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1 internistische praxis 2017 Band 58 / 3 Pfortaderthrombose – idiopathische nichtzirrho- tische portale Hypertension – hereditäre hämor- rhagische Teleangiektasie – Budd-Chiari-Syndrom internistische praxis 58, 1–8 (2017) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Gefäßerkrankungen der Leber Ursachen, Diagnose, Behandlung M. J. Bahr Medizinische Klinik I, Sana Kliniken Lübeck Einleitung Gefäßerkrankungen der Leber sind eine sehr he- terogene Gruppe meist seltener bis sehr seltener Erkrankungsentitäten [1]. Mit Abstand am häu- figsten tritt die Pfortaderthrombose auf. Aber sämtliche Anteile des hepatischen Gefäßbetts können Ausgangspunkt von Lebererkrankungen sein, darunter die Pfortader, die A. hepatica, die hepatischen Sinusoide und die Lebervenen. Tabelle 1 gibt einen Überblick zu den vasku- lären Lebererkrankungen. Wann sollte an vaskuläre Lebererkrankungen gedacht werden? Die heterogene Gruppe vaskulärer Lebererkran- kungen bietet ein weites Spektrum unterschied- licher klinischer Verläufe und Symptombilder. Kleinere Befunde können komplett asymptoma- tisch bleiben, bei längerfristigen Verläufen sind schubweise Beschwerden oder Zeichen einer chronischen Lebererkrankung möglich. Demge- genüber gibt es auch hochakute Präsentationen, die als akutes Leberversagen oder akutes Abdo- men auffällig werden. Somit gehören vaskuläre Erkrankungen bei jeder primär unklaren hepati- schen Symptomatik zur erweiterten Differenzi- aldiagnose. Bestimmte Symptomkonstellationen weisen bei vaskulären Lebererkrankungen eine erhöhte Häu- figkeit auf. Dazu gehören Zeichen einer portalen Hypertension insbesondere bei Fehlen einer Le- berzirrhose. Neben den vaskulären Lebererkran- kungen sind als Ursachen einer nicht-zirrhoti- schen portalen Hypertension im Wesentlichen biliäre Erkrankungen zu bedenken, letztere füh- ren über Veränderungen des peribiliären Portal- feldes zu einer Erhöhung des Portaldrucks. Ta- belle 2 zeigt exemplarisch Erkrankungen, die eine nicht-zirrhotische portale Hypertension bewirken können. Die Behandlung der portalen Hypertensi- on bei vaskulären Erkrankungen hängt einerseits von der zugrunde liegenden Krankheitsentität ab, andererseits werden Sekundärkomplikationen wie Ösophagusvarizen in der Regel analog zur Situa- tion bei Leberzirrhose therapiert. CME c m e. m g o -f ac h v e rl a g e .d e

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1internistische praxis 2017 Band 58 / 3

Pfortaderthrombose – idiopathische nichtzirrho-tische portale Hypertension – hereditäre hämor-rhagische Teleangiektasie – Budd-Chiari-Syndrom

internistische praxis 58, 1–8 (2017) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG

Gefäßerkrankungen der Leber

Ursachen, Diagnose, Behandlung

M. J. Bahr

Medizinische Klinik I, Sana Kliniken Lübeck

� Einleitung

Gefäßerkrankungen der Leber sind eine sehr he-terogene Gruppe meist seltener bis sehr seltener Erkrankungsentitäten [1]. Mit Abstand am häu-figsten tritt die Pfortaderthrombose auf. Aber sämtliche Anteile des hepatischen Gefäßbetts können Ausgangspunkt von Lebererkrankungen sein, darunter die Pfortader, die A. hepatica, die hepatischen Sinusoide und die Lebervenen. Tabelle 1 gibt einen Überblick zu den vasku-lären Lebererkrankungen.

� Wann sollte an vaskuläre Lebererkrankungen gedacht werden?

Die heterogene Gruppe vaskulärer Lebererkran-kungen bietet ein weites Spektrum unterschied-licher klinischer Verläufe und Symptombilder. Kleinere Befunde können komplett asymptoma-tisch bleiben, bei längerfristigen Verläufen sind schubweise Beschwerden oder Zeichen einer chronischen Lebererkrankung möglich. Demge-genüber gibt es auch hochakute Präsentationen, die als akutes Leberversagen oder akutes Abdo-men auffällig werden. Somit gehören vaskuläre Erkrankungen bei jeder primär unklaren hepati-schen Symptomatik zur erweiterten Differenzi-aldiagnose.

