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XVI.1
Folie 116. Interstellares Medium
16. Interstellares Medium
• Komponenten: Sterne, Planeten, Gas, Staub, Strahlungs- und Magnetfelder, hochenergetische Teilchen, Strömungen
• Alle Energiedichten vergleichbar, zahlreiche, dynamische Wechselwirkungen, violent ISM
• Gas in mehreren Phasen im Druckgleichgewicht: kalt ↔ warm ↔ heiß
• ISM wesentlich durch Sternentstehungsrate bzw. Supernova-Rate kontrolliert
• Chemische Entwicklung einer Galaxie durch Anreicherung mit schweren Elementen aus den Endstadien der Sternentwicklung
Folie 216. Interstellares Medium
ISM: Dynamisches Gleichgewicht
• Viele Interaktionen zwischenallen Komponenten führen zueiner Energie-Åquipartition
• Permanenter Austausch, Input und Verlust von Energie, Materie und Impuls
• Großräumige Bewegungendurch galaktische Rotation, Materie-Einfall und Ausstrom
• Zahlreiche Instabilitäten (thermisch, gravitativ, magnetisch)
• Chemische Gradienten• Entwicklung, nicht-statisches
Medium
Plasma Magnetic fields Radiation
Plas
ma
Mag
netic
fie
lds
Rad
iatio
nC
osm
ic
Ray
s
shocks condensation evaporation
phases
wave dissipation magnetic braking
heating cooling
emission 21cm line
plasma waves
conductivity pressure
ionization absorption
dust reddening
heating waves
spallation Gamma-Rays
dynamo process
reconnection dissipation
Synchrotron emission Faraday rotation
Zeeman-effect
polarisation synchrotron
gyration acceleration generation of
waves
Compton-effect
reemission dust
Čerenkov γ-emission
Brems-strahlung
XVI.2
Folie 316. Interstellares Medium
Thermisches Gas• Interstellares Medium in mehreren
Phasen, wobei annähernd Druckgleichgewicht: P = nkT– Kaltes, dichtes Gas: Interstellare
Wolken, 10 ≤ T[K] ≤ 100, enthält Großteil der Masse, Radio-und IR-Beobachtungen
– Warmes Gas: Zwischenmedium HII-Regionen, T≈10000 K, optische und UV-Beobachtungen
– Heißes, extrem dünnes Gas: Supernova-Überreste (SNRs), T ≥106K, Großteil des Volumens, Röntgenbeobachtungen
• Verhalten des interstellaren Mediums durch Sternentstehung (= SN-Rate) kontrolliert
Neutraler Wasserstoff
ROSAT: Diffuse Röntgen-Emission
Folie 416. Interstellares Medium
Ionisiertes Gas
• Beispiel: 10º aus der Cygnus-Region, farbcodiertes Radio+IR-Bild (74cm: rosa; 21cm: grün; 60µm: türkis; 25µm: blau)
• Beobachtungen in Radio-Wellen-längen nicht durch Absorption der Staubteilchen (blau dargestellte Emission) behindert
• Zahlreiche dynamische Strukturen im ISM: stellare Windbubbles, SNRs (G78.2+2.1, G84.2-0.8) , Filamente durch Winde und alte SNRs, Ionisationsfronten, etc.
