen mit Herzinsuffizienz,Herzrhythmusstörungen und Herzklappe-

nerkrankungen. Die Deutsche Herzstiftung

unterstreicht: Diese starken Sterblichkeitsun-terschiede bestehen seit Jahren, sie stehen im

Kontrast zur stationären Erkrankungshäufig-keit, die bei Männern deutlich höher ist, und

sollten Anlass für genauere Untersuchungen

sein, um Engpässe in der medizinischen Ver-sorgung von Herzpatientinnen auszuschlie-

ßen. So lag 2014 die Sterbeziffer (Gestorbene

pro 100.000 Einwohner/EW) bei Herzschwä-che für Frauen um 71,2% über demWert der

Männer: bei Frauen lautete die Sterbeziffer68,9 pro 100.000 EW, bei Männern 40,3. In

absoluten Zahlen: 28.513 Frauen starben ge-

genüber 16.038 Männern an Herzschwäche.Bei den Herzrhythmusstörungen lag die Ster-

beziffer der Frauen um 48,2% höher (Frauen:

37,8; Männer: 25,5): 15.620 Frauen starbengegenüber 10.154 Männern an Rhythmus-

störungen. Bei Herzklappenerkrankungenlag die Sterbeziffer der Frauen um54%höher

als bei den Männern. Eine Ausnahme stellen

KHK/Herzinfarkt dar, die generell eine deut-lich höhere Zahl an Sterbefällen bei Männern

als bei Frauen aufweisen.

Frauen erhalten deutlich weniger LHKFür das Sterblichkeitsgefälle zwischen Frauenund Männern stellt sich die Frage nach Un-

terschieden in dermedizinischenVersorgung

(Diagnostik, Therapie). So zeigt sich in derVersorgung von Patientenmit Herzgefäßer-

krankungen – auch unter Berücksichtigungder höheren Erkrankungshäufigkeit der KHK

bei Männern –, dass deutlich weniger Frau-en eine Linksherzkatheter-Untersuchung

(LHK) erhalten: 2015 waren 35,4% der LHK-

Patienten Frauen gegenüber 64,8% Män-nern. Niedrig fällt auch der Frauenanteil

bei den perkutanen Koronar-Interventionen

(PCI) (Ballondilatation, Stent-Einbringung)aus: 2015 waren nur 28,3% der PCI-Patien-

ten Frauen. Ähnlich verhält es sich bei denBypass-Operationen: von 51.941 Eingriffen

(2015) wurden Frauen mit 11.521 (22%) Ein-

griffen deutlich seltener operiert als Männer(78% mit 40.420 Bypass-Operationen). Fer-

ner zeigen auch die verordneten Arznei-

Tagesdosen, dass Männer deutlich mehrMedikamente zur Behandlung von Herz-

Kreislauf-Erkrankungen bekommen als Frau-en: bei Männern sind 45% der verordneten

Arzneien Herz-Kreislauf-Medikamente, bei

Frauen liegt der Anteil bei 25% (TK Gesund-heitsreport 2016).

Ob ein Zusammenhang zwischen diesen Un-

terschieden in der medizinischenVersorgungvon Herzpatientinnen und der ungünstige-

ren Prognose für Frauen mit Herzschwäche,Klappenerkrankungen und Rhythmusstörun-

gen besteht, müssen zukünftige Analysen

klären. In jedem Fall müssen Frauen ihrerHerzerkrankung entsprechend diagnostisch

und therapeutisch so weit versorgt werden,

dass ein Ungleichgewicht in der Sterblichkeitnicht auf Versorgungsunterschieden beruht“,

betont die Deutsche Herzstiftung. Allerdingsmüssten frauenspezifische Besonderheiten

wie hormonelle Unterschiede, Wirkungs-

unterschiede von Medikamenten aufgrundvon Stoffwechselprozessen, unterschiedliche

Anatomie der kleinen Herzkranzgefäße und

die verminderte Wahrnehmung von Herzin-farkt-Symptomen bei Frauen, besonders im

hohen Alter, in diese Analyse einfließen.

Der Deutsche Herzbericht 2016 kann

kostenfrei angefordert werden unterhttp://www.herzstiftung.de/herzbericht

oder per Tel. unter 069 955128400. Auch

einen Herzinfarkt-Risiko-Selbsttest bietet dieHerzstiftung an.

Quelle: Deutsche Herzstiftung

www.herzstiftung.de

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