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Kurzbeschreibungen XKleine, einfach gebaute Metazoen unbestimmter phylo-genetischer Stellung (▶ Abb. 12.26, S. 580):Placozoa (Scheibentiere): Nur eine einzige Art nach-gewiesen (S. 579): Trichoplax adhaerens. Abgeflachter,allseits bewimperter, dreischichtiger Organismus, des-sen Ober- und Unterseite je ein „Epithel“ aus begeißel-ten Zellen tragen (auf der Unterseite auch mit unbegei-ßelten Drüsenzellen). Der dazwischen liegende Flüssig-keitsraum wird von einem mesenchymartigen Netzwerkaus sog. Faserzellen erfüllt (▶ Abb. 12.25). Vorüber-gehende Bildung einer vom „Epithel“ der Unterseitebegrenzten Verdauungskammer. Fortpflanzung je nachUmweltbedingungen sexuell oder asexuell.„Mesozoa“: Kleine (1 – 2mm lange) wurmförmigeOrganismen mit einer einschichtigen Epidermis, derenZellen mit Banddesmosomen (Zonulae adhaerentes)mechanisch miteinander verbunden sind und eine Ba-sallamina aufweisen – beides Merkmale, die für die Eu-metazoa charakteristisch sind. Die Epidermis umschließtdas aus wenigen generativen Zellen bestehende Kör-perinnere. Die ca. 100 Arten leben ausschließlich endo-symbiontisch in den Körperhöhlen von Invertebraten.Ihre systematische Stellung ist seit langem umstritten.Früher oft zwischen Einzellern und Metazoen eingeord-net („Mitteltiere“), werden sie auch als Abkömmlingeparasitischer Plathelminthen betrachtet.
12.4 Cnidaria (Nesseltiere)Ursprünglich wurden die äußerst formenreichen Cnida-rier und die nur 80 Arten zählenden Ctenophoren zu den„Coelenterata“ (den Hohltieren) zusammengefasst. Vorallem aufgrund von Ultrastrukturmerkmalen der Sper-mien (Struktur des Akrosoms) und dem Auftreten echterMuskelzellen betrachtet man die Ctenophora heute viel-fach auch als Schwestergruppe der Bilateria. Die den Cni-dariern und Ctenophoren gemeinsamen Merkmale wiediploblastisches Organisationsniveau, starke Ausbildungeiner Mesogloea und pelagische Medusen (Quallen)wären dann als Symplesiomorphien zu deuten.
Formenübersicht cHydrozoa, typischer Generationswechsel von Polyp undMeduse (Hydromeduse): Hydra (Süßwasserpolyp;▶ Abb. 12.29a, ▶ Abb. 12.30, ▶ Abb. 12.36); die fol-genden Formen wie die meisten Hydrozoen sowie alleScypho-, Cubo- und Anthozoen sind marin: Tubulariaund Obelia koloniebildend; Millepora („Feuerkoralle“)tropisch riffbildend; Aequorea (Leuchtmeduse); Physaliaund Velella (Staatsquallen: Siphonophora; ▶ Abb. 12.37).Scyphozoa, Polypengeneration klein oder fehlend, Me-dusengeneration als „Quallen“: Chrysaora (Kompass-
qualle); Aurelia (Ohrenqualle), Pelagia (Leuchtqualle);Cyanea (Feuerqualle), Schirmdurchmesser bei antarkti-schen Formen über 2m.Cubozoa (Würfelquallen), Polyp klein, Meduse tetrara-dial, aktive Schwimmer und Räuber.Anthozoa (Korallen), nur Polypengeneration: Actinia(Seeanemone, ▶ Abb. 12.31 b), solitär; Corallium (Edel-koralle), stockbildend; dsgl. die Gruppe der Madrepora-ria (Steinkorallen), riffbildend in tropischen Meeren.Hydrozoa, Scyphozoa und Cubozoa werden wegen desAuftretens eines Medusenstadiums als Medusozoa zu-sammengefasst.
Aufgrund der klaren Symmetrieverhältnisse ihrer Körper-gestalt und ihrer reich differenzierten Epithelien mit Ner-ven-, Sinnes- und myofibrillenhaltigen Zellen erhebensich die Cnidarier eindeutig über das Organisationsniveauder Schwämme. Doch besitzen auch sie – wenn man voneinigen recht komplexen Sinnesorganen absieht – nochkeine echten Organe, die sich wie bei den höheren Meta-zoen (Eumetazoa) durch einen eigenständigen ontogene-tischen Entwicklungsgang auszeichnen.