Bestimmte Symptomkonstellationen weisen bei vaskulären Lebererkrankungen eine erhöhte Häu-figkeit auf. Dazu gehören Zeichen einer portalen Hypertension insbesondere bei Fehlen einer Le-berzirrhose. Neben den vaskulären Lebererkran-kungen sind als Ursachen einer nicht-zirrhoti-schen portalen Hypertension im Wesentlichen biliäre Erkrankungen zu bedenken, letztere füh-ren über Veränderungen des peribiliären Portal-feldes zu einer Erhöhung des Portaldrucks. Ta-belle 2 zeigt exemplarisch Erkrankungen, die eine nicht-zirrhotische portale Hypertension bewirken können. Die Behandlung der portalen Hypertensi-on bei vaskulären Erkrankungen hängt einerseits von der zugrunde liegenden Krankheitsentität ab, andererseits werden Sekundärkomplikationen wie Ösophagusvarizen in der Regel analog zur Situa-tion bei Leberzirrhose therapiert.

CMEcm

e.mgo -fachverlage

.de

2017 Band 58 / 3 internistische praxis 2

Medikamente, Toxine, Reisen), Leberenzyme (GPT/ALT, GOT/AST, GGT, AP), Einschätzung der Leberfunktion (INR/Quick-Wert, Bilirubin, ggfs. Albumin oder Cholinesterase), Ultraschall der Leber. Die Differenzialdiagnostik wird ent-sprechend der spezifischen Laborkonstellation ergänzt, z. B. für akute Hepatitis, chronische Lebererkrankungen oder primär cholestatische Erkrankungen. Sollten diese Untersuchungen keine Ätiologie identifizieren, muss eine Gefäß- erkrankung in Betracht gezogen werden.

Die initiale sonografische Evaluation kann dabei schon entscheidende Hinweise auf Gefäßverän-derungen geben. Eine umfassende Darstellung des Gefäßbetts der Leber sollte angestrebt wer-den. Dies erfolgt primär sonografisch und wird im Bedarfsfall durch ergänzende radiologische Verfahren vervollständigt (CT, MRT, seltener Angiografie). Pfortader, V. lienalis, A. hepatica und die Lebervenen müssen über den gesam-ten Verlauf im Ultraschall-B-Bild und mittels Farb-Doppler dargestellt werden.

Eine erweiterte Labordiagnostik in Bezug auf Gefäßerkrankungen ist beim primären ätiologi-schen Screening in der Regel nicht notwendig, kann aber im Einzelfall sekundär indiziert sein

Bei Gefäßerkrankungen der Leber treten gehäuft raumfordernde Prozesse in der bildgebenden Dia gnostik auf. Die Ursachen dafür sind hetero-gen. Häufig handelt es sich um Regeneratkno-ten, aber auch die betroffenen Gefäßstrukturen selbst können raumfordernd erscheinen (z. B. bei Peliosis hepatis oder bei kavernöser Trans-formation der Pfortader). Auch die gesamte Le-ber kann sich knotig verändert präsentieren, wie bei nodulär regenerativer Hyperplasie im Rah-men einer idiopathischen nicht-zirrhotischen portalen Hypertension oder bei Pseudozirrhose im Rahmen einer hepatischen hereditären hä-morrhagischen Teleangiektasie. Auch gutartige (insbesondere fokal noduläre Hyperplasie) oder maligne Tumoren (HCC) treten gehäuft bei vas-kulären Lebererkrankungen auf. Somit gehören die Gefäßerkrankungen der Leber zur erweiterten Differenzialdiagnose bei hepatischen Raumfor-derungen.

� Welche Diagnostik sollte bei Verdacht auf eine vaskuläre Lebererkrankung durchge-führt werden?

Zunächst muss eine hepatologische Basal-diagnostik vorliegen: Anamnese (insbesondere

Leberarterie

• Hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie• Aneurysmata, Shunts• Thrombose, Embolie, Trauma• Sichelzellanämie• Thrombotische Mikroangiopathien (HUS, TTP)• Panarteriitis nodosa

Portalvene• Portalvenenthrombose, kavernöse Transformation• Idiopathische nicht-zirrhotische portale Hypertension (INCPH)• Schistosomiasis

Sinusoide• Sinusoidales Obstruktionssyndrom (veno-occlusive disease)• Peliosis hepatis• Perisinusoidale Fibrose

Lebervenen • Budd-Chiari-Syndrom

Tab. 1 | Formen vaskulärer Lebererkrankungen

internistische praxis 2017 Band 58 / 3 3

(z. B. Vaskulitis-Screening oder Thrombophi-lie-Diagnostik).

