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1 Oft gescholten, doch gut beherrscht Eine theoretische Perspektive auf die betriebliche Praxis des Arbeitsrechts 1 Wenzel Matiaske * Michael Schlese ** Florian Schramm Zusammenfassung In der Diskussion um den Kündigungsschutz wird das Arbeitsrecht als Prokrustesbett betrieblichen Handelns thematisiert, das unerwünschte Nebeneffekte auf kollektiver Ebene zeitigt. Die Empirie zum Arbeitsrecht in der betrieblichen Anwendung belegt allerdings, dass die Wirkungen auf betriebliches Agieren und betriebliche Organisation, die zu den befürchteten überbetriebliche Effekten führen könnten, gering sind. So hat beispielsweise der Kündigungsschutz nur moderaten Einfluss auf Einstellungs- und Entlassungsverhalten. Zudem beeinflusst er den innerbetrieblichen Gebrauch des Arbeitsrechts kaum. Jedoch ist dieses beobachtete Verhalten nicht als die in der juristischen Diskussion gelegentlich thematisierte „Flucht aus dem Arbeitsrecht“ zu interpretieren. Vielmehr gehen wir von einer impliziten Präsenz des Arbeitsrechts im betrieblichen Handeln aus, das zugleich als Medium und als Ressource fungiert. Die betriebliche Anwendung des Arbeitsrechts wird von verschiedenen Merkmalen der verantwortlichen Akteure, der Definition der Handlungssituation und der Organisation beeinflusst. Das Recht wirkt aber auch im Hintergrund des sozialen Handelns, nämlich in den subjektiven Orientierungen der Akteure, deren eigenen und „geliehenen“ Erfahrungen mit dem Arbeitsrecht sowie deren mehr oder weniger qualifizierten Rechtskenntnissen. Zum Zweck einer Erklärung, die diesem Mehrebenenproblem gerecht wird, skizzieren wir ein sozi-ökonomisch fundiertes Modell, das die Situationswahrnehmung der Handelnden ebenso berücksichtigt wie deren Ressourcen und Interessen. 1 Befunde als Problem: Zur Einführung Man könnte das Arbeitsrecht als Geschäftsgrundlage der Personalwirtschaft bezeichnen. Kein personalwirtschaftliches Handlungsfeld – von der Planung, über die Auswahl, den Einsatz, die Entlohnung, die Führung und die Entwicklung bis hin zum Abbau des Personals – bleibt ohne Regelung im individuellen oder kollektiven Arbeitsrecht. Zwar ist das Arbeitsrecht sowohl Gegenstand ökonomischer als auch soziologischer und verhaltenswissenschaftlicher Analysen – dazu später mehr –; die Rolle des Arbeitsrechts in der personalwirtschaftlichen Praxis aus der Perspektive von Praktikern war (und ist) allerdings ein wenig beforschtes Feld, welches sich das 1 Schramm, Florian, Schlese, Michael, Matiaske, Wenzel (2013): Oft gescholten, doch gut be-herrscht. Eine theoretische Perspektive zur betrieblichen Praxis des Arbeitsrecht. In: Alewell, Dorothea (Hrsg.) (2013): Rechtstatsachen und Rechtswirkungen im Arbeits- und Sozialrecht. München: Mering: Rainer Hampp Verlag, S. 58 - 77 * Prof. Dr. Wenzel Matiaske, IPA Institut für Personal und Arbeit der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg und Forschungsprofessor am DIW/Soep Berlin, mail: [email protected] ** Prof. Dr. Michael Schlese, AMD Akademie Mode & Design Berlin und geschäftsführender Gesellschafter der Organisationsberatung Schlese & Co. GmbH in Berlin, mail: [email protected] Prof. Dr. Florian Schramm, Zentrum für Personalforschung am Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg, mail: [email protected]

Oft gescholten, doch gut beherrscht. Eine theoretische Perspektive zur betrieblichen Praxis des Arbeitsrechtes

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Oft gescholten, doch gut beherrscht

Eine theoretische Perspektive auf die betriebliche Praxis des Arbeitsrechts1

Wenzel Matiaske* Michael Schlese

** Florian Schramm

Zusammenfassung

In der Diskussion um den Kündigungsschutz wird das Arbeitsrecht als Prokrustesbett betrieblichen Handelns thematisiert, das unerwünschte Nebeneffekte auf kollektiver Ebene zeitigt. Die Empirie zum Arbeitsrecht in der betrieblichen Anwendung belegt allerdings, dass die Wirkungen auf betriebliches Agieren und betriebliche Organisation, die zu den befürchteten überbetriebliche Effekten führen könnten, gering sind. So hat beispielsweise der Kündigungsschutz nur moderaten Einfluss auf Einstellungs- und Entlassungsverhalten. Zudem beeinflusst er den innerbetrieblichen Gebrauch des Arbeitsrechts kaum.

Jedoch ist dieses beobachtete Verhalten nicht als die in der juristischen Diskussion gelegentlich thematisierte „Flucht aus dem Arbeitsrecht“ zu interpretieren. Vielmehr gehen wir von einer impliziten Präsenz des Arbeitsrechts im betrieblichen Handeln aus, das zugleich als Medium und als Ressource fungiert. Die betriebliche Anwendung des Arbeitsrechts wird von verschiedenen Merkmalen der verantwortlichen Akteure, der Definition der Handlungssituation und der Organisation beeinflusst. Das Recht wirkt aber auch im Hintergrund des sozialen Handelns, nämlich in den subjektiven Orientierungen der Akteure, deren eigenen und „geliehenen“ Erfahrungen mit dem Arbeitsrecht sowie deren mehr oder weniger qualifizierten Rechtskenntnissen. Zum Zweck einer Erklärung, die diesem Mehrebenenproblem gerecht wird, skizzieren wir ein sozi-ökonomisch fundiertes Modell, das die Situationswahrnehmung der Handelnden ebenso berücksichtigt wie deren Ressourcen und Interessen.

1 Befunde als Problem: Zur Einführung

Man könnte das Arbeitsrecht als Geschäftsgrundlage der Personalwirtschaft bezeichnen. Kein personalwirtschaftliches Handlungsfeld – von der Planung, über die Auswahl, den Einsatz, die Entlohnung, die Führung und die Entwicklung bis hin zum Abbau des Personals – bleibt ohne Regelung im individuellen oder kollektiven Arbeitsrecht. Zwar ist das Arbeitsrecht sowohl Gegenstand ökonomischer als auch soziologischer und verhaltenswissenschaftlicher Analysen – dazu später mehr –; die Rolle des Arbeitsrechts in der personalwirtschaftlichen Praxis aus der Perspektive von Praktikern war (und ist) allerdings ein wenig beforschtes Feld, welches sich das

1 Schramm, Florian, Schlese, Michael, Matiaske, Wenzel (2013): Oft gescholten, doch gut be-herrscht. Eine

theoretische Perspektive zur betrieblichen Praxis des Arbeitsrecht. In: Alewell, Dorothea (Hrsg.) (2013): Rechtstatsachen und Rechtswirkungen im Arbeits- und Sozialrecht. München: Mering: Rainer Hampp Verlag, S. 58 - 77 *

Prof. Dr. Wenzel Matiaske, IPA Institut für Personal und Arbeit der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der

Bundeswehr Hamburg und Forschungsprofessor am DIW/Soep Berlin, mail: [email protected] **

Prof. Dr. Michael Schlese, AMD Akademie Mode & Design Berlin und geschäftsführender Gesellschafter der Organisationsberatung Schlese & Co. GmbH in Berlin, mail: [email protected] Prof. Dr. Florian Schramm, Zentrum für Personalforschung am Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg, mail: [email protected]

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Projekt „Arbeitsrecht in der betrieblichen Anwendung“ (AribA, Schramm & Zachert, 2008a) zum Gegenstand machte.