In ihrer Körperarchitektur stimmen alle Cnidarier –wie die Ctenophoren – darin überein, dass eine drei-schichtige Körperwand einen zentralen Hohlraum (Gas-trovaskularraum) umschließt. Wie sein Name besagt, er-füllt letzterer eine Doppelfunktion: Er ist einerseits – imGegensatz zum Kanalsystem der Schwämme – Ort derextrazellulären Verdauung (Gastro-), übernimmt aber an-dererseits auch die Rolle eines Verteilersystems vonNährstoffen und Abbauprodukten (-vaskular). Mit einereinzigen (Mund-/After-)Öffnung mündet er nach außen.Im Bau der Körperwand lässt sich stets ein äußeres undein inneres einschichtiges Epithel (Epidermis und Gas-trodermis) und eine dazwischen liegende Mesogloea un-terscheiden. Epidermis und Gastrodermis gehen ausEkto- bzw. Entoderm hervor und werden daher auch alsEktodermis und Entodermis bezeichnet. Die Mesogloeabildet dagegen primär eine azelluläre Matrix, in die Zel-len der Epidermis und Gastrodermis mit pseudopodien-artigen Fortsätzen hineinragen (Verankerungsfunktion).Wenn sekundär ektodermale Zellen in die Mesogloeaeinwandern (Ektomesenchym), kann sie bindegewebs-ähnliche Struktur annehmen und – wenn es sich beiden eingewanderten Zellen um Skleroblasten handelt –Endoskelettfunktionen erfüllen.
Viele Hohltiere treten in zwei Generationsformen auf:als sessiler Polyp und pelagische Meduse. Die schlauch-förmigen Polypen (▶ Abb. 12.29 a, ▶ Abb. 12.30) haftenmit einer Basalplatte (= Aboralseite; animaler Pol) amBoden. Am gegenüberliegenden Körperende (= Oralseite;vegetativer Pol) treten unter der Mundscheibe (Peristom)in den meisten Fällen Tentakel auf, die entweder hohl,d. h. von Fortsätzen des Gastralraums durchzogen, odermit turgeszenten Entodermzellen ausgefüllt sind. DerGastrovaskularraum (Gastralraum) der Polypen bleibt
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aus: Wehner u. a., Zoologie (ISBN 9783133674256) © 2013 Georg Thieme Verlag KG
entweder ungegliedert (Hydrozoa) oder wird durch 4(Scyphozoa), bei den Korallenpolypen (Anthozoa) durch6, 8 oder bis zu 100 von der Körperwand radiär nachinnen vorspringenden Septen (Mesenterien) unterteilt(▶ Abb. 12.31). Der freie zentrale Rand dieser Septen istbei den Anthozoen gefältelt und mit sezernierenden undresorbierenden Zellen besetzt (Mesenterialfilamente).Auf ihren radiären Flächen tragen die Mesenterien starkeentodermale Muskelstränge („Muskelfahnen“), die denganzen Polyp in seiner Längsrichtung kontrahieren kön-nen. Anstelle des einfachen Peristoms der Hydrozoen be-sitzen die Anthozoen ein ektodermales Schlundrohr (Sto-modaeum), das mit den Mesenterien an deren oberemRand verwachsen ist. Die Mesogloea erscheint bei denPolypen der Hydrozoen und Scyphozoen nur als dünne„Stützlamelle“. In ihrer Struktur ähnelt sie der Basallami-na von Epithelien höherer Metazoen.
Die pelagischen Medusen (▶ Abb. 12.29 b) lassen sichaus der Polypenform durch Abplattung längs der oral-ab-oralen Achse ableiten, wobei die Mundscheibe zur kon-kaven Schirmunterseite (Subumbrella), der übrige Teildes Körpers zur konvexen Schirmoberseite (Exumbrella)wird. Gegen die Unterseite springt vom tentakelbesetztenGlockenrand eine kontraktile Ektodermfalte (Velum) iris-
Abb. 12.29 Schema der Generationsformen von Coelenteraten.a Polyp und b Meduse. Die Meduse ist oben im Längsschnitt (links radial, rechts interradial) und unten in der Aufsicht auf die Oralseitegezeigt. Grün Epidermis, gelb Gastrodermis, rot Mesogloea.
