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Kosmetische Mittel Im Berichtsjahr wurden 2187 kosmetische Mittel untersucht. Hiervon wurden 573 Proben (= 26 Prozent) beanstandet. Chemische Untersuchung von kosmetischen Mitteln Krebserzeugende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Stoffe (CMR-Stoffe) Nitrosamine – in kosmetischen Mitteln verboten! Nitrosamine, wie das N-Nitrosodiethanolamin (NDELA) dürfen nach § 1 in Verbindung mit Anlage 1, lfd. Nr. 410 der Kosmetik-Verordnung in kosmetischen Mitteln nur als technisch unvermeidbare Reste in gesundheitlich unbe- denklichen Anteilen enthalten sein. Untersuchungsreihen haben gezeigt, dass Gehalte über 10 µg / kg als technisch vermeidbar angesehen werden können. Mögliche Quellen für die Nitrosaminbelastung sind die Verwendung verunrei- nigter Rohstoffe, die Bildung durch Reaktion verschiedener Kosmetikbestandteile oder das Verpackungsmaterial. Wimperntuschen, Handwaschpasten, Shampoos, flüssige Seifen, Rasiercremes, Körpercremes u. a. Produkte wurden auf NDELA überprüft. Auffällig oft waren Handwaschpas- ten sowie Wimperntuschen verunreinigt. Die Befunde la- gen zwischen 17 und 1020 µg / kg (höchster Wert bei einer Wimperntusche). NDELA kann die menschliche Erbsubstanz verändern und Tumore auslösen. Nach einer Risikobewertung des Bun- desinstitutes für Risikobewertung (BfR) vom 20.01.2006 zu Befunden von Nitrosaminen in Wimperntuschen lässt sich nach den bisherigen Studien jedoch keine Aussage über das Risiko einer Krebserkrankung durch NDELA beim Menschen ableiten. Bei Wimperntusche ist die aufgetra- gene Verwendungsmenge so gering, dass die Nitrosamin- belastung gegenüber der Nitrosaminaufnahme durch Le- bensmittel kaum ins Gewicht fällt. Auch bei kosmetischen Mitteln, die wieder abgewaschen werden, ist das Risiko eher als gering einzuschätzen. Als kritisch zu bewerten sind Produkte, die auf der Haut verbleiben und bei denen NDE- LA bis zu 30 % resorbiert werden kann. In solchen Proben (z. B. Hautcremes) wurden im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen erfreulicherweise keine Nitrosamingehal- te festgestellt. Generell gilt jedoch für alle kosmetischen Mittel ein so genanntes Minimierungsgebot. Die beanstandeten Produkte mit hohen Nitrosamingehalten wurden aus dem Verkehr genommen. Die Firmen mussten den Überwachungsbehörden eine Fehlerursachenanalyse sowie ein Konzept zur zukünftigen Vermeidung vorlegen. So ergab sich z. B. im Fall einer mit 40 µg NDELA / kg be- lasteten flüssigen Handseife eines baden-württembergi- schen Herstellers, dass ein Mitarbeiter entgegen der Her- stellungsvorschrift das Basistensid Natriumlaurylethersulfat mit der falschen Vorkonservierung (Bronopol statt Natrium- benzoat / Kaliumbenzoat) eingesetzt hatte. Bronopol kann zusammen mit dem ebenfalls in dem Produkt enthaltenen Fettsäurealkanolamid Nitrosamine bilden. Solche Kombina- tionen sind daher laut Kosmetikverordnung wegen der Ge- fahr der Nitrosaminbildung verboten. Die im Mischbereich tätigen Mitarbeiter wurden daraufhin besonders geschult, die Kennzeichnungen an den Rohstoff-Wahlschaltern im Produktionsbereich auffälliger gestaltet und die Arbeits- anweisungen konkretisiert. In anderen Fällen arbeiten die Hersteller noch an der Op- timierung der Rezeptur, so kann z. B. die Bildung von Ni- trosaminen durch die Zugabe von Antioxidantien zurück- gedrängt werden. Methyleugenol in Rosenölen Die im letzten Jahr begonnene Untersuchung auf Methyl- eugenol in kosmetischen Mitteln mit Rosenöl wurde in diesem Jahr verstärkt fortgeführt. Mit der 32. Verordnung zur Änderung der Kosmetik-Verord- nung vom 28.03.2003 wurde dieser Stoff aufgrund seiner Kanzerogenität und Genotoxizität in Anlage 1 unter lfd. Nr. 451 aufgenommen. Die Übergangsfristen für die Abgabe an die Endverbraucher sind seit dem 15.04.2004 abgelau- fen. Danach darf Methyleugenol in kosmetischen Mitteln nicht enthalten sein, ausgenommen normale Gehalte in verwendeten natürlichen ätherischen Ölen unter der Vor- aussetzung, dass die Konzentration in Mitteln, die auf der Haut verbleiben nicht 0,000 2 % und in abwaschbaren Mit- teln nicht 0,001 % übersteigt. Insgesamt wurden 21 Leave-on-Produkte, insbesondere Rosenöle und Hautpflegecremes mit Wildrosenöl und 8 Rinse-off-Produkte (Shampoos, Seifen) untersucht. Bei 6 Produkten mit Wildrosenöl zur Hautpflege wurden Ge- halte an Methyleugenol von 3,2; 3,8; 11,5; 11,5; 97 und 102 mg / kg ermittelt (Grenzwert: 2 mg / kg), in einer Ro- senöl-Pflanzenseife betrug der Gehalt an Methyleugenol 19,6 mg / kg (Grenzwert 10 mg / kg). Alle diese Kosmetika durften somit nicht in Verkehr ge- bracht werden. Die Überprüfungen der zuständigen Be- hörden ergaben in einigen Fällen, dass die Hersteller die Rezepturen entsprechend geändert hatten, die Einzelhänd- ler jedoch nicht darüber informiert wurden, dass die alten Produkte nicht mehr an die Verbraucher abgegeben wer- den durften. 64 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel

06 JB LMÜ Teil 3b 4 - Untersuchungsämter-BW · Anissäure – ein Konservierungsstoff mit guten Werbemöglichkeiten? p-Anissäure oder 4-Methoxybenzoesäure ist ein Stoff, der in

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Kosmetische MittelIm Berichtsjahr wurden 2 187 kosmetische Mittel untersucht. Hiervon wurden 573 Proben (= 26 Prozent) beanstandet.

Chemische Untersuchung von kosmetischen Mitteln

Krebserzeugende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Stoffe (CMR-Stoffe)

Nitrosamine – in kosmetischen Mitteln verboten!

Nitrosamine, wie das N-Nitrosodiethanolamin (NDELA) dürfen nach § 1 in Verbindung mit Anlage 1, lfd. Nr. 410 der Kosmetik-Verordnung in kosmetischen Mitteln nur als technisch unvermeidbare Reste in gesundheitlich unbe-denklichen Anteilen enthalten sein. Untersuchungsreihen haben gezeigt, dass Gehalte über 10 µg / kg als technisch vermeidbar angesehen werden können. Mögliche Quellen für die Nitrosaminbelastung sind die Verwendung verunrei-nigter Rohstoffe, die Bildung durch Reaktion verschiedener Kosmetikbestandteile oder das Verpackungsmaterial.

Wimperntuschen, Handwaschpasten, Shampoos, flüssige Seifen, Rasiercremes, Körpercremes u. a. Produkte wurden auf NDELA überprüft. Auffällig oft waren Handwaschpas-ten sowie Wimperntuschen verunreinigt. Die Befunde la-gen zwischen 17 und 1 020 µg / kg (höchster Wert bei einer Wimperntusche).NDELA kann die menschliche Erbsubstanz verändern und Tumore auslösen. Nach einer Risikobewertung des Bun-desinstitutes für Risikobewertung (BfR) vom 20.01.2006 zu Befunden von Nitrosaminen in Wimperntuschen lässt sich nach den bisherigen Studien jedoch keine Aussage über das Risiko einer Krebserkrankung durch NDELA beim Menschen ableiten. Bei Wimperntusche ist die aufgetra-gene Verwendungsmenge so gering, dass die Nitrosamin-belastung gegenüber der Nitrosaminaufnahme durch Le-bensmittel kaum ins Gewicht fällt. Auch bei kosmetischen Mitteln, die wieder abgewaschen werden, ist das Risiko eher als gering einzuschätzen. Als kritisch zu bewerten sind Produkte, die auf der Haut verbleiben und bei denen NDE-LA bis zu 30 % resorbiert werden kann. In solchen Proben (z. B. Hautcremes) wurden im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen erfreulicherweise keine Nitrosamingehal-te festgestellt. Generell gilt jedoch für alle kosmetischen Mittel ein so genanntes Minimierungsgebot.

Die beanstandeten Produkte mit hohen Nitrosamingehalten wurden aus dem Verkehr genommen. Die Firmen mussten den Überwachungsbehörden eine Fehlerursachenanalyse sowie ein Konzept zur zukünftigen Vermeidung vorlegen. So ergab sich z. B. im Fall einer mit 40 µg NDELA / kg be-lasteten flüssigen Handseife eines baden-württembergi-schen Herstellers, dass ein Mitarbeiter entgegen der Her-stellungsvorschrift das Basistensid Natriumlaurylethersulfat mit der falschen Vorkonservierung (Bronopol statt Natrium-benzoat / Kaliumbenzoat) eingesetzt hatte. Bronopol kann

zusammen mit dem ebenfalls in dem Produkt enthaltenen Fettsäurealkanolamid Nitrosamine bilden. Solche Kombina-tionen sind daher laut Kosmetikverordnung wegen der Ge-fahr der Nitrosaminbildung verboten. Die im Mischbereich tätigen Mitarbeiter wurden daraufhin besonders geschult, die Kennzeichnungen an den Rohstoff-Wahlschaltern im Produktionsbereich auffälliger gestaltet und die Arbeits-anweisungen konkretisiert. In anderen Fällen arbeiten die Hersteller noch an der Op-timierung der Rezeptur, so kann z. B. die Bildung von Ni-trosaminen durch die Zugabe von Antioxidantien zurück-gedrängt werden.