Im interdisziplinären Dialog von Rechtswissenschaft (insbesondere dem Arbeitsrecht) und Betriebswirtschaftslehre (der Personalwirtschaftslehre) sowie mit theoretischen Anleihen in den angrenzenden Disziplinen der (Organisations-) Soziologie und der (Arbeits- und Organisations-) Psychologie erschloss das Projekt verschiedene Primärquellen. Ausgehend von über 40 Expertengesprächen mit verantwortlichen betrieblichen Akteuren (Geschäftsführung, Personalleitung) wurde 2007 eine standardisierte telefonische Begleiterhebung mit 750 Personalverantwortlichen durchgeführt. Darüber hinaus nutzte das Projekt eine Befragung von 1.500 Personen aus der Erwerbsbevölkerung zur öffentlichen Wahrnehmung des Arbeitsrechtes in Kooperation mit der Arbeitsgruppe „Agenda Moderne Regulierung“ der Bertelsmann Stiftung.

Ein Ergebnis der Interviewstudien mit Experten und Laien war, „dass mit Unkenntnis (trügerische) Selbstsicherheit einhergeht. Vice versa zeigt sich, dass mit zunehmendem Wissenstand die Unsicherheit über rechtliche Zusammenhänge wächst“ (Schramm & Zachert, 2008b, 4). Dieses Phänomen trat auch im Kontext des Projektes auf: Mit zunehmender Kenntnis über die Wahrnehmungs- und Handlungsweisen von Praktikern im Umgang mit dem Arbeitsrecht, wurde die Frage nach einer (konsistenten) Erklärung dieser Praktiken drängender. Die Befunde zu den entwickelten Hypothesen widerlegten zwar nicht die Annahmen, führten aber zu weitergehenden Fragen – kein ungewöhnliches Phänomen in der empirischen Sozialforschung. Einige Fragen, welche die Befunde von AribA veranlassten, wollen wir hier – am Beispiel des Kündigungsschutzes – einleitend voranstellen.

Wie dem Arbeitsrecht im Allgemeinen werden auch dem Kündigungsschutz im Besonderen verschiedene soziale und ökonomische Funktionen zugeschrieben: Neben der Schutzfunktion für den Arbeitnehmer sind dies insbesondere eine Orientierungs- und Unterstützungsfunktion auf Seiten der Personalführung. Im Kündigungsschutz – in den Augen unserer Experten das zentrale Thema des Arbeitsrechts – geraten diese Funktionen und die damit verbundenen Interessen möglicherweise deutlicher als in anderen Bereichen in Konflikt. Dies findet Ausdruck in der arbeitsrechtlichen Diskussion zum Kündigungsschutz, deren Hauptlinien sich durch drei Aussagen charakterisieren lassen (Zachert, 2007):

1. Der Kündigungsschutz ist materiell zu weitgehend. Recht und Wirtschaftlichkeit behaupten aus Perspektive dieser These konkurrierende Geltungsansprüche, wobei das dominierende Recht Unternehmen vor wirtschaftliche Probleme stellt. An vorderer Stelle für Fehlsteuerungen steht der materiell überzogene Kündigungsschutz. Seine Rigiditäten treiben

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demnach nicht nur die Arbeitskosten in die Höhe, sondern behindern auch die notwendigen Anpassungen an den Strukturwandel (beispielsweise Möschel, 2006, 112). Entsprechend wird gefordert, Wirtschaftlichkeitsaspekte stärker in der Programmierung des Arbeitsrechts durch Gesetzgebung und Rechtsprechung zu berücksichtigen.

2. Eng damit verbunden ist eine zweite These: Der Kündigungsschutz ist überreguliert. Entsprechend gehört der Kündigungsschutz zu den zentralen Ansatzpunkten für eine Vereinfachung und Beschleunigung der Abläufe im Arbeitsrecht mit dem Ziel höherer Beschäftigung (beispielsweise Löwisch, 2005 oder Bauer, 2005; kritisch Huber, 2005). Deregulierung soll Komplexität reduzieren und betriebliche, aber auch rechtliche Ressourcen, die durch die Überregulierung unnötig gebunden werden, entlasten. Darüber hinaus sollen Abläufe durch zusätzlich zur Verfügung gestellte Entscheidungsträger im Recht (Rechtspfleger und Richter) beschleunigt werden.

3. Ferner wird die These vertreten, dass das Richterrecht im Arbeitsrecht die genannten Probleme verstärkt. Demnach strahlen nicht nur die Regeln selbst Rechtsunsicherheit aus (Bauer, 2005, 1046), diese werde durch die richterliche Rechtsprechung potenziert. Im Fall des Kündigungsschutz käme noch hinzu, dass die (höchstrichterliche) Rechtsprechung die gesetzlichen Klauseln zur sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG im Wege einer unbegrenzten Auslegung zu Lasten der Arbeitgeberseite grundlegend umgedeutet habe.2 Tatsächlich ist es ein Problem, wenn die Rechtsproduktion zu einer Unübersichtlichkeit führt, welche die Anwendung des Rechts behindert. Man könnte argumentieren, dass der „Schaden“ durch luxurierendes Richterrecht gering bleibt, solange die Rechtsanwendung Spezialisten überlassen bleibt. Wenn jedoch in der betrieblichen Rechtspraxis nicht nur Irritationen oder Unschärfen auftreten, sondern darüber hinaus die Kenntnis einer primären Rechtsquelle nicht mehr ausreicht, um den Ausgang eines Verfahrens abzuschätzen, könnte diese Handlungsunsicherheit letztlich die Grundlagen des Arbeitsrechtes unterhöhlen, denn es verlöre seine Anwendbarkeit.

Es werden – kurz gesagt – mit dem Kündigungsschutz verschiedene unerwünschte Folgen auf betrieblicher und „über-“betrieblicher – insbesondere volkswirtschaftlicher und rechtlicher Ebene vermutet (ausführlich siehe Schramm &

2 Hierzu trage bei, dass die Kündigung nach der Rechtssprechung lediglich als ultima ratio in

Betracht komme und eine Prognose über die zukünftige Entwicklung verlangt werde. Das alles

führe dazu, dass kleinere und mittlere Unternehmen davon abgeschreckt würden, Neueinstellungen

vorzunehmen

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Zachert, 2008a): Verzögertes Einstellungsverhalten und betriebliche Anpassungen einerseits und eine Flucht aus dem Arbeitsrecht auf Grund von Handlungsunsicherheit andererseits. Während die ersteren Verhaltenstendenzen auch auf aggregierter Ebene am Arbeitsmarkt messbare Wirkung entfalten sollten, sind Konsequenzen der Handlungsunsicherheit primär auf betrieblicher Ebene im Handeln der Entscheidungsträger zu beobachten.