Abb. 12.30 Süßwasserpolypen (Hydra attenuata). Maßstabs-marke: 2mm (REM-Aufnahme: P. Tardent, U. Bänninger, Zürich,Schweiz).
Epidermis
Gastrodermis
Ringkanal
VelumManu-brium
Gonade
Tentakel„Stützlamelle“(Mesogloea)
Mesogloea
Radiärkanal
Ringkanal
GonadeVelum
Manubrium
Mundöffnung
Tentakel Radiärkanal
Tentakel
PeristomMund-öffnung
Gastro-vaskular-
raum
Epidermis
„Stützlamelle“(Mesogloea)
Basal-platte
Gastrodermis
a b
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artig vor. Medusen (mit Ausnahme der Hydromedusen)besitzen im Gegensatz zu den Polypen quergestreifteMuskulatur. Der Gastralraum wird durch die massige Ent-wicklung der Mesogloea so eingeengt, dass nur noch einezentrale Magenhöhle und ein System von Ring- und Radi-ärkanälen verbleiben. Nach außen öffnet sich der Gastral-raum über einen glockenförmigen Magenstiel (Manubri-
um). Durch Ausstoß von Wasser aus dem Gastrovaskular-raum können sich die Medusen, die als Verbreitungssta-dium dienen, nach dem Rückstoßprinzip fortbewegen.
Im Gegensatz zu den Schwämmen kommt es bei denHohltieren durch den teilweise recht engen Zusammen-schluss mehrerer Zelltypen innerhalb der Epithelien zuAnsätzen von Gewebsbildung (▶ Abb. 12.32). Den häu-
Abb. 12.31 Mehrkammerige Polypen (nach Kaestner; Hatscheck).a Schematische Querschnitte durch Polypen mit gekammertem Gastralraum: oben Scyphozoa, unten Anthozoa.b Organisationsschema eines mehrkammerigen Polypen (Anthozoa).Gastralraum in allen Abbildungen schwarz. Bei den Anthozoen inserieren die Protomesenterien (im Gegensatz zu den Metamesente-rien) am Schlundrohr.
Abb. 12.32 Längsschnitt durch dieRumpfwand eines Hydra-Polypen (nachKühn; Tardent).
Längsmyo-fibrillenRingmyo-fibrillen
FlagellumVerdauungs-zelle
symbiontischeeinzellige Algen
Drüsen-zelle
Verdauungs-zelle
Epidermis
Nerven-zelle
Nematoblast
Nematocyt
ektodermaleEpithelmuskelzelle
Sinneszelle
interstitielleZelle
Mesogloea
Gastrovaskular-raum
Gastrodermis
Peristom
Tentakel
Schlundrohr
Mesenterialfilament
Längsmuskulatur(„Muskelfahne“)
Mesenterium
Basalplatte
b
EpidermisMesogloeaGastrodermisGastraltascheGastralseptumSeptalmuskel
Epidermis
Protomesenterium
Längsmuskulatur(„Muskelfahne“)Meta-
mesenterium
ZwischenfachSchlundrohr
a
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figsten der ca. 20 Zelltypen von Hydra bilden die Epithel-muskelzellen. Sie sind durch einen flachen basalen Zell-fortsatz gekennzeichnet, der Myofibrillen enthält und fürdie Kontraktionsfähigkeit des Epithels verantwortlich ist.Während Hydrozoen und die immer medusenlosen Ant-hozoen nur glatte Epithelmuskelzellen enthalten, tretenbei den Medusen der Scyphozoen ausschließlich quer-gestreifte Epithelmuskelzellen auf. Epithelmuskelzellenkönnen zudem – in der Epidermis – Skelette sezernierenund – in der Gastrodermis – mittels Flagellenschlag einenFlüssigkeitsstrom erzeugen, aus dem sie Nahrungspar-tikel endocytotisch aufnehmen (gastrodermale Epithel-muskelzellen: Nährmuskelzellen, Verdauungszellen). DieVerdauung erfolgt bei den Hohltieren also sowohl extra-als auch intrazellulär. Drüsenzellen (Zymogenzellen) derGastrodermis sezernieren Verdauungsenzyme in denGastralraum.