Führen weder die Labor- noch die schnittbildge-bende Diagnostik zur ätiologischen Klärung ei-ner Leberwerterhöhung oder einer hepatischen Raumforderung, sollte die bioptische Gewinnung von Lebergewebe angestrebt werden. Diese kann insbesondere bei knotigen Leberveränderungen oder Zeichen der portalen Hypertension zur Ab-grenzung einer Leberzirrhose hilfreich sein.

� Pfortaderthrombose

Sektionsstudien zeigen bei 0,05 – 0,5 % der Ver-storbenen eine Pfortaderthrombose. Diese wird auf dem Boden der zugrunde liegenden Ätiolo-gie und nach dem klinischen Stadium eingeteilt [2, 3]. Ätiologisch sind hier insbesondere die Thrombose auf dem Boden einer Leberzirrhose oder eines Malignoms von der nicht-zirrhoti-schen, nicht-malignen Pfortaderthrombose ab-zugrenzen (Tab. 3). Eine weitere Sonderform stellt die septische Thrombose (Pylephlebitis) dar. Bezüglich des Stadiums sollten sowohl die zeitliche Dynamik (hochakut mit Stauungssym-ptomatik, akut, chronisch, kavernöse Transfor-mation) als auch die räumliche Ausdehnung (partiell, kompletter Pfortaderverschluss, er-weiterte Thrombose unter Einzug von V. lienalis oder V. mesenterica superior) Beachtung finden,

da hiervon Art und Ausmaß der therapeutischen Interventionen abhängen.

Nicht-zirrhotische, nicht-maligne Pfortaderthrombose

Die nicht-zirrhotische, nicht-maligne Pfortader-thrombose kann in jedem Lebensalter auftreten, wobei die Ursachen im Zeitverlauf variieren. Kli-nik und Behandlungsoptionen hängen davon ab, ob es sich um eine akute oder chronische Pfort-aderthrombose handelt.

Die akute Pfortaderthrombose manifestiert sich bei über 90 % der Patienten mit über Tage pro-gredienten Bauch- oder Rückenschmerzen [4]. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Thrombose kön-nen die Beschwerden sehr ausgeprägt, teils auch kolikartig sein. Die Störung des intestinalen Blut-flusses kann zur Stauung des Darms mit signifi-kanten Motilitätsstörungen und zur bakteriellen Translokation mit Fieber führen. Die Leberfunk-tion bleibt hingegen meist unbeeinflusst, abge-sehen von geringgradigen, passageren Enzym-anstiegen. Die akute Symptomatik bildet sich in der Regel innerhalb einer Woche zurück.

Die spontane Rekanalisation stellt eine seltene Ausnahme dar. Obwohl es keine prospektiv kon-trollierten Studien gibt, gilt die Antikoagulation als Therapiestandard [3]. Diese ist in 25 – 80 %

Vaskulär

• Hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie• Arterio-portale Shunts• Portalvenenthrombose• Idiopathische nicht-zirrhotische portale Hypertension• Schistosomiasis• Sinusoidales Obstruktionssyndrom (veno-occlusive disease)• Peliosis hepatitis• Budd-Chiari-Syndrom

Biliär• Primär biliäre Cholangitis• Sekundäre biliäre Zirrhose (präzirrhotisches Stadium)• Kongenitale Leberfibrose

Tab. 2 | Exemplarische Differenzialdiagnosen der nicht-zirrhotischen portalen Hypertension

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Ösophagusvarizen werden nicht-kardioselektive Betablocker eingesetzt. Eine individuelle Risi-koevaluation bezüglich eines Thromboseprogres-ses sollte durchgeführt werden, um die Indikati-on zur Antikoagulation zu bewerten.

Pfortaderthrombose bei Leberzirrhose

Die höchste Prävalenz erreicht die Pfortader-thrombose bei Patienten mit Leberzirrhose. Sie reicht von ca. 1 % im Child-Stadium A bis zu einem ¼ der Patienten mit schwerer Dekompen-sation. Pathophysiologisch liegt eine Verminde-rung des Pfortaderflusses zugrunde. Diese führt zu Abscheidungsthromben mit hohem Thrombo-zytenanteil und geringer Fibrindurchbauung. Häufig ist die Pfortader nur partiell verschlossen.