Methyleugenol in Rosenölen

Die im letzten Jahr begonnene Untersuchung auf Methyl-eugenol in kosmetischen Mitteln mit Rosenöl wurde in diesem Jahr verstärkt fortgeführt. Mit der 32. Verordnung zur Änderung der Kosmetik-Verord-nung vom 28.03.2003 wurde dieser Stoff aufgrund seiner Kanzerogenität und Genotoxizität in Anlage 1 unter lfd. Nr. 451 aufgenommen. Die Übergangsfristen für die Abgabe

an die Endverbraucher sind seit dem 15.04.2004 abgelau-fen. Danach darf Methyleugenol in kosmetischen Mitteln nicht enthalten sein, ausgenommen normale Gehalte in verwendeten natürlichen ätherischen Ölen unter der Vor-aussetzung, dass die Konzentration in Mitteln, die auf der Haut verbleiben nicht 0,000 2 % und in abwaschbaren Mit-teln nicht 0,001 % übersteigt.

Insgesamt wurden 21 Leave-on-Produkte, insbesondere Rosenöle und Hautpflegecremes mit Wildrosenöl und 8 Rinse-off-Produkte (Shampoos, Seifen) untersucht. Bei 6 Produkten mit Wildrosenöl zur Hautpflege wurden Ge-halte an Methyleugenol von 3,2; 3,8; 11,5; 11,5; 97 und 102 mg / kg ermittelt (Grenzwert: 2 mg / kg), in einer Ro-senöl-Pflanzenseife betrug der Gehalt an Methyleugenol 19,6 mg / kg (Grenzwert 10 mg / kg).

Alle diese Kosmetika durften somit nicht in Verkehr ge-bracht werden. Die Überprüfungen der zuständigen Be-hörden ergaben in einigen Fällen, dass die Hersteller die Rezepturen entsprechend geändert hatten, die Einzelhänd-ler jedoch nicht darüber informiert wurden, dass die alten Produkte nicht mehr an die Verbraucher abgegeben wer-den durften.

64 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel

Dibutylphthalat in Nagellack

Mit der 35. Verordnung zur Ände-rung der Kosmetik-Verordnung vom 20.12.2004 wurde Dibutylphthalat aus toxikologischen Gründen in An-lage 1 unter lfd. Nr. 675 Kosmetik-Verordnung neu aufgenommen. Dibutylphthalat ist nach Chemika-lienrecht als fruchtschädigend und reproduktionstoxisch eingestuft.Nach Artikel 1 Nr. 1 der oben zitierten Verordnung durften Produkte, die vor dem 23.12.2004 hergestellt wurden, noch bis zum 24. März 2005 vom Hersteller oder demjenigen, der für das erstmalige In-Verkehr-Bringen des betreffenden kosmetischen Mittels verantwortlich ist, erst-mals in den Verkehr gebracht und danach noch bis zum 24.

Juni 2005 an den Endverbraucher abgegeben werden.Da diese Übergangsfrist im Laufe des Berichtsjahres abge-laufen ist, wurden verstärkt Nagellacke auf Dibutylphthalat untersucht. Dieser Stoff wurde früher häufig als Weichma-cher in Nagellack verwendet. Die Untersuchungen einer größeren Serie von Nagellacken ergab, dass dieser Stoff immer noch in einzelnen Produkten enthalten ist. Insge-samt 6 Nagellacke wurden nach Ablauf der Übergangsfrist als nicht mehr verkehrsfähig beurteilt. Bei einigen dieser Produkte war klar, dass es sich um „Altprodukte“ handelte, da Dibutlyphthalat im Verzeichnis der Bestandteile dekla-riert war. Wie im Falle des Methyleugenols zeigte sich auch hier, dass die Hersteller die Einzelhändler nicht darüber informierten, dass die alten Produkte nicht mehr an die Verbraucher abgegeben werden durften.

Hydrochinon in Hautbleichmitteln aus Afro-Shops –

ein altes, aber immer noch aktuelles Problem

Hydrochinon darf seit mehreren Jahren nicht mehr in Kos-metika, die der Bleichung der Haut dienen, enthalten sein. Doch jedes Jahr wird über das Europäische Schnellwarnsys-tem RAPEX erneut vor Produkten gewarnt, die als bleichen-den Wirkstoff Hydrochinon enthalten. Hautbleichcremes werden fast ausschließlich in Afro-Shops und Asienläden von dunkelhäutigen Verbrauchern nachgefragt. Aufgrund dieser Schnellwarnungen wurden deshalb verstärkt Haut-bleichmittel aus Afro-Shops untersucht. Häufig handelte es sich hierbei um Produkte, die in afrikanischen Ländern hergestellt und über Frankreich in die EU importiert wur-den. Diese waren demnach auch nur in französischer und englischer Sprache gekennzeichnet. Bei einigen von ihnen war sogar Hydrochinon als „aktiver Bestandteil“ deklariert. Die Untersuchungen ergaben Gehalte an Hydrochinon zwi-schen 2,2 % und 3,8 %. Diese Produkte wurden in das Europäische Schnellwarnsystem eingestellt. Aufgrund der unübersichtlichen Vertriebsstruktur bei dieser Produktgrup-pe wird dieses Thema die Überwachungsbehörden auch in den kommenden Jahren beschäftigen.

Auch Lippenstifte sind nicht ewig halt-

bar: Bildung von hautreizenden Per-

oxiden muss verhindert werden

Seit März 2005 müssen kosmeti-sche Mittel, die über 30 Monate haltbar sind, mit einem Hinweis auf die Verwendungsdauer nach dem Öffnen (period after opening) versehen werden. Der Hersteller

muss durch geeignete Rezeptur und Herstellungstechnologie gewährleis-

ten, dass sich die Qualität seiner Produk-te sowohl in mikrobiologischer als auch in

chemischer Hinsicht während der von ihm ange-geben Zeitspanne nicht so verändert, dass eine Gefährdung der Gesundheit des Verbrauchers zu erwarten ist. Ein Beispiel für eine mögliche chemische Veränderung, die es zu berücksichtigen gilt, ist die Bildung von Peroxiden in Lippenstiften. Lippenstifte werden häufig lange benutzt und ungünstigen Lagerbedingungen ausgesetzt. So ist es durchaus möglich, dass das eine oder andere Produkt ran-zig wird und sich dabei Peroxide bilden.

Die Hauptbestandteile von Lippenstiften sind Wachse, Fet-te und Öle. Fette und Öle, insbesondere die ungesättigten Fettsäuren, unterliegen unter normalen Lagerbedingun-gen einem Verderb, der als Ranzigkeit oder Peroxidierung bezeichnet wird. Die durch diesen Prozess gebildeten Al-kohole, Aldehyde und Ketone bewirken den ranzigen Ge-ruch. Da die gebildeten Peroxide auch zu Irritationen der empfindlichen Lippenpartien führen können, wurden in einer gemeinsamen Schwerpunktaktion der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Freiburg und Karlsruhe Lippenstiftproben auf ihre Peroxidzahl überprüft. Die Per-oxidzahl ist ein Maß für die durch oxidativen Fettverderb gebildeten Peroxide und sollte bei ungesättigten Fetten und Ölen einen Wert von 10 nicht überschreiten.In der Regel lagen bei den untersuchten Lippenstiftproben die Peroxidzahlen bei sensorisch einwandfreien Produkten zwischen 1 und 5, in Einzelfällen auch bei 10.

Bei 5 Proben allerdings lagen die Peroxidzahlen mit 30, 34, 62, 67 und 105 weit darüber. Diese Proben, die keine Antioxidantien enthielten, wiesen auch einen stark ranzi-gen Geruch auf. Antioxidantien werden Lippenstiften in der Regel als Schutz vor Peroxidbildung zugesetzt. Die Her-steller dieser Produkte wurden aufgefordert, im Rahmen ihres Qualitätsmanagementsystems sicherzustellen, dass keine überlagerten und / oder peroxidbelasteten Rohstoffe eingesetzt werden und dass die von ihnen angegebene Verwendungsdauer auch tatsächlich zutrifft.

Kosmetische Mittel Jahresbericht 2005 65

Anissäure – ein Konservierungsstoff mit guten

Werbemöglichkeiten?

p-Anissäure oder 4-Methoxybenzoesäure ist ein Stoff, der in kosmetischen Mitteln aufgrund mehrerer interessanter Eigenschaften zunehmend Verwendung findet.

p-Anissäure ist eine weiße, kristalline und geruchsneutrale Substanz. Sie soll in den kosmetischen Mitteln unangeneh-me Eigengerüche von Rohstoffen maskieren und somit das Geruchsprofil eines Produktes positiv beeinflussen. Im Beschluss der Kommission vom 9. Februar 2006 zur Änderung des Beschlusses 96 / 335 / EG der Kommission zur Festlegung einer Liste und einer gemeinsamen No-menklatur der Bestandteile kosmetischer Mittel wird der Stoff „P-ANISIC ACID“ deshalb unter der Funktion „maskie-rend“ geführt. Im CTFA Dictionary (Cosmetic, Toiletry and Fragrance Association Europe) wird als Funktion „Flavoring Agent; Fragrance Ingredient“ genannt.

p-Anissäure wird aber auch zur pH-Wert-Einstellung ver-wendet und zeichnet sich durch antimikrobielle Eigenschaf-ten aus. Als Konservierungsstoff ist sie nach Kosmetikver-ordnung nicht zugelassen. Insoweit stellt sich die Frage, ob p-Anissäure als unzulässiger Konservierungsstoff ein-gesetzt wird.

In 16 von 80 überprüften Kosmetikproben wurde p-Anis-säure mit Gehalten von 0,1 bis 0,2 g je 100 g in Produkten gefunden. In den Bestandteilelisten dieser Proben waren keine Konservierungsstoffe angegeben, z.T. waren sie sogar als „frei von Konservierungsstoffen“ ausgelobt. In der Bestandteileliste wurde in den meisten Fällen die p-Anissäure unter „Parfüm“ geführt, in seltenen Fällen auch mit der für kosmetische Mittel geforderten Bezeichnung „p-Anisic acid“.

