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Zum Einsatz von Metalldetektoren im Tollensetal. In: D. Jantzen u.a.(Hrsg.), Tod im Tollensetal. Forschungen zu den Hinterlassenschaften eines bronzezeitlichen Gewaltkonfliktes in

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Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns

Band 50

Herausgegeben von

der Abteilung Landesarchäologie im Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern

durch DedefJ antzen

dem Institut für Prähistorische Archäologie der Freien Universität Berlin durch ]örg Orschiedt

der Abteilung für Neurochirurgie der Chirurgischen Klinik und Poliklinik der Universitäts medizin Rostock

durch] ürgen Piek

dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege durch Thomas T erberger

Das Forschungsprojekt wird finanziert durch

iJFG Deutsche Forsch u ngsgemei nschaft

Mecklenburg CZJ Vorpommern � Ministerium tür Bildung, Wissenschaft und Kultur

Vorwort DetlefJantzen, Jörg Orschiedt, Jürgen Piek und T homas Terberger

DetlefJantzen, Gundula Lidke und Thomas Terberger Der bronzezeitliche Fundplatz im Tollensetal- Einleitung

Sebastian Lorenz Das Tollensetal- Naturraum und Landschaftsgeschichte

Elke Schanz Siedlungsgeschichte im Tollensegebiet - Ein Überblick

Ronald Borgwardt Die Entdeckung des Fundplatzes Weltzin

Detlef J antzen Die ersten archäologischen Untersuchungen in Weltzin im Jahr 1996

Sebastian Lorenz, Manuela Schult, Reinhard Lampe, Almut Spangenberg, Dierk Michaelis, Hinrich Meyer, Roberto Hensel und Jörg Hartleib Geowissenschaftliche und paläoökologische Ergebnisse zur holozänen Entwicklung des Tollensetals

Joachim Krüger, Sonja Nagel und Frank Nagel Die taucharchäologischen Untersuchungen in der Tollense bis 2011 -

Ein Zwischen bericht

Sebastian John und C. Michael Schirren Zum Einsatz von Metalldetektoren im Tollensetal

Gundula Lidke Der bronzezeitliche Fundplatz im Tollensetal- Die Geländearbeiten 2009

Gundula Lidke

Inhaltsverzeichnis

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Der bronzezeitliche Fundplatz im Tollensetal- Die Geländearbeiten 2010 und 2011 89

Thomas Terberger und Jan Heinemeier Die Fundstellen im Tollensetal und ihre absolute Datierung 101

Stefanie Klooß und Gundula Lidke Zwei Holzkeulen vom Fundplatz 20 bei Weltzin und weitere Holzobjekte aus dem T ollen set al

Gundula Lidke Artefakte aus Knochen und Horn aus Grabungen und Tauchprospektionen im T ollensetal

Thomas Terberger Bronzezeitliche Feuersteinartefakte aus dem Tollensetal

Anne Dombrowsky Bronzezeitliche Metallfunde aus dem Gebiet der mittleren Tollense unter besonderer Berücksichtigung der Flussfunde

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Jens-Peter Schmidt Der älterbronzezeitliche Werkzeughon von Golchen, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte

Ure Brinker, Stefan Flohr, Karlheinz Hauenstein, Jürgen Piek, T homas Mitt1meier und Jörg Orschiedt Die menschlichen Skelettreste aus dem Tollensetal- Ein Vorbericht

T homas Terberger und Jan Heinemeier Die Ernährungsweise der bronzezeitlichen Menschen aus dem Tollensetal im Spiegel ihrer I3C_ und 15N-Isotopie - Erste Ergebnisse

Ruth Bollongino Erste Ergebnisse und zukünftige Strategien der paläogenetischen Analysen

T. Douglas Price Isotopic Analysis of Human Tooth Enamel from the Tollense Valley

Norben Benecke und Jana Dräger Ergebnisse der archäozoologischen Untersuchungen

DetlefJantzen, Gundula Lidke, Ute Brinker, Anne Dombrowsky, Jana Dräger, Joachim Krüger, Sebastian Lorenz, Annemarie Schramm und T homas Terberger Das bronzezeitliche Fundareal im Tollensetal- Entstehung, Interpretation und Hypothesen