Die Bedeutung der Thrombose für den individu-ellen Verlauf der Leberzirrhose ist nicht komplett geklärt. Einige Studien deuten aber auf einen eher geringen Einfluss für die Prognose der be-troffenen Patienten hin.

erfolgreich. Der Therapieerfolg nimmt mit der Zeitdauer bis zur Therapieeinleitung und dem Ausmaß der Thrombose ab. Bei hochakuten Ver-läufen kann die radiologische Wiedereröffnung des Gefäßes über einen transjugulären Zugang versucht werden (gegebenenfalls mit lokaler Lyse). Die systemische Lysetherapie hat keine hinreichenden Effekte gezeigt. Bei Verdacht auf eine intestinale Infarzierung ist ein chirurgi-sches Vorgehen indiziert.

Die chronische Pfortaderthrombose stellt sich häufig als portales Kavernom mit multiplen, zarten, geschlängelten Gefäßen im Bereich des Pfortaderbetts dar. Gelegentlich wird das Kaver-nom auch als raumfordernder Prozess fehlinter-pretiert. Das klinische Bild wird von Symptomen der portalen Hypertension wie Ösophagusvarizen dominiert.

Therapeutisch steht die Prävention gastrointes-tinaler Blutungen im Mittelpunkt [3]. Dabei wird trotz begrenzter Datenlage analog zur Situation bei Leberzirrhose verfahren. Bei Nachweis von

Entzündlich

• Neugeborene: Nabelveneninfekt• Ältere Kinder: Appendizitis• Duodenalulkus• Cholecystitis, Pankreatitis• Divertikulitis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen• Peritonitis• Tuberkulose

Thrombophilie• Plasmatische Gerinnungsstörungen• Myeloproliferative Syndrome• Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie

Postoperativ/Trauma

• Hepatobiliäre/intestinale Eingriffe• Splenektomie• TIPS

Malignom • Primär hepatisches/abdominelles Malignom• Metastasen

Zirrhose

Tab. 3: Ursachen der Pfortaderthrombose

internistische praxis 2017 Band 58 / 3 5

steht die zeitnahe antibiotische Therapie ggfs. mit Fokussanierung im Vordergrund.

� Idiopathische nicht-zirrhotische portale Hypertension (INCPH)

Weniger bekannt als die Pfortaderthrombose und wahrscheinlich häufig nicht erkannt sind Erkrankungen der kleinen Portalvenenäste. Diese wurden kürzlich unter dem Begriff idiopathische nicht-zirrhotische portale Hypertension zusam-mengefasst und beinhalten pathologische Bilder wie die nodulär regenerative Hyperplasie und die hepatoportale Sklerose [7].

Der Verschluss kleiner Pfortaderäste führt zur Atrophie der versorgten Parenchymanteile. In Konsequenz hypertrophieren normal perfundier-te Areale. Dies mündet im Bild der nodulär re-generativen Hyperplasie. Kommt es zum Ersatz der verschlossenen Gefäße durch bindegewebi-ge Stränge, entspricht das einer hepatoportalen Sklerose. In der westlichen Welt findet sich die INCPH häufig in Zusammenhang mit entzünd-lichen (z. B. rheumatischen) oder hämatologi-schen (z. B. myeloproliferativen Syndromen) Grunderkrankungen, während im asiatischen Raum auch toxische oder infektiöse Ursachen diskutiert werden.

Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel histo-logisch, nachdem bildgebend ein knotiger Leber-umbau ersichtlich ist. Die Prognose bezüglich der Leberfunktion ist gut, häufig sind jedoch Komplikationen einer portalen Hypertension. Therapeutisch stehen die Behandlung der Grund-erkrankung und der portalen Hypertension im Vordergrund.

� Hereditäre hämorrhagische Teleangi-ektasie (Morbus Osler-Rendu-Weber)

Die hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (HHT) ist eine autosomal dominante genetische Erkrankung, die mit der Funktion des TGF-β-Re-zeptors interferiert (heterozygote Prävalenz 1:5.000 – 1:8.000). Verschiedene genetische

Es wurde gezeigt, dass die Pfortaderthrombose bei Zirrhose durch prophylaktische Gabe nieder-molekularer Heparine fast komplett verhindert werden kann. Auch die Therapie der bestehen-den Thrombose durch medikamentöse Antikoa-gulation führt in der Mehrheit der Fälle zu einer Besserung des Befundes, wobei die komplette Wiedereröffnung des Gefäßes nicht immer er-reicht wird. Eine höhere Erfolgsrate als die An-tikoagulation scheint die Anlage eines transju-gulären intrahepatischen porto-systemischen Shunts (TIPS) zu haben [5]. Trotzdem bleibt bei der unklaren Auswirkung der Pfortaderthrombose auf die Prognose der Leberzirrhose die Frage, ob überhaupt eine Indikation zur Prophylaxe oder Therapie besteht. Dies kann momentan nicht eindeutig positiv beantwortet werden, sodass die Behandlung momentan kein etablierter Standard ist, sondern ausgewählten Einzelfällen vorbehalten bleibt. Dazu können Patienten ge-hören, für die eine Lebertransplantation vorge-sehen ist oder für die eine relative Indikation zur TIPS-Anlage besteht.