Kleine interstitielle Zellen (I-Zellen), die in der Epider-mis und Gastrodermis an der Basis der Epithelzellen lie-gen, sind Stammzellen, aus denen durch Differenzierungdie Nerven- und Sinneszellen, die Nessel- und Drüsen-zellen hervorgehen. Auch die Gameten leiten sich vonihnen ab. Als multipotente Zellen sind sie für die aus-geprägten Regenerationsleistungen der Cnidarier verant-wortlich (Box 12.2).
Nervenzellen liegen als uni-, bi- oder multipolare Neu-ronen an der Basis von Epi- und Gastrodermis, wo siesowohl mit Sinnes- als auch mit Epithelmuskelzellen inKontakt treten. Bei Polypen bilden sie ein einheitlichesdiffuses Nervensystem, bei einigen Medusen können siejedoch schon zu getrennten, anatomisch und funktionellverschieden differenzierten Nervennetzen zusammentre-ten. Die Ohrenqualle Aurelia (▶ Abb. 12.33) besitzt einenektodermalen Nervenplexus aus multipolaren Neuronen,die mit Sinneszellen an der Oberfläche in Verbindungstehen und die Bewegung bei der Nahrungsaufnahme
kontrollieren. Unabhängig davon arbeitet ein zweiterNervenplexus, dessen bipolare Neuronen der Ring- undRadiärmuskulatur aufliegen und schnelle Schwimm-bewegungen steuern.
Sinneszellen kommen bei Polypen als einzeln zwi-schen den Epithelmuskelzellen stehende Mechano-, Pho-to- oder Chemorezeptoren vor. Bei den frei schwimmen-den Medusen können sie dagegen zu Sinnesorganen wieeinfachen Augen (▶ Abb. 12.34), Statocysten oder kom-plexen Rhopalien zusammentreten. Letztere liegen zwi-schen den Randlappen (▶ Abb. 12.33). Bei den aktivstenSchwimmern, den Würfelquallen (Cubomedusen), ent-halten sie je zwei Linsenaugen, 4 Pigmentbecheraugen,einen Statolith und eine chemorezeptorische Sinnesgrup-pe.
Das zweifellos auffälligste cytologische Charakteristi-kum und exklusive Merkmal der Cnidarier sind die Nes-selzellen (= Nematocyten = Cnidocyten), die sich aus Ne-matoblasten (Nesselkapsel-Bildungszellen) entwickeln.
Box 12.2
Hydra ist unsterblichZerteilt man den Rumpf eines Hydra-Polypen in 200Stücke von 0,2mm Durchmesser und mindestens 300Zellen, regeneriert jedes wieder zu einem ganzen Poly-pen. Wohl aufgrund dieser ständigen Restitutionsleis-tungen ist Hydra potenziell unsterblich, kennt also keinaltersbedingtes Ableben – ein für Eumetazoen einmali-ges Phänomen. Nachweislich haben einzelne Hydra-Po-lypen über mehrere Jahrzehnte bis auf den heutigen Tagohne irgendwelche Alterserscheinungen überlebt. Dergriechische Mythos von der lernäischen Hydra – einemUngeheuer, das unsterblich in einer Höhle am Rande derArgolis hauste – scheint diese Einsicht widerzuspiegeln.
Abb. 12.33 Nervennetztypen der Scyphomeduse Aurelia (nach Bullock, Horridge).a Aurelia-Larve, Übersicht. b Ausschnitt (Randlappen) mit den beiden Nervennetzen (blau), die aus multipolaren und bipolarenNeuronen bestehen.
Gastraltasche
Manubrium
Längs-(Radiär-)Muskulatur
Rhopalium
Rand-lappen
Ringmuskulatur
a b
Ringmuskulatur
Längs-(Radiär-)Muskulatur
Neuron
Gastraltasche
Neuron
Rhopalium
multipolare Neuronen bipolare Neuronen
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Mit ihrer Rolle bei Beutefang und Feindvermeidunghaben sie zweifellos zum ökologischen Erfolg und zurweiten Verbreitung der Cnidarier beigetragen. In ihremInneren bilden sie eine der höchstspezialisierten Zellor-ganellen tierischer Zellen überhaupt: die Nesselkapseln(= Nematocysten = Cniden). Jede Hydra ist mit dreiTypen von Nematocyten und -cysten ausgerüstet(▶ Abb. 12.35):● Stilett- oder Durchschlagskapseln (= Penetranten =Stenotelen; Plus 12.1, S. 587), die mit Stilett- und gift-sezernierendem Nesselschlauch (Tubulus) den Cuticu-larpanzer kleiner Arthropoden durchschlagen;
● Wickelkapseln (= Volventen = Desmonemen), beidenen sich der ausgeschleuderte Tubulus, bettfeder-artig spiralisiert, um Borsten von Beutetieren wickelt;
● Klebkapseln (= Glutinanten = Isorhizen), die mit ihremklebrigen Tubulus vorübergehende Befestigungsauf-gaben bei der Lokomotion übernehmen. Hydra-Polypenkönnen sich nämlich spannerraupenartig auf demSubstrat fortbewegen (▶ Abb. 12.36).