Jana Dräger Jungbronze- und früheisenzeitliche Burgwälle in Mecklenburg-Vorpommern

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

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Zum Einsatz von Metalldetektoren im Tollensetal

Einleitung

Aus wohl keiner weiteren Region Mecklenburg­Vorpommerns gibt es auf begrenzter Fläche so viele Metallfunde wie aus einigen Abschnitten des Flusstales der Tollense. Die meisten dieser Funde stammen von den Flussufern, wohin sie bei planmäGigen Baggerarbeiten zur Vertiefung und Säuberung des Flussbettes gelangten. Trotz­dem sind archäologische Metallobjekte selten direkt nach dem Baggern per "Augensuche" ent­deckt worden. Erst in den vergangenen zehn

Jahren kam durch den gezielten Einsatz von Me­talldetektoren ein zuvor kaum erwartetes Fund­spektrum zutage. Es umfasst eine groGe Zahl von Bronzegegenständen, zu denen Waffen, Ge­räte und Schmuck gehören und die von der Früh­bronzezeit bis in die Früheisenzeit zu datieren sind. Weiterhin liegen zahlreiche eiserne Gerä­te und Waffen von der Völkerwanderungszeit bis zum hohen Mittelalter vor, und gelegentlich kam auch jüngeres Material zutage. Einen Teil der zahlreichen Bronzefunde wird man eventuell mit den vermuteten Kampfhandlungen des bronzezeitlichen Fundhorizontes um 1250 v. Chr. in Verbindung bringen dürfen.

Metalldetektoren in der archäologischen Denkmalpflege

Mecklenburg-Vorpommerns

Der Einsatz von Metalldetektoren ist durch § 12 DSch G MV gesetzl ich so geregelt, dass die Suche nach Bodendenkmalen mittels techni­scher Ortung einer Genehmigung bedarf. In der praktischen Bodendenkmalpflege Meck­lenburg-Vorpommerns wurde der Einsatz die­ses technischen Hilfsmittels aus verschiedenen Gründen lange Zeit abgelehnt. Inzwischen wird die Bedeutung des Detektors für eine sys­tematische Funderfassung bei Ausgrabungen und Oberflächenprospektionen aber nicht mehr in Frage gestellt, und aus methodischer Sicht ist der Detektor bei den vielen stadtar­chäologischen und vor- und frühgeschichtli­chen BergungsmaGnahmen und Ausgrabungen nicht mehr wegzudenken.

Seit mehreren Jahren führt das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege in Mecklenburg­Vorpommern - Landesarchäologie - eine stan­dardisierte Ausbildung ehrenamtlicher Boden­denkmalpfleger zum Umgang mit Metallde­tektoren durch. Die seit 2008 in speziellen Lehrgängen ausgebildeten Mitarbeiter sind als Einzelbegeher oder in Gruppen mit der syste­matischen Aufnahme von Metallobjekten beauf-

Sebastian John und C. Michael Schirren

tragt. Mit diesem Weg der autorisierten systema­tischen Suche folgt Mecklenburg-Vorpommern einem vom Verband der Landesarchäologen ver­abschiedeten Grundsatzpapier.1 Da die ehren­amtlichen Detektorgänger im Namen und Auf­trag des Landes tätig werden, gehen die geborge­nen Funde in das Eigentum des Landes über und stehen für die weitere wissenschaftliche Bear­beitung und für Ausstellungszwecke zur Verfü­gung.

Der Schwerpunkt der ehrenamtlichen De­tektorsuche liegt auf der Fundbergung aus be­wegten Böden wie beispielsweise Acker- und Deponieflächen oder auch Baggergut. Das Spek­trum der Befund- und Fundgruppen umfasst Siedlungs- und Bestattungsplätze von der Bronzezeit bis in das ausgehende Mittelalter, dazu Depotfundplätze sowie Einzelfunde.