Maligne Pfortaderthrombose

Eine Sonderform der Pfortaderthrombose stellt der Verschluss im Rahmen einer malignen Grund-erkrankung dar. Dabei besteht der Thrombus anteilig aus malignem Gewebe und einem Ap-positionsthrombus. Diagnostisch lässt sich der maligne Anteil durch die durchblutungsassozi-ierte Kontrastmittelaufnahme z. B. im Rahmen einer Kontrastmittelsonografie oder in der ra-diologischen Schnittbildgebung hochspezifisch darstellen. Die Bedeutung des Nachweises einer malignen Thrombose liegt im Staging, ein spezi-fischer therapeutischer Ansatz ergibt sich daraus momentan nicht.

Pylephlebitis

Die septische Pfortaderthrombose stellt in der Regel eine hochakute und zügig behandlungs-bedürftige Situation dar [6]. Ursächlich liegen meist entzündliche Darmerkrankungen, wie z. B. eine Divertikulitis, zugrunde. Therapeutisch

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vacizumab-Gabe nachweisen [12]. Experimentell wird die radiologische Embolisation hepatischer Shunts durchgeführt, dies ist jedoch auf wenige Zentren beschränkt. Als Ultima ratio steht die Lebertransplantation zur Verfügung [10].

� Budd-Chiari-Syndrom

Ein gestörter lebervenöser Abfluss im Bereich zwischen den kleinen Lebervenen bis zur supra-hepatischen V. cava wird als Budd-Chiari-Syn-drom (BCS) bezeichnet [13]. Dabei wird zwischen primären, intraluminalen (z. B. Thrombosen, Webs) Störungen und dem sekundären BCS durch extraluminale Kompression unterschieden (z. B. durch Tumoren).

Die Präsentation ist heterogen und umfasst das komplette Spektrum vom akuten Leberversagen über das akute Abdomen, über den schubweisen Verlauf bis hin zur symptomatischen chronischen Lebererkrankung. Auch hepatische Raumforde-rungen können auftreten. Meist handelt es sich dabei um Regeneratknoten, selten um hepato-zelluläre Karzinome. Bei Erstpräsentation weisen über 80 % der Patienten Aszites auf, 2/3 haben abdominelle Schmerzen. Auch Ösophagusvari-zen sind häufig, selten ist hingegen eine einge-schränkte Leberfunktion [14].

Die Diagnose kann meist sonografisch gestellt werden. Typische Zeichen sind intraluminales Material, fibrös veränderte venöse Gefäßre-siduen oder eine atypische Gefäßarchitektur mit veränderten Strömungsverhältnissen durch Ausbildung venöser hepatischer Shunts [15]. Lässt sich sonografisch keine hinreichende Dar-stellung erreichen, sollte eine weitere radiolo-gische Schnittbildgebung, vorzugsweise MRT, angestrebt werden.

Das primäre BCS wird bei leichteren Formen ohne Komplikationen mit Antikoagulation therapiert. Schwere Verläufe bedürfen in der Regel interven-tioneller radiologischer Verfahren (meist TIPS). Die Lebertransplantation ist Ausnahmefällen vorbehalten [3]. Damit ist insgesamt ein 5-Jah-res-Überleben um 75 % zu erwarten [16].

Subtypen mit leicht differenten klinischen Bil-dern sind bekannt. Im Laufe des Lebens kann es ubiquitär im Körper zur Neoangiogenese mit Ausbildung von Gefäß-Shunts kommen. Diese zeigen sich an Haut und Schleimhäuten als Te-leangiektasien [8].

Die Diagnose wird mit Hilfe der Curacao-Krite-rien gestellt [9]. Dabei handelt es sich um das klinische Bild von multiplen Teleangiektasien, Epistaxis und positiver Familienanamnese. Zu-sätzlich ist der Nachweis einer viszeralen Be-teiligung (ZNS, Lunge, Gastrointestinaltrakt, Leber) von Bedeutung. Bei Vorhandensein von 3 der 4 genannten Punkte gilt die Diagnose als bestätigt.

