2
786 Berichte Bautechnik 85 (2008), Heft 11 12. Dresdner Baustatik-Seminar Im World Trade Center Dresden trafen sich am 17. Oktober 2008 zum 12. Mal mehr als 200 Fachleute zum Dresd- ner Baustatik-Seminar. Das diesjährige Leitthema lautete: „Schwingungen in der Baupraxis“. Die Veranstaltung wurde in bewährter Art ausgerichtet vom Institut für Statik und Dynamik der Tragwerke der TU Dresden in Ko- operation mit der Landesvereinigung der Prüfingenieure in Sachsen und der Ingenieurkammer Sachsen. Das 12. Dresdner Baustatik-Semi- nar war Herrn Professor P. Ruge ge- widmet, der im Juni dieses Jahres sein 65. Lebensjahr vollendet hat und Ende des Sommersemesters 2008 aus dem aktiven Hochschuldienst verabschie- det wurde. Er wird eine Abschiedsvor- lesung mit dem Titel „Wellen – Mittler des Lebens oder Mittler des Bösen“ am 7. November 2008 an der Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden halten. Professor M. Kaliske, Direktor des Instituts für Statik und Dynamik der Tragwerke der TU Dresden, führte die Fachkolleginnen/-kollegen in die Thematik ein, die einen Bogen von der Theorie zur Baupraxis spannte. Der ehemalige Direktor des Instituts Professor B. Möller würdigte die her- ausragenden Talente, Leistungen und Verdienste von Professor Ruge. Das Tagungsprogramm war ge- kennzeichnet von den sich immer häu- figer aus der Praxis ergebenden An- forderungen, Aspekte der Tragwerks- dynamik in die Untersuchungen und Planungen einzubeziehen. Dieser Ten- denz und insbesondere dem gegebe- nen Anlass Rechnung tragend konn- ten Kollegen gewonnen werden, die von interessanten Fragestellungen und spannenden Projekten zu Schwin- gungen in der Baupraxis anschaulich berichteten. An dieser Stelle muss be- sonders hervorgehoben werden, dass sich alle Beiträge durch eine Kopp- lung numerischer und experimentel- ler Untersuchungen auszeichneten. An exponierten Bauwerken wie die Millennium-Brücke über die Themse in London wird der Öffent- lichkeit sehr deutlich die Notwendig- keit einer detaillierten strukturdyna- mischen Analyse vor Augen geführt. Die marschierenden Menschenmassen regten die erste horizontale Eigenfre- quenz der Brücke zum Schwingen an, so dass die Brücke nach zwei Tagen für den Publikumsverkehr wieder ge- schlossen werden musste. Authentisch informierte M. Willford (ARUP Lon- don) über Modelle, Experimente und ausgeführte Lösungen der Sanierung. Professor D. Dinkler (TU Braun- schweig) berichtete nicht nur darüber, dass er seine Programmierkenntnisse Professor Ruge verdankt, sondern auch über neue Modelle für Regen-Wind- induzierte Schwingungen von Seilen, die zur Erhöhung der Lebensdauer bzw. Minimierung der Ermüdungs- schäden geeignet erscheinen. Im Beitrag von Professor H. Kra- mer (TU Hamburg-Harburg) zum dy- namischen Verhalten einer Stabbo- genbrücke infolge Lkw-Verkehr waren ebenso zahlreiche verallgemeinerungs- würdige Ergebnisse enthalten wie im Beitrag von Professor W. Rücker (BAM Berlin) zur Entstehung, Ausbreitung und bautechnischen Beurteilung von Verkehrserschütterungen. Über Entwicklung, Entwurf und Design von Achterbahnen berichtete Dr.-Ing. M. Schneider (Maurer Söhne, München) nicht nur mit Folien, son- dern auch mit einer Live-Vorführung der Planungssoftware. Atemberaubend waren insbesondere die Videos von Fahrsimulationen bei ausgeführten bzw. sich im Bau befindlichen Achter- bahnen. Von Dr.-Ing. T. Faber (Germani- scher Lloyd, Hamburg) wurde das dynamisch belastete Bauwerk Wind- energieanlage kritisch betrachtet, der- zeitige Planungsszenarien diskutiert und Perspektiven aufgezeigt. Die Erdbebenbeanspruchung von Bauwerken ist eine wichtige Klasse von zeitveränderlichen Einwirkungen. Professor W. Jäger (TU Dresden) infor- mierter über aktuelle experimentelle und numerische Arbeiten zu dieser Thematik. Im Fokus standen dabei die Nachweise von Mauerwerksbau- ten in deutschen Erdbebengebieten. Dr.-Ing. K.-J. Jentzsch (Prof. Rühle, Jentzsch und Partner, Dresden) be- richtete anschaulich über die Folgen bergbauinduzierter Beben in aktuel- len und historischen Fällen. Empfoh- len wurde die Umsetzung bekannter Regeln des erdbebengerechten Bauens. Der Beitrag des Instituts für Sta- tik und Dynamik der Tragwerke der TU Dresden unter dem Titel „Die Sta-