Die Melioration von Feuchtgebieten und auch Ausbaggerungen von Flüssen lieferten vor der politischen Wende im Norden der DDR wichtiges archäologisches Fundgut. Hier sei etwa an Baggerfunde wie die Stabdolche von Melz er­innert.2 Heute werden derartige Landschafts­eingriffe aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen kaum noch durchgeführt. Die Erkun­dung mit Hilfe von Detektoren hat inzwischen an einigen Flussufern Mecklenburg-Vorpom­merns, an denen seit Jahrzehnten bislang un­kontrollierter Aushub liegt, völlig neue Einsich­ten für die Bewertung der prähistorischen und historischen Bedeutung von FlieGgewässern wie Warnow, Uecker und Tollense eröffnet.

Nicht selten verbergen sich, wie auch das Beispiel der Tollense zeigt, hinter einzelnen Alt­funden umfangreiche, überaus aussagefähige Fundkomplexe. Primäres Ziel der Detektorbe­gehungen ist jedoch in der Regel die Fundauf­nahme oberflächennaher, meist in bewegten Böden liegender Gegenstände und nicht die Entdeckung befundgebundener Objekte. Oh­nehin reicht die Eindringtiefe der bei den Son­dierungen benutzten Metalldetektoren selten über 30 cm hinaus, im Regelfall werden nur die obersten 10-20 cm Sediment erfasst.

Ehrenamtliche Detektorprospektionen im T ollensetal

In seiner Vorstellung bronzezeitlicher Neufunde seit 1950 aus dem damaligen Bezirk Neubran­denburg konnte U. Schoknecht1 im Jahr 1977 noch nicht auf Artefakte aus dem Tollensetal verweisen. Doch knapp 20 Jahre später änderte sich diese Situation durch den zunächst spora­dischen und dann stark intensivierten Detektor-

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SCHIRREN 20 I 0; ehrenamtliche Detektor­gänger im Tollensetal zwischen 20 I 0 und 2012: Sebastian John, Uwe John, Hans Behn, Alfred Tunnat, Mattias Seidel, Silvio Glapski, Peter Dachner, Burkhard Fechtner, Hans und Heide Großnick, Mario Hollnecker, Carsten Schmoldt, Frank Metzen, Uwe Warner, Jens Scheel, OlafWiegel, Uwe Balscheit, Ronald Borg­wardt, Maak Rohde, Lars Wilhelm, Frank Lissner, Jörg Redlin, Wolfgang Lietze, Sebastian Metzlaff, Wolf Bähr, Mario Petznick. Kar! Rausch. Ihnen gilt unser herzlicher Dank. SCHOKNECHT 1971. SCHOKNECHT 1977.

Abb. 1. Systematische Gruppenbegehung mit Detektor in Weltzin im April 2011 (Foto: C. M Schirren, Landesamt for Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg­Vorpommern, Landes­archäologie).

Abb. 2. S. lohn präsentiert nach einer Begehung einen gerade entdeckten Halskragen (Foto: T. Terberger, Niedersächsisches Landesamt for Denkmalpflege).

4 SCHOKNECHT 2000.

5 ULRICH 2008.

6 Zur Spindlersfelder Fibel siehe auch den Beitrag Schanz mit Abb. 4 sowie zu den Bronzefunden aus dem Tollensetal den Bei­trag Dombrowsky in die­sem Band.

einsatz deutlich.4 Selbst die summarische Vor­lage von Metallfunden durch J. Ulrich? stellt nur einen Zwischenstand dar, denn zwischen 2009 und 2011 sind bereits zahlreiche wichtige Neu­funde hinzugekommen. Auch zukünftig ist mit weiteren Funden zu rechnen.

Die Begehungen und Detektorprospektio­nen im Tollensetal wurden und werden maßgeb­lich durch ehrenamtlich engagierte Bodendenk­malpfleger durchgeführt (Abb. 1). Zunächst war es H. Maischeider, der sich schon vor der politi­schen Wende im Jahr 1989 auf die Identifizie­rung von Baggerablagerungen aus Flüssen spe­zialisiert hatte. Ihm gelangen bereits Mitte der 1990er Jahre bei gelegentlicher Suche mehrere

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spektakuläre Funde, darunter eine bronzezeitli­che Gürteldose und eine Fibel vom Spindlersfel­der Typ aus der Nähe von Weltzin.6 Weiterhin konnte das Fundinventar aus dem Tollensetal im Zuge von Prospektionen besonders durch K. Rausch, S. und U. John, R. Borgwardt und J. Ulrich ergänzt werden. Besonders die zahlrei­chen von K. Rausch sowie S. John geborgenen Funde, darunter einige bronzene Tüllenpfeil­spitzen, veranlassten das Landesamt, eine inten­sive Nachsuche zu beginnen.