• G78.2+2.1: d=1.8kpc, v=900km/s, Ø=300pc (etwa 1ºam Himmel)
CGPS (2000): Radio-Karte der Cygnus-Region
XVI.3
Folie 516. Interstellares Medium
CO-Karte der Milchstraße
• Doppler-Verschiebung der (J=1-0) CO-Linie (λ=2.6mm) gegen galaktische Länge zeigt Bewegungsverhältnisse
• Struktur und Bewegung der Spiralarme klar erkennbar• Einzelne riesige Molekülwolken: giant molecular clouds
(GMC) mit M ~ 104-6 M , R~50…200pc• Bewegungen im Zentrum mit hohen Geschwindigkeiten
deuten auf hohe Materiedichte im Zentrum
Dame et al., 2001
Folie 616. Interstellares Medium
Interstellares MediumGas und Staub
• Neutrales Gas: Großteil der Masse– Interstellare Wolken: T~10...100K, Giant
Molecular Clouds mit ~105...6M , Orte der Sternentstehung, CNM
– Warmes neutrales Gas, abgeschirmt von UV-und Röntgenstrahlung, WNM
• Ionisiertes Gas: Großteil des Raumes – Warmes ionisiertes Medium, HII-Regionen,
T~104K, WIM– Heißes ionisiertes Medium, SNR, T~106 K,
Röntgen-Emission, HIM• Staubteilchen in allen Phasen vorhanden
– Prägen Chemie in Interstellaren Wolken, komplexe Moleküle
– Strahlungsfelder (Absorption, Extinktion, Emission) im Interstellaren Raum
HST: NGC1999
XVI.4
Folie 716. Interstellares Medium
ESO/VLT: Dunkelwolke in Oph, B68, d=160pc
Staub Absorption und Rötung des Lichtes
• Staubteilchen sind die wesentliche Quelle der interstellaren Absorption
• Starke Abhängigkeit von der Wellenlänge: Qabs ~ λ-1
• Einfluss auf extragalaktische Quellen, z.B. deep-field Beobachtungen
• Beispiel: IR-Bild einer Dunkel-wolke, Extinktion im Visuellen 35mag (J:1.25 µm, blau; H:1.65 µm, grün; K': 2.16 µm, rot)
Folie 816. Interstellares Medium
Extinktionskurve der Staubteilchen
UV-peak bei 217,5nm
• Av / E(B-V): Verhältnis von totaler zu selektiver Absorption
• Maximum im UV, amorpher Kohlenstoff
• Werte im UV stark von Form und Größe der Teilchen abhängig
• λ > 500 nm: ziemlich unabhängig vom Ort der Beobachtung
• Geringe Extinktion im IR• Entfärbung der Daten
stets notwendig
XVI.5
Folie 916. Interstellares Medium
Staubemission in der Milchstraße
• Absorption im kurzwelligen Bereich, Emission im fernen IR (100 μm)
• Etwa 107M Staub in unserer Milchstraße
• Staub in der galaktischen Ebene, hdust ~ 100 pc, zahlreiche Strukturen
• Sogenannter Cirrus auch in hohen galaktischen Breiten (IRAS-Photometrie)IRAS: 100μm
Folie 1016. Interstellares Medium
Staub in der Milchstraße
Magellan‘sche Wolken
• Beobachtungen im IR durch COBE:60μm(blau), 100μm(grün), 240μm(rot)
• Kurzwellige Strahlung von warmen Staubteilchen in unserem Sonnen-system (Zodiakallicht)
• Aufgeheizter Staub in unserer Milchstraße, Energie durch stellare Strahlungsfelder,
• Mittlere Temperatur: T≈18K, weitere Komponente mit T≈5K
• Zahlreiche extragalaktische Quellen, kosmischer IR-Hintergrund
XVI.6
Folie 1116. Interstellares Medium
Energiequelle: Strahlungsfelder
Tabelle nach Abbott (1982)
Input [W/kpc2]
Strahlung
Stellare Winde
SNe
Summe
Stoßheizung 6 •1030 2 •1031 3 •1031 Kinetische Energie ISW 2 •1030 2 •1030 6 •1030 1 •1031
Heizung der HII-Regionen 2 •1032 3 •1030 2 •1031 2 •1032
Heizung des HI-Gases 3 •1031 1 •1029 6 •1031 1 •1032
Gesamte Leistung der Milchstraße
3 •1033 2 •1031 1 •1032
Folie 1216. Interstellares Medium
Galaktische Kosmische Strahlung
• Propagation durch magnetisiertes, thermisches Plasma der Milch-straße, Diffusions-Advektions-Prozess, typische Aufenthalts-dauer 107
Jahre• Quellspektrum durch Energie-
verluste beeinflusst • Keine Richtungsinformation,
Gyrationsbewegung entlang der Feldlinien