12. Dresdner Baustatik-Seminar

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 12. Dresdner Baustatik-Seminar

786

Berichte

Bautechnik 85 (2008), Heft 11

12. Dresdner Baustatik-Seminar

Im World Trade Center Dresden trafensich am 17. Oktober 2008 zum 12. Malmehr als 200 Fachleute zum Dresd-ner Baustatik-Seminar. Das diesjährigeLeitthema lautete: „Schwingungen inder Baupraxis“. Die Veranstaltungwurde in bewährter Art ausgerichtetvom Institut für Statik und Dynamikder Tragwerke der TU Dresden in Ko-operation mit der Landesvereinigungder Prüfingenieure in Sachsen undder Ingenieurkammer Sachsen.

Das 12. Dresdner Baustatik-Semi-nar war Herrn Professor P. Ruge ge-widmet, der im Juni dieses Jahres sein65. Lebensjahr vollendet hat und Endedes Sommersemesters 2008 aus demaktiven Hochschuldienst verabschie-det wurde. Er wird eine Abschiedsvor-lesung mit dem Titel „Wellen – Mittlerdes Lebens oder Mittler des Bösen“am 7. November 2008 an der FakultätBauingenieurwesen der TechnischenUniversität Dresden halten.

Professor M. Kaliske, Direktordes Instituts für Statik und DynamikderTragwerke derTU Dresden, führtedie Fachkolleginnen/-kollegen in dieThematik ein, die einen Bogen vonder Theorie zur Baupraxis spannte.Der ehemalige Direktor des InstitutsProfessor B. Möller würdigte die her-ausragenden Talente, Leistungen undVerdienste von Professor Ruge.

Das Tagungsprogramm war ge-kennzeichnet von den sich immer häu-figer aus der Praxis ergebenden An-forderungen, Aspekte der Tragwerks-dynamik in die Untersuchungen undPlanungen einzubeziehen. Dieser Ten-

denz und insbesondere dem gegebe-nen Anlass Rechnung tragend konn-ten Kollegen gewonnen werden, dievon interessanten Fragestellungen undspannenden Projekten zu Schwin-gungen in der Baupraxis anschaulichberichteten. An dieser Stelle muss be-sonders hervorgehoben werden, dasssich alle Beiträge durch eine Kopp-lung numerischer und experimentel-ler Untersuchungen auszeichneten.

An exponierten Bauwerken wiedie Millennium-Brücke über dieThemse in London wird der Öffent-lichkeit sehr deutlich die Notwendig-keit einer detaillierten strukturdyna-mischen Analyse vor Augen geführt.Die marschierenden Menschenmassenregten die erste horizontale Eigenfre-quenz der Brücke zum Schwingen an,so dass die Brücke nach zwei Tagenfür den Publikumsverkehr wieder ge-schlossen werden musste. Authentischinformierte M. Willford (ARUP Lon-don) über Modelle, Experimente undausgeführte Lösungen der Sanierung.

Professor D. Dinkler (TU Braun-schweig) berichtete nicht nur darüber,dass er seine ProgrammierkenntnisseProfessor Ruge verdankt, sondern auchüber neue Modelle für Regen-Wind-induzierte Schwingungen von Seilen,die zur Erhöhung der Lebensdauerbzw. Minimierung der Ermüdungs-schäden geeignet erscheinen.