Stellvertretend auch für andere ehrenamt­liche Bodendenkmalpfleger schildert S. John (Altentreptow, Abb. 2) im Folgenden seine Be­weggründe und Erfahrungen bei der Prospek­tion entlang des Flusses:

Die Tollense ist seit meiner Kindheit ein wichtiger Bestandteil meines Lebens - beim Ba­den, Angeln oder Schnorcheln sind mir oft in­teressante Dinge begegnet. Seit einigen Jahren erkunde ich die Uferflächen der Tollense vor­wiegend mit einem Metalldetektor, da ich auf­grund der Fundobjektvielfalt sicher bin, dass es dort von jeher Besiedlung gegeben hat. Auf die Fundplätze, die in Zusammenhang mit dem möglichen Kampfplatz stehen, bin ich durch Tauchgänge aufmerksam geworden. In den Sommermonaten vergangener Jahre schnorchel­ten mein Vater Uwe und ich oft die Tollense entlang. Dabei fanden wir nicht nur urge­schichtliche Gegenstände, sondern auch mittel­alterliche und neuzeitliche Objekte. An Stellen, die im Wasser auffällig fundreich waren, ging ich später die Uferflächen mit dem Metalldetek­tor ab und kontrollierte den Aushub früherer Baggerarbeiten am Fluss.

So oft es mir möglich ist, fahre ich seitdem in die Wiesen und gehe auf Spurensuche. Meine

Familie teilt meine Begeisterung für diese Pas­sion, und so kann es passieren, dass ich an einem Wochenende durchaus zehn bis zwölf Stunden suchen gehe (wenn der Rückt:n mitspielt). Da­bei muss man unbedingt auch festhalten, dass viele Stunden der Suche erfolglos bleiben. Aber für mich ist die schöne Umgebung eine Wie­dergutmachung. Ganz nebenbei befreie ich die Landschaft auch von Zivilisationsschrott, da ich alle zutage tretenden Objekte mitnehme und zu Hause entsorge (ab der Größe einer Traktor­felge wird es aber schwierig). Jedem Kronkor­kensammler könnte ich unter die Arme greifen, und mit Anglerblei bin ich für den Rest meines Lebens gut bestückt. Besonders Deckel alter Milchflaschen und Silberpapier, aber auch alte Hufeisen machen mir das Leben und die Ta­schen schwer!

Meistens ist es so, dass ich mir im Vorfeld überlege, wo gen au ich suchen gehe. Stellen, an denen ich bereits erfolgreich war, gehe ich wie­derholt ab, und oft entdecke ich auch dort noch weitere Funde. Im Laufe der Jahre habe ich für mich ein System gefunden und schreite die Flä­chen nicht mehr wahllos ab. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass die flächendeckenden ge­meinschaftlichen Suchaktionen mit mehreren ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern unter Leitung von Dr. C. M. Schirren vom Landes­amt für Kultur und Denkmalpflege gut geeignet sind, bekannte und schon häufiger abgesuchte FundsteIlen effizient nachzukontrollieren. Jede weitere Entdeckung ist ein kleines Puzzleteil, das vielleicht einmal Teil eines Ganzen wird.

So hatte ich (durch die Tauchgänge auf­merksam geworden) bereits einige Zeit die Ufer­böschungen begangen. Mit meinem Metallde­tektor, dem GPS-Gerät, Spaten, Fundtüten und Fundzetteln ausgerüstet, bin ich viele Stunden unterwegs gewesen, bevor ich meine erste bron­zene Pfeilspitze gefunden habe. Vorsichtig habe ich mit dem Spaten in einem größeren Umkreis um die Stelle mit dem intensivsten Signalton herum gegrab�n, um am Objekt keinen Schaden anzurichten. Nach der Bergung der Pfeilspitze habe ich mit dem GPS-Gerät die gen aue Fund­position bestimmt und einen Fundzettel ausge­füllt. Das Objekt wurde dann in eine Fundtüte verpackt - in diesem Fall mit ein wenig Erde, um mögliche Holzreste des Schaftes nicht aus­trocknen zu lassen. Nach der Bergung ist es im­mer wichtig, die ausgehobene Erde und die Grasnarbe wieder an Ort und Stelle zu bringen.