• Direkte Beobachtung außerhalb der Erdatmosphäre, sonst air-shower arrays, Myonen-Detektoren, Čerenkov-Strahlung
XVI.7
Folie 1316. Interstellares Medium
Cosmic rays: Zusammenfassung
• Ultra-relativistische, nicht-thermische, geladene Teilchen• Homogen (?) in der Galaxie verteilt, geringe Anisotropien• Beschleunigungsmechanismus: Fermi-Prozess 1. Ordnung
in Stoßwellen, bislang fehlt dazu die experimentelle Bestätigung, eventuell SN1006
• Chemische Zusammensetzung entspricht dem ISM (außer LiBeB), typische Verweildauer (Milchstraße) etwa 107 Jahre
• Druck und Energiedichte vergleichbar mit anderen Komponenten des ISM
• CR-Leuchtkraft etwa 1041erg/s, etwa 10% der SN-Energie bei SN-Rate von 1/30 pro Jahr notwendig
• Wechselwirkung mit thermischem Gas: Kollision erzeugt neutrale Pionen → Zerfall in Gammaquanten mit Eγ >100MeV
Folie 1416. Interstellares Medium
Stellare Strahlung
• Stellare Strahlung ist wichtigste Heizquelle des interstellaren Mediums, starke lokale Effekte
• Heizung von Gas und Staub durch UV-Photonen
• Reemission durch Staubteilchen im Infraroten, Indiz für junge Sterne, Diagnostik von Sternentstehung in extragalaktischen Systemen
• Beispiel: Orion-Nebel-Komplex, nächste Sternentstehungsregion (d=470pc), etwa 2000 junge Sterne, etwa 700 (variable) Röntgenquellen
HST: Orion-Nebel
XVI.8
Folie 1516. Interstellares Medium
HII-Regionen
• Regionen ionisierten Wasserstoffs um Sterne mit hohem UV-Anteil
• Aufrechterhaltung durch die stellare UV-Strahlung, d.h. Photonen mit hν ≥ 13.6 eV
• Temperatur: T ~ 8000 ... 10000 K• Gleichgewicht zwischen Rekom-
bination und Absorption: max. Ausdehnung, Strömgren-Radius
• Indikatoren für Sternentstehung, wichtige Rolle in Extragalaktik
• Auftreten in den Spiralarmen, am Beispiel von M33
M33, Hα
Folie 1616. Interstellares Medium
HII-Region: M20=Trifid-Nebel
• Ionisations- und Stoßfronten, Instabilitäten der Grenzfläche• Dissoziation und Kompression des Mediums• Kühlung der HII-Region durch Spuren schwerer Elemente
visuell HαHST
XVI.9
Folie 1716. Interstellares Medium
Stellare Winde
• Wichtige Energie- und Impulsquelle des interstellaren Mediums, vor allem Winde von jungen, massereichen Sternen, z.B. Wolf-Rayet-Sterne, Verlust der H-Hülle
• Stellarer Wind breitet sich im ISM aus, Bildung einer sog. Windbubble, kollektive Effekte in einem Sternhaufen
• Ausbreitung späterer SNRs hängt von der äußeren Dichteverteilung ab
• Zahlreiche Mechanismen zum Antreiben der Winde wesentlich: Strahlungsdruck auf Atome, Moleküle und Staubteilchen, Wellen, Pulsationen, Rotation, ...
HST: M1-67 um WR224
Folie 1816. Interstellares Medium
Stellare Winde ISM
• Sterne M < 8M : Erheblicher Massenverlust am Ende des Sternlebens, sog. AGB-Sterne mit bis zu 10-5M /Jahr
• Nuklear prozessiertes Material in der Sternatmosphäre, s-Prozess
• Pulsations- und staubgetriebene Winde, 80% aller Staubteilchen kommen von Roten Riesen
• Bis zu 3M⊕/Jahr an Staub ins ISM
• Bildung eines Planetarischen Nebels durch Wechselwirkung des Windes mit dem Wind des Weißen Zwerges
ESO/VLT: M27, Planetarischer Nebel
XVI.10
Folie 1916. Interstellares Medium
SNRs und interstellare Wolken
• Explosionswolke überläuft zahlreiche interstellare Wolken
• Kompression der Wolke durch die Stoßwelle, Erhöhung der Leuchtkraft
• Strömungsinstabilitäten am Rand der Wolke (Kelvin-Helmholtz), Mischen der beiden Medien
• Ausbreitung des SNR modifiziert, sog. mass loading der Strömung
• Erzeugung von Röntgen- und Gamma-Strahlung
• Kompression der Wolken fördert Bildung neuer Sterne
SN1987A, 1994 (HST)
SN1987A, 1997 (HST)