Aspekte des Rechtsdiskurses und die entsprechenden Kritikpunkte finden sich in der Wahrnehmung des Rechts durch Personalverantwortliche. In der standardisierten Befragung von Personalverantwortlichen zum Arbeitsrecht wünschten sich 25 % der Befragten eine Lockerung des Kündigungsschutzes. Ebenfalls 25 % forderten eine Flexibilisierung des Arbeitsrechtes und 34 % ein präzises, transparentes Arbeitsrecht sowie ein einheitliches Arbeitsvertragsgesetzbuch (Schramm & Schlese, 2008a). Doch dies bedeutet nicht, dass mit diesen Wünschen an die Gestaltung auch die skizzierten Probleme im praktischen Umgang mit dem Arbeitsrecht einhergehen. Vielmehr trennen sich die Ebenen des Diskurses über die Praxis und die tatsächliche Praxis des Rechts.

Die Leitannahmen der empirischen Untersuchung gingen davon aus, dass einerseits tendenziell unvollständige oder auch falsche Kenntnisse des Arbeitsrechtes vorliegen. Dies fördert die Undurchschaubarkeit und die Legendenbildung bezüglich der (Un-) anwendbarkeit des Arbeitsrechtes. In der Konsequenz vermutete das Projekt eine Flucht aus dem Arbeitsrecht unter bestimmten Bedingungen. Grundsätzlich wurde postuliert, dass Unternehmen mit einem hohen Professionalisierungsgrad des Personalmanagements auch einen professionalen Umgang mit dem Recht, geprägt durch einen hohen Kenntnisstand, pflegen. Beeinflussende Variablen, welche die Art und Weise des praktischen Umgangs mit dem Recht bestimmen, sind u.a. die Größe der Unternehmen und die damit verfügbaren Ressourcen zum Ausbau des Personalmanagements und der Abhängigkeitsgrad der Organisation vom Humankapital (Matiaske & Weber, 2001; Alewell & Koller, 2002; Nienhüser, 2008; Schramm, Schlese & Kattenbach, 2008).

Ganz so geordnet wie vermutet stellten sich die Befunde nicht dar. Zwar belegen die Studien im AribA-Projekt, dass falsche oder erheblich unvollständige Kenntnisse des Arbeitsrechtes mit Legendenbildung in der Wahrnehmung arbeitsrechtlicher Regelungen einhergehen. Zur Flucht aus dem Arbeitsrecht führt dies jedoch nicht. Vielmehr zeigt die Empirie eine Umsetzung des Arbeitsrechts, die sich zwar nicht immer am Buchstaben des Gesetzes, sondern an Leitbildern und Gerechtigkeitsvorstellungen der Akteure und damit einhergehenden Interpretationen sowie den Möglichkeiten der Organisation orientiert (Schramm & Schlese, 2008b). Orientierung bieten dabei die faktischen Wirkungen der

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Rechtsanwendung, die sich im Fall des Kündigungsschutzes in drei Handlungsfolgen unterscheiden lassen.

1. Die präventive Wirkung führt zu dauerhafter Beschäftigungssicherung durch Unterlassen bzw. Verzögerung von Kündigungen. Das Arbeitsrecht beeinflusst das Entlassungsverhalten in der Folge dahingehend, dass arbeitsrechtliche Konflikte vermieden werden. Dabei ist nach den Befunden des AribA-Projektes die tatsächliche Relevanz arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen nicht immer ausschlaggebend. Nur ein Viertel der Befragten hatte schlechte Erfahrungen mit dem Kündigungsschutz gemacht und gut die Hälfte manipulierte – nach eigenen Aussagen – bereits wenigstens einmal die Kündigungsgründe. Hierbei waren es vor allem Erfahrungen mit einem Rechtsstreit, die als Ursache genannt wurden. Rund 50% der Befragten hatte auch schon einmal auf eine geplante Kündigung verzichtet, ohne dass der Kündigungsschutz explizit eine Rolle gespielt hätte. Vielmehr gab es betriebliche oder soziale Gründe, die eine Entlassung verhinderten.

2. Die disziplinierende Wirkung auf der innerbetrieblichen Ebene. Der Kündigungsschutz hat Einfluss auf die Gestaltung der Beziehungen im Unternehmen. Er definiert einen Spielraum für Disziplinierung, trägt aber auch zur Stabilisierung von Beschäftigungsverhältnissen bei, was von den Personalverantwortlichen positiv gesehen wurde. Die Befragten zeigten sich insbesondere an stabilen Arbeitsbeziehungen interessiert, was sich auch in einer Skepsis gegenüber langen Probezeiten, Befristungen und Leiharbeit äußerte. Eine Befürwortung repressiver Personalführung in den Selbstbeschreibungen ist sicherlich nicht zu erwarten; jedoch scheinen Praktiken der Kündigungsandrohung über Abmahnungen etc. eher Ausnahmefälle als die Regel zu sein. Disziplinierung erfolgt entsprechend eher durch Kooperation als durch die Drohung mit Arbeitsplatzunsicherheit.

3. Schließlich prohibitive Effekte, die das Unterlassen und Verzögern von Neueinstellungen ebenso zur Folge haben wie Ausweichstrategien in Form von Befristungen, Arbeitnehmerüberlassung, Auslagerung (Outsourcing bzw. Werkvertragsarbeit) oder auch die Reduzierung von Marktaktivitäten bei Auslastung des Personals. Die Vermutung direkter, stark prohibitiver Wirkungen durch den Kündigungsschutz – Verhinderung oder Verzögerung von Neueinstellungen – ließ sich nur schwach nachweisen. Weder fühlten sich die Befragte durch den Kündigungsschutz in ihren Einstellungsentscheidungen behindert, noch glaubten sie, dass eine Veränderung des Kündigungsschutzes zu mehr Beschäftigung führen würde.

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Dagegen waren indirekte Effekte in Form des Ausweichverhaltens („schwach prohibitive Wirkung“) deutlicher zu beobachten. Der Kündigungsschutz trat aber auch als nachgeschobenes Argument auf, insofern die Auftragslage Befristungen und Leiharbeit bestimmt, die als Übergangsformen zu einer regulären Beschäftigung gesehen werden.