Nach diesem ersten tollen Fund habe ich an vielen Tagen die Umgebung gezielt fast zen­timetergenau'abgeschritten und habe so noch andere Bronzeartefakte finden können, zum Beispiel weitere Pfeilspitzen, ein Flachbeil, mehrere Nadeln von Doppelkreuzbalkenkopf­fibeln und weitere Fibelteile, Tutuli, eine Pin­zette, Bronzemesser, eine Nadel mit vergolde­tem Kopf, Reste eines Bronzearmrings, einen 21 g schweren Goldspiralfingerring und noch einiges mehr. Zusammen mit Metallfunden

treten manchmal nichtmetallische Objekte auf, wie Keramik, Knochen oder Flintartefak­te, die der gleichen Aufmerksamkeit bedürfen.

Der Metalldetektor, mit dem ich arbeite, zeigt so genannte Leitwerte an: jedes Metall hat einen eigenen Leitwert und einen eigenen Signalton; je nach Ton weiß man, welches Me­tall im Boden verborgen sein könnte. Trotz­dem sollte man seinem Instinkr folgen! Ande­renfalls wäre manch toller Fund in der Erde verblieben. So zeigte das Gerät bei einem gol­denen Spiral fingerring, den ich 2010 entdeckte (Abb. 3), einen Leitwert gleich dem von Alu­miniumfolie an.

Es gibt viele Faktoren, die die Arbeit mit dem Detektor in den Tollensewiesen beeinflus­sen. Die Mineralisierung und Durchfeuchtung des Bodens verursacht manchmal falsche Sig­nale oder Geistertöne, die sich vom Anfangs­signal her sehr klar anhören, aber beim zweiten Schwenk mit dem Detektor nicht mehr vorhan­den sind. Außerdem wirkt sich die Dichte des Bodens auf die Arbeit aus: je höher sie ist, desto schlechter die Ortung. Aber auch Größe und Lage sowie der Korrosionsgrad des jeweiligen Fundobjektes und natürlich das Metall selbst beeinflussen das Suchergebnis.

Systematische Suche und Arbeit in Gruppen

Die Schilderung von S. John zeigt anschaulich, dass es sich bei der Arbeit mit dem Metalldetek­tor um eine spezialisierte und komplexe Form der Fundidentifizierung handelt. Auch auf fund­reichen und damit vermeintlich einfach zu pro­spektierenden Flächen spielt letztlich die lange

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Abb. 3. Weltzin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Fundplatz 4. Goldener Spiralring, Länge 3,1 cm (Foto: S. Suhr, Landesamt

flr Kultur und Denkmal­pflege Mecklenburg­Vorpommern, Landes­archäologie).

Abb. 4. Kartierung der bei Gruppenaktionen 2010-2012 begangenen Flächen (Grafik: C. M Schirren, Landesamt für Kultur und Denkmalpflege/G. Lidke, Universität Greifiwald auf Basis von Airborne-Laserscan­daten ©GeoBasis-DE/M-V 2011).

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Erfahrung im Umgang mit dem technischen Suchgerät die entscheidende Rolle für den Er­folg. Bevor im Jahr 2010 mit der flächen­deckenden, systematischen Detektorsuche in Teilabschnitten des Talgrundes begonnen wurde, lag der Schwerpunkt auf Einzelaktionen. Erfah­rene Detektorgänger hatten bereits fundreiche und weniger fundträchtige Gebiete ausgemacht, jedoch gab es kaum genaue Informationen und Aufzeichnungen zur Intensität der Suche oder zur Ausdehnung der untersuchten Flächen. Denn die im Rahmen wasserbaulicher Pflege­maßnahmen ausgebaggerten Sedimente mit den darin enthaltenen archäologischen Objekten sind nach ihrer Deponierung am Flussufer teils noch in die umliegenden Wiesen planiert wor­den und können mitunter weiterverlagert sein.