Eine hepatische Manifestation der HHT lässt sich bei ca. 2/3 der Patienten nachweisen. Dabei un-terscheidet sich die Symptomatik in Abhängigkeit davon, ob arterio-portale Shunts oder arterio-ve-nöse Shunts dominieren. Signifikante arte-rio-portale Shunts sind seltener. Sie können zur portalen Hypertension mit den assoziierten Kom-plikationen führen. Die arterio-venösen Shunts erhöhen das Herzzeitvolumen (im Individualfall bis 15 l/min). Es kann zu Steal-Phänomenen kommen (z. B. mesenteriales Steal-Syndrom oder Gallengang-Ischämie). Die hepatischen Perfusi-onsstörungen führen zu Regenerationsprozessen, die im Bild einer knotig (aber nicht fibrotisch) umgebauten Leber enden können [10].

Die hepatische HHT-Beteiligung lässt sich gut sonografisch darstellen und ist häufig eine Blick-diagnose [11]. Charakteristisch ist eine Hyper-trophie der A. hepatica. Der luminale Durchmes-ser der A. hepatica communis beträgt über 7 mm und intrahepatisch zeigt sich eine massive arte-rielle Hypervaskularisation. Auch Duplex-sono-grafisch lässt sich eine arterielle Hyperperfusion bei vermindertem Flusswiderstand nachweisen.

Eine etablierte kausale Therapie der HHT steht nicht zur Verfügung. Am erfolgversprechendsten erscheinen antiangiogenetische Ansätze (z. B. Thalidomid, Bevacizumab). Eine Phase-II-Studie konnte signifikante hämodynamische Effekte und eine Verbesserung der Lebensqualität durch Be-

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disease up to liver cirrhosis and the development of benign and malignant hepatic neoplasia.

Keywords: portal vein thrombosis – idiopathic non-cirrhotic portal hypertension – hereditary hemorrhagic teleangiectasia – Budd-Chiari syndrome

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� Fazit für die Praxis

Trotz des seltenen Auftretens sollten vaskulä-re Lebererkrankungen als Differenzialdiagnose unklarer Leberwerterhöhungen, bei nicht-zirr-hotischer portaler Hypertension oder bei hepa-tischen Raumforderungen in Betracht gezogen werden. Die basale Labordiagnostik dient zur Einschätzung der Akuität und der Funktionsbe-einträchtigung der Leber. Wichtige häufige Dif-ferenzialdiagnosen werden laborchemisch aus-geschlossen. Mittels Ultraschall lassen sich viele Gefäßerkrankungen bereits sicher identifizieren. Gelegentlich muss die Leberbiopsie zum Einsatz kommen. Die Notwendigkeit und Art einer The-rapie unterscheiden sich je nach Entität, sind aber auch vom individuellen Krankheitsverlauf abhängig.

� Zusammenfassung

Wegen der geringen Inzidenz stehen Gefäßer-krankungen der Leber oft am Ende der Diffe-renzialdiagnostik zur Klärung der Genese einer Leberwerterhöhung. Am häufigsten tritt die Pfortaderthrombose auf, es können aber sämt-liche Gefäße der Leber betroffen sein. Das kli-nische Bild ist sehr heterogen. Es reicht vom klinisch stummen Verlauf über akute Schäden, einschließlich des akuten Leberversagens, bis hin zur Zirrhose und der Entwicklung benigner oder maligner Raumforderungen.

Bahr MJ: Vascular liver disease. Etiology,

diagnosis, treatment

Summary: Due to the low incidence of vascular liver diseases they are often positioned at the end of diagnostic work-up for elevated liver tests. Portal vein thrombosis is the most prevalent entity but each part of the hepatic vasculature may be pathologically affected. The clinical picture varies widely, including asymptomatic cases, acute hepatic damage sometimes even presenting as acute liver failure, chronic liver

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Interessenkonflikt: Die Autor erklärt, dass bei der Erstellung des Beitrags keine Interessen-konflikte im Sinne der Empfehlungen des Inter-national Committee of Medical Journal Editors bestanden.

Priv.-Doz. Dr. Matthias J. BahrMedizinische Klinik I

Sana KlinikenKronsforder Allee 71-73

23560 Lübeck

[email protected]

12. Dupuis-Girod S, Ginon I, Saurin JC, Marion D, Guillot E,

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