Die makroökonomische, messbare Trägheit in der Reaktion des Beschäftigungssystems auf Veränderung im Kündigungsschutz (OECD, 1999, 2004)3 findet auf Grund dieser Befunde in der komplexen Vermittlung des Rechtsrahmens in betriebliches Verhalten und der Wertschätzung der Stabilität von Beschäftigungsverhältnissen eine Erklärung. Dies relativiert auch die Verhaltensannahmen im rechtswissenschaftlichen und ökonomischen Diskurs. Die Akteure fühlen sich kompetent, auch wenn ihr Wissen über konkrete Sachverhalte im Arbeitsrecht unzureichend ist. Sie teilen einige der Auffassungen über Probleme im Arbeitsrecht (materiell zu weitgehend, überreguliert, Richterrecht), können dies aber nur zu einem kleinen Teil durch Schilderungen eigener betrieblicher Praxis untermauern. Sobald jedoch nach Problemen mit dem Arbeitsrecht gefragt wird, taucht der Kündigungsschutz auf, obwohl seine Handhabung im eigenen Unternehmen nicht als problematisch erlebt bzw. berichtet wird. Zur Erläuterung der Schwierigkeiten mit dem Kündigungsschutz beziehen sich die Befragten dann nicht auf den öffentlichen oder gar den wissenschaftlichen Diskurs, sondern auf Konstellationen bei anderen Unternehmen. Dies sind nicht notwendig verbundene oder anderweitig bekannte Unternehmen. Vielmehr verweist die Argumentationsfigur des subtyping auf andere Gruppen, beispielsweise klein- und mittelständische Unternehmen, denen im Umgang mit dem Kündigungsschutz auf Grund ihrer geringeren Ressourcenausstattung Probleme mit dem Kündigungsschutz zugesprochen werden. Zwischen der betrieblichen Praxis – in der die Akteure Probleme des Arbeitsrechts lösen – und der wissenschaftlichen Diskussion entfaltet sich ein Bereich der Mythen und Legenden, auf den sich Juristen und Ökonomen,

3 Direkte Beschäftigungseffekte im Sinne eines generellen Zusammenhanges von materiell

weitgehenden Arbeitnehmerschutzrechten und Überregulierung oder Rigidität des Arbeitsrechts

einerseits und Arbeitslosigkeit andererseits sind kaum nachzuweisen. Die rechtlichen Vorschriften

scheinen eher moderierend auf das Beschäftigungsverhalten bei konjunkturellen Schwankungen zu

wirken. Ein restriktiver Rechtsrahmen respektive ein starker Kündigungsschutz wirkt demnach

verzögernd sowohl auf das Einstellungs- als auch auf das Entlassungsverhalten von Betrieben (vgl.

OECD, 1999, 50, 80 und kommentierend Höland, 2003, 6) und daher im Abschwung stützend auf

die Beschäftigung, im Aufschwung dagegen hemmend. Nachgewiesen sind weiterhin nationale

Differenzen bei der Anpassung der Beschäftigung an konjunkturelle Veränderungen, die als Folge

der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen in verschiedenen Ländern interpretiert werden können

(Sadowski, 2004; Bradtke, Schlese & Schramm, 2005). Korrelationen, die auf aggregierter Ebene

festgestellt werden, bedürfen allerdings der Tiefenerklärung auf der Meso- und Mikroebene (vgl.

Matiaske, 2004).

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aber auch Journalisten und in der Folge wiederum Praktiker beziehen, ohne dass diese Diskussion die betriebliche Praxis hinreichend beschreibt. Dies verweist auf die Zweckmäßigkeit der analytischen Trennung zwischen der Ebene der Diskurse (in volkswirtschaftlichen und rechtswissenschaftlichen Analysen), der Wahrnehmung dieser Diskurse (in den Medien und bei den Praktikern) und dem (arbeitsrechtlichen) Handeln auf der betrieblichen Ebene.

Zusammenfassend ist mit Blick auf ein erklärendes Modell des Verhaltens zunächst bemerkenswert, dass das Arbeitsrecht insgesamt von den Befragten als akzeptable Rahmenbedingung wahrgenommen wird. Sie sind allerdings keineswegs in jedem Fall gut über das Recht informiert, sondern handeln – sofern sie die rechtlichen Handlungen nicht Spezialisten überlassen – entsprechend sozialer Normen und Gerechtigkeitsmaßstäbe. Deutlich ist eine Orientierung an langfristigen, stabilen Beziehungen, was Konflikte reduziert und rechtliche Auseinandersetzungen vermeidet. Schließlich reflektieren die Akteure mögliche Engführungen oder Probleme, die auch im rechtswissenschaftlichen oder öffentlichen Diskurs geführt werden, ohne dass notwendig ähnliche eigene Erfahrungen vorhanden sind. Vielmehr wird auf Erfahrungen aus zweiter Hand Bezug genommen oder es werden vermutete Konstellationen bei anderen Akteuren zur Erläuterung herangezogen.

2 Ebenen des Rechts: Soziologische, ökonomische und sozioökonomische Perspektiven

Ausgehend von diesen Befunden und empirischen Erfahrungen zum Umgang mit dem Recht und dessen Wirkung auf das Verhalten in Arbeitsbeziehungen, geht es uns im Folgenden um die Entwicklung eines erklärenden Modells. Neben der Rechtssoziologie, insbesondere der makro-soziologischen Systemtheorie, prägt vor allem die mikro-ökonomisch ausgerichtete Ökonomische Analyse des Rechts (ÖAR) die Diskussion um die Rechtswirklichkeit. Während die makro-soziologische Systemtheorie Stärken in der Klassifikation differenzierter Sozialsysteme und der Deskription ihrer jeweiligen Eigenlogiken aufweist, liegen die Vorzüge der am methodologischen Individualismus orientierten ÖAR in der Erklärung der Folgen rationalen Verhaltens von Akteuren für den spezifischen Kontext rechtlicher Normen. Die hier zur Diskussion stehende sozioökonomische Perspektive interessiert sich dagegen primär weder für die Eigenbewegung der Kommunikation im Rechtssystem noch für die externen Effekte des Verhaltens rationaler Egoisten unter spezifischen Verteilungen von Handlungsrechten. Vielmehr geht es uns zunächst um das Handeln von individuellen und korporativen Akteuren in einem spezifischem Feld und erst in zweiter Linie um Effekte auf der Makroebene des Handlungssystems. Doch wollen wir nicht vorgreifen und zunächst einen Blick auf

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die kandidierenden Theorien werfen und unsere Auswahl begründen, bevor wir diese zur Entwicklung eines Erklärungsmodelles nutzen.

Die jüngere Rezeption der Luhmannschen systemtheoretischen (Rechts-)Soziologie (Luhmann, 1988, 2008; Buckel, Christensen & Fischer-Lescano, 2009) im Recht4 verweist auf ein erstarktes Interesse nicht nur an einer Theorie des Rechts, sondern – aus unserer Sicht – auch an der Rechtswirklichkeit.5 Recht unterscheidet in systemtheoretischer Perspektive als Medium einer spezifischen Kommunikation mit einer bestimmten binären Codierung (Recht/Unrecht) das System Recht von anderen Funktionssystemen wie Wirtschaft, Politik oder Wissenschaft und Kunst. Das Recht hat die Funktion „stabile Erwartungen auch in dem Falle aufrechtzuerhalten, in dem sie enttäuscht werden... Solche Erwartungen sind Normen, die unabhängig von ihrer eventuellen Verletzung stabil bleiben“ (Baraldi, Corsi & Esposito, 1997, 147). Das Recht fungiert also nicht prinzipiell anders als soziale Normen, welche ebenfalls Verhaltenserwartungen in sachlicher, sozialer und zeitlicher Dimension generalisieren. Soziale Normen erweisen sich jedoch nicht immer als in jeder Hinsicht generalisierbar, sie stören einander oder geraten in Konflikt. Das Recht übernimmt mit zunehmender Komplexität der Gesellschaft die Funktion „kongruent generalisierte normative Verhaltenserwartungen“ zu selektieren (Luhmann, 2008, 103, Luhmann, 2009, 60 f., 125 ff.). Mit der Positivierung des Rechts in der Moderne löst es sich weitgehend von anderen sozialen Normen wie Sitte und Moral und gewinnt sowie ermöglicht eine enorme Steigerung der Komplexität. Positivierung des Rechts meint soziologisch, dass das Recht kontingent wird: Es ist veränderbar, weil durch Entscheidungen gesetzt, und zugleich in Kraft und damit dauerhaft geltend (Luhmann, 1970). Darüber hinaus ermöglicht die Trennung von Rechtssetzung und -anwendung Entscheidungen in der Praxis des Rechts – insbesondere des Richterrechts – als systemadäquates Prozedere.

