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WIRTSCHAFTSDEMOKRATIE – POLITIK UND ÖKONOMIE Michael R. Krätke Institute for Advanced Studies Lancaster University

Wirtschaftsdemokratie - Politik und Ökonomie

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WIRTSCHAFTSDEMOKRATIE – POLITIK UND ÖKONOMIE

Michael R. Krätke Institute for Advanced

Studies Lancaster University

Demokratisierung - Sozialisierung

Demokratisierung – was? Demokratisierung – wie? Demokratisierung – wer? Sozialisierung - der Produktionsmittel !

Demokratie plus öffentliches Eigentum – das gibt es doch schon längst!

Aber: Demokratisierung der Wirtschaft?

Und: Sozialisierung der Märkte?

Demokratisierung der Demokratie – noch eine Skandalidee!

Umsturz der “natürlichen” Ordnung Wider die Trennung von “Politik” und “Ökonomie”

Wider die staatsmännischen Weisheiten: “Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt” und

“Demokratie findet nur (wenn überhaupt) im Staat statt”

Demokratisierung der Wirtschaft – eine Skandalidee!

Noch skandalöser als das Grundeinkommen,

… denn: hier geht es nicht um Umverteilung

von Einkommen / Vermögen, hier geht es ums Ganze!• Das Ganze, das wir meinen: die Herrschaft des Kapitals, die Privatmacht einer Klasse von Privatpersonen über das Leben und Arbeiten aller anderen!

Demokratisierung der Wirtschaft – um der Demokratie willen

Kapitals – und Geldherrschaft in der Demokratie

Konflikt zwischen Kapitalismus und Demokratie – traditionell bearbeitet durch Aufhebung / Einschränkung / Reduzierung der politischen Demokratie

Stattdessen: Demokratisierung der Wirtschaft, um die politische Demokratie zu erhalten / zu realisieren

Demokratischer Sozialismus?Was denn sonst?

“Sozialistische” Despotien sind alle gescheitert!

So gut wie alle sozialistischen und kommunistischen Utopien sind Despotien!

Die sozialistische Bewegung ist seit jeher radikal-demokratisch!

Demokratie im Sinne von Selbstregierung und

Selbstverwaltung Politische – soziale – wirtschaftliche Demokratie!

Demokratisierung der Wirtschaft – um des Sozialismus willen

Sozialismus ist denkbar, aber unvollständig – als zentralisierte Planwirtschaft mit Gemeineigentum an den Produktionsmitteln

Sozialismus ist denkbar, aber unvollständig – als reine Produzentendemokratie

Sozialismus ist undenkbar ohne Betriebsdemokratie (in vielen Formen)

Sozialismus ist undenkbar ohne Konsumen- tendemokratie

Sozialismus ist undenkbar / nicht funktionsfähig ohne überbetriebliche (meso- und makroökonomische) Demokratie

Demokratisierung der Wirtschaft – heisst was?

Politisierung aller wirtschaftlichen Strukturen, Prozesse, Entscheidungen

mehr Rechte (gleiche Rechte) für alle Wirtschaftsbürger – Mitbestimmungsrechte, Informationsrechte, Vetorechte, Wahlrechte

Soziale und wirtschaftliche Grundrechte für alle Mitglieder des Gemeinwesens

Real Freedom for all – Recht auf (gutes) Leben und sogar auf Faulheit (d.h. Muße)!

Wirtschaftsdemokratie braucht viele Kompetenzen und Freiheiten Entscheidungskompetenz Delegations- oder Ermächtigungskompetenz Mitbestimmungskompetenz Wahlfreiheiten (Berufs-, Arbeitsplatzwahl, Wahl des Wohnorts usw.)

Kontraktfreiheit? Marktfreiheiten Recht auf Selbständigkeit / Unternehmer-freiheit? Oder Sozialisierung der Unterneh-merfunktion

Ein umkämpftes Feld - Was ist “privat” und was geht alle an? Das “Kapital” (nicht das von Marx) ist eine “Privatsache” der Form, ein gesellschaftliches Macht- und Herrschaftsverhältnis der Sache nach

Natürliche (begrenzte) Ressourcen – heute Privateigentum oder öffentliches Eigentum, de facto eine Sache aller

Meine Arbeitskraft, mein Talent, meine erlernten, erworbenen Fähigkeiten gehörem wem? Mir allein?

Wem gehört das Wissen (die Wissenschaft)?

Ware – Nichtware: ein umkämpftes Feld

Warenform: Waren und fiktive Waren Nicht-Waren: Was wird ausgeschlossen?

Öffentliche Güter und Dienstleistungen

Gemeingüter (commons) statt scharfer Grenzen: umkämpfte Grauzonen

statt invarianter Strukturen – ständige Veränderungen in historischer Zeit

Der Sieg des “Imperiums der Warenform”ist nicht unausweichlich

Ein umkämpftes Feld: Was ist wirtschaftlich “rational” ?

Effizienz – was ist das? Rentabilität und Profitabilität betriebs- und gesamtwirtschaftliche Rationalität

Kosten – soziale Kosten /individuelle Kosten Wachstums- und sonstige Ziele Was ist “gesellschaftlicher Reichtum” ? Ökonomie und Moral Demokratischer Brauch: die Legitimation wirtschaftlichen Handelns! Also auch: Legitimation wirtschaftlicher Handlungsnormen!

Sozialismus braucht “zu viele Versammlungen” (Oscar Wilde) Das Problem der Repräsentation – welche Interessen sind legitim?

Das Problem der Institution: Kollektive Entscheidungen müssen ermöglicht, vorbereitet werden, kollektive Entscheidungsprozesse brauchen eine bestimmte “Form”

Das Problem der Teilung der (wirtschaftlichen) Gewalten: welche Teilgewalten braucht eine demokratische Wirtschaftsordnung?

