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Department Informationstechnologie und Informationsmanagement Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Social Sciences Masterstudiengang Information Medien Kommunikation Die archetypische Inszenierung im Storytelling erfolgreicher PolitikerInnen – untersucht an den Beispielen Kurz, May, Merkel, Orbán und Trump Eingereicht von: Martina Troindl, BSc Personenkennzeichen: 1610725036 Datum: 19. August 2018 Betreut von: Prof. in (FH) Mag. a Dr. in Silvia Ettl-Huber

Die archetypische Inszenierung im Storytelling erfolgreicher

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Department Informationstechnologie und Informationsmanagement

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Social Sciences

Masterstudiengang Information Medien Kommunikation

Die archetypische Inszenierung im Storytelling erfolgreicher

PolitikerInnen – untersucht an den Beispielen Kurz, May, Merkel,

Orbán und Trump

Eingereicht von: Martina Troindl, BSc

Personenkennzeichen: 1610725036

Datum: 19. August 2018

Betreut von: Prof.in (FH) Mag.a Dr.in Silvia Ettl-Huber

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Vorwort Mein Interesse für dieses Themenfeld entwickelte sich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit beim Amt der Burgenländischen Landesregierung, wo ich täglich mit politischen Fragestellungen in Berührung komme. Das genaue Thema dieser Arbeit entstand auf Anregung meiner Betreuerin, Prof.in (FH) Mag.a Dr.in Silvia Ettl-Huber.

Sie ist es auch, der ich an dieser Stelle meinen besonderen Dank für die Betreuung und Begutachtung dieser Masterarbeit aussprechen möchte. Ihr stets konstruktives Feedback und die wertvollen Tipps waren für mich von unschätzbarem Wert für die Anfertigung dieser Arbeit.

Ein großes Dankeschön gilt zudem meinem Lebenspartner Holger sowie meiner Familie, die mir während meines gesamten Studiums immer den Rücken stärkten und auf deren Unterstützung ich immer zählen konnte.

Mein Dank gebührt zudem all jenen, die mich im Zuge meines berufsbegleitenden Studiums und während des Verfassens dieser Masterarbeit unterstützt haben und mir motivierend zur Seite standen!

Ich bin froh, die Entscheidung für das berufsbegleitende Masterstudium getroffen zu haben, denn ich konnte nicht nur mein Wissen vertiefen und erweitern, sondern auch positive Aspekte für meine persönliche Entwicklung sowie für mein Organisationsvermögen und mein Zeitmanagement mitnehmen.

Martina Troindl

Steinbrunn, 19. August 2018

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Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................................................... ii

Kurzfassung ............................................................................................................................. v

Abstract .................................................................................................................................... vi

1 Einleitung .......................................................................................................................... 11.1 Problemstellung ......................................................................................................... 1

1.2 Zielsetzung und Forschungsfrage .......................................................................... 3

1.3 Aufbau und methodisches Vorgehen ..................................................................... 4

2 Storytelling ........................................................................................................................ 52.1 Begriffsdefinition „Story“ ........................................................................................ 5

2.2 Begriffsdefinition „Storytelling“ ............................................................................. 6

2.3 Elemente von Geschichten ....................................................................................... 82.3.1 Thematik .............................................................................................................. 102.3.2 Handlung ............................................................................................................. 122.3.3 Figuren ................................................................................................................. 142.3.4 Raum ..................................................................................................................... 152.3.5 Zeit ........................................................................................................................ 162.3.6 Erzählinstanz ....................................................................................................... 162.3.7 Rede ...................................................................................................................... 172.3.8 Stil ......................................................................................................................... 18

2.4 Wirkung von Geschichten ...................................................................................... 18

2.5 Bedeutung für die politische Kommunikation ................................................... 21

3 Archetypen im Storytelling .......................................................................................... 243.1 Definition von Archetypen .................................................................................... 24

3.2 Geschichte der Archetypen .................................................................................... 26

3.3 Arten von Archetypen ............................................................................................ 27

3.4 Einsatz von Archetypen im Storytelling .............................................................. 33

4 Archetypen in der politischen Kommunikation ....................................................... 364.1 Politische Kommunikation .................................................................................... 36

4.1.1 Begriffsdefinition ................................................................................................ 374.1.2 Herausforderungen der politischen Kommunikation .................................. 394.1.3 Kommunikation in Wahlkämpfen ................................................................... 41

4.2 Personalisierung in der politischen Kommunikation ........................................ 43

4.3 Archetypische Inszenierung in der politischen Kommunikation .................... 46

5 Zwischenfazit ................................................................................................................. 49

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6 Empirische Untersuchung ............................................................................................ 516.1 Forschungsdesign .................................................................................................... 51

6.1.1 Forschungsmethode ........................................................................................... 516.1.2 Forschungsmaterial ............................................................................................ 53

6.2 Vorgehensweise ....................................................................................................... 56

7 Ergebnisse ....................................................................................................................... 607.1 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse .................................................. 60

7.1.1 Formale Daten ..................................................................................................... 607.1.2 Storytelling .......................................................................................................... 637.1.3 Archetypische Merkmale .................................................................................. 75

7.2 Beantwortung der Forschungsfragen ................................................................... 82

8 Zusammenfassung und Ausblick ................................................................................ 85

9 Literatur ........................................................................................................................... 88

Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... 93

Tabellenverzeichnis ............................................................................................................... 94

Anhang .................................................................................................................................... 95

Eidesstattliche Erklärung .................................................................................................... 101

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Kurzfassung Die Masterarbeit beschäftigt sich mit dem Einsatz von Storytelling zur archetypischen Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen.

In den letzten Jahren hat sich die politische Kommunikation verändert. Aufgrund der Tatsache, dass Informationen jederzeit und überall abrufbar sind, können PolitikerInnen leichter verglichen werden und müssen immer mehr für Differenzierung sorgen. Damit sich politische Akteure im Wahlkampf von der Konkurrenz abheben, müssen sie ihre Werte und Einstellungen glaubhaft vermitteln und gleichzeitig die Aufmerksamkeit der WählerInnen durch gezielte, konstante Kommunikationsaktivitäten erlangen.

Als nachhaltige Kommunikationsform kann Storytelling dazu beitragen, dass die Botschaft einer Kampagne schnell in den Köpfen der Menschen verankert wird und die Meinungen und Einstellungen der BürgerInnen beeinflusst werden. Als Bestandteile von Geschichten liefern Archetypen einen einfachen Wiedererkennungswert und sorgen dadurch für eine klare und vertraute Identität der Figuren.

Um das Potenzial für die archetypische Inszenierung im Storytelling erfolgreicher PolitikerInnen aufzuzeigen, beschäftigt sich diese Masterarbeit mit dem Einsatz von Storytelling auf Online-Kommunikationskanälen erfolgreicher PolitikerInnen. Anhand einer Inhaltsanalyse wurden 451 Beiträge von internationalen PolitikerInnen auf Storytelling-Elemente und archetypische Merkmale untersucht.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass Storytelling zur archetypischen Inszenierung von erfolgreichen PolitikerInnen eingesetzt wird. Es konnte jedoch kein konstanter und systematischer Einsatz von Storytelling nachgewiesen werden, weil ein Großteil der Beiträge nicht als Storytelling-Beiträge einzuordnen war und damit auch keine archetypischen Merkmale vermittelt wurden.

74 Prozent der untersuchten Storytelling-Beiträge weisen archetypische Merkmale auf. Dabei wurden vier Archetypen besonders häufig in den Beiträgen wiedergefunden. Diese sind: der/die HeldIn, der/die MagierIn, der/die Unschuldige und der/die GeberIn. Auf der anderen Seite konnten die Archetypen der/die Gesetzlose, der Narr/die Närrin und der/die SchöpferIn nicht in der politischen Kommunikation identifiziert werden.

Eine weitere wichtige Erkenntnis war, dass vor allem bei längeren Beiträgen auf den Webseiten der politischen Akteure archetypische Inszenierung durch Storytelling stattfindet. Die archetypische Inszenierung wurde daher nicht auf allen Kommunikationskanälen konstant eingesetzt.

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Abstract Political communication has changed in recent years. The fact that information can be accessed anytime and anywhere makes it easier for citizens to make comparisons among politicians. That is why they are increasingly required to distinguish themselves from one another. As a result, in order to stand out from the competition in election campaigns, candidates must convey their values and attitudes in a credible manner, whilst attracting the voters' attention through targeted, continuous communication activities.

As a sustainable form of communication, storytelling can help to ensure that a campaign is quickly anchored in people's minds and can influence the opinions and attitudes of citizens. As components of stories, archetypes provide a simple recognition value and thus ensure a clear and familiar identity of the characters.

To show the potential of archetypal staging in the storytelling of successful politicians, this master thesis deals with the use of storytelling on online communication channels of successful politicians. Based on a content analysis, 451 contributions from international politicians were examined for storytelling elements and archetypal features.

Basically, it can be said that storytelling is used for the archetypal staging of successful politicians. However, no constant and systematic use of storytelling could be proven, because most of the contributions could not be classified as storytelling contributions and thus no archetypal features were conveyed.

74 percent of the storytelling articles examined contain archetypal characteristics. Four archetypes were found particularly frequently in the contributions. These are: the Hero, the Magician, the Innocent and the Caregiver. On the other hand, the archetypes "the Outlaw, the Jester and the Creator" could not be identified in political communication.

Another important finding was that archetypal staging takes place through storytelling, especially with longer contributions on the websites of the political actors. The archetypal staging was therefore not constantly used on all communication channels.

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1 Einleitung

1.1 Problemstellung Laut Statistik Austria (2017: 70-71) verfügten im Jahr 2016 bereits 85 Prozent aller österreichischen Haushalte mit einem Haushaltsmitglied zwischen 16 und 74 Jahren über einen Internetzugang. Neben Online-Shopping und Urlaubsbuchungen werden demnach auch Bücher, Zeitschriften und Zeitungen immer öfter „online“ von den ÖsterreicherInnen gelesen.

Die Zufriedenheit mit den verfügbaren Informationen im Internet zum Thema „Politik“ ist quer durch alle Altersschichten am geringsten. Gerade das jüngere Publikum möchte mehr Informationen „online“ erhalten und erwartet sich deshalb Online-Auftritte von PolitikerInnen und Parteien. (vgl. TNS Infratest, Digitales Österreich 2015: 161)

Politische Kommunikation ist besonders vom Medienwandel der letzten Jahre betroffen. Die Erhöhung der Reichweiten und der Nutzungsmöglichkeiten der Massenmedien haben die Handlungsmöglichkeiten der Politik erweitert und bringen auch für die BürgerInnen neue Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und Partizipation (vgl. Schulz 2011: 19). Auch deshalb ist es notwendig, dass PolitikerInnen ihre Kommunikationsaktivitäten laufend an die aktuellen technologischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten anpassen.

Das Internet steht den politischen Akteuren hierbei als schneller und günstiger Informationskanal zur Verfügung. Parteien und PolitikerInnen nutzen eigene Webseiten und soziale Medien, um aktuelle Pressemeldungen und Informationen direkt an die WählerInnen zu übermitteln. Diese Form der Kommunikation eignet sich besonders, um spezielle Wählergruppen zielgenau zu informieren und mit ihnen aktiv zu kommunizieren. (vgl. Schulz 2011: 228-229)

Vor allem in der Wahlkampf-Phase ist es wichtig, dass die WählerInnen Informationen erhalten und diese auch aktiv wahrnehmen. Schulz (2011: 239) ist der Ansicht, dass die Personalisierung in der Wahlkampfkommunikation dafür sorgen kann, dass die SpitzenkandidatInnen der Parteien sowie deren Charaktereigenschaften und oft auch deren Privatleben in den Vordergrund der Kommunikationsaktivitäten gestellt werden.

Um ihre „menschliche Seite“ zu zeigen, müssen politische Akteure Charaktereigenschaften wie Ehrlichkeit und Integrität, aber auch Details aus ihrem Privatleben in ihre Kommunikationsstrategie integrieren und erhalten dadurch eine Schlüsselrolle im Zuge der Kommunikationsaktivitäten (vgl. Schulz 2011: 239-240). In diesem Rahmen kann Storytelling zum Einsatz kommen.

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Beim Storytelling steht der Mensch im Mittelpunkt – als Sender und als Empfänger von Informationen. Menschen versuchen sich mit den Geschichten und den Figuren darin zu identifizieren, was auch ein Grund dafür ist, warum Geschichten länger in Erinnerung bleiben als bloße Fakten. (vgl. Thier 2006: 2)

Ergänzend schreibt Thier (2006: 2), dass Geschichten Menschen dazu anregen, sich intensiv mit dem kommunizierten Thema zu beschäftigen. Sie machen neugierig und lösen Emotionen aus. Dies ist gerade in der politischen Kommunikation wichtig, da komplexe Sachverhalte anschaulich und nachvollziehbar vermittelt werden können. Dabei geben Geschichten nicht nur ein Gefühl von Vertrautheit, sondern werden im Vergleich zu nüchternen Fakten oder Berichten auch als realitätsnäher empfunden. (vgl. Thier 2006: 11)

Geschichten können einen archetypischen Charakter aufweisen (vgl. Roesler 2016: 26-27). Damit sie realitätsnah vermittelt werden können, werden archetypische Figuren erschaffen und Konflikte aufgegriffen, die in jeder Kultur verankert sind (vgl. McKee 2013: 11). Archetypen sind mit deutlich spürbaren Emotionen verbunden, denn die erlebten Erfahrungen wirken in gewisser Weise machtvoll und in manchen Fällen beängstigend (vgl. Roesler 2016: 20).

Gegensätze wie Nähe und Distanz, Abhängigkeit und Unabhängigkeit oder Gemeinschaft und Eigensinn werden in archetypischen Geschichten personifiziert (vgl. Roesler 2016: 22-23).

Das kollektive Unbewusste existiert in allen Menschen und wurde nicht aus persönlicher Erfahrung entwickelt. Es drückt sich durch Archetypen aus, das heißt durch universelle Denkformen oder geistige Bilder, welche unbewusst die Handlungen und Gefühle jedes Menschen beeinflussen. Diese Archetypen prägen menschliche Beziehungen, ohne dass es uns bewusst ist. (vgl. Butler-Bowdon 2007: 302)

Aus der Bedeutung des Internets und der Personalisierung für die politische Kommunikation und dem damit verbundenen Einsatz von Storytelling ergibt sich das Thema für diese Masterarbeit. Geschichten können dabei helfen, Emotionen und Vertrauen zu erzeugen, was erforderlich ist, um WählerInnen nachhaltig zu erreichen und zu beeinflussen. Bei ihren Kommunikationsaktivitäten können politische Akteure auf archetypische Figuren zurückgreifen, die unbewusst die Handlungen und Gefühle sowie auch die Entscheidungsfindung von WählerInnen beeinflussen.

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1.2 Zielsetzung und Forschungsfrage Aus der These, dass Storytelling strategisch in der politischen Kommunikation eingesetzt werden kann, um archetypische Figuren zu vermitteln, leitet sich die Forschungsfrage für diese Masterarbeit ab:

• Welche Potenziale bietet der Einsatz von Storytelling zur archetypischen Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen?

Weitere Fragestellungen lassen sich wie folgt ableiten:

• Wie stark wird Storytelling bei der Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen angewandt?

• Welche archetypischen Merkmale kennzeichnen die Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen?

• Wie stark wird diese archetypische Inszenierung über die Kommunikationskanäle hinweg durchgehalten?

• Wie bewusst werden Archetypen in der politischen Kommunikation eingesetzt?

Es soll herausgearbeitet werden, welche archetypischen Merkmale erfolgreiche PolitikerInnen kennzeichnen und ob es Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede gibt. Alle politischen Akteure, die für die Analyse herangezogen werden, konnten bereits eine Wahl zu ihren Gunsten entscheiden. Daher ist es von besonderem Interesse herauszufinden, ob es archetypische Merkmale gibt, die häufig mit politischen Akteuren verknüpft werden und damit einen Einfluss auf die Wahlentscheidung haben könnten.

In weiterer Folge soll geklärt werden, ob diese archetypischen Merkmale über mehrere Kommunikationskanäle (Website, Facebook, Instagram) hinweg präsent sind, das heißt inwieweit Storytelling bewusst eingesetzt wird, um Archetypen zu kommunizieren.

Als Nichtziel der Masterarbeit kann die Analyse von Beiträgen und Materialien aus Print-Erzeugnissen angeführt werden. Des Weiteren wird auch der Interaktionserfolg der Beiträge (z.B. in Form von Kommentaren und „Gefällt mir“-Angaben) nicht in der Analyse berücksichtigt.

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1.3 Aufbau und methodisches Vorgehen In diesem Kapitel wird der Aufbau der Arbeit näher dargestellt und es wird auf die einzelnen Kapitel näher eingegangen.

Im Literaturteil werden die Themen Storytelling, Archetypen und politische Kommunikation behandelt.

In Kapitel 2 werden zunächst die Begriffe „Story“ und „Storytelling“ definiert und erörtert. Das Kapitel beinhaltet ebenfalls die Kernelemente von Geschichten, die Wirkung von Geschichten und deren Bedeutung für die politische Kommunikation.

In Kapitel 3 werden die Archetypen definiert und ihre Geschichte erläutert. Die Arten von Archetypen sind ein wichtiger Bestandteil des Kapitels, da die Ausarbeitung als Grundlage für die Inhaltsanalyse dient. Außerdem wird erörtert wie Archetypen im Storytelling eingesetzt werden können.

Im anschließenden Kapitel 4 werden Archetypen in der politischen Kommunikation betrachtet. Dazu ist es erforderlich, politische Kommunikation zu definieren und abzugrenzen. Außerdem wird besonders auf die politische Kommunikation im Zuge von Wahlkämpfen und auf das Zusammenspiel von Personifizierung und archetypischer Inszenierung eingegangen.

Nachdem in Kapitel 5 ein Zwischenfazit gezogen wird, erfolgt in Kapitel 6 die empirische Untersuchung. Hier wird nochmals das Untersuchungsziel beschrieben. Das Unterkapitel Forschungsdesign beinhaltet die genaue Beschreibung der Forschungsmethode und die Kriterien für die Auswahl des Forschungsmaterials. Zudem wird die genaue Vorgehensweise der Inhaltsanalyse erläutert.

In Kapitel 7 werden die Ergebnisse der Inhaltsanalyse dargestellt und interpretiert. Die Ergebnisse sollen Aufschluss darüber geben, ob Storytelling zur archetypischen Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen verwendet wird. Auf Basis dieser Ergebnisse werden am Ende des Kapitels die Forschungsfragen beantwortet.

Kapitel 8 enthält eine Zusammenfassung sowie einen Ausblick zum Thema.

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2 Storytelling In diesem Kapitel werden zunächst die Begriffe „Story“ und „Storytelling“ definiert. Anschließend werden die Elemente von Geschichten aufgezählt und erläutert. Die Elemente sind auch für den empirischen Teil dieser Masterarbeit von großer Relevanz. In den weiteren Unterkapiteln wird erläutert, welche Wirkung Geschichten erzielen können und welche Bedeutung diese Wirkung für die politische Kommunikation hat.

2.1 Begriffsdefinition „Story“ Für den Begriff Story liegt in der Literatur keine verbindliche Definition vor, was einerseits daran liegt, dass es sich hierbei um keinen wissenschaftlichen Begriff handelt, aber auch daran, dass der Begriff den meisten Menschen aus dem alltäglichen Sprachgebrauch geläufig ist. Deshalb gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, was eine Geschichte ausmacht und wie man sie definiert. (vgl. Littek 2011: 110)

James N. Frey (1993: 85) definiert eine Geschichte wie folgt:

„Eine Geschichte ist eine Schilderung von folgenschweren Ereignissen, an denen bemerkenswerte menschliche Figuren beteiligt sind, die sich infolge dieser Ereignisse verändern.“

Demnach ist es bei Geschichten erforderlich, dass menschliche Wesen beteiligt sind, damit Interesse und Aufmerksamkeit erzeugt werden kann. Auf diese Weise können beim Leser emotionale Reaktionen ausgelöst werden. Außerdem müssen sich die Figuren im Zuge eines Konflikts verändern, damit eine Geschichte vorliegt. (vgl. Frey 1993: 84)

Frenzel, Müller und Sottong (2006: 76) bestimmen die Grundelemente einer Geschichte wie folgt:

„Jede Geschichte hat einen Protagonisten (Helden), eine Ausgangssituation; eine Endsituation. Zwischen Ausgangs- und Endsituation geschieht eine Transformation (Veränderung), die dazu führt, dass Ausgangszustand und Endzustand sich unterscheiden.“

Wie auch bei Frey ist auch bei der Definition von Frenzel, Müller und Sottong das Existieren von Ereignissen erforderlich, damit eine Geschichte vorliegt. Eine Geschichte kann zwar mehrere Ereignisse beinhalten, aber im Mittelpunkt steht ein zentrales Ereignis als Dreh- und Angelpunkt (vgl. Frenzel, Müller und Sottong 2006: 54). Damit eine Geschichte erzählenswert ist, muss ein Konflikt oder ein Problem für eine Veränderung im Zuge der Handlung sorgen (vgl. Frenzel, Müller und Sottong 2006: 83).

Lahn und Meister (2016: 19) beschreiben eine Geschichte („Story“) als

„[...] Geschehenszusammenhang, der im Diskurs vom Erzähler vermittelt wird.“

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Eine Geschichte ist demnach das „Was der Erzählung“, eine fiktionale Welt, die von Figuren und Dingen bevölkert ist und in der sich bestimmte Geschehnisse ereignen. Die Geschichte unterscheidet sich vom Diskurs – dem „Wie der Erzählung“, also der sprachlichen Mitteilung, die der/die ErzählerIn von diesen Gegenständen und Ereignissen in der Geschichte liefert. Als die fünf Parameter der Erzählung fungieren die Thematik, die Handlung, die Figuren, der Raum und die Zeit. (vgl. Lahn und Meister 2016: 208)

Littek (2011: 118) versteht unter einer Geschichte

„[...] die Schilderung von besonderen Ereignissen, an denen ein oder mehrere Protagonisten beteiligt sind.“

Der/Die ProtagonistIn wird als wesentliches Merkmal von Geschichten angesehen. Er/Sie ist der/die HeldIn der Geschichte und gleichzeitig die Figur, von der die Handlung lebt. Der/Die ProtagonistIn muss nicht zwingend menschlich sein. Wenn der/die ProtagonistIn aber gleichzeitig eine interessante Persönlichkeit verkörpert, wird die Geschichte als spannend und interessant empfunden. (vgl. Littek 2011: 117-118)

Es kann festgehalten werden, dass, abgesehen von Lahn und Meister, alle AutorInnen Ereignisse und Figuren als wesentliche Elemente von Geschichten in ihren Definitionen anführen. Lahn und Meister heben vor allem den notwendigen Zusammenhang zwischen den einzelnen Geschehnissen im Rahmen einer Geschichte hervor. Eine weitere Besonderheit von Geschichten ist die Veränderung, die im Laufe der Geschichte durch die Ereignisse erfolgt. Das heißt, es gibt einen Unterschied (eine Transformation) zwischen Anfangszustand und Endzustand.

2.2 Begriffsdefinition „Storytelling“ Für die Organisationskommunikation definiert Ettl-Huber (2014: 18) den Begriff Storytelling als

„[...] der strategische Einsatz von Stories für die Ziele der Organisationskommunikation.“

Sie hebt die Bedeutung der Zielgerichtetheit und Zielgruppenorientierung sowie der Inszenierung im weiteren Sinne hervor. Storytelling wird bewusst eingesetzt, um die Ziele der Organisationskommunikation zu erreichen. Wenn nur vereinzelt Stories in einer Organisation auftauchen, dann handelt es sich nicht um strategisches Storytelling. Die Verwendungsbereiche von Storytelling sind vielfältig. Neben der internen und externen Organisationskommunikation, sind auch die Onlinekommunikation, die Werbung und die Führungskommunikation (Ansprachen, Reden) mögliche Einsatzfelder. (vgl. Ettl-Huber 2014: 18)

Schach (2016: 12) ergänzt die Definition und hebt dabei die Bedeutung zur Erreichung der Ziele eines Unternehmens hervor:

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„Storytelling ist der strategische Einsatz von Geschichten in der Unternehmenskommunikation zur Erreichung definierter kommunikativer Unternehmensziele.“

Geschichten werden also bewusst eingesetzt, um bestimmte kommunikative Unternehmensziele zu erreichen. Geschichten werden nicht nur mündlich übermittelt, sondern auch in der schriftlichen Kommunikation eingesetzt. Dabei sollen die Werte und Kernbotschaften des Unternehmens vermittelt werden. (vgl. Schach 2016: 11-12)

Hillmann (2011: 63-64) bezeichnet Storytelling als

„[...] eine Methode, die systematisch geplant und langfristig ausgelegt Fakten über ein Unternehmen in Form von authentischen, emotionalen Geschichten vermittelt, die bei den wichtigen internen und externen Bezugsgruppen nachhaltig in positiver Erinnerung bleiben.“

Informationen und Wissen sollen mit interessanten Geschichten verbreitet werden (vgl. Hillmann 2011: 63).

Adamczyk (2015: 29) definiert Storytelling als

„[...] eine narrative Kunst. Wie jede Kunst findet es immer in einem kulturellen Kontext statt (Stamm, Nationalität, Sprache, Institution oder z.B. Unternehmen). Es interpretiert und verwertet von der kulturellen Tradition überlieferte Erzählmuster, beobachtet Veränderungen in der Gegenwart und spiegelt das Beobachtete in neuen Erzählmustern wider.“

Er weist daraufhin, dass Storytelling ein wirkungsvolles Kommunikationsinstrument ist, mit dem Erfahrungen spannend und überzeugend weitergegeben werden können, sodass sie auch nachempfunden werden können. Damit kann Verständnis für die Denk- und Handlungsmuster erzeugt werden, wodurch anschließend auch Zusammengehörigkeit und Solidarität entsteht. (vgl. Adamczyk 2015: 30)

Für Herbst (2014: 11) bedeutet Storytelling in den Public Relations (PR)

„[...] den internen und externen Bezugsgruppen Fakten über das Unternehmen gezielt, systematisch geplant und langfristig in Form von Geschichten zu erzählen.“

Storytelling hat zur Aufgabe Aufmerksamkeit zu erregen, Informationen zu übermitteln und diese im Gedächtnis der ZuhörerInnen leichter abrufbar zu machen sowie Gefühle auszulösen. Bei den Inhalten muss es sich um Daten und Fakten handeln, die glaubwürdig vermittelt werden. Gleichzeitig enthalten Geschichten nicht nur positive Informationen, sondern auch Probleme und Konflikte, die gelöst werden müssen. (vgl. Herbst 2014: 11-13)

Für Frenzel, Müller und Sottong (2006: 3) bedeutet Storytelling

„[...] Geschichten gezielt, bewusst und gekonnt einzusetzen, um wichtige Inhalte besser verständlich zu machen, um das Lernen und Mitdenken der

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Zuhörer nachhaltig zu unterstützen, um Ideen zu streuen, geistige Beteiligung zu fördern und damit der Kommunikation eine neue Qualität hinzuzufügen.“

Der Unterhaltungsfaktor steht bei dieser Definition nicht im Vordergrund, wichtiger ist es, dass die Inhalte, die mit einer Geschichte vermittelt wurden, im Gedächtnis bleiben (vgl. Frenzel, Müller und Sottong 2006: 3).

Ettl-Huber, Schach, Hillmann und Herbst heben bei ihren Definitionen vor allem die Bedeutung von Storytelling für Unternehmen bzw. Organisationen hervor. Nach Schulz (2011: 16) handelt es sich bei Organisationen, Gruppen und Verbänden um kollektive Akteure. Wenn diese in einer politischen Rolle handeln, können sie als politische Akteure bezeichnet werden.

Die AutorInnen weisen darauf hin, dass es sich beim Storytelling um eine nachhaltige, gezielte und bewusst eingesetzte Kommunikationsform handelt. In diesem Zusammenhang kann festgehalten werden, dass Storytelling als Bestandteil der Organisationskommunikation auch für politische Organisationen eingesetzt werden kann, um Informationen authentisch zu vermitteln, sodass sie über einen längeren Zeitraum in den Köpfen der Menschen verankert werden.

2.3 Elemente von Geschichten Jede Geschichte weist bestimmte Elemente als Basis auf. Fog et al. (2010: 33) nennen als Basiselemente die Botschaft, die Handlung, den Konflikt und die Charaktere.

Für Herbst (2014: 91) bestehen Geschichten aus Handelnden und einer Handlung, die zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten stattfindet.

Lahn und Meister (2016: 71) unterscheiden drei Dimensionen des Erzähltextes. Bei den drei Dimensionen handelt es sich um den/die ErzählerIn (Wer erzählt?), den Diskurs (Wie wird erzählt?) und die Geschichte (Was wird erzählt?).

Für die Analyse ist vor allem die inhaltliche Ebene von Geschichten relevant. In diesem Zusammenhang nennen Lahn und Meister (2016: 204) fünf inhaltliche Dimensionen: Thematik, Handlungs- und Geschehensfolge, Figuren, Raum und Zeit.