Volventen und Glutinanten enthalten kein Giftsekret. Beiden Penetranten sind die Nesselgifte Neurotoxine, diespannungsabhängige Na+-Kanäle blockieren und damitzu Lähmungserscheinungen führen. Die Cubomedusender Gattung Chironex mit ihren bis zu 2m langen Tenta-keln gehören zu den gefährlichsten Gifttieren. Der Todkann innerhalb von Minuten eintreten.
Polyp und Meduse bilden bei Hydrozoen und Scypho-zoen die aufeinanderfolgenden Glieder eines Generati-onswechsels (Metagenese, S. 598). Die Medusen entste-
Abb. 12.34 Linsenauge der HydromeduseCladonema (nach Weber, Tardent). DieCornea wird von den transparenten Fort-sätzen der Epithelzellen gebildet. Die Pig-mentzellen enthalten in ihrem proximalenTeil Melaningranula und bilden mit ihremdistalen Teil einen Linsenkörper.
Abb. 12.35 Nesselzellen (Nematocyten) und Entladung der Nesselkapseln (Nematocysten).Penetrante (Stilettkapsel): 1 In Ruhe. 2 Der Kapseldeckel (= Operculum) ist aufgeklappt, das Halsstück wird ausgestülpt, der Stilett-apparat vorgeschnellt und die Cuticula des Beutetieres (braun) durchdrungen. 3 Die Stilette klappen auseinander. 4 Der Nesselschlauchstülpt sich aus. Bei Glutinante (Klebkapsel) und Volvente (Wickelkapsel) ist jeweils der ruhende und der entladene Zustand gezeigt.
Penetrante
MikrovillusCnidocil
Operculum
Stilettapparat
Nematocyste
Tubulus
Nucleus
Filamente
Nematocyt
Nematocyste
Stilett-apparat
Tubulus
Glutinante
Tubulus
Nemato-cyste
Tubulus
Nemato-cyste
Volvente
1 2 3 4
Melaningranula
Linsenkörper Cornea
Epithelzelle
Basalzelle Mesogloea Photorezeptor
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hen auf ungeschlechtlichem Wege durch Metamorphosedes ganzen Polypen (bei Cubozoa), Querteilung der Poly-pen (terminale Knospung: Strobilation bei Scyphozoa)oder laterale Knospung (bei Hydrozoa). Als geschlecht-liche Generation entwickeln sie Gonaden. Die aus dembefruchteten Ei entstehende bewimperte Planula-Larveoder die schon tentakeltragende Actinula-Larve setztsich fest und wächst zu einem neuen Polypen aus. Beivielen Formen lösen sich die Medusen gar nicht mehrals freischwimmende Stadien vom Polypen ab, sondernerscheinen als sessile, stark reduzierte Medusoide (Gono-phoren). Bei Hydra bestehen die Medusoide nur noch ausden Gonaden, sodass hier der Polyp die geschlechtlicheund ungeschlechtliche Generation repräsentiert.
Eine hervorstechende Eigentümlichkeit vieler Cnidarierist die Stockbildung. Durch Knospung entstehen Polypen,die mit dem Mutterpolypen in Verbindung bleiben undauf diese Weise Polypenstöcke aus vielen Tausenden vonEinzelpolypen bilden. Meistens ist diese Stockbildung miteiner morphologischen und funktionellen Differenzie-rung zwischen den Einzelpolypen verbunden (Polymor-phismus). Danach lassen sich Fresspolypen (Trophozooi-de), mundlose Wehrpolypen (Nematozooide), die reichmit Nesselkapseln besetzt sind, und medusenbildende
Geschlechtspolypen (Gonozooide) unterscheiden. Beiden Geschlechtspolypen sind Peristom und Tentakeln zu-rückgebildet. Da die Gastrovaskularräume aller Polypenmiteinander in Verbindung stehen, werden auch diemundlosen Individuen mit Nahrung versorgt.