Für die systematische Gruppenarbeit wer­den neben Arealen, die bereits durch Fundmate­rial aufgefallen sind, auch solche ausgesucht, die bislang kaum Funde geliefert haben. Die sys­tematischen Begehungen erfolgen mit bis zu 15 meist erfahrenen Detektorgängern, und die Eckpunkte der Flächen werden direkt über GPS erfasst. So können innerhalb von drei bis fünf Stunden Flächen von bis zu 1 Hektar prospektiert werden (Abb. 4). Ziel ist eine flächendeckende Erfassung aller oberflächennahen Objekte unab­hängig von ihrer Zeitstellung. Alle Flächen wer­den mehrmals durch unterschiedliche Begeher sondiert, um möglichst große Sicherheit im Be­gehungsergebnis zu erzielen. Manche Flächen haben auf hunderte, in der Regel neuzeitliche Eisenteile (Siedlungsabfall, landwirtschaftliche Technik? nur einige wenige, dafür aber spekta­kuläre Einzelfunde geliefert. So konnten im Rahmen einer Gruppenaktion am 01.05.2010 verschiedene bronzezeitliche Funde geborgen werden, darunter eine Nadel (Abb. 5), eine Pfeil­spitze und ein Armreif (Abb. 6)8 sowie ein Tül­lenbeil. Am 22.04.2011 erbrachte eine Fläche von knapp 2 Hektar bei einer gemeinschaftli­chen Begehung vier bronzene Pfeilspitzen (Abb. 7), ein frühmirtelalterliches Schwert mit halbrundem Knauf (Abb. 8) und eine völker­wanderungszeitliche Schnalle mit Kerbschnitt. Metallfunde so unterschiedlicher Zeitstellung belegen immer wieder die Nutzung des Tollense­tals von der Bronzezeit bis in die Neuzeit. Die bislang letzte Begehung im Rahmen einer Grup­penaktion am 14.04.2012 lieferte insgesamt nur wenige Funde, darunter eine neuzeitliche silber­ne Schnalle; bronzezeitliche Funde wurden nicht entdeckt.

Während der Gruppenaktionen erfolgen die Begehungen auf zuvor festgelegten Flächen pa­rallel durch mehrere "Sucher" im Abstand von jeweils 2-3 m und auf vorgegebenen Routen. Einmal begangene Streifen werden anschlie­ßend durch andere Begeher "nachgelaufen", um technik- oder routinebedingte Lücken zu schließen. Inzwischen sind Flächen von insge­samt über 4 Hektar zwischen dem Fluss und den angrenzenden Talhängen in diese Aktionen

Abb. 5. Bronzene Schmuck­nadel unmittelbar nach der Auffindung bei der Begehung am 01.05.2010 (Foto: C. M Schirren, Landesamt

flr Kultur und Denkmal­pflege Mecklenburg­Vorpommern, Landes­archäologie).

Abb. 6. Teilnehmer der Begehung am 01.05.2010 präsentieren ihre Funde; von links: M. Hollnecker (PJeil­spitze), S. John (Armring) und R. Buhl (kleiner Bronze­ring) (Foto: C. M. Schirren, Landesamt flr Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg­Vorpommern, Landes­archäologie).

Abb. 7. Weltzin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Fundplatz 20. Eine der am 22.04.2011 entdeckten bronzenen TüllenpJeilspitzen (Foto: G. Lidke, Universität Greifswald).

Abb. 8. Weltzin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Fundplatz 31. Frühmittel­alterliches Schwert unmittelbar nach der Auffindung bei der Begehung am 22.04.2011 (Foto: C. M. Schirren, Landesamt

flr Kultur und Denkmal­pflege Mecklenburg­Vorpommern, Landes­archäologie).

7 Diese Merallgegensrände werden lediglich gesammeIr und nichr inventarisiert. Nach Beendigung der Begehung werden sie als Müll oder Schrott entsorgt.