In einem konkreten Fall wurde durch Nachfragen beim Her-steller deutlich, dass p-Anissäure in den dort hergestellten Produkten ausschließlich als Konservierungsstoff und nicht wegen der Beeinflussung des Duftes verwendet wurde. Die damit verbundenen Auslobungsmöglichkeiten wurden als verkaufsfördernd betrachtet.

Der hauptsächliche Verwendungszweck als Konservie-rungsstoff ist nach Auffassung der amtlichen Überwachung nicht mit den Vorschriften der Kosmetikverordnung verein-bar und eine Auslobung als „frei von Konservierungsstof-fen“ darüber hinaus eine Irreführung des Verbrauchers.

Kennzeichnung der allergenen Duftstoffe –

Überprüfung der neuen Regelung an Duftwässern

Seit dem 11.03.2005 gilt die Kennzeichnungspflicht für bestimmte Duftstoffe in kosmetischen Mitteln. 26 häufig eingesetzte Duftstoffe, die für Allergiker problematisch sein können, müssen in der Bestandteileliste genannt werden. Dazu zählen z. B. d-Limonen, Linalool, Citral. Die allergenen Duftstoffe müssen bei Mitteln, die auf der Haut verbleiben (Leave-on-Produkte) ab einer Konzentration von 10 mg / kg, bei Mitteln, die abgespült werden (Rinse-off-Produkte) ab einer Konzentration von 100 mg / kg gekennzeichnet wer-den. Für Produkte, die vor dem 11.03.2005 hergestellt wurden, gilt diese Kennzeichnungsverpflichtung nicht.

Ende des Jahres 2005 wurden bevorzugt Parfüms, Eau de Toilettes und Duftwässer auf allergene Duftstoffe unter-sucht und auf die Einhaltung der korrekten Kennzeichnung überprüft. Die Untersuchungen ergaben, dass bei ca. zwei Drittel der untersuchten Proben die Allergenkennzeichnung dem neuen geltenden Recht entsprach.

Bei den übrigen Proben war diese neue, für den Verbrau-cherschutz wichtige Kennzeichnungsregelung noch nicht umgesetzt, die Kennzeichnung der allergenen Duftstoffe fehlte hier vollständig. Allerdings konnte nicht ausgeschlos-sen werden, dass es sich hierbei noch um „Altprodukte“ handelte. Bei einem geringen Teil der Proben waren die neuen Kenn-zeichnungsregeln z.T. berücksichtigt, allerdings waren nicht alle allergenen Duftstoffe, die in einer Konzentration > 10 mg / kg enthalten waren, in der Bestandteileliste auf-geführt. Diese Proben wurden beanstandet.

Einzelne Ergebnisse:

• Limonen und Linalool wurden in fast allen untersuchten Proben nachgewiesen, die Gehalte an Limonen lagen zwischen 8 bis 5 500 mg / kg, an Linalool zwischen 30 bis 8 000 mg / kg.

• Lyral mit überwiegend hohen Konzentrationen und Cit-ral waren in den meisten der Proben nachweisbar, Lyral in Konzentrationen bis zu 10 000 mg / kg, Citral bis zu 1000 mg / kg.

• Benzylbenzoat, das in ca. der Hälfte der Proben enthalten war, war mit ca. 30 000 mg / kg der Stoff mit der höchsten Konzentration. Ebenfalls häufig wurden Lilial und Gera-niol nachgewiesen, Lilial in Konzentrationen bis zu 6 500 mg / kg, Geraniol bis zu 2 000 mg / kg.

• Farnesol war mit Gehalten bis zu 700 mg / kg nur in we-nigen Proben nachweisbar, Cinnamal dagegen war nur in einer Probe nachweisbar.

66 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel

Abgrenzung Arzneimittel – kosmetisches Mittel:

immer eine Einzelfallentscheidung

Auf den Kosmetikmarkt drängen zunehmend Produkte, deren Wirkungsbehauptungen und Anwendungsempfeh-lungen stark an Arzneimittel erinnern. Ein Grund hierfür könnte darin liegen, dass Hersteller „alter“ Arzneimittel die durch das Arzneimittelrecht vorgeschriebenen aufwändigen Neuzulassungen vermeiden möchten. Das Arzneimittelge-setz regelt in § 2, dass kosmetische Mittel nicht gleichzeitig Arzneimittel sein können. Kosmetische Mittel sind wieder-um definiert in § 2 Abs. 5 des Lebensmittel- und Futtermit-telgesetzbuches. Danach sind kosmetische Mittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt sind, äußerlich am Körper des Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, zum Schutz, zur Erhaltung des guten Zustandes, zur Parfümie-rung, zur Veränderung des Aussehens oder zur Beeinflus-sung des Körpergeruchs verwendet zu werden.

Die Verwendung der Begriffe „ausschließlich oder überwie-gend“ stellt klar, dass ein kosmetisches Mittel durchaus einen Nebeneffekt haben darf. In Zweifelsfällen soll nach der europäischen Arzneimittelrichtlinie (2004 / 27 EG) aus Gründen des Gesundheitsschutzes generell das strengere Regelungsregime angewendet werden, d. h. bei der Einstu-fung soll dem Arzneimittelbegriff Vorrang gegeben werden. Ein kosmetisches Mittel liegt also nur dann vor, wenn der kosmetische Verwendungszweck eindeutig überwiegt.

Im Berichtsjahr lagen u. a. folgende Abgrenzungsfragen vor:

• Ein Einreibemittel mit hohen Anteilen ätherischer Öle (Fichtennadelöl, Eukalyptus und Pfefferminzöl) wurde angeboten zur „Pflege mit Fichtennadelöl“, „Verwendung bei Muskelkater und Verspannungen“, als „bewährtes Hausmittel für wohltuende Körpereinreibungen“. Nach objektiver Zweckbestimmung überwiegt hier nicht die Pflegewirkung. Es ist dem Verbraucher allgemein be-kannt, dass Einreibemittel mit hohen Anteilen an äthe-rischen Ölen zur Linderung krankhafter Beschwerden (z. B. bei Erkältungskrankheiten) dienen, auch wenn dies hier bei der Kennzeichnung des Produktes nicht explizit beschrieben ist. Das Produkt wurde als Arzneimittel ein-gestuft.

• Auch ein Thymian-Brustbalsam mit hohem Anteil an ätherischen Ölen, das zur Pflege von Brust und Hals für wohltuendes und befreites Durchatmen in den Verkehr gebracht wurde, wurde als Arzneimittel eingestuft mit der Begründung, dass Brust-Balsame mit ätherischen Ölen vom Verbraucher traditionell als Arzneimittel zur Linderung von Erkältungsbeschwerden eingesetzt wer-den.

• Eine Vitamin-K1-haltige Hautcreme wurde als kosme-tisches Mittel u. a. zur Behandlung von Besenreisern und Rosaceae (Hauterkrankung, bei der überwiegend

im Gesicht fleckige Rötungen auftreten) in den Verkehr gebracht. Vitamin K1 oder Phytomenadion ist ein bekann-ter Arzneimittelwirkstoff, der mit dem natürlicherweise vorkommenden Vitamin K1 chemisch identisch ist. Er wird bisher arzneilich nur in Tablettenform, Tropfen oder Ampullen zur Behandlung von Blutgerinnungsstörungen verabreicht. Arzneimittel zur äußeren Anwendung sind derzeit nicht bekannt. Da Besenreiser und Rosaceae Er-krankungen der Blutgefäße sind, fällt diese Probe als ein Mittel zur Heilung oder Linderung von Krankheiten unter den Arzneimittelbegriff.

• „Keine Schmerzen mehr in den Muskeln wünschen sich Millionen von Menschen, die Natur hat uns eine Wurzel dafür gegeben“ so lautet z. B. die In-ternetbeschreibung zu einem Teufelskralle-Gel, das als kosmetisches Mittel in den Verkehr gebracht wurde. Es gibt weitere für den äußerlichen Ge-brauch angebotene Pflegeprodukte, auf deren Eti-kett die eigenartige Wüstenpflanze mit armartigen Auswüchsen, ankerartigen Haken und auffallenden hellrosa bis purpurrot gefärbten Blüten abgebildet ist. Bei Verbrauchern ist das Thema Teufelskralle und insbesondere der Einsatz zur unterstützenden Be-handlung bei Beschwerden des rheumatischen For-menkreises durch die Laienwerbung in den Medien wohl bekannt. Pflegeprodukte für die äußerliche Anwendung werden mit Aussagen wie „wohltuend bei Verspannungen, zur Besserung des Befindens bei rheumatischen Beschwerden, bei beruflichen Belastungen mit einseitiger Körperhaltung“ ange-boten. Insofern besteht bei Verbrauchern eine feste Vorstellung, wozu Teufelskralleprodukte verwendet werden können, nämlich zu therapeutischen Zwe-cken. Vorstellungen über bestimmte kosmetische Wirkungen von Extrakten der Teufelskralle findet man derzeit in Verbraucherkreisen nicht. Auch in der kosmetischen Fachliteratur ist die Verwendung von Teufelskralle als kosmetischer Wirkstoff nicht beschrieben. Derartig beworbene Produkte sind deshalb als Arzneimittel einzustufen.

Abb.: Teufelskralle

Kosmetische Mittel Jahresbericht 2005 67

• Ein „Pferde-Gel“ wurde im Internet folgendermaßen be-worben: „Pferde-Gel für Haut, Muskeln und Rücken! Das Pferde-Gel hat sich als sehr hilfreich erwiesen bei Be-schwerden, die bei Pferden oft auftreten, wie: Verspan-nungen, Zerrungen, müden Beinen, Gelenkbeschwer-den, Prellungen, Stauchungen, Schwellungen!“ Diese Werbeaussagen fanden sich nur im Internet, nicht aber auf dem Behältnis des Produktes. Für die Beurteilung der Einstufung müssen jedoch alle für ein Produkt vorgenom-menen Produktauslobungen berücksichtigt werden. Auf-grund dieser im Internet vorhandenen Werbeaussagen wird deutlich, dass das vorliegende Produkt überwiegend zur Anwendung bei Verspannungen, Zerrungen, müden Beinen, Gelenkbeschwerden, Prellungen, Stauchungen und Schwellungen angewandt werden soll. Eine solche Zweckbestimmung entspricht jedoch nicht der Definition für kosmetische Mittel.