Silvia Ettl-Huber (2014: 16) hat in ihrem Analyseschema die Dimensionen Geschichte und Diskurs verbunden und in diesem Rahmen acht Elemente von Stories festgelegt: Thematik, Handlung, Figuren, Raum, Zeit, Erzählinstanz, Rede und Stil. Die Elemente werden in Tabelle 1 aufgelistet und näher beschrieben. Die ersten fünf Elemente werden auch als konstituierende Elemente bezeichnet und beschäftigen sich mit dem „Was?“ einer Geschichte. Wenn diese Elemente nicht vorhanden sind, handelt es sich vermutlich nicht um eine Geschichte. Die anderen drei Elemente sind das „Wie?“ der Geschichte.

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Es müssen nicht zwingend alle Elemente vorhanden sein, um von einer Geschichte sprechen zu können.

Von besonderer Bedeutung ist die Handlung einer Geschichte. Sie definiert sich durch die Aspekte Ereignis („Event“), das Geschehen als chronologische Folge von Ereignissen („Series of Events“), die Geschichte („Story“), welche die Motive in einen kausalen Zusammenhang bringt und das Handlungsschema („Plot“). (vgl. Ettl-Huber 2014: 14-15)

Element Beschreibung

Thematik Ist ein klar ersichtliches Thema vorhanden? Gibt es ein erkennbares Motiv in Form von archetypischen Plots?

Handlung Gibt es kausal und zeitlich verknüpfte Ereignisse? Verändert sich die Geschichte im Verlauf? Ist ein Konflikt vorhanden?

Figuren Gibt es Figuren, welche die Handlung tragen (Personen, Organisationen)? Werden diese Figuren genannt und beschrieben?

Raum Wird ein Raum genannt und dieser auch näher beschrieben?

Zeit Zieht sich die Geschichte über einen Zeitraum?

Erzählinstanz Gibt es einen offensichtlichen Erzähler? Hat die Geschichte eine Erzählperspektive?

Rede Gibt es direkte oder indirekte Reden? Gibt es innere Monologe?

Stil

Wird der stilistische Ausdruck mit dem Geschehen in Einklang gebracht? Werden Stilfiguren (Metaphern, Aufzählungen) eingesetzt? Wird die Sprache der Erzählintention angepasst?

Tabelle 1: Story-Elemente nach Ettl-Huber (2014: 16) (Eigene Darstellung)

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Elemente wie zum Beispiel die Handlung und die Figuren von allen angeführten AutorInnen als zentrale Bestandteile von Geschichten angesehen werden. Die Elemente von Stories nach Ettl-Huber werden in den nächsten Unterkapiteln näher beschrieben, weil diese auch im empirischen Teil dieser Arbeit zur Analyse des Untersuchungsmaterials verwendet werden. Bei der Beschreibung der Elemente werden auch Sichtweisen anderer AutorInnen berücksichtigt.

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2.3.1 Thematik Zur Beschreibung des Themas ziehen Lahn und Meister (2016: 209) die Begriffe Stoff und Thematik heran. Die Begriffe unterscheiden sich durch den Abstraktionsgrad. Unter Stoff kann man den Inhalt bzw. das Geschehen einer Erzählung verstehen. Darunter fallen auch Figuren, Schauplatz, Ausgangssituation, Konflikt, Geschehensverlauf und Ausgang. Das Thema bezeichnet mit abstrakten Begriffen die sich im dargestellten Stoff manifestierende Idee, das heißt die Gesamtstruktur des Erzähltextes organisierende Problem. (vgl. Lahn und Meister 2016: 209)

Das Thema eines Textes wird meist nicht explizit genannt, dadurch ist eine Interpretation durch den Leser notwendig (vgl. Lahn und Meister 2016: 211). Die thematische Eingrenzung eines Textes geschieht aktiv durch den Leser bzw. die Leserin und wird vom Wissensstand, den Erfahrungen und den Wertvorstellungen beeinflusst (vgl. Lahn und Meister 2016: 212).

Um den thematischen Rahmen zu bestimmen, können folgende Leitfragen herangezogen werden (vgl. Lahn und Meister 2016: 214):

• Paratexte: Hinweise durch Titel oder Untertitel durch den Autor oder die Autorin

• Konventionen: Konventionelle Indizien (Gattungs- oder Genrebezeichnungen, tradierte Stoffe und Motive, sprechende Namen)

• Intertextualität: Indizien durch Anspielungen, Zitate, Figuren

• Primäre Rahmung: Über Textindizien belegbare Grundoppositionen, die auf einen abstrakten Begriff schließen lassen

• Modulation: Abstrakte Grundopposition auf einen neuen konkreten Gegenstandsbereich (Allegorie, Symbolik)

Das Story-Dreieck nach Robert McKee

Unter einem Plot versteht man das innerlich folgerichtige, zusammenhängende Muster von Ereignissen, welche sich durch die Zeit bewegen, um eine Story zu formen und zu gestalten (vgl. McKee 2013: 53).

Eine Story dreht sich um einen aktiven Protagonisten. Dieser kämpft gegen äußere antagonistische Kräfte und verfolgt sein Ziel in fortschreitender Zeit im Rahmen der konsistenten, kausalen fiktiven Realität. Am Ende hat er eine absolute, irreversible Veränderung erfahren. (vgl. McKee 2013: 56)

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McKee (2013: 69) unterscheidet drei verschiedene Plot-Typen:

Archeplot

Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein/e einzelne/r ProtagonistIn, der/die aktiv und dynamisch agiert und hartnäckig sein/ihr Ziel verfolgt. Dabei scheut er/sie keine direkten Konflikte mit anderen Figuren. Der Archeplot hat ein geschlossenes Ende, das heißt alle Fragen, die in der Geschichte aufkommen, werden am Ende beantwortet und alle hervorgerufenen Gefühle werden befriedigt. Es wird eine Ursache und Wirkung geschaffen und gezeigt, wie diese Wirkung zur nächsten Ursache für eine weitere Wirkung wird. Es herrscht ein Netzwerk von Kausalitäten. Beim Archeplot steht der äußere Konflikt im Fokus und dadurch die persönlichen Beziehungen mit gesellschaftlichen Institutionen oder mit Kräften in der physischen Welt im Vordergrund. Der Archeplot verläuft in linearer Zeit, er beginnt zu einem gewissen Zeitpunkt und verläuft kontinuierlich bis zum Ende. (vgl. McKee 2013: 58-63)

Miniplot

Beim Miniplot können mehrere ProtagonistInnen in kleinen Storys im Subplot-Format agieren. Der/Die ProtagonistIn im Miniplot verhält sich eher passiv und reaktiv, da ihm/ihr ein innerer Kampf auferlegt wurde. Beim Miniplot kann das Ende teilweise offen sein. Es werden zwar einige Fragen des Publikums beantwortet, aber nicht alle. Schlussendlich bleibt es dem Publikum überlassen im Anschluss nach Antworten zu suchen. Alle Handlungen und Ereignisse, die vorausgegangen sind, führen zu klaren und begrenzten Alternativen, die ein Maß an Abschluss ermöglichen. Die Konflikte des Protagonisten bzw. der Protagonistin beziehen sich in erster Linie auf die eigenen, bewussten oder unbewussten Gedanken und Gefühle. Aus diesem

Abbildung 1: Das Story-Dreieck nach McKee (2013: 69) (Eigene Darstellung)

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Grund können Veränderungen praktisch unsichtbar sein, weil sie auf der Ebene des inneren Konflikts auftreten. (vgl. McKee 2013: 58-69)

Antiplot

Der Antiplot widerspricht traditionellen Story-Formen und neigt dabei zu Extravaganz und Übertreibung (vgl. McKee 2013: 57). Er wird in nichtlinearer Zeit erzählt. Die Handlungen springen durch die Zeit oder werden kontinuierlich vermischt, so dass das Publikum nicht weiß, was zuvor und was danach passiert ist. Es werden Kausalitäten durchbrochen und es können auch wahllos Ereignisse vermischt werden (vgl. McKee 2013: 62-63). Dafür dürfen bewusst Regeln gebrochen werden (vgl. McKee 2013: 65).

Nonplot

Beim Nonplot befinden sich Geschichten in einem Stillstand. Die Figur befindet sich am Ende der Geschichte im selben Zustand wie am Anfang der Geschichte. Obwohl beim Nonplot grundsätzlich formale und rhetorische Strukturen sowie ein Informationsgehalt vorhanden sind, wird keine Geschichte erzählt. Das ist auch der Grund, warum der Nonplot nicht im Story-Dreieck enthalten ist. (vgl. McKee 2013: 69-70)

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass für das Storytelling in der politischen Kommunikation der Archeplot mit einem einzelnen Protagonisten bzw. einer einzelnen Protagonistin und einem geschlossenen Ende und der Miniplot mit mehreren ProtagonistInnen und einem teilweise offenen Ende am interessantesten sind. Auch der Antiplot käme infrage, da PolitikerInnen sich bei ihrer Kommunikation häufig auf vergangene Ereignisse beziehen und dabei die Zeiten vermischen.

2.3.2 Handlung Nach Lahn und Meister (2016: 215) liegt eine Handlung vor,

„[...] wenn jemand etwas tut oder wenn etwas passiert, oder wenn uns von solchen Vorkommnissen erzählt wird.“

Damit man von einer Handlung sprechen kann, müssen zwei miteinander verknüpfte Ereignisse vorliegen. Es muss sowohl ein zeitlicher als auch ein kausaler Zusammenhang zwischen den vorherrschenden Ereignissen vorhanden sein. (vgl. Lahn und Meister 2016: 215)

Beim objektiven Handlungskonzept wird davon ausgegangen, dass Handlungen als Tatsachen oder Prozesse existieren, unabhängig davon ob sie von jemandem beobachtet werden oder nicht. Im Gegensatz dazu geht das konstruktive Handlungskonzept davon aus, dass eine Handlung ein ideelles Gebilde ist. Handlungen entstehen nicht durch die Beobachtung von Geschehnissen oder Ereignissen, sondern durch die Interpretation. Sie sind das Ergebnis der Schlussfolgerungen aus dem Beobachteten. Dadurch fließen Wissensstände und Vorannahmen in die Handlung ein. Für die Analyse von

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Texten ist vor allem das konstruktive Handlungskonzept relevant. (vgl. Lahn und Meister 2016: 220)

Die Handlungen innerhalb einer Geschichte sind demnach aufeinander bezogen und hängen voneinander ab, auch wenn der Zusammenhang nicht immer auf den ersten Blick erkennbar ist. Sie müssen ins Gesamtgefüge integriert werden und können auch mehrmals in einer Geschichte wieder aufgegriffen werden. (vgl. Littek 2011: 121)

Damit sich eine spannende Geschichte entwickeln kann, sind Konflikte notwendig. Bei einem Konflikt treffen gegensätzliche Kräfte aufeinander, das heißt die Wünsche einer Figur treffen auf Widerstand. Dabei kann es sich um eine Auseinandersetzung zwischen Menschen, aber auch zwischen Menschen und Normen, dem Menschen und der Gesellschaft, der Natur oder der Technik oder sogar dem Schicksal handeln. Tritt ein Konflikt auf, wird die Ordnung gestört und es muss eine Lösung gefunden werden. Dadurch entwickelt sich die Handlung der Geschichte, der Konflikt ist demnach der Treibstoff einer jeden Geschichte. Dialoge werden interessanter und spannender, wenn dabei nicht nur Informationen ausgetauscht werden, sondern auch Konflikte ausgetragen werden. Der Konflikt trägt dazu bei, dass Spannung aufgebaut wird. (vgl. Littek 2011: 119)

Die treibende Kraft einer guten Geschichte ist also der Konflikt. Ohne diesen gibt es keine Geschichte. Es liegt in der Natur des Menschen, dass dieser nach Balance und Harmonie im Leben sucht. Wenn die Umgebung des Menschen nicht in Einklang ist, ist diese Harmonie gestört und er tut alles, um sie wiederherzustellen. Unangenehme Situationen, Stress- und Angstgefühle wollen vermieden werden. Das ist der Grund, warum bei einem Problem instinktiv nach einer Lösung gesucht wird. Ein Konflikt zwingt die Menschen zum Handeln. Konflikte in Geschichten gehen demnach von Charakteren aus. Jeder Charakter spielt eine spezifische Rolle und bildet damit einen aktiven Teil in der Geschichte. Während des Übergangs vom Beginn der Veränderung bis hin zur Lösung des Konflikts wird eine Geschichte lebendig. Ohne diesen Übergang würde Stillstand herrschen und damit keine Geschichte vorliegen. Der Lebensnerv einer Geschichte liegt im Spannungsfeld zwischen dem unberechenbaren Chaos und der vorhersehbaren Harmonie. Ein populäres Beispiel wäre der/die HeldIn, der/die sich auf die Suche nach einem Abenteuer macht und am Ende gesund und munter wieder nach Hause kommt. Im Storytelling wird die Botschaft durch den Konflikt vermittelt. Durch den Kampf zwischen Gut und Böse vermittelt der/die ErzählerIn seine/ihre Werte und die Botschaft an die EmpfängerInnen. Im Storytelling ist ein Konflikt nicht negativ, sondern eine grundlegende Voraussetzung, mit der der/die ErzählerIn seine/ihre Wahrnehmung von richtig und falsch kommunizieren kann. (vgl. Fog et al. 2010: 35-39)

Es ist nicht notwendig, dass eine Problematik permanent gelöst wird. Bei vielen Geschichten ist der Konflikt nur teilweise gelöst oder es erscheint ein neuer

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Konflikt am Ende der Geschichte. Ein offenes Ende ist ein kraftvolles und proaktives Werkzeug, das Denkanstöße liefert, die das Publikum zwingen darüber nachzudenken, was als Nächstes passiert. (vgl. Fog et al. 2010: 36)

Je größer der Konflikt, desto dramatischer wird die Geschichte. Der Konflikt sollte jedoch nicht übertrieben werden, damit dieser nicht zu verwirrend wirkt. Wenn eine Geschichte zu chaotisch erscheint, fällt es dem Publikum schwerer, dieser auch zu folgen. Völliges Chaos ist genauso langweilig wie totale Harmonie, daher es ist wichtig, die Geschichte im Gleichgewicht zu halten. (vgl. Fog et al. 2010: 37)

Es kann festgehalten werden, dass das Vorhandensein von zeitlich und kausal verknüpften Ereignissen ein zentraler Bestandteil von Storytelling-Beiträgen ist. Das Storytelling-Element „Handlung“ weist damit eine besondere Bedeutung für die Identifikation von Storytelling-Beiträgen auf.

2.3.3 Figuren Charaktere werden als Grundelement von Geschichten gesehen (vgl. Fog et al. 2010: 39). Polletta (2006: 9) ergänzt, dass alle Geschichten Charaktere haben und einen Standpunkt bzw. einen Blickwinkel, von dem die Ereignisse in der Geschichte erzählt werden. Die Charaktere müssen grundsätzlich keine Menschen sein, aber es wird erwartet, dass die Moral der Geschichte durch die Schicksale der Charaktere erlebt wird. Die Handlungen werden im Licht des Charakters beurteilt, den sie offenbaren. (vgl. Polletta 2006: 9)

Menschen in Geschichten haben eine wichtige Bedeutung, denn sie bieten den ZuhörerInnen bzw. LeserInnen die Chance sich mit ihnen zu identifizieren. Menschen können als Haupt- oder Nebenfiguren agieren. Die Hauptfiguren stehen im Mittelpunkt der Geschichte, häufig wird diese sogar aus ihrem Blickwinkel erzählt. Die zentralen Akteure von Geschichten sind der/die HeldIn, die ProtagonistInnen und die AntagonistInnen. Der Archetyp für den Protagonisten ist der Freund und Helfer. Sie unterstützen den Helden bzw. die Heldin bei ihren/seinen Plänen und Problemen. Als KonkurrentInnen des Helden bzw. der Heldin können die Antagonisten gesehen werden, denn sie äußern sich kritisch oder sogar negativ. (vgl. Herbst 2014: 91)

Um sich persönlich mit einer Geschichte identifizieren zu können, müssen sich die LeserInnen oder ZuhörerInnen auch mit den Charakteren identifizieren können. Das geschieht vor allem, wenn sie sich selbst in den Charakteren wiedererkennen. Darum muss beim Erzählen einer Geschichte die Zielgruppe des Publikums beachtet werden. Es ist leichter sich in eine Person hineinzuversetzen, die mit einem Konflikt konfrontiert ist, weil dadurch Gefühle wie Trauer, Verzweiflung, Freude, Angst oder Hoffnung hervorgerufen werden. (vgl. Fog et al. 2010: 41)

Am Ende des Lesens wird zumeist eine Art Beziehung zu den Figuren aufgebaut, das heißt es können sich Sympathien oder Antipathien gegenüber

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den Charakteren entwickeln und diese bleiben im Denken gegenwärtig. Daher sind wiederkehrende Figuren besonders willkommen. Geschichten werden nicht immer nur wegen der Handlung gelesen, auch ein Interesse an den Figuren kann eine Geschichte interessant machen. (vgl. Lahn und Meister 2016: 236-237)

Geschichten haben häufig einen ähnlichen Aufbau und daher werden oftmals vergleichbare Charaktere beobachtet, die den LeserInnen immer wieder begegnen. Es handelt sich dabei um die Archetypen, die vom Schweizer Psychologen Carl Gustav Jung erforscht wurden. (vgl. Littek 2011: 148)

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Figuren in dieser Arbeit eine wichtige Rolle einnehmen. Die Inszenierung einer Figur kann dazu beitragen, dass sich WählerInnen mit PolitikerInnen identifizieren können. Aus diesem Grund wird in Kapitel 3.3 näher auf die archetypischen Figuren in Geschichten eingegangen.

2.3.4 Raum Jedes Element in der fiktionalen Welt hat zu jedem Zeitpunkt seinen Ort. Räume werden visuell wahrgenommen, der Gesamteindruck eines Raums erschließt sich auf einen Blick. Je detaillierter ein Raum beschrieben ist, desto mehr gerät der Gesamteindruck aus dem Blick. Der Raum des Erzählers bzw. der Erzählerin wird auch als Erzählraum bezeichnet. Dieser wird häufig nicht im Text definiert und beschrieben, außer es handelt sich um Ich-Erzählungen. Der Ort bzw. die Orte, wo sich die Figuren aufhalten und agieren, wird als Handlungsraum bezeichnet. Hier finden die Geschehnisse der Geschichte statt. Jeder Raum im literarischen Text hat eine Bedeutung und kann nicht neutral oder leer sein. Der Raum und die Figuren sind häufig eng miteinander verbunden, denn Räume können zur Charakterisierung von Figuren dienen. Räume werden oftmals aus der Perspektive der Figuren wahrgenommen. Diese Wahrnehmung ist ein Teil der Persönlichkeit. (vgl. Lahn und Meister 2016: 249-252)

In einer Geschichte können ein oder mehrere Räume bzw. Orte auftreten, die mehr oder weniger ausführlich beschrieben werden. Die Beschreibungen können an den/die ErzählerIn oder an die Figur gebunden sein. Die Räume können im Verhältnis zueinanderstehen oder homogen sein. Das zeigt sich z.B. durch Bewegungen von einem Raum zum anderen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Auch das Verhältnis der Figuren zu den Räumen kann in Geschichten aufgegriffen werden. (vgl. Lahn und Meister 2016: 253-254)

Nach Herbst (2014: 113) finden Geschichten im Storytelling auf einer Bühne statt. Die Bühne wird von den Bezugsgruppen wahrgenommen und gespeichert. Die Geschichten können demnach im Heimatland oder überall auf der Welt stattfinden. Es kann zwischen einer Hauptbühne und einer Nebenbühne unterschieden werden. Die eigentliche Handlung ereignet sich auf der Hauptbühne, während auf der Nebenbühne die Platzhalter und

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Nebenfiguren agieren. Ein Ort bietet den Menschen die Möglichkeiten sich zu inszenieren und seine Bedeutung hervorzuheben und kann dabei helfen, die Botschaft der Geschichte zu übermitteln. (vgl. Herbst 2014: 113-115)

2.3.5 Zeit Im Gegensatz zum Raum kann die Zeit nicht visuell wahrgenommen werden, sondern man schließt durch stattgefundene Veränderungen auf das Verstreichen von Zeit. Die dargestellten Zustände und Ereignisse in erzählten Geschichten sind zeitlich situiert, das heißt sie haben einen Zeitverlauf und nehmen eine Zeitspanne ein, die aber nicht immer genau angegeben werden muss. Die Zeitangaben sind oft vage und der Zeitraum wird selten explizit genannt. Genauso wenig wie Altersangaben von Charakteren gehören Tagesabläufe von Figuren zur zeitlichen Dimension. Viel mehr trägt die Zeit zur Gestaltung der Ereignisse und des Gesamtgeschehens bei. In Stories findet das chronologische Aufeinanderfolgen von Geschehnissen statt, das heißt es gibt ein Vorher, ein Jetzt und ein Nachher, welches das Bewusstsein wahrnimmt. (vgl. Lahn und Meister 2016: 255-256)

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind besonders wichtig. Die Erfahrungen in der Vergangenheit prägen die Zukunft von darauffolgenden Geschichten. Geschichten können zeigen, warum Entscheidungen und Ereignisse zu dem wurden, was sie jetzt sind. Mit einem Blick in die Zukunft können ErzählerInnen zeigen, wohin die Reise geht. Beim Storytelling spielen auch die Aspekte der zeitlichen Ordnung, der Dauer und der Frequenz des Geschehens eine wichtige Rolle. Die Ordnung soll verdeutlichen, in welcher Reihenfolge ein Geschehen erzählt wird. Bei der Rückwendung (Analepse) wird nachträglich über Ereignisse berichtet, bei der Vorwegnahme (Prolepse) wird über ein in der Zukunft stattfindendes Ereignis berichtet. Die einzelnen Bestandteile müssen bei beiden Varianten sinnvoll angeordnet sein. Die Dauer beschreibt den Zeitrahmen, den eine Geschichte einnimmt. Die Frequenz drückt aus, wie oft eine Geschichte bzw. ein Ereignis erzählt wird. (vgl. Herbst 2014: 116-117)

2.3.6 Erzählinstanz Für den/die ErzählerIn kann auch der Begriff „Erzählinstanz“ herangezogen werden. Kein Erzähltext kann ohne einen Erzähler bzw. ohne eine Erzählerin auskommen. (vgl. Lahn und Meister 2016: 73)

ErzählerInnen können durch persönliche Kommentare oder moralische Beurteilungen selbst in Erscheinung treten oder im Hintergrund agieren, sodass das Publikum ihre Vermittlungsfunktion fast vergisst. ErzählerInnen können hierbei auf zwei Arten dargestellt werden. Die implizite Darstellung ist für jeden Erzähltext obligatorisch. Bei der expliziten Darstellung sind Bemerkungen des Erzählers bzw. der Erzählerin eingeschlossen. Dies kann durch die Ich-Form, die Namensnennung oder Angaben zur Biographie

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ausgedrückt werden. Des Weiteren kann zwischen einem/einer offenen und einem/einer verborgenen ErzählerIn differenziert werden. Der/Die offene ErzählerIn hat ein Persönlichkeitsprofil, welches durch den Text hervortritt. Beim verborgenen Erzähler bzw. bei der verborgenen Erzählerin erzählt sich die Handlung scheinbar von selbst. Die Vermittlungsfunktion gerät dadurch in den Hintergrund. (vgl. Lahn und Meister 2016: 74-75)

ErzählerInnen können zudem auch als Figur in der Geschichte auftreten. Dann erhalten sie im Laufe des Erzählens ein persönliches Profil, welches zum Beispiel durch den Namen oder weitere charakteristische Merkmale wie Alter, Geschlecht, Beruf etc. zum Ausdruck gebracht werden kann. (vgl. Lahn und Meister 2016: 76)

Bei der Trias der Erzählsituationen nach Stanzel kann zwischen drei Erzählertypen unterschieden werden (vgl. Lahn und Meister 2016: 88):

• Ich-Erzählsituation: Der/Die Ich-ErzählerIn schildert als berichtende Instanz die eigenen Erlebnisse.

• Auktoriale Erzählsituation: Der/Die auktoriale ErzählerIn kommentiert das Geschehen und kann den Figuren in Hirn und Herz schauen. Diese Perspektive kann auch als Außenperspektive bezeichnet werden.

• Personale Erzählsituation: Der/Die personale ErzählerIn tritt in den Hintergrund und schildert das Geschehen aus dem Blickwinkel einer einzigen Figur. Dieser Blickwinkel kann auch als Innenperspektive bezeichnet werden. Der Text weist somit keine/n offensichtliche/n ErzählerIn auf.

2.3.7 Rede Bei der Figurenrede können drei Hauptkategorien unterschieden werden, wobei von der zitierten bis zur erzählten Figurenrede eine graduelle Abnahme der Wörtlichkeit vorliegt (vgl. Lahn und Meister 2016: 129-135):

• Die zitierte Figurenrede gibt das, was die Figur sagt, wörtlich als direkte Rede wieder. Dadurch entsteht der Eindruck einer Verschriftlichung der mündlichen Äußerung, die authentisch wiedergegeben wird. Als grafisches Kennzeichen dient das Anführungszeichen.

• Die transponierte Figurenrede verwandelt eine Äußerung von einer direkten in eine indirekte Rede. Eine Modifizierung durch den Erzähler bzw. durch die Erzählerin ist möglich. Der Charakter der Figurenäußerung bleibt weitgehend erhalten, der Zitatcharakter geht jedoch verloren.

• Bei der erzählten Figurenrede muss der/die ErzählerIn die ursprüngliche Äußerung nicht wortgetreu wiedergeben, sondern seinen eigenen Sprachstil und seine eigenen Worte in die Erzählung

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integrieren. Die Informationsweitergabe wird in hohem Maß vom Erzähler bzw. von der Erzählerin kontrolliert.

Die Äußerungen der Figuren beziehen sich nicht nur auf die äußere Rede, sondern auch auf die innere Rede, das heißt auf die mentalen Prozesse wie Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen (vgl. Lahn und Meister 2016: 131). Beim „inneren Monolog“ findet kein Wechsel der Erzählung zwischen äußerlichen Handlungen und den inneren Vorgängen statt. Die Gedanken der Figur werden direkt, aber meist ohne Anführungszeichen, wiedergegeben. (vgl. Lahn und Meister 2016: 135-136)

2.3.8 Stil Nach Lahn und Meister (2013: 196) haben Stilmerkmale einen Einfluss auf die Wirkung von Texten. Schwer verständliche Texte können bedeuten, dass es dem/der AutorIn nicht gelungen ist, die sprachlichen Mittel überzeugend einzusetzen, können aber auch ein Zeichen für poetische Kraft der Erzählung sein.

Bei der normativen Poetik muss der Stil für den Inhalt sowie für das Publikum angemessen sein. In der klassischen Rhetorik werden drei Stilarten unterschieden (vgl. Lahn und Meister 2016: 198):

• Der niedere Stil hat eine belehrende Funktion und funktioniert bei anspruchslosen Inhalten und einfachen ProtagonistInnen.

• Der mittlere Stil soll milde Inhalte vermitteln.

• Der hohe Stil dient der Darstellung des Helden bzw. der Heldin, dessen/deren Schicksal bewegen soll.

Die normative Poetik setzt auf Einheitlichkeit von Texten, Stilbrüche und Normabweichungen werden nicht eingesetzt. Erzähltexte können jedoch auch in stilistischer Hinsicht dynamisch sein, wenn der Sprachstil sich dem Geschehen anpasst. (vgl. Lahn und Meister 2016: 199)

2.4 Wirkung von Geschichten Um ein Verständnis davon zu erlangen, wie Storytelling wirkt, wird im Folgenden die Wirkung von Geschichten und deren Einfluss speziell auf die politische Meinungsbildung näher erläutert.

Laut Simmons (2007: 27) sind Geschichten unverdaute, zusammenfassende und abschließende Berichte über tatsächliche Erfahrungen und geben den Menschen die Freiheit, zu ihren eigenen Schlussfolgerungen zu kommen. Auch wenn der/die ErzählerIn versucht, dass die Menschen zur richtigen Schlussfolgerung gelangen, geht es beim Storytelling vor allem um Vertrauen. Vertrauen kann am besten durch Erfahrungen aufgebaut werden. (vgl. Simmons 2007: 27-29)

Des Weiteren führt Simmons (2007: 14) aus, dass menschliches Verhalten subjektiv ist und objektives Denken beeinflussen kann. Die vergangenen,

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gegenwärtigen und zukünftigen Erlebnisse wirken sich auf die subjektive Sichtweise und dadurch auch auf die Einstellung gegenüber Ideen und Personen aus. Storytelling transportiert Informationen an Menschen mit verschiedenen Blickwinkeln, die die übermittelten Fakten wiederum neu interpretieren können.