Eine Vorbedingung der Ausdifferenzierung des Rechts ist die Vormachtstellung des wirtschaftlichen gegenüber dem politischen Subsystem der Gesellschaft. Die Wirtschaft versorgt das Recht – ausgehend von der Vertragsfreiheit, dem Bedarf an zuverlässigen Normen und Rechtssicherheit im Wirtschaftsverkehr, der Anpassung anderer Sozialsysteme und der Regulierung des wirtschaftlichen Fortschritts selbst – mit weitaus mehr Problemen als die Politik je hätte nachfragen können (Luhmann,

4 Beispielsweise Teubner (1989), Neves (2001) Vesting (2001) sowie Joerges und Teubner (2003).

5 Anzumerken ist, dass die Systemtheorie Luhmannscher Prägung sowohl in der allgemeinen

Managementtheorie, insbesondere aber auch in der Personalwirtschaftslehre rezipiert worden ist

(vgl. Mayrhofer, 2004). Die Rechtssoziologie Luhmanns blieb allerdings bislang weitgehend ausgeblendet und die Möglichkeiten einer systemtheoretischen Analyse des Arbeitsrechts

entsprechend unausgeschöpft.

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1970, 200).Wirtschaft und in geringerem Maß die Gesellschaft geben dem Recht Probleme vor und begrenzen damit seine Macht oder, genauer, hindern die Politik daran, die Kontrolle über das Recht zu übernehmen. Darüber hinaus betont die Systemtheorie, das sich das wirtschaftliche Subsystem mit der lex mercatoria ein eigenes Recht schafft, dass sich im Zeitalter der Globalisierung in Selbstorganisation zu einem eigenen autonomen Rechtssystem entwickelt (Luhmann, 2009, 572 f., Teubner, 1997).

Der funktional-strukturellen Theorie sozialer Systeme lassen sich sicherlich Einsichten abgewinnen – Generalisierung normativer Erwartungen, Positivierung des Rechts, Primat der Wirtschaft –, die in einem erklärenden Modell zum Umgang mit dem Arbeitsrecht bedeutsam sind; als Grundlage einer Erklärung scheidet die Systemtheorie – insbesondere nach der autopoietischen Wende – allerdings aus. Denn das Handeln oder Verhalten der Akteure berührt die Systemtheorie, gleichwohl es im Kontext der Analyse der lex mercatoria gelegentlich anders scheint, nur am Rande (Matiaske, 2013, 62 ff.). Ferner verbleibt die Theorie in ihrem Selbstverständnis auf Ebene der Beschreibung (Bendel, 1993). Dennoch, wie Powell & DiMaggio (1991, 2) bezüglich des „alten“ ökonomischen und soziologischen Institutionalismus anmerken, gilt auch für die Systemtheorie, dass diese wohl richtige Fragen stellt, ihre Antworten jedoch entweder im Deskriptiven verbleiben oder aber sich in hohen Abstraktionen verlieren und damit an Erklärungskraft einbüßen.

Aus gänzlich anderem Holz als die makrosoziologische Systemtheorie ist die Analyse rechtlicher Fragestellungen mit Mitteln der Ökonomik geschnitzt. Dies ist die Domäne der ÖAR (law and economics) in der Tradition von Coase (1960), Calabresi (1961) und insbesondere Posner (1973). Ausgehend von Annahmen der mikroökonomischen Institutionenökonomie fokussiert die ÖAR die Effizienz von Gesetzen und richterlichen Entscheidungen. Basierend auf den tradierten Verhaltensannahmen rationalen Wahlverhaltens des homo oeconomicus – vollständige und transitive Präferenzordnung, primäre Orientierung an materiellen Nutzen, Egoismus oder Opportunismus und ein hohes Maß an Informiertheit – werden Konstellationen des Rechts hinsichtlich ihrer Effizienz und gegebenenfalls auch ihrer Effektivität analysiert. Als Bewertungsmaßstäbe werden oft das Pareto- oder das Kaldor-Hicks-Kriterium verwendet: Normen und richterliche Entscheidungen sollen die Wohlfahrt der Gesellschaft i.S. der genannten Kriterien zumindest potentiell verbessern.

Im Kontext der Personalökonomie (Backes-Gellner, 2004) hat die Anwendung der ÖAR auf die Domäne des Arbeitsrechts bereits eine gewisse Tradition (Sadowski, 1996, 2002), gleichwohl sie keineswegs als ausgebaut gelten kann. Als

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problematisch wird in diesem Kontext die Bewertung der Rechtsfolgen anhand der klassischen wohlfahrtökonomischen Kriterien beurteilt (Alewell & Schott, 2009). Neben der weitverbreiteten Anwendung von Kosten-Nutzen-Analysen, als einem weitaus flexibleren Instrument, werden eine Reihe weiterer Bewertungsmaßstäbe genutzt bzw. vorgeschlagen (Kirstein & Schmidtchen, 2003). Aus personalwirtschaftlicher Perspektive ist dabei insbesondere der Verweis von Kirstein, Kittner und Schmidtchen (2001) auf Maßstäbe der Gerechtigkeit von Interesse, da der Arbeitsmarkt aus verschiedenen Gründen kaum der Idealvorstellung eines vollkommenen Marktes entspricht und daher Betriebswirtschaftler und Praktiker der Arbeitsbeziehungen substantielle Ersatzkriterien zur Marktgerechtigkeit von Angebot und Nachfrage bemühen (beispielsweise Ottel, 1961; Akerlof, 1982; Alewell, 1993).