8 Siehe auch den Beirrag Dombrowsky zu den Bronzefunden in diesem Band mir Abb. 18 des resraurierten Armrings.

Literaturverzeichnis

einbezogen worden. Die Chance, dabei Funde in situ zu entdecken, ist aber relativ gering, da der gesamte Talgrund intensiv landwirtschaft­lich genutzt und früher auch gepflügt worden.. ist. Außerdem liegen die meisten vorgeschicht­lichen Oberflächen unter Niedermoortorfen oder sind am Talrand durch Kolluvien begra­ben. Allerdings können diese Horizonte durch Meliorationsarbeiten angeschnitten sein, wobei archäologisches Fundgut bis an die Oberfläche gelangt sein kann. Deshalb sollen in Zukunft auch alte, inzwischen geschlossene Grabenver­läufe und andere Erdeingriffe, die sich teilweise im Laser-Scan beziehungsweise im Luftbild ab­zeichnen, systematisch untersucht werden.

Wie wichtig die wiederholte Begehung von Flächen ist, die zuvor schon intensiv sondiert wurden, zeigte die erwähnte Gemeinschafts­aktion am 22.04.2011. Auf einer bereits mehr­fach mit Detektoren begangenen Fläche wurden durch einen bislang vor Ort nicht tätig geworde­nen Detektorgänger nur wenige Meter vonein­ander entfernt drei sehr zierliche bronzene Pfeil­spitzen entdeckt. Obwohl der Signalton des Ge­rätes nach Aussage des Finders nicht zwingend auf Buntmetall schließen ließ, wurde dem Signal nachgegangen und die jeweilige FundsteIle nä­her inspiziert. Offenbar war die Leitfähigkeit des Metalls durch die Lagerung im feuchten Boden verändert, was wiederum bei der Suche zu Fehl­einschätzungen führen kann. Die Pfeilspitzen stellen, was Größe und Metallgewicht angeht, die bislang kleinsten Fundobjekte aus Metall im Tollensetal dar. In anderen Bereichen des Tals wurde durch die Gruppenarbeit einerseits eine wichtige Verdichtung der Fundpunkte und durch die Negativkartierung andererseits ein ebenso wichtiger Erkenntnisstand erreicht.

Zusammenfassung

Durch den Einsatz von Metalldetektoren ist es im Tollensetal in den letzten Jahren gelungen, zahlreiche Metallfunde aufzufinden, zu bergen und zu sichern. Die Ergebnisse der systemati­schen Suche liefern, in Verbindung mit den ar­chäologischen Grabungsarbeiten, wichtige Er-

kenntnisse zur Nutzungsgeschichte des Flusstals. Wenn auch sekundär abgelagert, bieten diese Funde im Gesamtbild einen guten Ansatz zur chorologischen Auswertung. Einzelbegehungen und systematische Gruppenarbeit werden fort­geführt, auch wenn die Zahl der Funde mit der Zeit wahrscheinlich abnehmen wird. Zukünf­tige Ziele werden insbesondere Flächen in der Umgebung der Grabungsschnitte sein, und auch die angrenzenden Acker- und Waldflächen müs­sen einbezogen werden. Doch spielen abgesehen von wissenschaftlichen Fragestellungen auch denkmalpflegerische Überlegungen eine Rolle, wenn eine möglichst vollständige Fundbergung angestrebt wird. Denn durch die inzwischen überregionale Bekanntheit des Tollensetales muss in Zukunft leider auch mit illegalen De­tektorgängern gerechnet werden, denen kein "gedeckter Tisch" präsentiert werden sollte.

Abstract

Numerous metal finds from various chrono­logical periods, from the Bronze Age to the Middle Ages and up to modern times, have come to light during surveys with metal detectors in the Tollense Valley especially in the last ten years. These objects are found mostly on the meadows very elose to the Tollense, in sediments dredged out of the river during draining works.

The use of metal detectors is regulated by law and licenced by the Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern. Surveys in the Tollense Valley are partly con­ducted by licenced individual volunteers, but also organised in groups to systematically inves­tigate larger areas of the river valley.

Finds from these surveys inelude a great number of Bronze Age artefacts, among them jewellery, tools and weapon finds which can be dated to Period III of the Nordic Bronze Age. Several finds can possibly be associated with the supposed battlefield scenario at around 1250 BC, the skeletal remains of which are documented in the excavations in the Tollense valley. This applies especially to a still growing number of socketed bronze arrowheads.

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