Die subjektive Auffassung verändert Meinungen, weshalb diese beständiger und unerschütterlicher sind als Fakten, wenn sie sich einmal gebildet haben. Wenn Menschen Fakten nicht mögen, können sie diese leicht verzerren oder einfach ignorieren. Wenn sie die Fakten gutheißen, können sie diese in ihrem Sinne nutzen und zusätzlich verschönern. Die Handlungen ergeben sich aus den Geschichten, die sich Menschen gegenseitig erzählen und deren Interpretation. (vgl. Simmons 2007: 16)

Unabhängig von der Darstellungsform sind Geschichten im Alltag der Menschen immer allgegenwärtig. Soziale Interaktion ist die Grundlage der Kommunikation und damit auch die Basis von Geschichten. Menschen drücken ihr eigenes Selbst und die Wirklichkeit in Narrativen aus. Die Wirklichkeit leitet sich von der Interpretation einer Geschichte und der Attribution von Bedeutung sozialer Interaktion ab. Zu einer Geschichte gehören immer mindestens ein/e SenderIn und ein/e EmpfängerIn. RezipientInnen nehmen Elemente von Geschichten, wie zum Beispiel die Ereignisse, die ProtagonistInnen, den Verlauf und das Ergebnis der Geschichte nicht einfach auf, sie interpretieren diese Elemente. Für Geschichten ist es wichtig, dass sie gehört werden und nebenbei auch unterhaltsam und amüsant sind. (vgl. Weber 2017: 11-14)

Emotionen können ein Teil der Geschichte sein, aber auch durch das Teilen der Geschichte zwischen den Menschen entstehen. Auch deshalb muss die emotionale Wirkung von Geschichten für deren Überzeugungskraft bedacht werden. Durch das Erwähnen persönlicher Beispiele in Geschichten, kann die Authentizität gesteigert werden und die Identifikation mit den handelnden Personen erhöht werden. (vgl. Weber 2017: 15)

Laut Davis (2002: 19) rufen Geschichten, verglichen mit Argumenten, interpretative Erwartungen bei den ZuhörerInnen hervor, denn die ZuhörerInnen können hinter die Fassade blicken und die Bedeutungen der Geschichten interpretieren. Als soziale Transaktion bindet Storytelling die Menschen in die kommunikative Beziehung ein. Zwischen den GeschichtenerzählerInnen und den LeserInnen bzw. HörerInnen wird ein „Wir“-Gefühl und ein Gefühl der Solidarität erzeugt. Eine Geschichte trägt strategisch dazu bei, dass die kollektive Identität gestärkt wird und kann als Grundlage für soziale Beziehungen dienen. (vgl. Davis 2002: 19)

Shen, Ahern und Baker (2014: 99) untersuchten in ihrer Studie den Einfluss von Erzählungen in Nachrichten auf die Einstellung der Befragten, um herauszufinden, ob der Rahmen, in dem Nachrichten dargestellt werden einen

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tiefergreifenden Einfluss auf individuelle Meinungen über soziale und politische Themen haben kann. Es wurde untersucht, wie die Verwendung von erzählenden Nachrichten bei der Gestaltung eines politischen Problems individuelle Einstellungen und damit verbundene affektive und kognitive Reaktionen beeinflusst. Sie entdeckten, dass narrative Berichte, die sich auf negative Folgen von Problemen beziehen, besonders wirksam sind, um empathische Gefühle und Reaktionen nachdrücklich zu erzeugen. (vgl. Shen, Ahern und Baker 2014: 108)

Polletta (2006: 2) betrachtet die Wirkung von Geschichten kritisch, weil diese leicht manipulierbar sind. Die emotionale Seite von Geschichten kann moralisches Handeln erzwingen, aber andererseits auch rationale Handlungen untergraben. Am Ende kann eine Geschichte auch nur eine Geschichte sein, also eine Fiktion, die sich als Tatsache verkleidet.

Es ist schwieriger, langfristig dieselben Geschichten zu erzählen als Geschichten kurzfristig oder einmalig wiederzugeben. In jeder Situation kann eine Geschichte anders interpretiert werden, da diese unterschiedlich verständlich und nützlich ist, je nachdem in welchem Moment und in welcher Umgebung sie erzählt wird. Wenn eine Geschichte wahr ist, dann muss diese in jeder weiteren Erzählung gleichbleiben. (vgl. Polletta 2006: 3)

In der politischen Kommunikation kann Storytelling verwendet werden, um eine Kampagne und ihre Taktiken schnell in den Köpfen der Öffentlichkeit zu positionieren (vgl. Vromen und Coleman 2013: 79). Wenn Storytelling-Strategien erfolgreich sind, dann können sie die politischen Debatten beeinflussen und die BürgerInnen durch Geschichten mobilisieren. Gleichzeitig können die öffentlichen politischen Entscheidungen personalisiert werden und durch private Erzählungen begründet werden. Das Online-Umfeld erweitert die Einsatzmöglichkeiten von Storytelling und macht es leichter, die geografisch verstreuten BürgerInnen zu mobilisieren. Storytelling kann allerdings nur dann erfolgreich eingesetzt werden, um eine politische Debatte zu lenken, wenn moralische Werte aufrechterhalten werden und politische GegnerInnen erfolgreich verdrängt werden können. (vgl. Vromen und Coleman 2013: 76-77)

Bezogen auf diese Arbeit kann angemerkt werden, dass PolitikerInnen Storytelling dazu nutzen können, eine kommunikative Beziehung zu den WählerInnen aufzubauen. Als Grundlage für soziale Beziehungen kann Storytelling eingesetzt werden, um Gefühle und Reaktionen hervorzurufen und anschließend die Meinungsbildung zu beeinflussen. Um eine vertrauensvolle Wirkung zu erzielen, ist es wichtig, dass Geschichten glaubhaft und stets gleichbleibend erzählt werden. Nur so kann ein „Wir-Gefühl“ entstehen, bei dem sich WählerInnen als Teil des politischen Netzwerks sehen.

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2.5 Bedeutung für die politische Kommunikation Storytelling kann eine reizvolle Doppelbedeutung aufweisen. Auf der einen Seite werden Erfahrungen im Erzählformat an ein Publikum wiedergegeben, auf der anderen Seite findet auch eine gewisse Abweichung von der Realität statt, wenn nicht eine umfassende Verschmelzung von Fakten vorliegt, die eine gute Geschichte schafft. (vgl. McGregor und Holmes 1999: 403)

Ettl-Huber (2014: 20-21) unterscheidet zwischen unterschiedlichen Typen von Storytelling-Organisationen. Relevant für diese Arbeit ist vor allem der umfassende Einsatz von Storytelling, bei dem eine Strategie im Hintergrund verfolgt wird. Dazu kann Cross-Channel-Storytelling gezählt werden. Dabei basiert die Kommunikation auf dem Storytelling-Prinzip. Der Einsatz von Storytelling hat dabei auch einen Einfluss auf die Wahl der Kommunikationsinstrumente und Kommunikationskanäle. Es wird ein besonderer Fokus auf die Entwicklung von Geschichten gelegt. Der nächste Schritt wäre ein umfassendes strategisches Storytelling, das bedeutet es wird in mehreren Bereichen der Organisation eingesetzt. In der Praxis würde das bedeuten, Storytelling nicht nur für PR- und Werbungszwecke einzusetzen, sondern zum Beispiel auch im Projektmanagement. (vgl. Ettl-Huber 2014: 20-21)

Die Qualität einer Geschichte spiegelt auch die Qualität der Entscheidungsprozesse innerhalb der Organisation wider. Wenn eine Organisation unstrukturiert ist und Konflikte herrschen, sind wahrscheinlich auch die Geschichten widersprüchlich und schwach. Wenn innerhalb einer Organisation Zusammenhalt herrscht, kann die Organisation Geschichten, die eine universelle Bedeutung haben, besser wiedergeben. Geschichten, die persönliche Anerkennung und Anteilnahme bei den EmpfängerInnen auslösen, sind archetypische Geschichten, weil sie universelle Muster an Erfahrungen hervorheben, Aufmerksamkeit erzeugen und ein Gefühl von Zugehörigkeit vermitteln. Auch Angst kann als universelles Muster angesehen werden, das sehr starke Gefühle auslöst. (vgl. Simmons 2007: 185)

Storytelling kann eine Herausforderung für die traditionellen Schreib-, Denk- und Wissensweisen in der internationalen und politischen Kommunikation darstellen. Dies liegt daran, dass Raum für die Auseinandersetzung mit persönlich erlebten Erfahrungen in positiver aber auch in negativer Hinsicht geboten wird. (vgl. Daigle 2016: 26)

Erzählungen sind für die politische Kommunikation von zentraler Bedeutung, weil sie als Element zur Rechtfertigung von politischen Akteuren eingesetzt werden können. Gleichzeitig möchten PolitikerInnen durch ihre Ausführungen Kontrolle über die Interpretation der kursierenden Erzählungen in der Gesellschaft ausüben. (vgl. Viehöver 2014: 72)

Nach Denning (2011: 91-93) müssen politische Akteure Geschichten erzählen, um den Menschen zu zeigen, wer sie sind. Trotz laufender medialer Präsenz

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handelt es sich bei PoltikerInnen für die meisten Menschen dennoch um fremde Personen. Die Menschen müssen merken, dass es sich dabei um eine Person handelt, die es wert ist, ihr Aufmerksamkeit zu schenken und zuzuhören. Dazu ist es notwendig, die Hintergründe der Person zu kennen, auch um Vertrauen zu schaffen. Die ZuhörerInnen sammeln alle Informationen, die sie über eine Person finden können und verarbeiten sie dann zu einer Geschichte. Die Informationen können zum Beispiel aus Zeitungsartikeln oder biographischen Daten stammen. Es ist zu erwähnen, dass es sich dabei nicht um bloße Fakten handeln muss. Die Menschen möchten wissen, was Führungspersonen antreibt, welche Werte sie verkörpern und wie sie in Krisensituationen reagieren. Wenn eine Führungsperson direkt ausspricht, dass sie eine ehrliche und vertrauensvolle Person ist, werden sich manche Menschen skeptisch fragen, warum sie das tut. Wenn eine Führungspersönlichkeit aber eine Geschichte erzählt, die impliziert, dass der/die ErzählerIn vertrauenswürdig ist, und die ZuhörerInnen daran teilhaben können, werden sie zu ihren eigenen Schlussfolgerungen kommen und eher Vertrauen zu dieser Person aufbauen. (vgl. Denning 2011: 91-93)

Es ist wichtig zu verstehen, wie gute Geschichten wirken und warum einige politische Erzählungen überzeugen, während andere dies nicht tun. Die kulturellen Normen und Werte einer Gesellschaft dürfen beim Storytelling nicht unberücksichtigt bleiben, weil ihre Einbindung Geschichten glaubhaft erscheinen lässt. Der Schlüssel von guten Geschichten liegt darin, dass sie anders wahrgenommen werden als andere Meldungen. Nachrichten können auf zwei Arten von Menschen aufgenommen werden: Zentral, wobei die Nachricht und ihre Aussagen kritisch hinterfragt werden oder peripher, wobei die Nachricht beiläufig aufgenommen wird und weniger nach dem Inhalt als nach der Anziehungskraft bzw. dem Auftreten des Sprechers bzw. der Sprecherin oder dessen/deren Stimmung beurteilt wird. Die periphere Verarbeitung von Nachrichten kann kurzfristig die Einstellung von Menschen ändern, aber hält meist nicht nachhaltig an. Um die Meinungen tatsächlich zu verändern, müssen die Informationen zentral verarbeitet werden, was meistens nur passiert, wenn ein persönlicher Bezug zu einem Thema bzw. zu einem Problem vorhanden ist. Hier kommen die Geschichten ins Spiel, denn diese werden auf einem dritten Weg verarbeitet. Menschen tauchen in die Geschichte ein und versuchen die Ereignisse und Emotionen der Protagonisten nachzuvollziehen. Diese Erfahrung kann zu einer nachhaltigen Meinungsänderung führen, auch wenn man zuvor keine Bindung zu einem bestimmten Thema hatte. (vgl. Polletta 2008: 27)

Geschichten werden, im Gegensatz zu abstrakten Argumenten und komplexen Fakten, als bodenständig und alltäglich wahrgenommen. Große SchriftstellerInnen schreiben Geschichten, die Erwartungen der LeserInnen erfüllen, aber ihnen gleichzeitig trotzen. Sie stellen bekannte Handlungen, Charaktere und Situationen dar und benutzen wechselnde Blickwinkel. Sie

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lassen den/die ZuhörerIn denken, dass sie eine vertraute Geschichte hören, die doch anders erscheint. PolitikerInnen sollten mit vertrauten Themen versuchen die Aufmerksamkeit der Gesellschaft zu erlangen und ihnen schließlich etwas Anderes erzählen, als sie erwarten zu hören. (vgl. Poletta 2008: 30-31)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Storytelling als Kommunikationsinstrument von politischen Akteuren in unterschiedlichen Situationen eingesetzt werden kann. Es kann die Kommunikation in einer Krisensituation genauso unterstützen, wie die Kommunikation während eines Wahlkampfes. Um die Menschen und damit die Wählerschaft zu überzeugen, ist es wichtig, die Handlungen und Absichten der Protagonisten nachvollziehbar und vertrauensvoll darzustellen. Es kann sich lohnen, einen Blick hinter die Haltungen und Wertvorstellungen der PolitikerInnen zu gewähren, um einen persönlichen Bezug zu den WählerInnen herzustellen.

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3 Archetypen im Storytelling Im folgenden Kapitel wird zunächst auf die Definition der Archetypen eingegangen, bevor die Geschichte der Archetypen erläutert wird. In weiterer Folge werden die Arten von Archetypen näher vorgestellt, die auch für den empirischen Teil der Arbeit relevant sind. Abschließend wird auf die Wirkung von Archetypen eingegangen und deren Einsatz im Storytelling erläutert.

3.1 Definition von Archetypen Das Konzept des Archetyps kann wichtige Erklärungen dafür liefern, wie Menschen auf andere Menschen, Geschichten und Medien reagieren (vgl. Faber und Mayer 2009: 307).

Der Begriff Archetyp beruht auf dem zentralen Konzept der Analytischen Psychologie von Carl Gustav Jung und lässt sich als Urbild übersetzen. Die Urbilder gehören zur Ausstattung der menschlichen Psyche. Archetypen selbst sind unanschaulich und gestaltlos. Die Psyche des Menschen ist gekennzeichnet durch menschliche Verhaltensweisen, Entwicklungsverläufe, Riten, Symbole und Überzeugungen, die es bei allen Menschen in allen Völkern gibt. Das heißt, Archetypen sind universell und unabhängig von Kulturen. Sie treten in allen Menschen an allen Orten der Welt auf. Archetypen können sich sowohl in Form von Symbolen als auch durch menschliche Handlungen und Verhaltensweisen ausdrücken. Nach Jung sind archetypische Erfahrungen mit deutlich spürbaren Emotionen verbunden, sie werden als machtvoll, ehrfurchtgebietend und beängstigend wahrgenommen. (vgl. Roesler 2016: 16-18)

Zum Konzept des Archetyps nach Jung gehört auch das Konzept des kollektiven Unbewussten. Zunächst beschränkte sich der Begriff des Unbewussten auf einen Zustand verdrängter oder vergessener Inhalte. Die oberflächliche Schicht des Unterbewussten enthält Vergessenes und Verdrängtes und wird persönliches Unbewusstes genannt. Dieses persönliche Unbewusste beruht auf einer tieferen Ebene im Menschen, die nicht aus den individuellen Erfahrungen und der persönlichen Aneignung stammt, sondern angeboren ist. Diese tiefere Schicht wird von Jung als das kollektive Unbewusste bezeichnet. Dieser Teil des Unbewussten ist nicht in jedem Menschen individuell, sondern universal. Im Gegensatz zur persönlichen Psyche finden sich dort Inhalte und Verhaltensweisen, die in allen Menschen identisch sind und somit in der menschlichen Natur allgegenwärtig. (vgl. Jung, Shamdasani und Hull 2014: 3-4)

Jung ist also der Ansicht, dass über das persönliche Unbewusste hinaus, ein kollektives Unbewusstes existiert, an dem alle Menschen einen Anteil haben. Die Inhalte dieses kollektiven Unbewussten werden als Archetypen bezeichnet. Das kollektive Unbewusste besitzt durch die existierenden Archetypen eine innere Ordnung. Die Archetypen enthalten Grundmuster für Entwicklungsprozesse der Persönlichkeit, die gerade bei Krisen und

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Belastungen wirksam werden. Der Archetyp kann wirksam werden, indem er als Gegensatz zum eigentlichen Bewusstsein fungiert. Wenn sich eine Persönlichkeit einseitig orientiert, z.B. indem sie übermäßig rational handelt, kann das Unbewusste als Gegenpol fungieren und sich dadurch äußern, dass die Person eine ausgeprägte Irrationalität entwickelt. (vgl. Roesler 2016: 28-29)

Faber und Mayer (2009: 308-309) haben die nützlichen Aspekte der archetypischen Theorie nach Jung bewahrt, diese aber zugleich weiterentwickelt und an das zeitgenössische psychologische Verständnis angepasst. Sie bezeichnen diese als „neo-archetypische Theorie“ und behalten dabei die Schlüsselaspekte von Jungs Theorie bei. Laut Theorie von Faber und Mayer (2009: 308-309) besitzen Archetypen fünf Schlüsselmerkmale:

• Archetypen sind Story-Charaktere. Sie verkörpern Schlüsselfiguren in Geschichtenerzählungen und haben daher bekannte und gleichbleibende Eigenschaften. Üblicherweise werden sie als vertraute Charaktere wie z.B. eine Mutter, ein Verbrecher oder ein Heiler dargestellt.

• Sie werden psychologisch als mentale Modelle des Selbst und andere Schemata und Prototypen dargestellt.

• Archetypen rufen oft intensive emotionale Reaktionen hervor, wenn sie angetroffen werden. Emotionen können als mentale Prozesse gesehen werden, die dazu neigen, die wahrgenommene Realität des Menschen zu beeinflussen. Sie können durch Erfahrungen ausgelöst werden und affektive Reaktionen im Hinblick auf Güter, soziale Gruppen oder politische Akteure auslösen. (vgl. Fiske und Taylor 2013: 390)

• Sie operieren auf einer automatischen oder unbewussten Ebene. Hier tritt die ursprüngliche Ansicht von Carl Gustav Jung über die unbewusste Aktivierung von Archetypen wieder in den Vordergrund.

• Archetypen sind kulturell beständig, so dass sie leicht erlernbar und weiterhin erkennbar sind. Im Gegensatz zu Carl Gustav Jung gilt hier nicht die Annahme, dass sie genetisch vererbt wurden, sondern dass es sich dabei um gelernte Konzeptualisierungen handelt.

Problematisch wird es, wenn Archetypen mit Stereotypen verbunden werden, da Archetypen im Gegensatz zu Stereotypen in vielen Kulturen anwendbar sind. Stereotypen hingegen sind sehr kulturspezifisch, was auch mit negativen Eigenschaften bei bestimmten Gruppen assoziiert werden kann. Archetypische Charaktere können so eingesetzt werden, dass negative Stereotypen verstärkt werden und dadurch negative Bilder über bestimmte Gruppen in einer Gesellschaft entstehen. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass Archetypen eingesetzt werden können, ohne dass bestimmte Personengruppen in negative Rollen gedrängt werden müssen. Vor allem wenn Charaktere selten sind und nicht dem typischen Klischee entsprechen, sind sie besonders und heben sich ab. Wenn sie normal sind, bleiben sie unbemerkt. Daher ist es wichtig, Figuren in untypischen Situationen und Rollen zu zeigen. (vgl. Kidd 2016: 26-28)

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Auch wenn Archetypen kulturübergreifend angewandt werden können, unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Ausprägung in Abhängigkeit von ihrer Umgebung. In manchen Kulturen, wie zum Beispiel in den USA, werden individuelle Interessen vor Gemeinschaftsinteressen gestellt, weil die Menschen damit vor allem ihre Einzigartigkeit zum Ausdruck bringen möchten. Bei anderen Kulturen, wie zum Beispiel in Lateinamerika, stehen Beziehungen zu Familie und Gemeinschaft vor individuellen Interessen. (vgl. Mark und Pearson 2001: 40)

3.2 Geschichte der Archetypen Carl Gustav Jung war nicht der Erste, der das Konzept der Archetypen begründete. Schon in den naturwissenschaftlichen Forschungen von Goethe findet sich eine ausdifferenzierte Theorie von Archetypen im Sinne von Ordnungsprinzipien in der Natur (vgl. Roesler 2016: 52).

Im antiken Griechenland und Rom bildeten Archetypen die Grundlage von Mythen, in denen sie als Götter und Göttinnen dargestellt wurden. Diese Gottarten lieferten zusammen mit denen anderer alter Kulturen einige spezifische Bilder, die heute als Archetypen bekannt sind. Auch wenn die heutigen Akteure keine Götter sind, sind die Menschen noch immer von den gleichen Bildern fasziniert. Daher finden sich beispielsweise beim Lewinsky-Skandal rund um den ehemaligen US-amerikanischen Präsidenten Bill Clinton Parallelen zu Zeus, von dem die alten Griechen, trotz außerehelicher Eskapaden, fasziniert waren. Auch Clintons Zeus-ähnliche Heldentaten fesselten die US-amerikanische Bevölkerung. Er wurde weiterhin als effektiver Präsident wahrgenommen und die Treue zu seinen WählerInnen wurde als wichtiger angesehen als die eheliche Treue gegenüber seiner Frau. (vgl. Mark und Pearson 2001: 19)

Carl Gustav Jung und Sigmund Freund waren Pioniere in der Entwicklung neuer Modelle zum Verständnis des menschlichen Geistes, die sie bis zum Bruch ihrer beruflichen und persönlichen Beziehung gemeinsam erforschten. Sie waren sich anfänglich einig, dass der menschliche Geist angeborene Strukturen enthält, die einen Einfluss auf die Wahrnehmung des Menschen haben. (vgl. Knox 2003: 11)

Während Sigmund Freud annahm, dass die Phantasien der Menschen nur aus ihren persönlichen Erfahrungen und deren Aufbereitungen resultieren, bemerkte Jung, dass diese vorhersehbar sind und bekannten Erzählmustern folgen. Jung war der Ansicht, dass alle Menschen ein gemeinsames Erbe teilen, welches die offensichtlichen Unterschiede von Zeit, Raum und Kultur überwindet. Da diese elementaren menschlichen Anliegen zeitlos und universell sind, beobachten MythologInnen und AnthropologInnen die gleichen Themen, Geschichten und Situationen über Jahrhunderte hinweg immer wieder. Der Grund liegt darin, dass die Archetypen im Wesentlichen die

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inneren Kämpfe und Realitäten der Menschen wiederspiegeln, auch wenn äußere Umstände variieren. (vgl. Mark und Pearson 2001: 31)

3.3 Arten von Archetypen Archetypen sind ein unverzichtbares Werkzeug, um den Zweck der Funktion von Charakteren in einer Geschichte zu verstehen. Deshalb sind sie ein Teil der universellen Sprache beim Storytelling. (vgl. Vogler 2007: 24)

Vogler (2007: 24) betrachtet Archetypen als Facetten der Persönlichkeit des/der Helden/Heldin. Die verschiedenen Archetypen repräsentieren die Möglichkeiten, die dem/der HeldIn vorliegen. Im Laufe der Geschichte kann der/die HeldIn die Charaktereigenschaften der anderen Archetypen annehmen und dadurch zu einer anderen Persönlichkeit werden. (vgl. Vogler 2007: 24-25)

Die Archetypen, die am häufigsten in Geschichten vorkommen, sind der Held, der Mentor, der Schwellenwächter, der Herold, der Gestaltwandler, der Schatten, der Verbündete und der Trickster (vgl. Vogler 2007: 26).

Einige Archetypen nehmen vertraute Rollen ein, wie z.B. die Mutter, die sich um andere kümmert, oder der Rebell, der nach Macht strebt (vgl. Herskovitz und Crystal 2010: 22). Carl Gustav Jung hat sich mit verschiedenen Archetypen näher beschäftigt, unter anderem mit dem Mutter-Archetypus, dem Archetypus des (göttlichen) Kindes sowie dem Trickster-Archetyp (vgl. Roesler 2016: 48). Der Mutter-Archetypus kann sich in allen weiblichen Erzieherfiguren äußern und daher sowohl in der eigentlichen Mutter als auch in der Groß-, Schwieger- oder Stiefmutter erlebt werden. Er kann sich aber gleichzeitig auch in unpersönlichen Bildern äußern (vgl. Roesler 2016: 48).

Mark und Pearson (2001: 45) definieren zwölf Arten von Archetypen und ordnen diese vier motivierenden Kategorien zu.

In der Kategorie „The Yearning for Paradise“ befinden sich der/die Unschuldige, der/die Suchende und der/die Weise. Diese Archetypen verkörpern das Streben nach Erfüllung. Bei allen drei Archetypen haben die eigene Person und die Autonomie einen höheren Stellenwert als die Zugehörigkeit zu einer Gruppe. (vgl. Mark und Pearson 2001: 49-52)

Der/Die HeldIn, der/die Gesetzlose und der/die MagierIn können der Kategorie „Leaving a Thumbprint on the World“ zugeordnet werden. Bei diesen Archetypen handelt es sich um mächtige Archetypen, die ihre eigene Stärke kennen und persönliche Risiken annehmen und in Kauf nehmen, um Veränderung herbeizuführen. Aus diesem Grund nehmen sie Herausforderungen an, die einen Einfluss auf die Gesellschaft haben. (vgl. Mark und Pearson 2001: 101-103)

Die Kategorie „No Man (or Woman) is an Island“ greift den Wunsch der Menschen auf, sich zu verbinden und mit anderen zu interagieren. Drei Archetypen erfüllen dieses Bedürfnis: der/die Gewöhnliche, der/die Liebende

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und der Narr bzw. die Närrin. Sie verkörpern verdrängte und unbefriedigte Bedürfnisse und dürfen daher nicht unterschätzt werden. (vgl. Mark und Pearson 2001: 161-163)

Der/Die GeberIn, der/die SchöpferIn und der/die HerrscherIn können der Kategorie „Providing Structure to the World“ zugeordnet werden. Sie mögen stabile Umgebungen, in denen sie die Kontrolle über ihr Umfeld haben. Der/die GeberIn vermittelt das Gefühl von Sicherheit, der/die SchöpferIn liefert Innovationen und der/die HerrscherIn verwaltet diese neuen Strukturen. Der Wunsch nach Stabilität und Kontrolle ist vor allem in den heutigen, schnelllebigen Zeiten eine Herausforderung, die es erforderlich macht, sich neuen Gegebenheiten stetig anzupassen. (vgl. Mark und Pearson 2001: 206-208)

Der/Die Unschuldige

In jeder Kultur gibt es ein Zeitalter, in dem die Welt und das Leben perfekt waren und es besteht die Vision, dass es wieder so wunderbar werden könnte. Der/Die Unschuldige will in einem Land leben, wo jeder/jede er bzw. sie selbst sein kann. Das Versprechen des/der Unschuldigen ist es, dass das Leben nicht hart sein muss. Jeder/Jede kann sich selbst entfalten und nach seinen/ihren Werten leben. Der/Die Unschuldige ist in diesem stressigen und hektischen Zeitalter außerordentlich entspannt und genießt das Leben. Die größte Angst des/der Unschuldigen besteht darin, etwas Falsches oder Schlechtes zu tun, was eine Bestrafung zur Folge hat. Er/Sie möchte seine/ihre Aufgaben richtigmachen und Glaube sowie Optimismus verbreiten. (vgl. Mark und Pearson 2001: 53-54)

Auch in der heutigen Konsumgesellschaft wird der/die Unschuldige von einfachen Freuden und traditionellen Grundwerten angetrieben (vgl. Mark und Pearson 2001: 56).