Mikroorganismen in kosmetischen Mitteln

Das CVUA Stuttgart hat im Rahmen seiner zentralen Zuständigkeit für die mikrobiologische Untersuchung und Beurteilung von kosmetischen Mitteln insgesamt 905 Proben, davon 270 aus den Regierungsbezirken Freiburg, Karlsruhe und Tübingen untersucht und dabei in 17 Fällen Keime, darunter auch spezifisch pathogene Keime wie z. B. Pseudomonas aeruginosa fest-gestellt. Im Falle der Pseudomonas- aeruginosa-Befunde wurden 8 kosme-tische Mittel als gesundheitsschädlich im Sinne von § 24 LMBG bzw. § 26 LFGB beurteilt. Bei Keimbefunden, bei denen spezifisch pathogene Kei-me wie Pseudomonas aerugino-

sa, Staphylococcus aureus, Hefen

(Candida albicans) oder bei pulvrigen Proben die anaerobe Keimart Clostri-

dium perfringens durch Differenzie-rung ausgeschlossen worden waren, wurden in drei Fällen Nachproben untersucht und in sieben Fällen der Lebensmittelüberwachungsbehör-de empfohlen, die Hersteller auf die Pflicht zur Eigenkontrolle hinzuweisen. Bei Überschreitung der vom SCCP empfohlenen Grenzkonzentrationen wurde im Gutachten vermerkt, dass die Proben offensichtlich nicht GMP-gerecht hergestellt worden seien.

Auffällige Befunde

Feuchtigkeitscremes aus bereits zu-rückgeholter Ware wurden als Ver-dachtsproben vorgelegt. In einer Pro-be wurde Pseudomonas aeruginosa (5,0 × 105 KbE) und in zwei weiteren Proben Pseudomonas putida (2,5 × 105 und 1,6 × 106 KbE) identifiziert. Eine Probe aus einer anderen Charge war von mikrobiologisch einwandfreier Beschaffenheit. Der Keim Pseudomo-

nas aeruginosa zählt zu den potenzi-ellen Krankheitserregern und kann in ungünstigen Fällen über Schleimhäute und kleinere Hautverletzungen in den Körper gelangen und zu Infektionen führen. Pseudomonas putida gehört dagegen zu den fakultativ pathogenen Mikroorganismen, bei denen es der-zeit noch keine konkreten Hinweise auf eine besondere Gefährdung gibt, wenn diese Keime mit dem kosme-tischen Mittel auf die intakte Haut aufgebracht werden und dort länger verbleiben. Auch bei einem Shampoo aus einem Baumarkt wurde Pseudo-

monas aeruginosa festgestellt. Bei den insgesamt 7 Nachproben mit un-

terschiedlichen Herstellungsposten konnten fünfmal Pseudomonas ae-

ruginosa, auch in Mischung mit Pseu-

domonas fluorescens oder Pseudo-

monas stutzeri identifiziert werden.In dem Shampoo eines hiesigen Her-stellers wurde der Keim Chryseomo-

nas luteola, eine Pseudomonas-ähn-liche Spezies nachgewiesen.

• Eine weitere Probe betraf ebenfalls ein Produkt, das im Internet über Ebay vertrieben wurde. Da der Vertreiber dieser Produkte eine Adresse in Baden-Württemberg hatte, wurden dort entsprechende Proben erhoben. Bei dem Produkt handelte es sich um ein „Noni-Hautgel“, das als „das natürliche Mittel zur ersten Hilfe bei Verstau-chungen, Prellungen, Schürfungen und anderen Verlet-zungen. Wirkt schmerzlindernd und entzündungshem-mend!!“ angepriesen wurde. Bei dieser Probe waren aber nicht nur die Werbeaussagen im Internet, sondern auch die auf dem Etikett zu beanstanden. Dort wurde der arzneiliche Zweck zwar nicht so plakativ wie im Internet hervorgehoben. Die dort vorhandenen Aussagen „Noni Hautgel natur besteht aus 97 % Noni, der Frucht des In-dischen Maulbeerbaumes. Unterstützt Heilungsprozes-se der Haut und wirkt Entzündungen und Verletzungen entgegen“ lassen aber ebenfalls keinen kosmetischen Zweck erkennen.

68 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel

Bedarfsgegenstände

Phthalate – allgegenwärtige Substanzen

Diverse Bedarfsgegenstände bestehen aus weichem Polyvinylchlorid (PVC). PVC ist

jedoch an sich ein sprödes, hartes Material. Um es weich, flexibel oder knautschig

zu machen, werden bis zu etwa 45 % Weichmacher zugefügt, häufig Verbindungen

aus der Klasse der Phthalsäureester (Phthalate). Manche ihrer Vertreter werden als

endokrin wirksam (störend auf das Hormonsystem) und reproduktionstoxisch be-

schrieben, wie Diethylhexylphthalat (DEHP) oder Dibutylphthalat, und sind zurzeit für

Kleinkinderspielzeug sowie Babyartikel und ab spätestens Januar 2007 in Spielzeug

für Kinder jeden Alters verboten. Andere, wie Dinonylphthalat (DINP) scheinen gesund-

heitlich weniger bedenklich zu sein. Sie sind aber, da letzte Unsicherheiten diesbezüglich

bestehen, für Kleinkinderspielzeug und Babyartikel seit Jahren generell verboten.

Abb.:Spielzeugtier aus Weich-PVC

Im Berichtsjahr wurden verschiedenste Bedarfsgegenstän-de aus Kunststoff untersucht. Handelte es sich beim ver-wendeten Material um weich gemachtes PVC wurde insbe-sondere auf die Art und den Gehalt an Phthalaten geprüft. Unerfreulicherweise wurden Phthalate häufig nachgewie-sen, selbst bei Produkten für die jüngsten Verbraucher, z. B. bei 2 bunten Bällen wurden Phthalatgehalte von jeweils über 40 % nachgewiesen. In folgenden Produktgruppen wurde auch DEHP nachgewiesen:

• 2 von 8 Baby-Lätzchen aus Kunststoff• 13 von 30 Spielzeugtiere aus Weich-PVC für Kinder

über 3 Jahre• 6 von 8 Luftmatratzen aus Kunststoff (bei den restli-

chen 2 wurde DINP nachgewiesen)

• 3 von 5 Regenjacken für Kinder

• 12 von 20 Schwimmflügeln

• 2 von 17 Schnorcheln (bei 11 wurde DINP nachge-wiesen; siehe www.cvua-stuttgart.de

• 2 von 10 Faschingsmasken (bei 2 weiteren DINP).

Aber nicht nur in Spielzeug und in Bedarfsgegenständen mit Körperkontakt ist der Verbraucher den Phthalaten aus-gesetzt. Auch in Verpackungsmaterialien für Lebensmittel wie z. B. in Schraubdeckeln für Glaskonserven wurden Phthalate nachgewiesen. Phthalate können von der Dich-tung in das Lebensmittel übergehen und sind somit auch in unserer Nahrung anwesend. Näheres hierzu im Kapitel „Schadstoffe aus der Deckeldichtung – weiterhin kein En-de in Sicht?“.

Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt und zur Körperpflege

Ein breit gefächertes

Untersuchungsspektrum

Zu den Bedarfsgegenständen mit nicht nur vorübergehendem Körperkontakt zählen Bekleidungsgegenstände, aber auch andere körpernah zu gebrau-chende Gegenstände wie z. B. Hand-tücher, Bettwäsche, (Luft-)Matratzen, Halteriemen von Helmen und Rucksä-cken, Schuhe, Geldbörsen, Schmuck und Faschingsmasken. Die Analytik dieser Produktgruppe reicht von A

Amine freigesetzt werden. Die ent-sprechenden Azofarbstoffe (weniger als 200) sind ebenfalls als krebserzeu-gend eingestuft und dürfen daher zum Färben bestimmter Gegenstände mit nicht nur vorübergehendem Körper- bzw. Hautkontakt nicht verwendet werden. Nach Aussage der Industrie werden sie in Deutschland und in Eu-ropa auch nicht mehr hergestellt. Im Jahr 2005 wurden 361 gefärbte

Textil- und Lederproben untersucht. In 19 Proben war die Verwendung von verbotenen Azofarbstoffen über die Bestimmung der abspaltbaren und reglementierten Amine nachweisbar. In drei Fällen wurden die Beanstan-dungen an das europäische Schnell-warnsystem für Verbraucherprodukte (RAPEX) übermittelt.

wie Azofarbstoffe bis Z wie organi-sche Zinnverbindungen: alles Stoffe, die evtl. negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben können. Anbei ein Ausschnitt von gesundheitlich rele-vanten Stoffen auf die im Berichtsjahr schwerpunktmäßig geprüft wurde:

Krebserzeugende Azofarbstoffe

Weltweit sind ca. 2 500 Azofarbstoffe im Einsatz. Das sind etwa 60 % aller zur Verfügung stehender Farbstoffe. Ein besonderes Augenmerk wird da-her auf das seit September 2003 EU-weit bestehende Verwendungsverbot bestimmter Azofarbstoffe gelegt. Ge-langen Azofarbstoffe auf die Haut oder in den Organismus, so können unter Umständen, in Abhängigkeit von den zur Farbstoffherstellung verwendeten Ausgangsstoffen, krebserzeugende

Abb.:Gegenstände mit Körperkontakt

Produktgruppe Bedarfsgegenstände Jahresbericht 2005 69

Antimikrobiell wirksame Substan-

zen

Zum Schutz vor mikrobiellem Verderb oder zur Verhinderung einer Keimbe-siedelung werden als Ersatz für das in der EU verbotene PCP Leder-Halb-fertigerzeugnisse, Farbzubereitungen und ggf. auch weitere Hilfsmittel der Lederproduktion mit antimikrobiell wirksamen Substanzen (AWS) be-handelt. Die Wirkstoffe verhindern eine Keimbesiedelung und sind in höheren Konzentrationen auch für Menschen nicht unbedenklich, da sie Hautirritationen hervorrufen können. Im Sinne des vorbeugenden gesund-heitlichen Verbraucherschutzes wird seitens der Überwachungsbehörden eine Höchstmengenregelung ge-wünscht. Bevorzugt eingesetzt wer-den 4-Chlor-m-kresol, o-Phenylphenol, TCMTB und 4-Nitrophenol. Bei 15 von 69 Proben wurden diese Stoffe nach-gewiesen (= 22 %).