Am höchsten ist der Polymorphismus bei den Sipho-nophora (Staatsquallen, ▶ Abb. 12.37) entwickelt. Diefreischwimmenden Stöcke sind aus verschiedenen Poly-penformen und sich nicht ablösenden Medusen (Medu-soiden) zusammengesetzt. Mund- und tentakellos dienenletztere nicht nur als Geschlechtsindividuen, sondernauch als Schwimmglocken der Bewegung des Stockes.Sie sind z. T. mit Schwebeorganen (Gasdrüsen und -be-hältern, Ölblasen) ausgerüstet. Aus Knospen der Polypen-achse gehen längs des Polypenstammes, der von derSchwimmglocke herabhängt, Gruppen (Cormidien) vonje einem Fresspolypen, einem Geschlechtspolypen undeinem Medusenschirm hervor.
Die gewaltigen Stockbauten vieler Korallenpolypen(Anthozoa) sind durch die Bildung mächtiger Kalkskelettestark an der Gestaltung der Erdoberfläche beteiligt. DieSteinkorallen (Madreporaria) bilden den Hauptteil der Ko-rallenriffe. Ihr Skelett wird von den Epidermiszellen derBasalplatte in Form von radiären Sklerosepten abgeschie-
Plus 12.1
Penetranten – miniaturisierte DurchschlagsgeschosseIn Form ihrer Stilettkapseln (Penetranten) verfügen dieCnidarier über Miniaturgeschosse höchster und schnellsterDurchschlagskraft. Auf mechanische Reizung des Cnido-cils, eines von einem Mikrovillikranz umstandenen Stereo-ciliums (▶ Abb. 12.35/1), wird ein Aktionspotenzial aus-gelöst, worauf sich die vorgespannte Kapsel explosions-artig entlädt. Innerhalb von 3ms (3 × 10–3 s) wird derganze in der Cyste aufgewickelte Tubulus nach außen ge-schleudert, wobei er sich durch Evagination handschuhfin-gerartig umstülpt und dann über seine gesamte Längehinweg Gifte sezerniert, die die Beute lähmen und lysieren.Wie Höchstfrequenzaufnahmen mit 1,4 × 106 Bildern proSekunde zeigen, öffnet sich der Kapseldeckel bereits nacheiner Latenzzeit von 0,5ms (5 × 10–4 s). In weniger alseiner Mikrosekunde (7 × 10–7 s) schießt dann ein pfeilspit-zenförmiger Stilettapparat mit einer Beschleunigung von5 400 000 g aus der Öffnung hervor und schlägt ein Lochin den Cuticularpanzer der Beute (▶ Abb. 12.35/2), z. B.eines Kleinkrebses (Daphnia). Im Experiment werden Folien
aus Kunstharzen von bis zu 2 μm Dicke penetriert. Ist dasLoch geschlagen, klappen die 3 Stilette nach außen umund geben damit die erzeugte Öffnung frei(▶ Abb. 12.35/3). Durch sie dringt nun der 500 μm lange,aber nur 1 μm dicke Nesselschlauch in die Beute ein(▶ Abb. 12.35/4).Die Kräfte, die den ganzen Entladungsvorgang – die explo-sionsartige Exocytose – treiben, sind osmotischer und me-chanischer Natur. Letztlich funktioniert die Entladung nachdem Prinzip einer vorgespannten Feder. Die Wand der Kap-sel besteht aus kleinen Kollagenmolekülen (Minikollage-nen), die eine reißfeste polymere Faserstruktur bilden.Das Innere wird von einer Matrix aus anionischen γ-Poly-Glutamaten erfüllt, die große Mengen an K+-Ionen (2 Mol ×l–1) binden. Dadurch erhöht sich die spezifische Dichte derKapsel, Wasser wird aufgenommen, der osmotische Drucksteigt auf hohe Werte (153 bar) und spannt die Kapsel-wand elastisch. Dann genügt ein Aktionspotenzial, umden Entladungsvorgang zu triggern.
Abb. 12.36 Lokomotion von Hydra auffester Unterlage (nach Tardent). Fortbewe-gung in Richtung der roten Pfeile.