Der/Die Unschuldige schmiedet positive und hoffnungsvolle Ideen und stellt moralisches über unmoralisches Verhalten sowie Freundlichkeit über Gier. Unschuldige Menschen gelten als vertrauensvoll, weil von ihnen erwartet wird, dass sie ihre Versprechen einhalten. (vgl. Mark und Pearson 2001: 66)

Der/Die Suchende

Der/Die Suchende ist auf der Suche nach einer besseren Welt. Er/Sie ist motiviert zu finden, was in der äußeren Welt zu den inneren Bedürfnissen passt. Sein/ihr Ziel ist es daher ein besseres und erfüllendes Leben zu finden. Seine/Ihre größte Angst ist die innere Leere und dass er/sie sich anpassen muss, daher geht er/sie raus in die Welt, um sie zu entdecken. (vgl. Mark und Pearson 2001: 71-72)

Der/Die Suchende neigt dazu, dem Establishment kritisch gegenüberzustehen. Während der/die HeldIn kämpft um die Welt zu seinen Gunsten zu verändern, lebt der/die Suchende in der Regel in seiner/ihrer eigenen Welt weiter. Suchende sehen sich oft ihrer Zeit voraus und sind bereit für ihre Standpunkte

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einzutreten, wenn sie an etwas glauben. Eine Ausprägung des/der Suchenden ist der/die PerfektionistIn, der/die immer ein unmöglich zu erreichendes Ziel anstrebt und die Lösung finden will. Seine/Ihre Hauptaktivität besteht darin, in irgendeinem Bereich besser zu werden. (vgl. Mark und Pearson 2001: 80)

Der/Die Weise

Die Weisen möchten der Menschheit helfen zu lernen und zu wachsen und dadurch die Welt zu verbessern. Sie streben danach frei zu sein, für sich selbst zu denken und ihre eigene Meinung zu vertreten. Gute Beispiele sind WissenschaftlerInnen, LehrerInnen oder sonstige ExpertInnen, die ihr Wissen mit anderen teilen. In der Politik wird der/die Weise mit klarem Denken assoziiert, dafür fehlt ihm/ihr aber häufig Charisma und soziales Einfühlungsvermögen. Die Weisen sehen es als Aufgabe an ihr Publikum weiterzubilden und die Wahrheit zu entdecken. Ausgestattet mit Intelligenz und Weisheit versuchen sie die Welt zu verstehen. Die größte Angst der Weisen besteht darin, getäuscht oder in die Irre geführt zu werden. Es besteht zudem die Gefahr, dass der/die Weise die Probleme immer weiter analysiert, ohne schlussendlich zu handeln. (vgl. Mark und Pearson 2001: 88-89)

Im schlimmsten Fall ist der/die Weise arrogant und eigensinnig, im besten Fall ist er/sie ein origineller Denker. Am wichtigsten ist es, dass der/die Weise Glaubwürdigkeit verkörpert, da ihm/ihr ansonsten niemand zuhören würde. (vgl. Mark und Pearson 2001: 100)

Der/Die HeldIn

Das Wort „Held“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „zu beschützen und zu dienen“. Ein/e HeldIn ist eine Person, die bereit ist, die eigenen Bedürfnisse hinter die Bedürfnisse anderer zu stellen. Der/Die HeldIn ist bereit sich für andere aufzuopfern. (vgl. Vogler 2007: 29)

Es gibt zahlreiche Geschichten über HeldInnen, aber in jedem Fall siegt der/die HeldIn über das Böse, die Widrigkeiten oder eine große Herausforderung. Er/Sie ist eine Inspiration für alle. John F. Kennedy war zum Beispiel ein heldenhafter Präsident durch seine Tapferkeit im Militär. (vgl. Mark und Pearson 2001: 105)

Die natürliche Umgebung des/der Helden/Heldin kann überall sein, wo Schwierigkeiten herrschen und mutiges Handeln erwartet wird – wie auch im politischen Dschungel. Der/Die HeldIn möchte die Welt zu einem besseren Ort machen. Seine/Ihre zugrundeliegende Angst ist es, dass er/sie nicht das Zeug dazu hat, sich durchzusetzen und Schwäche zeigt. (vgl. Mark und Pearson 2001: 106)

Der/Die HeldIn wird durch Herausforderungen belebt, stellt sich gegen Ungerechtigkeiten und reagiert auf Schwierigkeiten und Möglichkeiten. Er/Sie ist stolz darauf Entscheidungen zu treffen und Unschuldige zu beschützen. (vgl. Mark und Pearson 2001: 107)

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Im schlimmsten Fall werden HeldInnen arrogant und bringen sich dadurch selbst zu Fall, im besten Fall vollbringen sie großartige Dinge. Auch siegreiche HeldInnen können für andere eine Gefahr darstellen. Ein Beispiel hierfür sind die Nazis, die ein heroisches Bild von sich selbst hatten, was bekanntlich zu schrecklichen Konsequenzen für viele Menschen führte. Die Gefahr für HeldInnen kann sein, dass sie sich selbst als heroisch sehen, während sie von anderen als Bösewichte gesehen werden. (vgl. Mark und Pearson 2001: 108)

HeldInnen müssen nicht männlich und auch nicht fehlerlos sein, vor allem Schwächen machen diese Figur interessant. Er/Sie kann auch als Kriminelle/r oder AußenseiterIn agieren. (vgl. Littek 2011: 149)

Der/Die Gesetzlose

Die Verlockung des/der Gesetzlose/n liegt im Verbotenen, denn seine/ihre Identität befindet sich außerhalb der gegenwärtigen sozialen Strukturen. Er/Sie ist häufig auch als RebellIn, RevolutionärIn oder AußenseiterIn bekannt. Während der/die HeldIn bewundert werden will, will der/die Gesetzlose gefürchtet werden. Der natürliche Lebensraum des/der Gesetzlosen sind Orte, die versteckt und im Schatten liegen. Seine/Ihre größte Angst besteht darin, macht- und belanglos zu sein. (vgl. Mark und Pearson 2001: 123-124)

Dieser Archetyp ist erfolgreich, weil er/sie Regeln bricht, was sich für die Menschen als befreiend erweist. Die Regeln zu brechen kann nur erfolgreich sein, wenn eine Gesellschaft bereit ist, ihre Werte in Frage zu stellen. Es kann auch zu Kritik führen, wenn dies nicht der Fall ist. Gefährlich wird der/die Gesetzlose vor allem, wenn Gewinnmaximierung und Konkurrenzdenken über moralische Werte und soziale Verantwortung gestellt werden. (vgl. Mark und Pearson 2001: 126-127)

Der/Die MagierIn

Für den/die MagierIn stehen die grundlegenden Gesetze der Funktionsweise die Dinge zu erforschen im Vordergrund und diese Prinzipien anzuwenden, um Dinge zu verändern. Sein/Ihr Ziel ist es, Träume wahr werden zu lassen, die für andere oft unmöglich erscheinen. Er/Sie hat eine Vision etwas zu verändern und weiß auch, dass er/sie sich selbst und seine/ihre eigenen Einstellungen und Verhaltensweisen ändern muss, um auch die restliche Welt zu verändern. Der/die MagierIn kann auch als VisionärIn oder InnovatorIn bezeichnet werden. Sie sind in der Lage andere zu beeinflussen, weil sie verstehen, wie das Bewusstsein funktioniert. Daher ist der Magier-Archetyp auch stark in charismatischen PolitikerInnen und Führungskräften ausgeprägt. Hier kann sich auch die negative Seite bemerkbar machen, zum Beispiel, wenn charismatische politische Akteure ihre Macht benutzen, um nicht das Beste in den Menschen hervorzubringen, sondern um rassistische oder faschistische Ziele zu fördern. Diese negative Seite kann in jedem hervortreten, der emotionale Intelligenz benutzt, um andere zu manipulieren anstatt mit ihnen zu kommunizieren. (vgl. Mark und Pearson 2001: 140-145)

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Der/Die Gewöhnliche

Der gewöhnliche Typ ist ein Mensch wie alle anderen. Er/Sie wird häufig für Moralvorstellungen, politische Theorien und Rhetorik herangezogen, um emotionale Wirkungen zu erzeugen. Dieser Archetyp hat vor allem bei populistischen PolitikerInnen Erfolg. Der/Die Gewöhnliche kleidet sich normal, verwendet Umgangssprache und ist der Ansicht, dass alle Menschen gleich wichtig sind, unabhängig von ihrer Herkunft. Sie möchten eine Verbindung zu anderen Menschen aufbauen, dazugehören und versuchen dabei, sich nicht abzuheben, weil sie Angst vor Ablehnung haben. Der/Die Gewöhnliche ist der grundlegende Archetyp der Demokratie. Er/Sie ist in progressiven Bewegungen noch ausgeprägter und entscheidend für viele Bürgerrechtsbewegungen, welche die Vorteile der sozialen Teilhabe an einer Gruppe zu nutzen wissen, wie zum Beispiel die Frauenbewegung. (vgl. Mark und Pearson 2001: 165-166)

Der/Die Gewöhnliche möchte nicht besonders oder anders als alle anderen, sondern einfach ein Teil der Gruppe sein. Das Verständnis darüber, zu welcher sozialen Gruppe man gehört, ist sehr wichtig. Als sich der ehemalige US-amerikanische Präsident George Bush an einer Supermarktkassa inszenierte, wurde er kurz darauf parodiert, wie er mit seinem Wagen durch ein Ghetto fuhr. Sein gescheiterter Versuch, ein gewöhnlicher Typ zu sein, war schlimmer, als hätte er einfach seine Herrscheridentität beibehalten. Es ist wichtiger, seine Identität zu verstehen und zu nutzen, als zu versuchen, sich neu zu erfinden. Der/Die Gewöhnliche möchte Teil des Stammes sein, egal ob es sich dabei um eine Clique, eine soziale Klasse oder eine Gewerkschaft handelt. Die Gruppe kann diejenige sein, in die er/sie reingeboren wurde, aber auch eine ganz andere. (vgl. Mark und Pearson 2001: 167-168)

Der/Die Liebende

Der Archetyp des/der Liebenden regelt alle Arten menschlicher Liebe von der elterlichen Liebe über die Freundschaft bis hin zur spirituellen Liebe. Liebende können Partner, Freunde oder sonstige Vertraute sein. Sie möchten eine Beziehung zu den Menschen, der Arbeit sowie den Erlebnissen, die sie lieben, aufbauen. Ihre größte Angst besteht darin, alleine und als Mauerblümchen unerwünscht und ungeliebt zu sein. Für den/die Gewöhnliche/n ist es wichtig, sich anzupassen und dazuzugehören, aber auch nicht aufzufallen. Liebende hingegen streben danach die Wertschätzung zu erfahren, dass sie wirklich etwas Besonderes sind. Sie sind nicht nur durch oberflächliche Zugehörigkeit verbunden, sondern durch tiefe Freundschaften. (vgl. Mark und Pearson 2001: 178-181)

Liebende arbeiten gerne in einer einvernehmlichen Art und Weise und investieren daher viel Zeit in den Prozess der Entscheidungsfindung (vgl. Mark und Pearson 2001: 192). Sie versuchen eine tiefere Beziehung aufzubauen, die

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intim, echt und persönlich ist. Diese Beziehungen erfordern Wissen, Ehrlichkeit und Leidenschaft (vgl. Mark und Pearson 2001: 194).

Der Narr/Die Närrin

Beispielhaft für den Narr/die Närrin sind der Clown und der Trickster (vgl. Mark und Pearson 2001: 196).

Der Trickster-Archetyp verkörpert das Verlangen nach Veränderung. Dieser Archetyp tritt häufig auf, um auf das Ungleichgewicht in einer stagnierenden Situation aufmerksam zu machen und Veränderung herbeizuführen. (vgl. Vogler 2007: 77)

Narren und Närrinnen können am besten mit den Absurditäten der heutigen Welt umgehen, weil sie Situationen leicht und locker nehmen und auch bereit sind Regeln zu brechen. Sie schauen über den Tellerrand, was innovative Ideen begünstigen kann. Auch wenn es möglich ist, alleine Spaß zu haben, möchte der Narr/die Närrin dies gemeinsam mit anderen tun. Spaßvögel genießen das Leben und halten sich an Orten auf, an denen man Spaß haben kann. Während sich der/die Gewöhnliche und der/die Liebende anpassen wollen, möchte der Narr/die Närrin er/sie selbst sein und von anderen akzeptiert oder sogar verehrt werden. Sie möchten jeden Moment genießen und mit ihrem Verhalten die Menschheit aufheitern. Ihre größte Angst besteht darin, Langeweile zu verbreiten oder zu erleben. (vgl. Mark und Pearson 2001: 196-197)

Er/Sie lebt in der Gegenwart, was ihm/ihr erlaubt spontan und impulsiv in Situationen aufzutreten. Seine/Ihre Verspieltheit kann sich durch Witze oder sogar durch Streiche zeigen. (vgl. Mark und Pearson 2001: 199)

Der/Die GeberIn

Der/Die GeberIn zeichnet sich durch sein/ihr Mitgefühl, Großzügigkeit und den Wunsch, anderen zu helfen, aus. Dieser Archetyp geht häufig mit mütterlichen und väterlichen Gefühlen einher und der damit verbundenen Bereitschaft, alles Notwendige zu tun, sich um die Kinder zu kümmern, auch wenn dies erhebliche Opfer erfordert. Die größten Ängste dieses Archetyps sind Instabilität und die Auswirkungen auf Menschen, die weniger glücklich oder belastbar sind. Der Sinn des Lebens kommt vom Geben an andere. (vgl. Mark und Pearson 2001: 209-210)

Als Basis der Bindung zum/zur Fürsorgenden fungiert das Vertrauen. Der/die GeberIn verkörpert Eigenschaften wie Empathie, Kommunikationsfähigkeit, Konsistenz und Vertrauen. Er/Sie schafft es, sich in die Perspektive anderer zu versetzen und im Rahmen seiner/ihrer Kommunikationsaktivität nicht nur zuzuhören, sondern auch zu verstehen. Er/Sie kann sich dauerhaft und bedingungslos in die Perspektive anderer versetzen. Mit zuverlässigem und bedingungslosem Engagement kann das Vertrauen anderer Menschen gewonnen werden. (vgl. Mark und Pearson 2001: 217)

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Der/die SchöpferIn

Die Leidenschaft des Schöpfers bzw. der Schöpferin ist die Selbstdarstellung, denn er/sie hebt sich auf seinem Gebiet von der Masse ab, um sich selbst auszudrücken. Wenn dieser Archetyp in Individuen aktiv ist, dann fühlen sie sich gezwungen etwas Neues zu erschaffen. Es ist wichtig, dass sie dabei authentisch bleiben, wenn sie eine Innovation erschaffen, die von Wert ist. Sie haben Angst vor der Beurteilung anderer, daher sind sie sehr selbstkritisch. Genauso wie die Unschuldigen, die Suchenden und die Weisen werden sie vom Wunsch nach Freiheit angetrieben, sie werden aber noch mehr angespornt, weil sie etwas schaffen möchten, was es zuvor noch nicht gegeben hat. Im besten Fall entwickelt dieser Archetyp eine echte Innovation. (vgl. Mark und Pearson 2001: 227-229)

Der/die HerrscherIn

Der Herrscher-Archetyp hat eine befehlende, autoritäre Art und weiß, dass es am besten ist, selbst die Kontrolle zu übernehmen, um Chaos zu vermeiden. Es handelt sich dabei oft um Personen in Führungspositionen, wie z.B. den/die KönigIn oder den/die PräsidentIn eines Landes. Macht zu gewinnen und zu erhalten ist eine primäre Motivation und daher haben MachthaberInnen auch eine erhöhte Angst, dass Chaos entsteht und Situationen außer Kontrolle geraten. (vgl. Mark und Pearson 2001: 244-245)

HerrscherInnen befassen sich mit Fragen über Image, Prestige und Status, weil sie wissen, dass sie dadurch ihre Machtposition verbessern können. Im besten Fall sind HerrscherInnen motiviert, der Welt zu helfen, im schlimmsten Fall sind sie nur dominierend und kontrollierend. Wenn man dabei politische bzw. staatliche Führungsorgane betrachtet, zeigt sich, dass diese dafür verantwortlich sind, der Gesellschaft zu helfen und friedlich zu bleiben (oder falls sie scheitern, dass Militär auszusenden, um Drohungen abzuwenden), um Rechtsstaatlichkeit einzuhalten und Politik zu machen, damit der Wohlstand für möglichst viele Menschen gefördert wird. Der Herrscher-Archetyp mag hierarchische Organisationen, in denen jeder seinen Platz kennt und Rollen und Beziehungen stabil und klar definiert sind. (vgl. Mark und Pearson 2001: 246-247)

3.4 Einsatz von Archetypen im Storytelling Aus Sicht des Storytellings ist der Gebrauch von Archetypen nützlich und notwendig. Das Publikum kann sich auf die Charaktere einstellen und spürt die Emotionen, die dem Genre entsprechen. Archetypen sind daher wichtige Bestandteile von Geschichten. (vgl. Kidd 2016: 26)

Für das Storytelling sind bestimmte archetypische Charaktere unabkömmlich, denn es ist nicht möglich, Geschichten ohne Archetypen zu erzählen (vgl. Vogler 2007: 26).

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Archetypische Charaktere unterstützen Handlungen in Geschichten indem sie charakteristische Motive und Qualitäten verkörpern, die LeserInnen immer wieder erkennen können, z.B. der Triumph des Helden/der Heldin über Widrigkeiten (vgl. Faber und Mayer 2009: 307).

Menschen können unterschiedlich auf eine Geschichte reagieren. Wenn Archetypen in Geschichten integriert werden, erhalten diese einen schnellen und einfachen Wiedererkennungswert. Dies liegt daran, dass archetypische Muster auf eine lange Geschichte und eine damit verbundene Vertrautheit zurückgreifen können. Ein Beispiel hierfür ist das Skript von Star Wars, bei welchem der Regisseur George Lucas im Vorfeld sehr viel über Märchen, Mythologie und klassische Elemente von Storytelling recherchiert hat, um eine Geschichte zu schreiben, die gleichzeitig frisch und einfach wieder zu erkennen ist. Der Erfolg kam einerseits durch die Spezialeffekte, aber auch durch die Tatsache, dass die Geschichte auf Archetypen basiert, mit denen die ZuseherInnen bereits vertraut waren. Während eine Person bzw. ein Archetyp in vielen, unterschiedlichen Geschichten auftreten kann, muss sie selbst ihre vorliegende Konsistenz und Stärke verkörpern. (vgl. Herskovitz und Crystal 2010: 22-23)

Menschen haben eine natürliche Verbindung zu glaubwürdigen und konsistenten Figuren, deren Worte und Handlungen aufeinander abgestimmt sind. Ohne die Identifikation mit den Figuren in einer Geschichte, sinkt auch das Interesse des Publikums. Um Menschen zu überzeugen, müssen sie eine Beziehung mit den Persönlichkeiten entwickeln und diese pflegen. Eine konstante Figur ist jemand, den man kennt und daher ist es wichtig, dass Persönlichkeiten ihrem Kern treu bleiben und in Situationen wachsen. Wenn das gelingt, können starke Emotionen wie Loyalität, Vertrauen oder sogar Hingabe bei dem/der EmpfängerIn hervorgerufen werden. Loyalität und Vertrauen entwickeln sich erst nach einer gewissen Zeit und nach mehreren gut ausgeführten Handlungen. Wenn Worte und Taten glaubhaft aufeinander abgestimmt sind, kann eine emotionale Bindung geschaffen werden, die auf eine langfristige Beziehung abzielt. Storytelling ermöglicht es in tiefere Winkel des Gehirns einzudringen, wo Einstellungen und Emotionen angesiedelt sind. (vgl. Herskovitz und Crystal 2010: 23-24)

Es ist daher wichtiger, die Person in den Vordergrund zu stellen, anstelle der Handlung. Sie muss immer in Erinnerung bleiben, unabhängig davon, welche unterschiedlichen Plots involviert sind. Dadurch wird diese auch weniger anfällig für Krisenzeiten und plötzliche Veränderungen. (vgl. Herskovitz und Crystal 2010: 26)

Gerade wenn nur wenig Zeit bleibt, eine Botschaft zu vermitteln, z.B. in einem Fernsehspot, in einer Printanzeige oder auf einer Webseite, kann die Botschaft effektiver kommuniziert werden, wenn die Nachricht auf eine Geschichte trifft, die bereits bekannt ist (vgl. Mark und Pearson 2001: 32).

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Auch deshalb sind politische Akteure, unabhängig von ihrer Partei, dann erfolgreich, wenn ihre Markenidentität klar und konsequent ist. Viele PolitikerInnen, die niemals gewählt oder wiedergewählt werden, schaffen es nicht, eine einheitliche archetypische Identität zu verkörpern. Der ehemalige US-amerikanische Präsident George Bush positionierte sich zunächst als weiser Herrscher mit großer Regierungserfahrung und schwankte kurz bevor er zur Wiederwahl kandidierte zwischen einem Krieger und einem Waisen und verlor dadurch das Amt für seine zweite Amtszeit. (vgl. Mark und Pearson 2001: 20)

Uneinheitliches Auftreten kann dazu führen, dass die Menschen unterschiedliche Persönlichkeiten wahrnehmen, was zu Verwirrung und Unbehagen führen kann (vgl. Herskovitz und Crystal 2010: 23).

Es kann festgehalten werden, dass bei der archetypischen Inszenierung die Figuren bzw. die Personen eine zentrale Rolle einnehmen. Mit einer einheitlichen Identität und konstanten Wertvorstellungen, die konsequent kommuniziert werden, kann eine einheitliche archetypische Identität geschaffen werden, die den PoltikerInnen im Wahlkampf die nötige Aufmerksamkeit und das Interesse der WählerInnen beschafft. Eine loyale und vertraute Einstellung zum/zur PolitikerIn kann dazu beitragen, dass sein/ihr Image auch in Krisenzeiten stabil bleibt.

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4 Archetypen in der politischen Kommunikation Ziel des Kapitels ist die Definition und Erklärung des Begriffs Politische Kommunikation, der sich durch die beiden Begriffe Politik und Kommunikation zusammensetzt und sich von dem Begriff Kommunikationspolitik abgrenzt. Des Weiteren werden die Herausforderungen politischer Kommunikation, welche durch die Veränderung der Gesellschaft und den Medienwandel entstanden sind, erläutert. Darauffolgend wird im Speziellen auf die Kommunikation in Wahlkämpfen und die steigende Personifizierung in der politischen Kommunikation eingegangen. Zudem werden die Merkmale der archetypischen Inszenierung in der politischen Kommunikation, die als Teil der Personifizierung gesehen werden können, beschrieben.

4.1 Politische Kommunikation Die politische Kommunikation folgt seit einigen Jahren dem Trend zu einer „Entpolitisierung“. Um WählerInnen zu erreichen, konzentrieren sich die PolitikerInnen eher auf persönliche Eigenschaften und Imagebildung als auf politische Themen, weil diese einfacher zu vermitteln sind. Grundsätzlich kann zwischen der „Eroberungs-Kommunikation“ und der „Erhaltungs-Kommunikation“ unterschieden werden. Bei der Eroberungs-Kommunikation wird versucht, unentschlossene WählerInnen anzusprechen und infolge zu gewinnen, bei der Erhaltungs-Kommunikation wird versucht die Treue der bestehenden AnhängerInnen aufrecht zu erhalten. (vgl. Maarek 2014: 17)

Klassische Fernsehnachrichten oder Tageszeitungen geben weiterhin eine Übersicht über die relevante politische Themenlage und das öffentliche Meinungsspektrum, allerdings verlagern sich politische Handlungen bei online-mediensozialisierten BürgerInnen zunehmend ins Netz. Deshalb ist politische Kommunikation heute vermehrt von Themen anstatt von grundsätzlichen Gesellschaftsvorstellungen geprägt. Früher waren politische Ausrichtungen stärker klassen-, milieu- und parteibezogen motiviert, heute führen Individualisierungs- und Globalisierungsprozesse zu spontaner und flexiblerer politischer Meinungsbildung. Dies zeigt sich auch durch den Anstieg an Wechsel- und NichtwählerInnen. (vgl. Fraas, Meier und Pentzold 2012: 109)

Die Frage- und Themenstellungen in der politischen Kommunikation sind geprägt von Sichtweisen, Macht und Herrschaft und liegen daher auch im öffentlichen Interesse. Im Rahmen ihrer Kommunikationsaktivitäten müssen politische Akteure nicht nur ihr eigenes Handeln, sondern auch das anderer politischer Akteure im Spiegel der Medien beobachten. Genauso beobachten Medien andere Medien, das heißt, sie nehmen die politischen Inhalte nicht immer unmittelbar von den PolitikerInnen auf. Für die Politik stellt Kommunikation ein wesentliches Strukturelement dar. Kommunikation rückt vor allem in Phasen der Problemartikulation und der politischen Entscheidungsfindung in den Vordergrund. (vgl. Sarcinelli 2009: 17-18)

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4.1.1 Begriffsdefinition Um politische Kommunikation zu definieren, muss zunächst erklärt werden, was unter den Begriffen Politik und Kommunikation verstanden werden kann.

Bernauer et al. (2013: 24) definieren Politik als soziales Handeln, das auf Entscheidungen und Steuerungsmechanismen ausgerichtet ist, die allgemein verbindlich sind und das Zusammenleben von Menschen regeln. Soziales Handeln ist gekennzeichnet von menschlichem Verhalten und ist geprägt durch psychische Merkmale und das gesellschaftliche Umfeld. Soziales Handeln wird politisch, wenn es sich auf allgemein verbindliche Entscheidungen und Steuerungsmechanismen bezieht. Politische Entscheidungen können sich auf eine lokale Gruppe von Menschen, auf die Bevölkerung eines Staates oder auf die ganze Weltbevölkerung auswirken. (vgl. Bernauer et al. 2013: 24-25)

Kommunikation ist eine Form sozialer Interaktion, die entweder medial vermittelt wird oder gleichzeitig zwischen anwesenden InteraktionspartnerInnen (Face-to-face-Kommunikation) stattfinden kann (vgl. Fraas, Meier und Pentzold, 2012: 6).

Kommunikation kann aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Sie kann eine soziale Interaktion zwischen mindestens zwei Personen (Mikro-Ebene sozialer Beziehungen), zwischen Angehörigen von Gruppen (Meso-Ebene) oder eine mediale Interaktion auf gesellschaftlicher Ebene (Makro-Ebene) darstellen. Im Bereich der Online-Kommunikation greifen interpersonale, gruppenbezogene sowie öffentliche Kommunikation ineinander. Eine Twitter-Botschaft kann zum Beispiel von einer Privatperson gesendet werden und ein Teil gesellschaftlicher Kommunikation werden, wenn sie Informationen von öffentlichem Interesse beinhaltet. (vgl. Fraas, Meier und Pentzold 2012: 7)

Politische Kommunikation kann demnach als Kommunikation auf Makro-Ebene angesiedelt werden, weil die Inhalte für die Öffentlichkeit relevant sind. Schulz (2011: 16) definiert politische Kommunikation als Kommunikation, die von politischen Akteuren ausgeübt wird, die an sie gerichtet ist, oder die sich auf politische Akteure und ihre Aktivitäten bezieht. Als politische Akteure können Parteien, Parlamente, Regierungen, Staaten, supranationale Organisationen und ihre Mitglieder sowie RepräsentantInnen angesehen werden. Allerdings können auch Interessengruppen, soziale Bewegungen und alle BürgerInnen als politische Akteure agieren, da sie einen Einfluss auf das Zustandekommen, die Inhalte und die Umsetzung von Entscheidungen haben. BürgerInnen können als politische Akteure handeln, wenn sie über politische Themen diskutieren oder wenn sie an Wahlen oder an Abstimmungen teilnehmen. Die Nutzung der Massenmedien stellt hierbei eine Form der Bürgerbeteiligung zur Information und politischen Meinungsbildung dar. (vgl. Schulz 2011: 16)

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Donges und Jarren (2017: 8) verstehen unter „Politischer Kommunikation“ den zentralen Mechanismus bei der Generierung, Formulierung und Artikulation politischer Interessen, ihrer Aggregation zu entscheidbaren Programmen sowie der Durchsetzung und Legitimierung politischer Entscheidungen.

Politische Kommunikation unterscheidet sich von Kommunikationspolitik. Kommunikationspolitik bezeichnet Prinzipien, Ziele und Entscheidungen zur Regelung der Kommunikationsverhältnisse in einer Gesellschaft. Kommunikationspolitik ist auf die Regulierung öffentlicher Kommunikation, das heißt insbesondere auf die Massenmedien gerichtet. (vgl. Schulz 2011: 17)

Henn, Dohle und Vowe (2013: 383) unterscheiden zwischen dem Begriff „Politische Kommunikation“ in einem weiten und in einem engen Sinne. Politische Kommunikation im weiten Sinne ist diejenige Kommunikation, in der politische Kommunikationsakteure (z.B. PolitikerInnen, JournalistInnen und BürgerInnen) in unterschiedlich öffentlich zugänglichen Kontexten ihre Interessen durchsetzen und/oder sich verständigen, und zwar im Hinblick auf politisch relevante Sachverhalte (vor allem Probleme der politischen Auseinandersetzung und der Gestaltung gesellschaftlicher Handlungsfelder). „Politische Kommunikation“ im engen Sinne ist hingegen diejenige Kommunikation, in der stark in das politische System eingebundene Akteure in einer massenmedial vermittelten Öffentlichkeit über politisch relevante Sachverhalte kommunizieren. Vor allem bei dem engen Begriff wird die Nähe zur Macht und die Bedeutung von Massenmedien zum Ausdruck gebracht. (vgl. Henn, Dohle und Vowe 2013: 383)

Der Begriff „Politische Kommunikation“ kann in eine soziale, sachliche, zeitliche und räumliche Dimension eingeteilt werden. In der sozialen Dimension ist der Kommunikationsakteur angesiedelt, das heißt PolitikerInnen, JournalistInnen und BürgerInnen. In der räumlichen Dimension befindet sich der Kommunikationskontext. Hier kann unterschieden werden zwischen Massenkommunikation, Versammlungskommunikation und Interpersonaler Kommunikation. Die massenmedial vermittelte Kommunikation gewährleistet einen unbeschränkten öffentlichen Zugang zu den kommunizierten Informationen, vergleichbar mit der Makro-Ebene. Die Versammlungsöffentlichkeit ist grundsätzlich für jeden frei zugänglich, aus technisch-organisatorischen Gründen ist der Zugang aber beschränkt, z.B. bei Parlamentssitzungen oder Podiumsdiskussionen. Dahingegen ist die interpersonale Kommunikation nicht allgemein zugänglich oder öffentlich beobachtbar. In der sachlichen Dimension sind die Kommunikationsinhalte angesiedelt, diese können den institutionellen Ordnungsrahmen von Politik („Polity“), die politischen Auseinandersetzungen („Politics“) oder die Gestaltung in einzelnen Politikfeldern („Policy“) betreffen. (vgl. Henn, Dohle und Vowe 2013: 373)

„Polity“ ist die formale Dimension, wobei für die politische Kommunikation besonders die Normen, die sich auf die Kommunikationsverfassung einer

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Gesellschaft beziehen, relevant sind (z.B. Meinungs- und Medienfreiheit). „Politics“ ist die verfahrensmäßige Dimension und zielt darauf ab, wie einzelne politische Akteure versuchen, ihre Interessen durchzusetzen. Unter „Policy“ versteht man die Inhalte der Politik in konkreten Politikfeldern wie z.B. Innenpolitik oder Sozialpolitik. Für die politische Kommunikation ist es relevant, wie die einzelnen Probleme und Themen von den Medien dargestellt werden. Wichtig ist, dass die einzelnen Bereiche der sachlichen Dimension nicht immer genau voneinander abgegrenzt werden können. (vgl. Donges und Jarren 2017: 4)

Die Folgen der politischen Kommunikation befinden sich in der zeitlichen Ebene, man kann hier unterscheiden zwischen verständigungsorientiertem kommunikativem Handeln (Konsensbildung) und erfolgsorientiertem strategischen Handeln (Durchsetzung von Interessen) (vgl. Henn, Dohle und Vowe 2013: 374).