Sensibilisierende Dispersionsfarb-

stoffe

Mehr als 50 Dispersionsfarbstoffe werden zum Färben von Polyester, Acetatfasern und Nylon eingesetzt. Einzelne Farbstoffe aus dieser Grup-pe sind als hautsensibilisierend ein-gestuft. Personen, die gegenüber be-stimmten Stoffen bereits sensibilisiert sind, reagieren dann auf geringste Mengen mit allergischen Hautreakti-onen. Je nach Färbetechnik sind sensi-bilisierende Farbstoffe unter Umstän-den nicht farbecht fixiert und können durch Schweiß herausgelöst werden. Deswegen sollten hautsensibilisieren-de Farbstoffe zum Färben körpernah getragener Kleidung aus Gründen des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes nicht verwendet werden. Die Expertenarbeitsgruppe „Textilien“ des Bundesinstitut für Ri-sikobewertung (BfR) empfiehlt für acht derartige Farbstoffe, diese zur Färbung von körpernah getragenen Bekleidungsgegenständen nicht mehr einzusetzen. 309 Proben wurden un-tersucht, 55 Proben wurden beanstan-det (= 18 %). Diese Farbstoffe wurde u. a. häufig bei kleinflächigen Textili-

en aus Polyester und Polyamid (Sport-handschuhe, diverses Paspelmaterial) gefunden.

Pentachlorphenol und weitere

Chlorphenole

Pentachlorphenol (PCP) wurde im Tierversuch als krebserregend nach-gewiesen. Der Umgang mit dieser Substanz ist daher chemikalien-rechtlich reglementiert: Erzeugnisse mit einem PCP-Gehalt von mehr als 5 mg / kg dürfen nicht hergestellt bzw. nicht in den Verkehr gebracht werden. Dennoch waren 5 von 34 Proben zu beanstanden (= 15 %). Chlorphenole als technische Wirkstoffe mit hohem Chlorierungsgrad können zudem mit Dioxinen verunreinigt sein. Bei einer Geldbörse aus Leder mit hohem 2,4,6-Trichlorphenol-Gehalt waren Dioxine nachweisbar. Die Summe der vier rele-vanten Dioxine nach Chemikalien-Ver-botsverordnung lag hierbei unter dem vorgegeben Grenzwert von 1 µg / kg.

Organische Zinnverbindungen

Zinnorganische Verbindungen werden u. a. zur antimikrobiellen Ausrüstung von Bekleidung, insbesondere auch in Sportartikeln, eingesetzt. Tributylzinn (TBT) als wichtigster Vertreter dieser Substanzgruppe ist als giftig einge-stuft und kann durch die Haut aufge-nommen werden. In Abhängigkeit von der Dosis wurden Schädigungen des Nervensystems bekannt, auch eine hormonelle Wirkung wird diskutiert. Die Untersuchungsergebnisse bestä-tigen die erfreuliche Entwicklung der letzten Jahre. In keinem der 17 analy-sierten Erzeugnisse (Sitzpolster von

Radlerhosen und Arbeitshandschu-

he) waren organische Zinnverbindun-gen, insbesondere TBT, nachweisbar.

Chrom (VI)

Gerbung mit Chrom-(III)-Salzen ist auch heute noch Stand der Technik bei der Lederherstellung. Bei falscher Gerbführung können Chrom-(VI)-Ver-bindungen im Leder verbleiben. Die toxischen Eigenschaften von Chrom-salzen sind offenbar stark an die je-weilige Wertigkeitsstufe des Chroms gebunden. Chrom-(VI)-Salze sind laut EU-Recht als kanzerogene Verbindun-gen der Kategorie 2, d. h. krebserre-gend für den Menschen aufgeführt. Lösliche Chrom-(VI)-Verbindungen können im Gegensatz zu Chrom-(III)-Verbindungen die Haut gut penetrieren und bereits in geringer Konzentration allergische Kontaktekzeme auslösen. Während für Schutzhandschuhe aus Leder ein DIN-Beurteilungswert von 2 mg / kg vorliegt, existieren für wei-tere Bedarfsgegenstände aus Leder (Bekleidung, Schuhe, Uhrarmbänder, Schmuck, Brustbeutel) derzeit keine konkreten rechtlichen Regelungen, sondern lediglich eine Empfehlung sei-tens des BfR. Untersuchungsergeb-nisse aus verschiedenen Bundeslän-dern in den vergangenen Jahren zeig-ten, dass teilweise bei bis zu 20 % der untersuchten Proben Chrom (VI) nach-weisbar war.Zwei Ledererzeugnisse von 9 Proben wiesen Chrom-(VI)-Ge-halte über 2 mg / kg auf (= 11 %).

70 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

Was war auffällig bei Bedarfsgegenständen mit Körperkontakt?

Ausblick: Neue analytische Herausforderung

„Cosmeto-Textiles“

„Socken mit Erdbeeraroma statt Kä-seduft“ lautete die Überschrift in ei-ner Zeitung, ein neuer Trend auf dem Textilmarkt: „dufte Textilien“. Insbe-sondere in Japan und Frankreich sind diese schon weit verbreitet, neben kosmetisch pfl egenden und schweiß-hemmenden Ausrüstungen. Über mikroverkapselte Zusätze gelan-gen die Parfümstoffe in bzw. auf das Textilgewebe und entwickeln dann ihre Duftpracht infolge der Körper-wärme.

Es soll sogar schon Ausrüstungssets geben, die nach Zugabe in den Wasch-maschinen-Spülgang eine nachlassen-de Duftwirkung wieder auffrischen. Einige Duftstoffe sind als sensibilisie-rend eingestuft und können Kontaktal-lergien auslösen. Der Einsatz bzw. die Kennzeichnung von solchen Duftstof-fen ist für Kosmetika reglementiert. Die Beurteilung von Cosmeto-Textilien erfolgt im Einzelfall nach Analyse der Duftstoffzusammensetzung.

Skater-Schutz reizt die Haut –

sensibilisierende Dispersions-

farben in Protektoren

Inline-Skater sind gut beraten, gegen Sturzverletzungen mit entsprechender Schutzausrüstung vorzusorgen. Die-se Ausrüstungsgegenstände können aber im Textilmaterial unerwünschte Farbstoffe enthalten. Weit verbreitet ist offensichtlich der hautsensibili-sierende Farbstoff Dispersionsoran-ge 37 / 76. Im Rahmen einer Untersu-chungsserie wiesen 10 von 16 Skater-

Schutzbekleidungen (Handgelenk-, Ellbogen-, Knieschützer) diesen uner-wünschten Farbstoff auf. Die Hersteller wurden aufgefordert, diese Befunde bei der Risikobewer-tung ihrer Produkte zu berücksichti-gen und stattdessen unbedenkliche Farbstoffe einzusetzen. Dem Ver-braucher bleibt nur die Möglichkeit, sich beim Produzenten über die ein-gesetzten Farbstoffe zu erkundigen. Neben Dispersionsfarbstoffen wurden in drei Fällen auch Spaltprodukte von krebserzeugenden Azofarbstoffen be-stimmt. In zwei Proben gelang der zweifels-freie direkte Nachweis des verbote-nen Azofarbstoffes Disperse Yellow 23. Diese Erzeugnisse waren nicht verkehrsfähig.

Noch reizender: Dessous aus

Erotik-Shops

Ein Domina-Playset aus Leder war mit erhöhten Gehalten an antimikrobiell wirksamen Substanzen ausgerüstet. Zusätzlich enthielten mehrere Leder-teile des Sets das EU-weit verbotene Pentachlorphenol in Konzentrationen, die vier- bis zehnfach über dem Grenz-wert lagen. In drei weiteren Dessous aus textilem Material waren krebser-zeugende Azofarbstoffe nachweisbar. Bei Reizwäsche aus synthetischen Fasern wurden mehrfach hautsen-sibilisierende Dispersionsfarbstoffe detektiert.

Ausblick: Neue analytische Herausforderung

„Cosmeto-Textiles“

Es soll sogar schon Ausrüstungssets

Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt Jahresbericht 2005 71

Kein Badevergnügen: Luftmatratzen

Auch in Luftmatratzen wurden un-erwünschte Chemikalien gefunden. Schon beim Öffnen der Verpackung der Luftmatratze stinkt es gewaltig. Was so chemisch riecht, kann nicht gesund sein?! Die Untersuchung von 18 Luftma-

tratzen aus PVC bestätigte diesen Verdacht. Es wurden Gemische aus-gasender, gesundheitlich bedenklicher Stoffe aus z. B. Acetophenon, Phenol, Nonylphenol, Naphthalin, C3-Benzole sowie C4-C5-Benzole nachgewiesen. Insgesamt lag der Summenwert der flüchtigen Stoffe (Wasserdampfdes-tillation, GC-FID berechnet als C24) zwischen 870 und 6000 mg / kg (Mit-telwert: 1 850 mg / kg). Geruchlich nur schwach auffälliges Kunststoffmaterial weist dagegen einen Wert von unter 600 mg / kg auf. Aufgrund fehlender Rechtsgrundlage ist jedoch eine Bean-standung praktisch nicht möglich, da eine direkte Gesundheitsschädigung durch die Produkte kaum nachgewie-sen werden kann. Der Hinweis, dass es besser wäre, auf diese gesundheit-lich bedenklichen Stoffe zu verzichten, verläuft leider zu oft im Sande.

Der Gesetzesgeber ist somit weiter-hin gefordert, verbindliche Grenzwerte festzulegen!

Verbrauchertipp: Wenn die gekaufte Luftmatratze oder das Spielzeug aus Kunststoff auffäl-lig chemisch riecht, am besten das Produkt im Freien einige Zeit auslüften lassen, oder noch besser – nicht kaufen.