Aus rechtlicher und rechtssoziologischer Perspektive ist, insbesondere außerhalb des common law die Beurteilung rechtlicher Regelungen unter Effizienzgesichtspunkten befremdlich. Mit Blick auf Erklärungen des Handelns sind allerdings weniger die Bewertungskriterien als vielmehr die Verhaltensannahmen zu problematisieren. Wie die oben skizzierten Befunde illustrieren, zeigt die Empirie deutlich vom Idealtypus des homo oeconomicus abweichendes Verhalten. In der juristischen Literatur haben sich u. a. Saks und Kidd (1980), Edwards und Winterfeldt (1986) und vielbeachtet Ellickson (1989) daher für eine neue Orientierung in der ökonomischen Analyse des Rechts ausgesprochen. Ausgehend vom Forschungsprogramm von Kahnemann und Tversky (1979) (vgl. insbesondere auch Tversky & Kahnemann, 1981 sowie kritisch Gigerenzer, Ralph, Hoffrage & Sedlmeier, 2008) propagieren diese Autoren das Programm „behavioral law and economics“. D. h. diese Autoren sprechen sich für eine psychologische Fundierung der empirischen Forschung aus, um Entscheidungen unter Unsicherheit in den Griff zu bekommen (Aaken, 2004).

Dieses Programm, das in der betriebswirtschaftlichen Personal- und Organisationsforschung eine lange Tradition hat (Martin, 2004), hat zwischenzeitlich mit einigem Erfolg die Kernthemen der ökonomischen Theoriebildung erreicht (insbesondere Thaler, 1991; Akerlof & Shiller, 2009). Allerdings kritisieren Vertreter einer traditionellen mikroökonomischen Fundierung die mangelnde theoretische Geschlossenheit des Ansatzes (mit Blick auf die „behavioral law and economics” Posner, 1998). Aus Sicht der hier vertretenen Richtung ist die Mikrofundierung unter Rückgriff auf die psychologische Forschung dagegen einerseits ein Fortschritt, der in einer Verfeinerung der Erklärung individuelle Entscheidungen gesehen wird. Andererseits ist eine solche Tiefenerklärung weder immer notwendig noch empirisch leistbar, da diese umfassende Informationen auf individueller Ebene zur Voraussetzung macht. Aus rechtssoziologischer Perspektive ist es darüber hinaus

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vielmehr vorrangig, die soziale Einbettung individuellen Handelns hervorzuheben, also die Logik der Situation und in zweiter Linie die Logik der Aggregation spezifischer Rechtskonstellationen auszuarbeiten.

Die zeitgenössische mikrosoziologische Strömung der Sozioökonomie, die sich insbesondere an Coleman (1990) orientiert entwickelt hat, bietet ein entsprechendes Rahmenmodell zur Erklärung sozialen Handelns. Wie die Ökonomik ist die Sozioökonomie dem Programm des methodologischen Individualismus verpflichtet (Vanberg, 1975). Deutlicher als die mikroökonomische Standardtheorie arbeitet sie allerdings heraus, dass soziale Handlungssysteme zwei Ebenen beinhalten, die im sogenannten Makro-Mikro-Makro-Modell der Erklärung systematisch verbunden werden (Esser, 1993; Matiaske, 2013). Ausgehend von Randbedingungen auf der Makroebene eines sozialen Systems, wie der Verteilung von Ressourcen und damit verbundenen Handlungsrechten, selektieren soziale Akteure bestimmte Handlungsmöglichkeiten, wobei sie ihre Situation zu verbessern suchen. Die Verbindung von Makro- und Mikroebene wird als Logik der Situation bezeichnet, wobei im Fall individueller Akteure auf das Thomas-Theorem des symbolischen Interaktionismus Bezug genommen wird (Thomas, 2002; Esser, 1996, 2003). Die Logik der Selektion, d.h. die Auswahl nutzenverbessernder Handlungsoptionen auf der Mikroebene des Handlungsmodells, bildet den nomologischen Kern der Erklärung. Entsprechend wird gefordert, dass die verwendete Handlungstheorie einen hohen Allgemeinheitsgrad besitzt. Darüber hinaus sollte die Handlungstheorie mit Blick auf die Logik der Aggregation, d.h. den Mikro-Makro Übergang zur Erklärung von kollektiven Effekten individuellen Handelns auf der Makro-Ebene des Handlungssystems, einfach gehalten sein. Zur Logik der Aggregation wird je nach Problemstellung auf verschiedene Transformationsregeln – von einfachen Quoten oder Raten bis hin zu diffusions-, spiel- oder tauschtheoretischen Modellen – zurückgegriffen.

Häufig bündeln sozio-ökonomische Erklärungen tauschtheoretische Überlegungen zur Modellierung der Logik der Selektion und insbesondere der Logik der Aggregation mit einer einfachen Handlungstheorie der rationalen Wahl. Insofern erklärt sich die gebräuchliche Bezeichnung als rational choice Soziologie. Die Wahl eines wohl informierten, strikt egoistischen und nutzen-maximierenden Akteurs ist allerdings nicht axiomatisch fixiert. Vielmehr wird gefordert, dass der homo socio-oeconomicus Eigenschaften seiner Vorfahren in Soziologie und Ökonomie vereint und recourceful und restricted, evaluating und expecting sowie maximizing handelt (Lindenberg, 1990). D.h. wie der homo oeconomicus handelt dieser Akteur unter gegebenen Restriktionen maximierend. Dabei beachtet er wie der homo sociologicus soziale Bewertungen und Erwartungen. Schließlich erweist sich der Abkömmling als findig und einfallsreich, denn er befindet sich anders als seine Vorfahren in

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unsicherer Lage. Findigkeit meint in diesem Zusammenhang nicht notwendig Opportunismus, sondern kann auch an den Interessen anderer orientierte, altruistische Verhaltensweisen umfassen (Matiaske, 2013, 99 ff.). Mit Blick auf die Entwicklung enttäuschungsfester Normen kann sich allerdings der Rückgriff auf die Annahmen einer Ökonomie des Lügens und Betrügens (Wiese, 1994) wie in der ÖAR als zweckmäßig erweisen (Homann & Suchanek, 2000). Fokussiert die Erklärung dagegen individuelles Handeln, ist eine Lockerung der Verhaltensannahmen in dieser Hinsicht angezeigt.

Mit Öffnung der Verhaltensannahmen geraten Ansätze des rational choice leicht in Gefahr, bloße Tautologien zu produzieren. Die Protagonisten des Ansatzes plädieren daher nachdrücklich für eine theoriegesteuerte Konkretisierung der Nutzentheorie (Lindenberg, 1992), wobei gegebenenfalls (sozial)wissenschaftliches Wissen über das Verhalten in spezifischen Situationen zu Rate gezogen werden soll (Matiaske, 2013). Ferner stellt die Sozioökonomie mit der Methode der abnehmenden Abstraktion Konstruktionsregeln zur Verfügung, um in Tiefenerklärungen sozialen Handelns gegebenenfalls psychologische Theorien zu nutzen, ohne in ad hoc Interpretationen zu verfallen (Lindenberg, 1996; Wippler & Lindenberg, 1987). Grundsätzlich betont die Theorie im Anschluss an Max Webers (1988) Programm einer verstehenden Soziologie, die interpretative Dimension des Handelns in einer subjektiven Situation (Popper, 1994; Gorton, 2006). Damit erweist sich die Sozioökonomie sowohl gegenüber der Ökonomie als auch hinsichtlich der Psychologie als anschlussfähig (Alewell, 1996; Matiaske, 2004).