Gestützt auf die vorausgehenden Definitionen kann festgestellt werden, dass politische Kommunikation nicht nur von politischen Akteuren (z.B. Parteien, Regierungsmitgliedern) ausgeht, sondern gleichzeitig auch von der Bevölkerung und den Medien getragen wird. Als Inhalte politischer Kommunikation können Themen und Sachverhalte gesehen werden, die für politische Entscheidungen relevant sind.

4.1.2 Herausforderungen der politischen Kommunikation Seit der Nachkriegszeit mussten politische Kommunikationsakteure laufend auf aktuelle Trends und exogene Veränderungen reagieren. Die Modernisierung hat zu sozialer Differenzierung in Form von unterschiedlichen Interessen und Identitäten geführt. Die Menschen haben sich unterschiedlichen Lebensstilen und moralischen Positionen verschrieben, was unter anderem dazu führte, dass z.B. Minderheitenmedien gestärkt wurden. Die gleichzeitig steigende Individualisierung hatte zur Folge, dass persönliche Bestrebungen und Konsumdenken in den Vordergrund gerückt sind und weniger Übereinstimmung mit Traditionen und Forderungen etablierter Institutionen, wie politischer Parteien, gegeben war. PolitikerInnen müssen nun härter arbeiten, um ihre Interessen zu vermitteln und die Unterstützung der BürgerInnen zu erhalten. Dazu kommt der steigende Einfluss von ökonomischen Faktoren, die plötzlich auch in früher autonomen Bereichen wie Hochschulbildung, Verlagswesen und Journalismus eine wichtige Rolle spielen. Außerdem beginnt die Bevölkerung sich zunehmend mit dem Stil, dem Image und der richtigen Präsentation der PolitikerInnen auseinander zu setzen. Trotz zahlreicher Veränderungen darf die seit Jahren anhaltende Unterstützung für demokratische Werte nicht außer Acht gelassen werden. (vgl. Blumler und Kavanagh 1999: 210-211)

Neben einer sicheren Ausdrucksweise müssen erfolgreiche PolitikerInnen auch in der heutigen Zeit immer noch ausdrucksstarke Redner sein sowie gute

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Verhandlungsfähigkeiten mitbringen. Gleichzeitig ist es jedoch erforderlich, dass PolitikerInnen neben ihren traditionellen Fähigkeiten auch im Stande sind, neue Medien, die schnell wachsen, zu nutzen und einzusetzen. Um Wahlen zu gewinnen, war es früher ausreichend, wenn PolitikerInnen Medientraining für Fernsehauftritte absolviert hatten, heutzutage ist es zusätzlich notwendig mehrmals täglich zu twittern, weitere soziale Medien zu nutzen und eine „Show“ im Fernsehen abzuliefern, die in Erinnerung bleibt. (vgl. Maarek 2014: 14)

Während dem Internet und seinen technologischen Möglichkeiten einerseits positive Demokratiepotenziale zugeschrieben werden, können durch die steigende Nutzung gleichzeitig Glaub- und Wahrhaftigkeitsdefizite entstehen. Diese sind vor allem auf die ungefilterte Informationsflut zurückzuführen, die verhindert, dass Menschen die relevanten von den nichtrelevanten Inhalten unterscheiden können. Hinzu kommen soziale und geografische Barrieren, z.B. durch begrenztes Zeitbudget und durch ungleiche Zugänglichkeit oder Handhabungskompetenz. Durch diese Faktoren entsteht ein Ungleichgewicht beim Informationsstand und bei den Einflussmöglichkeiten. (vgl. Fraas, Meier und Pentzold 2012: 108-109)

Digitale Medien werden in der politischen Kommunikation vor allem aufgrund ihrer Geschwindigkeit, Vielseitigkeit und Benutzerfreundlichkeit eingesetzt. Die schnelle Geschwindigkeit ist ein Vorteil, weil jede Botschaft von überall auf der Welt sofort hochgeladen und verbreitet werden kann, egal ob es sich dabei um einen Text, ein Bild oder ein Video handelt. Gleichzeitig kann die Botschaft an einem anderen Ort ohne Verzögerung heruntergeladen und aufgenommen werden. Auf der anderen Seite kann Kommunikation auf unterschiedlichen Medien in Form von Text, Standbildern oder Videoclips veröffentlicht werden. Zusätzlich ersetzen digitale Medien die Top-Down-Kommunikation traditioneller Medien, in dem die Öffentlichkeit durch Bottom-Up- und horizontale Kommunikation miteinander verbunden ist und die digitalen Medien somit zu einer unmittelbaren Kommunikationsquelle werden. Auch wenn das klassische Fernsehen immer noch die Hauptinformationsquelle für politische Information darstellt, ist das Internet gleichzeitig ein unverzichtbarer Kanal für politische Akteure geworden. (vgl. Maarek 2014: 16)

In der Online-Welt können Inhalte durch unterschiedliche Ausdrucksweisen, Quellen, Positionen und Themen dargestellt werden. Die Vielzahl der vorhandenen Themen im Web ist von besonderer Bedeutung, da diese dazu führen, dass sich auch weniger relevante Themen verbreiten können und politische Inhalte von NutzerInnen einfacher umgangen werden können. (vgl. Dohle, Jandura und Vowe 2014: 421)

Genauso wie kein Nutzer bzw. keine Nutzerin das volle Potenzial des neuen Smartphones ausschöpfen kann, kann keine politische Organisation das volle Potenzial des Internets ausschöpfen (vgl. Nitschke, Donges und Schade 2016: 745).

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Die Online- und Offline-Kommunikation politischer Organisationen kann nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Natürlich haben beide Bereiche ihre eigenen Regeln und sind hinsichtlich ihrer Anforderungen unterschiedlich. Online-Medien müssen nicht zwangsweise von Offline-Medien abhängig sein, jede Organisation muss für sich entscheiden, welche technologischen Innovationen eingesetzt werden und welche nicht. (vgl. Nitschke, Donges und Schade 2016: 746)

Eine weitere Herausforderung in der politischen Kommunikation ist die Abstimmung von informativen, kommunikativen und relationalen Reizen, denen die WählerInnen ausgesetzt sind. Die Situation ergibt sich durch Multitasking und der allgemeinen Einstellung gegenüber Politik, PolitikerInnen und politischen Parteien, was dazu führt, dass die Aufmerksamkeitsspannen der Menschen sinken. Insgesamt ist das politische Umfeld turbulent, wenig vorhersehbar und wenig strukturiert und dadurch auch schwieriger zu kontrollieren. (vgl. Vázquez Sande 2017: 275)

Politische Akteure sind auf die Medien angewiesen, damit sie erfahren, welche Themen in der Gesellschaft relevant und wichtig sind. Gleichzeitig können sie durch die mediale Berichterstattung die Standpunkte der anderen politischen Akteure erfahren. Die Informationen werden für das eigene politische Handeln benötigt und dienen als Grundlage für Entscheidungen. Die politische Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig, denn mit jedem sozialen und politischen Handeln ist eine Ungewissheit über die Folgen verbunden. (vgl. Donges und Jarren 2017: 79-78)

4.1.3 Kommunikation in Wahlkämpfen Demokratische Wahlen ermöglichen dem Volk aktiv an der Auswahl ihrer politischen VertreterInnen teilzunehmen. Sie sind der Kern der Demokratie und der politische Wahlkampf ist ein wesentliches Merkmal eines demokratischen Systems. Nur eine demokratische Wahl kann das Gefühl von Echtheit und Richtigkeit vermitteln, welches notwendig ist, um regieren zu können. (vgl. Trent, Friedenberg und Denton 2011: 10)

BürgerInnen können sich zwar in unterschiedlichem Ausmaß am politischen Geschehen beteiligen, aber in Bezug auf ihre Konsequenzen sind Wahlen die wichtigste Form der politischen Partizipation (vgl. Bernauer und Spilker 2015: 51).

Die Wahlchancen von Parteien und KandidatInnen sind davon abhängig, wie viele BürgerInnen tatsächlich an der Wahl teilnehmen. Daher ist es erforderlich, dass die WählerInnen von den politischen Absichten und Wahlprogrammen der Parteien und politischen Akteure überzeugt werden und gleichzeitig dazu bewegt werden, ihre Stimme abzugeben. (vgl. Bernauer und Spilker 2015: 64)

Politische Kampagnen und Wahlkämpfe können als Spezialfälle von Prozessen in der politischen Kommunikation verstanden werden. Sie sind gekennzeichnet

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von inhaltlichen Auseinandersetzungen und Streitfragen, die sich in diesem Rahmen zuspitzen. Die Kampagnen und Wahlkämpfe folgen dramaturgischen Regeln. (vgl. Donges und Jarren 2017: 173)

Durch den Wahltag sind sie zeitlich befristet und haben als Ziel, ein möglichst gutes Wahlergebnis zu erzielen. Im Rahmen von Wahlkämpfen verdichtet sich politische Kommunikation und das Interesse der Medien und der Bevölkerung für politische Themen steigt. (vgl. Donges und Jarren 2017: 177)

Politische Akteure können über drei Kanäle mit der Bevölkerung kommunizieren. Zum einen bietet sich die direkte Kontaktaufnahme auf öffentlichen Veranstaltungen oder Informationsständen zur Mobilisierung an. Auf der anderen Seite ist es möglich durch bezahlte Werbung in Medien Aufmerksamkeit zu erlangen. Dazu gehören Inserate, Online-Auftritte oder Werbespots im privaten Fernsehen. Die dritte Möglichkeit ist die Kommunikation über eine eigene Kampagne, bei der sowohl die PolitikerInnen selbst als auch die Medien mit ihrer Berichterstattung Einfluss nehmen können. (vgl. Donges und Jarren 2017: 180)

Wahlkämpfe eignen sich sehr gut, um Politik erzähltheoretisch zu illustrieren, da sie mit der Macht der Worte geführt werden und auch verdeutlichen, dass Sprache wahl- und politikentscheidend sein kann. Vor allem in Wahlkämpfen tendieren politische Akteure dazu, von sich zu erzählen und politische Vorhaben zu veröffentlichen, die sonst eher nicht öffentlich behandelt werden. Dabei verwenden sie Geschichten, um unentschlossene WählerInnen für sich zu gewinnen. (vgl. Gadinger, Jarzebski und Yildiz 2014: 19)

Geschichten können Emotionen erzeugen und Authenzität vermitteln und dadurch Machtverhältnisse darstellen (vgl. Gadinger, Jarzebski und Yildiz 2014: 31).

Immer wieder wird die Rolle des Internets in der politischen Kommunikation aufgegriffen und davon gesprochen, dass Wahlkämpfe bereits zu einem großen Teil im Internet ausgetragen werden (vgl. Donges und Jarren 2017: 180).

Obwohl Online-Kampagnen bereits in der Ära des Web 1.0 ihren Anfang nahmen, erhielt die Online-Mediatisierung der Politik seit der Entwicklung des Web 2.0 einen weiteren Schub. Durch die Entwicklung vom Web 1.0 zum Web 2.0 hat sich das Internet vom Massenmedium zum vernetzten Community-Medium entwickelt. Einfachere Benutzungsmöglichkeiten und die Erstellung von benutzergenerierten Inhalten („User Generated Content“) sind nur zwei der vielen Vorteile im Web 2.0. (vgl. Vergeer 2012: 10)

Aus diesem Grund ist das Internet zu einem wesentlichen Element von Wahlkampagnen geworden. Weil sowohl PolitikerInnen als auch WählerInnen Absender und Empfänger von Nachrichten sein können, kann ein intrapersonaler Austausch entstehen. Im Gegensatz dazu ermöglichen Druck-, Radio- und Fernsehmedien nur eine einseitige Kommunikation. (vgl. Trent et al. 2011: 254)

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Auch wenn das Internet als ergänzender Kanal zur Kampagnenkommunikation fungiert, kann es die klassischen Kommunikationsmittel nicht vollständig ersetzen. Es kann als Nischen-Medium für jüngere und politisch besonders interessierte WählerInnen gesehen werden und als zusätzliche Quelle, um den großen Informationsbedarf der hoch motivierten WählerInnen zu befriedigen. Des Weiteren bietet das Internet die Möglichkeit zur Kampagnenorganisation und Mobilisierung von Mitgliedern und AnhängerInnen. Parteien und KandidatInnen nutzen ihre Webseiten mittlerweile in großem Umfang für die Medienarbeit. Die Online-Auftritte dienen unter anderem zur Bereitstellung von Pressemitteilungen, damit können die WählerInnen direkt erreicht und die Filterung und Veränderung von Botschaften durch die Medien umgangen werden. In den USA, in Deutschland, aber auch in anderen Ländern sind Internetauftritte ein wichtiger Bestandteil von Wahlkämpfen geworden. (vgl. Schulz 2011: 227-229)

Noch ist nicht geklärt, wie gut sich soziale Netzwerke eignen, um Prognosen für Wahlergebnisse zu erstellen. Durch neue Softwaremöglichkeiten, wie zum Beispiel Social Media Dashboards, haben allerdings Kampagnen-ManagerInnen Zugriff auf die gleichen Werkzeuge wie WissenschaftlerInnen. Sie können schnell und unkompliziert die Meinungen und Äußerungen zu ihren Parteien, KandidatInnen und Themen abrufen, hinterfragen und dadurch ihre Wahlkampagnen optimieren sowie bei negativen Reaktionen in kurzer Zeit Schadensbegrenzung betreiben. (vgl. Vergeer 2012: 14)

4.2 Personalisierung in der politischen Kommunikation Die unterschiedlichen Definitionen, die für „Personalisierung“ existieren, signalisieren die Vielschichtigkeit des Begriffs. Lass (1995: 9) versteht unter Personalisierung „dass in der politischen Berichterstattung des Fernsehens auf die Präsentation von Politikern stärker Nachdruck gelegt wird als auf die eigentlichen politischen Fragen.“ Der Schwerpunkt liegt demnach mehr auf der Darstellung von Personen als auf politischen Fragestellungen, was wiederum bedeutet, dass letztgenannte von den PolitikerInnen verdrängt werden.

Für Holtz-Bacha, Lessinger und Hettesheimer (1998: 241) bedeutet Personalisierung, dass „[...] die Person (des Politikers/der Politikerin) zum Deutungsmuster komplexer politischer Tatbestände wird [...]“. Als zentrales Merkmal der Personalisierung kann die Reduktion der Wahlentscheidung auf bestimmte politische Akteure (SpitzenkandidatInnen) gesehen werden (vgl. Hans 2017: 262).

Personalisierung kann sowohl durch die Wählerschaft (Wahrnehmung und Motive der Wahlentscheidung), durch die Medien (Darstellung der Politik) als auch durch die Politik (Selbstdarstellung) stattfinden (vgl. Merkle 2015: 221).

In der medialen Darstellung verkörpern Personen bestimmte thematische Positionen der Parteien oder eine bestimmte politische Haltung. Sie stehen also

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synonym für die Ziele, das Programm oder die politischen Inhalte. (vgl. Merkle 2015: 221)

Hans (2017: 264) differenziert Personalisierung auf drei unterschiedlichen Ebenen: auf der Ebene des politischen Systems, des Mediensystems und der RezipientInnen.

Als Indikator für die Personalisierung auf der Ebene des politischen Systems fungiert die direkte oder indirekte Zitation von Einzelpersonen, die für die politische Organisation sprechen und in der Medienberichterstattung zitiert werden. Durch politische Akteure können auch komplexe Sachverhalte repräsentiert und schließlich verbunden werden. Zum einen entwickeln sich die PolitikerInnen dadurch zu StellvertreterInnen des politischen Systems und den Interessen der BürgerInnen. Zum anderen wird eine stärkere Fokussierung auf den Charakter, das heißt auf die Persönlichkeit der PolitikerInnen gelegt. (vgl. Hans 2017: 265-266)

Besondere Aufmerksamkeit gilt hierbei den Wahlkämpfen. Nach Brettschneider (2002: 14-15) charakterisieren folgende Merkmale die Personalisierung eines Wahlkampfes: Bedeutungsgewinn der SpitzenkandidatInnen, Entkopplung von Kandidat und Partei, Art der Wahlkampfkommunikation und die Konzentration des Wahlkampfes auf das Medium „Fernsehen“.

Bei der Personalisierung auf Ebene der Massenmedien spielt Prominenz eine wichtige Rolle, weil diese Voraussetzung und Produkt der Medienberichterstattung ist. Die Personalisierung auf dieser Ebene kann durch quantitative Zunahme der Präsenz politischer Akteure aber auch durch den Fokus der Berichterstattung auf den Politiker bzw. die Politikerin als Person erreicht werden. (vgl. Hans 2017: 268-269)

Für die politischen Akteure ist es von besonderer Bedeutung zu ermitteln, welche Faktoren die Stimmabgabe für eine Partei beeinflussen und welche Rolle politische Akteure im Verhältnis zu Sachentscheidungen und Identifikation mit Parteien spielen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Persönlichkeit der KandidatInnen einen Einfluss auf die Wahlentscheidung hat und dass sich WählerInnen auch an den apolitischen Eigenschaften der KandidatInnen orientieren. (vgl. Hans 2017: 273-275)

Durch die Konzentration der Kommunikation auf politische Akteure können Unterhaltung und Emotionen erzeugt und dadurch auch die Aufmerksamkeit der unpolitischen Bevölkerung erlangt werden. Für die Politik ist die Quantität der Aufmerksamkeit genauso wichtig wie die Qualität der Aufmerksamkeit, denn je mehr Menschen durch die politischen Inhalte erreicht werden, desto größer ist das mögliche Wählerpotential. Deshalb sind es meistens die PolitikerInnen selbst, die private Geschichten inszenieren, z.B. in Form von Interviews oder „Homestorys“ mit denen sie ihre eigenen Wahrheiten, unabhängig von dem Einfluss der Journalisten, kommunizieren. (vgl. Hans 2017: 315-316)

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Es gibt wenig Zweifel daran, dass die Wahlkampagnen in den weltweiten Demokratien personalisierter geworden sind. Die Führungspersönlichkeiten der Länder stehen heutzutage prominent im Mittelpunkt und die öffentliche Aufmerksamkeit richtet sich zunehmend auf ihre persönlichen Eigenschaften. Im Wahlkampf des späteren US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama im Jahr 2008 hat seine Familiengeschichte mehr Aufmerksamkeit als alles andere erlangt, gleichzeitig brach das Interesse an Nicholas Sarkozys Hochzeit mit Carla Bruni im selben Jahr ein französisches Tabu einer öffentlichen Diskussion über das Privatleben von Präsidenten. Ein Grund für die steigende Personalisierung ist die aktive Förderung durch die politischen Parteien. Parteien, die ihren WählerInnen eine Botschaft vermitteln möchten, können dies einfacher tun, wenn sie eine individuelle Person benutzen, mit der sich die WählerInnen identifizieren können. Weiters unterstützt die Bevölkerung selbst den Trend zur Personalisierung, weil es einfacher ist, eine Person für die Handlungen einer Regierung zur Rechenschaft zu ziehen als eine politische Partei. Politische Führungspersönlichkeiten stellen sich zudem gerne selbst in den Vordergrund, weil es ihnen größere Macht und Einfluss innerhalb der politischen Prozesse verschafft. Außerdem spielen auch die Medien eine Rolle bei der Personalisierung, weil sie sich auf die visuellen Inhalte konzentrieren und diese ansprechender für die BetrachterInnen (die Bevölkerung) sind. Kurz gesagt: Alle Akteure im politischen Kommunikationsprozess tragen dazu bei, dass die Personalisierung in der Politik funktioniert. (vgl. McAllister 2015: 337)

Eine der bemerkenswerten Folgen der zunehmenden Professionalisierung von politischer Kommunikation ist die steigende „Entpolitisierung“. Um WählerInnen zu erreichen, versuchen politische Akteure persönliche Eigenschaften und Bilder in den Köpfen der Bevölkerung zu verankern, anstatt sich auf politische Kernfragen zu konzentrieren. Dies liegt daran, dass der weniger politisch interessierten Bevölkerung die persönlichen Werte von PolitikerInnen einfacher vermittelt werden können als politische Inhalte und Wahlprogramme. (vgl. Maarek 2014: 17-18)

Als weitere Gründe für die steigende Personalisierung in der Politik gelten die Modernisierung der Gesellschaft und die Veränderungen im politischen System. Die Modernisierung hat zu einer Schwächung der traditionellen sozialen Bindungen zwischen sozialen Schichten geführt. Außerdem müssen sich Parteien damit auseinandersetzen, dass sie keine Versprechungen machen sollten, die sie im Endeffekt nicht halten können, weil viele Entscheidungen außerhalb ihrer Reichweite, z.B. auf EU-Ebene, getroffen werden. Sie ziehen sich daher auf allgemeine, unumstrittene Themen zurück und konzentrieren sich auf emotionale Appelle und einzelne politische Akteure. (vgl. Holtz-Bacha, Langer und Merkle 2014: 154)

Der Auftritt einzelner politischer Akteure kann erhebliche Auswirkungen auf die Wahlergebnisse haben, da schon die körperliche Darstellung eines Kandidaten bzw. einer Kandidatin die Vermittlung eines Bildes über die

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persönlichen Qualitäten und Kompetenzen ermöglicht. Das Bild kann sowohl allgemeine Eindrücke über die Eignung des Kandidaten bzw. der Kandidatin für das Amt als auch persönliche Eindrücke über Charaktereigenschaften, wie z.B. Kompetenz und Integrität, vermitteln. Ein Bild kann ausreichen, damit sich WählerInnen ihre Meinung über das Verhalten, die Kompetenz, Führungsqualitäten und Sympathie bilden. (vgl. Rosenberg et al. 1986: 123)

Die Verbreitung der elektronischen Medien wie Fernsehen, Websites und Online-Zeitungen, aber auch soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook gibt WählerInnen die Möglichkeit, auf personalisierte Informationen zuzugreifen (vgl. Milazzo und Hammond 2017: 263).

Es kann zwischen zwei Formen der Personalisierung unterschieden werden. Bei der ersten Form, der Individualisierung, liegt der mediale Fokus grundsätzlich auf den politischen Führungspersönlichkeiten, dennoch liegt der Schwerpunkt auch auf politischen Fragestellungen. Die zweite Form der Personalisierung, die Privatisierung, bedeutet eine Verlagerung des Medienfokus von dem Politiker bzw. der Politikerin als öffentliche Person auf die Privatperson, die sich von dieser Rolle unterscheidet. Der Fokus wird von politischen zu persönlichen Merkmalen und vom öffentlichen Leben auf das Privatleben verschoben. (vgl. Van Aelst, Sheafer und Stanyer 2011: 214)

4.3 Archetypische Inszenierung in der politischen Kommunikation

Der gesellschaftliche Wandel in den letzten zwei Jahrzehnten hat sich auch auf die Politik und die Gesellschaft ausgewirkt. Es gibt keine stabilen Strukturen mehr, in denen Klassen durch gut markierte Grenzen und die Werte und die Beziehungen ihrer Mitglieder getrennt sind. Jeder muss seine eigene Rolle in der Gesellschaft finden und diese für die eigene, aber auch für die kollektive Identität nutzen. Dieser Wandel hat dazu geführt, dass politische Parteien zu Massenbewegungen geworden sind, die davon abweichen, Politik auf traditionelle Weise zu machen. Dementsprechend sind die entscheidenden Faktoren für die Meinungsbildung heutzutage nicht bewusste und rationale Motive, sondern das Verhalten von Menschen als Individuen oder als Gemeinschaft. Meinungen entstehen durch Interaktion und nicht durch das gezielte Sammeln von Informationen. Sie führen zu einer ganzheitlichen Sichtweise, die von den unbewussten Elementen der menschlichen Natur abhängig ist. (vgl. Dominici et al. 2016: 110-111)

Das Konzept der Archetypen von Carl Gustav Jung entstand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die von nationalistischen Bewegungen beherrscht wurde und wurde in einer Zeit vollendet, in der sozialistische Bewegungen auf dem Vormarsch waren. Zu dieser Zeit waren die Menschen kollektiven Bewegungen ausgesetzt, die sich stark auf die individuellen Einstellungen und Meinungen auswirkten. In diesen Phasen sah Carl Gustav Jung es als notwendig an, individuelle Werte zu erhalten, da Gefahr bestand, dass diese

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vernachlässigt oder ignoriert werden. Jungs Psychologie wird heute als Gleichgewicht der Gegensätze angewandt, bei dem die Masse dem Individuum vorgezogen wird. Individualismus, hervorgerufen durch Konsumismus und Hedonismus, soll verringert werden, indem kollektive Werte, die im menschlichen Unterbewusstsein schlummern, wieder in den Vordergrund gerückt werden. Diese Werte haben ihren Ursprung in den archetypischen Tiefen der menschlichen Psyche und können daher nicht eliminiert werden. (vgl. Zoja 2010: 145)

Politische Akteure nutzen visuelle Inszenierungen, um ihre Macht- und Herrschaftsansprüche zu artikulieren und zu legitimieren. Mit diesen Inszenierungen können sie sich von ihren VorgängerInnen abheben, um sich positive Assoziationen anzueignen und mögliche negative Verbindungen zu vermeiden. Das Image, dass sich PolitikerInnen von ihren BeraterInnen auf den Leib schneidern lassen, wirkt wie ein klassisches Herrscherbildnis. Es soll Auskunft über die Persönlichkeit, den Führungsanspruch und das Amts- und Regierungsverständnis geben. Das Image eines Politikers bzw. einer Politikerin kann dadurch zum gesellschaftlichen Rollenvorbild werden, an dem sich einfache BürgerInnen orientieren oder orientieren sollten. Neben den positiven Effekten, die die Darstellung der politischen Akteure hervorbringt, können die HerrscherInnen auch zur Zielscheibe für Kritik werden, indem sie durch für Karikaturen, Verunstaltungen oder symbolische Schändung verwendet werden. (vgl. Heck 2014: 312)

Geschichten haben stets Raum für Emotionalitäten, können Authentizität vermitteln und Machtverhältnisse verkörpern. Auch deshalb sind Erzählungen bedeutend für politische Einigungen und Meinungsbildungen. (vgl. Gadinger, Jarzebski und Yildiz 2014: 21)

In Bezug auf Archetypen kann angenommen werden, dass der Kern einer jeden menschlichen Persönlichkeit archetypisch bestimmt ist. Die Idee dahinter ist, dass in jedem Menschen ein bestimmter Wesenskern archetypisch präformiert angelegt ist und im Zuge des Lebens zum Ausdruck kommt bzw. ausgelebt wird. Ein eigener archetypischer Wesenskern tritt vor allem in Krisensituationen auf. Es kommt zu einer Orientierung an archetypischen Grundmustern, weil die Persönlichkeit durch die Herausforderung während der kritischen Ereignisse in den Vordergrund tritt. (vgl. Roesler 2016: 133-135)

Das Archetypenkonzept kann erklären, wie es bei politischer Propaganda mit Verwendung archetypischer Elemente gelingt, eine große Anzahl von Menschen für stark irrationale Ziele emotional zu mobilisieren. In diesem Zusammenhang lassen sich auch politische Phänomene wie Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit beobachten, da diese als kollektive Projektion des archetypischen Schattens auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe wirken. (vgl. Roesler 2016: 199)

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PolitikerInnen nutzen archetypische Inszenierung häufig in Form des Heldenmythos, das heißt sie inszenieren sich selbst als rettende/r SuperheldIn von außen. Die vom Bösen bedrohte Gemeinschaft soll gerettet werden und der Kampf gegen den Feind muss alleine aufgenommen werden. Ein Beispiel für eine solche Inszenierung sind die Handlungen, die auf die Anschläge des 11. September 2001 folgten. Die mediale Aufbereitung zeigte den plötzlichen Angriff des Bösen auf die friedliche Gemeinschaft. Die politische Rhetorik bemühte sich, dem bösen Feind durch die Einmärsche im Irak und in Afghanistan entgegen zu setzen, mit dem Ziel Freiheit und Demokratie in alle Völker der Welt zu bringen. Die mediale Inszenierung griff auf das archetypische Schema des Heldenmythos zurück, bei dem der rettende Superheld von außen die bedrohte Gemeinschaft schützen und den Kampf mit dem Feind aufnehmen muss. Die politische Mobilisierungskraft dieser Inszenierung ist enorm und kann auch der Rechtfertigung der politischen Akteure dienen. Die Verwendung von archetypischen Mustern kann in solchen Fällen eine enorme Wirkung erzielen. (vgl. Roesler 2016: 201-202)

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass archetypische Inszenierung politischen Akteuren die Möglichkeit gibt, sich abzuheben und die Wählerschaft für die eigenen Ziele emotional zu mobilisieren. Es wird dabei besonders der Archetyp des Helden bzw. der Heldin hervorgehoben, der die Gemeinschaft vor der Bedrohung des Bösen rettet. Archetypen sorgen für eine unbewusste Meinungsbildung beim Wähler bzw. bei der Wählerin, die im Unterbewusstsein entsteht.