Luftmatratzen aus Gummi scheinen leider auch keine gute Alternative zu sein. Auch hier ist der intensive che-mische Geruch auffällig. Da bei dem Gebrauch als Schlaf- und Schwimmun-terlage ein unmittelbarer Hautkontakt anzunehmen ist, wurde auf die Abga-be von Thiuram und Mercaptobenzo-thiazol (MBT) getestet. Diese Stoffe gelten als sensibilisierend und zeigen ein deutliches allergenes Potenzial. In der Literatur wird ab einer Abgabe-menge von 0,45 mg / dm² MBT oder 0,1 bzw. 1,0 mg / dm² Thiuram das Auftreten von Kontaktdermatitis bei sensibilisierten Personen beschrie-ben. Von den Luftmatratzen wurden 0,2 bis 1,8 mg / dm² MBT bzw. 0,8 bis 1,9 mg / dm² Thiuram abgebeben: Bei 7 von 8 Proben war eine allergische Reaktion bei direktem Hautkontakt bei sensibilisierten Personen somit nicht auszuschließen.

Fasnachtsartikel – billige

Verkleidung mit Risiko

Bei nur kurzfristig verfügba-rer Saisonware, die möglichst nicht viel Geld kosten soll, wird offensichtlich auch hinsichtlich der Qualität gespart. So wur-den von 50 untersuchten Fa-

schingsartikeln (Kostüme für Kinder und Erwachsene, Hand-schuhe, Strümpfe, Strumpfho-sen, Kopfbedeckungen, Hüte und Masken) insgesamt 21 Er-zeugnisse beanstandet:

• Azofarbstoffe in 3 Proben,• sensibilisierende Disper-

sionsfarbstoffe in 9 Proben,• Färbebeschleuniger in einer

Probe,• unerwünschte Chemikalien

(Styrol, Anilin, 1,4-Phenyl-endiamin) in 4 Proben,

• Textilkennzeichnung bei 8 Proben.

72 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt

Schadstoffe aus der Deckeldichtung – weiterhin kein Ende in Sicht?

Für Phthalate wurden bislang keine spezifischen Grenzwer-te (SML) festgelegt. Die nach üblicher wissenschaftlicher Vorgehensweise ermittelten SML-Werte würden bis um den Faktor 65 überschritten werden!

Bei dieser Problematik zeigte sich ein erheblicher rechtlicher Regelungs-bedarf auf, dem die EU nicht zu-letzt aufgrund unserer Unter-suchungsergebnisse derzeit nachkommt. Die Industrie ist aufgefordert, hier rasch alter-native Dichtungsmaterialien zu entwickeln oder Weichmacher einzusetzen, die weniger mig-rieren. Weiter gehender Bericht: www.cvua-stuttgart.de

Deckel für Babynahrung – die Lage verbessert sich

Eine gute Nachricht gibt es in Sachen des Stoffes 2-Ethyl-hexansäure (2-EHA), der im Vorjahr in die Kritik geriet. Im Rahmen des bundesweiten Überwachungsprogramms wurden im Herbst 49 Proben Kindernahrung und die dazugehörigen Deckeldichtungen von unterschiedlichen Herstellern auf 2-EHA untersucht. Gegenüber den Untersu-chungen aus 2004 sind die 2-EHA Kontaminationen deut-lich geringer: Nur 20 % der Kindernahrung war belastet (0,03 – 0,9 mg / kg) im Vergleich zu 70 % (0,05 – 1,2 mg / kg) in 2004. Dies zeigt, dass hier die Industrie rasch reagiert hat.

Auch bezüglich der Weichmacherproblematik ist die La-ge noch unkritisch. Im Rahmen des bundesweiten Über-wachungsprogramms wurden 55 Proben Gläschenkost für Säuglinge und Kleinkinder sowie die dazugehörigen Deckeldichtungen auf Weichmacher untersucht. In den Deckeldichtungen wurde ausschließlich ESBO als Weich-macher gefunden (keine Phthalate). In den Lebensmitteln lagen die Werte zwischen < 2 und 51 mg / kg – der derzeit gültige Grenzwert von 60 mg / kg wurde somit in keinem Fall überschritten. Der Grenzwert wird aber ab 19.11.2006 EU-weit auf 30 mg / kg abgesenkt. Von den untersuchten Proben lagen 6 (= 11 %) über dem künftigen Grenzwert. Dies zeigt, dass die Industrie in 2006 noch Anstrengungen unternehmen muss.

Nachdem Dichtungsmaterialien von Schraubdeckeln in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Kontami-nanten Semicarbazid und 2-Ethylhexansäure in der Dis-kussion standen, wurden sie dieses Berichtsjahr noch ge-nauer unter die Lupe genommen. Die Dichtung besteht hauptsächlich aus weich gemachtem PVC. Bei fetthaltigen Lebensmitteln wie in Öl eingelegtem Gemüse, Fischkon-

serven, Würzsaucen auf Tomatenbasis und insbesondere bei Pesto besteht die Gefahr, dass die Weichmacher nach und nach herausgelöst werden. Im Berichtsjahr wurden daher 127 Proben auf Weichmacher untersucht. Dabei wur-den zunächst mittels einer Screening-Methode die in den Dichtungsmaterialien enthaltenen Weichmacher ermittelt, um diese anschließend gezielt im Lebensmittel zu bestim-men. Auffallend war hierbei, dass 40 % der Deckel mehr als einen Weichmacher enthielten, wie die Tabelle zeigt.

Bei den untersuchten Lebensmitteln wurden teilweise sehr hohe Konzentrationen an Weichmachern nachgewiesen. Für die Beurteilung der Befunde konnte im Regelfall nur der Gesamtmigrations-Grenzwert von 60 mg / kg herangezogen werden, da für die meisten Weichmacher keine stoffspezifi-schen Grenzwerte existieren. Dieser Grenzwert wurde z.T. um das Siebenfache überschritten. Grenzwertüberschrei-tungen wurden im Einzelnen festgestellt bei:

• 18 von 22 Proben von in Öl eingelegtem Gemüse (= 82 %)

• 29 von 37 Proben ölhaltige Würzsaucen, Pesto (= 78 %)

• 3 von 34 Proben Saucen auf Tomatenbasis (= 9 %)• 9 von 11 Proben Fischkonserven (= 82 %).

Bei 28 % der untersuchten Proben wurden zudem die aus toxikologischer Sicht bedenklichen Phthalate im Lebens-mittel nachgewiesen.

Weichmacher Zahl der Deckel mit diesem

Weichmacher

Epoxydiertes Sojaöl (ESBO) 124Diisononyl-Phthalat (DINP) 23Di-(2-Ethylhexyl)-Adipat (DEHA) 18Diisodecyl-Phthalat (DIDP) 17Di-(2-Ethylhexyl)-Phthalat (DEHP) 11Acetyl-tri-n-Butylcitrat (Citroflex) 5Fettsäurederivate 2Diisononyl-Cyclohexancarboxylat (DINCH) 1

Tabelle: Weichmacher in Deckeldichtungen

Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt Jahresbericht 2005 73

Druckfarbenbestandteil in Säften und Joghurt

Im September 2005 wurde in Italien bei Routineuntersu-chungen der Druckfarbenbestandteil Isopropylthioxanthon (ITX) erstmals in Babynahrung nachgewiesen. Doch sehr schnell haben unsere Untersuchungen gezeigt, dass auch noch andere Lebensmittel mit ITX belastet sind.

Insgesamt wurden im Berichtsjahr 94 Le-bensmittelproben, einschließlich deren

Verpackungen, auf ITX untersucht. Der Schwerpunkt lag dabei auf

Nahrungsmitteln in Kartonver-

bunden, bei denen bekannter-maßen ITX-haltige Druckfarben verwendet werden. Aber auch Lebensmittel in anderen be-druckten Verpackungsmateria-

len, wie z. B. Kunststoffbecher oder Wurstverpackungen, wur-

den unter die Lupe genommen. Bei 23 von 94 untersuchten Proben (25 %)

konnte in der Verpackung ITX nachgewiesen werden. Hierbei handelte es sich hauptsächlich um Karton-verbunde (11 Proben), aber auch um Wursthüllen (2 Proben) und Kunststoffbecher für Molkereiprodukte (9 Proben). Zu-dem konnte bei 18 von 23 Proben (78 %) tatsächlich ein Übergang auf das Lebensmittel nachgewiesen werden. Positive Befunde traten v. a. in Orangensaft, Kindermilch und Joghurt auf. Die ITX-Gehalte lagen zwischen 10 und 360 µg / kg Lebensmittel.

ITX lässt Druckfarben, die zum Bedrucken der Außenseite von Lebensmittelverpackungen eingesetzt werden, schnel-ler trocken. Doch wie gelangt ITX ins Lebensmittel? Bei der Herstellung von Verbundkartons z. B. wird das Verpa-ckungsmaterial nach dem Bedrucken zunächst auf Rollen gewickelt, sodass die bedruckte spätere Außenseite der Verpackung die unbedruckte spätere Innenseite berührt. Auf diese Weise können Bestandteile von Druckfarben, in diesem Fall ITX, auf die unbedruckte Seite und somit nach dem Abfüllen in das Lebensmittel übergehen. Darü-ber hinaus kann auch eine Migration der Druckfarbe durch das Verpackungsmaterial hindurch stattfinden, wenn nicht wirksame Barriereschichten, wie z. B. Aluminiumfolie, ver-wendet werden. Nach jetzigem wissenschaftlichem Kenntnisstand ist noch unklar, welches gesundheitliche Risiko tatsächlich von den in Lebensmitteln nachgewiesenen ITX-Gehalten ausgeht. Laut Einschätzungen des Bundesinstituts für Risikobe-wertung (BfR) und der Europäischen Behörde für Lebens-mittelsicherheit (EFSA) ist bei Gehalten unter 50 µg / kg Lebensmittel von keinem erbgutveränderndem Potenzial auszugehen. Bei höheren Migrationswerten sind allerdings zusätzliche Daten für eine toxikologische Bewertung erfor-derlich; zusammenfassender Bericht siehe unter www.

cvua-stuttgart.de

Appetitlich? Wenn Teefilter und Bratschläuche unser

Essen beeinflussen

Die sensorische Qualität von Gegenständen mit Lebens-mittelkontakt stand auch dieses Jahr wieder auf dem Prüf-stand. EU-weit gilt, dass eine geruchliche oder geschmackli-che Beeinflussung des Lebensmittels nicht stattfinden darf. Leider wird diese Anforderung nicht immer erfüllt.