Eine theoretische Perspektive auf die betriebliche Praxis des Arbeitsrechts wird zu reflektieren haben, dass nicht nur individuelle Akteure im eigenen Interesse, sondern vielfach Akteure als gebundene Vertreter kollektiver Organe, sei es des Managements oder der Belegschaftsvertretung, handeln. D.h. es bedarf in einer Erklärung des arbeitsrechtlichen Handelns spezifischer Brückenannahmen, aus welchen Gründen bestimmte Verhaltensannahmen bezüglich kollektiver Akteure getroffen werden (Nienhüser, 1996). Vereinfachend wird häufig angenommen, dass sich kollektive wie individuelle Akteure (beschränkt) rational verhalten. Allerdings ist insbesondere das (wert-)rationale Handeln von kollektiven Akteuren auf andere Weise als im Fall von Individuen eingeschränkt. Während rechtliche Regeln von korporativen Akteuren Anwendbarkeit erwarten, gilt dies im Fall sozialer Normen nicht in gleicher Weise (Gröneweg & Matiaske, 2012): Korporative Akteure sind nicht sozialisierbar und können soziale Normen nicht internalisieren. D.h. wie im Fall rechtlicher Normen können korporative Akteure auch soziale Normen nur mittels formaler Organisation – Entscheidung, Gremien, Satzung, Verhaltensrichtlinien etc. – bearbeiten.

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Dennoch, in organisationalen Rollen handeln – aus unserer Perspektive – Individuen, denen Zweck- aber sogar Routineprogramme Entscheidungsspielräume überlassen (müssen) (Luhmann, 1968). Auf diese Weise entsteht in der Beobachterperspektive die Ko-varianz zwischen Rechtsnorm und Sozialsystem (Teubner & Zumbansen, 2000) und eine gewisse Vagheit im „bivalenten Denken“ (Kron & Winter, 2006). Das Recht findet Anknüpfungspunkte im Handeln der Korporation und der individuellen Akteure und sei es nur hinsichtlich der Intention des Gesetzgebers, die insbesondere in der Betriebsverfassung aber auch in anderen Teilen des kollektiven Arbeitsrechtes deutlich wird, Konflikte im System der Arbeitsbeziehungen zu kanalisieren.6 Diese Intention leistet der Entfremdung des Rechts Widerstand und öffnet das Recht für das Selbstverständnis der involvierten Parteien sowie soziale Normen, moralische Werte und Gemeinschaftsvorstellungen (demgegenüber vgl. Teubner & Zumbansen, 2000). Im Vordergrund stehen dabei die Vorstellungen der Gerechtigkeit, die zwischen den Prinzipien von Gleichheit, Leistung und Autonomie oszillieren (Dubet, 2008).

3 Interaktion im Arbeitsrecht: Ein Modell

Ein erklärendes sozioökonomisches Modell zum praktischen Umgang mit dem Arbeitsrecht hat in erster Linie die Menge der Akteure, deren Interessen und die Verteilung der verfügbaren Ressourcen zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind die Situationsdefinitionen zu klären, wobei zu prüfen ist, ob gegebenenfalls Tiefenerklärungen des Verhaltens notwendig sind. Schließlich sind die Handlungen vor dem Hintergrund sozialer Normen zu betrachten, wobei zu berücksichtigen ist, dass soziale Normen aus Perspektive der Sozioökonomie nicht gegebene Randbedingungen der Analyse, sondern zu erklärende soziale Tatsachen sind. Dabei sind, dem Prinzip des Modellbaus zur Entwicklung von Erklärungen folgend, einige Brückenannahmen zu fixieren (Nienhüser, 1996). Abbildung 1 zeigt Akteure und deren Interaktionen auf verschiedenen Ebenen in der Übersicht.

6 Zur Geschichte der Mitbestimmung vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere Müller-Jentsch

(2008). Vgl. auch die Kommentierung des Betriebsverfassungsgesetzes insbesondere . 2,

beispielsweise Däubler, Kittner, Klebe,Wedde & Bachner (2012).

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Abb. 1: Akteure und Interaktionen im Arbeitsrecht

Akteur ist im Fall des Arbeitsrechts selbstverständlich der Staat, d.h. Legislative, Exekutive und Judikative. Der Staat wird im Kontext der Arbeitsbeziehungen in der Regel jedoch nicht als eigenständiger Akteur im System thematisiert, sondern als Akteur, der das System konstituiert und dessen relative Autonomie sichert (Müller-Jentsch, 1997). Auch hier steht der Staat nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Gleichwohl sollte deutlich werden, dass der Gesetzgeber eigene Interessen verfolgt – von der Etablierung grundlegender Institutionen der Wirtschafts- und Sozialordnung wie der Mitbestimmung bis hin zu administrativen Gesichtspunkten wie der Entlastung der Gerichtsbarkeit durch Elemente der Selbstregulation von Konflikten. Darüber hinaus wirken die Akteure der Arbeitsbeziehungen – sei es vermittels der Parteien, der Lobby- oder Öffentlichkeitsarbeit – auf der kollektiven Ebene der Arbeitsbeziehungen auf den Gesetzgeber ein (Haacke, 2006; Hassel, 2006). Diese Einflussbeziehungen haben Rückwirkungen auf die Situationsdefinitionen in der Praxis des betrieblichen Alltags, insofern Verbände und Gewerkschaften ihre Mitglieder direkt beeinflussen oder vermittels ihrer Öffentlichkeitsarbeit und der Kommentierung des Geschehens in den Medien einflussreich werden. Die Medien sind daher gegebenenfalls als weiterer

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eigenständiger Akteur in ein erklärendes Modell aufzunehmen; insbesondere dann, wenn neue Rechtsnormen oder deren Erneuerung auf der Agenda stehen. Schließlich sind sowohl Exekutive als insbesondere auch die Judikative für die Situationsdefinitionen im arbeitsrechtlichen Handeln von Relevanz. Während die Exekutive u.a. die Nachdrücklichkeit bestimmter Regelungen hervorheben kann, in der jüngeren Vergangenheit beispielsweise spektakuläre Aktionen des Zoll gegen Schwarzarbeit, beeinflusst die Spruchpraxis der Judikative, im Fall des Arbeitsrechtes auf Grund des vergleichsweise höheren Ermessensspielraum der Richter, die Situationswahrnehmungen unmittelbar. Ferner tragen in Konfliktfällen Rechtsanwälte, aber auch die Verbände und Gewerkschaften juristische Positionen in die betrieblichen Auseinandersetzungen.

Auf der betrieblichen Ebene der Organisation sind es Arbeitnehmer einerseits und Arbeitgeber andererseits, die sich in arbeitsrechtlicher Beziehung begegnen. Mit der Betriebsgröße steigt der Grad der internen Institutionalisierung, d.h. es kommen kollektive Akteure wie das Management oder die Personalabteilung einerseits und gegebenenfalls Organe der Mitbestimmung wie Betriebsräte andererseits hinzu. Die Betriebsgröße erweist sich als zentraler Einflussfaktor der Professionalisierung von Personalarbeit (Wächter, 1987), welche wiederum Kenntnisstand und Umgang mit dem Arbeitsrecht beeinflusst. Dies gilt nicht nur für die Betriebsleitung bzw. das Personalmanagement, sondern in ähnlicher Weise auch für die Organe der Mitbestimmung. Organisationsinterne Professionalität bedeutet allerdings nicht notwendig stärkere Verrechtlichung der Personalarbeit: Der Umgang mit dem Recht kann leicht ausgelagert werden. Die Befunde des AribA-Projektes zeigen allerdings, dass mit zunehmenden Wissensstand mehr Vorsicht im Einsatz rechtlicher Mittel gezeigt wird.