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den, die zwischen denMesenterien (denweichen Septen =Sarkosepten, ▶ Abb. 12.31) in die Höhe wachsen unddurch einen sich ebenfalls fortlaufend erhöhenden Ring-wall verbunden werden (Exoskelett). So entstehen dieKalksockel mit den aufgesetzten gekammerten Kalkkel-chen der Steinkorallen. Zusätzlich zu diesem Außenskelettstützen Kalkabscheidungen als Sklerite das Mesenchymund bilden damit Ansätze auch eines Innenskeletts.
Im System der Cnidarier werden die medusenlosenAnthozoa häufig als die ursprünglichste Gruppe angese-hen. Das Fehlen des Medusenstadiums erschiene dann alsprimär und nicht als sekundärer Verlust. Hier sei dagegendie Hypothese favorisiert, dass die pelagischen Formenprimär sind und sich Sessilität erst sekundär herausgebil-det hat. Medusen zeigen z. B. mit ihrer quergestreiftenMuskulatur, die aus einer Mesoderm-ähnlichen Zelllagehervorgeht und an deren Bildung ähnliche molekulareVorgänge beteiligt sind wie bei den Bilateriern, dass pe-lagische Cnidarier der Wurzel triploblastischer Formennahe gestanden haben dürften.
12.5 Ctenophora(Rippenquallen)Die Rippenquallen besitzen kein Polypenstadium. Ihr bir-nenförmiger, fast ganz von Mesogloea erfüllter Körperwird von 8 längs verlaufenden Gastrovaskularkanälen
durchzogen (▶ Abb. 12.38). Die Anordnung dieser Kanäle,v. a. die Ausrichtung des elliptisch abgeplatteten Schlund-rohrs und der beiden langen Tentakel, verleihen demKörper eine disymmetrische Struktur: In der Vertikalen(oral-aboralen) Achse stehen 2 Symmetrieebenen – dieSchlund- und die Tentakelebene – senkrecht aufeinander.
In der Epidermis verlaufen über den Längskanälen 8Reihen von Wimpernplatten (Membranellen) auskammartig nebeneinander stehenden und miteinanderverkitteten Cilien. Sie bilden die „Rippen“ der Rippen-quallen. Anders als die Medusen der Cnidarier bewegensich die Rippenquallen nicht nach dem Rückstoßprinzipdurch Ausstoßen von Wasser, sondern durch den meta-chronen Schlag dieser in Reihen stehenden Membranel-len. Die von Nerven- und glatten Muskelzellen durch-zogenen Tentakel sind äußerst beweglich und könnenvollständig in die Tentakeltaschen zurückgezogen wer-den. Klebzellen (Collocyten, die den Nematocyten derCnidarier nicht homolog sind) dienen dem Fang der Beu-te, die die Tentakel dann der Schlundöffnung zuführen.Nur Haeckelia verfügt über echte, allerdings nicht eigen-ständige Cniden. Sie entnimmt sie ihrer Beute, kleinenHydrozoen-Medusen, und baut sie als „Kleptocniden“ inihre Tentakel ein. Am unteren Ende der Meduse liegt dieÖffnung des Schlundrohrs, am oberen ein Schweresin-nesorgan (Statocyste, ▶ Abb. 12.39), das der Lagestabili-sierung der Qualle dient.
Abb. 12.37 Staatsquallen (Siphonophora) (nach Hyman, Delage, Herouard).a Muggiaea, Gesamtorganismus und einzelnes Cormidium. Der Trophozooid besitzt einen langen Fangfaden (Tentakel).b Velella. Ein herausgeschnittener 120°-Sektor zeigt die Innenarchitektur. Die Blastostyle (mit Mundöffnung) tragen mundlose Gono-zooide. Die Nematozooide sind distal mit einem Wulst aus Nesselkapseln besetzt.
Trophozooid Medusen-schirm
Gonozooid
Cormidium
Polypen-stamm
Ölblase
Schwimmglocke
Wachstumsregiondes Polypenstamms
a b
Schwimmglocke
Segel
zuletzt ange-legter Luftringder Schwimm-glocke
Tropho-zooid
BlastostylNemato-zooid
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Outline placeholderOutline placeholder12.4 Cnidaria (Nesseltiere)12.5 Ctenophora (Rippenquallen)