Getestet wurden Gegenstände für die Teezubereitung, da durch die Hitze der Übergang von u. a. sensorisch wahr-nehmbaren Stoffen auf das Lebensmittel begünstigt wird. Auffällig waren vor allem Teefilter aus Papier: bei 2/3 der 18 Proben war die unerwünschte Geschmacksrichtung „Pa-piergeschmack“ deutlich wahrnehmbar. Auch 5 von 17 Teesiebe aus Metall waren sensorisch auf-fällig. Bei Wasserkochern aus Kunststoff gibt es große Qualitätsunterschiede, sodass das aufgekochte Wasser unter Umständen nach Kunststoff schmeckt.

Unser Tipp: Vor dem Kauf am Kunststoff riechen; wenn das Material geruchlich auffällig ist, den Was-serkocher lieber im Regal lassen.

Nach wie vor sensorisch auffällig waren Bratschläuche, 5 von 25 untersuchten Proben (sämtliche aus Polyamid) ga-ben an die geprüften Lebensmittel einen Ekel erregenden Geschmack ab. 18 von 19 untersuchten Gefrierbeuteln waren ebenfalls sensorisch auffällig, der auf die Prüflebens-mittel übertragene Geschmack war hier eher als kunst-stoffartig zu charakterisieren. Auch Trinkrucksäcke wurden überprüft. Im Gebrauch sind sie zwar für Freizeitaktivitä-ten praktisch, allerdings wird das eingefüllte Trinkwasser durch das Beutelmaterial häufig sehr stark geruchlich und geschmacklich beeinträchtigt. Der Geschmack mancher Proben wurde von den Prüfern sogar als „widerlich“ emp-funden. Von 16 Proben mussten 9 beanstandet werden.

Abb:Verbundpackung

74 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

Spielwaren und Scherzartikel

Krebserregende Nitrosamine in Gummi – eine „never

ending story“?

Nachdem wir wiederholt auf hohe Nitrosaminbefunde in Luftballons hingewiesen haben, wurde im Frühjahr 2005 ein Vorschlag zur Festlegung von Grenzwerten für Nitros-amine und nitrosierbare Stoffe in Spielzeug auf Bundes-ebene diskutiert. Das Thema wird derzeit auch von der EU weiterverfolgt. Unsere Befunde aus dem Berichtsjahr wurden der EU-Kommission übermittelt und lassen sich wie folgt darstellen: nur 6 (= 33 %) von 18 Luftballonproben hielten den vom BfR für Luftballons empfohlenen Richtwert von 10 µg / kg ein. Bei weiteren 7 Proben (= 37 %) lag die Nitrosaminabgabe zwischen 10 und max. 50 µg / kg. Für die Abgabe von nitrosierbaren Stoffen empfiehlt das BfR einen Richtwert von 2 000 µg / kg, den nur 50 % der untersuchten Luftballone (= 9 Proben) einhalten konnten.

Ausgasendes Holzspielzeug

Wie in 2003, wurden auch in diesem Berichtsjahr Puzzle und Steckspiele aus geleimtem Schichtholz auf die Aus-gasung von toxikologisch relevantem Formaldehyd unter-sucht. Der Holzwerkstoff darf in 24 Stunden nicht mehr als 110 mg / kg Formaldehyd abgeben. Das Ergebnis war bedenklich: 6 von 19 Proben, also fast ein Drittel, gaben zu viel Formaldehyd ab, und zwar zum Teil bis zu mehr als das Dreifache des Richtwerts.

fe, Komplexbildner und Bleichmittel in Prozentbereichen jetzt rechtsverbindlich vorgeschrieben. Enzyme, Desinfek-tionsmittel, optische Aufheller, Konservierungsstoffe und Duftstoffe sind in der Inhaltsstoffliste ebenfalls anzugeben. Sofern allergene Duftstoffe, die in dem Stoffverzeichnis in Anhang III der EU-Kosmetik-Richtlinie aufgelistet sind, in einer Konzentration von mehr als 0,01 Gewichtsprozent im Produkt enthalten sind, so sind diese mit der in der Kosme-tik-Richtlinie vorgeschriebenen Bezeichnung entsprechend wie bei kosmetischen Mitteln anzugeben. Bisher genügte hier die Angabe „Parfüm“. Auch die Konservierungsstoffe müssen jetzt namentlich genannt werden. Diese Rege-lung soll Personen schützen, die auf diese Stoffe allergisch reagieren.

Ausgeweitet wurden die Anforderungen für die Abbaubar-keit der Tenside; für alle Tensidgruppen wurden Verfahren zur Bestimmung des Endabbaus und die einzuhaltenden Abbauraten festgelegt.

Vorsicht, Verletzungsgefahr durch Weich-PVC-

Spielzeug

Nicht nur gesundheitsschädliche Phthalate spielen bei Weich-PVC-Spielzeug eine Rolle. Seit den 1970er-Jahren ist bekannt, dass Weich-PVC zur Gefahr werden kann, falls Teile dieses Materials verschluckt werden. Die Gefahr wird von Eltern oft nicht erkannt: Was kann schon passie-ren, wenn das weiche, wabbelige Material vom Kind verschluckt wird?

Die Gesundheitsgefahr bei diesen Proben liegt weniger in der Art, sondern vielmehr in der Menge der enthaltenen Weichmacher begründet. Bei sehr weichen Materialien sind Tei-le des Spielzeugs leicht abreiß- oder abbeißbar (z. B. Füße und Schwänze) und können damit von Kleinkindern leicht ver-schluckt werden. Bei einem Weichmacheranteil von über 25 % kann somit ein verschlucktes Teil unter ungünstigen Bedingungen im Magen-Darm-Trakt aushärten. Es können scharfe Kanten entstehen und somit zu inneren Verletzun-gen führen. Insgesamt 7 von 37 Spielzeugtiere aus wei-chem Kunststoff wurden im Berichtsjahr als gesundheits-schädlich beanstandet.

Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie sonstige Haushaltschemikalien

Im Berichtsjahr wurden 1 031 Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie sonstige Haushalts-

chemikalien untersucht. Hiervon wurden 345 Proben (= 33 %) beanstandet.

Wasch- und Reinigungsmittel: Seit Oktober 2005 gilt

harmonisiertes europäisches Recht.

Die europäische Detergenzienverordnung (VO (EG) 648 / 2004) fasst in einer Verordnung zahlreiche freiwillige Vereinbarungen zwischen der Industrie und der Überwa-chung in Bezug auf Umwelt- und Verbraucherschutz zu-sammen. Das Wasch- und Reinigungsmittelgesetz wird weit gehend durch diese Verordnung abgelöst und derzeit überarbeitet. Während das bisherige Wasch- und Reinigungsmittelge-setz ein reines Umweltschutzgesetz war, verfolgt die neue Verordnung auch das Ziel, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit sicherzustellen. Ein wichtiger Schritt in dieser Richtung sind insbesondere Änderungen bei den Kennzeichnungsvorschriften.Hersteller müssen jetzt die Inhaltsstoffe ihrer Produkte umfangreicher kennzeichnen. Zum Beispiel ist die früher empfohlene Angabe der Hauptwirkstoffe wie Tenside, Sei-

Abb:Spielzeug-Schlange

Spielwaren und Scherzartikel / Reinigungs- und Pflegemittel Jahresbericht 2005 75

Die bisher in Deutschland obligatorische Verpflichtung der Hersteller von Wasch- und Reinigungsmitteln, ihre Produkte vor dem erstmaligen In-Verkehr-Bringen beim Umweltbun-desamt zu melden, findet sich in den neuen europäischen Regelungen nicht und wird durch die Überarbeitung des Wasch- und Reinigungsmittelgesetzes auch in Deutschland wegfallen. Einige der im Handel befindlichen Produkte werden noch längere Zeit nicht nach den neuen Vorschriften gekennzeich-net sein, da es keine Frist für den Abverkauf von Produk-ten gibt, die vor dem 8. Oktober 2005 hergestellt worden waren.

Raumluftverbesserer

Raumluftverbesserer auf der Basis ätherischer Öle führen immer wieder zu Beanstandungen, vor allem wegen Kenn-zeichnungsmängeln nach chemikalienrechtlichen Vorschrif-ten oder wegen des Fehlens kindergesicherter Verschlüsse. Besondere Gefahren gehen von den Produkten aus, wenn sie versehentlich verschluckt werden. Lebensmittelähnli-

che Eigenschaften in Bezug auf Duft, Farbe oder Verpackung sind besonders kritisch, da

vor allem Kinder hierdurch verführt werden, sie zu verzehren. Dieser

Gefahr war sich z. B. ein Saunabe-treiber nicht bewusst. Er füllte ein grün-gelbliches Saunaauf-gussmittel für seine Kunden aus einem großen Kanister in kleinere Glasflaschen mit Kork-stopfen um und beschriftete die

Gefäße mit „Pfefferminz“. Die Ge-fahrenkennzeichnung hatte er nicht

übernommen. Das Saunaaufgussmit-tel bestand aus Ethanol, Isopropanol und

Pfefferminzöl. Eine Verwechselbarkeit mit Pfef-ferminzlikör lag nahe. Im Jahr 2004 wurden Duftöle, die mit Lebensmitteln ver-wechselbar waren, wegen der Aspirationsgefahr als ge-sundheitsschädlich beanstandet. Besonders gefährlich war, dass die Duftöle in einer Art Marmeladeglas offen aufgestellt werden sollten und somit der Inhalt Kindern leicht zugänglich war. Die Hersteller haben Verpackung, Aufmachung und Kennzeichnung der Produkte aufgrund unserer Beanstandungen geändert. So wurden gefahrstoff-rechtliche Kennzeichnungen angebracht und die Gläser mit einem Keramikdeckel verschlossen, durch den die ätheri-schen Öle in den Raum entweichen können, aber keine Flüssigkeit auslaufen sollte. Im Prinzip ist dieser Deckel als kindersicher einzustufen, jedoch war er nicht in allen Fällen wirklich dicht.