Vor dem Hintergrund der entwickelten theoretischen Überlegungen zur Definition der Situation ist von Interesse, ob sich Regeln begründen lassen, welche den betrieblichen Umgang mit dem Arbeitsrechts anleiten. Führt man sich vor Augen, dass Arbeitsverträge aus verschiedenen Gründen – der Unvollkommenheit der Arbeitsmärkte, der Informationsasymmetrie mit Spezialisierung des Humankapitals und des grundlegenden Kooperationszusammenhanges von Organisationen, der letztlich keine Separierung der Produktionsfunktionen unterschiedlicher Beteiligter zulässt (Foss, Lando & Thomsen, 2000) – notorisch unvollständig sind, wird unmittelbar deutlich, dass die Anwendung des Arbeitsrechtes und die Feststellung, ob ein bestimmter Sachverhalt der Fall ist, nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch erhebliche Schwierigkeiten impliziert. Die praktische Personalarbeit wird, gegebenenfalls unter Mitwirkung der Organe der Mitbestimmung, entsprechend einen Stil im Umgang mit Konflikten entwickeln, der diese Entscheidungen erleichtert. Dieser Aspekt der Betriebs- oder Unternehmenskultur orientiert sich an

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den Abhängigkeiten der Organisation vom Humankapital insgesamt bzw. spezifischen Teilgruppen und der Unsicherheit gegenüber künftigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und anderen relevanten Märkten (Pfeffer & Salancik, 1978; Nienhüser, 2008). Die Ausschöpfung rechtlicher Möglichkeiten wird tendenziell mitarbeiterfreundlicher und konfliktreduzierend ausfallen, wenn Abhängigkeit und Unsicherheit in Verbindung mit dem Humankapital hoch ausgeprägt sind. D.h. die Ressourcen in diesem Kontext bilden das Humankapital, Arbeitsplätze auch in anderen Organisationen und alternative Karrieremöglichkeiten (March & Simon, 1958).

Der Terminus der Mitarbeiterfreundlichkeit in betrieblichen Anwendungen des Arbeitsrechts lässt sich genauer spezifizieren, wenn auf soziale Normen Bezug genommen wird. Soziale Normen verhalten sich zu rechtlichen Normen wie die informale zur formalen Organisation (Matiaske, 2013). Sie können rechtlichen Regeln entsprechen oder zumindest nicht widersprechen. Jedoch ist auch der Fall beobachtbar, dass diese rechtliche Regeln unterlaufen oder direkt entgegengesetzt wirken (Coleman, 1990). Grundsätzlich wird ein Rechtsgebrauch dann als mitarbeiterfreundlicher gelten können, wenn dieser der sozialen Norm in der entsprechenden Gruppe von Mitarbeitern entgegenkommt. Dies wird eine großzügige Anwendung oder ein Übersehen von Anwendungsmöglichkeiten des Rechts zu Gunsten der Norm einer Mitarbeitergruppe, zu der starke Abhängigkeiten bestehen, bzw. einer Verallgemeinerung dieses Handlungsstils implizieren. Festzuhalten ist, dass sowohl soziale als auch rechtliche Regelungen aus Sicht der Sozioökonomik aus der gleichen Problemkonstellation entstehen. Sind Handlungsrechte nicht oder schlecht definiert und führt dies zu externen Effekten, entsteht ein Bedürfnis nach einer Etablierung von Normen (Coleman, 1990; Gröneweg & Matiaske, 2012). Die Umsetzung von sozialen oder rechtlichen Normen hängt dann von verschiedenen Randbedingungen ab, die eine Überwindung dieser gefangenendilemmatischen Situation ermöglichen. Das Arbeitsrecht bildet in unserer Perspektive eine Rückfallposition im Konfliktfall und des Versagens sozialer Normen. Insofern bildet das Recht aus Sicht der Sozioökonomik weniger ein Medium zur Differenzierung von Kommunikationsakten, sondern vielmehr eine Ressource, die prototypische Lösungen für häufige Konfliktfälle und Leitlinien zur Interaktion in schwieriger Lage implizieren, die nicht sanktionsfrei zu umgehen sind.

4 Von hier aus: Fazit und Ausblick

Dass Arbeitsrecht und dessen Wirklichkeit voneinander abweichen, ist wenig überraschend. Die Überlegungen zum Verhalten rationaler Akteure im strikten Sinne der ökonomischen Analyse des Rechts, helfen ebenso wenig hinsichtlich einer

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realwissenschaftlichen Beschreibung und Erklärung des betriebspraktischen Umgangs mit dem Arbeitsrecht wie systemtheoretische Rekursionen auf Kommunikationsmedien und Systemgrenzen. Die hier vorgeschlagene sozioökonomische Perspektive lenkt dagegen den Blick auf die Freiheitsgrade (rechtlichen) Handelns einerseits und mögliche Beweggründe des Handelns andererseits. Das betriebliche Handeln folgt, so die Basisannahme, grundlegenden Knappheiten und Unsicherheiten und orientiert sich an rechtlichen und sozialen Normen.

Das AribA-Projekt konzentrierte sich insbesondere auf den Einfluss der Einstellungen der betrieblichen Akteure auf deren Handeln.

Im Ergebnis zeigte sich, dass die betriebliche Anwendung des Arbeitsrechts durch die subjektiv gefärbten Einstellungen der beteiligten Akteure geprägt ist. Dabei bestehen reichliche Freiheitsgrade für Unzutreffendes wie ein vermeintlicher Rechtstatbestand oder für komplexere Deutungen von Sachverhalten, bei denen etwa Phänomene der Reduktion kognitiver Dissonanz zu beobachten sind. Diese verhaltensrelevanten Einstellungen umfassen ein Konglomerat aus wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Aspekten, die partiell miteinander verwoben sind, wofür der Kündigungsschutz ein einschlägiges Beispiel liefert. Darüber hinaus zeigte sich, dass sich die Wirkung von Recht aufgrund zahlreicher Interdependenzen kaum isoliert bestimmen lässt, zumal Arbeitsrecht oftmals mittelbar in der gedanklichen Vorwegnahme und auf der Ebene der Handlungen nicht einfach nachvollziehbar wirkt.

In der Fortführung der empirischen Arbeit gilt es Muster im Umgang mit dem Arbeitsrecht zu erkennen und zu erklären. Während die sozioökonomische Perspektive der Tauschtheorie grundlegende Einflussgrößen des Handelns thematisiert, bleiben jedoch zeitgebundene Vorstellungen sozialer Normen im Kontext dieses Theorieausschnittes offen. Für weitergehende empirische Fragestellungen ist insbesondere von Interesse, inwieweit und welche sozialen Normen die Anwendung des Arbeitsrechtes beeinflussen.

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