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5 Zwischenfazit Bezugnehmend auf die Forschungsfrage „Welche Potenziale bietet der Einsatz von Storytelling zur archetypischen Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen?“ wurden im Theorieteil dieser Masterarbeit die Themen Storytelling, Archetypen und politische Kommunikation näher betrachtet.

Aufgrund der theoretischen Aufarbeitung kann gesagt werden, dass alle Geschichten Kernelemente beinhalten, die für das Storytelling unabdinglich sind. Dazu zählen vor allem die Elemente Handlung und Figuren, aber auch die Elemente Thematik, Raum und Zeit. Zur Wirkung von Geschichten kann gesagt werden, dass sich diese auf der kognitiven Ebene im Menschen äußert. Das bedeutet, die Interpretation einer Geschichte ist abhängig von den vorausgegangenen Erfahrungen und Erwartungen der RezipientInnen einer Geschichte.

Beim Storytelling spielen daher auch Emotionen und Vertrauen eine wichtige Rolle. Storytelling kann in der politischen Kommunikation eingesetzt werden, um eine Kampagne in den Köpfen der Bevölkerung zu verankern und Vertrauen zu den WählerInnen aufzubauen. Dadurch kann die Überzeugungskraft politischer Akteure erhöht und die subjektive Meinungsbildung beeinflusst werden. Auch wenn Storytelling erfolgreich dazu beitragen kann, politische Debatten zu lenken, stellt der Einsatz für die traditionellen Schreib- und Denkweisen der politischen Kommunikation gleichzeitig eine Herausforderung dar. Nur Geschichten, die gleichzeitig auch glaubhaft wirken und mit den kulturellen und gesellschaftlichen Normen einer Gesellschaft im Einklang stehen, können überzeugen. Wenn ein persönlicher Bezug zu einem Thema oder einer Person vorhanden ist, steigt das Interesse und die Menschen können sich leichter in Situationen hineinversetzen.

Eine besondere Situation in der politischen Kommunikation sind Wahlkämpfe. Wahlen sind die wichtigste Form der politischen Partizipation und ihr Ausgang hat entscheidende Auswirkungen auf das demokratische System. Inhaltliche Auseinandersetzungen und Themen stehen im Rahmen der Kommunikationsaktivitäten im Vordergrund und werden bis zum Höhepunkt – dem Wahltag – intensiv beleuchtet und transportiert. Wahlkämpfe eignen sich hervorragend, um politische Inhalte mit Geschichten zu vermitteln, da sie dramaturgischen Regeln folgen. Die Online-Kampagnen der politischen Akteure sind ein wesentlicher Bestandteil von Wahlkämpfen. Durch das Internet können Informationen schnell, einfach und direkt an die WählerInnen vermittelt werden. Der Vorteil besteht darin, dass die Filterung und Veränderung der Botschaften durch die Medien umgangen werden kann. Zudem haben die PolitikerInnen die Möglichkeit, sich mit der Bevölkerung zu vernetzen und untereinander zu kommunizieren. Es entsteht eine beidseitige Kommunikation - jeder kann EmpfängerIn oder AbsenderIn von Nachrichten

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sein. Monitoring-Tools ermöglichen es, die Erfolge der Botschaften schnell und unkompliziert zu überprüfen und gegebenenfalls zu optimieren.

Neben den thematischen Inhalten müssen auch die Personen, die zur Wahl stehen, in den Mittelpunkt der Kommunikationsaktivitäten dargestellt werden. In vielen Ländern erhalten die Führungspersonen von Parteien mehr Aufmerksamkeit von der Bevölkerung als die inhaltlichen Positionen. Ergänzend zu den fachlichen Eigenschaften stehen vor allem persönliche und individuelle Charaktermerkmale der politischen Akteure im Vordergrund. Diese sogenannte Personalisierung in der politischen Kommunikation führt auch dazu, dass sich WählerInnen stärker mit den jeweiligen KandidatInnen identifizieren können, weil sie eine emotionale Bindung aufbauen. Storytelling kann dazu beitragen, dass diese Bindung langfristig geknüpft wird. Die Motive von PolitikerInnen müssen offengelegt und ihre Kompetenz, in Krisensituationen richtig zu reagieren, muss glaubhaft vermittelt werden. Auch wenn es wichtig ist, das Image der SpitzenkandidatInnen zu veranschaulichen, dürfen Sachthemen dabei nicht völlig in den Hintergrund geraten. Im Idealfall kann sich der/die KandidatIn mit diesen identifizieren und diese auch verkörpern.

Ebenso wurde im weiteren Verlauf das Konzept der Archetypen aufgegriffen, welches Erklärungen für die Wirkung von Menschen oder Geschichten auf andere Menschen liefern kann. Archetypen sind für Geschichten von besonderer Bedeutung. Archetypische Figuren können als Schlüsselfiguren in Geschichten auftreten, weil sie vertraute Charaktere mit gleichbleibenden Eigenschaften darstellen. Die Vertrautheit kommt auch daher, dass sie auf einer unbewussten Ebene im Menschen wirken. Die gleichen Motive und Muster können immer wieder aufgegriffen werden. Politische Akteure, die einen Archetypen verkörpern, sind vor allem erfolgreich, wenn ihre Identität klar und konsequent ist. Sie müssen sich selbst in ihren Geschichten in den Vordergrund stellen, um in Erinnerung zu bleiben und Emotionen wie Loyalität und Vertrauen aufbauen zu können. Der/Die PolitikerIn ist dadurch weniger anfällig das gewonnene Vertrauen in Krisenzeiten zu verlieren.

Für die Inhaltsanalyse im empirischen Teil dieser Arbeit spielen vor allem das Analyseschema für Stories von Ettl-Huber, beschrieben in Kapitel 2.3, und die Arten von Archetypen nach Mark und Pearson, beschrieben in Kapitel 3.3, eine zentrale Rolle.

Die aus der Theorie gewonnen Kenntnisse fungieren als Basis für den aktuellen Forschungsgegenstand, der als Grundlage für den empirischen Teil der vorliegenden Masterarbeit dient. Für die Untersuchung des Einsatzes von Storytelling zur archetypischen Inszenierung wurden anhand der theoretischen Erkenntnisse Analysekategorien ausgearbeitet. Die Kategorien für die Inhaltsanalyse können dem Codebuch im Anhang der Masterarbeit entnommen werden.

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6 Empirische Untersuchung Im Theorieteil der Masterarbeit wurden nach ausführlicher Literaturrecherche die einzelnen Gegenstandsfelder Storytelling, Archetypen und politische Kommunikation näher betrachtet und bereits in den jeweiligen Kapiteln sowie im Zwischenfazit miteinander in Verbindung gebracht. Basierend auf den theoretischen Erkenntnissen wird in der empirischen Untersuchung das Potenzial von Storytelling zur archetypischen Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen untersucht.

Inhalte systematisch zu erfassen und zu untersuchen ist in der Politik von besonderem Interesse, weil die Darstellungen in den Medien einen großen Einfluss auf die Entscheidungsfindung, besonders bei Wahlen, haben können (vgl. Rössler 2017: 14).

In den Unterkapiteln wird das Forschungsdesign und die Vorgehensweise näher erklärt.

6.1 Forschungsdesign Das Ziel der Masterarbeit ist die Erfassung eines exemplarischen, aktuellen Status-Quo und der Potenziale zum Einsatz von Storytelling zur archetypischen Inszenierung von erfolgreichen PolitikerInnen.

In weiterer Folge sollen folgende Fragestellungen abgeklärt werden:

• Wie stark wird Storytelling bei der Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen angewandt?

• Welche archetypischen Merkmale kennzeichnen die Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen?

• Wie stark wird diese archetypische Inszenierung über die Kommunikationskanäle hinweg durchgehalten?

• Wie bewusst werden Archetypen in der politischen Kommunikation eingesetzt?

Aus den theoretischen Ausarbeitungen wird im empirischen Teil der Einsatz von Storytelling, Storytelling-Elementen und Arten von Archetypen in Beiträgen von ausgewählten PolitikerInnen analysiert und dargestellt.

6.1.1 Forschungsmethode Um einen Einblick zu erhalten, inwieweit Storytelling zur archetypischen Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen zum Einsatz kommt, wird eine Inhaltsanalyse von Online-Beiträgen während der Wahlkämpfe durchgeführt.

Die systematische, standardisierte Inhaltsanalyse eignet sich, um politische Fragestellungen angemessen bearbeiten zu können und systematische Erkenntnisse zu erhalten, die über persönliche Medienbeobachtung hinausgehen (vgl. Rössler 2017: 15).

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Es wird eine große Anzahl von Botschaften vergleichbarer Natur betrachtet und diese auf auffindbare Muster und Tendenzen hin untersucht. Das Resultat entsteht aus der systematischen Analyse zahlreicher Botschaften und ermöglicht es, allgemeine oder verallgemeinerbare Aussagen zu treffen. (vgl. Rössler 2017: 17)

Bei der standardisierten Inhaltsanalyse geht es vor allem um die Reduktion von Komplexität, indem die unüberschaubare soziale Wirklichkeit auf zentrale Strukturen reduziert wird (vgl. Rössler 2017: 18).

Werner Früh (2017: 29) definiert eine Inhaltsanalyse wie folgt:

„Die Inhaltsanalyse ist eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen, meist mit dem Ziel einer darauf gestützten interpretativen Inferenz auf mitteilungsexterne Sachverhalte.“

Er hebt dabei die drei zentralen Bestandteile „empirische Methode“, „systematisch“ und „intersubjektiv nachvollziehbar“ hervor.

Eine empirische Methode liegt vor, wenn das durch die Forschungsfrage bezeichnete Erkenntnisobjekt ein wahrnehmbares bzw. intersubjektiv identifizierbares Korrelat in der Realität besitzt. Wahrnehmbare Korrelate müssen systematisch objektvierbar sein. Ein Sachverhalt ist wahrnehmbar und beobachtbar, wenn er reproduziert werden kann, das heißt die Operationen können erneut durchgeführt werden und die empirischen Sachverhalte wurden registriert und die Daten gespeichert. Wissenschaftlich und damit systematisch und intersubjektiv nachvollziehbar wird die Vorgehensweise durch nachprüfbare Kriterien, die den Wahrnehmungsvorgang reproduzierbar machen. (vgl. Früh 2017: 29-30) Eine Inhaltsanalyse, die nicht reproduzierbar, kommunizierbar und kritisierbar ist, hat keine Aussagekraft und ist damit irrelevant (vgl. Früh 2017: 42).

Während qualitative Inhaltsanalysen die Individualität einzelner Texte berücksichtigen, stehen bei quantitativen Inhaltsanalysen Umfänge, Verteilungen und Häufigkeiten von Wörtern und Satzstrukturen im Vordergrund der Analyse (vgl. Rössler 2017: 19). Bei der integrativen Inhaltsanalyse nach Werner Früh (2017: 68) werden auch Aussagen erfasst, die nicht explizit in den Texten formuliert sind, sondern anhand hinreichend evidenter Indizien interpretiert und erschlossen werden können. Die Inhaltsanalyse geht über eine reine Beschreibung der Inhalte hinaus, denn sie beruht auf nachvollziehbaren Schlussfolgerungen, die aufgrund des Ausgangsmaterials getroffen werden (vgl. Rössler 2017: 25).

Um die Vielfalt der unterschiedlichen Medieninhalte systematisch erfassen zu können, sollte eine Kombination aus einer quantitativen und einer qualitativen Inhaltsanalyse durchgeführt werden. Dabei wird eine größere Anzahl von Botschaften vergleichbarer Natur auf auffindbare Muster und Tendenzen hin untersucht. Vor der Untersuchung des Materials werden die Kriterien definiert,

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welche es ermöglichen sollen, im Anschluss an die Analyse allgemeine bzw. verallgemeinerbare Aussagen über die ausgewählten Medieninhalte treffen zu können. (vgl. Rössler 2017: 18)

Damit eine Inhaltsanalyse gültig (valide) ist, muss ein verlässliches Messinstrument angewandt werden. Gültigkeit (Validität) bedeutet, dass mit der Inhaltsanalyse tatsächlich das gemessen wird, was gemessen werden soll. Unter Verlässlichkeit (Reliabilität) versteht man die korrekte Beschreibung und Anwendung des methodischen Instrumentariums. (vgl. Früh 2017: 114)

6.1.2 Forschungsmaterial Der Inhaltsanalyse sollen Inhalte von fünf PolitikerInnen in Wahlkämpfen, aber auch zu aktuellen, relevanten weltpolitischen Themen unterzogen werden. Bei den politischen Akteuren handelt es sich um die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, den US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump, den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, die britische Premierministerin Theresa May und den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán.

Die für die Inhaltsanalyse herangezogenen politischen Akteuren sind internationale Staats- und Regierungschefs. Der Erfolg, in Form des Wahlsieges, bei den jeweiligen Wahlentscheidungen war ein wichtiges Kriterium für die Auswahl der PolitikerInnen. Alle PolitikerInnen sind zurzeit aktiv in ihrem Amt und ihre letzte Wahl liegt nicht länger als zwei Jahre zurück. Ein gemeinsames Merkmal der ausgewählten PolitikerInnen ist ihre Zugehörigkeit zu einer konservativen Partei. Jede/r der Untersuchten kommuniziert über seine/ihre Website und veröffentlicht dort Presseaussendungen.

Auswahl des Untersuchungsmaterials

Um die Forschungsfrage zu beantworten und zu analysieren, in welchen Medieninhalten archetypische Merkmale enthalten sind, wird eine Analyse der Online-Materialien durchgeführt. Medieninhalte eignen sich besonders gut als Untersuchungsmaterial, weil sie auch bei mehrfacher Anwendung der Inhaltsanalyse gleichbleiben. (vgl. Rössler 2017: 23)

Das Untersuchungsmaterial muss so ausgewählt werden, dass die Erkenntnisse für die Fragestellung auf einer möglichst umfassenden Untersuchung relevanten Materials basieren (vgl. Rössler 2017: 53). Gleichzeitig soll die Komplexität reduziert werden, weshalb sich die Analyse auf die relevanten Sachverhalte konzentrieren soll (vgl. Rössler 2017: 53). Um verallgemeinerbare Aussagen treffen zu können, muss ein Abbild der Grundgesamtheit erstellt werden, über das eine Aussage getroffen werden soll (vgl. Rössler 2017: 58).

Im Rahmen dieser Arbeit bilden die internationalen Staats- und Regierungschefs, die im Zuge einer demokratischen Wahl ihr Amt erlangt haben, die Grundgesamtheit. Da eine Vollerhebung aufgrund der sprachlichen Barrieren und der großen Anzahl an Staats- und Regierungsoberhäuptern nicht möglich war, wurde eine Stichprobe gewählt, die unterschiedliche

54

LändervertreterInnen umfasst. Für die Untersuchung werden daher Medieninhalte von fünf PolitikerInnen aus drei Kommunikationskanälen ausgewählt.

Ein Kriterium für die Auswahl der PolitikerInnen war der Triumph bei einer Wahl in den letzten zwei Jahren. Alle PolitikerInnen, die für die Untersuchung ausgewählt wurden, sind bereits mindestens einmal erfolgreich bei einer Wahl angetreten.

Ein zweites Kriterium für die Auswahl besteht darin, dass alle PolitikerInnen zum Zeitpunkt der Analyse ihr Amt noch aktiv ausüben. Eine weitere Gemeinsamkeit besteht in der Zugehörigkeit der politischen Akteure zu einer konservativen Partei im jeweiligen Land.

Ein drittes Kriterium für die Auswahl war die Sprache. Aufgrund der Sprachkenntnisse der Verfasserin dieser Masterarbeit wurden PolitikerInnen ausgewählt, die in deutscher oder englischer Sprache kommunizieren.

Anhand der genannten Selektionskriterien wurden folgende PolitikerInnen für die Analyse ausgewählt:

PolitikerIn Land Kommunikationskanäle

Donald Trump USA

www.donaldjtrump.com

facebook.com/DonaldTrump/

instagram.com/realdonaldtrump

Theresa May Großbritannien

www.gov.uk/government/

facebook.com/TheresaMayOfficial

instagram.com/theresamay

Angela Merkel Deutschland

www.bundeskanzlerin.de

facebook.com/AngelaMerkel

instagram.com/bundeskanzlerin

Sebastian Kurz Österreich

www.sebastian-kurz.at

facebook.com/sebastiankurz.at

instagram.com/sebastiankurz

Viktor Orbán Ungarn

www.kormany.hu/en/the-prime-minister

facebook.com/orbanviktor

instagram.com/orbanviktor

Tabelle 2: PolitikerInnen für die empirische Untersuchung (Eigene Darstellung)

55

Eine Analyse der Presseaussendungen auf der Website von Donald Trump ist nicht möglich, da alle Presseaussendungen, die vor dem Jahr 2017 auf der Website https://www.donaldjtrump.com/ veröffentlicht wurden, mittlerweile entfernt wurden.

Des Weiteren ist zu erwähnen, dass Viktor Orbán zwar über ein Instagram-Profil verfügt, dort aber nicht aktiv Inhalte veröffentlicht. Der letzte Beitrag stammt vom 31. März 2017. Daher wurden auch keine Inhalte im Vorfeld des Wahlkampfes veröffentlicht und somit ist eine Berücksichtigung dieser in der Analyse nicht möglich.

Um das Material der PolitikerInnen für die Codierung einzugrenzen, wird die sechsstufige Vorgangsweise nach Rössler (2017: 54) angewandt:

Zur Bestimmung des Untersuchungsmaterials wird zuerst ein Zeitraum festgelegt, der für die Fragestellung relevant ist. Da in dieser Arbeit die Kommunikation im Zuge von Wahlkämpfen untersucht wird, werden Materialien, die einschließlich des Tages einen Monat vor der Wahl bis zum Wahltag veröffentlicht wurden, untersucht.

In der zweiten Stufe wird der räumliche Geltungsbereich der Auswahleinheit festgelegt. Für die Analyse im Zuge dieser Masterarbeit werden ausschließlich deutsch- und englischsprachige Materialien herangezogen.

Hinsichtlich der Mediengattungen werden Online-Inhalte codiert, es werden keine Inhalte aus Print- und Funkmedien berücksichtigt, da es nicht möglich ist, die Inhalte aus mehreren Jahren und mehreren Staaten zu reproduzieren und zu speichern. Online-Inhalte sind einfacher zugänglich und können besser verglichen werden als Inhalte aus Print- oder Funkmedien.

Aus den Online-Inhalten werden Medienangebote wie Presseaussendungen auf der Website, Facebook- und Instagram-Beiträge in die Stichprobe aufgenommen. Zur Beantwortung der Forschungsfrage ist es erforderlich, dass

Abbildung 2: Bestimmung der Auswahleinheit nach Rössler (2017: 54) (Eigene Darstellung)

56

die Medienangebote direkt von den Kommunikationskanälen der politischen Akteure stammen und nicht von Dritten modifiziert wurden.

Aufgrund der Vielzahl an Beiträgen werden ausschließlich Beiträge der Formate Text und Bild(er) analysiert. Beiträge, die neben einem Text auch ein Video enthalten, werden nicht in die Analyse aufgenommen, weil die Auswertung von Videos inkl. Transkription die zeitlichen Ressourcen der Verfasserin deutlich überstiegen hätte. Bezogen auf Instagram und Facebook sind auch Beiträge, die zuerst von anderen Seiten veröffentlicht wurden und lediglich vom politischen Akteur geteilt wurden, von der Analyse ausgenommen.

Um die Beiträge im Hinblick auf die Forschungsfrage inhaltlich zu spezifizieren, werden nur Beiträge codiert, die sich direkt auf die wahlwerbenden Personen beziehen bzw. von diesen oder in deren Namen auf einem ihrer Kommunikationskanäle veröffentlicht wurden. Also alle Beiträge, in denen die politischen Akteure in der Überschrift, in der Dach- und Unterzeile oder im ersten Abschnitt des Artikels bzw. des Beitrages genannt werden sowie alle Beiträge, bei denen die politischen Akteure auf den Bildern zu sehen sind.

Archivierung des Untersuchungsmaterials

Bei der Analyse von Online-Inhalten ist die sorgfältige Archivierung des Untersuchungsmaterials besonders wichtig (vgl. Rössler 2017: 71). Die zu analysierenden Beiträge von den Facebook- und Instagram-Profilen wurden als Screenshots gespeichert, die zu analysierenden Presseaussendungen wurden als PDF-Dateien gespeichert.

6.2 Vorgehensweise Die Inhaltsanalyse soll zunächst feststellen, inwieweit Storytelling bereits in den Untersuchungsobjekten der ausgewählten PolitikerInnen verwendet wird. Im Zuge der empirischen Auswertung werden die Daten soweit aufbereitet, dass Aussagen zur Forschungsfrage und den Unterfragen getroffen werden können.

Die Daten der ausgewählten Online-Inhalte werden durch die Kriterien im Codebuch mittels der Software MAXQDA gesammelt, erfasst und analysiert.

Die Herausforderung der Inhaltsanalyse ist die Auswahl des Untersuchungsmaterials, da eine große Anzahl an Online-Medieninhalten auf unterschiedlichen Kanälen zu den oben genannten PolitikerInnen zur Verfügung steht. Ziel ist es, durch Analyse der Stichproben Aussagen über die Grundgesamtheit treffen zu können. (vgl. Meier et al. 2010: 105)

Für die Durchführung der Inhaltsanalyse wird nach dem standardisierten Untersuchungsablauf, angelehnt an Früh (2017: 96), vorgegangen.

57

Der Forschungsprozess in der Masterarbeit ist daher wie folgt aufgebaut:

• Planungsphase

o Problemstellung

o Auswahl des Untersuchungsmaterials

• Entwicklungsphase

o Theoriegeleitete Kategorienbildung

o Erstellung eines Codebuchs

• Anwendungsphase

o Codierung

o Aufbereitung der Daten

o Auswertung

Problemstellung

Die Problemstellung wurde in Form der Forschungsfrage und der Unterfragen formuliert.

Theoriegeleitete Kategorienbildung

Das Kategoriensystem legt fest, anhand welcher Kriterien die relevanten Codiereinheiten gemessen werden (vgl. Rössler 2017: 100). Eine Anforderung an das Kategoriensystem ist die Vollständigkeit. Das heißt, alle Aspekte, die im Untersuchungsmaterial vorkommen, müssen durch die festgelegten Kategorien abgedeckt werden (vgl. Rössler 2017: 101).

Gleichzeitig soll eine Trennschärfe zwischen den Kategorien existieren. Die Botschaften müssen eindeutig einer Kategorie zugeordnet werden können. Es sollen zusätzlich nur für die Analyse relevante Sachverhalte gemessen werden und keine darüberhinausgehenden Aspekte, die nicht für die Analyse relevant sind. (vgl. Rössler 2017: 102)

In der Analyse soll die archetypische Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen durch Storytelling erfasst werden. Dies kann als theoretisches Konstrukt bezeichnet werden. Aus dem Theorieteil kann abgeleitet werden, dass Elemente von Geschichten und Arten von Archetypen als entscheidende Komponenten für die Inszenierung fungieren. Für diese Komponenten muss nun eine Kategorie definiert werden, damit die Codiereinheiten im Untersuchungsmaterial vollständig erfasst werden können. Gleichzeitig muss auf die saubere Abgrenzung der Kategorien geachtet werden, da sonst keine eindeutige Zuordnung getroffen werden kann. Die Anforderungen nach Vollständigkeit und Trennschärfe gelten nicht nur für die Kategorien, sondern auch für deren Ausprägungen. (vgl. Rössler 2017: 105)

Die einzelnen Ausprägungen sollen anhand von Zahlenwerten codiert werden, weil dies die statistische Verarbeitung erheblich vereinfacht (vgl. Rössler 2017:

58

103). Es liegt eine Nominaldefinition vor, wenn codiert wird, ob eine Ausprägung im Material vorkommt oder nicht (vgl. Rössler 2017: 103). In dieser Arbeit werden vorhanden/nicht vorhanden-Codierungen vorgenommen. Demnach wird die zustimmende Vorgabe mit „1“ und die ablehnende Vorgabe wird mit „0“ definiert.

Die Kategorien in dieser Masterarbeit können in formale und inhaltliche Kategorien unterteilt werden. Bei den formalen Kategorien werden die politischen Akteure, das Medium, die Darstellungsform und die Sprache der Analyseeinheit erfasst. Die inhaltlichen Kategorien können in „Storytelling“ und „Archetypische Merkmale“ unterteilt werden.

Erstellung eines Codebuchs

Das Codebuch ist das Kernstück jeder Inhaltsanalyse und enthält alle wesentlichen Angaben, wie formale und inhaltliche Kategorien, sowie ihre Ausprägungen (vgl. Rössler 2017: 21). Darunter befinden sich auch Aussagen über das Material, das untersucht werden soll, sowie Hinweise zur Behandlung des Materials und zum Ablauf der Codierung und ein Kategoriensystem mit beschreibenden Kriterien (vgl. Rössler 2017: 22).

Als systematisches Regelwerk muss das Codebuch in seinen Vorgaben hinreichend eindeutig und bestimmt sein, sodass die Ergebnisse der Inhaltsanalyse jederzeit reproduzierbar sind (vgl. Rössler 2017: 23).

Codierung

Da das Untersuchungsmaterial ausschließlich digital vorliegt, wird auch die Codierung auf dem Computer durchgeführt. Für die Codierung wird die Software MAXQDA verwendet. Das Untersuchungsmaterial wird zuerst gesammelt und archiviert. Anschließend werden die Daten in die Software MAXQDA importiert. Die Kategorien sowie deren Ausprägungen werden aus dem Codebuch in die Auswertungssoftware übertragen. Die Kategorien werden im Rahmen der Codierung in der gleichen Reihenfolge wie im Codebuch bearbeitet.

Die Kategoriendefinition beschreibt den Bedeutungsrahmen. Im Zuge der Codierung wird aufgrund der Kenntnisse und Sprachkompetenz entschieden, welche Aussagen in diesen Rahmen passen. (vgl. Früh 2017: 118)

Laut Rössler (2017: 185) besteht der Vorteil der Codierung mittels Software darin, dass auch einzelne Textausschnitte codiert und anschließend für die Analyse und Interpretation der Ergebnisse herangezogen werden können. Im Gegensatz zu routineartigen Tätigkeiten wie Eintippen von Zahlenkolonnen in eine Excel-Tabelle wäre eine mögliche Fehlerquelle ausgeschaltet, da sich Tippfehler und Zahlendreher nicht verhindern lassen (vgl. Rössler 2017: 185).

59

Aufbereitung der Daten

Die Erkenntnisse aus der Inhaltsanalyse lassen sich nicht direkt aus den Codierungen ableiten. Man geht zwar von den Individual- und Einzeldaten aus, fügt diese dann aber zu Kollektivdaten zusammen, aus denen die Ergebnisse abgeleitet werden. (vgl. Früh 2017: 191)

Vor der Aufbereitung der Daten werden die Analyseeinheiten zusammengefügt und auf formale Fehler überprüft. Es kann z.B. geprüft werden, ob einige Kategorien ungewöhnlich häufig auftreten oder sehr selten vorkommen. (vgl. Früh 2017: 192)

Auswertung

Die Auswertung der analysierten Daten orientiert sich am Erkenntnisinteresse der Forschungsfrage. Die Kategorien der Inhaltsanalyse sind so konzipiert, dass sie die erforderlichen Daten für die Auswertung valide erfassen und Aussagen zur Beantwortung der Forschungsfrage und der Unterfragen getätigt werden können. (vgl. Früh 2017: 193)

Die Unterkategorien der Kategorie 1 „Formale Daten“ werden quantitativ in Form von Häufigkeitszählungen ausgewertet. Bei den Unterkategorien der Kategorie 2 „Storytelling“ und Kategorie 3 „Archetypische Merkmale“ werden ebenfalls Häufigkeitszählungen vorgenommen und eine qualitative Auswertung durch das Herausarbeiten von konkreten Beispielen durchgeführt.