Wasch- und Reinigungsmittel unterliegen gleichzeitig

mehreren Gesetzen und deren Folgeverordnungen

Erzeugnisse, die für den häuslichen Bedarf bestimmt sind, sind per Definition „Bedarfsgegenstände“ im Sinne des Le-bensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), ehemals Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG). Sie unterliegen auch dem Wasch- und Reinigungsmittelgesetz (WRMG) – das derzeit überarbeitet wird – sowie der im Oktober 2005 in Kraft getretenen EU-Detergenzienverord-nung. Soweit es sich bei den Wasch- und Reinigungsmitteln um gefährliche Zubereitungen handelt, unterliegen sie dem Chemikaliengesetz und der darauf basierenden Gefahr-stoffverordnung. Auch im Jahr 2005 wurde besonderes Gewicht auf die Überprüfung der baden-württembergischen Hersteller ge-legt. Dazu wurden die Proben analytisch untersucht und begleitende Dokumente wie Etikett, Sicherheitsdatenblatt, Produktbeschreibung- und Spezifikationen auf die Einhal-tung der o. g. Rechtsgrundlagen überprüft.In vielen Fällen wurden Kennzeichnungsmängel festge-stellt. Zum Beispiel waren Inhaltsstoffverzeichnisse unvoll-ständig oder nicht korrekt. Besonders häufig waren Mängel in der Gefahrstoffkennzeichnung zu verzeichnen. Beispiels-weise waren Zubereitungen nicht korrekt als reizend oder ätzend eingestuft und gekennzeichnet, es fehlten Warnhin-weise oder Sicherheitsratschläge oder bei Produkten mit ätzender Wirkung waren in der Kennzeichnung die Angabe des gefährlichen Stoffes oder Hinweise auf Aspirationsge-fahr oder leichte Entzündlichkeit nicht enthalten. In vielen Fällen stimmte die Kennzeichnung von Bioziden nicht mit den Anforderungen des Gefahrstoffrechtes überein. Besonders häufig sind Beanstandungen nach Gefahrstoff-recht bei Spezialreinigungsmitteln anzutreffen. Z. B. fehlte bei einem zu mehr als 60 % aus Tetrachlorethan bestehen-den Fleckenwasser der obligatorische Warnhinweis R40 „Verdacht auf krebserzeugende Wirkung“. Bei weiteren Fleckenwässern mit mehr als 70 % alipha-tischen Kohlenwasserstoffen und darauf beruhender As-pirationsgefahr fehlte die Kennzeichnung R65 „Gesund-heitsschädlich: Kann beim Verschlucken Lungenschäden verursachen“.Ein Rostlöser, der in einem Baumarkt an Endverbraucher abgegeben wurde, war in eine Sprayflasche abgefüllt. Nach unseren Befunden waren bei der Flüssigkeit die Kriterien für das Aspirationsrisiko und damit für die Einstufung Xn, R65, S62 erfüllt. Das Behältnis wies keinerlei Gefahren-hinweise auf, war nicht in einem kindergesicherten Behält-nis abgefüllt und nicht mit einem tastbaren Warnzeichen versehen. Verbraucher werden deshalb nicht ausreichend über die Risiken bei der Anwendung oder Aufbewahrung im Haushalt informiert. Da eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen war, wurde die Probe im Sinne von § 30 LFGB beanstandet.

Abb:Sauna-Aufguss

76 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

TabakwarenIm Jahr 2005 wurden Tabakwaren im Wert von 24 Milliarden 1 versteuert. Das waren rund 1 Milliarde 1 mehr

als im Vorjahr. Die produzierte Menge der versteuerten Zigaretten nahm jedoch um ca. 14 % ab. Ein deutlicher

Zuwachs ist beim Feinschnitt mit + 37 % zu verzeichnen. Zum Feinschnitt zählt neben der klassischen losen

Variante auch vorportionierter Tabak, so genannte Sticks. Bei diesem Produkt ist der Tabakstrang vorgefertigt

und muss vom Verbraucher lediglich noch in eine Filterhülse geschoben werden. Für diese Steckzigaretten ist

nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshof ab dem 1. April 2006 statt der ermäßigten Steuer für Fein-

schnitt der weitaus höhere Satz für Fertigzigaretten zu entrichten.

Das Tabaklabor des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Sigmaringen ist als Prüflaboratorium

gemäß der Tabakprodukt-Verordnung zugelassen.

Im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wurde unter

Leitung des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Sigmaringen eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung

einer Prüfstrategie zur toxikologischen Bewertung von Zusatzstoffen in Tabakerzeugnissen etabliert.

für jede Marke ein Nikotingehalt von 1,4 mg pro Zigarette gemessen wird. Um Manipulationen bezüglich des Ni-kotingehaltes vorzubeugen, würden dann als neue Höchstmengen nicht mehr Nikotin und Kondensat, son-dern beispielsweise die Verhältnisse von Nikotin zu Teer bzw. von Nikotin zu speziellen Rauchinhaltsstoffen wie Benzo(a)pyren und tabakspezifischen Nitrosaminen herangezogen werden. Diese Verfahrensweise hätte den Vor-teil, dass das menschliche Rauchver-halten weit mehr als bei den bisher angewandten Methoden berücksich-tigt würde.

Zigaretten

Nach einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg und dem Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz werden die in Rheinland-Pfalz im Rahmen der amt-lichen Überwachung zu untersuchen-den Zigarettenproben am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Sig-maringen auf die Rauchinhaltsstoffe Nikotin, Kondensat und Kohlenmo-noxid überprüft. Im Berichtsjahr wa-ren dies 30 Proben. Beanstandungen aufgrund der stofflichen Zusammen-setzung bzw. aufgrund von Höchst-wertüberschreitungen waren nicht gegeben.In der ISO-Arbeitsgruppe ISO / TC 126 WG 9 wurde unter der Federführung der WHO versucht, Abrauchmethoden vorzuschlagen, die das menschliche Abrauchverhalten so gut wie möglich wiederspiegeln. Zwischen den betei-ligten Kreisen (unter anderem Indus-trie, Überwachung, WHO) konnte je-doch keine Einigung erzielt werden. Nach Auffassung des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Sigma-ringen ist bei der Auswahl einer geeig-neten Abrauchmethode zu berücksich-tigen, dass der Raucher hauptsächlich deshalb raucht, um sein Nikotinbe-dürfnis zu befriedigen. Ändert sich der Nikotingehalt der Zigarette, passt der Raucher sein Rauchverhalten so an, dass er sein Nikotinbedürfnis dennoch befriedigen kann; der Raucher kom-pensiert den verringerten Nikotinge-halt, indem er sein Rauchverhalten än-

dert. Bei den derzeitigen Methoden sind die Abrauchparameter wie Zugvo-lumen und Zugfrequenz konstant, das heißt, das individuelle Rauchverhalten des Rauchers bleibt unberücksichtigt. Deshalb variieren bei der vom Chemi-schen und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen bevorzugten Methode die genannten Rauchparameter: In jeder Zigarettenmarke wird zunächst der Nikotingehalt nach der derzeitigen ISO-Norm bestimmt. Auf der Grundla-ge des so bestimmten Nikotingehaltes werden bei einem zweiten Abrauch-vorgang die Abrauchparameter (Volu-men, Frequenz) so angepasst, dass

Produktgruppe Tabakwaren Jahresbericht 2005 77

Acrylamid in Zigarettenrauch

Acrylamid wurde im Jahr 2002 in zum Teil hohen Ge-halten in einer Vielzahl von Lebensmitteln nachgewie-

sen. Die Substanz löst im Tierversuch Krebs aus und schädigt das Erbgut. Im Chemischen und Veterinär-untersuchungsamt Sigmaringen wurde der Gehalt

an Acrylamid im Rauch von 15 Zigarettenpro-ben analysiert. Die Werte schwanken von

1 µg / Zigarette bis 5 µg / Zigarette, der Mittelwert liegt bei 2,3 µg / Zigarette. Bei einem Verbrauch von 20 Ziga-retten pro Tag ergibt sich somit für den Raucher eine zusätzliche, nur durch das Rauchen bedingte Belastung von ca. 50 µg pro Tag.

Aktuelle Abschätzungen aufgrund von Verzehrserhebungen ergeben eine durchschnittliche tägliche Auf-

nahme bei einem Erwachsenen von 0,5 bis 1 µg Acrylamid pro kg Körpergewicht

durch die Nahrung. Die durchschnittliche nahrungs-bedingte Acrylamidaufnahme beträgt für einen Menschen mit 70 kg Körpergewicht somit ca. 70 µg pro Tag. Das heißt, dass sich die Acrylamidaufnahme durch das Rauchen von 20 Zigaretten pro Tag nahezu verdoppelt. Eine Korrelation zwischen dem Kondensatgehalt und dem Acrylamidgehalt war nicht festzustellen.

Wasserpfeifentabak – der gesündere Genuss?

Die Nikotinkonzentration im Wasserpfeifentabak schwan-ken zwischen 3,4 mg Nikotin / g Tabak und ca. 30 mg Nikotin / g Tabak. Die Gehalte an Blei und Chrom sind ebenfalls wesentlich höher als im Zigarettenrauch. Der Gehalt des Wasserpfeifenteers an polyzyk-lischen aromatischen Kohlenwasserstoffen liegt bei 0,93 g Phenanthren pro mg Teer, im Teer von Zigaretten bei 14,7 g Phen-anthren pro mg Teer. Mit dem Was-serpfeifenrauch werden außerdem erhebliche Mengen Kohlenmono-xid aufgenommen. Der Rauch von Wasserpfeifentabak ist derzeit noch nicht so umfassend untersucht wie der Zigarettenrauch. Erste Studien zeigen jedoch, dass krebsauslösen-de Agenzien in hohen Konzentrationen zu finden sind. Einige Indizien sprechen dafür, dass das Rauchen von Wasserpfeifen kaum weniger gefährlich ist als der Konsum von Zigaretten. Die Nikotinaufnahme beim Wasserpfeifenkon-sum ist deutlich höher als beim Zigarettenkonsum. Diese Tatsache hat einen wesentlichen Einfluss auf das Sucht-potenzial des Wasserpfeifentabaks.

78 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Tabakwaren