Das Problem der Entscheidungsregeln: Grenzen des Mehrheitsprinzips (Veto oder Nicht-Veto)

Planung und Demokratie Geplant wird ohnehin Alle kapitalistischen Ökonomien sind auch Planökonomien

Wer plant was und wie weitgehend? Nicht alles läßt sich planen (aber: gesellschaftliche Ein- und Voraussicht läßt sich lernen)

Nicht alle müssen überall und ständig alles mitplanen

Aber alle müssen über die Planungen mitbestimmen und mitentscheiden können, die sie angehen.

Markt und Demokratie Sind Märkte demokratische Veranstaltungen? Marktmacht und die Ohnmacht der Marktsubjekte Lassen sich Märkte “demokratisieren” ? Sind alle Unternehmen demokratisch organisiert, sieht der Markt schon anders aus!

Sind die Unternehmen demokratisch organisierte Selbstverwaltungskörper / und die “Branchen”(Industrieen) dito, haben die Konsumenten eine Mitbestimmungschance

Sind die Märkte reguliert / organisiert / kontrolliert, haben alle Beteiligten eine Chance, den Markt mit zu bestimmen!

Plan und Markt – die alten Gespenster

Der Scheingegensatz von Plan und Markt Zwei komplementäre negative Utopien – die beide historisch gescheitert sind

Lassen sich Marktprozesse planen? Ja – wenn die Marktakteure (Unternehmen) demokratisch organisiert sind, wenn die Planung auf demokratische Weise erfolgt, wenn die Märkte sozialisiert worden sind

Kann der Markt Planungsfehler signalisieren / korrigieren?

Ja – wenn ihm begrenzte, kontrollierte Spielräume gesetzt werden, wenn sich der gesellschaftliche Verstand der Märkte annimmt

Wirtschaftsdemokratie – als Ordnung und Produktionsweise

Wirtschaftsdemokratie ist eine gemischte Wirtschaftsordnung:

- Pluralität der Eigentums- und Unterneh-mens-formen

- Pluralität der organisierten ökonomischen Interessen / Pluralität der Entscheidungs- und Steuerungsinstitutionen

- begrenzte und kontrollierte Marktwirtschaft (in der viele Märkte fehlen und vieles nicht zur Ware wird)

- demokratische Planwirtschaft – d.h. Planung durch Verhandlungen / Aushandeln zwischen organisierten ökonomischen Interessen

Wie funktioniert eine wirtschaftsdemokratische Ordnung? Nicht ohne demokratische Rahmenplanung Nicht ohne eine Mehrebenen-Planung Planung ist kein technisches, sondern ein politisches Problem

Planung ist ein Prozess – es gilt, den gesamten Planungsprozeß zu demokratisieren

Demokratie braucht Alternativen – ohne Planalternativen keine rationale kollektive Entscheidung

Demokratie braucht öffentliche Rechnungslegung und Kontrolle

Wie funktioniert eine wirtschaftsdemokratische Ordnung? Nicht ohne Staat, d.h. organisierte, gesellschaftliche Autorität und Gewalt

Der Staat plant wie alle anderen, die wirtschaftliche Rahmenplanung ist keine Staatsaktion (der Staat selbst wird geplant)

Der Staat wird gebraucht – als Schiedsrichter und Kontrollinstanz, als Marktpolizei, als Blockade gegen Ausbeutungskoalitionen

Mitbestimmung / Mitsprache über Wirtschaftspläne durch viele (organisierte Interessen) auf vielen Ebenen

Marktsozialismus und Wirtschaftsdemokratie

Welche Märkte braucht eine wirtschaftsdemokratische Ordnung?

Freiheit vom Arbeitszwang, Freiheit von “sozialer Unsicherheit” – und das Recht auf sinnvolle Tätigkeit

Jeder bestimmt selbst über seine individuellen Bedürfnisse – alle bestimmen mit über “gesellschaftliche Bedürfnisse” !

Über Geschmack läßt sich streiten – aber nicht autoritär entscheiden!

Von der Markt- zur Verhandlungsökonomie!

Wettbewerb in einer Wirtschaftsdemokratie

Kann eine demokratische Planung Konkurrenz zulassen?

Kann eine wirtschaftsdemokratische Planungsfehler korrigieren?

Kann eine wirtschaftsdemokratische Ordnung effizient sein (nach Verdienst und Leistung differenziert belohnen)?

Kann eine wirtschaftsdemokratische Ordnung innovativ sein?

Welches Wachstum braucht / fördert eine wirtschaftsdemokratische Ordnung

Die Angst der guten Marxisten vor dem bösen Geld (und dem noch böseren

Wert) Kann man verhindern, dass Geld wieder zu “Kapital” wird?

Kein Markt ohne Geld – aber die Verwandlung von Geld zu Kapital ist an viele Voraussetzungen gebunden

Komplexitätsalarm: Kapital kann sich auf sehr unterschiedliche Weise verwerten / es gibt viele Formen und Grade der Ausbeutung

Wer (individuell oder kollektiv) geliehenes “Kapital” der Gesellschaft nutzt, wird dadurch nicht zum Kapitalisten

Demokratie in der Weltwirtschaft

Wem gehört die Welt? Wer macht und regiert den Weltmarkt?

Weltmärkte für was? Braucht eine demokratische Weltwirtschaft “globale Gemeingüter”?

Institutionen einer Verhandlungsökonomie auf globaler Ebene

Läßt sich die “global governance” demokra-tisieren?

Jenseits des Kapitalismus Die kapitalistische Weltwirtschaft ist kein Einheitsbrei

Verschiedene Kapitalismen und die Grenzen des Imperialismus

Ergo: Vielfalt der post-kapitalistischen Ordnungen