60

37

6

12

52

0

22

11

31

47

80

0

44

21

15

73

0 20 40 60 80 100 120 140 160

Viktor Orbán

Sebastian Kurz

Theresa May

Angela Merkel

Donald Trump

Anzahl der Beiträge - aufgeteilt auf die Kanäle Website, Facebook, Instagram

Website Facebook Instagram

7 Ergebnisse Die Stichprobe der Analyse umfasst 451 Beiträge, die von den PolitikerInnen im Monat vor der jeweiligen Wahlentscheidung veröffentlicht wurden. Für die Analyse wurden ausschließlich Inhalte herangezogen, die direkt von den politischen Akteuren bzw. deren MitarbeiterInnen veröffentlicht wurden. Beiträge bzw. Kommentare von UserInnen zählen nicht zum Analysematerial.

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Inhaltsanalyse dargestellt und interpretiert und die Forschungsfragen beantwortet.

7.1 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse

7.1.1 Formale Daten Anzahl der Beiträge

Es wurden 451 Aussendungen bzw. Beiträge der PolitikerInnen analysiert. Die Verteilung der Beiträge auf die Kommunikationskanäle (Website, Facebook, Instagram) kann der untenstehenden Abbildung entnommen werden:

Abgesehen von Viktor Orbán und Donald Trump nutzen die PolitikerInnen alle Kanäle zur Kommunikation im Wahlkampf. Viktor Orbán hat zwar einen Instagram-Account, sein letzter Beitrag wurde jedoch am 31. März 2017 veröffentlicht. Das Profil wurde somit für den Wahlkampf im Vorfeld der Parlamentswahl 2018 in Ungarn nicht genutzt.

Abbildung 3: Anzahl/Verteilung der analysierten Beiträge (Eigene Darstellung)

61

Donald Trump verfügt über eine Website, allerdings wurden alle Presseaussendungen, die vor dem 1. Jänner 2017 veröffentlicht wurden, von der Seite entfernt.

Der Analyse kann entnommen werden, dass der amerikanische Wahlkampf sehr stark auf sozialen Medien ausgetragen wurde, weil Donald Trump wesentlich mehr Beiträge im Untersuchungszeitraum veröffentlicht hat als die anderen Staatschefs, obwohl es nicht möglich war, die Webseiten-Beiträge der Analyse zu unterziehen. Zudem kann festgestellt werden, dass Angela Merkel und Viktor Orbán im Vergleich zu den anderen Akteuren überdurchschnittlich viele Beiträge auf den offiziellen Websites veröffentlicht haben.

Sprache der Beiträge

Die meisten Beiträge wurden auf Englisch veröffentlicht, was auch daran liegt, dass zwei der untersuchten PolitikerInnen aus englischsprachigen Ländern stammen. Die nächsthäufigste Sprache ist Deutsch, sie wurde von Sebastian Kurz und Angela Merkel in den Beiträgen verwendet, wobei anzuführen ist, dass Angela Merkel ihre 15 Beiträge auf Instagram sowohl mit deutschem als auch mit englischem Text veröffentlicht hat. Das Gleiche gilt für Viktor Orbán, der seine Facebook-Beiträge teilweise sowohl auf Englisch als auch auf Ungarisch veröffentlicht hat. Jene Beiträge, die ausschließlich in ungarischer Sprache veröffentlicht wurden, waren aufgrund mangelnder ungarischer Sprachkenntnisse der Verfasserin dieser Masterarbeit nicht Bestandteil der Analyse.

254

160

22 15

0

50

100

150

200

250

300

Englisch Deutsch Englisch und Ungarisch Englisch und Deutsch

Sprache der Beiträge

Abbildung 4: Sprache der analysierten Beiträge (Eigene Darstellung)

62

370

70

10 10

50

100

150

200

250

300

350

400

Text und Bild Text Text und Link Bild

Darstellungsform der Beiträge

Darstellungsform der Beiträge

Die obenstehende Abbildung zeigt, dass von 451 analysierten Beiträgen ein Großteil, nämlich 370 Beiträge, sowohl einen Text als auch ein Bild enthalten. 70 Beiträge bestehen ausschließlich aus Text, wobei es sich bei den Textbeiträgen größtenteils um Beiträge/Aussendungen auf den Webseiten der politischen Akteure handelt. Auf Instagram ist es nicht möglich einen Beitrag ohne zugehöriges Bild zu veröffentlichen und auch auf Facebook finden sich nur vereinzelt Beiträge, die ohne Bild auskommen.

Abbildung 5: Darstellungsform der analysierten Beiträge (Eigene Darstellung)

63

7.1.2 Storytelling Nachstehendend wird auf Storytelling näher eingegangen. Es wird zunächst ein allgemeiner Überblick gegeben, ehe eine detaillierte Darstellung nach PolitikerInnen und Storytelling-Elementen erfolgt.

Anteil an Storytelling-Beiträgen gesamt

Um einen Beitrag als Storytelling-Beitrag zu identifizieren, wurde auf die wesentlichen Elemente von Geschichten, nämlich Ereignisse und Figuren zurückgegriffen. Alle Beiträge, die sowohl eine Handlung als auch Figuren aufweisen konnten, wurden damit als Storytelling-Beitrag eingeordnet.

Abbildung 6 zeigt, dass von 451 untersuchten Beiträgen mehr als die Hälfte, nämlich 246 Beiträge (55 Prozent), nicht als Storytelling-Beiträge einzuordnen waren.

205 Beiträge (45 Prozent) konnten als Storytelling-Beiträge identifiziert werden, das heißt Storytelling wird zwar von den PolitikerInnen eingesetzt, jedoch wird bei einem Großteil der Beiträge immer noch auf traditionelle Kommunikationsweisen zurückgegriffen.

Abbildung 6: Storytelling-Beiträge gesamt (Eigene Darstellung)

205

246

Anteil an Storytelling-Beiträgen gesamt

Anteil Storytelling-Beiträge Anteil Nicht-Storytelling-Beiträge

64

Anteil an Storytelling-Beiträgen nach PolitikerInnen

Betrachtet man die PolitikerInnen einzeln, zeigen sich große Unterschiede beim Einsatz von Storytelling zwischen den Akteuren.

In Abbildung 7 ist ersichtlich, dass Donald Trump und Sebastian Kurz einen großen Anteil an Nicht-Storytelling-Beiträgen aufweisen, wohingegen bei Theresa May, Angela Merkel und Viktor Orbán mehr als die Hälfte der Beiträge als Storytelling-Beiträge eingeordnet werden konnten.

Aufgrund der Vielzahl an Beiträgen, die Donald Trump im Vorfeld der Wahlentscheidung im Jahr 2016 veröffentlicht hat, entsteht bei der Gesamtübersicht der Eindruck, dass Nicht-Storytelling-Beiträge im Vergleich zu Storytelling-Beiträgen überwiegen. Nimmt man Donald Trump hier von der Analyse aus und betrachtet die PolitikerInnen einzeln, so zeigt sich ein differenziertes Gesamtbild.

Angela Merkel weist den höchsten Anteil an Storytelling-Beiträgen auf. 78 von 114 Beiträgen und damit 68 Prozent ihrer Beiträge können als Storytelling-Beiträge eingeordnet werden. Knapp dahinter liegt Theresa May mit 43 von 64 Beiträgen (67 Prozent).

78

4337 36

11

36

21 22

117

50

0

20

40

60

80

100

120

140

Merkel May Orbán Trump Kurz

Anteil an Storytelling-Beiträgen nach PolitikerInnen

Anteil Storytelling-Beiträge Anteil Nicht-Storytelling-Beiträge

Abbildung 7: Storytelling-Beiträge nach PolitikerInnen (Eigene Darstellung)

65

Vorhandensein von Storytelling-Elementen gesamt

Abbildung 8 zeigt, dass ein Großteil der Storytelling-Elemente bereits in den Beiträgen der PolitikerInnen Anwendung findet.

Das Element, welches am meisten auftritt, ist die Erzählinstanz. Dies liegt daran, dass ein Großteil der Beiträge eine Erzählperspektive (Ich-Erzählperspektive oder personale Erzählperspektive) aufweist. Ebenso enthalten 130 Beiträge eine direkte oder eine indirekte Rede. Ein innerer Monolog konnte nicht identifiziert werden.

349 von 451 Beiträgen weisen ein Thema auf und in 352 von 451 Beiträgen finden sich Figuren. Bei der politischen Kommunikation werden die politischen Akteure und die Anliegen der Menschen häufig in den Vordergrund gestellt, weshalb es naheliegt, dass auch bei der Kommunikation Menschen in den Mittelpunkt gestellt werden.

Ein zentrales Element für einen Storytelling-Beitrag ist die Handlung. Eine Handlung konnte in 210 von 451 Beiträgen gefunden werden. Die Handlung fehlt daher in mehr als der Hälfte der Beiträge, weshalb diese auch nicht als Storytelling-Beiträge eingeordnet wurden.

54

130

210

295

338

349

352

407

397

321

241

156

113

102

99

44

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500

Stil

Rede

Handlung

Zeit

Raum

Thema

Figuren

Erzählinstanz

Vorhandensein vonStorytelling-Elementen gesamt

vorhanden nicht vorhanden

Abbildung 8: Vorhandensein von Storytelling-Elementen (Eigene Darstellung)

66

Vorhandensein von Storytelling-Elementen nach PolitikerInnen

Im Folgenden werden die einzelnen Storytelling-Elemente, nach Häufigkeit gereiht, dargestellt und analysiert.

Storytelling-Element „Erzählinstanz“

Wie Abbildung 9 zeigt das Storytelling-Element „Erzählinstanz“ nach PolitikerInnen. Theresa May und Angela Merkel können in allen Beiträgen eine Erzählperspektive aufweisen und auch bei den anderen drei Politikern ist in einem Großteil der Beiträge eine Erzählperspektive vorhanden. Lediglich einige wenige Beiträge aus den Sozialen Medien kommen ohne viel Text aus und können daher keine Erzählperspektive aufweisen.

Betrachtet man die Erzählsituationen, kann festgestellt werden, dass die auktoriale Erzählsituation in keinem Beitrag vorkommt. Bei den Beiträgen konnten die personale Erzählsituation (212 Beiträge) und die Ich-Erzählsituation (195 Beiträge) in einem ausgeglichenen Ausmaß identifiziert werden.

Abbildung 9: Storytelling-Element "Erzählinstanz" (Eigene Darstellung)

41

47

64

114

141

20

12

0

0

12

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Kurz

Orbán

May

Merkel

Trump

Storytelling-Element "Erzählinstanz" nach PolitikerInnen

vorhanden nicht vorhanden

67

Abbildung 10 gibt einen Überblick über die Erzählsituation bei den Beiträgen der einzelnen PolitikerInnen.

Bei der Einzelbetrachtung der PolitikerInnen fällt auf, dass Donald Trump und Theresa May bei einem Großteil der Beiträge in der Ich-Erzählperspektive kommunizieren. Im Gegensatz dazu bevorzugt Angela Merkel die personale Erzählperspektive. Auch Viktor Orbán verfasst seine Beiträge überwiegend in der personalen Erzählperspektive und verwendet die Ich-Erzählperspektive nur in wenigen Beiträgen. Bei Sebastian Kurz sind die Anzahl der Beiträge, die in der Ich-Erzählperspektive und in der personalen Erzählperspektive verfasst wurden, ausgeglichen.

20

43

16

95

38

21

4

48

19

103

0

20

40

60

80

100

120

Kurz Orbán May Merkel Trump

Erzählsituation nach PolitikerInnen

Auktoriale Erzählsituation Personale Erzählsituation Ich-Erzählsituation

Abbildung 10: „Erzählsituation“ nach PolitikerInnen (Eigene Darstellung)

68

Storytelling-Element „Figuren“

Wie in Abbildung 11 ersichtlich, ist das Element „Figuren“ das am zweithäufigsten eingesetzte Storytelling-Element.

In 154 Beiträgen wird die Bevölkerung als Figur in die Geschichten integriert. Dies erfolgt sowohl in Form der persönlichen Ansprache durch „you“ oder durch allgemeine Nennung, z.B. in Form von „Hungarian people“, „everyone“, „members of the public“, „viele Unterstützerinnen und Unterstützer“, „über 400 Menschen“, „our supporters“, „50 Prozent der Menschen“ oder „alle deutschen Staatsbürger“.

In 151 Beiträgen konnten PolitikerInnen als Figuren zugeordnet werden. Dabei wurden meistens die PolitikerInnen selbst, politische Konkurrenten oder RegierungskollegInnen in die Geschichten eingebunden.

In den übrigen Beiträgen konnten Parteien bzw. Organisationen, Wirtschaftstreibende (z.B. „traders“ oder „deutsche Automobilhersteller“) oder dritte Personen (z.B. „my team“, „my beautiful wife, Melania“ oder „Rettungskräfte“) als Figuren identifiziert werden.

Abbildung 11: Storytelling-Element "Figuren" (Eigene Darstellung)

40

47

57

111

97

21

12

7

3

56

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Kurz

Orbán

May

Merkel

Trump

Storytelling-Element "Figuren" nach PolitikerInnen

vorhanden nicht vorhanden

69

Storytelling-Element „Thema“

Das laut Abbildung 8 dritthäufigste Storytelling-Element ist das Thema, deren Vorkommen in Beiträgen in Abbildung 12 genauer abgebildet wird. Darin lässt sich erkennen, dass bei den Beiträgen aller PolitikerInnen, abgesehen von Sebastian Kurz, größtenteils ein Thema zugrunde liegt.

Das häufigste Thema der Beiträge war der Wahlkampf. In 177 von 349 Beiträgen wurde die bevorstehende Wahl thematisiert. Vor allem Donald Trump nutzte seine Kanäle sehr intensiv, um seine WählerInnen von sich zu überzeugen. Er veröffentlichte 105 Beiträge zu diesem Thema.

Sehr oft wurden auch Inhalte zur Außenpolitik veröffentlicht (52 von 349 Beiträgen). Ein wichtiges Thema im britischen Wahlkampf war unter anderem der bevorstehende Brexit, denn Theresa May veröffentlichte 19 Beiträge dazu. Weitere Themen der Beiträge waren Innenpolitik, Terrorismus und Sicherheit, Bildung, Wirtschaft, Soziales und Klimaschutz.

21

56

57

101

114

40

3

7

13

39

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Kurz

Orbán

May

Merkel

Trump

Storytelling-Element "Thema" nach PolitikerInnen

vorhanden nicht vorhanden

Abbildung 12: Storytelling-Element "Thema" (Eigene Darstellung)

70

Storytelling-Element „Raum“

Bei allen PolitikerInnen konnte in mehr als der Hälfte der Beiträge das Storytelling-Element „Raum“ gefunden werden. Das zeigt, dass es PolitikerInnen ein Anliegen ist, den WählerInnen zu zeigen, wo sie sich aufhalten.

Der Handlungsraum wurde in einigen Beiträgen nur sehr allgemein angegeben (z.B. „in the world“, „in homes“ oder „in Europa“) und in anderen Beiträgen sehr genau benannt (z.B. „Bühne im Kanzlergarten“, „in Budapest’s Parliament Building“ oder „Downing Street“).

44

39

51

99

105

17

20

13

15

48

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Kurz

Orbán

May

Merkel

Trump

Storytelling-Element "Raum" nach PolitikerInnen

vorhanden nicht vorhanden

Abbildung 13: Storytelling-Element "Raum" (Eigene Darstellung)

71

Storytelling-Element „Zeit“

Die Zeitspanne wird etwas seltener von den PolitikerInnen angegeben als der Handlungsraum, was daran liegen könnte, dass die Beiträge häufig direkt am Tag des jeweiligen Ereignisses veröffentlicht werden.

Wie schon bei den Handlungsorten erkennbar, wurden auch die Zeitangaben teilweise sehr genau beschrieben (z.B. „Shortly before 10:10 yesterday evening“, „tomorrow“, „yesterday“ oder „hundert Tage nach Beginn des Konflikts“), umfassten aber auch länger vergangene, ungenauere Zeitangaben (z.B. „seit 2011“, „In recent months“ oder „vor einem Jahr“).

36

44

53

82

80

25

15

11

32

73

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Kurz

Orbán

May

Merkel

Trump

Storytelling-Element "Zeit" nach PolitikerInnen

vorhanden nicht vorhanden

Abbildung 14: Storytelling-Element "Zeit" (Eigene Darstellung)

72

Storytelling-Element „Handlung“

Damit eine Handlung in den Beiträgen identifiziert werden konnte, mussten zeitlich und kausal verknüpfte Ereignisse vorhanden sein.

Während mehr als die Hälfte der Beiträge von Viktor Orbán, Angela Merkel und Theresa May eine Handlung aufweisen, verhält es in jenen von Donald Trump und Sebastian Kurz anders herum. Ihre Beiträge enthalten größtenteils keine Ereignisse, die kausal und zeitlich verknüpft sind. Da die Handlung neben Figuren, Raum und Zeit zu den wichtigsten Elementen einer Geschichte zählt, konnten viele Beiträge aufgrund fehlender Handlung nicht als Storytelling-Beiträge identifiziert werden.

11

37

45

79

38

50

22

19

35

115

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Kurz

Orbán

May

Merkel

Trump

Storytelling-Element "Handlung" nach PolitikerInnen

vorhanden nicht vorhanden

Abbildung 15: Storytelling-Element "Handlung" (Eigene Darstellung)

73

Storytelling-Element „Rede“

Das Element „Rede“ wurde zugewiesen, wenn eine direkte bzw. indirekte Rede oder ein innerer Monolog im Beitrag enthalten waren.

Durch Abbildung 16 wird deutlich, dass in den meisten Fällen keine direkte oder indirekte Rede eingesetzt wurde, was daran liegen mag, dass 43 Prozent der Beiträge in der Ich-Erzählperspektive verfasst wurden und daher ohne indirekte und direkte Rede auskommen. Es konnte kein „Innerer Monolog“ in den Beiträgen identifiziert werden.

Abbildung 16: Storytelling-Element "Rede" (Eigene Darstellung)

6

37

6

52

29

55

22

58

62

124

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Kurz

Orbán

May

Merkel

Trump

Storytelling-Element "Rede" nach PolitikerInnen

vorhanden nicht vorhanden

74

Storytelling-Element „Stil“

Abbildung 17 zeigt, dass die veröffentlichten Beiträge in wenigen Fällen stilistische Ausdrücke beinhalteten, die mit dem Erzählten in Einklang stehen.

Donald Trump nutze im Wahlkampf Ausdrücke wie „amazing support“ oder „Dream big“. Die Stilelemente stehen eng im Einklang mit den Themen seiner Beiträge, die sich vorwiegend auf den Präsidentschaftswahlkampf beziehen. Theresa May versuchte durch Ausdrücke wie „stronger Britain“ oder „stable leadership“ ihre Führungsqualitäten zu unterstreichen. Die stilistischen Merkmale sind eng verbunden mit dem Thema Brexit, bei dem Theresa May immer wieder betont, dass sie die beste Lösung für Großbritannien erreichen kann, wenn sie die Wahl gewinnt. Angela Merkel nutze ihre Beiträge, um ihre Rolle als lösungsorientierte Politikerin zu unterstreichen, indem sie Ausdrücke wie „Erfolge dürfen uns nicht blind machen vor den Herausforderungen unserer Zeit“ oder „Brücken verbinden“ verwendete.

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Kurz

May

Merkel

Orbán

Trump

Storytelling-Element "Stil" nach PolitikerInnen

vorhanden nicht vorhanden

Abbildung 17: Storytelling-Element "Stil" (Eigene Darstellung)

75

7.1.3 Archetypische Merkmale Vorhandensein von archetypischen Merkmalen in Storytelling-Beiträgen

Die obenstehende Abbildung zeigt, dass von 205 analysierten Storytelling-Beiträgen ein großer Anteil, nämlich 74 Prozent, archetypischen Merkmale aufweisen. 53 Beiträge und damit 26 Prozent sind nicht durch archetypische Merkmale gekennzeichnet.

Daraus lässt sich ableiten, dass die Inszenierung mit Hilfe archetypischer Merkmale im Storytelling durchwegs eingesetzt wird. Wenn Storytelling in den Beiträgen der PolitikerInnen verwendet wurde, dann wurden überwiegend auch Archetypen zur Inszenierung eingesetzt.

Abbildung 18: Archetypische Merkmale in Storytelling-Beiträgen gesamt (Eigene Darstellung)

152

53

Vorhandensein von archetypischen Merkmalen in Storytelling-Beiträgen gesamt

Merkmale vorhanden Merkmale nicht vorhanden

76

Arten von Archetypen in Storytelling-Beiträgen gesamt

Im Zuge der Inhaltsanalyse wurden die Storytelling-Beiträge im Hinblick auf zwölf Archetypen analysiert.

Wie die obenstehende Abbildung verdeutlicht, ließen sich vor allem sechs Archetypen identifizieren, die vorwiegend von den politischen Akteuren zur Inszenierung eingesetzt werden. Der am häufigsten eingesetzte Archetyp zur Darstellung von PolitikerInnen ist der/die Heldin, gefolgt von dem/der MagierIn, dem/der Unschuldigen, dem/der GeberIn, dem/der HerrscherIn und dem/der Suchenden.

Wenn PolitikerInnen versuchen, sich als HeldIn zu inszenieren, wollen sie vor allem glaubhaft vermitteln, dass sie bereit sind, die anstehenden Herausforderungen mit ihren politischen Entscheidungen zu meistern und durch mutiges Handeln, welches von ihnen verlangt wird, hervorzutreten. Die Merkmale des Magiers/der Magierin sind vor allem die Angst vor unerwarteten, negativen Folgen und das Streben nach Veränderung. Politische Akteure, die sich als der/die Unschuldige präsentieren, versuchen dies, indem sie Optimismus gegenüber ihren WählerInnen verbreiten. Der/Die GeberIn hat den Wunsch anderen zu helfen und versucht, Empathie und Mitgefühl zu vermitteln.

Gleichzeitig gibt es auch einige Archetypen, die nicht in der politischen Kommunikation der untersuchten politischen Akteure eingesetzt wurden. Dazu zählen der/die SchöpferIn, der Narr/die Närrin und der/die Gesetzlose.

Abbildung 19: Arten von Archetypen in Storytelling-Beiträgen (Eigene Darstellung)

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Der/Die Gesetzlose

Der/Die Narr/Närrin

Der/Die SchöpferIn

Der/Die Liebende

Der/Die Weise

Der/die Gewöhnliche

Der/Die Suchende

Der/Die HerrscherIn

Der/Die GeberIn

Der/Die Unschuldige

Der/Die MagierIn

Der/Die HeldIn

Arten von Archetypen in Storytelling-Beiträgen

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Häufigkeit von archetypischen Merkmalen bei PolitikerInnen

Nachfolgend werden die einzelnen politischen Akteure mit deren Häufigkeiten archetypischer Merkmale in alphabethischer Reihenfolge dargestellt.

Archetypische Merkmale in den Storytelling-Beiträgen von Sebastian Kurz

Wie Abbildung 20 zeigt, konnten beim österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz in sieben Beiträgen archetypische Merkmale gefunden werden. Er weist dabei vor allem archetypische Merkmale des Magiers auf, indem er nach Veränderung strebt und als Visionär auftritt.

Hier konnten unter anderem folgende Aussagen identifiziert werden:

„Wir alle glauben daran, dass echte Veränderung in Österreich möglich ist“

„Die Minimalkompromisse der letzten Jahre müssen ein Ende haben. Wir müssen für echte Veränderung sorgen“.

Abbildung 20: Archetypische Merkmale bei Sebastian Kurz (Eigene Darstellung)

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Der/Die Unschuldige

Der/Die Weise

Der/Die Gesetzlose

Der/die Gewöhnliche

Der/Die Liebende

Der/Die Narr/Närrin

Der/Die SchöpferIn

Der/Die HerrscherIn

Der/Die Suchende

Der/Die HeldIn

Der/Die GeberIn

Der/Die MagierIn

Häufigkeit archetypischer Merkmale bei Sebastian Kurz

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Archetypische Merkmale in den Storytelling-Beiträgen von Theresa May

In Abbildung 21 erkennt man, dass die britische Premierministerin Theresa May sechs verschiedene Archetypen in ihren Beiträgen verwendet. Am häufigsten versucht sie sich als die Geberin zu inszenieren, indem sie vermittelt, dass sie den Menschen im Land helfen möchte, um ihnen ein stabiles und sicheres Umfeld bieten zu können.

Sie tätigt dazu Aussagen, wie z.B.:

„We will use Brexit as an opportunity to strengthen workers’ rights“

„I’ll increase school funding every year & make sure every child gets a good school place”

Durch den Archetypus der Heldin will sie zeigen, dass sie die Herausforderungen, im Speziellen auch die Brexit-Verhandlungen, meistern kann und mutig für die BürgerInnen handeln wird. Gleichzeitig treten auch Merkmale der Herrscherin auf, indem sie sich für eine starke und stabile Führung mit klar definierten Rollen im Land einsetzt.

Abbildung 21: Archetypische Merkmale bei Theresa May (Eigene Darstellung)

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Der/Die Weise

Der/Die Gesetzlose

Der/Die MagierIn

Der/Die Liebende

Der/Die Narr/Närrin

Der/Die SchöpferIn

Der/die Gewöhnliche

Der/Die Suchende

Der/Die HerrscherIn

Der/Die Unschuldige

Der/Die HeldIn

Der/Die GeberIn

Häufigkeit archetypischer Merkmale bei Theresa May

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Archetypische Merkmale in den Storytelling-Beiträgen von Angela Merkel

Die veröffentlichten Beiträge der deutschen Bundeskanzlerin können mehreren Archetypen zugeordnet werden. Als Heldin versucht Angela Merkel zu vermitteln, dass sie die Herausforderungen auf nationaler und internationaler Ebene meistern wird und dass sie durch mutiges Handeln, welches von ihr erwartet wird, hervortritt.

Sie bestätigt dies durch Aussagen, wie z.B.

„Wir sind gewillt, die Herausforderungen unseres Landes zu lösen“

„Ich glaube, dass die nächsten Jahre gute Jahre für unser Land werden können, wenn wir die vor uns liegenden Aufgaben richtig angehen“

Mit ihrem Wahlslogan „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ versucht sie Optimismus zu verbreiten und weist daher Merkmale des Archetypus „Die Unschuldige“ auf. Angela Merkel inszeniert sich auf der anderen Seite auch als Herrscherin, indem sie fordernd gegenüber anderen LändervertreterInnen auftritt und als die Gewöhnliche, indem sie vermittelt, dass jede/r BürgerIn gleich viel wert und ein Teil der Gemeinschaft ist.

Abbildung 22: Archetypische Merkmale bei Angela Merkel (Eigene Darstellung)

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Der/Die Gesetzlose

Der/Die MagierIn

Der/Die Narr/Närrin

Der/Die SchöpferIn

Der/Die Suchende

Der/Die Liebende

Der/Die Weise

Der/die Gewöhnliche

Der/Die GeberIn

Der/Die HerrscherIn

Der/Die Unschuldige

Der/Die HeldIn

Häufigkeit archetypischer Merkmale bei Angela Merkel

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Archetypische Merkmale in den Storytelling-Beiträgen von Viktor Orbán

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán weist, wie in Abbildung 23 ersichtlich, Merkmale von vier Archetypen auf. Am häufigsten versucht er als Magier Angst vor unerwarteten, negativen Folgen zu verbreiten. Vor allem im Hinblick auf Migration im eigenen Land möchte Orbán vermitteln, dass die ungarischen BürgerInnen bei ihm an erster Stelle stehen. Er tut dies mit Aussagen wie “It is good to live here [in Budapest], to raise children here, and to know that our families are safe. This is no longer the case in the cities of immigrant countries. On 8 April [in the parliamentary election] the people of Budapest will decide on this” oder “the Hungarians must also be reminded of the fact that the results we have achieved since 2010 can also be lost”.

Um diese negativen Folgen abzuwenden, inszeniert er sich als Held, der die Herausforderungen durch mutiges Handeln meistern wird. Seine Worte “we must not simply win an election; we must protect the country and secure the future” oder “This is our homeland, this is our life, and we have no other. Therefore we shall fight for it to the end and we shall never surrender” können dem Archetypus des Helden zugeordnet werden.

Mit Bemerkungen wie „Hungary has a government which stands by families, and which supports families in making the commitment to have and raise children. In order to achieve this, he said, the Government is employing every kind of measure, and shall continue to do so in the future” inszeniert sich Orbán als der Geber, der den Wunsch hat anderen zu helfen und verbreitet Optimismus als der Unschuldige, indem er kommuniziert: “We are the future of Europe”.