Im Beitrag von Professor H. Kra-mer (TU Hamburg-Harburg) zum dy-namischen Verhalten einer Stabbo-genbrücke infolge Lkw-Verkehr warenebenso zahlreiche verallgemeinerungs-

würdige Ergebnisse enthalten wie imBeitrag von Professor W. Rücker (BAMBerlin) zur Entstehung, Ausbreitungund bautechnischen Beurteilung vonVerkehrserschütterungen.

Über Entwicklung, Entwurf undDesign von Achterbahnen berichteteDr.-Ing. M. Schneider (Maurer Söhne,München) nicht nur mit Folien, son-dern auch mit einer Live-Vorführungder Planungssoftware. Atemberaubendwaren insbesondere die Videos vonFahrsimulationen bei ausgeführtenbzw. sich im Bau befindlichen Achter-bahnen.

Von Dr.-Ing. T. Faber (Germani-scher Lloyd, Hamburg) wurde dasdynamisch belastete Bauwerk Wind-energieanlage kritisch betrachtet, der-zeitige Planungsszenarien diskutiertund Perspektiven aufgezeigt.

Die Erdbebenbeanspruchung vonBauwerken ist eine wichtige Klassevon zeitveränderlichen Einwirkungen.Professor W. Jäger (TU Dresden) infor-mierter über aktuelle experimentelleund numerische Arbeiten zu dieserThematik. Im Fokus standen dabeidie Nachweise von Mauerwerksbau-ten in deutschen Erdbebengebieten.

Dr.-Ing. K.-J. Jentzsch (Prof. Rühle,Jentzsch und Partner, Dresden) be-richtete anschaulich über die Folgenbergbauinduzierter Beben in aktuel-len und historischen Fällen. Empfoh-len wurde die Umsetzung bekannterRegeln des erdbebengerechten Bauens.

Der Beitrag des Instituts für Sta-tik und Dynamik der Tragwerke derTU Dresden unter dem Titel „Die Sta-

11_784-793_Stiglat (2020+22+21) 03.11.2008 8:52 Uhr Seite 786

Page 2: 12. Dresdner Baustatik-Seminar

787Bautechnik 85 (2008), Heft 11

Berichte

tik bleibt dynamisch“ wurde von Pro-fessor W. Graf präsentiert und ent-hielt Ergebnisse der Simulationen desSchwingungsverhaltens einer Textil-beton-Brücke, zum Erdbebennachweiseiner großen Erdgasaufbereitungsan-lage, zur Destruktion von Tragwerken(Sprengung) und einen Ausblick aufdie Dynamik-Forschung.

Den Abschluss des fachlichenTeils des 12. Dresdner Baustatik-Se-minars bildete der Beitrag von Profes-sor Ch. Petersen (Universität der Bun-deswehr München) zu einem neuen

Konzept für Schwingungsdämpfer beiFußwegbrücken. Der „Altmeister“konnte viele jüngere Teilnehmer, de-nen nur seine Bücher bekannt sind,mit seiner sachlichen und präzisenDarstellung faszinieren.

Ein Höhepunkt der Veranstaltungwar ein ganz persönliches Schluss-wort von Professor Ruge. Er betonte,dass tiefes theoretisches Verständnisunverzichtbar ist, dass (Ingenieur-)Zu-kunft auch immer etwas mit Herkunftzu tun hat und dies nicht etwa orts-bezogen. Mit seiner Rückschau hat er

viel Mut und Optimismus verbreitetund zum 13. Dresdner Baustatik-Se-minar am 16. Oktober 2009 eingela-den. Ein Fazit des diesjährigen Semi-nars könnte sein: Die Statik (Trag-werksplanung) bleibt dynamisch, wirdvielfältiger und realitätsnäher.

Der Tagungsband kann über dasInstitut für Statik und Dynamik derTragwerke der TU Dresden bezogenwerden.

Wolfgang Graf, Michael Kaliske,Dresden

11_784-793_Stiglat (2020+22+21) 03.11.2008 8:52 Uhr Seite 787