Folie 2016. Interstellares Medium
Elemente in einem SNR• Schwere Elemente werden ins
ISM geschleudert• Chemische Stratifikation der
SN-Vorläufersterne, Abbild der verschiedenen nuklearen Brenn-phasen(Zwiebelschalenmodell)
• Explosionswolke breitet sich im ISM aus, Bildung eines Supernova Remnants (SNR)
• Ausdehnung eines SNRs hängt von der äußeren Dichte, der SN-Energie und dem Wind des Vorläufers ab
XMM: Tycho-SNR
XVI.11
Folie 2116. Interstellares Medium
Entwicklung von SNRs• Entwicklung der Explosionswolke verläuft
in mehreren Phasen• 1. Freie Expansion: ballistische,
ungebremste Explosion ins Umgebungs-Medium bis ausgeschleuderte Masse der weggeschobenen Masse des ISM vergleichbar
• 2. Sedov-Phase: Bildung einer heißen Blase, druckgetriebene, adiabatische Ausdehnung
• 3. Kühlphase: Radiative Kühlung des SNR dominiert weitere Entwicklung, langsamere Ausdehnung, Instabilitäten
• 4. Dispersion ins interstellare Medium, Instabilitäten, Fragmentation, kinetische Energie auf interstellaren Wolken verteilt
Chandra: Cas A
Folie 2216. Interstellares Medium
OB-Assoziationen
• Raumbereich mit jungen massereichenO- und B-Sternen
• OB-Assoziationen sind lose gebundenund lösen sich allmählich auf
• O-und B-Sterne sind sehrleuchtkräftig, viele ionisierende UV-Photonen
• OB-Assoziationen oft ≥100 Sternen• Kollektive Effekte von
Ionisationsfronten, stellaren Winden und SN-Explosionen
• Beispiele: Orionnebel (etwa 200 junge Sterne), Rosettennebel
• OB-Assoziationen: Merkmal gasreicherund irregulärer Galaxien, treten nichtin Elliptischen Galaxien auf
CHANDRA (2001): Rosettennebel, Röntgen+optisch
XVI.12
Folie 2316. Interstellares Medium
Kollektive Effekte von SNRs
• Entwicklung massereicher Sterne in einem Sternhaufen (OB-Assoziation) führt zu räumlich benachbarten SN-Explosionen
• Bildung von sogenanntenSuperbubbles, Ausdehnung erreicht galaktische Dimensionen, Abströmung in den galaktischen Halo
• Wesentlicher Einfluss auf Entwicklung des ISM
• In anderen Galaxien gut beobachtbar, Beispiel: N70 in der Großen Magelan'schen Wolke (LMC), Durch-messer etwa 100 pc, Material von stellaren Winden und SN-Explosionen
VLT/ESO: N70 in LMC
Folie 2416. Interstellares Medium
Materiekreislauf
ISM, Wolken
JungeSterne
Alte Sterne
PN
SNR
Weißer Zwerg
Neutronen-stern
Schwarzes Loch
XVI.13
Folie 2516. Interstellares Medium
Chemische Entwicklung • Allgemein: Mittlere Metallizität des ISM steigt
im Laufe der Zeit durch stellare Nukleosynthese an
• Entwicklung chemischer Gradienten innerhalb einer Galaxie, Metallizität nimmt nach außen ab
• Wechselwirkung mit dem galaktischen Halo und intergalaktischem Medium (IGM): Einfall von metallarmen Material, Abströmen von metallreichem Material
• Wechselwirkung mit anderen Galaxien, merging, Einfang von Kugelhaufen oder Zwerggalaxien, inhomogene Metallizitäten im Bulge von Galaxien
Zaritsky et al. 1994
Folie 2616. Interstellares Medium
Materiekreislauf Zusammenfassung
• Sternentstehung: Gravitationskollaps, Fragmentation, Drehimpulstransport, Planetensysteme, Sternhaufen, OB-Assoziationen, HII-Regionen, ...
• Sternentwicklung: Hauptreihe, Spektralklassen, thermo-nukleare Reaktionen, Pulsationen, Altersbestimmung, stellare Winde, Strahlungsfelder, ...
• Endstadien: massearme bzw. massereiche Sterne, Rote Riesen, Supernovae, s,r,p-Prozesse, stellare Winde, Staubbildung, ...
• Dispersion ins ISM: Planetarische Nebel, Novae und Supernovae, explosive Nukleosynthese, Metalle ins ISM, Stoßwellen, heißes ISM, Interstellare Wolken (Chemie, Staubkoagulation), ...