Abbildung 23: Archetypische Merkmale bei Viktor Orbán (Eigene Darstellung)

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Der/Die Suchende

Der/Die Weise

Der/Die Gesetzlose

Der/die Gewöhnliche

Der/Die Liebende

Der/Die Narr/Närrin

Der/Die SchöpferIn

Der/Die HerrscherIn

Der/Die Unschuldige

Der/Die GeberIn

Der/Die HeldIn

Der/Die MagierIn

Häufigkeit archetypischer Merkmale bei Viktor Orbán

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Archetypische Merkmale in den Storytelling-Beiträgen von Donald Trump

Die obenstehende Abbildung zeigt, dass sich Donald Trump am häufigsten als der Magier inszeniert. Als Magier möchte er die Welt mit seinen Handlungen revolutionieren und versucht deshalb, die Menschen um ihn herum zu beeinflussen. Durch sein charismatisches Auftreten möchte er die WählerInnen überzeugen.

Mit seinem Wahlslogan “Make America Great Again” strebt er nach Veränderung und signalisiert dies unter anderem mit folgenden Aussagen:

„We need a change and I will be the one to #MakeAmericaGreatAgain and fight for YOU, not the insiders!”

“Let’s close the history books on the failures in Washington, and let’s open a new chapter of success and prosperity!”

Mit Worten wie „All we have to do is stop believing in our failed politicians and start believing in each other and in our country” positioniert sich Donald Trump in drei Beiträgen als der Suchende. Gleichzeitig versucht er Optimismus zu verbreiten, indem er überzeugt kommuniziert, dass er die anstehende Wahl gewinnen wird und inszeniert sich dadurch als der Unschuldige.

Abbildung 24: Archetypische Merkmale bei Donald Trump (Eigene Darstellung)

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Der/Die Weise

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Der/Die Narr/Närrin

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Der/Die HeldIn

Der/die Gewöhnliche

Der/Die GeberIn

Der/Die Suchende

Der/Die Unschuldige

Der/Die MagierIn

Häufigkeit archetypischer Merkmalebei Donald Trump

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7.2 Beantwortung der Forschungsfragen Nachfolgend werden die Forschungsfrage sowie die Unterfragen auf Basis der theoretischen Erkenntnisse und der Ergebnisse aus der Inhaltsanalyse beantwortet.

Die Beantwortung der Forschungsfrage „Welche Potenziale bietet der Einsatz von Storytelling zur archetypischen Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen?“ lässt sich wie folgt formulieren:

Die Anwendung von Storytelling in der politischen Kommunikation konnte in den analysierten Beiträgen nachgewiesen werden. Auch archetypische Merkmale konnten in unterschiedlichem Ausmaß und in unterschiedlicher Intensität identifiziert werden.

Der Anteil der Nicht-Storytelling-Beiträge, bei denen auch keine archetypische Inszenierung vorliegt, zeigt deutlich, dass noch Potenzial nach oben vorhanden ist. Die Mehrheit der Beiträge kommt ohne Storytelling und ohne archetypische Inszenierung aus.

Konnte ein Beitrag als Storytelling-Beitrag identifiziert werden, konnten in 74 Prozent der Fälle auch archetypische Merkmale darin nachgewiesen werden. Die archetypische Inszenierung spielt demnach eine wichtige Rolle beim Einsatz von Storytelling.

Der Einsatz von Storytelling zur archetypischen Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen bietet viel Potenzial zur Stärkung des Images und zur Förderung eines einheitlichen Auftritts von PolitikerInnen. Eine konsequente Kommunikationsstrategie unter Einbeziehung von Archetypen kann das Vertrauen der WählerInnen in die PolitikerInnen stärken und sie können dadurch die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf sich ziehen. Am wichtigsten wird dabei auch in Zukunft sein, dass der/die PolitikerIn seine Werte und Einstellungen glaubhaft vermitteln kann und dabei nicht sprunghaft wirkt. An den erfolgreichen Wahlkämpfen der analysierten PolitikerInnen zeigt sich jedoch auch, dass der Einsatz von mehr als einem Archetyp in der Kommunikation erfolgreich sein kann.

Die weiteren Fragestellungen lassen sich wie folgt beantworten:

Wie stark wird Storytelling bei der Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen angewandt?

Die Anwendung von Storytelling konnte in der politischen Online-Kommunikation nachgewiesen werden. 205 von 451 untersuchten Beiträgen der PolitikerInnen konnten als Storytelling-Beiträge identifiziert werden. Auch wenn damit immer noch 55 Prozent der Beiträge ohne Storytelling auskommen, kann gesagt werden, dass alle PolitikerInnen Storytelling-Beiträge auf ihren Kommunikationskanälen veröffentlicht haben, wenn auch in unterschiedlich starkem Ausmaß.

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Welche archetypischen Merkmale kennzeichnen die Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen?

Alle PolitikerInnen der empirischen Analyse haben in der Vergangenheit eine Wahlentscheidung gewonnen und können in dieser Hinsicht als erfolgreich bezeichnet werden.

Die Analyse hat gezeigt, dass es einige archetypische Merkmale gibt, die besonders häufig von den PolitikerInnen im Rahmen ihrer Kommunikationsaktivitäten eingesetzt wurden.

Der/Die HeldIn ist der Archetypus, der am häufigsten in der politischen Kommunikation eingesetzt wird. Man kann davon ausgehen, dass PolitikerInnen häufig mit schwierigen Situationen konfrontiert sind, in denen sie Lösungen erarbeiten und Herausforderungen bewältigen müssen. Die Bevölkerung erwartet deshalb, dass sie mutig und tapfer handeln und das Land zu einem besseren Ort machen. Genau wie HeldInnen vermeiden es PolitikerInnen Schwächen zu zeigen, denn sie streben danach sich durchzusetzen und zu behaupten. Es besteht jedoch immer die Gefahr, dass HeldInnen sich selbst heldenhafter wahrnehmen als ihr Umfeld das tut.

Neben heldenhaften Merkmalen kennzeichnen PolitikerInnen auch Merkmale der MagierInnen, der Unschuldigen und der GeberInnen.

PolitikerInnen, die als VisionärIn auftreten und sich bemühen etwas zu verändern, können dem Magier-Archetypus zugeordnet werden. Dieser Archetyp ist vor allem in charismatischen Führungspersonen ausgeprägt und kommt daher wenig überraschend auch in PolitikerInnen zum Vorschein. Gleichzeitig hat dieser Archetypus auch eine negative Seite, weil er sein Charisma und seine emotionale Intelligenz dazu benutzen kann, Menschen zu manipulieren und zu beeinflussen.

Der/Die Unschuldige ist eine vertrauensvolle Person, von der erwartet wird, dass er/sie ihre Versprechen hält. Er/Sie kommt vor allem in PolitikerInnen vor, die Optimismus verbreiten und gleichzeitig ihre Aufgaben richtigmachen möchten. PolitikerInnen, die diesen Archetyp verkörpern, haben positive und hoffnungsvolle Ideen.

Der/Die GeberIn kann auf PolitikerInnen zutreffen, die sich um andere Menschen kümmern möchten. Sie versuchen empathisch und großzügig aufzutreten, um Vertrauen zu den Menschen aufzubauen. Gerade bei diesem Archetyp wäre es wichtig, den Auftritt konsequent zu verfolgen, da sich Vertrauen nur aufbauen kann, wenn man als zuverlässige und konsistente Person wahrgenommen wird.

Die Archetypen der/die Gesetzlose, der Narr/die Närrin und der/die SchöpferIn wurden in der politischen Kommunikation der untersuchten Akteure nicht gefunden.

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Wie stark wird diese archetypische Inszenierung über die Kommunikationskanäle hinweg durchgehalten?

Für die empirische Analyse wurden die Kommunikationskanäle „Offizielle Webseite, Facebook und Instagram“ der politischen Akteure herangezogen.

Da 69 Prozent der Beiträge (74 von 107 Beiträgen) auf den Webseiten der politischen Akteure archetypische Merkmale enthalten, wurde die archetypische Inszenierung am häufigsten auf den Webseiten eingesetzt.

Auf Facebook sind es 34 Prozent der Beiträge, in denen archetypische Merkmale zu finden sind (62 von 191 Beiträgen). Instagram bildet das Schlusslicht, nur 10 Prozent der Beiträge (16 von 153 Beiträgen) weisen archetypische Merkmale auf.

Die archetypische Inszenierung wurde daher nicht über die Kommunikationskanäle hinweg durchgehalten. Gerade die Webauftritte der politischen Akteure eignen sich für die archetypische Darstellung durch Storytelling, da dort zumeist längere Texte veröffentlicht werden als in den sozialen Netzwerken.

Wie bewusst werden Archetypen in der politischen Kommunikation eingesetzt?

Da Merkmale mehrerer Archetypen in den untersuchten Beiträgen identifiziert wurden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass Archetypen in der politischen Kommunikation bewusst eingesetzt werden. Auch wenn manche Archetypen häufiger vorkommen als andere, wird bei keinem politischen Akteur ein einzelner Archetyp favorisiert und die Kommunikation konsequent rund um diesen Archetypen aufgebaut.

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8 Zusammenfassung und Ausblick In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Punkte der vorliegenden Masterarbeit nochmals zusammenfassend dargestellt. Ziel der Arbeit war zu zeigen, welche Potenziale der Einsatz von Storytelling zur archetypischen Inszenierung erfolgreicher PolitikerInnen bietet. Die Forschungsfrage und die Unterfragen bedingen eine Auseinandersetzung mit den Themen Storytelling und Archetypen.

Politische Akteure stehen durch ständig wechselnde Kommunikationsmöglichkeiten laufend vor neuen Herausforderungen. Es reicht nicht, auf einem einzigen Kommunikationskanal zu agieren. Die PolitikerInnen müssen ihre Kommunikationsaktivitäten abstimmen und die Bevölkerung laufend über interessante Neuigkeiten und Ereignisse informieren. Aufgrund der Vielzahl an verfügbaren Informationen ist es notwendig, die Informationen spannend und glaubwürdig aufzubereiten.

In diesem Hinblick kann Storytelling zum Einsatz kommen. Durch das „Erzählen von Geschichten“ können sich PolitikerInnen im Vergleich zu den politischen MitbewerberInnen hervorheben und unterscheiden. Storytelling kann als geeignetes Instrument für die politische Kommunikation betrachtet werden, weil die Einbindung von kulturellen Normen und Werten Geschichten glaubhaft erscheinen lässt. Außerdem versuchen die RezipientInnen sich in die Rolle des Protagonisten bzw. der Protagonistin zu versetzen und seine/ihre Emotionen nachzuvollziehen.

Wie schon beschrieben, steht der Protagonist bzw. die Protagonistin im Mittelpunkt der Geschichte. Nicht zuletzt deshalb kann der/die PolitikerIn selbst als ProtagonistIn in der Geschichte agieren.

Um eine effiziente Beantwortung der Forschungsfrage zu gewährleisten, wurden zunächst theoretische Vorüberlegungen getroffen. Die Themenfelder Storytelling, Archetypen und politische Kommunikation wurden näher betrachtet und miteinander in Verbindung gebracht. Die theoretischen Erkenntnisse haben gezeigt, dass Geschichten nicht nur interessanter sein können und daher mehr Aufmerksamkeit erlangen, sondern auch, dass diese zur Meinungsbildung beitragen können. Um in dieser Arbeit Storytelling-Beiträge identifizieren zu können, war es notwendig, die Elemente von Geschichten klar zu definieren (siehe Kapitel 2.3). Die Aufnahme des Archetypen-Konzepts war ebenso erforderlich, da die Arten der Archetypen die Grundlage für die Beantwortung der Forschungsfrage sind.

Aus den gewonnen Erkenntnissen der Theorie wurden Ableitungen für die empirische Untersuchung gemacht. Die Forschungsfrage und die Unterfragen wurden anhand einer Inhaltsanalyse, siehe Kapitel 6.1.1, beantwortet. Basierend auf der Literaturrecherche wurden Kategorien für das Codebuch erstellt. Fünf PolitikerInnen wurden ausgewählt und anhand der Auswahlkriterien in die Stichprobe aufgenommen.

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Im Rahmen der Inhaltsanalyse wurden 451 Beiträge auf Social-Media-Kanälen und Webseiten der politischen Akteure jeweils einen Monat vor der jeweiligen Wahlentscheidung analysiert. Die Beiträge wurden auf Storytelling-Elemente und archetypische Merkmale untersucht.

Die Ergebnisse der empirischen Analyse zeigen, dass Storytelling in der politischen Kommunikation zwar eingesetzt wird, dass der Einsatz jedoch nicht systematisch erfolgt und 55 Prozent der Beiträge nicht als Storytelling-Beiträge eingeordnet werden konnten. Wenn jedoch Storytelling eingesetzt wurde, dann waren in den Beiträgen auch zu 74 Prozent archetypische Merkmale enthalten.

Es konnten vier dominante Archetypen identifiziert werden. 83 Prozent der Storytelling-Beiträge mit archetypischen Merkmalen enthalten folgende Archetypen: der/die HeldIn, der/die MagierIn, der/die Unschuldige und der/die GeberIn. Aufgrund der Dominanz dieser Archetypen, kann davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um die erfolgreichsten Archetypen handelt.

Auf der anderen Seite konnten folgende Archetypen nicht in der Analyse nachgewiesen werden: der/die Gesetzlose, der Narr/die Närrin und der/die SchöpferIn.

Am spannendsten war die Beobachtung, dass sich sowohl Donald Trump als auch Viktor Orbán als „Magier“ inszenieren. Die Figur des Magiers bzw. der Magierin ist gekennzeichnet vom Streben nach Veränderung. Man kann diesen Archetypen auch als VisionärIn oder InnovatorIn bezeichnen. Als Magier nutzen Trump und Orbán ihre charismatische Fähigkeit, um die Menschen zu beeinflussen und für ihre Ziele zu mobilisieren.

Beim Einsatz von Storytelling und der damit verbundenen archetypischen Inszenierung haben sich deutliche Unterschiede auf den verschiedenen Kommunikationskanälen gezeigt. Es kann daher keine gleichmäßige Darstellung über die Kommunikationskanäle hinweg festgestellt werden. Die archetypische Inszenierung hat in großem Ausmaß auf den Webseiten der politischen Akteure stattgefunden. Auf Instagram hingegen wurde diese fast gar nicht wahrgenommen. Daher kann man auch nicht von einem bewussten Einsatz von Storytelling sprechen, weil die Inszenierung nicht über alle Kommunikationskanäle hinweg durchgehalten wurde.

Die Ergebnisse können einen Beitrag zum aktuellen Forschungsstand von Storytelling in der politischen Kommunikation liefern. Für eine anschließende Forschung würde es sich anbieten, anstelle von internationalen, politischen Akteuren PolitikerInnen zu analysieren, die alle bei derselben Wahl antreten, z.B. alle KandidatInnen, die bei der österreichischen Nationalratswahl im Jahr 2022 antreten. Damit könnte analysiert werden, ob der Einsatz von Storytelling und die damit verbundene archetypische Inszenierung tatsächlich einen Einfluss auf den Erfolg bei Wahlen hat.

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Außerdem könnte der Interaktionserfolg von Storytelling-Beiträgen mit archetypischen Merkmalen ermittelt werden, indem man den Fokus auf soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram oder Twitter legt. Im Hinblick auf die Darstellungsform würde sich auch anbieten, eine Analyse von Videos der PolitikerInnen vorzunehmen.

Interessant wäre ebenfalls eine Untersuchung der Wahrnehmung von Geschichten der PolitikerInnen aus Sicht der RezipientInnen, besonders im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit.

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Das Story-Dreieck nach McKee (2013: 69) (Eigene Darstellung) ............ 11

Abbildung 2: Bestimmung der Auswahleinheit nach Rössler (2017: 54) (Eigene Darstellung) ................................................................................................................... 55

Abbildung 3: Anzahl/Verteilung der analysierten Beiträge (Eigene Darstellung) ..... 60

Abbildung 4: Sprache der analysierten Beiträge (Eigene Darstellung) ......................... 61

Abbildung 5: Darstellungsform der analysierten Beiträge (Eigene Darstellung) ........ 62

Abbildung 6: Storytelling-Beiträge gesamt (Eigene Darstellung) .................................. 63

Abbildung 7: Storytelling-Beiträge nach PolitikerInnen (Eigene Darstellung) ............ 64

Abbildung 8: Vorhandensein von Storytelling-Elementen (Eigene Darstellung) ........ 65

Abbildung 9: Storytelling-Element "Erzählinstanz" (Eigene Darstellung) .................... 66

Abbildung 10: „Erzählsituation“ nach PolitikerInnen (Eigene Darstellung) ................ 67

Abbildung 11: Storytelling-Element "Figuren" (Eigene Darstellung) ........................... 68

Abbildung 12: Storytelling-Element "Thema" (Eigene Darstellung) .............................. 69

Abbildung 13: Storytelling-Element "Raum" (Eigene Darstellung) ................................ 70

Abbildung 14: Storytelling-Element "Zeit" (Eigene Darstellung) ................................... 71

Abbildung 15: Storytelling-Element "Handlung" (Eigene Darstellung) ........................ 72

Abbildung 16: Storytelling-Element "Rede" (Eigene Darstellung) ................................. 73

Abbildung 17: Storytelling-Element "Stil" (Eigene Darstellung) .................................... 74

Abbildung 18: Archetypische Merkmale in Storytelling-Beiträgen gesamt (Eigene Darstellung) ..................................................................................................... 75

Abbildung 19: Arten von Archetypen in Storytelling-Beiträgen (Eigene Darstellung) ................................................................................................................... 76

Abbildung 20: Archetypische Merkmale bei Sebastian Kurz (Eigene Darstellung) ................................................................................................................... 77

Abbildung 21: Archetypische Merkmale bei Theresa May (Eigene Darstellung) ........ 78

Abbildung 22: Archetypische Merkmale bei Angela Merkel (Eigene Darstellung) ................................................................................................................... 79

Abbildung 23: Archetypische Merkmale bei Viktor Orbán (Eigene Darstellung) ....... 80

Abbildung 24: Archetypische Merkmale bei Donald Trump (Eigene Darstellung) ................................................................................................................... 81

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Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Story-Elemente nach Ettl-Huber (2014: 16) (Eigene Darstellung) ................... 9

Tabelle 2: PolitikerInnen für die empirische Untersuchung (Eigene Darstellung) ...... 54

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Anhang Codebuch

Das Untersuchungsmaterial der Inhaltsanalyse umfasst 451 Beiträge (davon 107 Presseaussendungen, 191 Facebook-Beiträge und 153 Instagram-Beiträge) der ausgewählten PolitikerInnen. Es ist in diesem Fall als Teil einer Masterarbeit keine Intercoder-Reliabilität vorhanden, weil nur von der Verfasserin der Masterarbeit kodiert wird. Für eine gute Nachvollziehbarkeit wird nicht auf ein Codebuch verzichtet, sondern klar die Vorgehensweise beschrieben. Im Folgenden wird daher die Analyseeinheit definiert und die Vorgehensweise bei der Codierung erläutert.

Definition der Analyseeinheit

Die Presseaussendungen auf den offiziellen Websites der politischen Akteure und die Beiträge auf deren Facebook-Seiten und Instagram-Profilen bilden die Analyseeinheiten. Die zu analysierenden Beiträge werden als Screenshot und die zu analysierenden Presseaussendungen als PDF-Dateien gespeichert. Es werden jene Beiträge und Aussendungen analysiert, die jeweils einen Monat vor der jeweiligen Wahl von dem Politiker bzw. der Politikerin veröffentlicht wurden. Videos sind von der Analyse ausgenommen. Zudem werden nur Beiträge behandelt, die in deutscher oder englischer Sprache verfasst wurden.

Politischer Akteur Untersuchungszeitraum

Donald Trump 08.10.2016 bis 08.11.2016

Theresa May 08.05.2017 bis 08.06.2017

Angela Merkel 24.08.2017 bis 24.09.2017

Sebastian Kurz 15.09.2017 bis 15.10.2017

Viktor Orbán 08.03.2018 bis 08.04.2018

Folgende Kategorien ergeben sich für die Analyse:

Kategorie 1: Formale Daten (Kategorie F)

In dieser Kategorie werden formale Daten des Beitrages oder der Presseaussendung festgehalten. Dazu zählen folgende Unterkategorien: PolitikerIn, Medium (Offizielle Website, Facebook, Instagram), Darstellungsform und Sprache.

Kategorie 2: Storytelling (Kategorie S)

In der Kategorie Storytelling werden die Story-Elemente von Ettl-Huber (2014) zur Analyse herangezogen: Thema, Figuren, Handlung, Raum, Zeit, Erzählinstanz, Rede und Stil. In weiterer Folge wird geklärt, ob ein Storytelling-Beitrag vorliegt. Um einen Beitrag als Storytelling-Beitrag einordnen zu

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können, muss dieser sowohl das Element Handlung als auch das Element Figur beinhalten.

Kategorie 3: Archetypische Merkmale (Kategorie A)

Im Theorieteil der Masterarbeit wurden zwölf Archetypen nach Mark und Pearson (2001) erläutert, welche die Unterkategorien bilden.

Beschreibung der Vorgehensweise

Im Folgenden wird genau definiert, wie bei der Inhaltsanalyse vorzugehen ist, um die Transparenz gewährleisten zu können und den Forschungsprozess für andere intersubjektiv nachvollziehbar zu machen. Bevor die Aufzeichnung der Daten erfolgen kann, wird für jeden Beitrag (Analyseeinheit) eine Bezeichnung und eine fortlaufende Nummer vergeben. Jeder Beitrag wird unter der vergebenen Bezeichnung abgespeichert, um eine Wiederauffindbarkeit des Beitrages sicherzustellen.

Im Anschluss daran wird mit der Codierung begonnen. Für die Codierung wird die Software MAXQDA verwendet. Die zustimmende Vorgabe wird mit „1“ und die ablehnende Vorgabe wird mit „0“ definiert.

Im ersten Schritt werden die formalen Daten (Kategorie F) erhoben.

In der Kategorie „Storytelling“ (Kategorie S) werden alle Beiträge und Aussendungen nach dem Analyseschema von Ettl-Huber (2014) auf die Elemente von Stories überprüft. Wenn ein Beitrag aus kausal verknüpften Ereignissen (Handlung) und Figuren besteht, wird dieser als Storytelling-Beitrag eingeordnet. Damit ist der jeweilige Beitrag mit „1“ zu codieren.

In der Kategorie „Archetypische Merkmale“ (Kategorie A) bilden die im Theorieteil beschrieben Arten von Archetypen die Unterkategorien. Wenn archetypische Merkmale in einem Storytelling-Beitrag identifiziert werden, kann die Kategorie „Archetypische Merkmale vorhanden“ mit “1“ codiert werden.

Im vorliegenden Mustercodierbogen werden die einzelnen Kategorien und Unterkategorien übersichtlich dargestellt.

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Hinweis zur Codierung: trifft zu = 1, trifft nicht zu = 0 bzw. Jeder Beitrag wird mit einer fortlaufenden Nummer versehen.

F Formale Daten Beschreibung

F1 PolitikerIn wird codiert:

F1.1 Donald Trump Wenn der Beitrag von Donald Trump veröffentlicht wurde

F1.2 Theresa May Wenn der Beitrag von Theresa May veröffentlicht wurde

F1.3 Angela Merkel Wenn der Beitrag von Angela Merkel veröffentlicht wurde

F1.4 Sebastian Kurz Wenn der Beitrag von Sebastian Kurz veröffentlicht wurde

F1.5 Viktor Orbán Wenn der Beitrag von Viktor Orbán veröffentlicht wurde

F2 Medium wird codiert:

F2.1 Offizielle Website Wenn der Beitrag auf der Website veröffentlicht wurde

F2.2 Facebook Wenn der Beitrag auf Facebook veröffentlicht wurde

F2.3 Instagram Wenn der Beitrag auf Instagram veröffentlicht wurde

F3 Darstellungsform wird codiert:

F3.1 Text Wenn der Beitrag aus einem Text besteht

F3.2 Bild Wenn der Beitrag aus einem Bild besteht

F3.3 Text und Bild Wenn der Beitrag aus einem Text und einem Bild besteht

F3.4 Text und Link Wenn der Beitrag aus einem Text und einem Link besteht

F4 Sprache wird codiert:

F4.1 Deutsch Wenn der Beitrag in deutscher Sprache verfasst ist

F4.2 Englisch Wenn der Beitrag in englischer Sprache verfasst ist

F4.3 Englisch und Deutsch Wenn der Beitrag in englischer und deutscher Sprache verfasst ist

F4.4 Englisch und Ungarisch Wenn der Beitrag in englischer und ungarischer Sprache verfasst ist

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S Storytelling Beschreibung

S1 Vorhandensein Storytelling-Elemente wird codiert:

S1.1 Thema Wenn ein Thema erkennbar ist

S1.2 Figuren Wenn Figuren vorhanden sind

S1.3 Handlung Wenn eine Handlung vorhanden ist

S1.4 Raum Wenn ein Ort vorhanden ist

S1.5 Zeit Wenn die zeitliche Komponente erkennbar ist

S.1.6 Erzählinstanz Wenn eine Erzählperspektive vorhanden ist

S1.7 Rede Wenn direkte/indirekte Reden oder innere Monologe vorhanden sind

S1.8 Stil Wenn die Sprache an die Erzählung angepasst wurde

S2 Vorhandensein Storytelling wird codiert:

S2.1 Handlung und Figuren vorhanden Wenn Ereignisse kausal verknüpft sind und Figuren vorhanden sind

S2.2 Handlung und Figuren nicht vorhanden

Wenn Ereignisse nicht kausal verknüpft sind und keine Figuren vorhanden sind

A Archetypische Merkmale Beschreibung

A1 Archetypen wird codiert:

A1.1 Der/Die Unschuldige

Sehnsucht nach perfektem Leben

Freiheit zur Selbstentfaltung

Angst etwas Falsches zu tun

Verbreitung von Optimismus

A1.2 Der/Die Suchende

Suche nach einer besseren Welt (Veränderung)

Kritisches Auftreten gegenüber der Basis

Angst vor innerer Leere

Streben nach unmöglich zu erreichenden Zielen

A1.3 Der/Die Weise

Menschen dabei helfen zu lernen und zu wachsen

Klares Denken, aber wenig Einfühlungsvermögen

Angst vor Täuschung/Irreführung

Auf der Suche nach der Wahrheit

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A1.4 Der/Die HeldIn

Opfer für andere Menschen bringen

Mutiges Handeln wird erwartet

Angst vor eigener Schwäche und Verletzlichkeit

Herausforderungen meistern

A1.5 Der/Die Gesetzlose

Identität liegt außerhalb sozialer Strukturen

Regeln brechen

Angst vor Machtverlust und Belanglosigkeit

Werte in Frage stellen

A1.6 Der/Die MagierIn

Streben nach Veränderung

VisionärIn oder InnovatorIn

Angst vor negativen, unerwarteten Folgen

Können auch falsche Ziele verfolgen und andere manipulieren (z.B. Rassismus)

A1.7 Der/Die Gewöhnliche

Alle Menschen sind gleich wichtig

Teil einer Gruppe (z.B. sozialer Schicht)

Angst vor Ablehnung

Verwendet Umgangssprache

A1.8 Der/Die Liebende

Beziehung zu anderen Menschen

Wertschätzung durch tiefe Verbindungen

Angst alleine zu sein

Vertrautheit, Ehrlichkeit, Leidenschaft

A1.9 Der Narr/Die Närrin

Genießen das Leben

Verlangen nach Veränderung

Angst vor Langeweile

Spaß, Lockerheit, Spontanität

A1.10 Der/Die GeberIn

Wunsch anderen zu helfen

Sinn des Lebens ist Geben

Angst vor Instabilität

Empathie, Großzügigkeit, Mitgefühl

A1.11 Der/Die SchöpferIn

Selbstdarstellung, um sich von der Masse abzuheben

Wollen etwas Neues erschaffen

Angst vor harter Beurteilung anderer

Selbstkritik, Freiheit, Innovation

A1.12 Der/Die HerrscherIn

Befehlende, autoritäre Art

Angst vor Kontrollverlust und Chaos

Mag hierarchische Organisationen

Stabile, klar definierte Rollen und Beziehungen

Prestige, Status, Image

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A2 Vorhandensein archetypische Merkmale

wird codiert:

A2.1 Archetypische Merkmale vorhanden Wenn archetypische Merkmale im Beitrag enthalten sind

A2.2 Archetypische Merkmale nicht vorhanden

Wenn keine archetypischen Merkmale im Beitrag enthalten sind

Übersicht über Codierhäufigkeiten nach PolitikerInnen aus MAXQDA

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Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig angefertigt, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Ich erkläre außerdem, dass die vorliegende Arbeit bei keiner anderen Institution (Fachhochschule, Universität, Pädagogische Hochschule oder vergleichbare Bildungseinrichtung) zur Erlangung eines akademischen Grades eingereicht wurde.

Steinbrunn, 19.08.2018

Ort, Datum Unterschrift